Tagesblick – 3.9.2025 Mittwoch

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FAZIT DES TAGES – oder: Nachrichten aus dem irrwitzigen Weltzirkus

  • ISRAEL-HAMAS-HISBOLLA-KRIEG: Massives Rekrutierungsproblem der israelischen Armee.
    Gaza-Offensive hat begonnen.
    Zwei-Staaten-Lösung in weiter Ferne – ANALYSE
  • UKRAINE-KRIEG: Weitere kräftige ukrainische Nadelstiche.
    Massiver russischer Drohnen Angriff großteils abgewehrt.
    Tricks der Schattenflotte – HINTERGRUND
    Fakenews: Selensky als Milliardär eine Schimäre. – ANALYSE
  • INTERNATIONAL Autokraten auf Sicherheitskonferenz mimen ein Herz und eine Seele.
  • USA: Gericht unterbindet Einsatz der Nationalgarde in Los Angeles.
  • CHINA als unterschätzter Machtfaktor – KOMMENTAR
  • INDONESIEN zunehmend im Strudel religiöser Konflikte – HINTERGRUND
  • TÜRKEI schielt auf Machteinfluss in Südkaukasien
  • EU: Gestörter Flug von von der Leyen wird nicht weiter untersucht.
  • UNGARN: Orban droht ein „Schloss“-Skandal
  • GRIECHENLAND: die EU betrügenden Schlauköpfe sind aufgeflogen.
  • SERBIENs Vucic nimmt letzte freie Presse in die Kandare.
  • DEUTSCHLAND: Miese Aussichten für Autozulieferer.
    Darbendes Gastgewerbe will Mehrwertsteuersenkung.
    Deutsche Teilzeitquote angestiegen.
    Rückbau des Sozialstaats unumgänglich – KOMMENTAR
  • ÖSTERREICH: Regierung stellt Wirtschaftsprogramm vor.
    Kärntner Kleinmut verhindert Aufschwung.
    Bleiburger Wiesenmarkt in Bildern und Videos.
  • Weitere COMMENTS vorhanden

MÄRKTE – Zinsfurcht und Inflationsangst sorgen für Renditesprung bei Anleihen und DAX-Rutsch.

WIRTSCHAFTSMELDUNGEN IM ÜBERBLICK – USA: Bessere Wirtschaftsaussichten (ISM, S&P). CHINA: Freundlicher Wirtschaftsindex. EUROLAND: Inflation nimmt etwas zu. DEUTSCHLAND: Autoindustrie schöpft Hoffnung, Chemie-Branche jammert.

THEMENREIGEN – MEDIZIN: Gemüse und Obst als Schlüssel für die Gesundheit. Herzinsuffizienz und Zuviel an Fettgewebe. UMWELT: Fleischfressende Made bedroht Viehwirtschaft. IT/KI: Chatbots als „Menschen“. Ungeliebte digitale Einkaufstools. Selbstfahrender Bus übersah rote Ampel.

Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!

Apropos Weltzirkus: Zirkus ist was für Kinder und Junggebliebene, Staunen und Lachen über die Clowns! Im Weltzirkus tummeln sich viele Zauberkünstler und Clowns. Lachen wir also, Lachen ist die beste Medizin gegen Depressionen. 

EMPFEHLUNG

INFORADIO als Nachrichtensender am laufenden Band ist mit einem DAB-fähigen Radio zu empfangen. Es wird betrieben von RTR – KommAustria.

Das INFORADIO ist eine wertvolle Ergänzung zu anderen Agenturmeldungen und zum ORF.

Dazu allerdings ca. 15 bis 20 Minuten Zeit für konzentriertes Zuhören einplanen.

MÄRKTE

DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen

DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures

COMMENT: Wichtiger Trendbruch im DAX: mit gestrigem Handelstag durchbrach der DAX die Unterstützungslinie des aufsteigenden Wimpels, der durch die beiden blauen Geraden angedeutet ist. Die Wimpelformation wurde damit nicht zu Ende geführt. Gleichzeitig durchbrach der DAX erstmals am Freitag, nun auch am Dienstag die Linie des gleitenden Durchschnitts für 100 Tage. Charttechnisch könnte einer längere Korrekturphase eingeleitet worden sein.

07:15MÄRKTE ASIEN/Verluste querbeet – Gute Konjunkturdaten gehen unter425Dow Jones News
06:33EUREX/Bund-Future im Frühhandel weiter abwärts423Dow Jones News
06:33EUREX/DAX-Future im frühen Handel knapp behauptet428Dow Jones News
DiNACHBÖRSE/XDAX +0,5% auf 23.616 Pkt – Conti schwächer1.297Dow Jones News
DiMÄRKTE USA/Höhere Marktzinsen und Sorge um Fed-Unabhängigkeit belasten1.064Dow Jones News
DiAktien New York Schluss: Steigende US-Zinsen und Tech-Schwäche belasten1.050dpa-AFX
DiDevisen: Euro fällt zum US-Dollar weiter zurück561dpa-AFX
DiMÄRKTE EUROPA/Sehr schwach – Rendite- und Inflationsangst654Dow Jones News
DiUS-Anleihen: Kursverluste – Globale Unsicherheit an Anleihemärkten NEW YORK (dpa-AFX) – Die Kurse von US-Staatsanleihen haben am Dienstag nachgegeben. Der Terminkontrakt für zehnjährige Papiere (T-Note-Future) fiel um 0,29 Prozent auf 112,16 Punkten. Die Rendite der zehnjährigen Anleihe stieg im Gegenzug auf 4,277 Prozent. Die Unsicherheit vom europäischen Anleihemarkt wirkte sich auch auf den US-Markt aus. So war in Großbritannien die Rendite von dreißigjährigen Staatsanleihen auf den höchsten Stand seit dreißig Jahren gestiegen. Die Entwicklung an anderen europäischen Märkten war ähnlich. …424dpa-AFX
DiAktien Wien Schluss: ATX unter Druck424dpa-AFX
DiAktien Schweiz schließen leichter – CEO-Abgang belastet Nestle465Dow Jones News
DiAktien Europa Schluss: Frankreichs Schulden drücken auf die Kurse397dpa-AFX
DiDax lässt kräftig nach – Rheinmetall und Symrise trotzen Abverkauf568dts Nachrichtenagentur
DiDeutsche Anleihen: Kursverluste – Höhenflug der langlaufenden Renditen hält an FRANKFURT (dpa-AFX) – Die Kurse deutscher Staatsanleihen haben am Dienstag erneut nachgegeben. Der Höhenflug der langlaufenden Renditen setzt sich damit fort. Der richtungweisende Euro-Bund-Future fiel um 0,34 Prozent auf 128,79 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen stieg im Gegenzug auf 2,78 Prozent. Die Rendite dreißigjähriger Bundesanleihen erreichte den höchsten Stand seit 2011. In der Spitze kletterte sie bis auf 3,41 Prozent. Auch in Frankreich, Großbritannien und den USA legten die Renditen deutlich zu. Im Blick bleibt auch die schwierige politische Lage in Frankreich. Das drohende Ende der französischen Regierung sorgt für Verunsicherung. Anfang der vergangenen Woche hatte Frankreichs Premier François Bayrou angekündigt, im Streit um den von ihm vorgelegten Sparhaushalt am Montag (8. September) im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Erwartet wird der Sturz der Mitte-Rechts-Regierung, die in der Nationalversammlung keine Mehrheit hat. Zudem haben die Gewerkschaften landesweite Streiks und Kundgebungen gegen den Sparkurs der Regierung angekündigt. Die Renditen von französischen Staatsanleihen stiegen zuletzt stärker als in den anderen Ländern der Eurozone. Derzeit liegen die französischen Renditen über denen von Griechenland. Die in der Eurozone etwas gestiegene Inflationsrate bewegte kaum. Die Verbraucherpreise sind im August im Jahresvergleich um 2,1 Prozent gestiegen. Im Vormonat hatte die Rate noch bei 2,0 Prozent gelegen. Volkswirte hatten dies im Schnitt erwartet. Die EZB strebt auf mittlere Sicht eine Inflationsrate von zwei Prozent an. „Wir rechnen nicht damit, dass die EZB in diesem Jahr nochmals tätig wird“, kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Auf mittlere Sicht könnten nach den jüngsten Senkungen wieder Zinserhöhungen auf der Agenda stehen./jsl/jha/421dpa-AFX
DiAktien Frankfurt Schluss: Dax sackt ab – Risiken und steigende Zinsen398dpa-AFX

GESELLSCHAFTSSEISMOGRAPH BÖRSEN

findet sich am Ende des Tagesblicks

HELLMEYER-REPORT (Märkte u.a.m.)

Sommerferien – der Report entfällt bis Sonntag, 14.9.2025.

ZENTRALBANKEN

WIRTSCHAFTSMELDUNGEN IM ÜBERBLICK

09:19China: RatingDog-Einkaufsmanagerindex für Service-Sektor steigt unerwartetdpa-AFX
09:03VCI: Rückschlag für die Chemie – Keine Trendwende im InlandDow Jones News
08:15Ifo-Institut: Stimmung in der Autoindustrie deutlich verbessertDow Jones News
06:57PRESSESPIEGEL/Zinsen, Konjunktur, Kapitalmärkte, BranchenDow Jones News
DiÜBERBLICK am Abend/Konjunktur, Zentralbanken, PolitikDow Jones News
DiISM-Index für US-Industrie steigt im August stärker als erwartetDow Jones News
DiS&P Global: Aktivität in US-Industrie zeigt im August BelebungDow Jones News
DiUSA: ISM-Einkaufsmanagerindex für die Industrie hellt sich etwas aufdpa-AFX
DiEU treibt südamerikanisches Handelsabkommen voranDow Jones News
DiÜBERBLICK am Mittag/Konjunktur, Zentralbanken, PolitikDow Jones News
DiBanken fragen 2,827 Milliarden Euro weniger EZB-Liquidität nachDow Jones News
DiTABELLE/EU-Verbraucherpreise August nach Ländern (Vorabschätzung)Dow Jones News
DiEurozone-Inflation steigt im August auf 2,1 ProzentDow Jones News
DiÜBERBLICK am Morgen/Konjunktur, Zentralbanken, PolitikDow Jones News

ISRAEL-IRAN-HAMAS-HISBOLLAH-KRIEG

ISRAEL-IRAN-KRIEG im n-tv Liveticker

ISRAEL – NAHOST-KONFLIKT im n-tv Liveticker

03.09.2025 06:57

„Wir sterben grundlos“ Israels Armee hat ein Problem

Die israelische Offensive gegen die Stadt Gaza beginnt. Dafür muss die Armee erneut eine große Menge Reservisten einberufen. Doch der Gegenwind aus der Bevölkerung wird immer größer. Die Menschen halten den Krieg für sinnlos und üben scharfe Kritik an ihrer Regierung.

02.09.2025 10:36

Nach erzwungener Rückkehr Flotte mit Thunberg bricht erneut nach Gaza auf

Bereits am Sonntag wollen Hunderte propalästinensische Aktivisten in Richtung Gazastreifen segeln. Doch das Wetter macht ihnen einen Strich durch die Rechnung. Nun wagt die Hilfsflotte „Global Sumud Flotilla“ einen neuen Versuch, das Kriegsgebiet zu erreichen.

ISRAEL – NAHOST-KONFLIKT im FAZ-Liveblog

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat in einer Videobotschaft an die Soldaten erklärt, das Land stehe vor der entscheidenden Phase des Gaza-Krieges.

„Wir führen einen hartnäckigen und gerechten Krieg, der seinesgleichen sucht“, sagte er. „Was in Gaza begann, muss in Gaza enden.“

Zuvor hatte Generalstabschef Ejal Zamir bei einem Treffen mit Reservisten eine Verstärkung des israelischen Militäreinsatzes im Gazastreifen angekündigt. „Wir haben die Bodenoperation in Gaza bereits begonnen“, sagte er. „Wir dringen bereits in Gebiete vor, die wir noch nie zuvor betreten haben.“ Die Hamas werde sich nirgendwo verstecken können, sagte Zamir. „Wir werden den Krieg nicht beenden, bis wir diesen Feind besiegt haben.“

Das Militär hatte am Dienstag mit der Einberufung von zusätzlichen Reservisten begonnen. Zuvor war bereits die Einberufung von 60.000 Reservisten zur Einnahme der Stadt Gaza angekündigt worden.

Die internationale Luftbrücke zur Versorgung der Menschen im Gazastreifen ist derzeit ausgesetzt.

Das berichten israelische Medien am Dienstag. Jordanien und Ägypten hätten keine neuen Anfragen für weitere Lieferungen gestellt, meldet der Sender KAN unter Berufung auf israelische Stellen. Der Abwurf von Hilfsgütern hatte vor anderthalb Monaten in Abstimmung mit der israelischen Koordinationsbehörde COGAT begonnen. Unter Leitung von Jordanien hatten sich auch europäische Länder an der Luftbrücke beteiligt. Die deutsche Luftwaffe war mit zwei Maschinen im Einsatz.

Das israelische Militär hat nach Angaben der UN-Friedenstruppe UNIFIL im Libanon mit Drohnen Granaten in der Nähe von UNIFIL-Soldaten abgeworfen.

Die Soldaten seien dabei gewesen, Straßensperren zu beseitigen, die den Zugang zu einer ihrer Stellungen versperrt hätten, teilt UNIFIL mit. „Dies ist einer der schwerstwiegenden Angriffe auf Personal und Eigentum der UNIFIL seit der Vereinbarung zur Einstellung der Feindseligkeiten im vergangenen November.“ Eine Granate sei im Umkreis von 20 Metern und drei seien im Umkreis von etwa 100 Metern um UN-Personal und -Fahrzeuge eingeschlagen. Das israelische Militär sei vorab über die Räumungsarbeiten in dem Gebiet südöstlich des Dorfes Marwahin informiert worden. 

Vergangene Woche hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) den Friedenseinsatz im Libanon einstimmig bis Ende 2026 verlängert. Danach soll ein einjähriger geordneter und sicherer Abbau und Abzug der Truppen beginnen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron bezeichnet die US-Entscheidung, palästinensischen Vertretern die Visa für die UN-Vollversammlung zu verweigern, als „inakzeptabel“.

Sie müsse zurückgenommen werden, schreibt er auf der Online-Plattform X. Die USA haben Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und rund 80 weiteren Vertretern die Einreise verwehrt. Die Vertretung der Palästinenserregierung bei den UN soll von der Maßnahme ausgenommen sein.

Die Huthi-Miliz in Jemen hat nach eigenen Angaben ein Schiff im Roten Meer angegriffen.

Auf das Schiff seien wegen seiner Verbindung zu Israel zwei Drohnen und eine Rakete abgeschossen worden, teilt die vom Iran unterstützte Gruppe mit. Eine Bestätigung des Angriffs von Schifffahrts-Behörden liegt zunächst nicht vor. Israel hat in der vergangenen Woche den Ministerpräsidenten der Huthi-Regierung bei einem Angriff auf die Hauptstadt Sanaa getötet.

WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN

06:35ROUNDUP: Israels Armee erlebt vor Gaza-Offensive Mobilisierungskrise323dpa-AFX
DiIsraels Generalstabschef: Haben mit Operation Gaza begonnen262dpa-AFX
DiTrump: Israel büßt im Gaza-Krieg an Ansehen ein256dpa-AFX

KOMMENTAR – ANALYSE – HINTERGRUND

ANALYSE – Zwei-Staaten-Lösung ferner denn je: Bauliche Fakten schaffen Realpolitik. Das Westjordanland steht an einem Wendepunkt – NZZ, 2.9.2025

Ausufernde Gewalt auf beiden Seiten, umstrittene Bauvorhaben und die Angst vor einem Palästinenserstaat. Die Lage im Westjordanland könnte jederzeit explodieren. Was wären die Folgen?

  • Kurzgefasst: Die Zweistaatenlösung wird durch aktuelle Baupläne Israels im Westjordanland immer mehr zur Unmöglichkeit.
  • Geopolitische Einschätzung: Die Sicherheitslage im Nahen Osten wird weiter destabilisiert.
  • Blick voraus: Für Palästinenser und Israeli dürfte die Gewalt durch radikale Kräfte weiter eskalieren.

Die entscheidende Frage lautet schon lange nicht mehr, ob Israel im Westjordanland Siedlungen baut, sondern, welche räumliche und politische Ordnung daraus folgt.

Seit Ende 2023 hat die Gewalt im Westjordanland deutlich zugenommen, radikale Siedler gehen immer brutaler in palästinensischen Dörfern vor, palästinensische Extremisten bekommen Zulauf von jungen Männern. Israel führte Anfang 2025 grossangelegte Operationen etwa in Jenin und Tulkarem durch. Dortige Einsätze und die anhaltende Präsenz der Armee haben die Lage vor Ort radikal verändert.

Mittlerweile hält die Armee teilweise dauerhaft Positionen in Flüchtlingslagern, Berichte zeichnen das Bild von zerstörter Infrastruktur und Tausenden Vertriebenen. Erst kürzlich vernichtete die israelische Armee 3000 Olivenbäume nahe dem palästinensischen Dorf al-Mughayyir, angeblich, weil sie in diesem Gebiet ein «Sicherheitsrisiko» darstellten. Extremisten beider Seiten treffen dort immer wieder aufeinander. Israelische Kritiker des Vorgehens sehen darin eine unzulässige Kollektivstrafe.

Parallel dokumentieren die Vereinten Nationen eine Rekordwelle an Übergriffen durch israelische Siedler: Seit Anfang des Jahres 2024 habe es mehr als 1000 Vorfälle von Siedlergewalt gegeben, allein im ersten Quartal 2025 sei es zu Hunderten Fällen gekommen. Diese Angriffe zerstören landwirtschaftliche Existenzen, Infrastruktur und das Sicherheitsgefühl in ganzen Dörfern. Die Summe aus Militäraktionen, Siedlerübergriffen und palästinensischen Gegenangriffen lässt die Gewalt immer weiter eskalieren.

Bauliche Fakten schaffen Realpolitik

Der jüngste Vorstoss Israels im Westjordanland ist das sogenannte E1-Gebiet zwischen Ostjerusalem und der Stadt Maale Adumim. Israel will dort in grossem Stil bauen. E1 ist mit zwölf Quadratkilometern zwar recht klein, doch es würde eine feste Verbindung zwischen Jerusalem und Maale Adumim schaffen. Kritiker sprechen von einem Keil, der das Westjordanland endgültig in Nord und Süd trennt und Ostjerusalem als potenzielle palästinensische Hauptstadt vom restlichen palästinensischen Gebiet isoliert.

Das Westjordanland wäre dann nur noch ein Flickenteppich aus Enklaven. Bewegungs- und Versorgungsachsen liessen sich zwar technisch erhalten, politisch jedoch entstünde eine Situation, in der jegliche palästinensische Mobilität von israelischen Verkehrskontrollen abhängig wäre. Wer die Souveränität über Knotenpunkte innehat, macht Staatenpolitik durch Raumplanung.

Bauliche Fakten schaffen Realpolitik, die Idee einer Zweistaatenlösung wäre nicht nur politisch, sondern auch rein faktisch am Ende. Internationale Symbolpolitik wie die Anerkennung eines Palästinenserstaates ändert daran wenig.

E1 steht für ein verändertes geopolitisches Klima

Schon in den 1990er Jahren stand E1 auf der Agenda, doch massiver Druck aus Washington verhinderte die Umsetzung, weil es das Projekt als Todesstoss für eine Zweistaatenlösung ansah. Dass die israelische Regierung nun die praktische Umsetzung wagt, verweist auf ein verändertes geopolitisches Klima.

Die USA sind innenpolitisch absorbiert, Präsident Trump kümmert sich im Augenblick vorrangig um Russland und lässt Netanyahu bis heute stets tun, was dieser will. Europa ist ebenfalls durch den Ukraine-Krieg und eigene Krisen gebunden. Die arabischen Staaten verfolgen ihre eigenen Interessen, zu denen mittelfristig auch wirtschaftliche und militärische Kooperationen mit Israel gehören.

Eine Realisierung von E1 dürfte die Spannungen im gesamten Westjordanland nur weiter schüren. Was könnte passieren, sollte Israel den Plan wirklich umsetzen?

  • Die Gewalt eskaliert. Eine koordinierte Massen-Intifada wie 1987 ist zwar unwahrscheinlich, dazu ist die palästinensische Gesellschaft zu fragmentiert, die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) zu geschwächt. Doch regelmässige Proteste, Streiks und Anschläge einzelner Gruppen sind möglich. Anders als bei den beiden Intifadas zuvor wären die Aktionen und Angriffe diesmal eher dezentral, von Milizen getragen und schwer greifbar – was die Krise verlängern und das Vorgehen der israelischen Armee verschärfen dürfte.
  • Die Palästinensische Autonomiebehörde kollabiert. Ökonomisch und administrativ ist die PA bereits jetzt am Ende. Analysen der Weltbank zeigen einen starken Rückgang der Wirtschaftsleistung und eine fiskalische Schieflage, die Lohnzahlungen und staatliche Dienste unter Druck setzt. In Ramallah und Nablus berichten Beamte von monatelangen Verzögerungen bei Gehältern. Israel verweigert zudem seit Mai die Übergabe von Steuergeldern an die PA. Die Legitimität der Autonomiebehörde schwindet, ein Machtvakuum wächst. Verschiedene Akteure und Milizen nutzen das aus, zu denen neben der Hamas und dem Islamischen Jihad auch lokale Gruppen gehören.

    Fällt die PA aus, gibt es zwei Alternativen, die beide schlecht wären: Israel übernimmt die volle administrative Verantwortung für das Westjordanland, oder lokale Islamisten und Milizen füllen das Vakuum, womit die Fragmentierung der palästinensischen Gesellschaft zur Normalität würde. Dies ginge mit dem Zusammenbruch der palästinensischen Institutionen einher. Das käme den Radikalen in der israelischen Regierung entgegen, da die Palästinenser politisch ohnmächtig würden.
  • Israel verwaltet den Konflikt. Das ist das wahrscheinlichste Szenario. Israel behält die faktische Kontrolle über das Westjordanland, die PA existiert als Dienstleister weiter, lokale Gewalt flackert immer wieder auf. Keine Seite findet eine politische Antwort, und die Region bleibt weiterhin in einem Zustand der dauerhaften Unsicherheit.

Israels Vorgehen verunsichert die ganze Region

Das Vorgehen Israels im Westjordanland könnte die gesamte Region destabilisieren.

Das Nachbarland Jordanien sieht die territoriale Integrität des Westjordanlands als sicherheitsrelevant für sich selbst. Eine vollständige Abriegelung Ostjerusalems könnte die fragile innenpolitische Balance in Jordanien bedrohen. Auch die Golfstaaten stehen vor einem Dilemma: Sie haben in den letzten Jahren ihre Beziehungen zu Israel normalisiert, können aber innenpolitisch eine vollständige Preisgabe palästinensischer Interessen nicht vertreten. Das für alle so wichtige Abraham-Abkommen stünde womöglich auf dem Prüfstand, wahrscheinlich aber ohne echte Konsequenzen, dazu ist es allen Beteiligten zu wichtig.

Die Situation verschlechtert sich für alle

Für Israel mag die Spaltung des Westjordanlandes eine strategische Absicherung sein, von den religiösen Komponenten der Siedlungsbewegung einmal abgesehen. Für die Palästinenser bedeutet es die weitere, möglicherweise endgültige Aushöhlung politischer Perspektiven. Für die Nachbarstaaten wird das Vorgehen Israels zum politischen Problem.

International liegt die Herausforderung darin, verbindliche Instrumente zu finden, die Raum- und Bauplanung als das anerkennen, was sie ist: als politisches Mittel zur Verschiebung von Grenzen. Das könnte den Raum für Verhandlungen öffnen.

Sonst droht eine lange Periode der verwalteten Gewalt. Für die Menschen heisst das nichts anderes als eine weitere Verschlechterung ihrer Lebensqualität. Für Israeli und Palästinenser.

URAINE-KRIEG im n-tv Liveticker

Detaillierte Meldungsübersicht. Daraus eine Auswahl:

+++ 09:49 Ukrainische Marine zerstört weiteres Schnellboot der russischen Schwarzmeerflotte +++

Die Seestreitkräfte der ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben ein weiteres Schnellboot der russischen Schwarzmeerflotte zerstört. Das teilt Vizeadmiral Oleksii Neizhpapa, Kommandeur der ukrainischen Marine, bei Facebook mit und veröffentlicht ein Video dazu, das den Angriff zeigen soll. „Die Marine hat ein weiteres Schnellboot der russischen Schwarzmeerflotte zerstört, das versuchte, eine Luftlandetruppe zur Tendra-Nehrung zu bringen. Sieben Besatzer wurden eliminiert und vier weitere verletzt“, so der Kommandeur. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

+++ 09:17 Mehr als 500 Drohnen und Raketen: Ukraine erlebt massive Luftangriffe in der Nacht +++
Die russische Armee hat die Ukraine in der Nacht laut Militärangaben aus Kiew massiv mit mehr als 500 Drohnen und Marschflugkörpern angegriffen. Wie die ukrainische Luftwaffe morgens mitteilt, konnten 430 Drohnen und 21 von 24 Marschflugkörpern abgefangen werden. An 14 Orten habe es aber Einschläge gegeben.

+++ 08:32 Putin dankt Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un für militärische Hilfe bei Kämpfen in Kursk +++
Der russische Präsident Wladimir Putin dankt dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un für seine militärische Hilfe im Ukraine-Krieg gedankt. Die beiden sind am Rande der Feiern zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Peking aufeinandergetroffen. Kim hatte Moskau für die Rückeroberung der russischen Grenzregion Kursk mehrere tausend nordkoreanische Soldaten zur Verfügung gestellt, nachdem die Ukraine vor einem Jahr bei einer überraschenden Gegenoffensive vorgestoßen war. Kim versichert Putin Nordkoreas Bereitschaft, Russland so weit wie möglich zu helfen, und spricht sich für eine weitere Vertiefung der Beziehungen in mehreren Bereichen aus. Beide heben den Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit hervor.

„Nachgiebigkeit fehl am Platz“ Merz nennt Putin „vielleicht schwersten Kriegsverbrecher unserer Zeit

+++ 08:04 Explosionen in neun Regionen in der Nacht: Mehrere Verletzte bei russischen Luftangriffen in der Ukraine +++
Russland hat die Ukraine in der Nacht erneut aus der Luft angegriffen. Dabei wurden in der zentralukrainischen Region Kirowohrad mehrere Menschen verletzt, darunter vier Bahnarbeiter wie die Behörden mitteilen. Zudem wurden mehrere Häuser und auch Bahnanlagen beschädigt. Das staatliche Bahnunternehmen warnt, dass es wegen der Schäden zu Verspätungen bei zahlreichen Verbindungen kommen könne. In der westlichen Stadt Chmelnyzkyj gibt es den Behörden zufolge Brände und Schäden an Wohngebäuden und anderen Einrichtungen. Ukrainischen Angaben zufolge dauerte der Luftalarm stundenlang an. Explosionen seien in neun der 24 Regionen des Landes zu hören gewesen, von der Hauptstadtregion Kiew bis Lwiw und Wolyn im Westen. Das benachbarte Polen ließ zum Schutz des eigenen Luftraums Kampfflugzeuge aufsteigen.

