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FAZIT DES TAGES
IN EIGENER SACHE: Sommerzeit – der Tagesblick wird in der kommenden Zeit weniger umfangreich erscheinen oder sogar eine Zeitlang schweigen. Der Schreiber freut sich auf erholsame Sommertage.
COMMENT – FAZIT:
- Israel-Hamas-Hisbollah-Krieg: Massive Proteste gegen Netanjahu; Israels Armee attackiert UN-Schule: Tote unter Zivilisten und angeblich auch unter Hamas-Mitgliedern; Hamas verzichtet auf „endgültige Waffenruhe“ und ist verhandlungsbereit.
- Ukraine-Krieg: schwere Kämpfe im Osten mit russischen Geländegewinnen; NATO will sich Trump-sicher machen; Meinungen – einerseits: Implosion der russischen Kriegswirtschaft sei unausweichlich, andererseits: Kriegswirtschaft lasse überstarke, Europa ab 2029 bedrohende russische Armee entstehen, gegen die der Westen bedingungslos durch Aufrüstung gegenhalten müsse.
- Frankreichs Sonntagsüberraschung: linkes Lager an erster, Le Pen‘s Rassemblement National an dritter Stelle – ein Patt im französischen Parlament könnte drohen, aber Macron ist noch nicht ganz „vom Spielfeld“.
- Ungarn – Orban auf „Friedensmission“ in China bei Xi Jinping
- Österreich geht zwar nicht das Geld aus, aber die Staatsschulden dürften deutlicher ansteigen – ein Nachtrag
- Weitere COMMENTS vorhanden
Märkte
Israel, Ukraine
Meldungen
Themenreigen Medizin: virale Zoonosen drohen; Umwelt; Universitäten: Tradition; Arbeitswelt: ist weniger arbeiten psychologisch sinnvoll?
Unternehmen: Shell
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Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!
HELLMEYER-Report (gekürzt)
Nicht eingelangt wie angekündigt
SENTIX
US-Aktienmarkt-Risiken steigen – Ergebnisse des sentix Global Investor Survey (27-2024)
Die US-Aktienmärkte streben weiter von Hoch zu Hoch. Dies wirkt sich deutlich auf die Aktienmarkt-Stimmung aus. In Verbindung mit der markttechnisch überkauften Lage signalisiert das sentix-Risikoradar spürbar steigende Risiken. Saisonal nähern wir uns der meist volatileren Sommerperiode. Es scheint, als müssten sich die Anleger auf ein Ende des Einbahnstraßen-Aktienmarktes einstellen.
Weitere Ergebnisse
- Aktienmarkt-Volatilität: Die Sommerwochen bringen Bewegung
- FX: Bewegung in den sentix-Indizes
- sentix Konjunkturindex: Montag, 08.07.24, 10.30 MESZ
MÄRKTE
DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen
DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
COMMENT: Charttechnisch spannend: bilden sich Schulter-Kopf-Schulter-Formation oder Wimpel mit Ausbruch nach oben aus? Leider fehlen die Umsätze, die sich nicht „einschalten“ lassen und links unten bis März dieses Jahres zu sehen sind.
Gefühlsmäßig herrscht schon lange Euphorie am Marktplatz, die sich durch alle Risiken und getrübte Wirtschaftsaussichten nicht mindern lassen will. Die bevorstehenden Zinssenkungen treiben.
Aber:
Was ist, wenn die Anleger realisieren, dass die Unternehmensgewinne nicht mehr so ganz sprudeln wie erhofft – das gilt auch für die im Ausland agierenden DAX-Schwergewichte. Was ist, wenn sich die ausländischen Anleger, repräsentiert vor allem durch US-Amerikaner, am Marktplatz weniger engagieren? Und die bestimmen in der Hauptsache Wohl und Wehe der Aktienkurse.
Und überhaupt: was ist, wenn die Zinssenkungen eingetreten sind?
Eines signalisiert der DAX-Verlauf seit März schon: Volatilität, möglicher Vorbote einer Trendänderung. Also vielleicht bildet sich tatsächlich eine Schulter-Kopf-Schulter-Formation aus mit anschließendem fröhlichem Hinab gen Süden.
UPDATE: Anderes sehen es die Kommentatoren im weiter untenstehenden Wochenausblick.
WOCHENAUSBLICK: Dax im Aufwind – Frankreich-Wahl und US-Zinspolitik als Risiken
FRANKFURT (dpa-AFX) – Der Dax könnte in der neuen Woche an seine jüngsten Gewinne anknüpfen. „Die Börsenampeln zeigen auf grün, die Anleger schalten in den Risk-on-Modus“, schrieb Analystin Claudia Windt von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Schwindende Inflationssorgen und damit verbunden neue Hoffnungen auf Zinssenkungen sowie nachlassende politische Unsicherheiten trügen dazu bei.
Insofern könnte der deutsche Leitindex durchaus etwas näher an sein im Mai erreichtes Rekordhoch bei knapp 18.893 Punkten heranrücken und so seinen jüngsten Abwärtstrend verlassen.
Mit der zweiten Runde der Parlamentswahl in Frankreich am Sonntag ist zudem ein Unsicherheitsfaktor Geschichte. Bei der Parlamentswahl liegt entgegen aller Erwartungen ersten Hochrechnungen zufolge das Linksbündnis vorn. Das rechtsnationale Rassemblement National (RN) schnitt deutlich schlechter ab als angenommen.
Es könnte nur auf dem dritten Platz hinter dem Mitte-Lager von Staatspräsident Emmanuel Macron landen, wie die Sender TF1 und France 2 nach Schließung der Wahllokale berichteten. Die absolute Mehrheit von 289 Sitzen dürfte aber keines der Lager erreichen. Premierminister Gabriel Attal zog nach der Wahl Konsequenzen und kündigte an, seinen Rücktritt einzureichen. Ob Präsident Macron das Rücktrittsgesuch annehmen wird, ist offen.
Am Finanzmarkt wurde das Ergebnis zunächst positiv aufgenommen. Beim Broker IG wurde der Dax am Montagmorgen im frühen Handel bei rund 18.500 Punkten und damit etwas höher als am Freitagabend taxiert. Der Euro konnte die Gewinne vergangener Woche halten und kostet weiter mehr als 1,0833 Dollar.
Positiv ist zudem nach der Einschätzung der Helaba-Analystin Windt, dass sich in Deutschland die Ampel-Regierung kurz vor der Sommerpause endlich auf einen Haushalt für 2025 einigte. Dieser soll sowohl die Schuldenbremse einhalten als auch einen „Wachstumsturbo“ beinhalten, hob Windt positiv hervor.
Angesichts der deutschen Produktionszahlen vom Mai wäre es ganz gut, wenn dieser bald zünden würde. Denn sowohl Produktion als auch Auftragsentwicklung hatten enttäuscht. „Eine weitere Hiobsbotschaft von der Industrie“, kommentierte Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg. „Es scheint, als sei eine Wende zum Besseren weiter entfernt denn je.“
Ein weiterer wesentlicher Treiber für die Aktienmärkte ist die Aussicht auf eher früher als später sinkenden Leitzinsen in den USA. Damit verbunden ist die Hoffnung auf konjunkturelle Impulse für die Weltwirtschaft durch sinkende Finanzierungskosten für Unternehmen und Verbraucher. Dafür aber dürfen die am Donnerstag anstehenden US-Inflationszahlen für Juni nicht deutlich negativ enttäuschen.
Die Inflationsdaten aus den Vereinigten Staaten werden ein maßgeblicher Einflussfaktor für die Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed sein, schrieb Edgar Walk, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Metzler Asset Management. Derzeit sei die Datenlage uneindeutig. Von Januar bis April habe die Inflation eher mit hohen Werten überrascht, was die Sorge vor einer hartnäckig starken Teuerung ausgelöst habe. Im Mai sei der Preisanstieg jedoch erheblich langsamer geworden.
„Sollte die Inflation auch im Juni eine schwache Dynamik aufgewiesen haben, steht einer Leitzinssenkung im September nichts mehr im Wege. Vielleicht könnte sogar der Juli wieder ins Spiel kommen“, resümierte Walk. In dieses Bild passten am Freitag veröffentlichte Arbeitsmarktdaten aus den USA für den Monat Juni, die zumindest keine neuen Inflationssorgen geschürt hatten.
Eher optimistisch auf die neue Woche blickt auch Robert Halver, der Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Der oft zu beobachtende Sommer-Blues am Aktienmarkt sollte sich ihm zufolge diesmal in Grenzen halten. Vielmehr dürfte sich das bekannte Muster zunächst fortsetzen, wonach Ausbrüche nach oben zwar durch Gewinnmitnahmen ausgebremst, Kursrutscher aber als Einstiegsgelegenheit wahrgenommen werden.
Auch in der typisch umsatzschwachen Sommerzeit spreche dies zumindest für eine volatile Seitwärtsbewegung, fuhr Halver fort.
- Denn auf der einen Seite seien negative Aspekte wie die holprige Weltkonjunktur oder die politische Unsicherheit in Frankreich bekannt beziehungsweise würden als handhabbar angesehen.
- Und auf der anderen Seite „spannen verbesserte Konjunkturausblicke und die sich materialisierende Zinssenkungsfantasie ein Fallnetz gegen Kurseinbrüche auf.“ Schließlich hat die Europäische Zentralbank bereits im Gegensatz zur Fed die geldpolitische Kurswende vollzogen und im Juni erstmals seit fast fünf Jahren die Leitzinsen wieder gesenkt.
Ansonsten dürften die Anleger am Freitag nach New York schauen. Dann präsentieren große US-Banken ihre Geschäftszahlen für das zweite Quartal und läuten so die Berichtssaison in den Vereinigten Staaten ein. Hierzulande läuft diese erst schleppend an. Besonders im Blick stehen am Donnerstag der Konzern Südzucker und der Verpackungshersteller Gerresheimer mit ihren Quartalsberichten./la/bek/he
— Von Lutz Alexander, dpa-AFX —
VERMÖGEN – STEUERN
Kampf gegen Geldwäsche Entscheidung über EU-Vermögensregister steht bevor – 4.7.2024
Brüssel denkt über ein EU-weites Verzeichnis für Vermögenswerte nach. Das Vorhaben ist umstritten. Nun zeichnet sich ein Ergebnis ab.
Das Thema bewegt schon länger die Gemüter, nun wird es allmählich konkret: Die Einführung eines EU-weiten Vermögensregisters könnte kurz bevorstehen. Eine Gruppe externer Dienstleister prüft im Auftrag der EU-Kommission, ob ein solches Verzeichnis rechtlich und logistisch machbar wäre. Die Ergebnisse der Studie würden „bald“ veröffentlicht, teilt eine Sprecherin der EU-Kommission auf Anfrage der WirtschaftsWoche mit.
Die Idee hinter dem Register: Vermögensgegenstände mit einem Wert von mehr als 200.000 Euro sollen auf EU-Ebene zentral erfasst, Informationen dazu schnell und grenzüberschreitend zwischen Behörden ausgetauscht werden. Im Mittelpunkt stehen Daten aus Grundbüchern und Unternehmensregistern. Das Verzeichnis könnte aber auch Kryptowährungen, Kunstwerke oder Gold umfassen. Man ziehe die Möglichkeit in Betracht, solche Werte in ein Vermögensregister aufzunehmen, hieß es von der EU-Kommission bei Ausschreibung der Machbarkeitsstudie.
Schon seit 2021 verfolgt Brüssel die Idee, Vermögenswerte und ihre Besitzer zentral zu erfassen. Politiker wollen damit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besser bekämpfen. Auslöser waren die Probleme, Vermögen sanktionierter russischer Oligarchen in der EU aufzuspüren und einzufrieren. Kritiker eines EU-weiten Vermögensregisters fürchten eine noch umfassendere staatliche Kontrolle und mutmaßen, dass ein solches Register die Grundlage für ein neues Lastenausgleichsgesetz oder eine Vermögensabgabe bilden könnte. Was sich in der Praxis ändern würde, lässt sich allerdings schwer sagen.
Ohne Ausweis geht es nicht
Die Anti-Geldwäsche-Regeln der EU sind schon heute sehr streng, ebenso die Gesetze in vielen Mitgliedsstaaten. In den vergangenen Jahren wurden sie sukzessive verschärft. So ist es zum Beispiel in Deutschland kaum noch möglich, anonym Anlagegold zu handeln. Wer Gold an seine Hausbank verkaufen will, muss seit August 2021 bei einem Wert von über 10.000 Euro einen Herkunftsnachweis für das Edelmetall vorlegen. Bei fremden Banken ist das ab einem Wert von 2500 Euro der Fall.
Bei Edelmetallhändlern ist laut Gesetz kein Herkunftsnachweis nötig, allerdings müssen sich Kunden ab einem Goldwert von 2000 Euro ausweisen. In der Praxis wollen die meisten Händler auch bei kleineren Transaktionen den Personalausweis sehen, sodass ein anonymer Kauf oder Verkauf kaum möglich ist. Einige Händler verlangen bei größeren Verkäufen auch einen Herkunftsnachweis.
Im Kunsthandel wurden die Regeln ebenfalls verschärft. Seit 2020 müssen Auktionshäuser, Kunsthändler und Galeristen ihre Kunden identifizieren und eventuelle Geldwäsche-Verdachtsfälle melden. Ein Verdacht kann etwa vorliegen, wenn Kunden auf Anonymität bestehen oder in einem „Hochrisikostaat“ laut Geldwäschegesetz gemeldet sind, darunter etwa Panama, Jamaika oder Gibraltar.
Seit im Frühjahr die sechste Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU verabschiedet wurde, sind auch Verwalter von Kryptowerten wie Banken oder Vermögensverwalter strengeren Sorgfalts- und Meldepflichten unterworfen. Sie dürfen etwa keine Kryptokonten für anonyme Nutzer mehr anbieten und müssen verdächtige Aktivitäten melden.
Ebenfalls im neuen Gesetzespaket: verschärfte Überwachungsbestimmungen für Personen mit einem Vermögen von mehr als 50 Millionen Euro und eine EU-weite Obergrenze von 10.000 Euro bei Barzahlungen mit geschäftlichem Hintergrund.
Vernetzung in vollem Gang
Die neue Anti-Geldwäschebehörde Amla („Anti-Money Laundering Authority“) soll mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet werden. Sie wird in Frankfurt angesiedelt und „soll bald einsatzbereit sein“, wie es auf ihrer Homepage heißt. In der Amla-Datenbank werden Informationen aller Aufsichtsbehörden zusammenlaufen. Die Amla darf und soll diese Daten anderen Behörden innerhalb des Systems auf vertraulicher Basis zur Verfügung stellen, wenn es einen Anlass dafür gibt.
Nationale Behörden haben also bereits umfassende Informationen zu Vermögenswerten, und ihre grenzüberschreitende Vernetzung ist in vollem Gang. Mit einem EU-weiten Register, das Vermögensgegenstände ab 200.000 Euro umfasst, ginge Brüssel allerdings noch einen Schritt weiter. Das gefällt nicht jedem, auch nicht auf Ebene der Politik.
Die Bundesregierung etwa zeigte sich vor zwei Jahren skeptisch: Man sehe ein europäisches Vermögensregister „mit Blick auf die offenen Fragen zur Machbarkeit und zur Gewährleistung des Datenschutzes zum gegenwärtigen Zeitpunkt kritisch“, hieß es damals in der Antwort auf eine kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion. Die EU-Kommission gibt sich wohl auch deshalb zurückhaltend, was ihre nächsten Schritte betrifft: Es gebe „keine Verpflichtung, auf Grundlage einer Forschungsstudie tätig zu werden“, wiegelt eine Sprecherin ab.
Ausgemachte Sache ist ein EU-Vermögensregister also noch nicht. Auch, was es umfassen würde, steht bislang nicht fest. Kritiker hält das nicht davon ab, Ängste zu schüren. Und mitunter daran zu verdienen. Der Goldhändler Kettner Edelmetalle etwa warnt im Zusammenhang mit den Plänen für ein Vermögensregister vor einer Enteignung der Bürger. Als Ausweg wird genannt: Gold – das Kettner mit einem satten Aufschlag auf den Materialwert verkauft.
Markus Krall, ehemaliger Geschäftsführer des Goldhändlers Degussa, warnt in einem YouTube-Video, das EU-Vermögensregister sei „Grund genug für die Schweiz, nicht in die EU reinzugehen“. Soll wohl heißen: Wer sich vor den europäischen Behörden nicht nackig machen will, kann immer noch zu den Eidgenossen flüchten.
Kein sicherer Hafen in Europa
Bringen dürfte das wenig. Denn auch die Schweiz verschärft den Kampf gegen Geldwäsche. Im Mai verabschiedete der Bundesrat die „Botschaft zur Geldwäscherei-Bekämpfung“ und reichte sie ans Parlament weiter. Darin vorgesehen: ein nationales Transparenzregister für Gesellschaften und andere juristische Personen. Die Behörden sollen so schneller feststellen können, wer hinter einer Rechtsstruktur steht. Die Schweiz beugt sich mit dem geplanten Register dem Druck der EU.
Eine weitere Neuerung betrifft Barzahlungen im Edelmetallhandel (ab 15.000 Schweizer Franken) und im Immobilienhandel (unabhängig von der Höhe): Sie sind sollen zwar weiterhin möglich, aber „an Sorgfaltspflichten gebunden“ sein, heißt es vom Bundesrat. In Kraft treten soll das Gesetz frühestens 2026.
Was sich in der Schweiz für natürliche Personen ändert, falls die EU tatsächlich ein Vermögensregister einrichtet, ist noch ungewiss. Wahrscheinlich ist aber, dass auch die Schweiz dann Informationen zuliefern würde. Im Rahmen des Abkommens über den allgemeinen Informationsaustausch (AIA) teilt die Schweiz bereits seit 2017 Daten zu Finanzkonten und Depots mit dem EU-Ausland. So soll Steuerhinterziehung bekämpft werden. Es ist davon auszugehen, dass die Schweiz auch weitergehende Transparenzanforderungen der EU mittragen würde.
ISRAEL
n-tv aktuell ISRAEL
Keine endgültige Waffenpause? Netanjahu fordert Recht zur Fortsetzung des Krieges gegen Hamas
Die indirekt geführten Verhandlungen zwischen Israels Führung und der Hamas sollen in dieser Woche wieder aufgenommen werden. Ministerpräsident Netanjahu macht bereits im Vorfeld klar, worauf er sich nicht einlassen will. Tausende Israelis fordern bei landesweiten Protesten seinen Rücktritt.
n-tv aktuell Nahost-Konflikt
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NACHT IM ÜBERBLICK – ISRAEL
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WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN
16 Tote in UN-Schule: Israel bombardiert Zentrum von Gaza
Mindestens 16 Menschen sind bei einem israelischen Luftangriff auf eine UN-Schule im zentralen Gazastreifen getötet worden. Zumeist Frauen und Kinder.
Bei einem israelischen Luftangriff auf eine Schule des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) in Dair al-Balah im zentralen Gazastreifen sind mindestens 16 Menschen, zumeist Frauen und Kinder, getötet worden. Mehr als 75 Personen wurden verletzt. Das teilten die palästinensischen Behörden mit.
Die Schule im Flüchtlingslager Nuseirat diente als Unterkunft für Vertriebene Palästinenser.
Augenzeugen berichteten, der Angriff habe offenbar die oberen Stockwerke der Schule getroffen. Berichten zufolge wurde die Unterkunft von bis zu 7.000 Menschen genutzt.
Viele der Verwundeten wurden in das Aqsa-Märtyrer-Krankenhaus, die wichtigste medizinische Einrichtung im Zentrum des Gazastreifens, gebracht.
Das israelische Militär erklärte, dass es wohl mehrere Terroristen in der Schule getötet hätte.
„Dieser Ort diente sowohl als Versteck als auch als operative Infrastruktur, von der aus Angriffe auf die im Gazastreifen operierenden IDF-Truppen gesteuert und durchgeführt wurden“, schrieb die israelische Armee auf X.