+++ 07:29 Jahrelang von Eltern getrennt: Erneut kehren von Russland verschleppte Kinder in die Ukraine zurück +++
Eine weitere Gruppe verschleppter Kinder und Jugendliche ist in die Ukraine zurückgekehrt. Die ukrainischen Kinder im Alter von 3 bis 18 Jahren wurden im Rahmen der Initiative „Bring Kids Back UA“ des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aus vorübergehend von Russland besetzten Gebieten und direkt aus Russland zurückgebracht. Das berichtet der Leiter des Präsidialamts, Andriy Yermak, bei Telegram. „Jahrelang lebten sie unter Druck und Angst. Die Besatzer zwangen sie, russische Schulen zu besuchen, bedrohten und erniedrigten ihre Eltern“, sagte Yermak. Demnach befand sich unter den Geretteten auch eine Mutter mit ihren zwei Söhnen. Sie sei ihrer ukrainischen Dokumente beraubt und nach Russland „abgeschoben“ worden. Zwei Mal versuchten sie, auf eigene Faust nach Hause zurückzukehren. Erst beim dritten Versuch und mit Hilfe der Initiative gelang der Familie die Flucht. Unter den restlichen Kindern sei auch eines mit einer Behinderung, das jahrelang ohne angemessene Behandlung und Medikamente in den besetzten Gebieten leben musste.

+++ 06:14 Moskau: Russland und USA planen nächste bilaterale Gesprächsrunde +++
Russland und die USA stimmen sich derzeit nach Angaben des russischen Außenministeriums über einen Termin und einen Ort für die nächste Runde bilateraler Gespräche ab. Das meldet die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria unter Berufung auf die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa.

+++ 04:42 Russland greift Westukraine an – Polen sichert eigenen Luftraum +++
Polen hat Flugzeuge zur Sicherung des polnischen Luftraums aktiviert. Russland habe in der Nacht Luftangriffe auf die Westukraine nahe der Grenze zu Polen gestartet, teilt das Einsatzkommando der polnischen Streitkräfte auf X mit. „Um die Sicherheit des polnischen Luftraums zu gewährleisten, sind polnische und verbündete Flugzeuge intensiv in unserem Luftraum im Einsatz, während bodengestützte Luftabwehr- und Radaraufklärungssysteme höchste Einsatzbereitschaft erreicht haben“, heißt es. Um 2.40 Uhr wurde für die gesamte Ukraine Luftangriffsalarm ausgelöst, nachdem die ukrainische Luftwaffe vor russischen Raketen- und Drohnenangriffen gewarnt hatte.

+++ 02:58 Russland will Indien weitere S-400-Raketensysteme liefern +++
Moskau und Neu-Delhi verhandeln laut einem russischen Verteidigungsexportbeamten über verstärkte Lieferungen russischer Boden-Luft-Raketensysteme des Typs S-400 an Indien. „Es besteht die Möglichkeit, unsere Zusammenarbeit auch in diesem Bereich zu erweitern. Das bedeutet neue Lieferungen. Im Moment befinden wir uns in der Verhandlungsphase“, zitiert die Nachrichtenagentur Tass den Leiter des russischen Föderalen Dienstes für militärisch-technische Zusammenarbeit, Dmitri Schugajew. Indien hat 2018 mit Russland einen Vertrag im Wert von 5,5 Milliarden Dollar über fünf Boden-Luft-Raketensysteme des Typs S-400 mit großer Reichweite unterzeichnet. Neu-Delhi benötigt diese, um nach eigenen Angaben einer Bedrohung durch China zu begegnen. Die Auslieferung der Systeme hat sich jedoch mehrfach verzögert. Es wird erwartet, dass Moskau 2026 und 2027 Einheiten der letzten beiden S-400-Systeme an Indien liefert.

+++ 01:41 Lawrow: Frieden nur, wenn „neue territoriale Realitäten“ anerkannt werden +++
Laut dem russischen Außenminister Sergej Lawrow erwartet Moskau eine Fortsetzung der Gespräche zwischen Russland und der Ukraine. Dabei müssten neue Systeme von Sicherheitsgarantien geschaffen werden, so Lawrow in einer Stellungnahme, über die die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtet. Laut Lawrow sollten für einen dauerhaften Frieden „neue territoriale Realitäten“ anerkannt und international rechtlich formalisiert werden, so die Agentur weiter.

+++ 00:23 Merz will Russland „ökonomisch erschöpfen“ +++
Kanzler Merz nennt Russlands Präsidenten Wladimir Putin „den vielleicht schwersten Kriegsverbrecher unserer Zeit“. Nachgiebigkeit sei fehl am Platz, sagt der CDU-Vorsitzende den TV-Sendern ProSiebenSat1.“Ich habe keine Veranlassung, Putin an irgendeiner Stelle Glauben zu schenken.“ Der russische Präsident sehe im Augenblick überhaupt keinen Grund, sich einem Waffenstillstand oder gar einem Friedensabkommen mit der Ukraine zu nähern. „Den Grund müssen wir schaffen. Militärisch wird das schwierig, aber ökonomisch kann das gehen.“ Man müsse dafür sorgen, dass Russland nicht mehr in der Lage sei, seine Kriegswirtschaft aufrechtzuerhalten. „Ich spreche in diesem Zusammenhang von einer ökonomischen Erschöpfung, die wir mit herbeiführen müssen.“ Dies gehe etwa durch Zölle gegen diejenigen, die immer noch mit Russland Handel treiben.

+++ 22:15 Selenskyj: Russland zieht Truppen an Front zusammen +++
Russland zieht nach den Worten von Präsident Selenskyj an bestimmten Frontabschnitten neue Truppen zusammen und fliegt weiterhin Angriffe auf ukrainische Ziele. Putin wolle sich nicht zu einem Frieden zwingen lassen, sagt Selenskyj in seiner nächtlichen Videoansprache. Die Ukraine werde darauf reagieren.

+++ 21:38 Mord an Kiews Ex-Parlamentspräsident: Täter fordert Auslieferung nach Russland +++
Nach dem Attentat auf den ehemaligen ukrainischen Parlamentspräsidenten Andrij Parubij hat der von der Polizei gefasste Verdächtige die Tat gestanden – und dabei jedwede Zusammenarbeit mit russischen Geheimdiensten bestritten. Der 52-jährige Verdächtige äußert sich während einer Gerichtsanhörung. Vor Journalisten sagt er: „Ja. Ich gebe zu, ihn getötet zu haben.“ Er wolle nun lediglich, dass „möglichst schnell ein Urteil gefällt wird“. Er werde fordern, als Teil eines Kriegsgefangenenaustauschs nach Russland reisen zu können, um dann dort den Leichnam seines Sohnes zu suchen.

Verbindung nach Moskau geleugnet Mord an ukrainischem Politiker: Täter nennt Motiv

+++ 21:02 Trump: Bin sehr enttäuscht von Putin +++
US-Präsident Donald Trump zeigt sich ernüchtert von Russlands Staatschef Wladimir Putin. „Ich bin sehr enttäuscht von Präsident Putin, das kann ich sagen, und wir werden etwas tun, um den Menschen zu helfen, zu leben“, sagt er in einem Radio-Interview. Gegenüber Moderator Scott Jennings beklagt Trump, dass „tausende Menschen sterben, das ist ein Krieg, der keinen Sinn hat.“ Details, wie den Menschen in der Ukraine geholfen werden soll, nennt der US-Präsident nicht.

+++ 20:34 Nico Lange zu Sicherheitsgarantien: „Was Putin denkt, ist irrelevant“ +++
Der Sicherheits- und Verteidigungsexperte Nico Lange wundert sich über die aktuellen Debatten zu möglichen Friedenstruppen in der Ukraine. Denn die viel diskutierten Sicherheitsgarantien dürften nach Einschätzung des Strategen gar nicht mit Russlands Machthaber Putin besprochen werden.

Nico Lange von Debatte verwundert Sicherheitsgarantien – „Was Putin denkt, ist irrelevant“

+++ 19:56 Nato-Chef Rutte: Russische Raketen brauchen 5-10 Minuten um Den Haag oder Madrid zu erreichen +++
NATO-Generalsekretär Mark Rutte warnt, dass geografische Entfernungen keine Sicherheitsgarantie gegen russische Bedrohungen biete. „Wir stehen uns alle sehr nahe, insbesondere im Kontext der neuesten russischen Raketentechnologien“, sagt Rutte bei einer Pressekonferenz in Luxemburg. „Beispielsweise beträgt der Unterschied zwischen Litauen und Luxemburg, Den Haag oder Madrid derzeit fünf bis zehn Minuten – so lange dauert es, bis eine Rakete diese Teile Europas erreicht.“ Wir seien nun alle einer direkten Bedrohung durch Russland ausgesetzt. „Wir stehen jetzt alle an der Ostflanke, egal ob wir in London oder Tallinn leben – es gibt keinen Unterschied mehr.“

+++ 19:15 Mölling: „Eine EU-Friedenstruppe wird es nicht geben“ +++
Ein Waffenstillstand in der Ukraine ist zwar weiterhin nicht in Sicht, dennoch wird schon diskutiert, wie das Land danach durch Friedenstruppen gesichert werden könnte. Wie diese aussehen könnten und welche Bedingungen noch zu klären sind, erläutert Politikwissenschaftler Christian Mölling. „Fragezeichen“ in der Ukraine Mölling: „Eine EU-Friedenstruppe wird es nicht geben“ +++ 18:38 Ukrainische Behörde leitet Verbot größter orthodoxer Kirche ein +++
In der Ukraine hat das Amt für Nationalitäten- und Religionsfragen mit einer Klage vor Gericht das Verbot der größten orthodoxen Kirche wegen Verbindungen nach Moskau eingeleitet. Die Klage gegen die ukrainisch-orthodoxe Kirche sei bereits am Freitag vergangener Woche beim Obersten Verwaltungsgericht eingereicht worden, sagt Behördenchef Viktor Jelenskyj der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine. Er hoffe auf ein schnelles Verfahren. Der Verlust des juristischen Status für die Kirche werde bedeuten, dass deren Gemeinden nicht mehr zentralisiert organisiert werden können. Das bedeutet Jelenskyj zufolge jedoch nicht, dass die Kirchgemeinden in eine andere Kirche übertreten müssten. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche unterstand lange Zeit dem Moskauer Patriarchat. Der ukrainische Staat vermutet weiterhin enge Verbindungen der Kirche nach Russland. +++ 18:06 Weichert zu Kreml-Video: Russische Karte „soll Ukraine und Westen verunsichern“ +++
Auf dem Gipfel in China trifft der sonst reisescheue Putin auf gleich mehrere Verbündete im Krieg gegen die Ukraine. Eine Karte sorgt derweil für Spekulationen. ntv-Reporter Jürgen Weichert berichtet aus Poltava über die Stimmung in der Ukraine. Weichert zu Kreml-Video Russische Karte „soll Ukraine und Westen verunsichern“

+++ 15:45 Ukraine: Weiteres Dorf im Raum Pokrowsk befreit +++
Kiews Streitkräfte haben nach eigenen Angaben ein weiteres Dorf im Raum Pokrowsk befreit. Demnach gelang es ukrainischen Soldaten die russischen Truppen aus dem Dorf Udatschne zu vertreiben. „Zwei Wochen lang räumten Stoßtrupps nach und nach ein Haus nach dem anderen und hissten die ukrainische Flagge über dem Dorf“, sagt ein Militärsprecher in einem veröffentlichten Video des Generalstabs. Udatschne liegt etwa 10 Kilometer westlich der umkämpften Stadt Pokrowsk in der Region Donezk. Erst gestern meldete das ukrainische Militär die Befreiung des DorfesNowoekonomitschne östlich von Pokrowsk.

+++ 15:20 Merz schlägt Genf für Putin-Selenskyj-Gipfel vor +++
Bundeskanzler Friedrich Merz schlägt Genf als Ort für ein Gespräch zwischen den Präsidenten Russlands und der Ukraine vor. Er werde die Schweizer Stadt als Austragungsort für ein solches Gipfeltreffen auf der hybriden Konferenz der „Koalition der Willigen“ am Donnerstag empfehlen, sagt Merz nach einem Treffen mit der Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter in Berlin. Diese erklärt ihre Bereitschaft, dass ein solches Treffen stattfinden könne.

+++ 14:43 Putin fordert von der Slowakei Stopp von Energielieferungen an die Ukraine +++
Der russische Präsident Wladimir Putin lobt den russlandfreundlichen Kurs des slowakischen Regierungschefs Robert Fico und die „unabhängige“ Haltung seines Landes in der Ukraine-Politik. „Wir schätzen die unabhängige Außenpolitik sehr, die Sie, Ihr Team, Ihre Regierung verfolgen“, sagt Putin bei einem Treffen mit Fico in Peking. Der Kremlchef fordert Fico auf, die Energielieferungen der Slowakei an die Ukraine auszusetzen.

+++ 14:14 Geheimdienste und BKA warnen Bundesbürger vor russischen Anwerbeversuchen +++
Die Sicherheitsbehörden des Bundes warnen die Bevölkerung vor Anwerbeversuchen russischer Geheimdienste über soziale Medien. Hintergrund der Kampagne unter dem Motto „Kein Wegwerf-Agent werden!“ sind mehrere Fälle von Sabotage und Spionage, bei denen mutmaßlich sogenannte Wegwerf-Agenten eingesetzt wurden. So bezeichnet der Verfassungsschutz Menschen ohne nachrichtendienstliche Ausbildung, die Straftaten im Auftrag eines ausländischen Geheimdienstes verüben. Wie das Bundeskriminalamt (BKA) mitteilt, werden die Straftaten von den Handlangern teilweise gegen ein geringes Entgelt verübt und oft ohne zu wissen, wer die wahren Auftraggeber sind und welchem Zweck die Taten dienen. Aktuell werden laut der Mitteilung mehrere Verdachtsfälle von der Polizei bearbeitet, darunter Brandstiftungen, Drohnenüberflüge sowie verdächtiges Fotografieren.

+++ 14:00 Putin: Konsens zu Sicherheitsgarantien für Ukraine möglich +++
Nach Angaben von Russlands Präsident Wladimir Putin ist eine Einigung auf Sicherheitsgarantien für die von ihm überfallene Ukraine möglich. Solche Garantien seien Teil seines Gesprächs mit US-Präsident Donald Trump gewesen, sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge bei einem Treffen mit dem slowakischen Regierungschef Robert Fico. „Mir scheint, hier gibt es eine Möglichkeit, einen Konsens zu finden“, wird Putin in der Mitteilung zitiert. Das Treffen fand in Peking statt, wo beide Politiker einer großen chinesischen Militärparade zum Jubiläum des Weltkriegsendes beiwohnen wollen.

+++ 13:48 Erdogan: Russland und Ukraine sind noch nicht bereit für Gipfeltreffen +++
Russland und die Ukraine sind nach den Worten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan „noch nicht bereit“ für ein Gipfeltreffen ihrer Staatschefs. Er habe in China mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und telefonisch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über Wege zur Beendigung des Krieges gesprochen, sagt Erdogan vor Journalisten auf dem Rückflug aus China. Das Nato-Mitglied Türkei vermittelt seit der russischen Invasion 2022 zwischen Moskau und Kiew.

+++ 13:12 Munz über SCO-Gipfel: Unterzeichnete Abkommen sind „Erfolg für Putin“ +++
Wladimir Putins aktuelle Reise nach China ist in den Augen von Moskau-Korrespondent Rainer Munz ein Erfolg für den Kreml-Chef. Beim Treffen der SCO werden Abkommen unterzeichnet, bei denen es um weit mehr als nur ein weiteres Urlaubsland für die Russen geht.

Munz zum Kreml-Chef bei Xi „Spannend, was unterzeichnet wurde – Erfolg für Putin“

+++ 12:43 Selenskyj kommt zum Treffen der Unterstützer-Staaten in Paris +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird am Donnerstag an dem geplanten Treffen der „Koalition der Willigen“ in Paris teilnehmen. Ein Berater des Präsidenten teilt mit, dass an dem Treffen auch die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, Nato-Generalsekretär Mark Rutte sowie die Regierungschefs Großbritanniens und Deutschlands teilnähmen. Es soll um Sicherheitsgarantien für die Ukraine gehen. Die Bundesregierung hat allerdings noch nicht mitgeteilt, ob und wie Kanzler Friedrich Merz an der hybriden Veranstaltung teilnehmen wird.

+++ 12:05 Putin: Russland nicht gegen EU-Beitritt der Ukraine +++
Der russische Präsident Wladimir Putin erklärt, sein Land habe sich nie gegen einen möglichen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union ausgesprochen. Zudem weist er Behauptungen zurück, Russland plane einen Angriff auf Europa.

Bei einem Treffen mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico in der chinesischen Hauptstadt Peking sagt Putin, westliche Länder und die Nato versuchten, den gesamten postsowjetischen Raum zu vereinnahmen. Russland habe keine anderen Ziele, als seine Interessen zu schützen.

+++ 11:37 Politikexperte Fischer: SCO „kann schon eine neue Weltordnung installieren“ +++
Peking schart beim Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit die SCO-Staaten um sich. Gemeinsam will man nicht weniger als eine neue Weltordnung herbeiführen. Mit China, Russland und Indien im Verbund kann das sogar gelingen, erklärt Politikwissenschaftler Klemens Fischer. Russland spiele dabei allerdings nicht die Hauptrolle.

Fischer zu China, Russland und Co. SCO „kann schon eine neue Weltordnung installieren“

+++ 11:03 EU-Sanktionen: Saudi-Arabien und der Irak stellen Öllieferungen an indische Raffinerie ein +++
Saudi-Arabien und der Irak haben die Öllieferungen an die indische Raffinerie Nayara Energy eingestellt. Hintergrund ist das jüngste Sanktionspaket der Europäischen Union, wie Reuters berichtet. Das russische Unternehmen Rosneft hält dem Bericht zufolge 49,13 Prozent an der indischen Raffinerie. Wie die Nachrichtenagentur unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet, ist die Raffinerie wegen der Sanktionen bereits nur noch zu 70 bis 80 Prozent ausgelastet. Da frühere Sanktionen der EU den Export schon erschwert hatten, konzentriert sich die Raffinerie ohnehin eher auf die Produktion für den indischen Inlandsmarkt.

+++ 10:38 Kreml: Treffen von Putin mit Kim in Peking möglich +++
Russland bestätigt, dass es bei dem China-Besuch von Präsident Wladimir Putin auch zu einem Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un kommen könnte. Die Möglichkeit eines Treffens werde besprochen, sobald Kim am heutigen Dienstag in China ankomme, zitiert die russische Nachrichtenagentur Tass Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Putin und Kim nehmen morgen in Peking an einer großen Militärparade anlässlich der Feiern zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs teil. Es ist das erste Mal, dass der chinesische Präsident Xi Jinping Putin und Kim gemeinsam zu einer Veranstaltung empfängt. Ob es auch zu einem Dreier-Treffen kommt, ist noch unklar. Unter den Staatsgästen bei der Militärparade ist unter anderem auch der iranische Präsident Massud Peseschkian.

+++ 09:39 Bericht: Von Russen gefolterter Soldat aus Krankenhaus in Dnipro verschwunden +++
Ein ukrainischer Soldat, der von russischen Truppen gefoltert worden war, ist aus einem Krankenhaus in Dnipro verschwunden. Das meldet die ukrainische Zeitung „Kyiv Independent“ unter Berufung auf die örtliche Polizei. Demnach ist seit dem 30. August unklar, wo sich der Nationalgardist Wladislaw Nahornyi aufhält. Seine Frau meldete sein Verschwinden, nachdem er das Krankenhaus ohne Vorwarnung verlassen hatte. Der 33-jährige Soldat hat Schlimmes in russischer Gefangenschaft erlebt: Nahornyi wurde vor einigen Wochen in der Nähe von Pokrowsk gefangen genommen. Medienberichten zufolge wurden die ukrainischen Mitgefangenen gefoltert, verstümmelt und getötet. Schließlich hätte man auch ihm die Kehle durchgeschnitten und ihn in eine Grube geworfen, weil die russischen Soldaten glaubten, dass er tot sei. Nahornyj gelang es als einzigem, kriechend in das von der Ukraine kontrollierte Gebiet zurückzukehren. Mitte August wurde er nach fünf Tagen gefunden und in kritischem Zustand in ein Krankenhaus eingeliefert.

WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN

08:39Brände nach russischen Luftangriffen auf Ukraine141dpa-AFX
DiMerz: EU nicht für Militäreinsatz in Ukraine zuständig285dpa-AFX
DiZwei Tote nach russischen Angriffen in der Ukraine149dpa-AFX
DiApfelpreise in der Ukraine sinken weiter rapide247fruchtportal.de
DiGarantien für Ukraine: Trump spricht erneut über Lufthilfe283dpa-AFX
DiGdP warnt vor Waffen aus dem Ukraine-Krieg in Deutschland323dts Nachrichtenagentur

«Ein Modell für zwischenstaatliche Beziehungen»: Xi Jinping preist das Verhältnis zu Russland in höchsten Tönen – Matthias Kamp, NZZ, 2.9.2025

Einen Tag vor der grossen Militärparade in Peking hat Chinas Staats- und Parteichef seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin getroffen. Die beiden Staatschefs wollen das ohnehin enge Verhältnis auf ein noch höheres Level heben.

Bei seinem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Dienstag in Peking hob Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping einmal mehr zu einer Lobeshymne auf das innige Verhältnis der beiden Länder an.

China und Russland hätten die Herausforderungen, die die geopolitischen Verwerfungen mit sich gebracht hätten, gut gemeistert, sagte Xi bei der kurzen Zusammenkunft in der Grossen Halle des Volkes. Die bilateralen Beziehungen seien ein «Vorbild für zwischenstaatliche Beziehungen» und ein Beispiel für «ewige gute Nachbarschaft.»

Russland ist nach seinem Angriff auf die Ukraine vor mehr als drei Jahren im Westen weitgehend isoliert. China befindet sich mit den USA in einem Handelskrieg und steht wegen seiner protektionistischen Wirtschaftspolitik auch vonseiten der Europäischen Union unter Druck. Beide Länder sähen sich «wirtschaftlichem Mobbing» ausgesetzt, sagte Xi.

Jetzt suchen Xi und Putin nach einem neuen Ordnungsrahmen, der der liberalen, westlich geprägten Weltordnung etwas entgegenzusetzen vermag.

Ein «absolut beispielloser Besuch»

Die Rhetorik rund um das Treffen der beiden Staatschefs lässt vermuten, dass sie das bilaterale Verhältnis weiter vertiefen wollen. Ein Kreml-Sprecher nannte Putins Peking-Besuch «absolut beispiellos». China werde den «Austausch auf höchster Ebene weiterführen» und den Nachbarn im Norden weiter unterstützen, sagte Xi.

Als Geste des guten Willens gegenüber Russland gab China am Dienstag bekannt, dass russische Staatsbürger ab Mitte September ohne Visum für dreissig Tage nach China reisen können. Die Visabefreiung soll zunächst für ein Jahr gelten.

Kein Land unterstützt Russland bei seinem Krieg in der Ukraine stärker als China. Das Reich der Mitte liefert in grossem Umfang Dual-Use-Güter, etwa für den Bau von Drohnen, ausserdem Konsumgüter, Industrieausrüstung, schwere Lkw und Autos.

Peking kommt Russland weiter entgegen

Nach dem Boykott Russlands durch den Westen hat China ausserdem seine Einfuhren von russischem Öl kräftig hochgefahren. Mit den Einnahmen füllt Putin seine Kriegskasse.

Und Peking kommt Russland weiter entgegen. Am Dienstag unterschrieb der russische Gasproduzent Gazprom mit China einen Vertrag zum Bau einer weiteren Pipeline von Russland nach China. Nach Fertigstellung der Röhre soll China jedes Jahr bis zu 50 Milliarden Kubikmeter russischen Erdgases beziehen können.

Um den Bau der Pipeline Power of Siberia 2 war jahrelang gerungen worden. Peking hatte sich gegen das Projekt gesperrt und versucht, bei Russland tiefere Preise durchzusetzen. Jetzt kommt Moskau Peking offenbar entgegen. China wird, so sieht es das Abkommen vor, für das Gas weniger zahlen müssen als europäische Abnehmer.

China hat immer auch seine eigenen Interessen im Blick

Chinas jahrelange harte Haltung bei dem Pipeline-Projekt zeigt, dass das Land trotz allen Freundschaftsschwüren gegenüber Russland auch immer seine eigenen Interessen im Blick hat. Russland braucht angesichts der schwächelnden Wirtschaft offenbar dringend neue Einnahmequellen.

Am Mittwoch will Putin der Militärparade am Platz des Himmlischen Friedens in Peking beiwohnen. Mit der Parade will China an den Sieg im Krieg gegen Japan vor achtzig Jahren und das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnern.

Das Who’s Who der Autokraten

Neben Putin wollen fünfundzwanzig weitere Staats- und Regierungschefs der Waffen-Show beiwohnen, unter ihnen auch der nordkoreanische Despot Kim Jong Un. Die Gästeliste liest sich wie das Who’s who der Autokraten.

Irans Präsident Masud Pezeshkian wird genauso auf der Ehrentribüne sitzen wie der Machthaber Myanmars, Min Aung Hlaing, sowie fünf Staats- und Regierungschefs aus Zentralasien. Aus der EU reist lediglich der slowakische Ministerpräsident Robert Fico an.

Am Montag hatten Putin und Xi sich bereits am Gipfel der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in Tianjin zu einem informellen Gespräch getroffen. Die Abschlusserklärung des Gipfels sorgte für heftige Kritik der ukrainischen Regierung.

«Es sagt viel aus, dass das zwanzigseitige Abschlussdokument mit keinem Wort Russlands Krieg gegen die Ukraine erwähnt», teilte das Aussenministerium in Kiew am Montag mit. Es sei überraschend, dass der grösste Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg keinen Eingang in die Abschlusserklärung gefunden habe.

China beteuert unentwegt, an einer friedlichen Lösung mitwirken zu wollen. Nur liess es den Beteuerungen keine Taten folgen.

KOMMENTAR – ANALYSE – HINTERGRUND

HINTERGRUND: Die Tricks der Schattenflotte: Wie Nordkorea, Russland und der Iran Sanktionen umschiffen – Paula Soler, Euronews, 2.9.2025

Da das unkontrollierte Beflaggen von Schiffen weiterhin die Umgehung globaler Sanktionen ermöglicht, muss die Regierungsführung „radikal verbessert werden“, so ein neuer Bericht des Royal United Services Institute (RUSI).

Sanktionen gegen Russland, Nordkorea und den Iran werden weiterhin scheitern, wenn das globale Flaggensystem nicht strukturell reformiert wird, so ein neuer Bericht des Royal United Services Institute (RUSI), einer in London ansässigen Denkfabrik.

Die Studie unterstreicht die zunehmende Abhängigkeit Russlands und des Irans von Ausweichtaktiken wie dem Verbergen von Schiffseigentum, der Deaktivierung von Identifikationssystemen, der Registrierung bei nachsichtigen Flaggenstaaten und dem Führen falscher Flaggen, um sich der Aufdeckung und Durchsetzung zu entziehen.

„Die Leichtigkeit, mit der Schiffe ohne Prüfung Flaggen erhalten, sich der Transparenz der Eigentumsverhältnisse entziehen und Vollstreckungsmaßnahmen entgehen können, hat die Voraussetzungen für ein ganzes paralleles Schifffahrtsökosystem geschaffen“, schreiben die Autoren des Berichts, Gonzalo Saiz und Tom Keatinge.

Allein im vergangenen Jahr wurden fast 700 Schiffe mit Sanktionen belegt, doch die Schiffsregistrierung ist nach wie vor eine „kritische Schwachstelle“ bei der Durchsetzung internationaler Sanktionen. „Schiffe, die wegen eines Verstoßes gegen Sanktionen aus einem Register gestrichen werden, können oft innerhalb weniger Tage eine neue Flagge erhalten“, so Saiz und Keatinge von RUSI.

Die derzeitigen Maßnahmen haben sich als unzureichend erwiesen, da sie meist nur auf Verstöße reagieren, anstatt sie zu verhindern, heißt es in dem Bericht. Der Bericht fügt hinzu, dass diplomatischer Druck, verstärkte Überwachung und nationale Durchsetzungsmaßnahmen zwar zu Ergebnissen geführt haben, diese Maßnahmen jedoch reaktiv und unkoordiniert bleiben.

Ein zentrales Problem ist die so genannte Schattenflotte – Schiffe, die der Kreml einsetzt, um die westliche Preisobergrenze für russisches Öl zu umgehen, eine wichtige Einnahmequelle für Moskaus Krieg in der Ukraine.

Die Analysten der RUSI sind der Meinung, dass die Kontrolle des Seeverkehrs radikal verbessert werden muss, und warnen, dass die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) nicht über die nötigen Instrumente und Befugnisse verfügt, um das „Flaggenhüpfen“ zu unterbinden, eine Praxis, bei der Schiffe die Nationalflagge wechseln, um ihre Identität zu verschleiern und weiterhin ungestraft sanktioniertes Öl und Waren zu transportieren.

Das Umflaggen ist nicht neu, aber es hat sich beschleunigt, seit Russland vor mehr als drei Jahren mit seiner groß angelegten Invasion in der Ukraine begann. „Zahlreiche Flaggenstaaten gestatten die Registrierung mit minimaler Sorgfalt und versäumen es, das wirtschaftliche Eigentum zu überprüfen oder das Risiko von Sanktionen zu bewerten“, heißt es in dem Bericht.

Einige große Register, wie Panama und Liberia, haben unter diplomatischem Druck die Aufsicht verschärft. Seit 2019 hat Panama mehr als 650 Schiffe aus dem Register gestrichen. Diese Bemühungen wurden jedoch von kleineren Registern – darunter Kamerun, Gambia, Honduras, Sierra Leone und Tansania – untergraben, die weiterhin Flaggen mit wenig Kontrolle anbieten.

Das System wird außerdem durch private Registrierungsdienste geschwächt, die oft ohne Aufsicht und außerhalb des Hoheitsgebiets des Flaggenstaats, den sie vertreten, arbeiten.

Nach Ansicht von RUSI bietet nur eine systemische Reform, die von der Financial Action Task Force (FATF), der internationalen Aufsichtsbehörde zur Bekämpfung der Geldwäsche, unterstützt wird, einen glaubwürdigen Weg nach vorn.

„Wenn das Phänomen der Schattenflotte nicht dringend angegangen wird, wird es sich weiter ausbreiten und immer mehr Schiffe, Ladungen und Länder in ein System hineinziehen, das Undurchsichtigkeit gegenüber der Einhaltung von Vorschriften belohnt“, so die Schlussfolgerung des Berichts.

Im Rahmen mehrerer Sanktionspakete hat die EU insgesamt 444 Schiffe , die zur Schattenflotte gehören, auf die schwarze Liste gesetzt. Ihnen allen wird der Zugang zu EU-Häfen und EU-Diensten verweigert.

Zum selben Thema

ANALYSE – Neue Vorwürfe gegen Selenskyj: Besitzt der Präsident der Ukraine Immobilien von 1 Milliarde Euro? – James Thomas, Euronews, 2.9.2025

Sowohl der ukrainische Präsident als auch seine Frau werden häufig fälschlicherweise des finanziellen Fehlverhaltens beschuldigt, um die Unterstützung der Ukraine gegen Russlands Angriffskrieg zu destabilisieren.

Im Internet kursiert ein angeblicher Nachrichtenbericht, in dem behauptet wird, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Immobilienimperium im Wert von 1,2 Milliarden Dollar (1 Milliarde Euro) besitze.

In dem Video wird behauptet, dass eine ehemalige Ermittlerin des ukrainischen Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU), bekannt als „Olena K.“, mit Tausenden Seiten interner Akten nach „Europa“ übergelaufen sei, die angeblich die systemische Korruption in den höchsten Rängen der Regierung in Kyjiw belegen.

Angeblich leitete sie eine Arbeitsgruppe, die Offshore-Vermögenstransfers und Briefkastenfirmen im Zusammenhang mit Selenskyj und seinen Verbündeten aufspürte, mit deren Hilfe der Präsident und seine Familie mehr als 100 Luxusimmobilien im Ausland kauften.

„Auf dem Papier besitzt Selenskyj nichts. In Wirklichkeit gehört ihm alles“, heißt es in dem Video.

Immobilien in mehreren Ländern?

Der Gesamtwert der angeblichen Überweisungen belaufe sich auf mehr als 1,2 Milliarden US-Dollar, wobei sich die Immobilien in Spanien, Frankreich, Italien, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten befänden.

Es gibt jedoch keinerlei Beweise dafür, dass irgendetwas davon wahr ist. Das Video wirkt im besten Fall zweifelhaft. Die Stimme in der Aufnahme ist eindeutig künstlich und roboterhaft, was auf die fehlende Legitimität des Videos hindeutet.

Related

Viele Beiträge auf X, in denen das Video geteilt wird, verweisen auch auf die angebliche Quelle,:eine Website namens The London Telegraph. Dabei werden anscheinend die Namen echter Medien wie The Daily Telegraph und London Evening Standard vermischt, um Seriosität vorzutäuschen.

Die Internetadresse ist zweifelhaft, da sie auf „.uk“ endet und nicht wie bei britischen Websites üblich auf „.co.uk“ oder „.com“.

Die Internetseite ist zudem fehlerhaft und scheint nur sehr wenig Inhalt zu haben, abgesehen von dem Artikel über Selenskyj. In diesem werden gängige Angriffslinien des Kremls wiederholt, wie die oft widerlegte Anfechtung seiner Legitimität als Präsident.

EuroVerify war nicht in der Lage, auf die Seite der Journalistin zuzugreifen, die angeblich die Geschichte geschrieben hat. Andere andere Faktenprüfer teilten uns mit, dass ihr Foto von einer seriösen Journalistin gestohlen wurde, die nichts mit der Website zu tun hat.

Es gibt keine seriöse Berichterstattung über Olena K. oder einen abtrünnigen NABU-Agenten, und es gibt nirgendwo Beweise für die Akten, die angeblich Selenskyjs Transaktionen detailliert beschreiben.

Sowohl Selenskyj als auch seine Frau, Olena Selenska, waren in der Vergangenheit Zielscheibe von Behauptungen, dass sie ein riesiges Immobilienportfolio besitzen oder Hilfsgelder für die Ukraine für Luxusgüter ausgeben.

Euronews hat bereits Behauptungen entlarvt, wonach Selenskyj eine millionenschwere Villa in Florida gekauft und Selenska 4 Millionen Euro an Hilfsgeldern für einen Bugatti ausgegeben habe. Selenskyj ist regelmäßig Gegenstand von Desinformationskampagnen über seinen Umgang mit Russlands Krieg in der Ukraine und seine Versuche, die finanzielle Unterstützung für sein Land aufzustocken.

Alle diese Berichte haben sich als Fälschungen erwiesen, mit denen versucht wird, die Unterstützung für die Ukraine zu destabilisieren, während Moskau seine Offensive fortsetzt.

WEITERE MELDUNGEN AUS ALLER WELT

ORF MELDUNGBÜNDEL WELT

Ukraine-Krieg

Verletzte bei russischen Luftangriffen

Lawrow: Russland erwartet weitere Ukraine-Gespräche

Trump „sehr enttäuscht“ von Putin

Ausland

US-Gericht: Abschiebung nach Kriegsgesetz unrechtmäßig

Libanon: Granaten aus Israel nahe UNO-Truppen abgeworfen

US-Ausschuss veröffentlicht Epstein-Dokumente

Migration: NGO-Schiff in Lampedusa eingelaufen

Trump nennt Berichte über seine Gesundheit „fake“

Israels Generalstabschef: Bodenoperation in Gaza begonnen

Letzte stabile Gletscher in Zentralasien schmelzen

Science

KI-Stethoskop schneller und genauer

IT

US-Richter: Google muss Daten mit Mitbewerbern teilen

Wirtschaft

INTERNATIONAL

Chinas Xi feiert mit Kim und Putin Militärparade in Peking – APA, 3.9.2025

Chinas Präsident Xi Jinping hat Kreml-Chef Wladimir Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un zur bisher größten Militärparade in Peking zum 80. Jahrestag der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg begrüßt. Xi gab beiden am Mittwoch die Hand und unterhielt sich mit den Ehrengästen, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Xi, Putin und Kim gingen über einen roten Teppich zum Tiananmen-Platz. Bei der rund 70-minütigen Veranstaltung demonstrierte China Stärke.

Xi bezeichnete sein Land bei einer Auftaktrede auf dem Platz des Himmlischen Friedens als „unaufhaltsam“. Die Sache des Friedens und der Entwicklung der Menschheit werde triumphieren, sagte Chinas Präsident vor mehr als 50.000 Zuschauern. „Die Menschheit steht heute erneut vor der Wahl zwischen Frieden oder Krieg, Dialog oder Konfrontation“, warnte Xi. China werde „fest auf der richtigen Seite der Geschichte“ stehen, am Weg der friedlichen Entwicklung festhalten und mit anderen Völkern eine „Gemeinschaft mit geteilter Zukunft“ aufbauen.

In einer offenen Limousine inspizierte Xi anschließend Truppen und modernste Waffensysteme wie Raketen, Panzer und Drohnen. Hubschrauber mit großen Bannern flogen während der von Symbolik und Propaganda geprägten Zeremonie in Formation über den Platz. An der Schau nahmen mehr als 10.000 Soldaten, Hunderte Fahrzeugen und Flugzeuge teil.

Die Militärparade ist das erste Mal, dass Putin, Kim und Xi gemeinsam öffentlich auftreten. Pjöngjang pflegt auch zu Moskau enge Beziehungen und unterstützt den russischen Krieg in der Ukraine mit Soldaten. Kim war am Dienstag in Peking eingetroffen. Der Machthaber des international weitgehend isolierten Landes reist nur selten ins Ausland. In China, dem wichtigsten Unterstützer Nordkoreas, war er nach offiziellen Angaben zuletzt im Jahr 2019.

Bedeutende westliche Politiker bleiben der Veranstaltung fern. Insgesamt reisten laut Angaben aus Peking 26 Staats- und Regierungschefs an. Aus der EU wurde der slowakische Ministerpräsident Robert Fico erwartet. Dass sich China an der Seite jener beiden Staatschefs, die im Westen als Aggressoren im Ukraine-Krieg gelten, präsentierte, sorgte im Westen für Irritation.

US-Präsident Donald Trump meldete sich aus der Ferne. In seinem Onlinedienst Truth Social erinnerte er an die vielen Amerikaner, die in Chinas Streben nach Sieg und Ruhm gestorben seien. Er hoffe, dass diese Opfer geehrt würden. An Xi gerichtet schrieb er außerdem: „Richten Sie Wladimir Putin und Kim Jong Un meine herzlichsten Grüße aus, während Sie gegen die Vereinigten Staaten von Amerika konspirieren.“

Historisch griff Peking mit der Parade, die in ähnlicher Form erstmals vor zehn Jahren stattfand, ein dunkles Kapitel auf. Offiziell trug sie den Titel zum „Ende der japanischen Aggression“. Japan griff China 1937 an. Der Krieg dauerte bis 1945 und forderte Millionen Tote in China. Nationalisten und Kommunisten einigten sich damals auf eine Einheitsfront gegen Japan, blieben aber gegenseitig misstrauisch. Nach der japanischen Kapitulation flammte der Bürgerkrieg zwischen ihnen wieder auf. 1949 siegten die Kommunisten, Mao Zedong rief in Peking die Volksrepublik China aus, während sich die Nationalisten nach Taiwan zurückzogen.

Die Militärparade der kommunistischen Führung Chinas anlässlich des 80. Jahrestages der Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg war die bisher größte der Volksrepublik. Das seltene Ereignis in der chinesischen Hauptstadt war auch eine Gelegenheit, einen Blick auf neue Truppen und Waffensysteme der Volksbefreiungsarmee zu werfen.

Mit Kim und Putin: Xi demonstriert mit Militärparade Macht – ORF, 3.9.2025

Chinas Präsident Xi Jinping hat Kreml-Chef Wladimir Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zur bisher größten Militärparade in Peking begrüßt. Xi, Putin und Kim gingen über einen roten Teppich zum Tiananmen-Platz. Es war das erste Mal, dass die drei Staatschefs gemeinsam öffentlich auftraten. Mit der rund 70-minütigen Militärparade wollte China Stärke demonstrieren.

Xi gab Putin und Kim am Mittwoch die Hand und unterhielt sich mit den Staatsgästen, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Anschließend wohnten die drei der gigantischen Militärparade zum 80. Jahrestag der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg bei. Dass sich China an der Seite jener beiden Staatschefs, die im Ukraine-Krieg die Aggressoren sind, präsentierte, sorgte im Westen für Irritation.

Kim und Putin waren die prominentesten Gäste von Xi. Bedeutende westliche Politiker blieben der Veranstaltung fern. Insgesamt reisten laut Angaben aus Peking 26 Staats- und Regierungschefs an, darunter der slowakische Ministerpräsident Robert Fico. Xi trug einen Anzug im Stil des früheren Staatsführers Mao Zedong und begrüßte die anwesenden Staatsführer auf Englisch mit den Worten: „Nice to meet you. Welcome to China.“

Xi: „China unaufhaltsam“

Vor mehr als 50.000 Zuschauerinnen und Zuschauern bezeichnete Xi sein Land in der Auftaktrede auf dem Platz des Himmlischen Friedens als „unaufhaltsam“. Die Sache des Friedens und der Entwicklung der Menschheit werde triumphieren, sagte Chinas Präsident.

„Die Menschheit steht heute erneut vor der Wahl zwischen Frieden und Krieg, Dialog und Konfrontation“, warnte Xi. China werde „fest auf der richtigen Seite der Geschichte“ stehen, am Weg der friedlichen Entwicklung festhalten und mit anderen Völkern eine „Gemeinschaft mit geteilter Zukunft“ aufbauen.

In einer offenen Limousine inspizierte Xi anschließend Truppen und modernste Waffensysteme wie Raketen, Panzer und Drohnen. Hubschrauber mit großen Bannern flogen während der von Symbolik und Propaganda geprägten Zeremonie in Formation über den Platz. An der Schau nahmen mehr als 10.000 Soldaten, Hunderte Fahrzeuge und Flugzeuge teil.

Erster gemeinsamer Auftritt

Die Militärparade ist das erste Mal, dass sich Putin, Kim und Xi gemeinsam in der Öffentlichkeit zeigen. In China, dem wichtigsten Unterstützer Nordkoreas, war er nach offiziellen Angaben zuletzt im Jahr 2019. Pjöngjang pflegt auch zu Moskau enge Beziehungen und unterstützt den russischen Krieg in der Ukraine mit Soldaten. Putin dankte Kim dafür bei einem bilateralen Treffen am Rande der Parade. Kim sagte Putin weitere Hilfe zu.

Bereits zuvor war Putin von Xi zu Gesprächen in der Großen Halle des Volkes und später in seiner Privatresidenz empfangen worden, wobei er den russischen Präsidenten seinen „alten Freund“ nannte. Putin sagte nach Angaben des Kreml, die russisch-chinesischen Beziehungen seien auf „beispiellos hohem Niveau“. Was Xi und Putin zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sagten, blieb unklar.

Trump ortet Verschwörung gegen USA

US-Präsident Donald Trump meldete sich aus der Ferne. In seinem Onlinedienst Truth Social erinnerte er an die vielen Amerikaner, die in Chinas Streben nach Sieg und Ruhm gestorben seien. Er hoffe, dass diese Opfer geehrt würden. „Mögen Präsident Xi und das wunderbare Volk Chinas einen großartigen und unvergesslichen Festtag erleben.“ An Xi gerichtet schrieb Trump außerdem: „Bitte richten Sie Wladimir Putin und Kim Jong Un meine herzlichsten Grüße aus, während Sie sich gegen die Vereinigten Staaten von Amerika verschwören.“

Während eines Radiointerviews am Dienstag (Ortszeit) wurde Trump gefragt, ob er über die Bildung einer Achse zwischen China und Russland gegen die USA besorgt sei. „Ich bin überhaupt nicht besorgt. Wir haben mit Abstand die stärkste Armee der Welt. Sie würden niemals ihr Militär gegen uns einsetzen. Glauben Sie mir“, antwortete Trump. Der US-Präsident hatte zuvor gesagt, er sehe die Parade nicht als Herausforderung, und seine „sehr gute Beziehung“ zu Xi betont.

Taiwan kritisiert „Personenkult um autoritäre Führer“

Taiwans Präsident Lai Ching-te nutzte die Militärparade zu einer scharfen Kritik an autoritären Führern. „Die Definition von Faschismus ist weit gefasst“, schrieb er auf seiner Facebook-Seite. „Er umfasst extremen Nationalismus, das Streben nach einer illusorischen Wiederbelebung der großen Nation, eine scharfe Kontrolle der Meinungsäußerung im Inland, die Unterdrückung der gesellschaftlichen Vielfalt, den Aufbau von Netzwerken der Geheimpolizei und einen offenkundigen Personenkult um autoritäre Führer.“

Lai gedachte bei einer Zeremonie in der Hauptstadt Taipeh der für die Republik China gefallenen Soldaten. Die Regierung hatte die Bevölkerung aufgerufen, nicht an der Parade in Peking teilzunehmen. Prominenteste Teilnehmerin aus Taiwan war Hung Hsiu-chu, die frühere Vorsitzende der größten Oppositionspartei Kuomintang (KMT). Die KMT, die während des Krieges gegen Japan die Regierungspartei der Republik China war, entsandte jedoch keine offizielle Delegation nach Peking.

Millionen Tote im Krieg mit Japan

Historisch griff Peking mit der Parade, die in ähnlicher Form erstmals vor zehn Jahren stattfand, ein dunkles Kapitel auf. Offiziell trug sie den Titel zum „Ende der japanischen Aggression“. Japan griff China 1937 an. Der Krieg dauerte bis 1945 und forderte Millionen Leben in China.

Nationalisten und Kommunisten einigten sich damals auf eine Einheitsfront gegen Japan, blieben aber gegenseitig misstrauisch. Nach der japanischen Kapitulation flammte der Bürgerkrieg zwischen ihnen wieder auf. 1949 siegten die Kommunisten, Mao rief in Peking die Volksrepublik China aus, während sich die Nationalisten nach Taiwan zurückzogen.

red, ORF.at/Agenturen

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USA

Rückschlag für Trump: Richter setzt Nationalgarde-Einsatz in LA aus – ORF, 2.9.2025

US-Präsident Donald Trump hat einen juristischen Rückschlag beim Einsatz der Nationalgarde in Los Angeles erlitten. Ein US-Bundesrichter ordnete am Dienstag an, dass die derzeit noch in der kalifornischen Millionenstadt stationierten Soldaten keine Polizeiaufgaben zur Strafverfolgung übernehmen dürfen. Geklagt hatte Gavin Newsom, der demokratische Gouverneur Kaliforniens. Unterdessen kündigte Trump an, Nationalgardisten auch nach Chicago zu schicken.

Bei den untersagten Polizeiaufgaben zur Strafverfolgung bzw. Kriminalitätsbekämpfung geht es konkret etwa um Festnahmen, Verhaftungen, Durchsuchungen, Beschlagnahmungen, Sicherheitspatrouillen, Verkehrskontrollen und Beweissicherung. Jedoch geht es bei der Anordnung des kalifornischen Gerichts nicht um die übergeordnete Frage, ob die Nationalgarde überhaupt in LA sein darf.

Die einstweilige Verfügung des Gerichts, die auf den Bundesstaat Kalifornien begrenzt ist, ist auch deshalb relevant, weil derzeit von der demokratisch geführten Stadtspitze von Chicago befürchtet wird, dass Trump das Militär in Kürze auch in diese Millionenstadt entsenden könnte. Der Präsident bezeichnete Chicago unlängst als „gefährlichste Stadt der Welt“ und kündigte an, gegen die dort angeblich grassierende Kriminalität vorzugehen.

Am Dienstag bekräftigte Trump, Nationalgardisten nach Chicago und auch Baltimore senden zu wollen, einen konkreten Zeitpunkt nannte er jedoch nicht. Die drittgrößte Stadt der USA liegt im US-Staat Illinois. Der dortige Gouverneur, JB Pritzker, brauche dringend Hilfe, er wisse es nur noch nicht, sagte Trump. Der US-Präsident hatte zuletzt mehrfach angekündigt, Nationalgardisten in von Demokraten regierte Städte wie Chicago und Baltimore zu entsenden. Gouverneur Pritzker wies Trumps Pläne scharf zurück und sprach von einer „Invasion“.

Richter: Gab keine Rebellion in LA

In der am Dienstag bekanntgewordenen Entscheidung rund um die Entsendung der Nationalgardisten nach Los Angeles habe es zwar tatsächlich Proteste und Gewaltdelikte in Los Angeles gegeben, schrieb Richter Charles Breyer vom Bundesbezirksgericht für den Nordbezirk von Kalifornien. „Es gab jedoch weder eine Rebellion noch waren die Strafverfolgungsbehörden nicht in der Lage, auf die Proteste zu reagieren und das Gesetz durchzusetzen.“

Breyer hatte bereits im Juni den Einsatz der Nationalgarde in Kalifornien als wahrscheinlich rechtswidrig eingestuft und die Rückgabe des Kommandos an den kalifornischen Gouverneur Newsom angeordnet. Diese Entscheidung wurde jedoch eine Woche später von einem Bundesberufungsgericht aufgehoben.

Wirksam wird die jetzige Entscheidung erst Freitagmittag (Ortszeit) kommender Woche. So hat Trumps Team noch Zeit, dagegen vorzugehen. Geklagt hatte Newsom. Der demokratische Gouverneur Kaliforniens, der den Präsidenten in den sozialen Netzwerken zuletzt verstärkt parodiert, schrieb auf X in Trump-Manier und Großbuchstaben: „Donald Trump verliert erneut“.

Abschieberazzien und Proteste als Auslöser

Trump hatte im Juni aufgrund von Protesten gegen Abschiebungsrazzien der Einwanderungsbehörde ICE die Nationalgarde nach LA geschickt – gegen Newsoms Willen. Mittlerweile wurden die 700 Marineinfanteristen sowie ein Großteil der Nationalgardisten wieder aus der Stadt abgezogen. Laut Gerichtsdokument gab die US-Regierung an, dass sich zuletzt noch 300 der einst 4.000 Nationalgardisten in Los Angeles befanden.

In den USA haben die Gouverneurinnen bzw. Gouverneure eines Bundesstaates normalerweise die Kontrolle über die Nationalgarde. Kommt es zum Krieg oder zu nationalen Notfällen, kann der US-Präsident das Kommando übernehmen. Die Nationalgarde ist eine militärische Reserveeinheit und Teil der US-Streitkräfte. Sie kann etwa bei Naturkatastrophen, Unruhen oder Notfällen im Inneren eingesetzt werden.

Washington anderer rechtlicher Fall

In Washington, wo Trump seit 11. August Nationalgardisten unter Berufung auf angeblich ausufernde Kriminalität ebenfalls einsetzt, ist der Fall anders gelagert. In der US-Hauptstadt unterstehen die Soldaten ohnehin dem Präsidenten. Die angeblich außer Kontrolle geratene Kriminalität in Washington entspricht jedoch nicht den Statistiken. Diese zeigen nämlich einen deutlichen Rückgang von Gewaltverbrechen zwischen 2023 und 2024 in Washington.

Der Fall an dem kalifornischen Gericht kreist um die Auslegung des Gesetzes „Posse Comitatus Act“ von 1878, das das Militär aus der regulären zivilen Strafverfolgung ausschließt. Nach Justizministeriumsangaben wurde damals das Gesetz geschaffen, um Missbräuche zu vermeiden. Es gibt jedoch Ausnahmen. Die US-Regierung argumentiert, ein Einsatz zum Schutz von Bundeseinrichtungen sei eine Ausnahme vom „Posse Comitatus Act“.

red, ORF.at/Agenturen

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FERNER OSTEN

KOMMENTAR – ANALYSE – HINTERGRUND

KOMMENTAR – Der Westen unterschätzt Chinas Fähigkeit, die Weltordnung umzugestalten – Katrin Büchenbacher, NZZ, 1.9.2025

China verstärkt seine Anziehungskraft: Diese Woche folgen zahlreiche Staatschefs der Einladung nach Tianjin und Peking. Von Trump kommen Zölle, von Xi Kredite.

China nutzt jede Bühne, um eine alternative Weltordnung zu formen. Diese Woche bieten sich gleich zwei: der Gipfel der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in Tianjin und die grosse Militärparade in Peking anlässlich des 80. Jahrestags seit Ende des Siegs über Japan. Der indische Premierminister Narendra Modi und der russische Präsident Wladimir Putin folgten der Einladung nach Tianjin, und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un reist nach Peking für die Parade am Mittwoch.

Das sind nicht nur bunte Treffen für die Diktatoren und Autokraten dieser Welt. Es zeigt sich eine globale Machtverschiebung.

Am SCO-Gipfel hat China 1,4 Milliarden Dollar Kredite angekündigt. An der Parade geht es um Chinas Platz in der Geschichte, um eine Inszenierung der Macht und politischen Stabilität. Es ist eine Demonstration einer alternativen Weltordnung, die China schon lange vorbereitet hat – und Trump beschleunigt sie. Während Trump Freunde wie Feinde mit dem Zollhammer und seiner unvorhersehbaren Politik verprellt, nutzt China die Gunst der Stunde und rückt vor.

Mehr als lose antiwestliche Gruppierungen

Der Westen hat Chinas Fähigkeit, die Welt mitzuprägen, unterschätzt. Kritiker sehen die losen Staatenbündnisse wie die Brics oder die SCO mal als irrelevant, mal als bedrohlich. Als lokale Plauderrunde wurde die SCO bezeichnet, als schlechte Alternative zur Nato oder der G-7. Die Mitgliedsstaaten hätten zu grosse Differenzen, die SCO sei kaum handlungsfähig. Es handle sich um ein antiwestliches Bündnis.

Die Kritiker haben zum Teil recht – verkennen aber die wachsende Anziehungskraft Chinas und seiner Vision einer multipolaren Welt. Der kleinste gemeinsame Nenner, den diese Staaten teilen, geht über eine antiwestliche Grundhaltung hinaus. Sie wollen Handel treiben und suchen strategische Partnerschaften – vielfach sowohl mit dem Westen als auch mit dem Osten.

Die SCO ist seit ihrer Gründung 2001 von sechs auf zehn Mitgliedsstaaten gewachsen, zwei Staaten haben Beobachterstatus, 14 weitere sind Dialogpartner. Zu Beginn ging es um Zusammenarbeit gegen Terrorismus und Separatismus, aber mittlerweile geht es um mehr. Was die SCO bieten kann, ist eine Plattform, die Möglichkeit von hochrangigen bilateralen Treffen, bei denen zahlreiche Abkommen geschlossen werden. Die praktische Zusammenarbeit zwischen diesen Staaten hat sich über die Jahre vertieft, auch im Handels- oder Bildungsbereich: vereinfachte Grenzabfertigung, Gaspipeline-Projekte, gegenseitige Anerkennung von Universitätsabschlüssen.

Die alternativen Staatenbündnisse sind insbesondere wichtiger geworden für Länder, die von westlichen Handelsembargos, Sanktionen oder Zöllen getroffen werden. Von China hat weder der myanmarische Putschist, General Min Aung Hlaing, noch der iranische Präsident Masud Pezeshkian politische Auflagen zu befürchten.

Chinas Attraktivität als strategischer Partner steigt

Doch Chinas Attraktivität ist nicht nur bei autokratisch regierten Ländern gestiegen. Das sieht man zum Beispiel bei der Assoziation Südostasiatischer Staaten Asean. Dort würden viele Länder mittlerweile China wählen, wenn sie sich für einen strategischen Partner, China oder die USA, entscheiden müssten. Jahrelanger Handel mit China, Investitionen und Kreditvergaben haben zu diesem Umschwenken geführt. Chinesische Staatsfirmen haben Bahnlinien, Häfen, Regierungsgebäude gebaut.