„Vor dem Angriff wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um das Risiko, Zivilisten zu verletzen, zu mindern, darunter der Einsatz präziser Luftüberwachung und zusätzlicher Geheimdienstinformationen“, beteuerte das israelische Militär in seiner Meldung in den Sozialen Medien.
Israelische Armee kehrt in die Gaza-Stadt zurück
Indes veröffentlichte das israelische Militär Videoaufnahmen von Soldaten, die offenbar im östlichen Bezirk Shuja’iyya in der Gaza-Stadt operieren. Monate nachdem die israelische Armee erklärt hatte, sie hätten ihre Operationen in dem Gebiet abgeschlossen.
Seit zwei Wochen toben dort Bodenkämpfe, die Zehntausende von Menschen in die Flucht getrieben haben.
Auf dem IDF-Video sind Soldaten zu sehen, die Waffen zeigen, die angeblich aus einem Lager beschlagnahmt wurden.
Die Hamas hat sich nach dem Abzug der israelischen Truppen in schwer getroffenen Gebieten immer wieder neu formiert, was Fragen über Israels Fähigkeit aufgeworfen hat, die militante Gruppe zu zerstören.
Derweil führt der Mangel an sauberem Wasser und Hygienemaßnahmen dazu, dass sich ansteckende Krankheiten unter der vertriebenen Bevölkerung im Gazastreifen immer weiter ausbreiten.
„Wir leiden unter dem Mangel an Hygieneartikeln. Es gibt keine Seife, keine Waschmittel und auch sonst nichts. Ich meine, der Preis für Seife, selbst wenn sie im Gazastreifen erhältlich wäre. Wir können sie nicht kaufen. Der Preis für Seife beträgt 25 Schekel (6,20 €). Ich habe keine 25 Schekel, um Seife zu kaufen“, sagte Muhammad Al-Talouli, der aus dem östlichen Al-Bureij-Lager ins Zentrum des Gazastreifens umgesiedelt ist.
Nasser Al-Kurdi, der aus dem Al-Bureij-Lager vertrieben wurde, sagte: „Epidemien und Krankheiten haben sich unter den Menschen und unter den Kindern ausgebreitet. Das ist eine sehr schreckliche Sache. Das ist ein kleines Gebiet. Krankheiten verbreiten sich sehr schnell.“
„In Nuseirat nehmen die behelfsmäßigen Zelte jeden Zentimeter des verfügbaren Platzes ein, bis hin zur Küste. Die Lebens- und Hygienebedingungen sind unmenschlich“, berichtete das UNRWA auf X.
Die UNRWA berichtete, dass die Zahl der Fälle von Atemwegsinfektionen, Durchfall, Krätze und Läusen, Windpocken und akuter Gelbsucht die der Vorjahre bei weitem übersteigt.
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Tausende demonstrieren in Israel für Geisel-Deal – 8.7.2024, 5:40
TEL AVIV (dpa-AFX) – In Israel schlägt Regierungschef Benjamin Netanjahu vor der Wiederaufnahme indirekter Verhandlungen über einen Geisel-Deal im Gaza-Krieg Wut und wachsende Ungeduld entgegen. „Neun Monate lang haben Sie die Geiseln im Stich gelassen. Netanjahu – hören Sie auf, es zu verschleppen. Wir wollen sie zu Hause haben, und es liegt an Ihnen, sie nach Hause zu bringen“, rief die Mutter einer der Geiseln der islamistischen Hamas bei einer abendlichen Protestaktion in der Küstenmetropole Tel Aviv.
Um auf das Schicksal ihres Sohnes und der anderen rund 120 noch immer in Gaza festgehaltenen Geiseln aufmerksam zu machen, stieg die Demonstrantin in einen schwarzen Käfig, der unter einer Straßenbrücke hing, wie die „Times of Israel“ berichtete. „Es liegt ein Deal auf dem Tisch, der Leben retten kann, und uns alle“, wurde die verzweifelte Israelin weiter zitiert. An den Regierungschef gerichtet rief die Mutter: „Ich möchte Netanjahu sagen: Die Schlüssel zu diesem Käfig und allen anderen Käfigen liegen in Ihren Händen“.
Zum Abschluss landesweiter Proteste und Straßenblockaden am „Tag der Störung“ kam es auch in Jerusalem zu Protestkundgebungen. Tausende Demonstranten marschierten örtlichen Medienberichten zufolge zur Residenz von Netanjahu und forderten, dass die indirekten Verhandlungen über einen Geisel-Deal und eine Waffenruhe endlich zum Erfolg geführt werden. Auch verlangten sie Neuwahlen. Die Gespräche über ein Gaza-Abkommen unter Vermittlung von Katar, Ägypten und den USA sollen diese Woche in Kairo weitergehen.
Am 7. Oktober hatten Terroristen der Hamas sowie anderer Gruppierungen Israel überfallen und 1200 Menschen getötet. Zudem wurden rund 250 weitere Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Das beispiellose Massaker war der Auslöser des Gaza-Krieges./ln/DP/zb
ROUNDUP/’Tag der Störung‘: Massenproteste für Geisel-Deal in Israel – 7.7.2024, 16:41
TEL AVIV/GAZA/KAIRO (dpa-AFX) – Mit einem „Tag der Störung“ haben Tausende Israelis in Tel Aviv und anderen Städten des Landes für einen Geisel-Deal demonstriert. Dabei legten sie zeitweise auch den Verkehr lahm. Mit dem Protest neun Monate nach Kriegsbeginn wollen sie den Druck auf die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verstärken, um auf dem Verhandlungswege die Freilassung von rund 120 Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas zu erreichen.
Am 7. Oktober hatten Terroristen der Hamas sowie anderer palästinensischer Gruppierungen Israel überfallen und 1200 Menschen getötet. Zudem wurden rund 250 weitere Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Das beispiellose Massaker war Auslöser des Gaza-Krieges. Rund 120 Geiseln befinden sich nach israelischen Schätzungen immer noch in der Gewalt ihrer Entführer – unter ihnen sind auch Kinder, Frauen sowie ältere Menschen. Viele von ihnen dürften nicht mehr am Leben sein.
Proteststart zur Uhrzeit des Hamas-Massakers
Die Proteste begannen um 06.29 Uhr (Ortszeit), jener Uhrzeit, zu der der Überfall der Hamas begonnen hatte. Protestteilnehmer in Tel Aviv trugen etwa Schilder mit der Aufschrift „Wir sind alle Geiseln“. Die Polizei nahm nach eigenen Angaben fünf Demonstranten fest, die eine Straßenkreuzung im Norden der Metropole blockierten.
In Jerusalem setzten sich Protestteilnehmer auf die Schienen der Straßenbahn, die durch das Stadtzentrum fährt. Nahe der Grenze zum Gazastreifen ließen Aktivisten schwarze und gelbe Luftballons steigen – die Farbe Gelb symbolisiert für sie das Schicksal der Geiseln. Die Blockaden störten auch den Berufsverkehr. In Israel beginnt am Sonntag die Arbeitswoche.
Mögliche Fortschritte bei Verhandlungen befeuern Proteste
Bereits am Samstagabend hatten in Israel Zehntausende demonstriert. In Tel Aviv wurde auf einer Großleinwand ein Video mit einer ehemaligen Geisel eingespielt. Der 22-jährige Almog Meir Jan, den das israelische Militär vor einem Monat befreit hatte, sagte darin: „Wir brauchen einen Deal, damit alle Mütter ihre Kinder und Ehemänner umarmen können, so wie ich jetzt meine Mutter jeden Morgen umarme.“
Befeuert hatten die Proteste Berichte, wonach es nach langem Stillstand Fortschritte bei den von Katar, Ägypten und den USA vermittelten Verhandlungen geben soll. Ägypten werde schon in diesen Tagen mit allen Seiten intensive Beratungen führen, berichtete der staatsnahe Fernsehsender Al-Kahira unter Berufung auf hohe ägyptische Regierungsbeamte. Eine Delegation hoher US-Beamter traf am Sonntagnachmittag in Kairo ein.
Die seit Monaten andauernden Verhandlungen waren zuletzt ins Stocken geraten. Die Hamas forderte bislang die sofortige Beendigung des Krieges seitens Israels im Gegenzug für eine Geiselfreilassung. Israel will sich hingegen die Option für die Fortsetzung des Krieges offenhalten, um die Hamas als militärische Formation und Regierungsmacht im Gazastreifen zu zerschlagen.
Medienberichten zufolge soll die Hamas inzwischen ihre strikten Forderungen etwas gelockert haben. Der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, hatte am Freitag wieder mit der Regierung in Katar verhandelt, die in direktem Kontakt mit der Hamas steht. Israelische Medien berichteten danach unter Berufung auf Delegationskreise von einem gewissen Optimismus. Andere Beobachter verwiesen darauf, dass die Hamas einzelne Änderungen im Text des Vertragsabkommens vorgeschlagen habe, aber in der Sache weiterhin wenig Bewegung zeige.
Misstrauen gegenüber Netanjahu
Viele Israelis misstrauen aber auch ihrem Regierungschef Netanjahu. Eine Demonstrantin, deren Sohn während des Terrorüberfalls vor neun Monaten in den Gazastreifen entführt wurde, rief während einer Kundgebung in Tel Aviv der Zeitung „Haaretz“ zufolge: „Netanjahu, wir haben gesehen, wie Sie immer wieder die Abkommen im Moment der Wahrheit torpediert und unsere Herzen jedes Mal in Stücke gerissen haben.“
Das israelische Militär setzte indes seine Einsätze im Gazastreifen fort. Die Armee teilte am Samstag mit, mehrere Kämpfer der Hamas im Areal einer ehemaligen Schule des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA angegriffen zu haben. Nach palästinensischen Angaben kamen bei dem Luftangriff 16 Palästinenser ums Leben, 50 weitere wurden verletzt.
Nach UN-Angaben diente der Gebäudekomplex als Unterkunft für 2000 in diesem Krieg vertriebene Menschen. Laut israelischer Armee soll das Areal jedoch als Versteck der Hamas für Attacken auf das israelische Militär gedient haben. Die Angaben beider Seiten ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Weiterer Raketenbeschuss an der Grenze zum Libanon
Im Norden Israels kam es erneut zu Konfrontationen zwischen dem israelischen Militär und der Schiiten-Miliz Hisbollah im Libanon. Die Hisbollah habe 20 Raketen und Drohnen auf Israel abgeschossen, teilte die israelische Armee mit. Die meisten Geschosse seien von der Luftabwehr abgefangen worden. Die Hisbollah bekannte sich der libanesischen Nachrichtenagentur NNA zufolge zu dem Angriff. Es habe sich um Vergeltung für die gezielte Tötung eines Hisbollah-Mitglieds in der libanesischen Bekaa-Ebene gehandelt.
Seit Beginn des Gaza-Krieges schießt die vom Iran unterstützte Hisbollah mit Raketen, Artillerie- und Panzerabwehrgranaten regelmäßig auf den Norden Israels – nach eigener Darstellung aus „Solidarität“ mit der Hamas in Gaza. Israel bekämpft im Gegenzug mit Luft- und Artillerieangriffen die Stellungen der Hisbollah im Süden des Libanons, aber auch Ziele tief im Landesinneren des Libanons. Auf beiden Seiten hat es bereits Todesopfer gegeben. Es ist die schwerste Eskalation seit dem zweiten Libanon-Krieg 2006./ln/raf/gm/DP/he
Hamas: Geiselverhandlungen ohne „dauerhafte Waffenruhe“ – 7.7.2024, 18:14
Die radikalislamische Terrororganisation Hamas ist nach Angaben eines ranghohen Vertreters dazu bereit, ohne eine „vollständige und dauerhafte Waffenruhe“ über die Freilassung von Geiseln und ein Ende des Krieges im Gazastreifen zu verhandeln.
Der ranghohe Vertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP gestern, die Forderung der Hamas, dass Israel „einer vollständigen und dauerhaften Waffenruhe“ zustimmen müsse, um Gespräche über einen Austausch von Geiseln gegen Häftlinge zu beginnen, sei „überholt“.
Am Freitag hatte bereits ein hochrangiger US-Beamter verlauten lassen, ein neuer Vorschlag der Hamas bringe den Prozess voran und könne die Grundlage für den Abschluss eines Abkommens bilden, auch wenn noch „erhebliche Arbeit“ zu leisten sei.
Die Verhandlungen im Ringen um eine Waffenruhe sollten in der kommenden Woche fortgesetzt werden. Die israelische Regierung hatte ihrerseits erklärt, sie werde erneut eine Delegation zu den Gesprächen nach Katar schicken.
Auch der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, soll nach Angaben aus Verhandlungskreisen daran teilnehmen. Nach Hamas-Angaben planen zudem Ägypten und die Türkei, als Vermittler tätig zu werden. *** red, ORF.at/Agenturen
UKRAINE
Karte der Ukraine
UNDERSTANDIG WAR (ISW)
Tägliche Updates des Institute for the Study of War (ISW) inkl. kurzfristig aktualisiertem Kartenwerk. Themen: Ukraine, Iran, China/Taiwan u.a.m.
Speziell für die Ukraine siehe hier (hinunterscrollen zu aktuellen Berichten).
n-tv aktuell UKRAINE
+++ 08:41 Institute: Sanktionen beeinträchtigen Russlands Kriegs-Fähigkeiten kaum +++
Sanktionen haben Russlands Fähigkeit zur Kriegsführung nur wenig beeinträchtigt. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsprojekt von vier Instituten, darunter das Münchner Ifo und das IfW in Kiel, für das Bundeswirtschaftsministerium. „Die Wirtschaft des Landes wächst angesichts des Rüstungsbooms momentan kräftig, allerdings wirken die Sanktionen langfristig wie ein schleichendes Gift“, sagt Vasily Astrov, Russland-Experte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche.
+++ 07:58 Medien: Russland vereitelt Kaperung von strategischem Bomber +++
Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat nach Berichten russischer Nachrichtenagenturen die Vorbereitungen ukrainischer Truppen gestoppt, einen strategischen Bomber vom Typ Tu-22M3 zu kapern und in die Ukraine zu fliegen. Die staatliche Nachrichtenagentur TASS berichtet, Russland habe Hinweise erhalten und dann den Flugplatz Oserne westlich von Kiew angegriffen.
+++ 07:19 Orban: China ist eine wichtige Kraft bei Bemühungen um Ende des Kriegs +++
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban bezeichnet China als wichtige Kraft bei den Bemühungen um ein Ende des Krieges in der Ukraine. Ungarn schätze Chinas Friedensinitiative sehr, meldet die ungarische Nachrichtenagentur MTI. Orban ist heute in Peking eingetroffen, geplant sind Gespräche mit Chinas Präsidenten Xi Jinping.
+++ 06:53 Vier Menschen sterben bei Minenexplosion in Charkiw +++
Bei einer Minenexplosion in der Oblast Charkiw sind vier Menschen ums Leben gekommen. Unter den Getöteten ist auch ein Kind, teilt der Leiter der regionalen Staatsverwaltung, Oleh Syniehubov, laut der Nachrichtenagentur Ukrinform per Telegram mit.
+++ 06:26 Mehrere Verletzte bei russischem Angriff auf Nikopol +++
Bei russischen Angriffe in der Oblast Dnipropetrowsk sind mehrere Menschen verletzt worden, darunter ein Kind. Ein zehnjähriger Junge und vier Frauen seien bei Angriffen auf die Stadt Nikopol in der Oblast Dnipropetrowsk verletzt worden, wie die ukrainische Zeitung „Kyiv Independent“ unter Berufung auf den Regionalgouverneur Serhiy Lysak meldet.
+++ 05:42 Indiens Premier Modi reist nach Moskau +++
Indiens Regierungschef Narendra Modi besucht zum ersten Mal seit Kriegsbeginn Russland. Bei der offiziellen Visite wird nach Kremlangaben auch über Russlands Invasion in der Ukraine gesprochen. Für westliche Beobachter werde es interessant, sagt Kremlsprecher Dmitri Peskow vorab mit Blick darauf, dass Modi zum Ärger Kiews im Juni dem von der Ukraine initiierten Friedensgipfel in der Schweiz fernblieb. Indiens Handel mit der Rohstoffgroßmacht Russland hatte sich zuletzt intensiviert.
+++ 04:21 Raketen nehmen Kurs auf Kiew – Gefahr abgewehrt +++
Nach dem Start von vier strategischen Bombern vom russischen Militärflugplatz Olenja aus wird in der Nacht für die gesamt Ukraine zeitweise Luftalarm ausgerufen. Marschflugkörper nehmen unter anderem Kurs auf Kiew und die westlich gelegene Stadt Schytomyr. Inzwischen meldet die Luftwaffe, die Gefahr sei teilweise abgewehrt, im Osten und Süden sollen die Menschen weiter in Schutzräumen bleiben.
+++ 02:18 Selbsterklärte „Friedensmission“: Orban landet in China +++
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban ist im Rahmen seiner selbsterklärten „Friedensmission“ in Peking eingetroffen. Dort will er mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping sprechen. Es ist bereits die dritte überraschende Auslandsreise Orbans, seit Ungarn Anfang Juli die rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat. Zuvor hatte er die Ukraine und Russland besucht, was bei den EU-Mitgliedern auf heftige Kritik stieß. Das chinesische Außenministerium erklärt, Orban werde mit Präsident Xi Jinping zu Gesprächen über „Themen von gemeinsamem Interesse“ zusammentreffen.
+++ 01:43 Generalinspekteur Breuer: Russland könnte sich ab 2029 gegen NATO-Staaten wenden +++
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, dringt auf eine Verstetigung der Verteidigungsausgaben. Russland könne sich um das Jahr 2029 herum auch gegen NATO-Staaten wenden, daher sei die Abschreckung so wichtig, warnt Breuer in der „Süddeutschen Zeitung“: „Russland baut derzeit ein Potenzial auf, das weit über das hinausgeht, was es für den Angriffskrieg in der Ukraine bräuchte. Die russischen Streitkräfte planen einen Aufwuchs auf 1,5 Millionen Soldaten, das sind mehr Soldatinnen und Soldaten als in der gesamten EU.“ Zudem produziere Russland jedes Jahr zwischen 1000 und 1500 Panzer. „Wenn sie die fünf größten NATO-Armeen in Europa nehmen, dann haben sie dort im Bestand gerade einmal die Hälfte dessen, was Russland nun pro Jahr an Panzern aufbringt. Wir müssen vorbereitet sein.“
COMMENT: Diese Aussagen widersprechen sehr deutlich meinen COMMENT im gestrigen Tagesblick – wenn sie stimmen.
+++ 00:57 Selenskyj trifft Republikaner Mike Johnson +++
Am Rande des NATO-Gipfels in Washington wird der ukrainische Präsident Selenskyj am Mittwoch den republikanischen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, treffen. Das geht aus dem offiziellen Terminkalender Johnsons hervor. Die Unterstützung für die Ukraine wird voraussichtlich eines der Hauptthemen des Gipfels in dieser Woche sein. Es herrscht Besorgnis über die künftige Unterstützung der USA für die Regierung in Kiew, sollte Donald Trump die Präsidentschaftswahlen am 5. November gewinnen.
+++ 22:50 Familie stirbt bei Minenexplosion im Raum Charkiw +++
In der Region Charkiw hat eine explodierende Mine mindestens vier Menschen getötet, darunter ein Kind. Das meldet der Gouverneur der Oblast, Oleh Synjehubow, bei Telegram. Die Familie sei in einem Auto auf einer unbefestigten Straße unterwegs gewesen und dabei auf die russische Mine aufgefahren. Die Identifizierung der Leichen sei noch im Gange. Angehörigen zufolge könnten sich insgesamt sechs Menschen in dem Fahrzeug befunden haben.
+++ 21:53 Estlands Präsident Karis warnt vor aufgezwungenem Frieden +++
Der estnische Präsident Alar Karis erhofft sich vom bevorstehenden NATO-Gipfel eine umfassende Unterstützung für die Ukraine sowohl während als auch nach dem Krieg. „Das Bündnis muss die klare Botschaft aussenden, dass die NATO die Ukraine so lange unterstützen wird, wie es nötig ist. Die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ist nicht verhandelbar, und der Prozess des Beitritts ist unumkehrbar“, sagt Karis laut der estnischen Nachrichtenplattform ERR. Die Geschichte habe gezeigt, dass Aggressoren zur Rechenschaft gezogen und nicht beschwichtig werden müssten, so Karis. Ein aufgezwungener Friede sei immer nur temporär. „Wenn die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine nicht respektiert wird, wird dies in Zukunft zu neuen und größeren Kriegen führen. Russland und andere Aggressoren werden dadurch nur ermutigt, erneut anzugreifen“, so der estnische Präsident.