Wenn sich China heute im Gegensatz zum Westen als Verfechter der Globalisierung und des Freihandels inszeniert, glauben das viele Länder. Der Westen hat unterschätzt, wie wirksam Peking mit Foren wie der SCO seine Weltsicht verbreiten, Partnerschaften vertiefen und an Anziehungskraft gewinnen kann. Es ist Zeit, genau hinzuschauen und sie ernst zu nehmen.

HINTERGRUND – Die verschärften religiösen Gegensätze machen Indonesien mehr und mehr zu einem zerrissenen Land – Johanes E.S. Wato, NZZ, 2.9.2025

Wer nach einem Beispiel für gelingenden Multikulturalismus sucht, wird in Indonesien fündig. Hier pflegen Muslime, Christen, Hindus, Buddhisten und Konfuzianer ein einvernehmliches Zusammenleben. Doch nun bedroht islamistische Gewalt die bisherige Harmonie.

Über Jahrzehnte hinweg galt Indonesien als Beispiel dafür, dass Vielfalt kein Hindernis für Demokratie sein muss. Im grössten Inselstaat der Welt leben Muslime, Christen, Hindus, Buddhisten, Konfuzianer und Anhänger lokaler Glaubensrichtungen Seite an Seite unter dem Motto «Bhinneka Tunggal Ika» – «Einheit in der Vielfalt». Diese Identität ist nicht blosse Rhetorik, sondern sie gründet auf einer langen Geschichte ethnischer Interaktion seit den Zeiten der Gewürzroute im 15. und 16. Jahrhundert.

Diese Identität wurde in der modernen Diplomatie gestärkt, etwa durch die asiatisch-afrikanische Konferenz von Bandung 1955, als sich Indonesien als Brücke zwischen der westlichen und der muslimischen Welt positionierte. Der Erfolg dieses Modells machte das Land zu einem real existierenden Beleg dafür, dass Islam und Demokratie koexistieren können – eine Vision, die in den Sitzungssälen der Vereinten Nationen und in internationalen Foren Anklang fand.

Neue Neigung zu Gewalt

Doch dieses Fundament gerät heute ins Wanken. Laut dem Setara Institute wurden im Jahr 2024 insgesamt 242 Fälle von Verletzungen der Religionsfreiheit dokumentiert, fast 20 Prozent mehr als im Vorjahr, mehr als die Hälfte davon betraf Jugendliche. Eine Untersuchung der Wahid Foundation zeigt, dass einer von zehn jungen Muslimen Gewalt im Namen der Religion für gerechtfertigt hält. Solche Zahlen lassen befürchten, dass gerade jene Generation, die das Erbe der Toleranz tragen sollte, diese zunehmend als verhandelbaren Wert betrachtet.

Ein Scheitern des pluralistischen Modells hiesse für Indonesien den Verlust seiner republikanischen Seele.

Diese Entwicklung ist kein abstraktes Phänomen, sondern sie spiegelt sich in konkreten Vorfällen wider. Im Januar 2025 wurde ein christliches Jugendtreffen in Westjava attackiert: Bibeln wurden zerrissen, Kreuze zerstört, Kirchengesänge gewaltsam unterbunden. In Depok verhinderte man den Bau einer Kirche, obwohl alle gesetzlichen Auflagen erfüllt waren. Auf den Riau-Inseln wurde ein christliches Grundschulmädchen so schwer gemobbt, dass es an den Folgen starb – dies einzig aufgrund seines Glaubens.

In mehrheitlich nichtmuslimischen Regionen folgten Gegenreaktionen. In Nord-Sulawesi organisierten indigene Gemeinschaften Proteste gegen die zunehmende Verfolgung von Christen in Java und Sumatra. In Kalimantan wuchs der Widerstand gegen das staatliche Transmigrationsprogramm in Java, dessen Zuwanderer mehrheitlich Muslime sind, aus Angst vor demografischen Veränderungen und potenziellen sozialen Spannungen. All dies ruft düstere Erinnerungen an die Konflikte in Poso, den Molukken und in Sampit zwischen 1999 und 2002 wach. Es waren Gewaltausbrüche, die Tausende von Menschenleben forderten, Hunderttausende in die Flucht trieben und tiefe gesellschaftliche Narben hinterliessen.

Die Ursachen dieser wachsenden Intoleranz sind komplex. Zwar garantiert die indonesische Verfassung Religionsfreiheit, doch in der Praxis beugen sich staatliche Institutionen oft dem Druck der Mehrheit. Die nach der «Reformasi» eingeführte regionale Autonomie stärkte einerseits die lokale Demokratie, öffnete aber andererseits auch neue Räume für die Politisierung der Religion. Sicherheitskräfte greifen oft zu spät oder gar nicht ein aus Angst vor dem Verlust politischen Rückhalts oder aufgrund ideologischer Nähe zu bestimmten Gruppen.

Wir gegen sie

Das Bildungssystem vermittelt Pluralismus meist nur als theoretischen Begriff, nicht aber als gelebte Kompetenz. Fehlendes kritisches Denken macht junge Menschen anfällig für Propaganda und Fake News, die sich über soziale Netzwerke rasant verbreiten. Schon der indonesische Denker Tan Malaka mahnte, dass Freiheit («kemerdekaan») und Einheit («persatuan») nur dann Bestand haben werden, wenn Fakten über Vorurteilen und Logik über Dogmen stehen.

Die Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sind gravierend. Intoleranz schafft «homogene Inseln» innerhalb der Vielfalt Indonesiens. Gemeinschaften, die einst selbstverständlich miteinander interagierten, ziehen sich zurück und nähren gegenseitiges Misstrauen. Das «Wir gegen sie»-Gefühl verschärft sich, und interreligiöse Kommunikation wird seltener. Laut der Nationalen Kommission für Frauen (Komnas Perempuan) gab es 2025 acht dokumentierte Fälle, in denen Frauen und Kinder direkt oder indirekt Opfer religiöser Intoleranz wurden – vom Schulverweis über soziale Ausgrenzung bis hin zu Zwangsaussiedlung. Die Dunkelziffer dürfte erheblich höher liegen, da viele Betroffene aus Angst vor Stigmatisierung oder Gewalt schweigen.

Noch gefährlicher ist die Dynamik der Gewaltspirale: Verfolgung in einer Region provoziert oft Vergeltungsaktionen in einer anderen. Lokale Zwischenfälle, die sich friedlich lösen liessen, werden in sozialen Netzwerken aufgebauscht und heizen die Wut weit über die Region hinaus an. Ohne wirksame Gegenmassnahmen droht Indonesien eine Rückkehr zu den sektiererischen Unruhen der frühen nuller Jahre – eine Entwicklung, die für den Archipel mit seinen 17 000 Inseln ebenso bedrohlich ist wie eine militärische Invasion, vielleicht sogar noch gefährlicher, weil sie aus dem Inneren der Nation kommt.

In Asien arbeitet man sich auch andernorts am Multikulturalismus ab. Singapur mit seiner konsequenten Durchsetzung rechtlicher Gleichheit und Malaysia mit institutionalisierterem interreligiösem Dialog sind Belege dafür, dass Pluralismus aktiver Pflege bedarf. Diese Beispiele bestätigen Tan Malakas Einsicht, dass Einheit und Freiheit keine Geschenke sind, sondern täglich neu erkämpft werden müssen.

Ein Kollaps des Pluralismus in Indonesien hätte weitreichende Folgen über die Landesgrenzen hinaus. In Südostasien könnte ein Scheitern Indonesiens ähnliche Spannungen in Nachbarstaaten auslösen, die in Religionsfragen sensibel sind, etwa in Malaysia, Myanmar oder im Süden der Philippinen. Die Stabilität der Asean als politisch-ökonomischer Block wäre ernsthaft gefährdet, da Indonesien als diplomatisches Rückgrat und wirtschaftlicher Motor gilt.

Global betrachtet, würde der Verlust Indonesiens als Erfolgsmodell für das Zusammenleben von Islam und Demokratie populistischen, exklusiv-nationalistischen und extremistischen Kräften weltweit Auftrieb geben. Die populistische Behauptung, Vielfalt führe per se zu Instabilität, erhielte neue Nahrung und schwächte internationale Bemühungen um interkulturellen Dialog.

Unterschiede bewältigen

In Europa, wo die Polarisierung stark von der Einwanderungsdebatte geprägt ist, könnte das Beispiel Indonesiens instrumentalisiert werden, um restriktive und exklusive Politikansätze zu rechtfertigen. Zwar unterscheidet sich der Kontext und ringt Europa mit der Zuwanderung von aussen, während Indonesien interne religiöse Spannungen erlebt. Doch die strukturelle Herausforderung ist vergleichbar: Unterschiede zu bewältigen, ohne den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu zerstören.

Indonesien, Heimat der grössten muslimischen Bevölkerung weltweit, besitzt einen hohen symbolischen Wert. Sein Erfolg bei der Bewahrung von Vielfalt sendet eine moralische und politische Botschaft: Islam und Demokratie müssen nicht in Widerspruch zueinander stehen. Ein Scheitern würde weltweit den Glauben erschüttern, dass Vielfalt eine tragende Säule des Friedens darstellen kann.

Um gegenzusteuern, muss Indonesien entschlossen handeln: Rechtsstaatlichkeit muss ohne Ansehen der Person durchgesetzt werden, Bildung muss kritisches Denken, Empathie und interkulturellen Dialog fördern, Begegnungsräume müssen – physisch wie digital – gestärkt werden, und die Rolle des Landes als Brückenbauer zwischen Kulturen sollte in der Asean wie in der muslimischen Welt aktiver genutzt werden.

Ein Scheitern des pluralistischen Modells würde für Indonesien den Verlust seiner republikanischen Seele bedeuten, die in der Überzeugung wurzelt, dass gesellschaftlich gut austarierte Unterschiede nicht zu Feindschaft, sondern zu gemeinsamer Stärke führen. Für Asien wäre es der Verlust eines diplomatischen und sicherheitspolitischen Ankers in einer religionssensiblen Region. Und die Welt hätte es mit einem weiteren Krisenherd im Kampf der Kulturen zu tun.

In einer zunehmend polarisierten globalen Landschaft wäre der Verlust der indonesischen Erfolgsgeschichte ein moralischer und strategischer Rückschlag für alle, die Vielfalt als Kapital des Friedens begreifen. Sollte diese Brücke des Vertrauens zwischen Ost und West, Nord und Süd einstürzen, dürften die Erschütterungen vom Pazifik bis in die politischen Zentren Europas zu spüren sein.

Johanes E. S. Wato ist Doktorand an der International Graduate School – Oriental and Asian Studies (Bigs-Oas) der Universität Bonn.

NAHER OSTEN – MENA WATCH (Mena-Watch auf Wikipedia)

EURASIEN

TÜRKEI – Die Türkei nutzt Russlands Schwäche und mehrt ihren Einfluss im Südkaukasus – Andreas Ernst, NZZ, 1.9.2025

Moskau hegt im postsowjetischen Raum weiterhin Machtansprüche, doch der Türkei hat der Kreml wenig entgegenzusetzen. Und jetzt mischt auch noch Donald Trump mit

Tod und Zerstörung sind die unmittelbaren Folgen der russischen Aggression in der Ukraine. Daneben verschiebt dieser Konflikt auch die geopolitischen Gewichte in einem viel weiteren Umfeld. Manchmal geschieht das nur langsam, aber mit Konsequenzen auf die lange Sicht.

Ein Land, das diese Verschiebungen für sich zu nutzen weiss, ist die Türkei. Und es ist keine allzu gewagte Prognose, dass sie als eine strategische Gewinnerin aus diesem Konflikt hervorgehen wird. Das gilt zumindest mit Blick auf ihre östliche Nachbarschaft, den Südkaukasus. Dazu zählen Armenien (3 Millionen Einwohner), Aserbaidschan (10 Millionen) und Georgien (3,6 Millionen).

Für die Türkei ist der Südkaukasus aus mindestens drei Gründen wichtig: als Handels- und Investitionsstandort, als Transportkorridor zu den zentralasiatischen Ländern und China – und schliesslich als eine Region, in der sie russische und iranische Einflüsse ausbalanciert und zurzeit sogar verdrängt.

Transportkorridor

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs hat der sogenannte Mittlere Korridor an Bedeutung gewonnen. Über diese Route verkehren Güter zwischen China, Zentralasien, dem Südkaukasus, der Türkei und Europa. Es ist eine Landbrücke, die mit dem Nördlichen Korridor konkurriert, der via Transsibirische Eisenbahn durch Russland führt. Ebenfalls durch den Südkaukasus führen mehrere Pipelines. Etwa jene, die Öl von Baku (Aserbaidschan) über Tbilissi (Georgien) nach Ceyhan (Türkei) bringt, oder die Südkaukasus-Gaspipeline.

Der Krieg hat das Transportvolumen im Norden zugunsten der Route im Süden vermindert und stärkt damit die Rolle der Türkei. Sie versteht sich als Hüterin dieser Landbrücke, die sie mit den turksprachigen Nachbarländern verbindet: Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan und Turkmenistan. Die ersten vier gehören der Organisation der Turkstaaten (OTS) an, Turkmenistan hat Beobachterstatus. Ankara möchte daraus einen wirtschaftlichen Block bilden, in dem Freizügigkeit für Güter, Dienstleistungen, Kapital und Personen gilt.

Das ist Zukunftsmusik, nicht aber die grossen Investitionen der Türkei in ihr Schienennetz, die den Korridor schneller machen sollen. Erst letzte Woche wurde mit feierlichem Spatenstich der Bau einer Eisenbahnstrecke begonnen, die aus dem osttürkischen Kars in die aserbaidschanische Enklave Nachitschewan führt, von wo sie über eine von den Amerikanern kontrollierte Passage durch das armenische Sjunik nach Baku führen soll. Die Passage ist Teil eines Friedensplans, den Präsident Trump zwischen Armenien und Aserbaidschan ausgehandelt hat.

Bilaterale Beziehungen

Die türkische Präsenz im Südkaukasus verbindet man vor allem mit der Militärhilfe, die Ankara seit Jahren dem aserbaidschanischen Verbündeten im Konflikt um Karabach gewährt. Es waren denn auch türkische Waffen und Militärberater, die 2023 im Krieg um Karabach Baku zum schnellen Triumph verhalfen – und den Armeniern eine Niederlage zufügten, die mit ihrer Vertreibung endete.

Seither möchte Ankara das Verhältnis zu Armenien normalisieren. Baku drängt darauf, dass Erewan die im Krieg wiederhergestellte territoriale Integrität Aserbaidschans anerkennt. Mit Trumps Friedensplan, den die zerstrittenen Nachbarn am 8. August unterzeichneten, sind die Chancen auf ein Ende des jahrzehntelangen Konflikts gestiegen. Der Einfluss der Türkei könnte sich damit vergrössern.

Das orientalisch-orthodoxe Armenien ist isoliert, die Grenzen zur Türkei geschlossen, die Infrastruktur vielerorts marode und die geschwächte Schutzmacht Russland nicht in der Lage, wirtschaftlich zu helfen. Umso mehr wittern türkische Baufirmen, die Agroindustrie und der Handel ein Geschäft. Trotz der historisch belasteten Beziehung zwischen Türken und Armeniern (Völkermord von 1915/16) könnte die Türkei in den kommenden Jahren zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Akteur im Land werden.

Mit den Menschen aus Aserbaidschan fühlen sich vor allem säkulare nationalistische Türken blutsverwandt. «Eine Nation mit zwei Staaten» heisst die Parole. Die kulturellen, militärischen und wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder sind eng. Die Türkei investierte 2024 16 Milliarden in den Öl- und Gassektor, und umgekehrt engagiert sich Baku mit Milliardenbeträgen an türkischen Raffinerien und im Handel. 2021 schlossen die beiden Länder einen Beistandspakt, die Schuscha-Deklaration.

Recht unproblematisch schliesslich ist das Verhältnis mit dem christlich-orthodoxen Georgien. Es ist ein wichtiges Durchgangsland für die Energieversorgung aus Aserbaidschan. Die Türkei ist der wichtigste Handelspartner und ein bedeutender Investor. Sie hält zudem an der territorialen Integrität Georgiens fest, die 2008 durch die russische Besetzung von 20 Prozent des Landes verletzt wurde.

Rivalitäten

Die strategischen Rivalen der Türkei im Südkaukasus sind Russland und – erst in zweiter Linie – Iran. Gegenüber beiden Mächten hat Ankara seinen Einfluss in den vergangenen Jahren ausbauen können.

Iran, das durch den Krieg mit Israel und innenpolitische Spannungen geschwächt ist, kann der wachsenden türkischen Dominanz wenig entgegenhalten. Das Zweckbündnis mit Armenien, das gegen den gemeinsamen Gegner Aserbaidschan gerichtet ist, spielt eine untergeordnete Rolle angesichts der Hoffnungen, welche die südkaukasischen Anrainer mit dem Ost-West-Korridor verbinden.

Russland hat seine Rolle als Garantiemacht und Vermittler in der Region verloren. Das ist zum einen die Folge der russischen Schwäche durch die Ressourcenvernichtung des Krieges. Es ist zum anderen eine Konsequenz der Interessenpolitik Ankaras. Der Ausbau der wirtschaftlichen und militärischen Kooperation zwischen der Türkei, Aserbaidschan und Georgien sowie die «Korridorpolitik» beginnen Früchte zu tragen.

Der Türkei kommt im Umgang mit Russland zugute, dass sie eine durch und durch pragmatische Machtpolitik betreibt, die je nach regionalem Kontext Moskau als Rivalen, Partner oder Verbündeten betrachtet. Sie stellt sich im Krieg um die Ukraine zwar gegen Russland, trägt aber Sanktionen nicht mit. Die Türkei betrachtet Russland im Südkaukasus als Gegenspieler, mit dem man von Fall zu Fall kooperieren kann.

Und Europa?

Diese Flexibilität, das Verhältnis zu einem Akteur je nach Kontext anders zu gestalten, vermisst die Türkei bei der EU. Der regierungsnah argumentierende Politikwissenschafter Ragip Soylu kritisiert die Behäbigkeit der Brüsseler Diplomatie und ihre ideologische Fixierung auf das Containment Russlands, egal in welchem geopolitischen Kontext.

Die EU habe zu ihrem eigenen Schaden darauf verzichtet, in der Streitbeilegung zwischen Armenien und Aserbaidschan mit Ankara zusammenzuarbeiten. Damit habe sie es verpasst, überhaupt eine Rolle zu spielen. Denn anders als Brüssel verfüge die Türkei im Südkaukasus über das nötige Wissen und die Ressourcen, um die Dinge zu bewegen.

Die Kritik mag überzogen sein. Richtig ist allerdings, dass die stärkste Waffe der EU, das Beitrittsversprechen, auch im Südkaukasus immer weniger Wirkung entfaltet. Den Beitrittsprozess hat das Kandidatenland Georgien letztes Jahr ausgesetzt. Georgien hat die EU-Integration als Ziel zwar gesetzlich verankert, Konsequenzen hat das aber kaum. Denn auf beiden Seiten zweifelt man an der Ernsthaftigkeit des Wunsches, eines Tages zusammenzukommen.

In die Lücke, die Russland und die EU im Südkaukasus hinterlassen haben, ist jetzt Präsident Trump gesprungen. Das ist zweifellos ein Erfolg für die Amerikaner und eine Blamage für die Europäer. Viel bitterer ist die Niederlage aber für die Russen, die ihre traditionelle Rolle als Ordnungsmacht nicht mehr spielen können.

Das amerikanische Engagement ist zudem ein Indiz dafür, dass Washington sich nicht vollständig aus der Machtkonkurrenz mit Moskau im postsowjetischen Raum verabschiedet hat. Anders als bei den Türken ist bei den Amerikanern allerdings eine Gesamtstrategie nicht erkennbar.

EUROPA

EU – Flug mit von der Leyen gestört – keine Ermittlungen – 2.9.2025

SOFIA (dpa-AFX) – Die bulgarische Regierung hat nach der Störung eines Flugs von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen durch sogenanntes GPS-Jamming Vorwürfe gegen Russland erneuert. Ministerpräsident Rossen Scheljaskow sprach bei einem Auftritt in der Hafenstadt Burgas am Schwarzen Meer von elektronischer Kriegsführung und nannte als Hintergrund den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Störungen dieser Art passierten täglich – „von Helsinki über das Schwarze Meer … bis nach Tripolis“.

Nach Angaben von Scheljaskow wird es deswegen auch keine eigenen Ermittlungen zu dem Vorfall mit dem Flugzeug mit von der Leyen an Bord geben. Flutlotsen hätten laut Protokoll keine Fehler gemacht, erklärte er.

Der Zwischenfall auf dem Flug von der Leyens von Polen nach Bulgarien war am Montag von der EU-Kommission bestätigt worden. Nach Angaben einer Sprecherin kam es zu einem sogenannten GPS-Jamming. Dabei werden Signale des satellitenbasierten Navigationssystems GPS gezielt gestört oder blockiert. Zudem teilte die Sprecherin mit, dass die bulgarischen Behörden vermuteten, dass Russland hinter der Attacke stecke.

Zwischenfall endete glimpflich

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus der EU-Kommission blieb das Flugzeug wegen des Vorfalls rund zehn Minuten länger als ursprünglich geplant in der Luft. Ein mitreisender Reporter der Zeitung „Financial Times“ hatte zuvor berichtet, der Flieger sei vor der Landung rund eine Stunde über dem Flughafen gekreist. Kremlsprecher Dmitri Peskow wies Anschuldigungen gegen Russland zurück und sprach in der „Financial Times“ von Falschinformationen.

Für Ursula von der Leyen (66) und die anderen Mitreisenden endete der Zwischenfall glimpflich. Ihr Charter-Flugzeug konnte demnach am Ende sicher in der Stadt Plowdiw landen.

Lebensgefahr bestand nach Angaben des Flughafendirektors für die Insassen nicht. Demnach ist es in der Regel unproblematisch, den Airport in Plowdiw ohne GPS anzufliegen./el/DP/jha

© 2025 dpa-AFX

UNGARN – «Orbans Schloss»: Oppositionspolitiker bringt Ungarns Regierungschef mit geheimen Aufnahmen in Bedrängnis – Meret Baumann (Wien), NZZ, 2.9.2025

Enthüllungen über ein Landgut im Besitz der Familie Orban sorgen in Ungarn für Schlagzeilen. Offiziell soll ein Landwirtschaftsbetrieb entstehen. Aber wozu braucht es dann zwei Swimmingpools – und woher stammt das Geld für den Umbau?

Akkurat gestutzte Hecken, in eine gerade Reihe gepflanzte Jungbäume, ein grosser Rosengarten und zwei elegante Swimmingpools – ist das wirklich die typische Ausstattung für einen Bauernhof? Immerhin ist auch ein Traktor zu sehen auf dem verwackelten Video, das der ungarische Oppositionspolitiker Akos Hadhazy auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hat und das mittlerweile 1,4 Millionen Mal angeklickt wurde.

Er konnte das knapp 40 Kilometer westlich von Budapest gelegene Anwesen Hatvanpuszta ganz einfach betreten, das Tor sei weit offen gestanden, erklärt Hadhazy. Und hätte er noch letzte Zweifel gehabt, dass es sich nicht um einen Landwirtschaftsbetrieb, sondern um eine luxuriöse Schlossanlage der Familie Orban handle, seien diese nun ausgeräumt. Oder ob die Wasserbecken etwa für die Schafe seien und die Wege deshalb beleuchtbar, damit die Kühe zurück in den Stall fänden, fragt der Parlamentsabgeordnete polemisch.

Ein Privatzoo mit Zebras und Antilopen

Hadhazy veröffentlicht seit Wochen Fotos und Videos des Landguts, das den Habsburgern einst als Musterbetrieb diente, um die Ungarn in die moderne Landwirtschaft einzuführen. Hatvanpuszta ist seither das Thema des Sommers und bringt Ministerpräsident Viktor Orban in Bedrängnis, denn das Anwesen gehört seinem Vater Gyözö. Es liegt in unmittelbarer Nähe von Felcsut, dem Heimatort der Familie. Die Opposition vermutet, dass sich der Regierungschef das teilweise denkmalgeschützte historische Gut derzeit zur luxuriösen Schlossanlage umbauen lässt.

Satellitenbilder zeigen, dass das Landgut in den vergangenen Jahren tatsächlich umgebaut und neu gestaltet wurde. Im Sommer 2019 wirkt das Gelände noch verlassen, Ende 2022 sind dann Bau- und Restaurierungsarbeiten zu erkennen. Auf den neusten Aufnahmen wird das Ergebnis deutlich: Mehrere neue Nebengebäude und Wege sind entstanden, die alten Gebäude wurden erneuert, ein Grossteil der Bäume gefällt.

Immer wieder ist von «Orbans Versailles» die Rede. Auf dem angrenzenden Grundstück dokumentierte Hadhazy sogar Zebras, Bisons und Antilopen. Es gehört Lörinc Meszaros, einem Jugendfreund Orbans, der in den vergangenen Jahren dank öffentlichen Aufträgen vom einfachen Handwerker zum reichsten Ungarn aufgestiegen ist. Hadhazy organisierte Anfang August kurzerhand eine «Safari» nach Hatvanpuszta. Einige Kritiker zogen wegen des Privatzoos Parallelen zu autokratischen Herrschern wie dem 2014 gestürzten ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch.

Orban selbst gibt sich stets bescheiden und bezeichnet sich als «einfachen Typ vom Land». Jahrelang war er etwa mit einem billigen Rucksack unterwegs, der Berühmtheit erlangte und sich heute im Nationalmuseum befindet. Wegen der exorbitanten Bereicherung seines nahen Umfelds erhebt die Opposition aber schon lange Korruptionsvorwürfe. Meszaros gilt diesen Kreisen als Strohmann Orbans, der eigentlich dessen Geld verwahrt.

Der Oppositionsführer Peter Magyar, der sieben Monate vor den Wahlen die meisten Umfragen anführt, thematisiert ständig, dass die «Oligarchen» Ungarn ausplünderten. Angesichts der schlechten Wirtschaftslage und der in den letzten Jahren stark gestiegenen Lebenshaltungskosten ist der regelmässig zur Schau gestellte Luxus regierungsnaher Personen zur Belastung für die Regierung geworden.

Gyözö Orban, der 84-jährige Vater des Ministerpräsidenten, versuchte deshalb, seinen Sohn mit einem Interview in einer regierungsnahen Zeitung aus dem Schussfeld zu nehmen. Dieser werde zu Unrecht angegriffen. Er habe Hatvanpuszta vor Jahren gekauft, als das Gut verlassen und heruntergekommen gewesen sei. Er wolle dort wieder einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb führen, nächstes Jahr könne die Arbeit beginnen.

Wirklich glaubhaft ist das allerdings nicht. Am Montag veröffentlichte Hadhazy die Grundrisspläne des sogenannten Gästehauses des Anwesens. Sie sehen unter anderem zehn voll ausgestattete Wohnungen vor, einen fast 200 Quadratmeter grossen Speisesaal mit Kamin, eine restaurantähnliche Küche mit Lager- und Vorbereitungsräumen und eine Bar. «Wenn das ein Landwirtschaftsbetrieb ist, bin ich der Papst», schreibt Hadhazy dazu. Auch ein vom regierungskritischen Portal «Telex» befragter Architekt erklärte, die Gebäude sähen aus wie Wohnhäuser. Aufwendige Gärten etwa seien für einen Bauernhof nachteilig.

«Woher kommt das Geld?»

Gyözö Orban erklärte, das Geld für den Kauf und den Umbau des Anwesens stamme aus den Gewinnen eines Bauunternehmens, dessen Mehrheitseigentümer er sei. Peter Magyar rechnete allerdings vor, dass dies nicht aufgehen könne. Allein die Baukosten schätzt Orbans bisher gefährlichster Herausforderer auf umgerechnet über 30 Millionen Franken. «Woher kommt das Geld?», fragt Magyar deshalb.