+++ 21:00 Neue britische Regierung schnürt Waffenpaket für Ukraine +++
Der neue britische Verteidigungsminister John Healey sagt der Ukraine bei seinem Antrittsbesuch neue Waffenlieferungen zu. Neben Artilleriegeschützen, Minensuchern und Panzerabwehrlenkwaffen umfasst das in der Hafenstadt Odessa vorgestellte Paket große Mengen an Munition. Präsident Wolodymyr Selenskyj dankt Healey für die starke Unterstützung Großbritanniens. Bei ihrem Treffen sei auch das im Januar unterzeichnete Sicherheitsabkommen zwischen der Ukraine und Großbritannien erörtert worden. Der damalige britische Premier Rishi Sunak hatte den Vertrag „für 100 Jahre oder länger“ in Kiew unterzeichnet. Wie Selenskyj auf der Plattform X vermerkt, sei mit Healey über die weitere Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens gesprochen worden.
+++ 20:34 Niederlande bekräftigen auch Zusage von Patriot-System +++
Die Ukraine erhält von den Niederlanden ein Patriot-Flugabwehrsystem für den Ausbau ihres Schutzschirms. Das bekräftigen der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp und Verteidigungsminister Ruben Brekelmanns in Kiew bei einem Treffen mit dem ukrainischen Außenamtschef Dmytro Kuleba, wie die Agentur Unian berichtet. Dass ein System zur Verfügung gestellt wird, war im Juni von der Vorgängerregierung in Den Haag angekündigt worden. Ein genauer Zeitpunkt für die Lieferung wird nicht genannt. Zuvor hatte Veldkamp in Kiew auch die „unverzügliche“ Lieferung von F-16-Kampfjets zugesagt (siehe Eintrag 19:08).
+++ 20:11 Orban: Putin glaubt nicht an Waffenstillstand ohne Friedensgespräche +++
Ungarns Ministerpräsident Orban gibt an, der russische Präsident Putin habe ihm gesagt, dass er an kein Waffenstillstandsabkommen glaubt, bevor ernsthafte Friedensgespräche beginnen. „Er sagte, dass er keine positiven Erwartungen [an einen solchen Waffenstillstand] habe. Selenskyj sagte, dass er keine positiven Erwartungen habe, weil die Russen das gegen die Ukraine verwenden würden, und Putin, dass die Ukrainer diese Pause gegen Russland verwenden würden“, sagt Orban der Schweizer „Weltwoche“. Orban hatte Putin am Freitag in Moskau besucht, nur wenige Tage nach seinem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Kiew.
+++ 19:33 Bericht: EU hat keinen Hinweis auf missbrauchte Gelder durch ukrainische Behörde +++
Die Europäische Union hat keinen Hinweis darauf, dass die ukrainische Infrastrukturbehörde ausländische Gelder missbraucht hat, erklären EU-Vertreter in der Ukraine gegenüber „Kyiv Independent“. Das ukrainische Finanzministerium hatte der staatlichen Behörde für Wiederaufbau und Entwicklung der Infrastruktur in der ukrainischen Online-Zeitung „Ekonomichna Pravda“ am Freitag vorgeworfen, westliche Gelder missbraucht zu haben. Das Ministerium behauptete, die EU-Delegation in der Ukraine sei unzufrieden damit, dass die Behörde die von der Europäischen Kommission bereitgestellten 150 Millionen Euro nicht verwendet habe.
+++ 19:08 Niederlande will F-16-Jets „unverzüglich“ liefern +++
Niederlandes neuer Außenminister Caspar Veldkamp sagt bei einem Ukraine-Besuch die „unverzügliche“ Lieferung von F-16-Kampfjets zu. „Da wir nun die Freigabe für die Lieferung der ersten F-16-Jets erhalten haben, werden diese unverzüglich geliefert“, sagt Veldkamp in Kiew vor Journalisten. Die Niederlande hatten der Ukraine insgesamt 24 F-16-Kampfjets zugesagt. Veldkamp macht keine weiteren Angaben zum Zeitplan der Lieferungen.
+++ 18:32 Schwangere Frau nach russischem Angriff in Klinik +++
Nach russischem Beschuss auf die Stadt Cherson wurde laut ukrainischen Angaben eine schwangere Frau in ein Krankenhaus eingeliefert. Das berichtet „Kyiv Independent“. Die 32-Jährige habe „Anzeichen einer Rauchevergiftung“, teilen die Behörden demnach mit. Infolge des Angriffs im Stadtbezirk Korabelnyi seien auch mehrere Privathäuser beschädigt worden.
+++ 18:05 Ukraine: Raffinerien in Russland getroffen +++
Die ukrainischen Streitkräfte reklamieren zwei erfolgreiche Drohnenangriffe auf Raffinerieanlagen im Süden Russlands für sich. Beide Anlagen in der Umgebung der Stadt Krasnodar seien in der Nacht getroffen worden, berichtet die Agentur Unian unter Berufung auf informierte Militärkreise. Unter anderem seien bei den Angriffen mehrere Treibstoffbehälter in Brand gesetzt worden. Mit Hinweis auf Satellitenbilder heißt es weiter, die Brände seien bis zum Nachmittag nicht gelöscht worden. Über beiden Raffinerien hätten sich dichte Rauchwolken gebildet. Von russischer Seite gibt es dazu keinen Kommentar.
+++ 17:46 Niederländische Minister: Unterstützung für Ukraine ist „felsenfest“ +++
Die Niederlande wollen auch nach dem jüngsten Regierungswechsel nach Angaben ihres Außen- und ihres Verteidigungsministers die Ukraine weiter entschlossen unterstützen. „Ich möchte betonen, dass unsere Unterstützung der Ukraine felsenfest ist“, sagt der neue Verteidigungsminister Ruben Brekelmans bei einem Besuch mit Außenminister Caspar Veldkamp in Kiew. Veldkamp sagt, die Niederlande stünden an der Seite der Ukraine und würden diese weiterhin politisch, militärisch, finanziell und moralisch unterstützen. Beide Minister wurden in Kiew von Präsident Wolodymyr Selenskyj empfangen. In den Niederlanden ist die Partei PVV des Rechtspopulisten Geert Wilders stärkste Kraft in der neuen Koalitionsregierung.
+++ 17:25 Ukraine: Haben russischen Kampfjet abgeschossen +++
Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben im umkämpften Gebiet Donezk einen weiteren russischen Su-25-Kampfjet abgeschossen, wie das Militär mitteilt. Der russische Jet sei nahe der Stadt Porkowsk von Flugabwehrschützen abgeschossen worden und „brennt nun in der Steppe des ukrainischen Donbass“, heißt es weiter.
+++ 17:03 Indien und Russland wollen bilaterale Geldtransfers vereinfachen +++
Ein Schwerpunkt des anstehenden Gipfeltreffens zwischen Indien und Russland wird nach Angaben der indischen Zeitung „The Economic Times“ die Verbesserung von Geldtransfers zwischen beiden Ländern sein. Demnach sollen Mechanismen für einfachere und schnellere Zahlungen ausgearbeitet werden. Hintergrund ist Russlands Ausschluss aus dem Zahlungssystem SWIFT und der starke Anstieg des bilateralen Handels seit dem Ukraine-Krieg. Das Treffen zwischen Indiens Premierminister Modi und dem russischen Präsidenten Putin findet am Dienstag in Moskau statt.
+++ 16:46 Wegen Ukraine-Ankündigung: AfD-Chefin Weidel hofft auf Trump +++
AfD-Chefin Alice Weidel hofft unter anderem wegen seiner Ukraine-Politik auf einen Wahlsieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl im November. „Definitiv drücke ich Donald Trump die Daumen“, sagt Weidel im ZDF-„Sommerinterview“. Die AfD-Vorsitzende erhofft sich von einem erneuten Wahlsieg des ehemaligen US-Präsidenten Trump eine Einstellung der Ukraine-Hilfen. Trump habe „versprochen, den Krieg in der Ukraine zu beenden, indem er die finanziellen Mittel streicht“, sagt Weidel. „Und ich glaube, dass er Wort hält.“
+++ 16:23 Ukraine: Russland hat Fake-Patriots getroffen +++
Laut dem Kommandeur der ukrainischen Luftwaffe, Mykola Oleschtschuk, hat Russland bei einem Angriff im Gebiet des Schwarzmeerhafens Juschne keine Patriot-Systeme, sondern lediglich Attrappen getroffen. Diese seien zur Täuschung der Angreifer installiert worden. Russland hatte zuvor die Zerstörung von zwei Abschussrampen für Patriot-Boden-Luft-Raketensysteme gemeldet (siehe Eintrag 08:05). Auch nach einem russischen Angriff auf einen ukrainischen Militärflugplatz hatte Oleschtschuk angegeben, dass nur Attrappen getroffen worden waren.
COMMENT: Wahrheitsgetreue Meldung oder propagandistische Darstellung zwecks Demoralisierung Russlands?
+++ 16:03 Russland meldet Explosionsserie im besetzten Melitopol +++
Aus der von Russland besetzten südukrainischen Stadt Melitopol wird eine Serie von Explosionen gemeldet. Nach Angaben des russischen Militärs sind über der Stadt fünf HIMARS-Raketen von der Flugabwehr zerstört worden. Die Trümmer seien schließlich auf bewohntes Gebiet gefallen, berichtet die Staatsagentur TASS. Der Zivilschutz sei im Einsatz, heißt es ohne weitere Details.
+++ 15:42 Kiew kann wieder mehr Strom erzeugen +++
Die ukrainische Hauptstadt Kiew hat zwei Drittel ihrer eigenen Stromerzeugungskapazitäten, die durch russische Angriffe verloren gegangen waren, wiederhergestellt. Das teilt der stellvertretende Leiter der Kiewer Stadtverwaltung, Petro Pantelieiev, mit. Die russischen Angriffe hätten mehr als die Hälfte der Stromerzeugungskapazitäten der Stadt beschädigt, fügt Panteliejew hinzu. „Wir planen eine Dezentralisierung der Strom- und Wärmeerzeugung durch den Bau kleiner und mittlerer Wärmekraftwerke“, sagt Pantelieiev.
+++ 15:19 Hofreiter betrachtet Ukraine-Politik des Kanzlers mit „gewisser Sorge“ +++
Nach dem jüngsten Zusammenrücken Deutschlands mit Großbritannien und Polen fordert der Grünen-Politiker Anton Hofreiter, dass die Bundesregierung ihre Ukraine-Politik verändert. Sowohl Polen als auch Großbritannien pochten auf eine entschiedenere Haltung gegenüber Russland. Er sehe mit einer „gewissen Sorge“ den Kurs des Kanzleramtes und der SPD in der Ukraine-Politik, der nicht entschlossen genug sei, sagt er zu Reuters. Hofreiter gilt als vehementer Verfechter sehr viel umfangr
+++ 14:59 Heusgen zu Kriegswirtschaft: „Russland wird das nicht aushalten“ +++
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, sieht in absehbaren wirtschaftlichen Problemen Russlands eine Friedenschance für die Ukraine. Die Umstellung auf Kriegswirtschaft durch den russischen Präsidenten Putin sei mittelfristig „volkswirtschaftlich verheerend“, sagt Heusgen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland auf die Frage, ob er noch einen anderen Weg als militärische Stärke sehe, um zu einem Frieden zu kommen. „Putin wird auf Dauer große wirtschaftliche Schwierigkeiten bekommen“. Der frühere Sicherheitsberater von Kanzlerin Angela Merkel zeigt sich überzeugt: „Russland wird das nicht aushalten.“ Heusgen fordert mehr Druck auf Staaten wie China, Indien oder die Türkei, die weiterhin mit Russland Geschäfte machten. „So wird der Krieg verlängert“, kritisiert er.
+++ 14:39 Russland: Dorf in Region Donezk eingenommen +++
Die russische Armee hat nach eigenen Angaben eine weitere Ortschaft in der Region Donezk im Osten der Ukraine eingenommen. Das Dorf Tschigari sei unter russische Kontrolle gebracht worden, erklärt das Verteidigungsministerium in Moskau. Am Samstag hatten russische Einheiten nach Angaben Moskaus bereits das etwa 30 Kilometer nordwestlich der Stadt Donezk gelegene Dorf Sokil erobert.
+++ 14:22 NATO-Gipfel in Washington könnte Selenskyj erneut enttäuschen +++
Die 32 NATO-Länder werden auf ihrem Gipfel in Washington am Mittwoch und Donnerstag ein weiteres Mal bekräftigen, dass die Ukraine eines Tages Mitglied der Allianz wird, und sie werden dem Land weitere Militärhilfen in Aussicht stellen. Nicht bekommen wird der ukrainische Präsidenten Wolodymyr Selenskyj das, was er sich am meisten wünscht: eine Beitrittseinladung. Ungewiss ist laut Diplomaten, ob die NATO die sieben von der Ukraine verlangten Luftabwehrsysteme zusammenbekommt, um sich gegen die anhaltenden russischen Angriffe zu verteidigen. Dafür will die NATO neue Milliardenhilfen für Kiew beschließen. Wer dafür aufkommt und für wie lange, ist allerdings unklar. Über eins sind sich in der NATO alle einig: Eine Konfrontation mit Selenskyj wie beim letzten Gipfeltreffen in der litauischen Hauptstadt Vilnius vor einem Jahr darf sich in Washington nicht wiederholen.
+++ 14:00 Minenräumfahrzeuge aus Hamburg in der Ukraine im Einsatz +++
Ein Minenräumfahrzeug aus Hamburg ist in der Ukraine angekommen und bereits in der Region Charkiw im Einsatz. Das teilt die Hamburger Innenbehörde mit. Innensenator Andy Grote von der SPD hatte Mitte Mai das erste von vier Minenräumfahrzeugen an den ukrainischen Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, übergeben. Bis August sollen drei weitere folgen.
+++ 13:32 Insider: Russisches Munitionsdepot bei Drohnenangriff getroffen +++
Ein russisches Munitionsdepot ist nach Angaben aus ukrainischen Sicherheitskreisen in der Region Woronesch nordöstlich der Ukraine getroffen worden (siehe Eintrag 08:44). Das 9000 Quadratmeter große Lager sei mit Drohnen angegriffen worden, sagt ein Mitglied der Sicherheitskreise. Es bestehe eine „hohe Wahrscheinlichkeit“, dass es zu weiteren Explosionen in militärisch-industriellen Anlagen kommen werde, erklärt der Informant.
Videos zeichnen Explosionen auf Ukrainische Drohnen zerstören Munitionsdepot in Russland
+++ 13:03 Russland will mit Sperrballons ukrainische Drohnen abwehren +++
Russland plant den Bau eines Netzes von Sperrballons, um ukrainische Langstrecken-Drohnenangriffe abzuwehren. Das berichtet „The Telegraph„. Das sogenannte „Barriere“-Schutzsystem lehne sich an Vorbilder aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg an. Dem „The Telegraph“-Bericht zufolge hat ein russisches Luft- und Raumfahrtunternehmen bereits mit der Erprobung derartiger Militärballons begonnen.
+++ 12:22 Russland: Ein Toter nach ukrainischem Angriff auf Horliwka +++
Durch einen ukrainischen Angriff auf Horliwka in der von den Russen besetzten Region Donezk soll ein Zivilist ums Leben gekommen sein. Das schreibt der Bürgermeister der Stadt, Iwan Prichodko, auf Telegram. Die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti berichtet von „schwersten Angriffen der Ukraine“ auf die Region.
+++ 11:44 Sharma: Le-Pen-Auftritt sorgt für Aufsehen in der Ukraine +++
Die Lage an der Kriegsfront in der Ukraine verschlechtert sich, die angekündigten Waffenlieferungen aus dem Westen verzögern sich allerdings. Zudem steigt die Sorge vor einem Rechtsruck in Frankreich. Ein Interview von Le Pen sorgt für besonders viel Aufmerksamkeit, so ntv-Reporterin Kavita Sharma.
Waffenlieferung bei Rechtsruck? Sharma: Le-Pen-Auftritt sorgt für Aufsehen in der Ukraine
+++ 11:14 Ukraine: Fünf Tote nach russischem Angriff auf Selydove +++
Die Russen werfen zwei Gelenkbomben auf die Stadt Selydove in der Region Donezk ab. Das teilt der ukrainische Gouverneur von Donezk, Wadym Filaschkin, auf Telegram mit. Bei dem Angriff seien fünf Menschen getötet und acht Menschen verletzt worden. Filaschkin zufolge sind die Bomben in einem Industriegebiet eingeschlagen. „Keiner kann sich in der Region Donezk sicher fühlen“, schreibt er.
+++ 10:51 Gouverneur: Luftalarm in der Region Saporischschja +++
Nach Angaben des ukrainischen Gouverneurs von Saporischschja, Iwan Fedorow, greifen die Russen die südukrainische Region mit ballistischen Raketen an. Das teilt Fedorow auf Telegram mit. Deshalb habe er in Saporischschja Luftalarm ausgerufen.
+++ 10:35 Gouverneur: Explosionen nach russischem Angriff auf Cherson +++
Nach einem russischen Angriff auf die ukrainische Stadt Cherson kommt es in der Innenstadt zu mehreren Explosionen. Das teilt der Gouverneur der Region Cherson, Oleksandr Prokudin, in den sozialen Netzwerken mit. Zudem habe das Café „Lito“ Feuer gefangen. Das Gebäude sei bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Die Behörden veröffentlichten ein Video, das die Auswirkungen des russischen Angriffs zeigen soll.
+++ 10:14 ISW sieht keinen echten Verhandlungswillen bei Putin +++
Kremlchef Wladimir Putin zeigt nach Einschätzung von US-Experten auch nach seinem Treffen mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban keinen echten Willen für Verhandlungen in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine. „Putin forderte stattdessen eine Kapitulation der Ukraine durch „Entmilitarisierung“ und die Übergabe bedeutender Territorien, die Russland derzeit nicht besetzt hält“, teilen die Analysten des Instituts für Kriegsstudien (ISW) in Washington mit. Putin habe zudem an zwei Tagen hintereinander eine Feuerpause in dem Konflikt abgelehnt. Die Ukraine und Russland werfen sich gegenseitig vor, eine Feuerpause für die Neuaufstellung und frische Bewaffnung von Truppen nutzen zu können.
+++ 09:27 Ukrainischer Geheimdienst meldet erfolgreiche Zerstörung russischer Militäreinrichtung +++
Nach eigenen Angaben haben Aufklärer des ukrainischen Geheimdienstes in Zusammenarbeit mit der ukrainischen Luftwaffe zwei russische Militäreinrichtungen in Donezk in Brand gesetzt. Das teilt der ukrainische Geheimdienst (SBU) in den sozialen Medien mit. Das Gebiet ist von den Russen besetzt. In der Stadt Debalzewe wurde laut SBU in einem Logistikzentrum, in dem Panzerausrüstung und Munition gelagert wurden, ein Feuer gelegt. Im Dorf Nowoluhanske soll die russische Störsenderstation R-330Zh „Zhitel“ in Brand gesetzt worden sein.
+++ 09:09 Ukrainische Luftwaffe: 13 russische Drohnen abgefangen +++
Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben alle 13 Drohnen zerstört, die Russland über Nacht auf Ziele in der Ukraine abgeschossen hat. Im Kurznachrichtendienst Telegram teilt sie weiter mit, Russland habe auch zwei Iskander-Raketen abgefeuert. Die Luftwaffe teilt nicht mit, ob die Raketen abgefangen werden konnten.