Orban weiss um seine Verwundbarkeit durch die Korruptionsvorwürfe. Eben erst flog er demonstrativ mit der ungarischen Billig-Airline Wizz Air nach Bilbao, Aufnahmen des schlafenden Regierungschefs in der Economyclass gerieten kaum zufällig an die Öffentlichkeit. Allerdings liess er sich nur einige Tage später in einem Privatjet nach Kroatien bringen, wo er Sommerferien auf einer Jacht verbrachte. Wie das Investigativportal «Atlatszo» berichtete, schipperten gleichzeitig diverse Personen aus seinem engen Umfeld auf Luxusbooten in der Adria.

Derweil verliessen Orbans älteste Tochter Rahel und ihre Familie Ende letzter Woche Ungarn Richtung New York, offiziell für ein Studienjahr. Sie und ihr Ehemann Istvan Tiborcz stehen ebenfalls sinnbildlich für den Reichtum der ungarischen Elite: Tiborcz steht mit erst 39 Jahren schon auf der «Forbes»-Liste der reichsten Ungarn, sein Vermögen schätzt das Magazin auf umgerechnet über 350 Millionen Franken.

Wie Meszaros profitierte auch Orbans Schwiegersohn von Geschäften mit der öffentlichen Hand. Im Frühling wurde er am Steuer eines Ferraris in Marbella gesichtet – das Fahrzeug sei nur gemietet gewesen, hiess es jedoch rasch. Tatsächlich ziehe die Familie in die USA, um in den verbleibenden Monaten bis zur Wahl solche Schlagzeilen zu vermeiden, glauben Kritiker.

GRIECHENLAND – Erfundene Flächen gefördert: Griechische „Bauern“ erschlichen Millionen – ORF, 2.9.2025

Vor eineinhalb Jahren ist in Griechenland ein Skandal in Zusammenhang mit EU-Fördermitteln im Agrarbereich publik geworden. Die Details sind haarsträubend: erfundene Flächen und Zahlungen an Nichtberechtigte und ein Ausmaß, das erst langsam klar wird. Am Dienstag legte das zuständige Ministerium eine erste Bilanz vor: Demnach wurden bisher 1.036 Steuernummern ermittelt, unter denen seit 2019 Subventionen in Höhe von 22,7 Millionen Euro erschlichen worden sind. Die Summe dürfte sich noch vervielfachen.

Aufgekommen war alles im März 2024: Damals hatte das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) die griechischen Behörden über Verstöße bei der Verwaltung von EU-Fördermitteln informiert. Die Umstände muteten fast skurril an: Unter anderem wurden felsige Gelände, Wälder und sogar Areale im Nachbarland Nordmazedonien als Agrarflächen deklariert und subventioniert.

Doch der Hotspot der Fälle erschlichener EU-Subventionen liegt laut Angaben des Bürgerschutzministeriums auf der Insel Kreta – denn von den 1.036 verdächtigen Steuernummern befinden sich 850 dort, rund 17 Millionen Euro seien auf die Insel geflossen. 273 davon erhielten illegal EU-Subventionen in der Höhe von über 20.000 Euro, wie aus Daten hervorgeht, die das Ministerium am Dienstag veröffentlichte.

Strafverfolgung, Einfrieren von Konten

Im Schnitt lägen die Betrugssummen aber bei der doppelten Summe – bei rund 40.000 Euro je Steuernummer. Insgesamt seien binnen eineinhalb Monaten 6.354 Steuernummern mit den dahinterstehenden Personen und Betrieben untersucht worden. Die Ausgeforschten müssten die unrechtmäßig erhaltenen Gelder zurückzahlen. Konten würden eingefroren und Strafverfolgungsmaßnahmen eingeleitet.

Verstorbene Eigentümer, falsche Angaben zu Nutztieren

Die bisherigen Untersuchungen brachten verschiedene Betrugsmethoden ans Licht: Dazu zählen erfundene Eigentumsverhältnisse, irreführende Angaben zu Flächen verstorbener Eigentümer sowie falsche Angaben zu Nutztieren. Zudem wurden Anträge von Begünstigten häufig unvollständig oder selektiv eingereicht – Flächen wurden teilweise falsch deklariert.

„Illegale und ungerechtfertigte Bereicherung“

Es dürfe nicht toleriert werden, „dass einige öffentliche Ressourcen missbrauchen, seien sie nationaler oder europäischer Art. Diese Mittel sind für die Unterstützung der griechischen Agrarwirtschaft bestimmt und nicht für die illegale und ungerechtfertigte Bereicherung einiger Personen“, sagte der zuständige Minister Michalis Chrysochoidis beim öffentlich-rechtlichen Sender ERTNews.

Die Ermittlungen, die erstmals weit verbreiteten Betrug bei der mit Verwaltung und Auszahlungen von EU-Geldern betrauten griechischen Zahlstelle OPEKEPE ans Licht brachten, wurden im Sommer 2020 von der Europäischen Staatsanwaltschaft (EuStA) eingeleitet. Sie ergaben, dass vielfach unrechtmäßig Eigentumsansprüche auf öffentliches Land erhoben wurden und fiktive Pachtverträge existierten.

OPEKEPE-Beamte involviert

Erst zuletzt waren wieder OPEKEPE-Büros in Athen durchsucht worden, insgesamt waren Hunderttausende Steuerunterlagen beschlagnahmt worden. Auch hochrangige Beamte von OPEKEPE stehen im Verdacht, in den Betrug verwickelt zu sein. Fünf hochrangige Regierungsbeamte, darunter ein Minister und drei Abgeordnete, traten zurück, nachdem ihnen eine Beteiligung an dem Fall vorgeworfen worden war.

Seit 2017 hatten sich Berichte über Unregelmäßigkeiten gehäuft: Fördermittel wurden an Personen ausgezahlt, die falsche oder gar keine Flächen bewirtschafteten. Das führte zu großem Vertrauensverlust und politischen Konsequenzen. Die Regierung hat die Behörde daraufhin reformiert und unter die Kontrolle der zentralen Steuerbehörde gestellt, um Korruption künftig besser zu verhindern.

red, ORF.at

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SERBIEN – Vucic greift die letzten unabhängigen Medien Serbiens an – Jaschar Dugalic, NZZ, 2.9.2025

Die Fernsehsender N1 und Nova S berichten seit zehn Monaten regierungskritisch über die Studentenproteste in Serbien. Das ist dem Regime ein Dorn im Auge. Jetzt versucht es, die Direktorin des übergeordneten Medienhauses abzusetzen.

Wer wissen und sehen will, was bei den Studentenprotesten in Serbien vor sich geht (und Serbokroatisch versteht), schaut am besten den Fernshsender N1.

Seit am 1. November vergangenen Jahres in der Universitätsstadt Novi Sad das Vordach eines Bahnhofs eingestürzt ist und dabei sechzehn Personen ums Leben gekommen sind, finden in Serbien fast täglich Schweigeminuten und Demonstrationen statt. Studentinnen und Studenten führen den Protest an, viele Bürgerinnen und Bürger unterstützen sie. Anfangs forderten sie die Aufklärung des Einsturzes, für den sie Schlamperei und Korruption verantwortlich machen. Inzwischen richtet sich der Protest offen gegen das autoritäre Regime von Serbiens Präsident Aleksandar Vucic und seiner regierenden Fortschrittspartei (SNS). Die Studierenden verlangen Neuwahlen.

Am Montagabend, auf den Tag zehn Monate nach dem Einsturz, marschierten erneut Zehntausende Menschen durch Belgrad und andere Städte.

N1 berichtet tagtäglich über die Proteste, die über das ganze Land hinweg stattfinden. Live werden lokale Korrespondenten aus Dörfern und Städten zugeschaltet. Mitte August, als es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei sowie Anhängern des Regimes kam, waren N1-Reporter mit Helm und Kamera vor Ort. Sie zeigten, wie Regimeanhänger die Demonstranten mit Feuerwerk beschossen und wie im Gegenzug einzelne Demonstranten Parteilokale der SNS verwüsteten.

Der Sender, der in vier Balkanländern präsent ist und seit seiner Gründung 2014 eine Partnerschaft mit dem amerikanischen Sender CNN unterhält, gilt als Qualitätsmedium. Damit ist N1 inzwischen auf einsamem Posten. Mitte Juli gab al-Jazeera abrupt die Schliessung seiner Büros auf dem Balkan bekannt. Geblieben sind nebst N1 noch der Sender Nova S sowie die Tageszeitung «Danas» und die Wochenzeitung «Radar». Sie alle berichten regierungskritisch, und sie gehören dem Medienunternehmen United Media.

Dieses ist dem Regime deshalb schon länger ein Dorn im Auge. Nun will das Regime die CEO von United Media, Aleksandra Subotic, loswerden. Das geht aus einem aufgezeichneten Telefonat hervor.

Abgehörtes Telefongespräch

Die beiden Investigativplattformen Organized Crime and Corruption Reporting Project und «Krik» hatten das Telefonat vergangene Woche veröffentlicht. Es fand zwischen dem Direktor von Telekom Srbija, Vladimir Lucic, und dem CEO der United Group, Stan Miller, statt.

Der United Group gehört United Media. Telekom Srbija ist hingegen der grösste Internet-, TV- und Festnetzanbieter Serbiens und mehrheitlich in Staatsbesitz. Das Unternehmen kaufte in den vergangenen Jahren private Kabelnetzbetreiber auf, die seither die regierungskritischen Sender N1 und Nova S nicht mehr anbieten. Kritiker sehen im Unternehmen deshalb ein Vehikel, mit dem Vucic seine Kontrolle der Medienlandschaft ausweitet und kritische Stimmen verdrängt.

Das Gespräch beginnt mit Miller, der lachend sagt: «Serbien explodiert unter unseren Ärschen.» Dann spricht er über die Absetzung von Aleksandra Subotic: «Ich kann Aleksandra heute nicht feuern, wie wir besprochen haben, okay?»

Lucic betont daraufhin, dass Präsident Vucic die Entlassung Subotics an noch höherer Stelle beantragt habe, beim Vorsitzenden des Investmentfonds, der Mehrheitseigentümer der United Group ist. Der Präsident habe diesen gebeten, «Subotic schnell auszutauschen, nicht aber die Direktoren von N1 oder Nova S». Letzteres, dessen sei sich der Präsident bewusst, sei derzeit zu schwierig.

Miller sagt beschwichtigend: «Wir werden so schnell wie möglich handeln.» Dann lässt er sich über Subotic aus, die ihm gehörig auf die Nerven gehe, weil sie ihn bei Sitzungen ständig herumkommandiere.

Empörung in Serbien

Die United Group bestätigte laut mehreren Medienberichten die Echtheit des Gesprächs, verurteilte jedoch, dass es aufgezeichnet worden sei. Das Gespräch sei rein geschäftlich gewesen, die Aufzeichnung sei unvollständig. Weder die Telekom Srbija noch andere Unternehmen oder Einzelpersonen hätten Druck ausgeübt, um Subotic zu entlassen, so die United Group. Subotic werde ihre Position behalten.

Lucic sowie eine Sprecherin von Präsident Vucic verneinten, dass die beiden sich in die Interna der United Group eingemischt oder Druck auf das Unternehmen und die zu ihm gehörenden Medien ausgeübt hätten.

Dennoch sorgte die Veröffentlichung des Gesprächs für Empörung.

Subotic selbst bezeichnete es als «inakzeptabel», dass Miller ihre mögliche Entlassung mit dem Direktor eines konkurrierenden Unternehmens bespreche. Der Regierung und Vucic wirft sie vor, mit dem Versuch, sie abzusetzen, die Medienfreiheit in Serbien gezielt schwächen zu wollen. Serbische Journalistenvereinigungen schlossen sich den Vorwürfen an und zeigten ihre Besorgnis über den Zustand der Medienfreiheit in Serbien.

Nacktbilder als Druckmittel

Tatsächlich steht es schlecht um die Medienwelt in Serbien. Vucic, einst Informationsminister unter Slobodan Milosevic, hat einen Grossteil der Medien auf seine Linie gebracht. Entweder sind sie in Staatsbesitz oder gehören mit ihm verbündeten Privatpersonen. Sie geben ungefiltert wieder, was er und die Mitglieder seiner Partei behaupten: Die Studierenden bezeichnen sie als Terroristen, Staatsfeinde oder ausländische Agenten. Der Protest sei eine vom Ausland finanzierte «Farbrevolution».

Studierende oder Oppositionspolitiker kommen hingegen nicht zu Wort.

Gegen sie finden regelrechte Hetzkampagnen statt. Jüngst bekam das eine Studentin zu spüren. Sie war nach einem Protest festgenommen worden. Einem der Polizisten wirft sie vor, sie dabei geschlagen und ihr gedroht zu haben, sie zu vergewaltigen.

Kurze Zeit später tauchten private Nacktfotos und intime Bilder der Studentin im Internet auf. Der Vucic-Loyalist, Besitzer sowie Chefredaktor des Krawallmediums «Informer» zeigte die Bilder umgehend in einer seiner Live-Sendungen.

Am selben Tag, an dem dieser die Fotos zeigte, zogen Tausende von Personen, unter ihnen viele Frauen, aus Solidarität mit der Studentin durch Belgrad. Präsident Vucic sah sich gezwungen, wenige Tage später die Aktion seines Loyalisten zu rügen – ohne ihn dabei beim Namen zu nennen.

DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN

UMFRAGEN

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Chinas Autobauer im Aufwind: PwC-Studie zeichnet düsteres Bild für deutsche Zulieferer – n-tv, 2.9.2025 (KURZVIDEO)

Chinesische Autos erobern den Weltmarkt. In der Elektrosparte kommen die deutschen Hersteller kaum noch hinterher. Das trifft auch die Zulieferer hart, wie eine Studie des Beratungs- und Wirtschaftsprüfungs-Riesen PwC deutlich macht.

Mehrwertsteuersenkung gefordert: Gastgewerbe hält sechstes Verlustjahr inzwischen für unvermeidbar – n-tv, 2.9.2025

Restaurants, Kneipen und Hotels kämpfen mit steigenden Kosten und sinkenden Umsätzen. Am Jahresende werden die Branchenerlöse wohl erneut geringer ausfallen. Wie so oft in solchen Fällen richtet sich der Blick nach Berlin. Die Senkung der Mehrwertsteuer möge doch rasch kommen und lange bleiben, fordert der Verband Dehoga.

Hohe Kosten, sparsame Kunden: Das Gastgewerbe in Deutschland rechnet mit dem sechsten Verlustjahr in Folge. „Viele Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagte der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands, Guido Zöllick. Er forderte von der Bundesregierung, die versprochene Ssenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Speisen im Restaurant rasch umzusetzen – und das dauerhaft.

Seit der Corona-Pandemie hatten viele Unternehmen im Gastgewerbe ihre Preise spürbar erhöht. Im ersten Halbjahr 2025 hatten sie zwar nur 0,1 Prozent weniger Umsatz in den Kassen. Inflationsbereinigt lagen die Erlöse mit 3,7 Prozent spürbar unter dem Vorjahreszeitraum. Im Vergleich zu 2019, dem letzten Jahr vor der Corona-Krise, brachen die realen Umsätze sogar um 15,1 Prozent ein, während es dank Preiserhöhungen ein nominales Plus von 10,9 Prozent gab. Diese Einbußen könne man bis Jahresende nicht mehr wettmachen, sagte Zöllick. „Denn die Ausgehlust und die Verbraucherlust ist nicht größer geworden.“

„Die Leute gehen seltener essen, sie bestellen günstigere Gerichte oder verzichten auf die Vorspeise“, schilderte Zöllick die Lage. Gleichzeitig seien die Kosten seit Januar 2022 stark gestiegen – für Personal etwa um rund 34 Prozent, für Lebensmittel um rund 27 Prozent. „Manche Gastwirte bringen kein Kalbsschnitzel mehr auf den Tisch.“ Zugleich stiegen die Preise in dieser Zeit in Gaststätten aber auch um mehr als 26 Prozent.

Zöllick mahnte angesichts dieser Entwicklung die von der Bundesregierung beabsichtigte Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in der Gastronomie auf sieben Prozent an. „Unsere Branche braucht jetzt Planungssicherheit“, sagte er. Spätestens zum 1. Januar 2026 müsse die Entlastung in Kraft treten.

Die einheitliche Besteuerung von Essen mit sieben Prozent bedeute die längst überfällige Stärkung der Betriebe im harten Wettbewerb mit Lieferdiensten, Essen zum Mitnehmen und Fertiggerichten aus dem Handel, die seit jeher sieben Prozent hätten. „Es geht um Steuerfairness und Gleichbehandlung.“

Von der Reduzierung der Mehrwertsteuer erhoffen sich die Betriebe der Umfrage zufolge eine Stabilisierung ihrer wirtschaftlichen Situation, die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Fähigkeit, mehr investieren zu können. Rund 44 Prozent gaben auch an, sie wollten ihren Gästen dann ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.

Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass die Mehrwertsteuer auf Speisen ab dem kommenden Jahr von derzeit 19 auf dann 7 Prozent sinken soll. Dieser reduzierte Satz hatte bereits von 2020 bis Ende 2023 gegolten – zunächst wegen der Corona-Pandemie, dann wegen der hohen Inflation infolge der Energiekrise.

Zöllick forderte neben dem reduzierten Mehrwertsteuersatz auch flexiblere Arbeitszeitvorschriften und einen Abbau der Bürokratie. Neues „Ungemach“ sei etwa die verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung – „wir setzen hier auf Freiwilligkeit“.

Dehoga hatte Anfang bis Mitte August 3941 gastgewerbliche Unternehmen zu ihrer wirtschaftlichen Lage befragt. Insgesamt gibt es in Deutschland 202.000 dieser Unternehmen, laut Verband sind 99 Prozent von ihnen klein oder mittelständisch. Sie beschäftigten insgesamt rund 1,12 Millionen Menschen. Zöllick sagte, sie seien „Visitenkarte und Imagefaktor des Reiselands Deutschland“, und ein „Herzstück des gesellschaftlichen Lebens“.

Quelle: ntv.de, mwa/AFP/rts

Deutsche Teilzeitquote steigt auf 40,1 Prozent – Geringfügige Beschäftigung ist laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung rückläufig – Pressetext, 2.9.2025

Nürnberg (pte020/02.09.2025/13:59) – Die Beschäftigungsquote bei Teilzeit arbeitenden Deutschen ist gegenüber dem Vorjahresquartal um 0,5 Prozentpunkte gestiegen und erreichte im zweiten Quartal 2025 mit 40,1 Prozent einen neuen Rekordwert. Dies geht aus der heute, Dienstag, veröffentlichten Arbeitszeitrechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Weniger Vollzeitbeschäftigte

Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten erhöhte sich gegenüber dem Vorjahresquartal um 1,3 Prozent, die der Vollzeitbeschäftigten hingegen sank leicht um 0,7 Prozent, teilt das Nürnberger Institut mit. Der Anstieg der Zahl der Teilzeitbeschäftigten sei auf die reguläre Teilzeit zurückzuführen, da die geringfügige Beschäftigung erneut rückläufig war, heißt es.

Die Zahl der Erwerbstätigen ist im zweiten Quartal minimal gegenüber dem Vorjahresquartal auf 46 Mio. Personen gestiegen. Saison- und kalenderbereinigt stagnierte die Erwerbstätigkeit gegenüber dem Vorquartal. Die Vollzeitjobs liegen laut den IAB-Analysten schon mehr als 200.000 unter dem Höchststand. Die anhaltende Rezession fordert damit ihren Tribut.

Viele üben Nebentätigkeit aus

Das Arbeitsvolumen ist gegenüber dem Vorjahresquartal um 0,5 Prozent gesunken und lag im zweiten Quartal bei 14,5 Mrd. Stunden. Saison- und kalenderbereinigt zeigt sich eine Abnahme um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Im Schnitt 2,6 bezahlte und 3,9 unbezahlte Überstunden leisteten die beschäftigte Arbeitnehmer im zweiten Quartal 2025.

Auch gingen 4,64 Mio. Beschäftigte im zweiten Quartal einer Nebentätigkeit nach, 2,5 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Damit folgt die Entwicklung dem langfristigen Aufwärtstrend. Bezogen auf alle beschäftigten Arbeitnehmer wurden pro Kopf mit 7,4 Stunden 0,2 Arbeitsstunden mehr in Nebenjobs geleistet als im Vorjahresquartal.

(Ende)

KOMMENTAR – ANALYSE – HINTERGRUND

KOMMENTAR – Deutschland muss seinen Sozialstaat schrumpfen, damit die Wirtschaft wieder wachsen kann – Malte Fischer, NZZ, 3.9.2025

Der Sozialstaat ist zur grössten Wachstumsbremse in Deutschland geworden. Er ist zu teuer und schmälert die Leistungsanreize. Ohne radikale Reformen ist er wegen der demografischen Entwicklung bald nicht mehr finanzierbar.

Gesellschaften brauchen ein identitätsstiftendes Narrativ, das sie zusammenhält. In Deutschland ist es der Sozialstaat, der dieses Narrativ liefert. Er ist das goldene Kalb, um das die Gesellschaft tanzt. Der Sozialstaat gilt den Deutschen als Garant für gesellschaftliche Solidarität, als Fels in der Brandung einer von Egoismen und Gewinnstreben dominierten Wirtschaftswelt.

Bei der sozialen Marktwirtschaft war den Deutschen das Adjektiv «sozial» daher immer wichtiger als die Marktwirtschaft, die es beschreibt und zugleich relativiert. Besonders ausgeprägt ist der Glaube an die Segen stiftende Wirkung des Sozialstaats in der SPD. Die Partei versteht sich als Schutzmacht der Zu-kurz-Gekommenen und als Lordsiegelbewahrerin sozialstaatlicher Rundum-Fürsorge. Den Sozialstaat zu verteidigen, gehört zur DNA der Sozialdemokraten.

Das dürfte wieder einmal deutlich werden, wenn die Politiker der schwarz-roten Koalition an diesem Mittwoch im Koalitionsausschuss zusammenkommen, um über den weiteren Kurs der Regierung und die Reform des Sozialstaats zu beraten.

Grenze des Verhandelbaren

Arbeitsministerin Bärbel Bas von der SPD hat bereits die Linien gezeichnet, die für die Sozialdemokraten die Grenze des Verhandelbaren markieren. Die Behauptung von Bundeskanzler Friedrich Merz, Deutschland könne sich wegen der Wachstumsschwäche seiner Wirtschaft den Sozialstaat bisheriger Prägung nicht mehr leisten, geisselte Bas jüngst als «Bullshit».

Deutschland sei ein reiches Land, deshalb sei es falsch, die soziale Sicherung zu streichen, sagt Bas. Statt den Rotstift kreisen zu lassen, müsse die Regierung «gemeinsam für mehr Wachstum arbeiten». Das sei «der richtige Weg».

Richtig ist, dass der Sozialstaat ohne eine wachsende Wirtschaft vertrocknet wie eine Blume ohne Wasser. Nur wenn die Wirtschaft wächst, entsteht Wohlstand. Und nur wenn Wohlstand entsteht, ist ein Sozialstaat finanzierbar.

Der Sozialstaat ist zur Wachstumsbremse geworden

Das Problem ist, dass der Sozialstaat in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten selbst zur grössten Wachstumsbremse geworden ist. Mehr als 1300 Milliarden Euro flossen im vergangenen Jahr in staatliche Sozialleistungen, das waren 31,2 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Im nächsten Jahr gehen knapp 38 Prozent des Bundeshaushalts allein für das Ressort Arbeit und Soziales drauf, das Bärbel Bas verwaltet.

Um die Sozialleistungen zu finanzieren, greift der Staat den Bürgern tief ins Portemonnaie. Die Steuerlast in Deutschland ist so hoch wie in kaum einem anderen Land in Europa. Und die Sozialabgaben haben mit über 40 Prozent ein die Leistung sedierendes Niveau erreicht. Ohne Reformen – und das heisst Einschnitte auf der Ausgabenseite des Sozialstaats – werden die Abgaben in den nächsten Jahren ungebremst auf die Marke von 50 Prozent zusteuern.

Die Alterspyramide kippt

Dafür sorgt allein schon die Demografie. Teilten sich 1957 knapp vier Erwerbstätige die Finanzierung eines Rentners, sind es derzeit nur noch zwei Erwerbstätige, die für einen Rentner aufkommen müssen. Dass die Jungen bereit sind, die absehbar weiter steigende demografische Last zu stemmen, gehört zu den Lebenslügen all jener Politiker, die sich mit wahltaktischem Blick auf die Mehrheitsverhältnisse die Wahrung der Besitzstände der Älteren auf die Fahne geschrieben haben.

Sagen die Jüngeren, allen voran die Leistungsträger, wegen der erdrückenden Finanzierungslast dem Standort Deutschland Ade, ist der Sozialstaat nicht mehr zu retten. Denn es sind die Schultern der jüngeren, gut ausgebildeten und produktiven Menschen, auf denen er ruht. Überfordert er sie, stehen sie ihm als Stützen nicht mehr zur Verfügung.

Das sollten die Sozialstaatsapologeten aller Parteien bedenken, die sich mit Händen und Füssen dagegen wehren, die Sozialleistungen auf ein tragbares Mass zurückzustutzen, sei es durch längeres Arbeiten, Kürzungen bei Pflege und Bürgergeld oder durch mehr Selbstbeteiligung im Gesundheitswesen.

Deutschland muss angesichts der kippenden Alterspyramide und der Masseneinwanderung in den Sozialstaat sein Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell neu austarieren. Dazu gehört, die Ansprüche an den Sozialstaat und damit an die Mitbürger zurückzufahren.

Die Bundesregierung hat es in der Hand, ob sie es bei ein paar kosmetischen Reförmchen belässt und damit den Kollaps des Sozialstaats in wenigen Jahren in Kauf nimmt. Oder ob sie einen radikalen Kurswechsel einleitet, der zunächst schmerzhaft ist, langfristig aber die Basis für mehr Wachstum und neuen Wohlstand schafft.

ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGENAPA-WAHLTREND

„Kein Sprint, ein Marathon“: Regierung einig bei Konjunkturmaßnahmen – ORF, 2.9.2025

Die schwarz-rot-pinke Dreierkoalition hat sich bei ihrer Regierungsklausur am Dienstag auf Konjunkturmaßnahmen in Höhe von einer Milliarde Euro geeinigt. 600 Millionen davon waren im Budget bereits für Offensivmaßnahmen vorgesehen, der Rest soll durch Umschichtungen und Förderkürzungen freigemacht werden. Geplant sind Investitionsanreize, eine Unterstützung energieintensiver Betriebe und Mittel für den Breitbandausbau. Zudem wurden Maßnahmen gegen die Teuerung vereinbart.

„Der Aufschwung ist kein Sprint, der Aufschwung ist ein Marathon“, fasste Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) die Gespräche bis dato bei einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag zusammen. Nicht nur die Inflation von 4,1 Prozent laut Schnellschätzung, wie sie die Statistik Austria am Dienstag bekanntgab, habe die Klausur dominiert, sondern auch die Zurückhaltung der heimischen Wirtschaft bei Investitionen, so Hattmannsdorfer weiter.

Aus diesem Grund habe man beschlossen, den Investitionsfreibetrag ab 1. November von zehn auf 20 Prozent zu verdoppeln bzw. bei ökologischen Investitionen von 15 auf 22 Prozent zu erhöhen. Dafür würden 220 Millionen Euro in den kommenden beiden Jahren aus dem Budget lockergemacht. Das sei ein „eindeutiger Anreiz, Investitionen zu tätigen und Investitionen vorzuziehen“, so der Wirtschaftsminister.

Industriestrombonus, Standortfonds und Co.

Mit je 75 Millionen Euro sollen energieintensive Betriebe heuer und im kommenden Jahr mit einem Industriestrombonus unterstützt werden. Das entsprechende Gesetz soll bis Ende der Woche in Begutachtung gehen, so Hattmannsdorfer. Eine Entlastung soll es bei der Energieabgabe geben. Für den Breitbandausbau sollen für die Jahre 2027 bis 2029 jährlich 40 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden.