+++ 08:44 Nach ukrainischem Drohnenangriff: Explosion im russischen Woronesch +++
In der russischen Region Woronesch ist nach einem ukrainischen Drohnen-Angriff ein Feuer in einem Lagerhaus mit „explosiven Gegenständen“ ausgebrochen. Das schreibt der russische Gouverneur der Region Woronesch, Oleksandr Gusev, in den sozialen Medien. Gusev zufolge wurden alle Drohnen abgeschossen. Herunterfallende Überreste hätten danach das Feuer in dem Lagerhaus verursacht. Gusev schreibt von einer Evakuierung, jedoch nicht über Verletzte oder Tote.
+++ 08:05 Russland: Zwei Patriot-Luftabwehrsysteme in Odessa zerstört +++
In der ukrainischen Region Odessa seien zwei Abschussrampen für Patriot-Boden-Luft-Raketensysteme zerstört worden, berichten russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. Dabei seien Iskander-Raketen eingesetzt worden. Die Patriot-Systeme seien in der Nähe des Hafens Juschnes aufgestellt worden.
+++ 07:38 Gouverneur: Russland feuert Raketen auf Pawlohrad ab +++
In der Nacht haben die Russen auf die Stadt Pawlohrad in der Region Dnipropetrowsk Raketen abgefeuert. Das teilt der Gouverneur von Dnipropetrowsk, Serhii Lysak, in den sozialen Medien mit. Dabei habe es keine Toten oder Verletzten gegeben. Zudem hätten die Russen Nikopol mit schwerer Artillerie und Kamikaze-Drohnen beschossen. Dabei sollen drei Frauen verletzt worden sein. In der Stadt wurden laut Lysak mehrere Privathäuser, eine Hochschule, ein Kindergarten, ein Auto und eine Gasleitung beschädigt.
+++ 07:09 Ukraine veröffentlicht Zahlen zu russischen Verlusten +++
Der ukrainische Generalstab veröffentlicht neue Verlustzahlen zu den russischen Truppen in der Ukraine. Demnach soll Russland seit dem 24. Februar 2022 rund 550.990 Soldaten in der Ukraine verloren haben. Allein innerhalb von 24 Stunden betrage die Zahl der Verluste 1150. Dem Bericht aus Kiew zufolge sollen unter anderem außerdem zwei weitere Panzer, 16 bewaffnete Fahrzeuge, 40 Artilleriesysteme und ein Luftabwehrsystem zerstört worden sein. Insgesamt soll Russland laut der Ukraine seit Beginn des Großangriffs 8155 Panzer,15.524 Artilleriesysteme und 360 Flugzeuge, 326 Hubschrauber, 11.862 Drohnen, 28 Schiffe und ein U-Boot verloren haben. Westliche Schätzungen nennen geringere Verlustzahlen – wobei das auch nur Mindestwerte sind.
+++ 06:42 Ukraine: Marine trainiert auf dem Fluss Dnipro +++
An den Stauseen des Flusses Dnipro führt die Marine eine taktische Übung ihrer Flussflottille durch. Bilder der Flottenübung postet die ukrainische Marine auf ihrem Facebook-Kanal. Demnach soll Kampfhandlungen sowie Minenabwehr geprobt worden sein.
+++ 06:07 „DeepState“: Russland erobert Gebiete in der Region Donezk +++
Russische Streitkräfte sollen in der Region Donezk weiter vorrücken. Das teilt der dem ukrainischen Militär nahestehende Kanal „DeepState“ auf Telegram und X mit. Die Gebiete in Pishchany, Yevgenivka, Severnoy, in der Nähe von Lozuvatsky, Makiivka, Novoselivka First, Chasovoy Yar, Kalynyvka seien betroffen. Weiter heißt es in dem Bericht, in Hlyboky in der Region Charkiw drängen die Verteidigungskräfte der Ukraine die Russen zurück.
+++ 05:32 Drohnenangriffe in der Ostukraine +++
Die russischen Streitkräfte haben den Osten der Ukraine in der Nacht erneut mit sogenannten Kamikaze-Drohnen angegriffen. Die Flugabwehr in Charkiw und Sumy berichtet von Einflügen der Shahed-Drohnen in mehreren Wellen. Über die Auswirkungen der Angriffe gibt es bislang keine Angaben.
NACHT IM ÜBERBLICK – UKRAINE
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WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN
Schwere Kämpfe im Osten – Ukraine unter Druck – Teilweise Zusammenfassung früherer Meldungen – 7.7.2024, 15:05
KIEW (dpa-AFX) – Die schweren Kämpfe im Osten der Ukraine halten nach Angaben der Militärführung in Kiew weiter an. „Am heißesten war die Lage heute im Raum Pokrowsk, daneben war der Feind auch in Richtung Lyman und Kurachowe aktiv“, teilte der ukrainische Generalstab in seinem abendlichen Lagebericht mit.
Alle drei genannten Städte liegen im ostukrainischen Gebiet Donezk. Im Tagesverlauf sei es zu 123 Gefechten gekommen.
Allein 41 davon wurden demnach aus dem Raum Pokrowsk gemeldet. Bei Lyman und Kurachowe waren es 19 und 17 Attacken. Während nach Angaben des Generalstabs 29 Angriffe bei Pokrowsk inzwischen abgewehrt werden konnten, hielten 12 Kämpfe weiter an. Die Verteidiger unternähmen alles, um die Lage zu stabilisieren und ein Vordringen des Feindes tief in ukrainisches Gebiet zu verhindern, hieß es.
Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als zwei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg.
Russische Truppen rücken im Raum Pokrowsk vor
Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor am Tag in diesem Raum die Eroberung des Dorfes Sokil gemeldet. Der Heeresgruppe Zentrum sei durch aktives Handeln gelungen, die Ortschaft einzunehmen und ihre taktische Lage zu verbessern, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die ukrainische Seite kommentierte dies zunächst nicht. Unabhängig lassen sich die Berichte der Kriegsparteien oft nicht nachprüfen.
Allerdings hat das dem ukrainischen Verteidigungsministerium nahestehende Portal „Deepstate“ bereits Ende Juni den kleinen Flecken unmittelbar neben der wesentlich größeren und lange umkämpften Ortschaft Otscheretyne als unter russischer Kontrolle markiert. Sokil, das bei einer Volkszählung vor 20 Jahren wenige Dutzend Einwohner hatte, liegt im Landkreis Pokrowsk. Pokrowsk gilt als eins der möglichen Ziele des russischen Vormarsches in dem Raum.
Sokil taucht auch im Lagebericht des Generalstabs nicht mehr auf, dafür die westlich davon gelegene Ortschaft Prohres. Nach Angaben des ukrainischen Militärs sind im Raum Pokrowsk mehr als 180 russische Soldaten gefallen. Daneben seien mehrere russische Militärfahrzeuge vernichtet worden. Unabhängig lassen sich auch diese Angaben nicht überprüfen.
Der Frontabschnitt bei Pokrowsk gilt als vergleichsweise gefährdet. Nachdem die russischen Truppen zu Jahresbeginn die Festung Awdijiwka einnehmen konnten, rücken sie seit Monaten langsam weiter vor. Der Ukraine ist es bislang nicht gelungen, den Vormarsch endgültig zu stoppen und die Verteidigungslinien zu stabilisieren.
Auch bei Tschassiw Jar, westlich von Bachmut, tobten weiterhin schwere Kämpfe. Dort hatten russische Truppen vor wenigen Tagen knapp ein Viertel der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht. Nach Darstellung des ukrainischen Militärs zahlte die russische Armee dafür jedoch mit knapp 5.000 Toten einen hohen Preis. „Russische Mütter und Ehefrauen sollen wissen, dass 5.000 Männer nicht heimkehren, weil sie einen Ortsteil erobern mussten“, sagte ein ukrainischer Militärsprecher im Fernsehen. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
Erneut Angriffe von Kampfdrohnen
Die russischen Streitkräfte haben den Osten der Ukraine in der Nacht [zum Sonntag] erneut mit sogenannten Kamikaze-Drohnen angegriffen. Die Flugabwehr in Charkiw und Sumy berichtete von Einflügen der Shahed-Drohnen in mehreren Wellen. Über die Auswirkungen der Angriffe machten die ukrainischen Militärs zunächst keine Angaben.
Selenskyj kündigt neue Strategie auf See an
Die Ukraine will den russischen Einfluss im westlichen Teil des Schwarzen Meeres zurückdrängen. Sein Land werde dazu eine neue nationale Seestrategie erarbeiten, kündigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache an. „Wir verstehen klar, dass der Krieg das Kräfteverhältnis in unserer Schwarzmeerregion verändert hat und die russische Flotte in diesem Gewässer niemals mehr dominieren wird“, gab sich Selenskyj optimistisch. Die Ukraine werde ihre eigenen nationalen Interessen auf See und die ihrer Partner verfolgen und Verkehrsrouten schützen, sagte er.
Russland hatte bereits bei der Annexion der Krim 2014 einen Großteil der ukrainischen Flotte in Besitz genommen. Weitere Schiffe gingen für Kiew kurz nach Beginn der großangelegten russischen Invasion 2022 mit der Eroberung der Hafenstadt Berdjansk im südukrainischen Gebiet Saporischschja verloren. In Mykolajiw ging das Flaggschiff der ukrainischen Marine, die Hetman Sahaidatschnyj unter.
Auch wenn die ukrainische Marine derzeit nicht über größere Kriegsschiffe verfügt, ist es Kiew gelungen, die russische Schwarzmeerflotte aus dem westlichen Teil des Schwarzen Meeres zu vertreiben. Damit konnte auch der Seehandel über Odessa zumindest teilweise wiederbelebt werden. Die ukrainische Marine soll in der nächsten Zeit auch durch Lieferungen westlicher Partner aufgerüstet werden.
Chinesische Soldaten zu Militärmanöver in Belarus gelandet
Chinesische Soldaten sind derweil nach offiziellen Angaben zu einer gemeinsamen Anti-Terror-Übung in Belarus (früher Weißrussland) eingetroffen. Das Manöver werde vom 8. bis 19. Juli abgehalten, teilte das Verteidigungsministerium in Minsk auf seinem Telegramkanal mit.
Zunächst gab es keine Details zu den geplanten Übungen. Auch die genaue Anzahl der beteiligten chinesischen Soldaten ist unbekannt. Auf den vom Verteidigungsministerium in Minsk veröffentlichten Fotos ist ein chinesisches Transportflugzeug zu sehen, das eine dreistellige Zahl Soldaten transportieren kann.
Die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Belarus und dem Westen, speziell aber zur Ukraine, hatten sich zuletzt noch einmal verschlechtert. Mehrfach stellte Machthaber Alexander Lukaschenko den Westen als Bedrohung für sein Land dar. Der engste Bündnispartner von Kremlchef Wladimir Putin hat diesem erlaubt, taktische Atomwaffen in seinem Land zu stationieren.
Zuletzt hat Belarus zudem seine Truppen an der Grenze zur Ukraine verstärkt und dies mit angeblichen Provokationen des Nachbarlandes begründet. Kiew wiederum fühlt sich von Minsk bedroht. Russische Truppen waren bei ihrem Angriff auf die Ukraine vor mehr als zwei Jahren auch von belarussischem Territorium aus ins Land eingedrungen. /bal/cha/DP/he
Sorge vor Wahlsieg prägt Gipfel So will sich die NATO „Trump-sicher“ machen
US-Präsident Joe Biden ist Gastgeber des NATO-Gipfels in Washington in der kommenden Woche. Sein Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl, Donald Trump, ist zwar nicht dabei, aber trotzdem allgegenwärtig. Denn es lässt sich an einigen der geplanten Gipfelbeschlüsse schon jetzt ablesen, wie sich die Allianz für einen möglichen Sieg Trumps bei den Präsidentschaftswahlen im November wappnet.
„Trump-sichere“ Ukraine-Hilfen aus Wiesbaden
Die Staats- und Regierungschefs wollen einen Plan beschließen, der die Ukraine-Hilfen auch im Fall eines Trump-Siegs sichern soll. Damit sollen die Europäer mehr Verantwortung von den USA übernehmen. Die NATO will von einem neuen Hauptquartier in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden aus ihre Waffenlieferungen an die Ukraine koordinieren sowie die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Europa.
Lastenteilung zwischen Europa und den USA
Nicht erst seit Trumps erster Amtszeit fordern US-Präsidenten von den Verbündeten in Europa, deutlich mehr in ihre eigene Sicherheit zu investieren. Als Beleg, dass die Europäer „verstanden“ haben, führt die NATO die gestiegene Zahl von inzwischen 23 der 32 Mitgliedsländer an, die in diesem Jahr mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgeben. Deutschland erfüllt die NATO-Quote mit geschätzten 2,1 Prozent erstmals seit Ende des Kalten Kriegs wieder. Polen und die baltischen Staaten dringen bereits auf eine Zielmarke von bis zu drei Prozent. Sollte Trump erneut Präsident werden, könnte dieses Ziel „schneller kommen“, sagt ein Diplomat.
Ukraine muss weiter auf NATO-Beitritt warten
Die von der Ukraine erhoffte Beitrittseinladung wird es auch in Washington nicht geben. Hauptgrund sind Bedenken der USA und Deutschlands. Das Aufnahmeversprechen vom Juli 2023 wird jedoch überarbeitet. Beim Gipfel in Litauens Hauptstadt Vilnius hatten sich die Verbündeten auf die Formulierung geeinigt, „die Ukraine zu einem Bündnisbeitritt einzuladen, wenn die Verbündeten sich einig und Voraussetzungen erfüllt sind“. Nicht konsensfähig ist laut Diplomaten die Forderung der Osteuropäer, von einem „unumkehrbaren Weg“ der Ukraine Richtung Beitritt zu sprechen. Die USA bevorzugen die neutralere „Brücke zur Mitgliedschaft“.
Mehr Patriot-Systeme für Kiew erwartet
Besänftigt werden soll der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf dem Gipfel durch weitere Militärhilfezusagen. Selenskyj hat von den NATO-Partnern sieben Patriot-Luftabwehrsysteme zur Verteidigung gegen russische Angriffe gefordert. Die Allianz hofft, sechs davon zusammenzubekommen. Aus Deutschland und Rumänien kommt je eine Patriot-Batterie, die Niederlande arbeiten mit Partnern an einer dritten. Italien will ein vergleichbares System Typ SAMP/T liefern. Die USA halten sich noch offen, ob und wann sie Patriot-Systeme abgeben können.
Befristete Milliardenzusagen für die Ukraine
Die Staats- und Regierungschefs wollen der Ukraine auf dem Gipfel Militärhilfen im Umfang von 40 Milliarden Euro zusagen. Anders als von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vorgeschlagen, sind sie zunächst auf ein Jahr befristet. Ab dem NATO-Gipfel in Den Haag im kommenden Jahr sollen die Hilfen laut Diplomaten jährlich neu überprüft werden. Deutschland hat für das laufende Jahr bereits acht Milliarden Euro zugesagt und sieht sein Soll daher vorerst erfüllt.
Härtere Sprache zu China
Beim Gipfel in Litauen vor einem Jahr hatten die NATO-Länder zwar „die von der Volksrepublik China erklärten Ziele und ihre Politik des Zwangs“ kritisiert, sich jedoch „offen für eine konstruktive Zusammenarbeit“ gezeigt. Auf Druck der USA wird in Washington eine härtere Sprache erwartet. Die Verbündeten dürften in der Abschlusserklärung Kritik an Chinas Unterstützung für den russischen Angriffskrieg üben. *** Quelle: ntv.de, Stephanie Lob, AFP
NATO-Manöver BALTCON24: Niederlande verlegen Patriot-Raketenwerfer nach Litauen
Mit der Stationierung einer niederländischen Patriot-Batterie im Rahmen des Manövers BALTCON24 unternimmt die NATO einen „ersten Schritt“ zur Umsetzung des Rotationsluftverteidigungsmodells für das Baltikum.
Im Rahmen der Kampfphase des alljährlichen NATO-Manövers Baltic Connection 24 (BALTCON24) ist ein niederländisches Patriot-Luftabwehrsystem nach Litauen verlegt worden.
Die Luftabwehrbatterie traf am Samstagmorgen im Hafen von Klaipeda ein. Sie wird im Fliegerhorst Siauliai, der in etwa auf halben Weg zwischen der litauischen Hauptstadt Vilnius und der lettischen Hauptstadt Riga liegt, stationiert.
Litauen sieht in der Verlegung den ersten Schritt zur praktischen Umsetzung des Rotationsmodells der Luftabwehr, das letztes Jahr beim NATO-Gipfel in Vilnius vereinbart wurde.
„Es ist in gewisser Weise wichtig, dass wir dieses Rotationsmodell testen und uns darauf vorbereiten können, was bedeutet, dass wir wissen, was zu tun ist und wie es zu tun ist. Das Einzige, was noch übrig bleibt, ist, es zu testen“, sagte der Kommandeur des litauischen Luftabwehrbataillons Oberstleutnant Ovidijus Pilitauskas, gegenüber Reportern.
Nach Angaben des litauischen Militärs wird das Manöver die Bereitschaft zur Truppenverlegung und Truppenintegration, die einheitliche Führung und Kontrolle sowie die Durchführung von Luftabwehroperationen verbessern.
„Wir werden hier eine Übung zur Interoperabilität innerhalb der NATO durchführen. Das ist seit einigen Jahren ein heißes Thema. Mit diesen Übungen werden wir diesen Teil gemeinsam mit unseren litauischen Partnern verbessern“, erläutert der Kommandant der Patriot-Einheit Major Kevin. Das Patriot-Waffensystem sei zwar schon ein paar Jahre alt, aber man habe die neueste Konfiguration. „Das ist das modernste Waffensystem, das es heutzutage gibt“, betont der Major der königlich niederländischen Luftwaffe.
Schweden und die Niederlande gehören zu den nur sieben NATO-Ländern in Europa, die Patriot-Systeme einsetzen; die anderen sind Deutschland, Griechenland, Polen, Rumänien und Spanien, wie aus Daten des International Institute for Strategic Studies (IISS) hervorgeht.
Das Weiße Haus kündigte am Mittwoch ein Militärhilfepaket für die Ukraine im Wert von 2,1 Milliarden Euro an, das Raketen für Patriot- und andere Luftabwehrsysteme umfasst, die die USA zuvor an Kiew geliefert haben.
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MEINUNG – Implosion der Kriegswirtschaft Heusgen prophezeit Putin „verheerende“ Wirtschaftsprobleme
Mit dem Angriff auf die Ukraine stellt Russland auf eine Kriegswirtschaft um. Hunderte Unternehmen produzieren Waffen und andere Militärgüter. Auf Dauer werde dies allerdings zu großen wirtschaftlichen Problemen führen, sagt der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. Ist das der Weg zum Frieden?
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, geht davon aus, dass die Umstellung der russischen Wirtschaft auf eine Kriegswirtschaft zu „volkswirtschaftlich verheerenden“ Problemen führen wird, die der Ukraine eine Chance auf Frieden verschaffen könnten. Das antwortet Heusgen in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) auf die Frage, ob er noch einen anderen Weg als militärische Stärke für Frieden sieht. „Putin wird auf Dauer große wirtschaftliche Schwierigkeiten bekommen“, ist der frühere Sicherheitsberater von Kanzlerin Angela Merkel überzeugt. „Russland wird das nicht aushalten.“
Russland hat seine Industrie mit dem Angriff auf die Ukraine auf eine Kriegswirtschaft umgestellt und begonnen, viele Milliarden Rubel in die Produktion von Rüstungsgütern zu investieren. Allein für den Haushaltsposten Verteidigung gibt der Kreml dieses Jahr umgerechnet etwa 110 Milliarden Euro aus. Hinzu kommen weitere 34 Milliarden Euro für die Bereiche nationale Sicherheit und Sicherheitsorgane.
Insgesamt fließen 38,6 Prozent aller Ausgaben des russischen Staates oder acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts in das Militär. Erstmals investiert Russland mehr Geld in seine Sicherheitsorgane als in Sozialausgaben. Dank dieser Kriegswirtschaft erlebt die russische Wirtschaft einen Boom: Für dieses Jahr wird ein Wachstum von 2,8 Prozent erwartet.
„Russische Wirtschaft braucht ständigen Krieg“
„Heute ist der militärisch-industrielle Komplex die Lokomotive der Wirtschaft“, erklärte daher der erste Vizeregierungschef Denis Manturow im Juni auf dem 27. St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum (SPIEF). Putin habe eine ganze Liste von Anweisungen für die Entwicklung des Rüstungssektors unterschrieben, um noch mehr Waffen und Munition zu produzieren, führte der Politiker aus. Das Land stelle sich auf eine jahrzehntelange Kriegswirtschaft ein.
Das allerdings kann selbst nach Meinung russischer Ökonomen zu großen Problemen führen. „Russlands Wette auf seine Militärindustrie ist riskant, weil sie nicht nachhaltig ist“, erklärte beispielsweise Alexandra Prokopenko, eine frühere Beraterin der russischen Zentralbank, jüngst im Gespräch mit ntv.de. „Mittelfristig sind Probleme zu befürchten, weil der militärisch-industrielle Komplex immer mehr Investitionen erfordert. Wenn dieser Komplex der Motor der Wirtschaft sein soll, braucht er eine konstante Nachfrage. Die Quelle der Nachfrage für die Produkte des militärisch-industriellen Komplexes ist die Armee selbst. Also braucht Russland für seine Wirtschaft den ständigen Krieg.“
„So wird der Krieg verlängert“
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz fordert daher mehr Druck der USA, der EU und der NATO auf Staaten wie China, Indien oder die Türkei, die weiterhin mit Russland Geschäfte machten. „So wird der Krieg verlängert“, kritisiert Heusgen im Interview mit dem RND.
„Jeden Tag sterben russische Soldaten“, führt Heusgen aus. Das würden über kurz oder lang auch die Menschen in Moskau und St. Petersburg mitbekommen. „Putin glaubt nur, dass er einen längeren Atem hat als wir. Wir müssen beweisen, dass er falsch liegt“, sagt er. „Und das haben wir als Bündnis doch geschafft im Kalten Krieg. Wieso glauben wir, dass wir das jetzt nicht schaffen können?“ *** Quelle: ntv.de, chr
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International – Der Schmetterlingseffekt von geopolitischen Konflikten – Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM), 27.6.2024
6:47 min Audio online auf British Englisch
In der heutigen vernetzten Welt kann das, was auf der anderen Seite des Globus geschieht – selbst die Beschlagnahmung eines einzigen Handelsschiffs – die Wirtschaft des Euroraums direkt beeinträchtigen. Dies ist eine Veranschaulichung des Schmetterlingseffekts, bei dem geopolitische Spannungen, auch wenn sie scheinbar weit entfernt sind, in der Nähe des eigenen Landes auftreten können. Mit den schwelenden Konflikten in den Schlüsselregionen der Welt geraten wichtige Handelsrouten wie das Rote Meer, die Straße von Hormuz und das Südchinesische Meer zunehmend in Gefahr. Diese Routen sind nicht einfach nur Linien auf einer Landkarte; sie sind die Arterien, durch die Waren und Energie fließen.
In diesem Blogbeitrag versuchen wir, die potenziellen Auswirkungen von Störungen des Seehandels auf den Euroraum zu quantifizieren, wobei wir uns auf Vorleistungsgüter aus Asien und auf Energie aus dem Persischen Golf konzentrieren. Jede Unterbrechung dieser Routen kann zu Verspätungen, Engpässen und höheren Preisen führen, was sich negativ auf die Produktion des Euroraums und möglicherweise auf die Finanzstabilität auswirkt. Die Diversifizierung der Lieferanten und die Sicherheit der Schifffahrtsrouten sind der Schlüssel zur Verringerung der Auswirkungen geopolitischer Risiken.
Die Schifffahrt ist der wichtigste Handelskanal für Europa
Der europäische Warenverkehr ist in hohem Maße von der Schifffahrt abhängig und macht im Jahr 2023 über 70 % der Ein- und Ausfuhren aus (siehe Abbildung 1). Wichtige Seeverkehrsrouten sind anfällig für geopolitische Konflikte geworden. So haben beispielsweise die jüngsten Angriffe auf Schiffe im Roten Meer die Gefahr einer Unterbrechung der Versorgungskette wieder aufleben lassen und eine große Befürchtung geweckt: Wie würde sich dies auf Europa auswirken, wenn diese Unterbrechungen länger andauern oder andere Regionen betreffen?
Was wäre, wenn sich die Warenlieferungen aus Asien per Schiff verzögern oder gar eingestellt werden?
Aufgrund der Angriffe der Houthi-Rebellen auf Frachtschiffe ist der Transitverkehr über das Rote Meer – eine systemrelevante Schifffahrtsroute [1], über die etwa 40 % des europäisch-asiatischen Handels abgewickelt werden – um 60 % eingebrochen. Dies wurde größtenteils durch die Umleitung des Verkehrs über das Kap der Guten Hoffnung und die Beförderung einiger Güter per Flugzeug oder auf dem Landweg ausgeglichen.
Verschiedene Faktoren machen die Umleitung zu einer Herausforderung. Alternative Transportmethoden sind teurer und manchmal auch zeitaufwändiger, was die Gesamtkosten in die Höhe treibt. Im Gegensatz zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie haben die jüngsten Ereignisse im Roten Meer keine Versorgungsengpässe ausgelöst und nur begrenzte Auswirkungen auf die Volkswirtschaften gehabt. [2]
Wenn die Umleitung jedoch fortgesetzt wird, könnten logistische Probleme auftreten, wenn die Nachfrage nach Transportschiffen das verfügbare Angebot zu einem bestimmten Zeitpunkt übersteigt. [3] Außerdem könnten die bestehenden Hafenstaus in der Region [4] den Handel weiter behindern. Schlechtes Wetter, für das das Kap der Guten Hoffnung bekannt ist, könnte auch den Treibstoffverbrauch und damit die Zahl der Zwischenstopps auf den Schiffsreisen erhöhen [5], was die Hafenkapazitäten zusätzlich einschränkt. Diese Probleme machen die globalen Lieferketten letztlich anfälliger.
Bevor sie Europa erreichen, durchqueren einige Schiffe von Asien aus einen weiteren Engpass: das Südchinesische Meer (siehe Abbildung 2). [6] Störungen im Südchinesischen Meer, die sich aus geopolitischen Konflikten in der Region ergeben, könnten auch für den Euroraum erheblich sein. Eine Beeinträchtigung des Welthandels aus (Ost-)Asien könnte dem Euroraum durch Unterbrechungen der Lieferketten schweren Schaden zufügen, da er bei wichtigen Produktionsfaktoren stark von diesem Kontinent abhängig ist, was während der Pandemie nur allzu deutlich wurde.
In einem Szenario, in dem die Umleitung um das Kap der Guten Hoffnung andauert – aufgrund anhaltender oder eskalierender geopolitischer Konflikte im Roten Meer – müsste die Schiffskapazität nach unseren Berechnungen um etwa 30 % erhöht werden. [7] Sollte es nicht möglich sein, die Kapazität kurzfristig zu erhöhen, da es keine alternativen Transportmöglichkeiten gibt, käme es zu Problemen in der Lieferkette. Ohne die Möglichkeit, die fehlenden Güter [8] aus anderen Regionen zu erhalten, könnte die Produktion im Euroraum um etwa 1,5 % zurückgehen. [9] Die Auswirkungen wären in den einzelnen Ländern des Euroraums unterschiedlich stark ausgeprägt, je nachdem, wie stark die Länder im Handel mit der asiatischen Region engagiert sind. Deutschland und kleinere Länder wären am stärksten von einem Rückgang der Vorleistungen aus Asien betroffen, während Frankreich, Italien und Spanien weniger betroffen wären. Dies ist jedoch nicht der einzige Kanal, über den sich geopolitische Spannungen auf die Weltwirtschaft auswirken können.
Eine Eskalation des Konflikts im Nahen Osten könnte die Energieversorgung stören
Eine Eskalation des Konflikts im Nahen Osten könnte die globale und europäische Energieversorgung gefährden. Die Straße von Hormuz ist ein entscheidender Engpass für den weltweiten Energietransit, da täglich 30 % des weltweiten Erdöls und 20 % des weltweiten Flüssiggashandels durch sie fließen. Engpässe auf dieser Route könnten daher erhebliche Auswirkungen auf die Öl- und Gaspreise und angesichts der zunehmenden Energieabhängigkeit der europäischen Länder von der Region möglicherweise auch auf die Energieversorgung des Euroraums haben. Vor kurzem haben größere Länder des Euroraums mehrere langfristige Verträge mit Katar über die Lieferung von 10 Millionen Tonnen Flüssiggas pro Jahr ab 2026 unterzeichnet. [10] Obwohl der Euroraum durch den Ausstieg aus dem russischen Gas seine Widerstandsfähigkeit verbessert hat, besteht die Gefahr, dass die Abhängigkeit von anderen Ländern und längeren Schifffahrtswegen zunimmt.
Gezielte Angriffe auf Schiffe, die Öl und Flüssigerdgas transportieren, würden sich unmittelbar auf die Öl- und Gaspreise auswirken. Eine zunehmende Instabilität in der Region und paramilitärische Angriffe können nicht ausgeschlossen werden. Dieses Risiko könnte auch in Zukunft bestehen, wenn Europa mehr Flüssigerdgas aus der Region importieren wird. Nach unseren Berechnungen würde die Blockade eines einzigen Schiffes, das Flüssigerdgas nach Europa transportiert, mehr als 1 % der monatlichen russischen Gaslieferungen vor Beginn des russischen Krieges entsprechen. Eine Verringerung des Gasverbrauchs aufgrund der Energiewende und die Diversifizierung der Lieferanten aus anderen Regionen könnten dieses Risiko mindern.
Diversifizierung der Lieferanten und sichere Schifffahrtsrouten zur Minderung geopolitischer Risiken
Der Seehandel ist für die globale Wirtschaft von entscheidender Bedeutung, aber er ist auch ein wirtschaftlicher Schwachpunkt, der leicht gestört werden kann. Durch geopolitische Risiken beeinträchtigte Lieferketten können sich auf das Wirtschaftswachstum und die finanzielle Stabilität auswirken. Europa arbeitet daran, seine Lieferketten widerstandsfähiger zu machen, indem es sie diversifiziert und neue Energiequellen erschließt. Es gibt jedoch immer noch erhebliche Schwachstellen, die genau beobachtet werden müssen, um Risiken für die Wirtschaftstätigkeit und die Finanzstabilität so früh wie möglich zu erkennen und abzumildern.
Danksagung
Die Autoren danken Pilar Castrillo und Rolf Strauch für die wertvollen Diskussionen und Beiträge zu diesem Blogbeitrag sowie Raquel Calero für die redaktionelle Durchsicht.
Fußnoten
[1] Gemäß der Definition des Internationalen Währungsfonds – PortWatch.
[2] Europäische Kommission, Winterprognose 2024 (Zwischenbericht), Kasten 1.1; Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Wirtschaftsausblick, Zwischenbericht Februar 2024; von Experten der Europäischen Zentralbank erstellte makroökonomische Projektionen für den Euroraum, März 2024, Kasten 3.
[3] Siehe Dunn, J., und Leibovici F. (2024), „Shipping Disruptions in the Red Sea: Ripples across the Globe“, The Economic Blog, Federal Reserve Bank of St. Louis, 15. Februar 2024.
[4] Darüber hinaus stellen Potgieter, Goedhals-Gerber und Havenga (2020) fest, dass die südafrikanische Schifffahrtsindustrie durch die Überlastung der Häfen erheblichen Risiken ausgesetzt ist.
[5] Siehe National Geographic, 29. März 2021 und Reuters, 22. Dezember 2023.
[6] Über das Südchinesische Meer wird ein Drittel des weltweiten Seeverkehrs abgewickelt, davon entfallen 25 % auf den gesamten Warenverkehr der drei größten Volkswirtschaften des Euroraums (siehe „How much trade transits the South China Sea“, CSIS ChinaPower Project). Darüber hinaus werden etwa 40 % des Außenhandels der Europäischen Union über das Südchinesische Meer abgewickelt (siehe „Das Konzept der EU für den Indopazifik“, Rede des Hohen Vertreters der Europäischen Union Josep Borrell, 3. Juni 2021).
[7] Dies ist das Ergebnis interner Berechnungen, bei denen die längere Fahrtzeit von Schiffen, die sowohl von West- als auch von Ostasien aus starten, berücksichtigt und eine mögliche höhere Reisegeschwindigkeit abgezogen wurde. Die Boston Consulting Group (2024) kommt zu dem Schluss, dass die Reedereien 25-30 % mehr Kapazität benötigen würden, um die Umleitung der Schiffe zu kompensieren.
[8] Güter steht der Kürze halber für Zwischenprodukte.
[9] Unter Verwendung der hypothetischen Extraktionsmethode haben wir in einem Input-Output-Rahmen die Auswirkungen einer durchschnittlichen Verringerung der asiatischen Inputs über den Seeweg um etwa 30 % auf die Bruttoproduktion des Euroraums (einschließlich direkter und indirekter Verknüpfungen) berechnet, wobei wir davon ausgehen, dass die Inputs nicht ersetzt werden können.
[10] Siehe Bloomberg, 29. November 2022; Bloomberg, 11. Oktober 2023; Bloomberg, 18. Oktober 2023; Reuters, 23. Oktober 2023.
*** Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version) ***
Grabenkämpfe in UNO um Rechte von Frauen und LGBTQ
Bei den Vereinten Nationen toben an immer mehr Fronten Grabenkämpfe um die Rechte von Frauen und Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung. Einige Länder versuchen, jeden Bezug auf den Schutz dieser Rechte aus UNO-Texten zu streichen.
„Ich bin zutiefst besorgt über die Angriffe von autoritären Staaten und religiös-fundamentalistischen Akteuren auf die mühsam erkämpften Menschenrechtsstandards für Frauen und LGBTQI+ Personen“, sagte die deutsche Botschafterin bei der UNO in Genf, Katharina Stasch.
„Die Angriffe höhlen die Grundprinzipien von Gleichheit und Menschenwürde aus, für die die Vereinten Nationen stehen. Wir müssen entschieden gegen diese Rückschritte vorgehen.“ LGBTQI+ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-, intergeschlechtliche und queere Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.
Nächtelanger Streit über Formulierungen
Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sieht mit Sorgen, dass etablierte Rechte infrage gestellt werden. „Was wir im Laufe der Jahre gesehen haben, ist eine ausgeklügelte, sehr strategische, unheilige Allianz verschiedener Gruppen. Zum Beispiel religiöse Fundamentalisten jeglicher Art, Populisten und diejenigen, die Angst und Spaltung schüren“, sagte der österreichische UNO-Diplomat. Er prangerte auch patriarchale und frauenfeindliche Haltungen an.
Die Grabenkämpfe zeigen sich zurzeit im UNO-Menschenrechtsrat. Dort wird bei Verhandlungen über Resolutionen nächtelang um jede Formulierung mit Gender-Bezug gestritten, sagen Verhandlerinnen und Verhandler. Mit Gender sind hier Bezüge auf den besonderen Schutz von Frauen und die Geschlechtsidentität von Menschen gemeint.
Als Wortführer, die diese Diskussionen forcieren, gelten Länder der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC), allen voran Pakistan und Ägypten. Diplomaten beider Länder haben auf Anfragen nicht reagiert. Auch Vertreter einiger afrikanischer Länder machen mobil gegen Genderthemen, heißt es in Genf. Sie prangerten plötzlich koloniales Gehabe an, mit dem westliche Länder ihnen ihre Werte aufzwingen wollten. *** red, ORF.at/Agenturen
Biden will im Präsidentschaftsrennen bleiben
US-Präsident Joe Biden hat Forderungen nach einem Rückzug aus dem Rennen um die US-Präsidentschaft energisch zurückgewiesen. „Ich kandidiere und werde wieder gewinnen“, sagte er bei einer Kundgebung in Madison (Wisconsin). Zuvor hatte es nach seinem katastrophalen Auftritt bei der TV-Debatte mit seinem Herausforderer Donald Trump Forderungen geben, Biden solle zugunsten eines jüngeren Kandidaten auf eine Kandidatur verzichten. „Sie versuchen, mich aus dem Rennen zu drängen. Nun, lassen Sie mich das so deutlich wie möglich sagen: Ich bleibe im Rennen“, sagte Biden, während er von einem Teleprompter ablas.
Biden in Pennsylvania: „Nie optimistischer gewesen“
Ungeachtet zunehmender Zweifel an seiner körperlichen Fitness für eine zweite Amtszeit ist US-Präsident Joe Biden für Wahlkampfauftritte im US-Bundesstaat Pennsylvania unterwegs. „Ich bin offen gestanden nie optimistischer über Amerikas Zukunft gewesen“, sagte der Demokrat in einer historisch vor allem von Schwarzen besuchten Kirche in Philadelphia. „Wenn wir zusammenhalten. Das meine ich ernst.“
Die Gemeinde empfing Biden jubelnd. Seine Rede las der 81-Jährige mit betont kraftvoller Stimme von einem Manuskript ab. Biden sagte abschließend, er werde in der kommenden Woche den NATO-Gipfel in Washington ausrichten. „Die Welt schaut auf uns. Kein Witz, die Welt schaut auf Amerika – nicht, um ihre Last zu tragen, sondern um ihre Hoffnungen zu leiten“.
Bidens Auftritte werden seit dem ersten TV-Duell gegen seinen republikanischen Herausforderer Donald Trump vor rund einer Woche genau unter die Lupe genommen. Viele Parteimitglieder zeigen sich zunehmend skeptisch mit Blick auf die Frage, ob er weiterhin der richtige Kandidat für die Demokraten ist. Ein TV-Interview Bidens am Freitag (Ortszeit) schürte diese Zweifel teils noch an. *** red, ORF.at/Agenturen
EUROPAWAHL 9.6.2024
Österreich-bezogene Informationen dazu auf WIKIPEDIA => Wahlwerbende Parteien
Parlament: Rechtsaußen-Parteien vor Fraktionsgründung
Europas Rechtsaußen-Parteien dürften morgen mit den „Patrioten für Europa“ („PfE“) die drittstärkste Fraktion im neuen EU-Parlament ins Leben rufen. Die von der FPÖ, Viktor Orbans ungarischer FIDESZ sowie der populistischen ANO aus Tschechien neu gegründete Gruppe fand in den vergangenen Tagen immer mehr Unterstützung, unter anderem von der niederländischen Freiheitspartei von Geert Wilders. Interesse bekundeten die Parteien Lega (Italien), Chega (Portugal) und Vox (Spanien).
In einigen Medienberichten wurde zudem kolportiert, dass auch die Slowenische Demokratische Partei (SDS) des ehemaligen Ministerpräsidenten Janez Jansa (vier EU-Abgeordnete) sowie die Partei Smer-SSD des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico (fünf Mandate) der Allianz beitreten könnten.
Zuwachs von ID-Fraktion wahrscheinlich
Offen ist noch, ob der Rest der sich in Auflösung befindlichen ID-Fraktion – allen voran der französische Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen – Mitglied der neuen Rechtsfraktion im Europaparlament wird. Dass die für Mittwoch geplante konstituierende Sitzung der ID-Fraktion auf morgen verlegt wurde, also den Tag nach der Wahl in Frankreich, kann zumindest als Indiz gewertet werden.
Laut Zählung des EU-Parlaments hat die ID aktuell 57 Abgeordnete, darunter jene der FPÖ (sechs Sitze) und der Lega (acht), die bisher Teil dieser Fraktion waren, und von Chega (zwei) sowie der Freiheitspartei PVV (sechs), die ursprünglich zu ID dazustoßen wollten. Kommt es zu einer Fusion beider Gruppen, könnten noch elf FIDESZ-Abgeordnete aus Ungarn dazustoßen sowie sieben ANO-Abgeordnete und sechs Vox-Mandatare.
Drittstärkste Fraktion
Auch ohne SDS und Smer wäre die neue PfE-Gruppierung mit 81 Mandaten drittstärkste Kraft noch vor der anderen Rechtsaußen-Fraktion EKR (Europäische Konservative und Reformer), die mit der Vox ein Mitglied verlieren würde.