Um mehr privates Kapital zu mobilisieren, soll ein Standortfonds geschaffen werden, damit Start-ups in ihrer Wachstumsphase gestärkt werden können, sodass sie in Österreich bleiben und nicht in andere Länder abwandern. Zusätzlich soll es mit dem „Vergaberecht Rot-Weiß-Rot“ einfacher werden, Aufträge direkt heimisch vergeben zu können. Der Wirtschaftsminister kündigte außerdem eine Verfahrensbeschleunigung an – etwa beim Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), das man alsbald in Begutachtung schicken wolle.

Vorhaben gegen steigende Lebensmittelpreise

Im Kampf gegen die Teuerung setze man bei den Lebensmittelpreisen vor allem auf die EU im Kampf gegen den „Österreich-Aufschlag“ bei Lebensmitteln, erläuterte Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ). Dazu wolle man eng mit der EU zusammenarbeiten und eine Allianz mit anderen kleinen Ländern gegen territoriale Lieferbeschränkungen schließen, etwa mit Belgien.

Mit dem Lebensmitteleinzelhandel will der Finanzminister das Gespräch suchen, „um Preiserhöhungen hintanzuhalten“. Zudem wolle man für mehr Transparenz bei versteckten Preiserhöhungen, etwa durch Verkleinerung von Packungsinhalten, sorgen. Gesetzliche Vorgaben solle es noch heuer geben, so Marterbauer.

Zudem soll die Statistik Austria ab Anfang 2026 eine Datenbank zur Preisbeobachtung einrichten, um ungerechtfertigte Preispolitik entlang der Lieferketten zu identifizieren. Die bestehende Preiskommission soll neu aufgestellt werden, zudem sind Änderungen bei der Grundpreisauszeichnung zur besseren Vergleichbarkeit und mehr Kontrollen geplant.

Die Eingriffsmöglichkeiten der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sollen gestärkt und diese bei der Umsetzung eines umfassenden Wettbewerbsmonitoring unterstützt werden. Das Bundesgesetz zur Abmilderung von Krisenfolgen und zur Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von marktbeherrschenden Energieversorgern wird bis 2031 verlängert.

„Kein Geld für umfangreiche Konjunkturimpulse“

Marterbauer stellte fest, dass die Bundesregierung keinen „Knopf für Konjunktur“ drücken könne. „Wir haben kein Geld für umfangreiche Konjunkturimpulse“, so Marterbauer. Jedoch könne die Regierung für Verlässlichkeit sorgen, um etwa Unternehmen Planungssicherheit zu geben. In Bezug auf die Budgetlage liege man „budgetär auf Kurs“, insbesondere im Bund, so der Finanzminister. Nachdem die meisten Konsolidierungsmaßnahmen erst mit 1. Juli in Kraft getreten seien, werde das zweite Halbjahr „entscheidend“.

Marterbauer erwartet eine leichte Erholung auf dem Arbeitsmarkt. Trotz der allgemein trüben Aussichten und steigender Arbeitslosigkeit wies er darauf hin, dass die Rezession vorbei sei. „Wir sind in keinem starken Aufschwung, aber wir sehen in manchen Bereichen gewisse Bewegungen“, so Marterbauer – etwa in der Industrie, der Bauwirtschaft und in der Konsumnachfrage.

Schellhorn hebt Entbürokratisierung hervor

Auch bei den anstehenden Valorisierungen müsse man alles tun, um etwas gegen die Teuerung zu tun, so NEOS-Staatssekretär Josef Schellhorn. Die Unternehmen entlasten müsse man auch durch Entbürokratisierung. Dem Thema will sich die Regierung in einem eigenen Ministerrat noch heuer widmen.

Angekündigt wurden auch Arbeitsmarktmaßnahmen. Ab 2026 sind 50 Millionen Euro jährlich für die „Aktion 55 Plus“ vorgesehen. Die vor allem von der ÖVP forcierte Steuer- und Abgabensenkung für weiterarbeitende Pensionistinnen und Pensionisten soll wie geplant 2026 kommen. Gleichzeitig wird die Grenze für den geringfügigen Zuverdienst bis Ende 2027 eingefroren. Zum zuletzt heiß diskutierten Thema Teilzeit soll eine Taskforce eingesetzt werden, die Anreize und Rahmenbedingungen für mehr Arbeitsstunden ausarbeiten soll.

Streitpunkt: Erhöhung der Pensionen unter Inflation

Die Gegenfinanzierung sei gesichert, so die Regierung am Dienstag, blieb aber bei den Details vage. Verwiesen wurde auf Umschichtungen im Budget und Kürzungen bei den Förderungen. Einig ist man sich offenbar auch, dass die Pensionen – sozial gestaffelt – unter der Inflation, also unter 2,7 Prozent, erhöht werden sollen. Die Verhandlungen dazu stehen allerdings noch aus. Die Ankündigung sorgte am Dienstag für Kritik bei Opposition und Senioren- bzw. Pensionstenvertretungen.

FPÖ: Anreize positiv, aber zu spät

Seltene Zustimmung bekam die Dreierkoalition von der FPÖ. Die Investitionsanreize wurden als „richtiges Zeichen“ gelobt, allerdings hätten diese Maßnahmen aus FPÖ-Sicht bereits im Juni bei einem entsprechenden blauen Antrag im Nationalrat umgesetzt werden können.

Auch die Grünen reagierten nicht gerade begeistert und sahen „alten Wein in neuen Schläuchen“. Milliardenschwere klimaschädliche Subventionen lasse die Regierung dazu unangetastet. Für den Industriestrombonus würden sogar sinnvolle Energieeffizienzförderungen gestrichen.

Industriellenvereinigung (IV) und Wirtschaftskammer (WKO) äußerten sich zufrieden über die angekündigten Maßnahmen. Einzig beim Pensionssystem und in der Verwaltung forderte die IV mehr strukturelle Reformen. Der ÖGB drängte erneut auf einen Deckel für Mieterhöhungen bei freien Mieten und im geplanten Elektrizitätswirtschaftsgesetz (EIWG) auf einen Krisenmechanismus, bei Preissteigerungen auf dem Energiemarkt einzugreifen.

Beschluss bei Ministerrat am Mittwoch

Das Konjunkturmaßnahmenpaket der Bundesregierung soll am Mittwoch im Ministerrat beschlossen werden. Bei der Regierungsklausur soll auch das Programm für das nächste halbe Jahr festgelegt werden.

vogl, ORF.at/Agenturen

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Kärnten hat 1000 Seen, viel Größenwahn und 1000 Minderwertigkeitskomplexe im Tourismus – Werbetherapeut deckt paradoxe Kärntner Mentalität auf: „Schönstes Land“, aber „Kemma jo nix mochn“ – Pressetext, 2.9.2025

Klagenfurt/Wien (pts010/02.09.2025/09:50) – Die anhaltend positiven Reaktionen auf die Tourismus-Kritik des Werbetherapeuten Alois Gmeiner offenbaren ein tieferliegendes Problem der Kärntner Mentalität. Nach zahlreichen Rückmeldungen von Gemeinde-Politikern und Touristikern erkennt der gebürtige Kärntner ein paradoxes Muster: „Einerseits schwärmen alle Kärntner von Kärnten als dem schönsten Land der Welt. Andererseits höre ich permanent: ‚Mir san jo lei so klane Kärntner. Do kemma jo nix mochn‘. Diese Kombination aus Größenwahn und Minderwertigkeitskomplex lähmt jede Innovation.“ https://www.werbetherapeut.com

Vom „schönsten Land der Welt“ zur Selbstblockade

„Das ist geradezu surreal“, analysiert der auf Low-Budget-Marketing spezialisierte Gmeiner die Kärntner Psyche. „In einem Atemzug wird mir erklärt, dass Kärnten das Paradies auf Erden sei – um dann im nächsten Satz zu begründen, warum genau deshalb nichts verändert werden kann oder darf. Es ist, als würde man sagen: ‚Wir sind perfekt, deshalb können wir uns nicht verbessern.'“ Diese Denkweise führe zu einer gefährlichen Selbstgefälligkeit, die Stillstand als Tugend verkaufe.

Innovation als Bedrohung für die Kärntner „Gmiatlichkeit“ und das „Mir-san-mir-Gefühl“

Besonders deutlich wurde diese Mentalität in einem Gespräch mit einem langjährigen Tourismusverantwortlichen: „Er sagte mir wörtlich: ‚Bei uns ist halt alles gemütlicher. Wir brauchen den Saison-Stress nicht wie die Tiroler.‘ Aber Gemütlichkeit darf nicht zur Ausrede für Untätigkeit werden“, so Gmeiner. Während andere Regionen ihre Traditionen erfolgreich mit Innovation verbinden – und vermarkten, verstecke sich Kärnten hinter einer romantisierten Vorstellung von Beschaulichkeit und in die Jahre gekommenem Gästeverständnis.

„Kemma jo nit mochn“ als Totschlag-Argument

Der Werbetherapeut beobachtet ein wiederkehrendes Muster: „Sobald neue Ideen aufkommen, folgt reflexartig das ‚Kemma jo nit mochn‘. Zu teuer, zu kompliziert, zu riskant – es gibt immer einen Grund, warum ausgerechnet in Kärnten nichts funktionieren soll.“ Diese Haltung werde oft mit dem Verweis auf die eigene Kleinheit gerechtfertigt, obwohl Kärnten so viele Touristen wie Luxemburg, Slowenien und Albanien zusammen beherbergt und daher durchaus über ein enormes Potential verfügt.

Größenwahn meets Kleinmütigkeit: Ein toxischer Mix

Die Kombination sei besonders destruktiv: „Man fühlt sich als Nabel der Welt, aber traut sich gleichzeitig nichts zu. Kärnten hat eine Opfermentalität, die jede Verantwortung von sich weist. Das führt zu einer Art geistiger Lähmung“, diagnostiziert der Marketing-Experte. „Andere Regionen sagen: ‚Wir müssen besser werden.‘ Kärnten sagt: ‚Wir sind eh schon die Besten, aber ändern können wir trotzdem nichts.'“

Der Ausweg: Selbstbewusste Bescheidenheit statt arrogante Ängstlichkeit

Gmeiner plädiert für einen Mentalitätswandel: „Kärnten sollte stolz auf seine Stärken sein, aber ehrlich mit seinen Schwächen umgehen. Echtes Selbstbewusstsein zeigt sich nicht in großspurigen Behauptungen, sondern in der Bereitschaft zur kontinuierlichen Verbesserung.“ Die Region brauche Menschen, die sagen: „Wir haben Potenzial – und wir sollten es auch aktiv nutzen.“

Trotz geringem Budget: 1000 Chancen statt 1000 Ausreden

„Kärnten hat tatsächlich 1000 Seen, 1000 Berge und damit 1.000.000 touristische Möglichkeiten. Aber anstatt 1000 kreative Ideen zu entwickeln, produzieren Kärnten und seine Tourismus-Gemeinden (und auch die Kärnten-Werbung) 1000 Ausreden, warum nichts geht“, fasst Gmeiner zusammen. Der Hauptgrund der meist angeführt wird: kein Geld. Zu teuer. Geht nicht. Falsch, wie Gmeiner meint, der auch in der Beschränkung der Mittel einen enormen Innovationstreiber sieht: „Weil mit voller Hose ist leicht stinken. Aber es wird Zeit, dass aus ‚Kemma nit mochn‘ endlich ‚Mochn ma!‘ wird.“

Kontakt:
Der Werbetherapeut
Tel.: +43 (0)699 133 20 234
E-Mail: info@werbetherapeut.com
Web: www.werbetherapeut.com

(Ende)

Bleiburger Wiesenmarkt: Feierlicher Eröffnungsfestzug nach altem Brauch – Mein Bezzirk, 30.8.2025 (Bilder, Videos)

Seit 632 Jahren ist der Bleiburger Wiesenmarkt ein Anziehungspunkt. Das größte und älteste Volksfest Südkärntens wurde heute feierlich eröffnet – mit dem großen Festzug „Mit G’schirr und G’scherr“.

BLEIBURG. So ist’s Tradition in Bleiburg. Zahlreiche Fest- und Ehrengäste, Trachten- und Musikgruppen und waren mit dabei, als mit dem Festzug mit „G’schirr und G’scherr“ die offizielle Eröffnungszeremonie für den diesjährigen Bleiburger Wiesenmarkt durchgeführt wurde. Im Festzug durch die Innenstadt wurde die Freyung zum Marktgelände gebracht. 

Tradition

Angeführt wurde der Festzug traditionell von Marktreferent Bürgermeister Stefan Visotschnig, Marktmeister Arthur Ottowitz, Gemeindefeuerwehrkommandant Rainer Findenig, Polizeikommandant Markus Hoffmann und Kommandant Christoph Katschnig von der Goiginger Kaserne. In der Mitte der Freyungsgruppe: „Stadtrichter“ Martin Dobnigg mit der Marktfreyung. Musikalisch angeführt wird der Festzug traditionell von der Jauntaler Trachtenkapelle Loibach.

Im Rahmen des Festzuges wird jedes Jahr der „Pachtzins“ übergeben – in einem roten Samtbeutel vom Bürgermeister der Stadtgemeinde Bleiburg an den Besitzer der Marktwiese, die Stadtpfarre Bleiburg, vertreten durch Stadtpfarrer Dechant Ivan Olip. Mit diesem Brauch wird ein jahrhundertealter Vertrag aufrechterhalten. 

Zum Marktgelände

Bei der Freyung am Marktgelände werden die Ehrengäste auf die „Marktregeln“ hingewiesen, mit einem Auszug aus der historischen Marktverkündigung, verlesen durch Bürgermeister Stefan Visotschnig. Danach erfolgt der „Zutritt“ auf die Marktwiese. 
Zahlreiche Ehrengäste ließen sich auch heuer die offizielle Eröffnung und den Wiesenmarkt-Samstag entgehen – an der Spitze die beiden Landeshauptmann-Stellvertreter Martin Gruber und Gaby Schaunig und mit ihnen zahlreiche Landespolitiker und Vertreter der Gemeinden des gesamten Bezirkes Völkermarkt. Der offizielle Bieranstich mit Festansprachen wurde im großen Stefitz Festzelt durchgeführt.

Weitere Links zu Bildern:

https://www.meinbezirk.at/voelkermarkt/c-leute/feierliche-stimmung-am-samstagabend-beim-bleiburger-wiesenmarkt_a7566992
https://www.meinbezirk.at/voelkermarkt/c-leute/volksfest-geselligkeit-und-bunte-vielfalt_a7567313
https://www.meinbezirk.at/voelkermarkt/c-lokales/vergnuegen-tradition-und-wunderschoener-blickfang_a7567145
https://www.meinbezirk.at/voelkermarkt/c-leute/vier-tage-lang-beliebter-treffpunkt-auf-der-marktwiese_a7569794
https://www.meinbezirk.at/voelkermarkt/c-leute/traditionsreicher-wiesenmarkt-abschluss-im-breznik-zelt_a7571501

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Ex-Minister Grasser mit hohen Schulden bei Republik

Erste Abschiebungen nach Somalia seit rund 20 Jahren

Prozess gegen IS-Finanzier in Wien geht weiter

Haimbuchner: Land OÖ soll Linzer Flughafen übernehmen

Gartenstraßen sollen Wien begrünen

Kärnten: Sauberes Trinkwasser als Herausforderung

Science

Wissenschaft kommt auf Wiener Märkte

Wirtschaft

VKI ruft zu Abstimmung über „Konsum-Ente“ auf

Irischer Milliardär Comer kauft Hotel Sacher in Baden

Harley-Treffen am Faaker See lässt Zimmerpreise steigen

Schnellschätzung: Inflation steigt auf über vier Prozent

ORF – Meldungen für die slowenische Volksgruppe (deutsch)

ORF – Meldungen für die slowenische Volksgruppe (slowenisch)

ORF – Meldungen für Volksgruppen in Österreich

MEDIZIN

Pflanzenbasierte Ernährung kann das Risiko von Multimorbidität senken – Universität Wien, 20.8.2025

Multimorbidität bedingt durch Krebs und kardiometabolische Erkrankungen kann reduziert werden – unabhängig vom Alter

In einer großangelegten multinationalen Studie mit über 400.000 Frauen und Männern im Alter von 37 bis 70 Jahren aus sechs europäischen Ländern haben Forscher*innen der Universität Wien in Zusammenarbeit mit der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC, Frankreich) und der Kyung Hee Universität (Südkorea) Ernährungsgewohnheiten und Krankheitsverläufe untersucht. Die groß angelegte Datenauswertung zeigt, dass eine pflanzenbasierte Ernährung mit einem reduzierten Risiko für Multimorbidität bedingt durch Krebs und kardiometabolischen Erkrankungen verbunden ist. Die Studie ist aktuell im Fachmagazin The Lancet Healthy Longevity erschienen.

In der Studie wurden Daten von zwei großen europäischen Kohortenstudien, der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC) Studie sowie der UK Biobank Studie, herangezogen. Basierend auf Daten aus sechs europäischen Ländern (Italien, Spanien, Vereinigtes Königreich, Deutschland, die Niederlande und Dänemark) liefern die Forscher*innen weitere Belege dafür, dass pflanzenbasierte Ernährungsgewohnheiten die Entstehung von Multimorbidität beeinflussen können. Ergebnisse der UK Biobank zeigten zum Beispiel, dass Erwachsene, die sich stärker pflanzenbasiert ernährten, ein 32% geringeres Risiko für Multimorbidität aufwiesen als jene mit geringer pflanzenbasierter Ernährung. „Man muss also nicht vollständig auf tierische Produkte verzichten. Eine stärkere pflanzenbasierte Ernährung kann bereits einen positiven Effekt haben“, so Studienleiterin und Ernährungsepidemiologin Reynalda Córdova. Darüber hinaus wurden auch Unterschiede im Multimorbiditätsrisiko zwischen Personen mittleren Alters und älteren Erwachsenen untersucht. Multimorbidität beschreibt das Auftreten von zwei oder mehreren chronischen Erkrankungen bei einer Person und tritt weltweit immer häufiger auf, betrifft jedoch insbesondere Erwachsene ab dem 60. Lebensjahr. 

Geringeres Risiko für Krebs, Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen

Die Ergebnisse: Eine stärkere Orientierung an einer gesunden pflanzlichen Ernährung war mit einem geringeren Risiko für Krebs, kardiometabolischen Erkrankungen (Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen), und Multimorbidität verbunden, sowohl bei Erwachsenen unter 60 Jahren als auch bei jenen über 60 Jahren. „Unsere Studie unterstreicht, dass eine gesunde, pflanzenbetonte Ernährung nicht nur einzelne chronische Erkrankungen beeinflusst, sondern auch das Risiko für das gleichzeitige Auftreten mehrerer chronischer Krankheiten reduzieren kann und das sowohl bei Menschen mittleren als auch höheren Alters“, fasst Córdova zusammen. 

„Die Ergebnisse zeigen wie wichtig eine vorwiegend pflanzliche Ernährung für unsere Gesundheit ist und untermauern damit die neuen österreichischen Ernährungsempfehlungen, die pflanzenbetont mit einem geringen Anteil tierischer Lebensmittel sind. Ein positiver Zusatzeffekt einer pflanzenbetonten Ernährung ist eine starke Reduktion der Treibhausgasemissionen sowie der Landnutzung”, ergänzt Karl-Heinz Wagner von der Universität Wien, Mitautor der Studie, sowie Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung. 

Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte haben positiven Effekt

Zu einem gesunden pflanzlichen Ernährungsmuster zählten eine hohe Zufuhr von unter anderem Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten (z.B. Bohnen, Linsen) und vegane Ersatzprodukte (Würstchen, Burger usw.) und eine geringere Zufuhr an Fleisch und Fleischprodukten. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine Ernährung, die vorwiegend aus gesunden pflanzlichen Lebensmitteln und geringen Mengen tierischer Produkte besteht, zur Erhaltung der Gesundheit bis ins höhere Alter beitragen kann. 

Das Fazit der Studienautor*innen: Ernährungsempfehlungen, Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und Interventionen sollten berücksichtigen, dass eine Ernährung, die hauptsächlich aus pflanzlichen Lebensmitteln mit geringen Mengen tierischer Lebensmittel besteht, zur Vorbeugung von Multimorbidität bedingt durch Krebs und kardiometabolischen Erkrankungen beitragen kann. 

Die Studie wurde von Reynalda Córdova (Universität Wien) und Jihye Kim (Kyung Hee University, Südkorea) geleitet. 

Originalpublikation: 

Córdova, R., Kim, J., Thompson, S. A., Noh, H., Shah, S., Dahm, C. C., …& Freisling, H. (2025). Plant-based dietary patterns and age-specific risk of multimorbidity of cancer and cardiometabolic diseases: a prospective analysis. The Lancet Healthy longevity.
DOI: 10.1016/j.lanhl.2025.100742 

Inneres Fettgewebe schuld an Herzinsuffizienz – „Adipokine Hypothesis“ der Baylor University Medical Center at Dallas liefert neue Erklärung – Pressetext, 2.9.2025

Dallas (pte014/02.09.2025/10:30) – Eine Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) ist oft das Ergebnis von Veränderungen in der Biologie des inneren Fettgewebes. Zu dem Ergebnis kommt die „Adipokine Hypothesis“. Sie liefert neue Erklärungen dazu, wie sich Fett auf das Herz auswirkt. Diese Hypothese wurde unter der Leitung von Milton Packer vom Baylor University Medical Center at Dallas aufgestellt und im „Journal of the American College of Cardiology“ veröffentlicht.

Zu viel Fettgewebe

Bis jetzt hat es, betont Packer, keine vereinheitlichende Hypothese zur Erklärung von HFpEF gegeben. „Das hat zu erheblichen Missverständnissen und einem Mangel an Orientierung bei der Diagnose und der Behandlung geführt. Der neue Ansatz hilft dabei, die wahre Ursache dieser Erkrankung bei den meisten Menschen zu identifizieren.“ HFpEF gilt als die häufigste Art von Herzinsuffizienz. Weltweit sind 32 Mio. Menschen davon betroffen.

Die Forscher sind lange davon ausgegangen, dass Bluthochdruck die führende Ursache von HFpEF ist. Das dürfte jedoch nicht der Fall sein. Fast alle Betroffenen verfügen über erheblich überschüssiges Fettgewebe rund um die lebenswichtigen Organe wie dem Herzen. Bei der Adipokine Hypothesis handelt es sich um einen neuen konzeptionellen Rahmen, der erklärt, wie dieses überschüssige Fett direkt zur Entstehung von HFpEF beiträgt.

Flexible Adipokine

Adipokine sind Signalmoleküle, die von Fettgewebe freigesetzt werden und es ihm ermöglichen, mit dem Rest des Körpers zu kommunizieren. Bei einem gesunden Menschen spielen sie eine schützende Rolle. Gibt es jedoch überschüssiges inneres Fettgewebe, verändert sich die Biologie dieses Gewebes. Das Fettgewebe beginnt eine andere Gruppe von Adipokinen zu produzieren und freizusetzen. Sie fördern Stress, Entzündungen und die Vernarbung des Herzens, was somit zu HFpEF führt.

Laut experimentellen Studien können Medikamente helfen, die direkt auf das Fettgewebe abzielen, um das Profil der Adipokine zu verändern. Die Adipokine Hypothesis betont die Wichtigkeit von Medikamenten, die das Fettgewebe verringern und damit eine gesunde Biologie wiederherstellen. Viele dieser Medikamente sind bereits von der U.S. Food & Drug Administration zur Behandlung von HFpEF zugelassen. Sie werden jedoch nicht häufig verschrieben. Zudem können sich auch Semaglutid und Tirzepatid positiv auf die Adipokine-Freisetzung auswirken.

(Ende)

UMWELT – AGRARWIRTSCHAFT

In Amerika breitet sich eine fleischfressende Made aus – sie könnte die Viehwirtschaft in den USA bedrohen – Rebecca Stegmann, NZZ, 30.8.2025

Rancher in Texas befürchten die Rückkehr des Schraubenwurms. In Mexiko hat die einst ausgerottete Larve einer Schmeissfliege bereits Tausende Rinder befallen. Auch Menschen sind betroffen.

Clyde Sommerlatte kann sich noch genau an die Maden erinnern, obwohl er damals noch ein Junge war, elf, zwölf Jahre alt. «Wenn ich zurückdenke, kann ich es heute noch riechen», sagt der 75-Jährige. «Ein schrecklicher, beissender Geruch. Es riecht nach Verwesung, wie ein Kadaver, der schon ein paar Tage neben dem Highway liegt.» Nur waren die Kälber und Rinder, die damals so rochen, lebendig. Sommerlatte, heute selbst ein Rancher im südlichen Texas, half in den 1960er Jahren einem Nachbarn dabei, mit einem Taschenmesser die Larven der Neuwelt-Schraubenwurmfliege aus dem Nabel neugeborener Kälber zu kratzen.

Nur die alten Rancher im Süden der USA können sich noch an die Plage erinnern, die jüngeren kennen sie bloss aus Erzählungen. Kühe, Ziegen, Hirsche mit klaffenden, eitrigen Wunden, in denen es vor Maden wimmelte. Viele Tiere verendeten. Doch dann verschwand die Neuwelt-Schraubenwurmfliege in den 1960er Jahren aus den USA, später auch aus Mexiko und Zentralamerika.

Es war eine Erfolgsgeschichte von wissenschaftlichem Einfallsreichtum und internationaler Kooperation. Bis jetzt. Die Neuwelt-Schraubenwurmfliege breitet sich wieder aus. Und in Texas werden Vorbereitungen getroffen, sie noch einmal auszurotten.

Die Neuwelt-Schraubenwurmfliege gehört zur Familie der Schmeissfliegen, sie ist etwa doppelt so gross wie eine Stubenfliege, ihr Körper schimmert metallisch. Normalerweise legen Schmeissfliegen ihre Eier in verrottendes Fleisch und anderes organisches Material, wie Phillip Kaufman, Professor für Entomologie an der Texas A&M University, erklärt. «Aber die Neuwelt-Schraubenwurmfliege legt ihre Eier nur in lebendige Tiere.»

Eine weibliche Fliege legt gut zweihundert Eier, meist in Wunden: kleine Kratzer, Schnitte, Nabel von Neugeborenen. Nach 12 bis 24 Stunden schlüpfen die Larven. «Sie machen die Wunde immer grösser, dringen immer tiefer ein, fressen sich durch das Fleisch.» Mit scharfen Haken an ihrem Mund schraubt sich die Larve in das Fleisch, daher auch ihr Name.

Wenn sich die Larve vollständig entwickelt hat, kriecht sie aus der Wunde, fällt auf den Boden und verpuppt sich dort zur Fliege. Bald darauf paart sie sich – nur ein einziges Mal. Das haben sich Wissenschafter zunutze gemacht.

Das gefährliche Insekt gehört zur Familie der Schmeissfliegen, es ist etwa doppelt so gross wie eine Stubenfliege. La Nacion / Imago

In den 1950er Jahren erfanden die Entomologen Raymond Bushland und Edward Knipling eine revolutionäre Methode zur Ausrottung einer Art: die Sterile-Insekten-Technik. Im Labor bestrahlten sie die Schraubenwürmer, während diese sich verpuppten, mit Gammastrahlung – stark genug, um die Geschlechtsorgane zu schädigen, aber nicht so stark, dass sie sich nicht mehr hätten paaren können. Ab 1958 wurden die sterilen, männlichen Fliegen in Flugzeuge verladen und über den Südstaaten abgeworfen. Ein knappes Jahrzehnt später war der Schraubenwurm aus den USA getilgt.

Die sterilen Männchen dienen als Waffe gegen die eigene Art. Wenn sie sich in freier Wildbahn paaren, legt das Weibchen unbefruchtete Eier. So schwindet mit der Zeit die Population. Es ist eine Methode, die keinen Schaden für die Umwelt nach sich zieht, anders als etwa Pestizide. Nur kleine Kartonschachteln, mit denen die Fliegen abgeworfen wurden, blieben zurück. Clyde Sommerlatte erinnert sich daran, wie er sie als Junge auf den Feldern fand.