Auch der Europaabgeordnete der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, Anders Vistisen, kündigte an, dass seine Partei von der ID-Fraktion zu den „Patrioten“ wechseln wird. Auch Tom Van Grieken, der Vorsitzende des belgischen Vlaams Belang (bisher ID), erklärte, dass sich seine Partei der PfE-Gruppierung anschließen werde. Die italienische Lega will in den nächsten Tagen ihren Beitritt ankündigen.
Die nationalistische polnische PiS-Partei hatte auch darüber nachgedacht, im Europaparlament die EKR-Fraktion zu verlassen und eine neue Fraktion mit der FIDESZ zu gründen. Am Ende entschied sich die PiS aber dagegen. Haupttrennlinie zwischen EKR und der wahrscheinlich neuen „Patrioten“-Fraktion bleibt damit die Positionierung gegenüber der Ukraine und Russland. *** red, ORF.at/Agenturen
Borrell rügt Orban für Teilnahme an Turkstaatengipfel
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sorgt weiter für Unruhe in der EU-Außenpolitik. Nach seiner umstrittenen Kreml-Visite hat er gestern auch an einem Gipfel der Organisation der Turkstaaten (OTS) im aserbaidschanischen Susa teilgenommen, bei dem auch die vom EU-Staat Zypern abtrünnige „Türkische Republik Nordzypern“ vertreten war.
EU-Außenbeauftragter Josep Borrell distanzierte sich gestern Abend von Orban, dessen Land derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat.
Orbans Teilnahme an dem Gipfel habe „ausschließlich im Rahmen der bilateralen Beziehungen zwischen Ungarn und dieser Organisation“ stattgefunden, betonte Borrell in einer Aussendung. Ungarn habe derzeit den EU-Ratsvorsitz inne, doch gehe damit nicht die Vertretung der EU nach außen einher.
Ärger über OTS-Staaten
Damit seien ausschließlich der ständige EU-Ratspräsident und der EU-Außenbeauftragte betraut. Ungarn habe zudem kein Mandat des EU-Rates erhalten, die Beziehungen zur OTS zu vertiefen, stellte der spanische Sozialist klar.
„Die Europäische Union weist den Versuch der Organisation der Turkstaaten zurück, die türkisch-zypriotische sezessionistische Entität, die international nicht anerkannte sogenannte ‚Türkische Republik Nordzypern‘ als Beobachterin in der OTS zu legitimieren“, unterstrich Borrell.
Die entsprechende Entscheidung der Staaten der Organisation sei „bedauerlich“ und widerspreche der Unterstützung von mehreren ihrer Mitglieder für das Prinzip der territorialen Integrität und der UNO-Charta. *** red, ORF.at/Agenturen
Orban in Peking: Treffen mit Xi geplant
Acht Tage nach Beginn des ungarischen EU-Ratsvorsitzes hat Ministerpräsident Viktor Orban eine weitere Auslandsreise unternommen. Auf seinem Account auf X (Twitter) verbreitete er in der Nacht auf heute ein Bild vor einer ungarischen Regierungsmaschine, die ihn offenbar in der Chinas Hauptstadt Peking zeigt. „Friedensmission 3.0. #Beijing“ betitelte er das Bild.
Laut einer Meldung der staatlichen ungarischen Nachrichtenagentur MTI will Orban mit Chinas Staatschef Xi Jinping sprechen.
Kritik an Reisen nach Russland und Aserbaidschan
In der Vorwoche hatte er in einem von den EU-Partnern kritisierten Alleingang Kreml-Chef Wladimir Putin besucht. Ungarn hat im zweiten Halbjahr den EU-Ratsvorsitz inne, doch sind damit keinerlei Vertretungsbefugnisse im außenpolitischen Bereich verbunden.
Auf diese Tatsache wies Borrell erst am Samstagabend hin, nachdem Orban auch am Gipfel der Organisation der Turkstaaten (OTS) in Aserbaidschan teilgenommen hat und damit dem EU-Mitgliedsstaat Zypern in den Rücken fiel.
Beobachterin der Organisation ist nämlich auch die abtrünnige Türkische Republik Nordzypern, die mit militärischer Unterstützung der Türkei ein sezessionistisches Regime im Nordteil des EU-Staates etabliert hat. *** red, ORF.at/Agenturen
In einer früheren Meldung: Orban offenbar zu Besuch in China heißt es:
Vor der Visite im Kreml hatte Orbán auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew besucht. Orbán gilt als Kritiker der militärischen Unterstützung Kiews. *** red, ORF.at/Agenturen
Protest in Barcelona: Mit Wasserpistolen gegen Massentourismus
In Spanien steigt der Unmut der Bevölkerung über die negativen Folgen des Massentourismus. Bei einer Protestaktion in Barcelona skandierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Wochenende lautstark „Tourists go home“. Bei der Protestaktion kamen auch Wasserpistolen zum Einsatz.
Damit seien Agentur- und Medienberichten zufolge Gäste in Restaurants, die vor allem von Urlauberinnen und Urlaubern frequentiert werden, bespritzt worden.
Behördenangaben beteiligten sich rund 3.000 Menschen an der Demonstration und forderten angesichts zunehmender Wohn- und Lebenshaltungskosten Beschränkungen für die Tourismusbranche. Veranstalterangaben zufolge waren es 15.000 und damit der bisher größte Protest gegen Massentourismus in Barcelona.
In den vergangenen Wochen und Monaten gab es solche Demos schon auf Mallorca sowie auf den Kanaren und im südspanischen Malaga.
Nicht allein die Wohnkosten, sondern auch die Umweltbelastung, Staus, allgemeine Überfüllung, Wassermangel sowie die Überlastung des Gesundheitssektors und der Abfallentsorgung durch steigende Besucherzahlen empören viele Einheimische.
An Stadtrand verdrängte Bevölkerung
„Tourists go home. You are not welcome“, stand in Barcelona auf mitgeführten Plakaten. Und auch: „Reduzierung des Tourismus jetzt!“ Weil Wohnungen zunehmend in Ferienwohnungen umgewandelt worden sind, steigen die Kosten. Manche Alteingesessene können sich solche Preise nicht leisten und werden in Trabantenstädte am Stadtrand verdrängt, junge Leute müssen weiter bei ihren Eltern wohnen.
Die Touristenmetropole hat gerade erst die Notbremse gezogen und im Kampf gegen Wohnungsnot angekündigt, die Vermietung von Ferienwohnungen solle bis Ende 2028 ganz abgeschafft werden. So würden 10.000 zusätzliche Wohnungen für die Bewohnerinnen und Bewohner der spanischen Metropole geschaffen, teilte Bürgermeister Jaume Collboni zuletzt mit.
Der Bürgermeister wies darauf hin, dass die Mietpreise in der katalanischen Hauptstadt in den letzten zehn Jahren um fast 70 Prozent und die Kaufpreise um etwa 40 Prozenten gestiegen seien. Die Stadtverwaltung sehe sich deshalb gezwungen, per Dekret drastische Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zu gewährleisten. Die bestehenden Lizenzen wolle man nach Ablauf nicht mehr erneuern. Allerdings droht juristische Gegenwehr: Die Vermieter und Vermieterinnen wollen das lukrative Geschäft – wenig verwunderlich – nicht kampflos aufgeben.
Volle Kassen
Der Tourismus ist einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige Spaniens. Bis Ende Mai wurden schon 33,2 Millionen ausländische Touristen in dem Land mit einer Bevölkerung von knapp 48 Millionen Menschen gezählt. Schätzungen gehen davon aus, dass es bis zum Jahresende 91 Millionen Urlauber und Urlauberinnen werden könnten.
Im vergangenen Jahr haben 85,1 Millionen internationale Touristen Spanien besucht. Das waren um 18,7 Prozent mehr als im Jahr davor und so viele wie noch nie, wie das nationale Statistikamt INE im Februar mitteilte. 2022 war Spanien bereits das am zweitmeisten besuchte Land der Welt hinter Frankreich.
„Phänomen muss gesteuert werden“
Viele Spanier und Spanierinnen haben jedoch das Gefühl, dass sie nicht davon profitieren, der Tourismus als Wirtschaftsmotor stößt zunehmend auf Proteste. „Es ist wahr, dass wir ein rasantes Wachstum verzeichnen, aber dieses Phänomen muss gesteuert werden“, sagte unlängst auch Tourismusminister Jordi Hereu. „Wir werden den Menschen nicht verbieten, nach Spanien zu kommen, aber wir können das touristische Angebot einschränken.“ *** red, ORF.at/Agenturen
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COMMENT: Noch ist es in Wien nicht ganz so weit. Der A&B-Wohnungs-Unart wurden zuletzt gewisse Riegel vorgeschoben. Nicht selten höre ich, wie unmöglich es sei, sich durch die dichte Touristenströme hindurchkämpfen zu müssen, um woanders hinzugelangen. Aus eigenem Erleben kann ich das nur bestätigen.
Betroffen sind die Innenstadt, hier vor allem die Kärntnerstraße, der Stephansplatz und der Graben. Inzwischen bedrängen die Touristen auch die Nebenstraßen, wo sie mitten auf den Fahrstraßen gaffend und photographierend herumstolzieren und selbst Radfahrer im Wege sind. Offenbar verwirrend für sie: was sind Spielstraßen, was Fußgängerzonen, was normale Fahrstraßen?
Vor Jahren gab es keine Fruchtfliegenplage, nun tut man gut daran, den Hausmüll in kleine Päckchen abzupacken und gleich zu entsorgen, sonst zieht man die Plagegeister zu Hauf in die eigene Wohnung. Woran das liegt? Die lieben Touristen kaufen sich Billigessen und verspeisen es auf der Straße – halb. Was nicht gegessen wird, landet in den offenen Papierkörben und nicht selten auch auf der Straße, leere Essensverpackungen und Limonadenplastikflaschen und -dosen mit zuckersüßen Flüssigkeitsresten tun ein Übriges – ein Festmahl für Fliegen und Fruchtfliegen.
Positive Entwicklungen gibt es heuer auch: der E-Roller-Wahn ist im Vergleich zu den Vorjahren offenbar deutlich weniger ausgeprägt, weniger dieser Geräte stehen an unmöglichen Stellen herum.
Gäste willkommen, Massentourismus nicht. Bei allem löblichen Bemühen der Tourismuswirtschaft: Massentourismus ist weder umweltfreundlich noch nachhaltig zu betreiben.
Hier geht es zu den Jubelmeldungen der Tourismuswirtschaft mit Blick auf 2024 und davor liegende Jahre: Tourismus in Zahlen – Austriatourismus.at
Und der Ausblick: Traumhaft? Nein, zum Fürchten!
Sommerpotenziale 2024 – Sommerreisepläne in Österreich, Deutschland, Schweiz, Niederlande, Belgien, Frankreich, Italien, Tschechien, Polen und Ungarn
Inzwischen haben sich die US-Bürger aufgemacht, als Touristen Europa und Wien zu überschwemmen – dem günstigen Wechselkurs sei Dank:
USA: Tourismusausblick – Der Tourismusausblick mit Stand April 2024: sehr gute Wirtschaftsdaten – Wahlkampf hat begonnen – Normalisierung beim Reiseaufkommen auf hohem Niveau – Fernreisen geplant – großes Interesse an Europareisen, wovon Österreich profitieren sollt
Die asiatischen Gäste sind jedenfalls – nach langer Pandemie-Pause und Ausreisesperren – wieder da und ziehen schon in aller Frühe in langen Kolonnen, geleitet von Reiseführern, durch die Innenstadt. Gaff, gaff, klick, klick.
Und auf der Donau auf und ab schwimmen die großen Passagierschiffe, Dieselrauchwolken ausstoßend. Sie entleeren ganze Touristenschwärme an den Wiener Donauanlegestellen, die sich in die Stadt ergießen, BiIligessensmüll hinterlassend. Toll, wirklich!
Vollgestopfte öffentliche Verkehrsmittel, vollbesetzte Restaurants und Cafés – nicht von Einheimischen. Die Wiener können ja Peking besuchen und sich dort in ein Kaffeehaus begeben oder Wiener Schnitzel essen. Das ist DIE Lösung!
Noch einmal: Gäste willkommen, Massentourismus nicht.
Frankreich-Wahl: Linksbündnis überraschend stärkste Kraft
Überraschung bei der Parlamentswahl in Frankreich: Das links-grüne Wahlbündnis ist nach der zweiten Runde zur stärksten Kraft geworden. Die Rechtspopulisten von Marine Le Pen, die auf eine absolute Mehrheit gehofft hatten, rutschten auf den dritten Platz – hinter das Regierungslager von Präsident Emmanuel Macron. Das Linksbündnis stellte unmittelbar nach den ersten Prognosen den Regierungsanspruch. Premier Gabriel Attal will am Montag seinen Rücktritt einreichen.
Das vom Linkspopulisten Jean-Luc Melenchon angeführte Bündnis Nouveau Front populaire (NFP) holte 182 der 589 Sitze in der Nationalversammlung. Der rechtspopulistische Rassemblement National (RN) landete mit 143 Sitzen auf dem dritten Rang hinter dem Präsidentenbündnis Ensemble mit 168 Sitzen.
Bisher hatte das Macron-Lager eine relative Mehrheit von 250 Sitzen in der Nationalversammlung, der RN 88. Keiner der drei zur Wahl angetretenen großen Blöcke kommt nun auf eine zum Alleinregieren ausreichende Mehrheit – im Parlament droht damit ein Patt.
„Wir haben gewonnen“
Das links-grüne Wahlbündnis hat bereits kurz nach Veröffentlichung der ersten Prognosen den Anspruch auf die Regierungsbildung erhoben. Der NFP sei bereit zum Regieren, sagte der frühere Parteichef der linkspopulistischen Partei La France insoumise (LFI), Jean-Luc Melenchon, in Paris. Sozialisten-Chef Olivier Faure sprach sich zudem gegen eine mögliche „Koalition“ mit dem Regierungslager aus.
„Wir haben gewonnen, und jetzt werden wir regieren“, sagte Grünen-Generalsekretärin Marine Tondelier, die gleichzeitig von einem „schönen Sieg der Demokratie“ sprach. Die hohe Wahlbeteiligung belege Tondelier zufolge, wie wichtig den Menschen die Parlamentswahl gewesen sei. Zudem erinnerte sie daran, dass das neue Linksbündnis erst vor vier Wochen von Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei aus der Taufe gehoben worden sei.
Attal kündigt Rücktritt an
Premier Attal kündigte nach der Wahlschlappe des Regierungslagers seinen Rücktritt an. „Gemäß der republikanischen Tradition und meinen Prinzipien entsprechend reiche ich morgen meinen Rücktritt beim Präsidenten ein“, sagte er am Sonntag in Paris. Es steht dem Präsidenten offen, den Rücktritt anzunehmen oder nicht. Macron hatte Attal erst im Jänner zum Premierminister ernannt. Mit 34 Jahren wurde er der jüngste Premier in der jüngeren französischen Geschichte.
Macron zeigte sich in einer ersten Reaktion abwartend. „Die Frage ist, wer regieren und wer eine Mehrheit bilden kann“, hieß es am Sonntag im Elysee-Palast. Gemäß der republikanischen Tradition werde Macron die Struktur der neuen Nationalversammlung abwarten, bevor er Entscheidungen treffe.
Ergebnis entgegen den Umfragen
Das Wahlergebnis ist eine große Überraschung. Nach der ersten Wahlrunde vor einer Woche sahen Prognosen den RN noch knapp unter der absoluten Mehrheit und damit möglicherweise in der Lage, die nächste Regierung zu stellen. Der Rechtsruck fällt nun geringer aus als erwartet.
Am 30. Juni wurden 76 Mandate der insgesamt 577 Sitze der Nationalversammlung vergeben. In 501 Wahlkreisen kam keiner der Kandidatinnen und Kandidaten auf die beim ersten Durchgang notwendige absolute Mehrheit. In mindestens 50 Wahlkreisen wurde bei der Stichwahl mit einem sehr knappen Wahlausgang gerechnet.
Die Linke und das Mitte-Lager hatten in der Stichwahl auf Wahlkreisebene Absprachen getroffen, um nach dem Rechtsruck in der ersten Runde einen Durchmarsch des RN zu verhindern.
Le Pen: Macrons Situation „unhaltbar“
Ernüchterung gibt es beim RN. Man habe die Wahl nur aufgrund taktischer Abstimmungen zwischen dem Linksbündnis und Macrons Lager verloren, so Le Pen in einer ersten Reaktion. Macron befinde sich laut Le Pen nun aber auch in einer „unhaltbaren“ Situation. „Unser Sieg wurde lediglich verzögert“, sagte sie.
Parteichef Jordan Bardella hatte zuvor eine „verstärkte“ Oppositionsarbeit angekündigt. Frankreich sei nach dem Scheitern seiner Partei bei der französischen Parlamentswahl „in die Hände der extremen Linken geworfen“ worden, so Bardella.
Viele offene Fragen
Mit dem Ergebnis ergeben sich verschiedene Szenarien:
- Die Linken könnten versuchen, von den Mitte-Kräften Unterstützung zu bekommen – entweder als Minderheitsregierung mit Duldung oder in einer Art Großen Koalition. Angesichts der gegensätzlichen politischen Ausrichtungen ist derzeit schwer abzusehen, ob das gelingen könnte.
- Unklar ist, ob Präsident Macron in einem solchen Szenario politisch gezwungen wäre, einen Premier aus den Reihen der Linken zu ernennen. Die Nationalversammlung kann die Regierung stürzen. Bei einem Premier aus dem linken Lager müsste Macron die Macht teilen.
- Sollte keines der Lager eine Regierungsmehrheit finden, könnte die aktuelle Regierung als Übergangsregierung im Amt bleiben bzw. eine Expertenregierung eingesetzt werden.
Rückzug von über 200 Kandidaten
Macron hatte die Neuwahl überraschend nach dem Triumph des RN bei der Europawahl am 9. Juni ausgerufen. In der ersten Runde der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag kam Marine Le Pen mit ihrem RN auf 29 Prozent bzw. zusammen mit Verbündeten auf 33 Prozent und damit auf den ersten Platz.
Das Linksbündnis kam auf 28 und Macrons Mitte-Lager auf 20 Prozent. Der Schock darüber lag bei den Unterlegenen tief, sie formten ein lagerübergreifendes Zweckbündnis, damit der RN in der zweiten Runde die absolute Mehrheit verpasst. Mehr als 200 Kandidatinnen und Kandidaten zogen sich in der Folge zurück.
Hohe Wahlbeteiligung
Das Interesse an der Wahl war groß: Um 17.00 Uhr lag die Beteiligung bei 59,71 Prozent, wie das Innenministerium in Paris mitteilte. 2022 lag der Wert zur gleichen Zeit bei 38,11 Prozent. Beim ersten Wahlgang vor einer Woche war die Beteiligung insgesamt bei 66,71 Prozent gelegen. Nach Angaben des Fernsehsenders BFMTV könnte es sich nun um die höchste Wahlbeteiligung seit 1997 handeln.
Bei Kundgebungen nach der Wahl kam es in Paris und anderen Städten zu Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und der Polizei. In Paris versammelten sich Tausende Menschen auf der Place de la Republique im Zentrum der Hauptstadt, um den Sieg des Linksbündnisses bei der vorgezogenen Wahl zu feiern. *** red, ORF.at/Agenturen
Links:
- Französische Nationalversammlung
- Französisches Präsidialamt
- Frankreich-Wahl 2024 (Wahlseite Innenministerium)
- BFMTV
- Franceinfo
COMMENT: es lebe die Sozialwissenschaft und ihre Methoden, aber wenn sie unredlich eingesetzt werden, kommt Unfug heraus. Wie hieß es unlängst im Tagesblick? Die Umfrageergebnisse sind u.U. fragwürdig, Überraschungen könnten sich am Wahlabend einstellen. Et voilà! Da sind sie.
Inwieweit beeinflussen veröffentlichte Umfrageergebnisse, kurz vor einer Wahl mitgeteilt, eine Wahl selbst? Eine Elferfrage.