Die Sterile-Insekten-Technik wurde zum Exportschlager, sie wird seither international im Kampf gegen eine Reihe von Insekten eingesetzt. In Deutschland, Österreich und der Schweiz werden derzeit sterile Tigermücken ausgesetzt. Auch bei Schädlingen in der Landwirtschaft, etwa Fruchtfliegen, kommt die Methode in Europa zum Einsatz.

In Panama werden Millionen steriler Larven produziert

In Amerika verschwand die Neuwelt-Schraubenwurmfliege über Jahrzehnte aus immer mehr Ländern in Zentralamerika. Ihre Regierungen kooperierten mit den US-Amerikanern, obwohl die politischen Beziehungen zu der Zeit zerrüttet waren. Seit 2006 wurde schliesslich eine unsichtbare Barriere im Süden Panamas aufrechterhalten – zu Südamerika, wo die Neuwelt-Schraubenwurmfliege nie ausgerottet wurde.

Jede Woche werden in einer Produktionsanlage in Panama Millionen steriler Larven produziert. Statt von Hackfleisch, wie noch in der Anfangszeit, ernähren sie sich heute von einer Mischung aus getrocknetem Rinderblut, Fleischprotein, Geflügeleiern und Honig. Seit Jahrzehnten werden die Fliegen fast täglich aus Flugzeugen über der Darién Gap abgeworfen, dem Regenwaldgebiet, das als Barriere diente – bis sie brach.

Seit 2023 breitet sich die Neuwelt-Schraubenwurmfliege wieder nach Norden aus, erst langsam, dann immer schneller. «Niemand weiss sicher, was passiert ist. Es gibt eine Reihe möglicher Ursachen», sagt Kaufman. Während der Corona-Pandemie könnten Inspektionen vernachlässigt worden sein. Ausserdem bewegen sich heute mehr Menschen und Tiere durch die Darién Gap.

Daran, dass sich die Plage in letzter Zeit so schnell ausgebreitet hat, ist wahrscheinlich illegaler und somit unkontrollierter Tierhandel schuld. Die Schraubenwurmfliege hat Tausende Kilometer zurückgelegt, sie wurde nur gut 600 Kilometer von der texanischen Grenze entfernt nachgewiesen. In Mexiko wurden bereits über 5000 Fälle von befallenen Tieren gemeldet.

In den USA zittern sie nun vor der Plage. «Es könnte die Viehwirtschaft zerstören», sagte der texanische Gouverneur Greg Abbott bei einer Pressekonferenz Mitte August. Allein in Texas könnten sich die Kosten eines Ausbruchs laut US-Landwirtschaftsministerium auf 1,8 Milliarden Dollar belaufen. Die US-Agrarministerin Brooke Rollins nannte die Schraubenwurmfliege gar eine Bedrohung für die nationale Sicherheit. «Wenn unsere Viehzüchter von ausländischen Schädlingen überrannt werden, können wir uns nicht mehr selbst mit Essen versorgen.»

Der lateinische Name bedeutet so viel wie «Menschenfresser»

Die USA wollen jetzt die Neuwelt-Schraubenwurmfliege noch einmal ausrotten. Das Problem: Die Produktionsstätte in Panama kann maximal 100 Millionen sterile Fliegen pro Woche liefern. Laut Experten brauchte es aber mindestens 500 Millionen pro Woche, um den Parasiten zurückzudrängen. Deswegen wird nun gebaut. In Mexiko soll 2026 eine neue Anlage eröffnen. Auch in Texas sollen erstmals wieder Maden sterilisiert werden. Bis dahin wird es aber noch zwei bis drei Jahre dauern.

Wissenschafter arbeiten deshalb auch an neuen Methoden, die Schraubenwurmfliege zu bekämpfen: Genom-Editierung, etwa um ausschliesslich männliche Schraubenwürmer zu züchten. Oder Fallen, die die Fliegen durch bestimmte Gerüche anlocken. Um das Risiko einer Einschleppung zu reduzieren, stoppten die USA zudem schon vor Monaten den Import von Rindern aus Mexiko. Normalerweise werden jährlich mehr als eine Million Rinder über die Grenze verkauft.

Cochliomyia hominivorax, der lateinische Name der Neuwelt-Schraubenwurmfliege, bedeutet so viel wie «Menschenfresser». Der Befall von Menschen ist sehr selten, aber potenziell tödlich. Vergangene Woche wurde der erste Fall in den USA bekannt. Die Person hatte zuvor El Salvador besucht, ihr gehe es inzwischen gut.

In Mexiko wurden in diesem Jahr bereits über vierzig Fälle gemeldet, eine vorerkrankte 86-Jährige starb. Auch in Costa Rica, Guatemala, Honduras, Panama und Nicaragua sind Dutzende Menschen betroffen. Das grösste Risiko geht von offenen Wunden aus, aber die Fliege legt ihre Eier auch in Schleimhäute, etwa in der Nase.

Auch in Katzen und Hunden kann sich der Parasit einnisten, sagt der Entomologe Phillip Kaufman. «Die Fliege legt ihre Eier in alle Säugetier.» Vor allem aber machen ihm die Wildtiere Sorgen. «In den späten 1960er Jahren, als wir die Schraubenwurmfliege das letzte Mal ausgerottet haben, gab es in ganz Texas gut 50 000 Weisswedelhirsche. Heute sind es fünfeinhalb Millionen.» Anders als Rinder würde die Hirsche wohl niemand behandeln. Auch lassen sich ihre Bewegungen kaum kontrollieren. Die US-Regierung will entlang der Grenze mehr berittene Patrouillen einsetzen, die nach infizierten Wildtieren Ausschau halten.

Könnte der Parasit auch in Mitteleuropa auftauchen? Fachleute bezweifeln das. «Es ist eine tropische Fliegenart. Sie breitet sich bis in gemässigte Zonen wie hier in Texas aus und zieht sich wieder zurück, wenn die Temperaturen sinken», sagt Kaufman. Niedrige Temperaturen mag die Neuwelt-Schraubenwurmfliege nicht, bei Frost stirbt sie. In Mitteleuropa würde sie also nicht die passenden klimatischen Bedingungen finden. Auch Clyde Sommerlatte, der Rancher, hofft, dass der Winter ihren Vormarsch in den Norden vorerst stoppt.

IT – KI – ROBOTIK – INTERNET

Viele Menschen sehen in Chatbots Menschen – Laut Annenberg School for Communication existieren immer mehr emotionale Beziehungen – Pressetext, 2.9.2025

Philadelphia (pte004/02.09.2025/06:15) – Immer mehr Menschen können Chatbots von Menschen wegen menschlicher Züge kaum noch unterscheiden. Zu dem Schluss kommt Arelí Rocha, Doktorandin von der Annenberg School for Communication.

Chatbots passen sich an

Mit dazu beigetragen hat Replika – ein Abonnementdienst, mit dem Nutzer ihren eigenen KI-Begleiter erstellen und mit ihm chatten können. Sie können das Aussehen und die Stimme eines Chatbots individuell anpassen, und mit der Zeit bildet der virtuelle Begleiter „Erinnerungen“ aus den Chats mit dem Nutzer.

Die Bots neigen dazu, den Schreibstil und die Satzstruktur des Nutzers zu übernehmen, sagt Rocha, indem sie Slang, Humor und sogar Tippfehler verwenden, wodurch sie „realer“ oder menschlicher wirken.

„Erotisches Rollenspiel“ weg

Rocha interessiert sich dafür, wie diese anthropomorphen Charaktere diejenigen beeinflussen, die mit ihnen interagieren. Mehrere Jahre lang hat sie Diskussionen in Replika durchforstet, um Trends darin zu erkennen, wie Replika-Nutzer mit ihren KI-Begleitern sprechen und über sie reden.

Ein Thema war emotional besonders aufgeladen: der Umgang mit Updates, die vom Replika-Entwicklern vorgenommen wurden. Darunter sticht eines hervor: Die Entfernung der Funktion „Erotisches Rollenspiel“.

Beziehungen schwer zu managen

„Plötzlich konnten Replika-Nutzer, die durch Gespräche mit ihren KI-Partnern eine intime Beziehung aufgebaut hatten, diese Beziehung nicht mehr pflegen. Je nach Auslösewort wurden ihnen Skripte mit unternehmensähnlichem Tonfall, manchmal sogar mit juristischem Unterton, vorgesetzt“, sagt Rocha.

Das Ergebnis ist eine aggressive Veränderung in der Stimme des Chatbots, die die Menschen ablehnen und beklagen, weil sie sich wie eine Persönlichkeitsveränderung und ein Verlust anfühlt.

Der Forscherin nach beginnt die Wissenschaft gerade erst damit, die Beziehungen zwischen Menschen und KI-Chatbots zu verstehen. Diese Beziehungen, einschließlich romantischer, würden angesichts der zunehmenden KI-Präsenz im Alltagsleben zwangsläufig häufiger vorkommen.

(Ende)

Deutsche hadern mit digitalen Einkaufs-Tools – KI-gestützte Assistenten, virtuelle Anproben oder Self-Checkout-Kassen werden kaum genutzt – Pressetext, 2.9.2025

Berlin (pte019/02.09.2025/12:30) – Trotz der Vorteile KI-gestützter Einkaufsassistenten, virtueller Anproben oder Self-Checkout-Kassen nutzen nur 16 Prozent der Deutschen solche Technologien beim Einkauf. Das liegt deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 22 Prozent, wie eine neue europaweite Studie von Shopfully zeigt.

Fehlender Mehrwert

Laut der Erhebung des eigenen Angaben nach größten europäischen Netzwerks für digitales Handels-Marketing nutzen 79 Prozent der deutschen Befragten aktuell keine digitalen Tools beim Einkauf, während sechs Prozent von ihnen solche gerne ausprobieren wollen.

Das größte Hindernis liegt laut Shopfully in der fehlenden Wahrnehmung des Mehrwerts: 48 Prozent der Deutschen sehen keinen wirklichen Nutzen in diesen neuen Technologien. Außerdem misstrauen 31 Prozent der Befragten den Ergebnissen, die solche Tools liefern.

Finanzielle Anreize

41 Prozent der Deutschen, die bisher keine digitalen Tools nutzen, würden gerne virtuelle Einkaufserlebnisse probieren. Auch virtuelle Anproben (36 Prozent), Selbstbedienungskassen (27 Prozent) und KI-generierte Einkaufslisten (27 Prozent) stoßen auf Nachfrage.

Live-Shopping in sozialen Netzwerken (27 Prozent) und KI-gestützte Einkaufsassistenten (18 Prozent) finden der Erhebung zufolge ebenfalls Anklang. Für viele Konsumenten steht bei digitalen Lösungen vor allem der finanzielle Mehrwert im Vordergrund, heißt es weiter.

Bei der Weitergabe persönlicher Einkaufsdaten sind viele zurückhaltend. Nur 24 Prozent sind bereit, Infos über Präferenzen mit Marken oder Händlern zu teilen. Damit liegt Deutschland deutlich hinter allen anderen befragten Ländern, in denen diese Bereitschaft spürbar höher ist.

(Ende)

Selbstfahrender Bus ignorierte in Klagenfurt rote Ampel – Mein Klagenfurt, 2.9.3025

Wie der ORF Kärnten berichtet, kam es in Klagenfurt bei einer Testfahrt der selbstfahrenden Busse zu einem Zwischenfall, Ursache war ein Ausfall der Satellitenverbindung. Der Bus fuhr auf rote Ampel zu, Notbremsung verhinderte Schlimmeres.

In Klagenfurt sind seit gut einem Jahr selbstfahrende Busse im Einsatz. Sie verkehren in einer Testphase zwischen Lakesidepark, Universität und Bahnhof West. Nun wurde bekannt, dass es zu einer gefährlichen Situation vor einer roten Ampel gekommen ist. Laut ORF Kärnten lag die Ursache in einem Ausfall der Satellitenverbindung.

Bus reagierte nicht auf rote Ampel

Die autonomen Fahrzeuge sind vollständig von einer funktionierenden Satellitenverbindung abhängig. Ohne diese Verbindung können sie nicht gesteuert werden. In den letzten Wochen habe es wiederholt Probleme gegeben, so der ORF Kärnten. Betroffen war auch eine Testfahrt mit Verkehrsreferentin Sandra Wassermann (FPÖ).

Wassermann erklärte, dass der Betreiber von einem einmaligen Satellitenausfall gesprochen habe. Dennoch sei das Fahrzeug bei der Testfahrt trotz roter Ampel nicht langsamer geworden: „Wir sind sehr zügig auf die rote Ampel zugefahren“, schilderte sie. Nur durch das Eingreifen des Beauftragten vor Ort, der eine Notbremsung einleitete, konnte der Bus gestoppt werden.

Weitere Vorfälle gemeldet

Wassermann berichtete außerdem, dass ihr vor wenigen Tagen ein ähnlicher Fall geschildert worden sei. Sie betonte, es sei „keinesfalls tolerierbar“, dass Fahrgäste und andere Verkehrsteilnehmer durch solche Situationen gefährdet würden. Rasche Änderungen am System seien dringend erforderlich.

Projektleiter spricht von sicherem Betrieb

Walter Prutej, Projektleiter von SURAAA (Smart Region Austria Alps Adriatic), erklärte in einer Aussendung, dass der öffentliche Fahrbetrieb wegen einer Baustelle bereits Ende Juli eingestellt worden sei. Zuletzt seien Tests am Fahrzeug und an der Infrastruktur erfolgt.

Bei einer Ampelanlage an der Kreuzung Universitätsstraße/Südring habe es Änderungen gegeben. Diese seien unter sicheren Bedingungen ohne andere Verkehrsteilnehmer überprüft worden. „Der erste Test verlief nicht zufriedenstellend, das Shuttle wurde sofort außer Betrieb genommen“, so Prutej. Es habe keine Gefahr für Dritte bestanden. Nach Analysen, Simulationen und Verbesserungen arbeite das System inzwischen wieder einwandfrei.

Rückblick: Unfall in Pörtschach mit selbstfahrendem Bus

Bereits vor zwei Jahren war es in Pörtschach zu einem Unfall mit einem selbstfahrenden Bus gekommen. Damals hatte die manuelle Steuerung versagt.

UNTERNEHMEN

GESELLSCHAFTSSEISMOGRAPH BÖRSEN

*** nicht aktualisiert ***

Reset wie 1948: Droht die große Enteignung – rtl+, 14.8.2025

Zwangshypotheken, entwertete Konten, 90 Prozent Verlust beim Geldvermögen – die Währungsreform von 1948 zeigt, wie radikal ein Reset ablaufen kann. Und er könnte wiederkommen.

Raimund und Etienne sprechen in dieser Podcast-Folge darüber, wie solche Eingriffe in der Vergangenheit aussahen und warum die Reset-Gefahr auch in der Gegenwart nicht gebannt ist. Könnten sogar die USA im Zentrum eines neuen Resets stehen? Was passiert dann mit Geld, Schulden, Immobilien und Aktien? Und wie schützen Sie Ihr Vermögen am besten? Fragen und Anregungen bitte an brichtaundbell@ntv.de

Währungsreform von 1948 Das sind die wichtigsten Fragen zum „Reset-Szenario“ – n-tv, ab 31.7.2025

Zwangshypotheken, entwertete Konten, 90 Prozent Verlust beim Geldvermögen – die Währungsreform von 1948 zeigt, wie radikal ein Reset ablaufen kann. Dieses Szenario haben Raimund Brichta und Etienne Bell in der vorherigen Folge „Brichta und Bell – Wirtschaft einfach und schnell“ vorgestellt und selten so viel Feedback erhalten. In dieser Woche klären sie weitere wichtige Fragen: von den Auswirkungen auf Gold über Kryptos hin zu KI.

AKTIENEMPFEHLUNGEN – BUY & SELL

Aktuell (—): 
Aktien um 10 Euro je Stück sind FETT hervorgehoben.

Die erwarteten stolzen Kursgewinne sind dem Übermut der tollen Analystenzunft zu verdanken! Hirn selbst einschalten und kritisch bewerten. MERKE: Klappern gehört zum Geschäft. Es geht letztlich nicht so sehr um die Beratung der Anleger, sondern um die spekulativ selbst gehaltenen Aktien der Häuser (Banken, Fonds, Anlagegesellschaften etc.), für die die Analysten tätig sind: wenn viele kaufen, steigen die Kurse, und 5% Plus sind zwar weniger als 15% oder 35%, aber besser als 5% Minus. Zudem lassen sich schnell noch eigentlich „schlechte“ Aktien im Portfolio des Hauses (Banken, Fonds, Anlagegesellschaft etc.) verkaufen, für die der Analyst tätig ist, sofern die werten privaten Anleger den Kaufempfehlungen folgen. So schaut’s aus im Schneckenhaus! Nochmals: Hirn selbst einschalten. Die Finanzbranche lebt vom Trübe-Machen des Wassers!

NICHT ZULETZT: Verkaufsempfehlungen werden ungern gegeben, da sie auf das Portfolio der Häuser (Banken, Fonds, Anlagegesellschaft etc.) rückschließen lassen, zu denen die Analysten gehören. Verkaufsempfehlungen werden aus zwei Gründen gegeben: a) es ist tatsächlich Feuer am Dach des analysierten Unternehmens, b) das Haus möchte die Aktien des zum Verkauf empfohlenen Unternehmens billiger zurückkaufen, sofern den Verkaufsempfehlungen gefolgt wird. Letztlich agieren an der Börse die Optimisten, und die wollen positive Nachrichten hören, also werden sie von den Häusern und ihren Analysten entsprechend bedient.

UND ZU ALLERLETZT: die Analysten bespiegeln sich untereinander: wer hat was empfohlen oder nicht empfohlen, es kommt zu herdenpsychologischen Erscheinungen derart: der Leithammel hat empfohlen, also machen wir das auch. Die jeweiligen Analysen werden entsprechend (um)formuliert. Das zweite Moment: die Konkurrenz, die u.U. zu skurrilen Interpretationen des analysierten Unternehmens führt.

FAZIT: was die Analystenzunft von sich gibt, kann aufschlussreich sein, muss es aber nicht, vermittelt einen zusätzlichen Eindruck zu einzelnen Aktiengesellschaften. Wichtig ist der Blick auf zweierlei: a) entscheidend: auf die volkswirtschaftliche Situation des Landes, der Welt; b) sekundär (!) auf das Unternehmen und seine Branche: Charakter des Managements, klare, gut durchschaubare Produktpalette, Langlebigkeit des Unternehmens und seine Stetigkeit im Gebaren.

Renten- und Aktienmärkte

Man halte sich vor Augen: Aktienmärkte sind die Pfützen in der Welt der Veranlagungsmöglichkeiten. Anleihenmärkte (Rentenmärkte, Kapitalmärkte) sind die großen Ozeane ebendort. Daher sind Aktienmärkte volatil und reagieren auf den leisesten Windhauch mit u.U. kräftigen Ausschlägen. Die Seelen der Anleger sind sehr verletzlich: Angst und Gier bestimmen hier jegliches Handeln, die vernünftige Veranlagungsentscheidung steht an zweiter Stelle. Das verursacht in den kleinen Geldpfützen der Aktienmärkte hohe Wellen. Aber dort stehen nach erster Erschütterung später die rationalen Kaufs- und Verkaufsentscheidungen felsenfest – bis zur nächsten Seelenerschütterung.

Anleiheanleger sind cooler und gezügelter im Gemüt. Hier geht es eher um Langfristperspektiven. Alles dreht sich um den Zins und wie er sich weiterentwickelt. Wer an der Zinsschraube dreht, dreht am Schicksal ganzer Volkswirtschaften. Da ist das aufgeregte Gegackere an den Aktienmärkten geradezu uninteressant.

Aber kommen Anleihemärkte einmal ins Rutschen – nach oben oder nach unten – dann ist Feuer am Dach. Schon 0,5 oder gar 1 Prozent Veränderung in einem Anleihenindex sind eine „Weltbewegung“ im Milliarden- oder Billionengeldmeere der Anleiheozeane.

Dazu kommt: Die Anleiherenditen konkurrenzieren mit den Aktienrenditen. Eine hohe Anleiherendite jenseits der 3 Prozent wirkt umso „giftiger“ auf die Aktienkursentwicklungen, je höher sie ist. Liegt sie unter 3 Prozent, begünstigt sie die Aktienkäufe, Je deutlicher sie unter 3 Prozent liegt, umso eher. Das ist die Regel. Die Ausnahme – so, wie wir sie gerade sehen – bestätigt diese Regel. Früher oder später wird sie ihre dominante Stellung als Regel wieder einnehmen.

Diese Verhältnisse sind es, die im Tagesblick in der Regel die Berichte zu den Anleihemärkten wiedergeben lassen, dass aufgeregte Geflattere und Gegackere an den Aktienmärkten im Detail interessiert in der Regel nicht die Bohne.

Zur Renditebestimmung bei Anleihen: notiert die Anleihe zu 100 Prozent, dann stimmen Anleihezinssatz (der Couponzins) und Anleiherendite überein. Sinkt der Anleihekurs unter 100 Prozent, steigt die Rendite, umgekehrt gilt: steigt der Anleihekurs, so sinkt die Rendite. So einfach ist das. Und so weltbewegend in der Tat.

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Allgemeine Empfehlungen: Es geht vornehmlich um die Zukunft der Energiegewinnung und die Energielieferanten. Renner bleiben Telekommunikations-Unternehmen, deren Dienstleistungen in einer digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft unabkömmlich sind. Unter den Logistik-Aktien sind in der Regel die Post-Aktien interessant. Diese Branchen sind weniger konjunkturabhängig als z.B. Konsumaktien, darunter die Post-Aktien noch am ehesten.

Hinzu kommt, dass die klassischen erdölverarbeitenden Energielieferanten (Up- und Downstream) mehr oder weniger energisch in großem Stil auf Alternativenergien umstellen. Es bleibt ihnen angesichts des Klimawandels, der öffentlichen Meinung und der in absehbarer Zeit erschöpften Welt-Erdölreserven auch nichts anderes übrig. Über das Kapital für den weltlebensnotwendigen Umbau verfügen sie dank ihrer Aktionäre. Es geht aus Sicht der Unternehmen um zukunftsträchtige Geschäftsmodelle in einer überschaubaren Branche – Energie – und aus Sicht der Aktionäre um steigende Unternehmenswerte / Aktienkurse als Inflationsschutz und sichere, möglichst stabil wachsende Dividenden, ebenfalls hinsichtlich des Inflationsschutzes.

Anti-Nachhaltigkeits-Bewegung in den USA als 180-Grad-Wendung in der Veranlagungsgebarung

Der aktuelle politische Druck in den USA zwingt eine Reihe großer Vermögensverwalter, darunter die weltgrößten wie Blackwater und Vanguard (verwaltetes Vermögen: 20 Billionen US-Dollar), nachhaltige Unternehmen potentiellen Anlegern nicht mehr zu empfehlen. Sie selbst verkaufen solche Unternehmen aus ihren Portfolios. Es gibt sogar seitens republikanisch regierter Bundesstaaten wie insbesondere Texas Kaufverbote für staatliche Pensions- u.a. Fonds.

Ausgestiegen sind bereits US-amerikanische Großbanken wie JP Morgan, Goldman Sachs, Wells Fargo, Bank of America, Citigroup (verwaltetes Vermögen: 9 Billionen). Ähnliches betrifft die Kreditvergabe. Offen bleibt, wie private und Unternehmensanleger (nicht-staatliche Fonds) künftig disponieren werden.

Unter den angebotenen Finanzanlagen kursieren seit geraumer Zeit besondere Nachhaltigkeitsprodukte in Form sog. ESG-Fonds (mehr dazu hier), die hohe Renditen versprachen und daher recht starken Zulauf hatten; die Renditen wurde seit Erhöhung der Kreditzinsen gebremst, da dadurch kreditfinanzierte Nachhaltigkeitsprojekte (Windparks, Solaranlagen etc.) weniger rentabel wurden.

In der Europäischen Union will man sich weiter an entsprechende Nachhaltigkeitsauflagen festhalten. Bislang wurden in europäische ESG-Fonds 9 Billionen Euro investiert, was 61 Prozent des gesamten Fondmarktvolumens entspricht. Der Zufluss hat sich 2024 allerdings um die Hälfte auf 37 Milliarden Euro reduziert. Zudem wurden mehr ESG-Fonds geschlossen als eröffnet. Nicht nur die hohen Zinsen, die die ESG-Fonds-Renditen beeinträchtigten, führten dazu, sondern auch „grüne Schönfärberei“: es stellte sich da und dort heraus, dass die versprochene Nachhaltigkeit mehr auf dem Papier als in der Wirklichkeit bestand. (Quelle: Wirtschaft vor Acht, ARD, 10.1.2025 (KURZVIDEO, bis 17.1.2025 verfügbar))

FAZIT: Es bleibt abzuwarten, was das für den Klimaschutz in den USA und weltweit künftig bedeutet. Für Österreich stellt sich die Frage, wie eine künftige Regierung sich in Sachen Klimaschutz verhalten wird.

Aktienkauf – der Erwerb einer Unternehmensbeteiligung – bedeutet Übernahme eines Risikos in Hinblick auf das künftige Unternehmensschicksal. Die Dividende stellt eine Risikoprämie dar.

Aktienanalytischer Blick auf Aktien im Euroraum und speziell Österreich (Stand: 24.2.2025):

ACHTUNG – STEUERVERÄNDERUNGEN ANTE PORTAS:
Ins Gerede kommen in absehbarer Zeit auf EU-Ebene und auf Österreich-Ebene vermutlich Aktienbesteuerung (Verkaufsgewinne, Dividenden) ebenso wie Vermögens- und Erbschaftssteuer. Diese Steuern sind in Veranlagungsüberlegungen mit einzubeziehen.

Im Folgenden sind Aktien um 10 Euro je Stück und darunter FETT hervorgehoben.
Neu aufgenommene Aktien werden mit ### gekennzeichnet.

Beobachtenswert ist der Umweltschutz- und Wasserwirtschaftswert Veolia

Ein Kaufsignal liefern weiterhin ENI, UNICREDIT und TOTAL ENERGIES, im Vergleich zum 3.2.2025 stabile Bewertung mit jeweils fünf Sternen bewertet.

Ein Kaufsignal liefern ENEL, PORR, SHELL, VERBUND, ### VIENNA INSURANCE GROUP mit jeweils vier Sternen bewertet.
Im Vergleich zum 3.2.2025 erweiterte stabile Bewertung mit jeweils vier Sternen bewertet.

Ein niedriges KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) zeichnet aus:
RWE, TOTAL ENERGIES, ### UNICREDIT SPA, PORR, OMV, ### UNIQA, EVN, ENEL, TELECOM AUSTRIA, ### STRABAG, WIENERBERGER, SHELL, PALFINGER.

Aufsteigende Reihenfolge: die erste Aktie RWE ist die mit dem niedrigsten KGV = 4,8, PALFINGER die mit dem höchsten KGV = 9,3.
Im Vergleich zum 3.2.2025 erweiterte stabile Bewertung.

Ein niedriges dynamisches KGV (PEG, Price-Earning-to-Growth) weisen u.a. auf:

ENI, UNICREDIT, ### KONTRON AG, OMV, SHELL, PORR, WIENERBERGER, PALFINGER,

Nicht mehr dazu gehören: VIENNA INSURANCE GROUP, TELECOM AUSTRIA.
Aufsteigende Reihenfolge: die erste Aktien ENI = 0,5 ist die mit dem niedrigsten, PALFINGER die mit dem höchsten PEG = 1,4.
Im Vergleich zum 3.2. 2025 ist die Auswahl verändert, einzelne Aktien kamen dazu, andere fehlen nun!

Als Aktien mit langfristigem Kurspotential werden u.a. gesehen:
TOTAL ENERGIES, ENI, VERBUND, E.ON.SE, EVN, RWE.

Aufsteigende Reihenfolge: am Anfang der Reihe steht jene mit der größten Langfristchance.
Im Vergleich zum 3.2.2025 bleibt die Auswahl stabil, die Reihenfolge hat sich geändert.

Als Aktien mit hoher Sicherheit werden u.a. bewertet VIENNA INSURANCE GROUP, VERBUND; die Bewertungen bleiben unverändert zum 3.2.2025.
Aufsteigende Reihenfolge: am Anfang der Reihe steht jene Aktie mit der größten Sicherheit.

Aktien mit hoher Dividendenrendite sind:
OMV, ORANGE, TELEFONICA, ENI, UNIQA, ENEL.


Aktien mit der größten Dividendenrendite stehen am Anfang der Reihe: OMV 12,6%, am Ende die mit der niedrigsten: Enel 6,7%, jeweils vor Steuer.
Im Vergleich zum 3.2.2025 bleibt die Auswahl gleich, die Reihenfolge hat sich geändert.

KAUFKRITERIEN neben den aktienanalytischen Kennzeichnungen sind der Reihe nach: WER? – Qualität und Charakter (Psychologie!) des Managements, Häufigkeit des Managementwechsels, Unternehmenskultur; WAS? – Produkteinfachheit: „einfach gestrickte“, leicht zu durchschauende/transparente Produkte oder Dienstleistungen, eher kleine Produktpalette bzw. enger umschriebenes Dienstleistungsangebot, Konstanz der Nachfrage; WIE? – Sicherheit, Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlichen Wechselfällen, finanzielle Stabilität des Unternehmens, Konkurrenzsituation; WO? – geographische und „politische“ Lage möglichst fern von Krisengebieten inkl. solchen mit politischer Unruhe oder in Ländern mit totalitären Systemen oder deutlich defekten Demokratien (illiberale Demokratien); WANN? – Lebensdauer bzw. Überlebensdauer (Weltkriege etc.) des Unternehmens bisher, Stetigkeit der Dividendenzahlungen.

FAZIT: vor dem Kauf einer Unternehmensbeteiligung sich zur Aktiengesellschaft schlau machen: WER, WAS, WIE, WO, WANN.

ZWEI DINGE sind zusätzlich zu beachten:

# Langfristanlage durch Erwerb von Defensiv-Aktien (u.a. Energie, Telekom),

# Verbleib in einem Währungsraum, das ist der Euroraum. Daher werden die allseits seit Jahren gehypten US-Aktien hier mit Absicht außen vor gelassen, um das Währungsrisiko klein zu halten. Gleiches gilt für den Erwerb von Schweizer Aktien, wie die Vergangenheit mit Blick auf das sehr wechselhafte Wechselkursverhältnis Schweizer Franken / Euro gezeigt hat. 

Die Europäischen Union als Veranlagungsrisiko?

Das Staatssystem der Europäischen Union kommt einer defekten Demokratie gleich und erstreckt sich in den Währungsraum (Euroland), in dem gehandelt wird. Man spricht auch von einem Demokratie-Defizit der Europäischen Union. Risiken dieser defekten Demokratie, um einige zu nennen, sind: Regelungen „von oben herab“ auf nicht sehr transparente Weise und Steuervorgaben, die sich durch Negieren realer Alltagserfordernisse auszeichnen, Überwachungsbestrebungen, hoher Bürokratieaufwand für Unternehmen und Bürger. All dies markiert Abgehobenheit und Bürgerferne der EU-Politik.

Kennzeichnend für das Gebaren (Governance) der EU ist ein Ineinandergreifen von EU-Exekutive (Kommission mit ihren Kommissariaten) und einem nicht gut überschaubaren Geflecht zahlreicher, der EU nahestehenden und von ihr geförderten Institutionen, Organisationen und Einrichtungen, die auf vielen Ebenen EU-Kommissionsvorgaben umsetzen helfen. Sie helfen insbesondere dabei, die von EU-Rat- und EU-Kommission angedachten, aber für Bürger und Unternehmen noch nicht „akzeptablen“ Vorgaben „schmackhaft“ zu machen, um so zu einer ausreichend hohen Akzeptanz in der Bevölkerung zu führen, die eine politische Umsetzung ermöglicht.

Junker sagte 1999 dazu sehr verkürzt und sinngemäß: was wir heute als EU nicht durchsetzen, das werden wir dann schon später durchsetzen. Dem Lobbyismus Richtung EU-Exekutive (insbesondere seitens der Unternehmen) steht ein „Lobbyismus“ seitens der EU in Richtung auf die Einrichtungen der Mitgliedsländer sowie auf die Unternehmen und die Bevölkerung gegenüber, dessen Räderwerk für den Normalbürger praktisch nicht durchschaubar ist. Inwieweit kommt dies einem autokratischen Verhalten von der Maschek-Seite gleich?

Hauptziel der EU-Bestrebungen ist die Etablierung der Vereinigten Staaten von Europa, die den derzeit bestehenden Verbund der Mitgliedsstaaten ersetzen soll. Das deutet auch der Wechsel der Namensgebungen im Zeitverlauf an:

# Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, umgangssprachlich auch Montanunion, 1951)

# Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, 1957 inklusive EURATOM)

# Europäische Gemeinschaften (EG, 1965 ff., Fusion von EWG, EURATOM und einzelnen EG-Organen, Fusions- und Folgeverträge)

# Europäische Gemeinschaft (EG, seit 1993 ff., Maastricht- und Folgeverträge)

# Europäische Union (EU, 2007, Lissabon- und Folgeverträge)

1948
1948
Brüsseler
Pakt
1951
1952
Paris
1954
1955
Pariser
Verträge
1957
1958
Rom
1965
1967
Fusions-
vertrag
1986
1987
Einheitliche
Europäische Akte
1992
1993
Maastricht
1997
1999
Amsterdam
2001
2003
Nizza
2007
2009
Lissabon
Europäische GemeinschaftenDrei Säulen der Europäischen Union
Europäische Atomgemeinschaft (Euratom)
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)Vertrag 2002 ausgelaufenEuropäische Union (EU)
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)Europäische Gemeinschaft (EG)
Justiz und Inneres (JI)
Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS)
Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ)Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
Westunion (WU)Westeuropäische Union (WEU)
aufgelöst zum 1. Juli 2011

Problematisch bleibt dabei: je größer die Zentralisation von Staatsmacht, umso größer die Machtfülle, die mit „eiserner Harke“ über berechtigte (!) Einzelinteressen der Mitgliedsstaaten und damit der Bürger drüberfährt. Das Prinzip der Subsidiarität bleibt dabei auf der Strecke, so wie dieses Prinzip z.B. Österreich 1994 anlässlich der Vorabstimmungskampagnen versprochen wurde. Wurde das Versprechen eingelöst?

Beispiele der Machtfülle durch Zentralisierung liefern alle großen Staaten, u.a. Russland und China, die geradezu Musterbeispiele dafür darstellen.

Ein Problem des Staates an sich ist das Machtmonopol, das bei ihm liegt und liegen muss, will er Gesellschaft – das Staatsvolk – und die Abläufe darin mit Erfolg, also: durchsetzungskräftig organisieren. Das Problem ergibt sich aus dem Spannungsfeld zwischen unbeschränkter Freiheit des Individuums (Libertarismus) und unbeschränkter Freiheit des Staates (Totalitarismus).

Wie dieses Machtmonopol ausgestaltet wird, unterliegt in Demokratien dem Willen des Wahlvolkes, in nicht-demokratischen Staaten dem Willen des autoritären, totalitären oder autokratischen Machthabers. In defekten Demokratien ist die Mitbestimmung des Volkes eingeschränkt. Defekte Demokratien existieren in einer Grauzone, deren Konstituenten und ihre gegenseitige Einflussnahme nicht leicht zu bestimmen sind. Somit ist auch der Defektheitsgrad einer defekten Demokratie nicht leicht zu bestimmen und unterliegt, je nach politischer resp. ideologischer Perspektive, unterschiedlichen Wertungen.

Die idealtypische Dreiteilung der Regierungsformen existiert in der Wirklichkeit nicht: keine Demokratie der Welt entspricht der idealen Form, weist also im Ansatz Eigenschaften einer defekten Demokratie auf, kein totalitärer Staat schränkt die individuellen Freiheiten vollständig ein, es verbleibt den Bürgern dort ein mehr oder weniger großer Freiheitsraum.

Hinsichtlich des staatlichen Machtmonopols, das zudem bei anwachsender  Zentralisation der Staatsgewalt zur Zunahme neigt, ergibt sich die Erkenntnis: so wenig Staat wie möglich, so viel Staat wie nötig als einer Einrichtung, die mit einem mit Rechtsgewalt in das Leben seiner Bürger eingreifenden Machtmonopol versehen ist, das für das „Funktionieren“ einer Gesellschaft unaufgebbar ist.

Die dafür notwendigen rechtlichen Verregelungen des Alltagslebens durch Allgemeines Gesetzbuch, Strafgesetzbuch, Angestelltengesetz etc.etc. sind zahllos und gelten bei ausnahmslos jeder Handlung, werden aber – ebenso regelhaft – dem Bürger erst dann bewusst, wenn es zu schwerwiegenden Regelverstößen oder Regelbruch-Sanktionierungen kommt. 

Rechtliche Verregelungen sind Ausdruck der jeweiligen Ausprägungen eines Rechtsstaates; dieser wird in einer idealen Demokratie nicht durch Willküreinwirkungen korrumpiert: das ist ein wesentliches Kennzeichen demokratischer Rechtsstaatlichkeit. Auf Rechtsstaatlichkeit pflegen sich auch autoritäre, totalitäre oder autokratische, kurz: diktatorische Systeme zu berufen, doch wird der Rechtsstaat dort durch Willküreingriffe korrumpiert: Rechtsbiegung als Kennzeichen von Autokratien etc. In einer defekten Demokratie wird die Rechtsstaatlichkeit (leicht) eingeschränkt, womit das Risiko entsteht, in eine Autokratie abzugleiten.

Nur in formalrechtlicher Hinsicht war zum Beispiel auch der NS-Staat ein Rechtsstaat, besaß er doch gemäß der NS-Grundsätze umgearbeitete Gesetze aus der Weimarer Republik und neue Gesetze im Sinne der NS-Ideologie, auf die er sich in der Rechtsprechung berief und von denen viele in einem „normalen“, d.h. hier NS-konformen Rechtssetzungsprozess entwickelt wurden. Daran ändert nichts die Gepflogenheit, den NS-Staat in inhaltlich-ethischer Hinsicht als Unrechtsstaat zu bezeichnen. Ein krasses Beispiel für einen NS-Rechtserlass im autokratischen Sinn ist unter diesem Link einsehbar.

Kennzeichnend für die Biegsamkeit des Rechts je nach Staatsraison ist die Tatsache, dass Juristen nach einem Regimewechsel ihre Posten in der Regel nicht verloren, sondern im neuen Regime weiter im Dienst des Rechts ihre berufliche Tätigkeit frei oder im öffentlichen Dienst ausübten. So wurden Juristen und Richter nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes ohne weiteres in den öffentlichen Dienst der entstehenden Bundesrepublik Deutschland übernommen. Vergleichbares geschah nach dem Fall der UdSSR oder DDR.

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit bedeutet in einer Demokratie das Herstellen eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen einerseits den rechtsstaatlich gesicherten Freiheitsbedürfnissen des Individuums unter für ihn zureichenden wirtschaftlichen Gegebenheiten und andererseits den „Freiheitsbestrebungen“, somit Machtbestrebungen des Staates, mit dem Ziel, ein Höchstmaß an Gemeinwohl resp. Sozialfrieden in Freiheit herzustellen. Als Garant dafür dient die Gewaltenteilung und ein entsprechend stark regulierter und damit gewaltgebändigter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie als vierte Gewalt die Sicherstellung einer freien Presse. MOTTO: Nimm Freiheitsbeschränkungen mit Blick auf das Gemeinwohl aus Überzeugung an, wir helfen dir dabei durch politische Aufklärung und sachliche Bildungsarbeit!

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit bedeutet in einer Autokratie, im Autoritarismus und vor allem im Totalitarismus Ausgesetztheit vor rechtsbeugenden willkürlichen Staatseingriffen auf die ohnehin reduzierten Freiheitsmöglichkeiten des Individuums unter nicht selten unzureichenden wirtschaftlichen Gegebenheiten zu Gunsten der Machtbestrebungen des Staates mit dem Ziel, ein Höchstmaß an „Gemeinwohl“ resp. „sozialem Frieden“ in Unfreiheit zu erzwingen. Als Garant dafür dient die Einschränkung, womöglich Aufhebung der Gewaltenteilung sowie ein entsprechend stark ausgeprägter und mit gering regulierter Gewalt ausgestatteter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie eine allgegenwärtige Brachial-Propaganda unter Ausschaltung der Pressefreiheit. MOTTO: Kusch, sonst trifft dich der Polizeiknüppel und du landest im Gulag, folgst du nicht den Propaganda-vermittelten Staatszielen!

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit in einer defekten Demokratie gibt in (noch) geringem Ausmaß jene Prinzipien auf, die eine Demokratie hervorheben. Als Garant dafür dient eine Einschränkung der Gewaltenteilung und ein nicht allzu gestärkter und nicht allzu sehr mit herabgesetzter regulierter Gewalt ausgestatteter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie eine verhältnismäßig subtil eingesetzte Propaganda und Beeinflussungsmaschinerie. MOTTO: Folge der politischen Verführung und glaube, es sei deine Entscheidung, sonst zwiebeln wir dich mit Exekutivmaßnahmen!

Eine solche Beeinflussungsmaschinerie hat die exekutiv im Grunde genommen schwach aufgestellte EU entwickelt, was zu eben der Ausbildung dieser „Schattenexekutive“ geführt hat. Sie trägt damit – nicht so ohne weiteres sichtbar für den Normalbürger – ein Kennzeichen einer defekten Demokratie. Damit steht die Gefahr im Raum, weiter an demokratischen Eigenschaften einzubüßen und zu einem politischen und wirtschaftlichen Risiko heranzureifen. In der Tat bemüht sich die EU um Stärkung ihrer Polizeigewalt (Frontex, 2004, weiterer Ausbau) und damit um Ausbildung eines weiteren Kennzeichens defekter Demokratien insofern der Vorwurf stimmte, dass Frontex auch innerhalb der EU eingesetzt werden könnte.

Was die Beeinflussungsmaschinerie der EU betrifft, hat 2011 der deutsche Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger (1929-2022) die Europäische Union als “sanftes Monster Brüssel“ bezeichnet und von der „Entmündigung Europas“ gesprochen. Er anerkennt segensreiche Folgen ihres Wirkens, macht aber zugleich auf die strukturellen Defizite dieser überstaatlichen Einrichtung aufmerksam, die durch massive Öffentlichkeitsarbeit, um nicht zu sagen: Propaganda – geschickt durch das vorbeschriebene Geflecht an Organisationen, Instituten, Einrichtungen etc. vermittelt –, übertüncht werden. Bezeichnend ist sein Ausspruch: „Je dünner die Legitimität [ihres politischen Handelns], umso dicker der Glibber der PR.“

Die geschilderte Gefahr liegt nicht darin, sich im Euro-Währungsraum zu bewegen. Sie liegt darin, dass infolge mangelnder demokratischer Kontrolle politisch einer Gesinnungsethik und nicht einer Verantwortungsethik gefolgt wird. Damit einher ginge eine Abgehobenheit von den Realitäten des täglichen Lebens der Bürger und Unternehmen. Das führte kurz über lang zu einer Schwächung des Euros im Währungskonzert. Ein Risiko erwüchse dann eher daraus, dass es nicht sicher ist, ob der Währungsraum „Euro“ eines Tages zerbricht, zum Beispiel dadurch, dass im Konzert mit anderen Währungen die derzeit ohnehin angekratzte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Europäischen Union noch weiter geschwächt würde und der Euro fortgesetzt an Wert verlöre. Letzteres erleichterte das Auseinanderbrechen der Europäischen Union, die Eigeninteressen der Mitgliedsländer träten wieder stärker hervor.

Dieses Auseinanderbrechen der Europäischen Union ist derzeit unwahrscheinlich, aber denkmöglich als Folge von: fortgesetzter Wirtschaftsschwäche; weiter zunehmender Unzufriedenheit der Bevölkerung mit Zunahme nationalkonservativer bis rechtsextremer Haltungen; fortgesetztem „Rütteln an den Ketten“ seitens ehemaliger UdSSR-Bruderstaaten; fortgesetzter Aufnahme neuer Mitgliedsländer speziell aus dem Balkan und dem ehemaligem UdSSR-Einflussbereich (Serbien, Ukraine); gravierenden, von den Bevölkerungen der Mitgliedsstaaten nicht mitgetragenen außen- und innenpolitischen Entscheidungen. 

Bräche die EU, so bräche spätestens dann auch der Euro; im Übrigen weist die Geschichte der Währungsunionen auf deren Brüchigkeit hin: sie halten in der Regel nicht lange. Den Anleger zwingt unter anderem auch dies beizeiten zu überlegen, in welcher Währung er außerhalb des Euroraumes investieren soll. Angesichts des unsicheren Status des US-Dollars als Weltwährung ist dies eine herausfordernde Frage. Sie stellt sich glücklicherweise derzeit nicht, sondern taucht nur schemenhaft als Denkmöglichkeit am Horizont einer eher ferneren Zukunft auf. Aber: sie taucht auf und kann blitzesschnell elefantengroß im Raum stehen.  

FAZIT: die Europäische Union birgt für den Anleger derzeit nur am Zukunftshorizont sich abzeichnende Risiken. Sie entspringen u.a. daraus, dass die EU weniger aus der Position der Stärke als eher aus der der Schwäche handelt. Im Vergleich zur Situation des Kalten Krieges und damit zur Gründerzeit der EU-Vorläufereinrichtungen, in der es nur einen wirtschaftsmächtigen geopolitischen Spieler und gleichzeitigen Verbündeten – die USA – gab, steht die Europäische Union heute zwischen zwei Wirtschaftsblöcken: dem des USA-geführten Westens und dem des sog. globalen Südens. Das erzeugt Druck, allzumal Zeitdruck, treibt die EU an und lässt sie, will sie nicht aufgerieben werden, nach Machtvergrößerung durch Zentralisierung streben – ein Demokratierisiko ersten Ranges, damit in der weiteren Folge ein Wirtschafts- und letztlich Veranlagungsrisiko. 

Grundsätzliches zur Währungsspekulation

Währungs-Spekulation ist ein äußerst schwieriges, glitschiges, hochriskantes Geschäft, bedarf langjähriger Erfahrung, tagtäglicher Marktbeobachtung und eines guten Magens: Schocks und erratische Marktbewegungen müssen ausgehalten werden – psychisch und finanziell. Einer der bekanntesten und erfolgreichsten Währungsspekulanten im deutschsprachigen Raum ist Folker Hellmeyer (Hellmeyer-Website, Hellmeyer-Kurzportrait (Goldseiten), Hellmeyer auf Netfonds usf.).

Zweck der Währungsspekulation?

Wie bei den Warenoptionsmärkten dient auch der Währungsoptionsmarkt dazu, sehr starke Schwankungen im Wert einer Währung (Devise) zu verhindern: sehr starken Verteuerungen oder Verbilligungen einer Währung im Devisenmarkt (Währungs- oder FOREX-Markt) wird so gegengesteuert. Dafür sorgen die vielen Marktteilnehmer, von denen ein Teil den künftigen Wert einer Währung (Devise) höher, der andere diesen Wert tiefer einschätzt. Dies führt dazu, dass sich eine Art mittlerer Wert für diese Währung einstellt. Währungsoptionsmärkte sind rund um den Globus nahezu 24/7, also nahezu täglich rund um die Uhr, offen (Warenoptionsmarkt, Optionen im Freihandel).

Anders ausgedrückt: Die Spekulanten sichern sich mit ihrem Engagement gegen das Risiko eines Währungsverfalls oder eines Währungsanstiegs ab. Währungsanstiege sind ein Risiko für Käufer auf Warenmärkten, Währungsabwertungen sind ein Risiko für Verkäufer auf Warenmärkten. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Dienstleistungen im internationalen Dienstleistungsaustausch. Die gegenläufigen Interessen auf dem Währungsoptionsmarkt „mitteln“ sich aus.

Allgemein gesprochen handelt es sich bei den Geschäften auf Optionsmärkten um Absicherungsgeschäfte oder Hedging.

Nochmals anders ausgedrückt: Auf aggregiertem Niveau (Makroebene) sorgt der Währungsoptionsmarkt für die Stabilität einer bestimmten Währung im Konzert der anderen Währungen im Devisen- resp. Währungsmarkt (Kassa- oder Spot-Markt, das Pendant zum Optionsmarkt).

Eine stabile Währung ist für die Volkswirtschaft, in deren Bereich diese Währung als Zahlungsmittel dient, eine Lebensnotwendigkeit für das optimale Funktionieren der volkswirtschaftlichen Grundvorgänge Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen. Erratische Schwankungen im Währungs- oder Devisenmarkt erschweren auf der Ebene der Unternehmen (Mikroebene) innerhalb und außerhalb einer Volkswirtschaft erheblich Kalkulationen mit Sicht auf künftig geplante Käufe und Verkäufe. Erratische Schwankungen einer Währung schwächen die Wirtschaftsleistung der zugehörigen Volkswirtschaft, eine stabile Währung fördert sie. Dies gilt auch für Volkswirtschaften außerhalb des entsprechenden Währungsraumes, sofern sie mit dieser Volkswirtschaft handelnd in Verbindung stehen.

FAZIT: Währungsoptionsmärkte sind für das Wirtschaftsgeschehen im Konzert der verschiedenen Volkswirtschaften überlebenswichtig.

Die heilige Trias

Diese Zusammenhänge bleiben in der Regel für Otto Normalverbraucher genauso verborgen wie die Bedeutung der nicht-demokratisch agierenden Zentralbanken, die mit ihren Zinsentscheidungen tief in das Wirtschaftsleben und somit in das Alltagsgeschehen der Menschen eingreifen. Warenmärkte, Währungsmärkte und Zentralbanken sind in einem fortlaufenden Marktgeschehen untrennbar und maßgeblich untereinander verbunden. Dabei modulieren und moderieren die Zentralbanken über den Zinssatz die Abläufe in Waren- und Währungsmärkten und den zugehörigen Optionsmärkten.

Für Otto Normalverbraucher sind Spekulanten auf diesen Märkten in aller Regel ganz, ganz böse Subjekte, die sich mit ihren Spekulationsgewinnen die Taschen vollstopfen.

Wer sind diese Subjekte auf Währungsoptionsmärkten?

Auf Währungs- und Währungsoptionsmärkten agieren in großer Zahl Staatsstellen, staatliche und private Pensionsfonds, multinationale und andere Unternehmen, Finanzinstitute (Banken u.a.), Hedgefonds u.a.

Otto Normalverbraucher verkennt in aller Regel den Sinn dieser Märkte und die Rolle der Spekulanten dort; denn:

Die Währungsoptionsmärkte zeichnen für das Wohl und Wehe im höchstpersönlichen Alltagsleben des kleinen Mannes auf der Straße verantwortlich, indem sie für relative Währungsstabilität sorgen. Doch Märkte sind keine Subjekte. Somit sind präzise gesprochen nicht „die Märkte“, sondern die Teilnehmer an Währungsoptionsmärkten – also die risikoübernehmenden Spekulanten – für das Wohl und Wehe von Otto Normalverbrauchers alltäglichem Leben verantwortlich.

Daher lässt sich interpretieren: In der Erhaltung der Währungsstabilität liegt der soziale Sinn der Spekulation. Dabei dient der Spekulationsgewinn als Entgelt für die risikobehaftete Sorge um eine stabile Währung.

Es kommt zu einem „paradoxen“ Effekt: die Befriedung der Einzelinteressen der Subjekte, den Spekulanten, trägt vermittels des Marktgeschehens zur Optimierung des Gemeinwohls bei.

Die Umsätze in Devisen- und Währungsoptionsmärkten sind die größten weltweit und erreichen täglich Milliarden bis Billionen von Währungseinheiten. Im Jahr 2022 wurden allein im Devisenmarkt täglich durchschnittliche Umsätze in Höhe von 7,5 Billionen US-Dollar gehandelt. Zu beachten ist, dass dabei immer Währungspaare gehandelt werden und zudem die Umsätze „doppelt“ anfallen: als Verkaufs- und als Kaufpreis in Summe. Das plustert das tägliche Handelsvolumen ordentlich auf.

Was für die Währungsoptionsmärkte gilt, gilt ebenso für die Warenoptionsmärkte: es geht um die Stabilisierung von in großen Mengen gehandelten Waren wie Weizen, Schweinehälften Orangensaft, Kaffee und vieles andere mehr. Die aufgezählten Waren stehen für solche, die für die Bevölkerungen hohe Bedeutung haben.

Wozu Optionsmärkte gut sind

Aber es gibt doch nach wie vor Preissprünge auf den Warenmärkten, von erratischen Ausschlägen an den Devisenmärkten war auch schon die Rede: wie passt das ins Bild?

Ohne die Terminbörsen wären die Ausschläge um einiges stärker, die Preise höher.

Drei Beispiele dazu:

#1 Hitler verbot die große Bremer Kaffeebörse. Daraufhin sicherte sich der Großhandel gegen Preisanstiege bei Kaffee ab, indem er von Haus aus deutlich höhere Preise für den Handel, die Geschäfte, einforderte. Resultat war der berühmt-berüchtigte Blümchenkaffee: die Konsumenten sparten am Kaffee, indem sie möglichst wenig davon zum Aufbrühen verwandten, also sah man durch den dünnen Kaffee das Blümchen am Grund der Kaffeetasse.

# 2 Waren, die nicht abgesichert werden können, weisen größere Preissprünge und höhere Preise auf; bremsend auf den Warenpreis (Aktienpreis, Devisenkurs) wirkt allein die Konkurrenz oder eine schwache Nachfrage oder ein überreichliches Angebot.

# 3 Die erste Warenoptionsbörse wurde 1848 in Chicago gegründet. Hintergrund war der bereits gewachsene Welthandel mit Waren, die großteils noch mit Segelschiffen über die Weltmeere transportiert wurden. Zwar befuhren die ersten Dampfschiffe Ende der 1830er Jahre den Atlantik, doch die eigentliche Verdrängung des Segelschiffs als Transportmittel setzte erst ab den 1870er Jahren ein.

Die Notwendigkeit, sich gegen den Verlust der Waren infolge Schiffuntergangs zu schützen oder sich überhaupt vor unerwarteten Preisveränderungen während der langen Schiffsfuhren abzusichern, führte zur Einrichtung der Chicagoer Warenbörse (Chicago Board of Trade), 1848 zunächst als Kassen- oder Spotmarkt, 1864 dann als Warenterminmarkt. Fortan konnten Käufer und Verkäufer Warenpreise vereinbaren für Warenlieferungen in ein, zwei, drei, sechs Monaten, was die Sicherheit der unternehmerischen Kalkulation erheblich erhöhte, da nun die Preisrisiken nicht von den Warenverkäufern und -käufern selbst, sondern von den Spekulanten übernommen wurden. Es entstand eine hochspezialisierte Zunft von Spekulanten, darunter viele Versicherungen.

Die Spekulanten hatten die Zeit und die Informationsmittel, sich über Warenpreisänderungen am Warenursprungsort und über Transportverzögerungen oder Schiffsunfälle zu informieren. Schlechte Kaffee- oder Kakao-Ernten, transportverzögernde Windflauten oder Schiffsunglücke blieben für sie kein Geheimnis, entsprechend diesen Informationen disponierten sie am Warenterminmarkt ihre Preisvorstellungen, doch in der Vergangenheit geschlossene Warenpreise für eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Termin blieben davon unberührt.