Die Wiener Zeitung schrieb dazu unter dem 20.10.2021:
In mehreren europäischen Ländern dürfen unmittelbar vor einer Wahl keine Wahlprognosen mehr veröffentlicht werden. In Frankreich, Bulgarien oder Kroatien sind es zum Beispiel 2 Tage vor dem Wahltermin, in Spanien 5 und in Griechenland und Italien 15 Tage.
In Österreich gibt es keine solche Frist. Eine Tatsache, die Demokratieforscherin Tamara Ehs kritisiert.
Frankreich-Wahl: Ausschreitungen in mehreren Städten
Bei Kundgebungen nach der französischen Parlamentswahl ist es gestern Abend in Paris und anderen Städten zu Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. In Paris versammelten sich Tausende Menschen auf dem Place de la République im Zentrum der Hauptstadt, um den Sieg des Linksbündnisses bei der vorgezogenen Wahl zu feiern. Die Polizei setzte Tränengas gegen ausschreitende Demonstranten ein. Barrikaden aus Holz wurden in Brand gesetzt.
Im Zentrum von Paris hatten etliche Geschäfte und Banken ihre Fenster am Wahltag mit Blick auf befürchtete Ausschreitungen mit Holzplatten gesichert. Innenminister Gerald Darmanin hatte für den Wahltag 30.000 Beamte mobilisiert, um mögliche Krawalle zu verhindern. 5.000 von ihnen sollten alleine in Paris und den Vororten im Einsatz sein.
Auch aus Lille in Nordfrankreich wurden Zusammenstöße zwischen Antifaschisten und der Polizei gemeldet. Hier ging die Polizei ebenfalls mit Tränengas gegen die Menschen vor. Im westfranzösischen Rennes gab es nach Medienberichten 25 Festnahmen, nachdem die Bereitschaftspolizei mit Tränengas gegen linke Demonstranten vorgegangen war. Zusammenstöße gab es den Berichten zufolge auch in Nantes. *** red, ORF.at/Agenturen
DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN
Insa: BSW fast so stark wie die Grünen
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) liegt in den Umfragen nur noch 2 Prozentpunkte hinter den Grünen. Im Sonntagstrend, den das Meinungsforschungsinstitut Insa wöchentlich für die Bild am Sonntag erhebt, verlieren die Grünen in dieser Woche 1 Prozentpunkt und kommen auf 11 Prozent. Das BSW hingegen bleibt stabil, bekäme wie in der Vorwoche 9 Prozent. Die Linke kommt wie in der Vorwoche auf 2 Prozent. Stärkste Kraft bleibt die Union, sie kommt wie in der Vorwoche auf 30 Prozent. Das ist doppelt so viel wie für die Kanzlerpartei SPD, die wie in der Vorwoche auf 15 Prozent kommt.
ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN
NACHGEREICHT: Aktuelle Budgetprognose für Österreich und Empfehlungen des Fiskalrates – Nächste Bundesregierung muss mit Sparpaket starten – 19.6.2024 (PDF)
• Das Budgetdefizit 2024 liegt bei 3,4% des BIP und damit deutlich über der Maastricht-
Grenze; dies ist bedingt durch starken (u. a. inflationsbedingten) Ausgabenanstieg,
weiterhin hohe Budgetbelastung durch Teuerungs-Entlastungsmaßnahmen, Steuer-
senkungen im Rahmen der ökosozialen Steuerreform und das schwache wirtschaftliche
Umfeld.
• Auch mittelfristig werden Maastricht-Kriterien durch anhaltend hohe Budgetdefizite und stetig steigende Staatsschuldenquote verfehlt.
• Eine Budgetkonsolidierung ist unerlässlich, um fiskalpolitischen Handlungsspielraum
zurückzugewinnen und die Krisenresilienz des öffentlichen Haushalts wieder herzu-
stellen.
• Zusätzlich bestehen erhebliche Budgetrisiken durch Klimawandel und die demografische Entwicklung, aber auch durch potenzielle und zum Teil bereits geplante „Wahlzuckerl“ im Vorfeld der Nationalratswahl. …
IV-Chef Knill in ORF-„Pressestunde“: „Genügend“ für Wirtschaftsstandort
Der Präsident der der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, hat am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ mit einem „Genügend“ für den Wirtschaftsstandort Österreich und einem „Befriedigend“ für die türkis-grüne Bundesregierung überschaubare Noten gegeben. Die nächste Regierung müsse vor allem die Wirtschaft wieder in den Mittelpunkt stellen.
Nur einen „Vierer“ für den Standort vergab Knill aus mehreren Gründen – vor allem aber wegen einer „mangelnden Wettbewerbsfähigkeit und des hohen Kostendrucks“. Die Lohnstückkosten in Österreich seien viel zu hoch geworden und lägen über den deutschen. Es komme so weit, dass sich internationale Kunden Produkte „Made in Austria“ nicht mehr leisten könnten. Ziel müsse es daher sein, die Attraktivität des Standortes wiederherzustellen.Die kommende Regierung werde schwierige und oft auch unpopuläre Entscheidungen treffen müssen, so Knill. „Rote Linie“ der IV gegenüber einer neuen Regierung seien vor allem neue Steuern. Solche dürfe es nicht geben. Man habe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Gespart werden müsse daher ausgabenseitig, so gebe es im Pensions- und Gesundheitsbereich allein „Effizienzpotenziale von zehn Milliarden Euro“.
Knill: Investitionen in Österreich verhalten
Die Industrie befindet sich das zweite Jahr in einer Rezession. Frühestens für kommendes Jahr erwartet Knill wieder ein – kleines – Wachstum. Eine Rolle dabei spiele auch, dass das Arbeitsvolumen in Österreich in den vergangenen Jahren viel weniger deutlich gestiegen sei als die Beschäftigung. Dieses müsse angesichts des sich weiter zuspitzenden Arbeits- und Fachkräftemangels erhöht werden, so Knill.
Zudem sei die Investitionstätigkeit verhalten bis nicht vorhanden – oft werde wenn dann im Ausland investiert, „weil die Rahmenbedingungen in Österreich entsprechend schlecht“ seien. Es dürften keine Steuern erhöht und auch keine Vermögens- oder Erbschaftssteuern eingeführt werden. Der Staatshaushalt müsse dringend repariert, bei den Pensionen eingespart werden, so Knill mit bekannten IV-Forderungen.
Grüne haben „Muskeln gezeigt“
So müssten die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Jene 3,7 Prozent, die die Unternehmen allein in den Familienlastenausgleichsfonds einzahlten, sollen von allen bezahlt werden – „ins allgemeine Budget“. Hier geht es um Familienleistungen, Schulbücher, Schülerfreifahrten, Karenzzahlungen. Auch auf dem Arbeitsmarkt brauche es Reformen, zielte Knill etwa auf die Arbeitslosenversicherung ab, die mit 2,4 Prozent doppelt so hoch liege wie in Deutschland.
Die noch regierende Koalition aus ÖVP und Grünen benotete Knill mit einem „Dreier“. Der grüne Juniorpartner habe „im Spiel der Kräfte durchaus Muskeln gezeigt“. Das „Befriedigend“ gebe es, „weil auch gute, richtige Maßnahmen getroffen wurde, um durch die Krisen zu kommen“, verwies der IV-Chef auf das Aus der kalten Progression und die Absenkung der Körperschaftssteuer.
Scharfe Kritik an SPÖ
Der Sozialdemokratie attestierte der IV-Chef kein gutes Zeugnis. Sie habe „in Wirklichkeit ein Programm gegen die Marktwirtschaft“. Dementsprechend kritisch zeigte sich der IV-Chef der SPÖ mit ihrem Chef Andreas Babler gegenüber, denn diese „fordert Rückverstaatlichungen. In Wirklichkeit hat sie ein Programm gegen Marktwirtschaft, Unternehmertum und Eigenverantwortung. So wirtschaftsfeindlich war die sozialdemokratische Partei noch nie wie unter Vorsitzendem Babler“, so der Industrielle.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klau Seltenheim reagierte umgehend auf Knills Kritik und bezeichnete die IV als „die Lobby der Großkonzerne und Superreichen, die rollende Angriffe gegen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fährt“. Forderungen nach einer Erhöhung der Arbeitszeit, Bestrafungen für Teilzeitkräfte und Pensionskürzungen erteilte er eine klare Absage.
Knill: Wenig über FPÖ-Programm bekannt
Von der FPÖ wisse man noch wenig über ein Wirtschaftsprogramm, so Knill. „Wir werden analysieren, wie sich die freiheitliche Partei für den Industriestandort engagiert“, sagte Knill dazu, sollte die FPÖ nach der Nationalratswahl in Regierungsverantwortung kommen. Verbindend zwischen Freiheitlichen und IV scheint das Nein zu neuen Steuern, das von dort stets ertönt.
Tendenziell trennender Faktor könnte sein, dass die Industrie stark pro EU ausgerichtet ist, die Russland-Sanktionen nicht kritisiert bzw. nachvollziehen kann und auch für den Zuzug von Ausländerinnen und Ausländern ist, wenn diese für den Arbeitsmarkt qualifiziert sind. Man sei mit allen im Parlament vertretenen Parteien und deren wichtigsten Proponenten im Austausch, betonte Knill.
Das gelte auch für FPÖ-Chef Herbert Kickl, auch wenn dieser laut Aussagen in der „Pressestunde“ eine Einladung zu einer IV-Veranstaltung ausgeschlagen habe. Knill hielt sich mit Aussagen über die Freiheitlichen auffallend zurück. Er betonte bei Nachfragen lediglich, dass es für die IV von höchster Relevanz sei, wie sich Parteien gegenüber Freihandel und EU positionierten. Und das werde man sich nach der Wahl auch bei der FPÖ „anschauen und kommentieren“.
FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch zeigte sich wenig verwundert über die überschaubare Note für die türkis-grüne Regierung. „Wenn das hart erarbeitete Steuergeld der Staatsbürger sinn- und planlos rundumverteilt wird (…)“, könne man an negativer Kritik nicht vorbeikommen. Die blaue Vize-Klubchefin forderte eine „komplette Strukturänderung und ein neues, modernes Denken“, ohne auf Details einzugehen. *** red, ORF.at/Agenturen
Links:
Vier Schwerverletzte bei Schlägerei in Wien-Meidling
Bereits zum dritten Mal haben sich zwei größere Männergruppen zu tätlichen Auseinandersetzungen in Wien getroffen. Während der Streit am Freitag und am Samstag u. a. in einem Park in der Brigittenau glimpflich ausgegangen ist, wurden gestern Abend in Meidling vier Personen schwer verletzt. Drei Männer erlitten Stichverletzungen und ein Mann eine Kopfverletzung durch stumpfe Gewalteinwirkung, sagte Polizeisprecher Philipp Haßlinger. E
Alle drei Vorfälle stehen laut Polizei in direktem Zusammenhang miteinander. Nach APA-Informationen handelt es sich um rivalisierende tschetschenische, syrische bzw. afghanische Gruppierungen. Das wollte die Polizei nicht bestätigen. Laut Sprecher Haßlinger waren die Männer mit Messern, Stöcken und Stangen zu einem Treffen bei der U-Bahn-Station Bahnhof Meidling (früher: Philadelphiabrücke) gekommen.
red, ORF.at/Agenturen
Wien: Palais wird für Forschung umgebaut (inkl. Bilder)
Das Palais Springer-Rothschild in Wien-Landstraße wird aktuell für das Forschungsinstitut Complexity Science Hub adaptiert. Der Verein erforscht, wie aus großen Datenmengen sinnvolles Wissen gewonnen werden kann.
Zuletzt wurde das Palais von der Universität für Musik und darstellende Kunst genutzt, die im Gebäude eine Außenstelle hatte. Die räumlichen Adaptierungen werden nun rückgängig gemacht. „Das führt dazu, dass wir wieder originale Wandoberflächen zutage bringen und man daher sehr viel bauzeitliche Beschichtungen und Ausstattungen wiederentdeckt, die in anderen Teilen des Raumes schon mehrfach überschichtet wurden“, erklärte Clemens Novak, der Projektleiter der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG).
Rankgerüst auf Feuermauer
Errichtet wurde das Gebäude in den Jahren 1891 bis 1893. Zur Innenausstattung gehören ein Herrenzimmer mit kubanischem Mahagoni, eine Bibliothek mit Glasmalereien aus dem 17. Jahrhundert und ein Wintergarten mit Blick auf etwas nahezu Einzigartiges, sagte Wolfgang Salcher, der Landeskonservator für Wien im Bundesdenkmalamt: „Das ist der Schmuck einer Feuermauer. Auf die sind uns die Franzosen neidisch, weil in Paris gibt es auch solche Rankgerüste an den Feuermauern, aber so eine monumentale, große findet man auch in Paris sehr selten.“
Das Gebäude soll künftig der Forschung des Complexity Science Hub dienen. Das Hauptaugenmerk liegt auf Begegnungsräumen zum Austausch, sagte Novak: „Wir haben unter Beibehaltung architektonischer Elemente Räume öffnen können und können so die Wissenschaftler zusammenfassen.“
Bisheriger Standort wurde zu klein
Der Complexity Science Hub zieht von den Büros im Palais Strozzi in der Josefstadt um. Die dort vorhandene Fläche ist für die mehr als 70 Forscherinnen und Forschern zu klein geworden. „Allerdings glaube ich, dass in diesen alten Gemäuern eine andere Atmosphäre herrscht, als wenn man in einen Neubau ginge. Von dem her ist es ein gutes Umfeld, um in historischen Gebäuden an der Zukunft zu arbeiten.“ Noch vor dem Winter soll der Umzug stattfinden. *** red, wien.ORF.at
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MEDIZIN
Zoonotische Influenza – RKI
Auf dieser RKI-Seite sind Informationen zu aviärer (z.B. Vogelgrippe) und porciner Influenza zu finden, die nur in Ausnahmefällen Erkrankungen bei Menschen hervorrufen.
Das Krim-Kongo Fieber rückt näher – Jeremy V. Camp, Virusepidemiologische Informationen der MedUniWien, 26.6.2024
Unter den viralen hämorrhagischen Fiebern (einschließlich Ebola-Fieber und Lassa-Fieber) ist das durch Zecken übertragene Krim-Kongo hämorrhagische Fieber-Virus (CCHFV) das am weitesten verbreitete. Das Virus wurde ursprünglich im subsaharischen Afrika (insbesondere Südafrika und der Demokratischen Republik Kongo) isoliert und ist auch in der Türkei, Zentralund Südwestasien, einschließlich der Länder rund um den Arabischen/Persischen Golf, Indien und auf der Balkanhalbinsel (Bulgarien, Serbien, Montenegro und kürzlich Albanien) endemisch. In west- und mitteleuropäischen Ländern mit Ausnahme von Spanien sind Fälle des KrimKongo hämorrhagischen Fiebers selten und werden wahrscheinlich nur aus endemischen Ländern importiert. Jüngste Veröffentlichungen von Ungarn zeigen jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit, dass CCHFV in Österreich nachgewiesen werden könnte, zunimmt.
Das Virus wird durch Hyalomma-Zecken auf den Menschen übertragen. Zecken fungieren als Hauptreservoir von CCHFV in der Natur und Vögel oder Säugetiere dienen als Verstärkerwirte. Hyalomma-Zecken (einschließlich solcher die mit CCHFV infiziert sind) können durch Zugvögel verbreitet und eingeschleppt werden, doch in der gemäßigten Klimazone (speziell nördlich vom 50°N) können die Zecken den Winter nicht überleben. Neben dem Zeckenstich kann das CCHFV auch über den Kontakt mit Fleisch eines infizierten Tieres während der Schlachtung und selten auch nosokomial auf den Menschen übertragen werden.
Es wird geschätzt, dass etwa 80% der CCHF Fälle asymptomatisch sind oder nur leichte Symptome wie Fieber, Myalgie, Unwohlsein und Übelkeit oder Erbrechen aufweisen. Daher kann die Differentialdiagnose auch COVID-19, Rickettsiose, Lyme-Borreliose, Salmonellose, FSME oder eine virale Hepatitis umfassen. MetaAnalysen von klinischen Daten haben gezeigt, dass weniger als 50% der Fälle Symptome eines hämorrhagischen Fiebers entwickeln, einschließlich Hyperämie, inneren Blutungen, petechialem Ausschlag und großen kutanen Ekchymosen. Die Fallsterblichkeitsrate bei hospitalisierten Patienten wird auf zwischen 9 und 40% geschätzt.
In Österreich wurde 2018 des ersten Mal eine Hyalomma-Zecke an einem Pferd in der Nähe von Melk entdeckt, die wahrscheinlich im juvenilen Stadium durch einen Zugvogel eingeschleppt wurde. Es ist wahrscheinlich, dass HyalommaZecken in Österreich überwintern können, und deswegen sind Untersuchungen über das Vorkommen und Verbreitung der Population in Österreich erforderlich. Es gibt keine dokumentierten Fälle von Krim-Kongo-Fieber beim Menschen in Österreich und keine Studien über die Exposition von Tieren (z. B. Antikörper bei Wild- oder Nutztiere).
In Ungarn wurde allerdings 2021 bei 12 von 2700 Blutspendern Hinweise auf eine durchgemachte CCHFV-Infektion durch den Nachweis von IgG-Antikörpern (mittels ELISA und IFA) gefunden, insbesondere auch bei Personen aus Györ und Répcelak/Nick 40 bzw. 25 km von der österreichischen Grenze entfernt. Hyalomma-Zecken kommen in ganz Ungarn vor, und 2021 wurde Hyalomma marginatum auch bei einem Hund in Bük (10 km von der österreichischen Grenze) gefunden. Schließlich wurden auch in der jüngsten Veröffentlichung von Deézsi-Magyar et al. (2024) Hinweise auf frühere CCHFV-Infektionen bei Nutztieren (IgG-Antikörper Nachweise in einer Untersuchung von 2017) publiziert, so auch bei 3 von 14 Rindern in der Nähe von Csorna, 22km von der österreichischen Grenze entfernt. In dieser Veröffentlichung in Viruses zeigt Deézsi-Magyar et al. (2024) in einer Karte die Verbreitung von CCHFV in Ungarn, wobei die der österreichischen Grenze nächsten Fundorte in der Abbildung unten zu sehen sind.
Abbildung: Orte, an denen Hyalomma-Zecken in und nahe Österreich gefunden wurden, und serologische Hinweise auf CCHFV-Infektionen bei Menschen und Rindern in Ungarn, nahe der österreichischen Grenze. Adaptiert von DeézsiMagyar et al. 2024 Viruses, 16(6), 875. https://doi.org/10.3390/v16060875
Bis jetzt gibt es keine gemeldeten Fälle von CCHF beim Menschen in Ungarn oder Österreich. Es gibt keine Impfstoffe oder spezifische Prophylaxe für CCHFV, abgesehen von Vorsichtsmaßnahmen, um Zeckenstiche zu vermeiden. Die akute Erkrankung wird durch den Nachweis von Nukleinsäuren im Blut oder anderen Körperflüssigkeiten diagnostiziert, die vom Krankheitsbeginn bis zum Ende der hämorrhagischen Phase nachweisbar sind.
UMWELT
Glyphosat schädigt Meereslebewesen massiv – 2.7.2024
Schon kleinste Mengen von Pestiziden schädigen wichtige Einzeller im Meer irreparabel. Es handelt sich dabei um Foraminiferen – winzige, schalentragende Lebewesen, die in Korallenriffen wesentlich zur Sedimentbildung und nach dem Absterben zur Stabilisierung der Riffe beitragen. Eine besonders starke negative Wirkung hatte in Experimenten ein Herbizid mit dem Wirkstoff Glyphosat, berichten Wiener Forscher im Fachblatt „Marine Pollution Bulletin“.
Foraminiferen gibt es schon seit Hunderten Millionen Jahren. Die einzelligen Organismen sind meist im Meer zu finden und reagieren rasch auf Umweltveränderungen, was sie zu guten Bioindikatoren macht. Ihre Kalkschale schützt unter anderem Korallen vor zu niedrigen pH-Werten. Forschende der Universität Wien haben nun zusammen mit polnischen Kollegen den Einfluss von verschiedenen Pestiziden auf die Stoffwechselaktivität einer Foraminiferen-Art (Heterostegina depressa) untersucht.
Geringste Konzentrationen reichen
Konkret wurden ein Herbizid, ein Insektizid und ein Fungizid in verschiedenen Konzentrationen getestet. „Schon die geringsten Konzentrationen von Herbiziden oder Fungiziden – wir sprechen dabei von Konzentrationen von 0,0001 Prozent, die durchaus in heutigen Korallenriffen anzufinden sind – führten zu irreparablen Schäden an den Foraminiferen“, erklärte Studienleiterin Petra Heinz vom Institut für Paläontologie der Universität Wien in einer Aussendung.
Negativ hervorgestochen ist ein Herbizid, das den Wirkstoff Glyphosat beinhaltet: Nach einem Tag waren die Foraminiferen dermaßen geschädigt, dass keine Stoffwechselaktivität mehr feststellbar war, so Erstautor Michael Lintner, ebenfalls von der Uni Wien. Auch das Fungizid führte zu einer vollständigen Deaktivierung. Das Insektizid wirkte sich den Angaben zufolge deutlich weniger negativ auf die Foraminiferen aus, beziehungsweise erst bei höherer Konzentration.
Einfluss auf Kieselalgen
Untersucht wurde auch der Einfluss auf Kieselalgen, die in Symbiose mit den Foraminiferen leben und für deren Stoffwechsel sie essenziell sind. Es zeigte sich, dass das getestete Fungizid sowohl für den Wirt als auch für seinen Symbionten toxisch ist, während das Herbizid und das Insektizid hauptsächlich negative Auswirkungen auf die Kieselalgen haben. Ihr Absterben führt aber letztendlich auch zum Tod der Foraminiferen.
Zunehmende Unwetter und ein erhöhter Pestizid-Einsatz durch intensive Landwirtschaft könnten zu einem erheblichen Anstieg der Pestizidkonzentrationen im Meer führen, befürchten die Forschenden. Aber selbst geringe Konzentrationen würden eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit der Meeresriffe darstellen.
Service: https://doi.org/10.1016/j.marpolbul.2024.116237
Korallenriffe im Roten Meer wachsen weniger
Korallenriffe im Roten Meer wachsen einer Studie zufolge zunehmend langsamer. In einem Riffgebiet vor der Küste des Sudan habe sich das Wachstum in den vergangenen vier Jahrzehnten um etwa 80 Prozent verringert, sagte die Meeresbiologin Sarah Abdelhamid von der Universität Rostock, Erstautorin der Studie.
Seit 1980 verfolgen Forschende des Deutschen Meeresmuseums die Entwicklung von vier großen Testarealen im Meeresnationalpark Sanganeb vor Sudans Küste. Die Korallenriffe dort gehörten noch zu den unberührtesten im Roten Meer, wie es in der Studie heißt. Zuletzt wurden die Flächen demnach im Jahr 2019 digital kartiert.
„Während der Netto-Riffzuwachs von 1980 bis 1991 im Schnitt zwischen 2,27 und 2,72 Zentimeter jährlich betrug, lag er im Zeitraum von 1991 bis 2019 lediglich bei 0,28 bis 0,42 Zentimetern“, sagte Abdelhamid. Der Rückgang sei damit „überraschend deutlich“.
Häufigere Warmwasserereignisse
Allgemein herrschen den Forschenden zufolge seit über 40 Jahren beständige ökologische Bedingungen in dem Gebiet, etwa in Bezug auf Strömungen und chemische Prozesse. Verschiebungen in der Artenzusammensetzung deuteten jedoch auf einen Wandel der Korallengemeinschaften hin, zurückzuführen unter anderem auf Korallenbleichen im Zuge von Warmwasserereignissen.
Der Nachwuchs empfindlicher Geweihkorallen (Acropora) wird von robusteren Katzenpfötchen-Korallen (Pocillopora) verdrängt, wie es von Meeresmuseum und Universität heißt. „Infolge des Klimawandels kommen Warmwasserereignisse, die zu Korallenbleichen führen, immer häufiger vor“, erklärte Götz-Bodo Reinicke vom Deutschen Meeresmuseum, Leiter der Untersuchung. *** red, ORF.at/Agenturen
Gletscherrückzug laut Experten direkte Gefahr für Menschen – 2.7.2024
Selbst wenn dieser Winter kalt und das Frühjahr nass waren, geht der Leiter des wissenschaftlichen Gletschermessdienstes des Alpenvereins, Andreas Kellerer-Pirklbauer, auch heuer davon aus, dass die Gletscher in Österreich weiter an Masse und Länge verlieren. Ihr Rückzug bringe auch eine direkte Gefahr für den Menschen beim Begehen.
Jedes Jahr erstellen die sogenannten Gebietsverantwortlichen für die gut 90 Gletscher in Österreich einen Gletscherbericht und das seit 133 Jahren. Am Wochenende trafen sich diese ehrenamtlichen Gletschervermesser des Alpenvereins zu einer Fachtagung. Für eine Exkursion auf den Hallstätter und Schladminger Gletscher stand auch das Vorstellen von Messmethoden auf dem Programm.
Inzwischen sei ein mittlerer Rückzugswert der Gletscher pro Jahr „von mehr als 20 Metern Länge leider nichts Außergewöhnliches“, meinte Kellerer-Priklbauer. Es gebe in Österreich keinen Gletscher mehr, „der über ein Nährgebiet verfügt, das die bestehende Eismasse auch nur annähernd erhalten könne. Die österreichischen Gletscher existieren nur mehr aufgrund der in der Vergangenheit angesammelten Eisreserven.“
Wie das Schmelzen eines Eiswürfels
Kälte und Niederschlag zu Beginn eines Jahres können daran nichts ändern, wenn auf einen Sommer mit „kritischen Hitzeperioden“ auch noch wie vergangenes Jahr ein warmer, trockener Herbst folge, erläuterte Kellerer-Pirklbauer. Er veranschaulicht die Situation mit dem Schmelzen eines Eiswürfels. Wenn man diesen aus dem Eisfach nimmt, taue er erst nach einiger Zeit auf. So verhalte es sich auch bei Gletschern, eine kurzzeitige kältere und nasse Wetterperiode könne den zeitverzögert eingesetzten Vorgang nicht stoppen. Er rechne damit, dass die österreichischen Gletscher spätestens 2070 vollständig abgeschmolzen sein werden.
Der Gletscherrückgang sei aber auch für den Menschen gefährlich, wies er auf ein weiteres Problem hin. Die Oberfläche bekomme Risse, Spalten werden größer oder Zungen brechen weg. Kellerer-Pirklbauer, der auch Gebietsverantwortlicher für Gletscher um die Pasterze in Kärnten ist, meinte, damit werde das Begehen riskant. So könne etwa der größte Gletscher Österreichs nur noch deshalb vermessen werden, weil „wir die Seilbrücke der Bergrettung“ benutzen können. Der Gletscherbach sei inzwischen zu einem „reißenden Fluss“ angeschwollen, was eine Querung unmöglich mache.
BILDUNG – UNIVERSITÄTEN
Die Ursprünge und Traditionen hinter der Uni-Abschlussfeiet (inkl. Bildergalerie mit Erläuterungen)
Die Geschichte der Abschlussfeiern lässt sich bis ins 11. Jahrhundert zurückverfolgen, als die ersten Universitäten in Europa gegründet wurden. Der Abschluss einer Bildungseinrichtung ist ein jahrhundertealter, traditionsreicher Ritus. Viele der akademischen Insignien, die mit der Verleihung eines akademischen Grades verbunden sind, stammen aus dem Mittelalter, darunter auch der allgegenwärtige Talar. Je mehr man sich mit den Bräuchen rund um die Abschlussfeier beschäftigt, desto größer wird die Bedeutung dieses faszinierenden akademischen Ereignisses.
Sie möchten mehr darüber erfahren? Klicken Sie sich durch die Galerie und erforschen Sie die Ursprünge der Graduierungszeremonie.
ARBEITSWELT
Psychologe zum Sinn von Teilzeit „30 Wochenstunden können viel schlimmer sein als 45“
In der aktuellen Teilzeit-Debatte kommen entscheidende Punkte zu kurz, sagt Arbeitspsychologe Alexander Häfner im Interview mit ntv.de. Viel entscheidender als die Zahl der Arbeitsstunden ist in seinen Augen deren Gestaltung. Häfner sitzt im Wirtschaftspsychologie-Vorstand des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen und leitet die Personalentwicklung der Industriekunden-Tochter der Würth-Gruppe.
ntv.de: Commerzbank-Personalchefin Sabine MInarsky findet, „30 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit, das ist einfach zu viel“, und will die Quote senken. Wie kann das gelingen, wie können Unternehmen ihre Mitarbeiter zu mehr Arbeitsstunden bewegen? Die wenigsten Beschäftigten dürften sich von Ökonomen oder Politikern dazu motivieren lassen, die über Teilzeit als Schaden für die Volkswirtschaft schimpfen.
Alexander Häfner: Es geht ganz stark um Arbeitsgestaltung, das ist der entscheidende Schlüssel. In der aktuellen Debatte kommt zu kurz, dass Arbeit etwas sehr Positives ist. Wir sollten sie nicht schlechtreden, im Sinne von „Je weniger, desto besser“. Aus psychologischer Sicht können 30 Wochenstunden falsch gestaltet viel schlimmer für Gesundheit und Zufriedenheit sein als 45 Stunden richtig gestaltet.
Wie sollten diese 45 Stunden aussehen?
Beim Arbeiten geht es nicht nur ums Geldverdienen, sie hat wichtige soziale Funktionen. Wir können dabei soziale Bedürfnisse befriedigen, vielen hilft sie auch für eine gute Tagesstruktur. Ganz entscheidend für die Motivation sind gute Führung, Wertschätzung, das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun und etwas zu bewirken, selbst Entscheidungen treffen zu können und kompetent dafür zu sein. Eine gute Passung zu den Anforderungen ist sehr wichtig, also sich weder über- noch unterfordert zu fühlen.
Was motiviert noch? In der aktuellen Debatte werden oft flexible Arbeitszeiten und -orte genannt. Welche Rolle spielen die Arbeitsbelastung oder Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten?
Die Zufriedenheit mit der eigenen Karriere ist ein ganz wichtiger Bindungsfaktor an ein Unternehmen und zahlt natürlich auch auf die Wertschätzung ein. Außerdem kommt in der Debatte zu kurz, dass sich Beschäftigte fragen sollten, ob bei weniger Arbeitsstunden wirklich die Arbeitsmenge sinkt – wenn nicht, kommen sie vom Regen in die Traufe. Es ist hochkritisch, in 30 Stunden das Gleiche schaffen zu wollen wie in 40. Arbeit hat wie gesagt auch eine soziale Funktion, es ist ganz wichtig, sich zwischendurch auch mal privat zu unterhalten. Zum Beispiel keine Pausen zu machen hilft vielleicht kurzfristig, um die Arbeit in der verkürzten Zeit zu schaffen, schadet aber langfristig, das ist nicht gesund. Aus psychologischer Perspektive würde ich sehr davor warnen, Arbeit immer mehr zu verdichten.
Welche Rolle spielt Geld heute, wann wirkt eine Gehaltserhöhung als Anreiz, mehr zu arbeiten?
Dabei ist das Gehaltsniveau entscheidend. Für Ältere mit einem höheren Gehalt spielt Geld eine geringere Rolle, Sinnhaftigkeit wird immer wichtiger. Auch Fairness spielt eine Rolle: Wird meine Leistung angemessen vergütet? Für die Bindung an ein Unternehmen zählt das Gehalt interessanterweise nicht zu den wichtigsten Gründen, sondern die genannte Arbeitsgestaltung. Was allerdings nicht bedeutet, dass das Gehalt unwichtig ist.
Wie Sie sagen, können es sich Beschäftigte mit höherem Gehalt eher leisten, weniger Stunden zu arbeiten. Wie können Arbeitgeber diesen Widerspruch lösen?
Ich würde mir stark das Team-Klima und die Führungsqualität anschauen. Mitarbeiter sollten diese regelmäßig in Befragungen bewerten können. Ebenso regelmäßig sollten die Aufgaben auf den Prüfstand. Wenn Tätigkeiten Bauchschmerzen bereiten, sollte etwas geändert werden. Wenn es den Beschäftigten bei der Arbeit gut geht, strahlt das auch aufs Private aus, sie können zum Beispiel besser schlafen, wenn sie abends gelassener sind. Und wer bei der Arbeit gelungene Kommunikation lernt, kann auch private Konflikte besser lösen.
Commerzbank-Vorständin MInarsky hat nach eigenen Angaben nicht Teilzeitbeschäftigte im Blick, die Kinder erziehen oder Angehörige pflegen. Tatsächlich arbeiten mehr als ein Viertel der Teilzeitbeschäftigten aus freien Stücken nicht in Vollzeit, vor allem ältere Beschäftigte reduzieren ohne einen solchen Anlass ihre Arbeitszeit. Wie ist das zu erklären?
Wer die Sinnhaftigkeit nicht bei der Arbeit findet, sucht sie sich woanders. Ganz gefährlich ist das Gefühl, für den Papierkorb zu arbeiten. Es ist nicht nur für die Betroffenen traurig, die noch mehr arbeiten könnten, sondern auch für die Gesellschaft. Gerade Ältere, die auf die Rente hin fiebern oder sogar früher in den Ruhestand wollen, obwohl sie körperlich und geistig richtig fit sind. Das müssen wir umkehren.
Wie lassen sich mehr Wochenstunden mit der Gesundheit der Beschäftigten vereinbaren? Viele fühlen sich dauerhaft gestresst. Und es handelt sich um einen Teufelskreis: Je weniger Fachkräfte, desto stärker nimmt die Arbeitsverdichtung zu. Extrem ausgeprägt ist das zum Beispiel in der Pflege, wo Teilzeit besonders verbreitet ist.
In der Pflege oder etwa bei der Polizei ist es natürlich schwierig, Arbeit zu reduzieren. Aber selbst in diesen Berufen sollten wir kritisch prüfen, ob sich zum Beispiel Bürokratie vermeiden lässt. In der Industrie lässt sich noch mehr digitalisieren und automatisieren. In allen Berufen ist es wichtig, unnötige Aufgaben zu identifizieren.
MInarsky will Beschäftigte dazu bringen, ihre Stundenzahl wieder zu erhöhen, wenn ihre Kinder größer sind. Das hätten Arbeitgeber bislang versäumt. Wie können Unternehmen diese Mitarbeiter von mehr Arbeitszeit überzeugen?
Ganz wichtig ist die Wertschätzung, dafür braucht es das persönliche Gespräch. Die Mitarbeiter sollten sich nach Pausen für die Kindererziehung nicht aufs Abstellgleis abgeschoben fühlen. Stattdessen sollten Unternehmen die dabei erlernten Kompetenzen anerkennen und schauen, wie sie im Beruf eingebracht werden können. Das gilt auch für ältere Beschäftigte, um sie länger im Betrieb zu halten. Eine relevante Anzahl kann sich grundsätzlich vorstellen, länger als bis zum gesetzlichen Rentenalter zu arbeiten. Ein 65-Jähriger hat dasselbe Gehirn wie ein 25-Jähriger, natürlich können sich auch ältere Beschäftigte noch in eine neue Software einarbeiten. Wir brauchen mehr Wertschätzung für Ältere und Menschen, die viel Zeit mit Fürsorgearbeit verbracht haben.
Wer dauerhaft seine Arbeitszeit reduziert, senkt damit auch stark seine Rentenansprüche, vor allem Frauen. Warum ist das in Deutschland offenbar nicht Antrieb genug für mehr Wochenstunden und wie ließe sich das ändern?
Unser Gehirn ist stark auf kurzfristige Effekte ausgelegt, wir tun uns sehr schwer, Handlungen für etwas weit in der Zukunft abzuleiten. Die Steuererklärung zum Beispiel machen wir gern auf den letzten Drücker, obwohl wir monatelang Zeit dafür haben. Es hilft, sich positive wie negative Effekte auszumalen, um die eigene Motivation zu erhöhen. Ich würde Firmen empfehlen, ihre Mitarbeiter dazu zu beraten oder auf öffentliche Beratungsangebote hinzuweisen. Wir dürfen davon allerdings leider keinen allzu großen Effekt erwarten.
Ein in der Debatte vernachlässigter Grund für Teilzeit ist (Weiter-) Bildung, vor allem für Jüngere und Männer. Qualifizierung hilft wiederum gegen den Fachkräftemangel. Sollten Unternehmen in dem Fall Teilzeit nicht sogar fördern?
Es ist ein menschliches Bedürfnis, Neues zu lernen, sich weiterzuentwickeln. Ich würde Unternehmen sehr empfehlen, ihren Mitarbeitern anzubieten, dafür ihre Arbeitszeit vorübergehend zu senken, und die Weiterbildung vielleicht sogar finanziell zu fördern. Sinn macht das natürlich nur, wenn sich das Gelernte dann im Job auch anwenden lässt. In dem Fall handelt es sich um eine Win-win-Situation für alle.
Alexander Häfner ist Vorstandsmitglied der Sektion Wirtschaftspsychologie des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen.
Mit Alexander Häfner sprach Christina Lohner *** Quelle: ntv.de
ARBEITSWELT
US-Firmen kämpfen mit simuliertem Fleiß
Mausbewegungen, Tastaturanschläge, Präsentationen – aber der Mitarbeiter sitzt gar nicht vor dem Computer, sondern macht ein Nickerchen oder hängt Wäsche auf. In den USA schlagen sich Firmen zunehmend mit dem Phänomen herum, dass Beschäftigte im Homeoffice mit kreativen Techniklösungen Betriebsamkeit simulieren.
Einige hat das sogar ihren Job gekostet. Der vorgetäuschte Fleiß ist allerdings auch das Ergebnis eines gestiegenen Kontrollbedürfnisses der Unternehmen in Zeiten von mobiler Arbeit. Die bekannte Großbank Wells Fargo entließ im Mai mehrere Dutzend Angestellte. Der Vorwurf: „Simulierte Tastaturaktivität, die den Eindruck von aktiver Arbeit vermittelt.“ Wells Fargo dulde „kein unethisches Verhalten“, erklärte die Bank.
Internetshops und Videoplattformen wie TikTok und YouTube sind voll von Geräten, Softwarelösungen und Ratschlägen, wie sich Aktivität am Rechner oder an anderen von der Firma bereitgestellten Geräten simulieren lässt. Meist soll so verhindert werden, dass der Computer in den Ruhemodus wechselt, den Bildschirmschoner aktiviert oder den Status in Konferenzen von „aktiv“ auf „inaktiv“ wechselt.
Verstärkte Kontrolle durch Arbeitgeber
Arbeitgeber wiederum haben mehreren US-Studien zufolge die Kontrollen ihrer Beschäftigten im Zuge von Homeoffice und mobiler Arbeit drastisch erhöht. So stieg etwa die Nachfrage nach Software zur Desktopüberwachung, zur Verfolgung von Tastatureingaben und sogar zur GPS-Ortung der Beschäftigten seit der Pandemie deutlich an.
Nicht zuletzt kann das Ganze auch nach hinten losgehen: Das Magazin „Harvard Business Review“ stellte in einer Umfrage fest, dass überwachte Beschäftigte besonders häufig dazu tendieren, unerlaubte Pausen einzulegen und Anweisungen zu missachten. *** ed, ORF.at/Agenturen
UNTERNEHMEN
Shell schreibt bis zu 2 Mrd Dollar ab – schwache Marktbedingungen
Shell rechnet mit Abschreibungen von bis zu 2 Milliarden US-Dollar nach Steuern, nachdem, der Bau einer großen Biokraftstoffanlage verschoben werden muss, während der Handel in der Gassparte des Unternehmens rückläufig ist. Europas Energiekonzerne kämpfen derzeit mit schwachen Marktbedingungen. Der britische Energieriese teilte mit, dass er mit einer Abschreibung nach Steuern zwischen 1,5 und 2 Milliarden US-Dollar rechnet, die hauptsächlich auf die Unterbrechung des Baus seiner Biokraftstoffanlage in Rotterdam sowie auf den Verkauf seiner Chemieraffinerie in Singapur zurückzuführen ist.