Tagesblick – 24.8.2025 Sonntag

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FAZIT DES TAGES – oder: Nachrichten aus dem irrwitzigen Weltzirkus

Freunde erwählt man, nahe Verwandte kann man entfernen, aber Nachbarn bleiben Nachbarn.Ephraim Kishon (eigentlich: Hoffmann, Ferenc) (1924-2005)

  • Israel-Hamas-Hisbollah-Krieg: Erste israelische Soldaten in Gaza-Stadt.
    Netanjahu beharrt auf Militäreinsatz in Gaza und Verhandlungen nach israelischen Bedingungen.
    „Hamas-Hungerkampagne“: Netanjahu verneint Hungerkatastrophe in Gaza.
  • Ukraine-Krieg: Kräftige ukrainische Nadelstiche (Ölraffinierie u.a.).
    Russisches Vorrücken in Donezk, von Ukraine gestoppt.
    Lieferung weitreichender US-Raketen an die Ukraine, aber keine Genehmigung für Einsatz weitreichender Waffen.
    „Flamingo“: Ukraine will weitreichende Waffe produzieren.
    Weitere diplomatische Bemühungen ohne nennenswerten Erfolg.
  • USA: Ablehnung Trumps im Mitte August stärker als Zustimmung.
  • EU: von der Leyen sieht US-EU-Deal als Schutz vor Ausbruch eines Handelskrieges, zudem wurden Handelsbeziehungen stärker diversifiziert.
  • DEUTSCHLAND:
    Deutsche Wirtschaft im Vergleich mit der EU: wo schlechter, wo besser.
    Pensionisten üben Kritik an Sozialem Jahr und „Rentner-Soli“.
    Vermögenssteuerdebatte in Deutschland.
    Rezension: Zwischen Ost- und Westdeutschland liegt eine Kluft.
  • ÖSTEREICH: Moody-Rating für österreichische Anleihen auf „negativ“ gesenkt, aber Aa1 bleibt.
    Pensionen und Beamte: Gewessler strickt nach wie vor keine Sparstrümpfe.
    ORF: Mitarbeiter wegen antisemitischem Sager auf X gekündigt.
    ORF: Propalästinensische Aktivisten vor Wiener Newsroom gestoppt; Vorfall auch in Innsbruck.
    Kärnten: Asylunterkünfte – manchen Gemeinden ist die Bürde zu schwer.
    Niederösterreich: Schneeberg jetzt mit Mountainbikepisten
    Vermögenssteuerdebatte in Österreich.
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MÄRKTE – Ausblick verhalten

ZENTRALBANKEN – FED: Powell: Zinssenkungen im September angedacht. EZB: Wirtschaft profitiert von ausländischen Arbeitern.

WIRTSCHAFTSMELDUNGEN IM ÜBERBLICK – USA: Trump will Zölle auf Möbeleinfuhren.

THEMENREIGEN – MEDIZIN: Pest: Einzelfall in den USA. WISSENSCHAFT: Wissenschaftsbetrug im industriellen Umfang. UNTERNEHMENSGESCHICHTE: Am Anfang standen die Arisierungen: Neckermanns Reichtum und seine NS-Vergangenheit. MENSCHEN: Heinrich Neisser verstorben, slowenische Volksgruppe würdigte einst ÖVP-Politiker.

Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!

Apropos Weltzirkus: Zirkus ist was für Kinder und Junggebliebene, Staunen und Lachen über die Clowns! Im Weltzirkus tummeln sich viele Zauberkünstler und Clowns. Lachen wir also, Lachen ist die beste Medizin gegen Depressionen. 

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MÄRKTE

DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen

DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures

WOCHENAUSBLICK: Dax könnte sich in Rekordnähe weiter schwer tun – 23.8.2025

FRANKFURT (dpa-AFX) – Zum Ausklang des Börsenmonats August droht der Dax nah am Rekordhoch in seiner Seitwärtsspanne zu bleiben. Ohne konkrete Impulse, die auf absehbare Zeit zum Beispiel von geopolitischen Fortschritten kommen könnten, erwarten Experten die Anleger weiter in Wartestellung. Die 24.639 Punkte aus dem Juli gilt es zu schlagen, doch laut dem Marktexperten Robert Halver von der Baader Bank hängt der Dax „unter seinem Allzeithoch fest“. Es konnte den Leitindex am Freitag auch nicht aus seiner Spanne befreien, dass US-Notenbankchef Jerome Powell die Tür für eine Leitzinssenkung öffnete.

Halver hält es im Spätsommer für saisonal typisch, dass sich die globalen Aktienmärkte auf Richtungssuche befinden. Von schlechter Laune könne zwar nicht die Rede sein, aber Rücksetzer und zunehmende Kursschwankungen müssten weiterhin einkalkuliert werden, sagte er am Freitag. Er verwies dabei auf viele Unsicherheitsfaktoren rund um Geldpolitik, den Ukraine-Krieg und die globale Wirtschaftspolitik.

Anleger sehen Experten zufolge auch der Tatsache ins Auge, dass die Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Kriegs stocken. „Ob es tatsächlich zu einem direkten Treffen zwischen Selenskyj und Putin kommt, bleibt unklar. Auch die Frage, wie die von Donald Trump in Aussicht gestellten Sicherheitsgarantien konkret aussehen und wie das Thema Gebietsabtretungen der Ukraine gehandhabt wird, ist nebulös“, sagt Halver hierzu. Eine „Friedens-Rally“ sei aber möglich, wenn Anleger beginnen, den Wiederaufbau der Ukraine zu spielen.

In puncto Geldpolitik hatte der US-Notenbankchef Powell am Freitag für Anleger ermutigende Nachrichten, indem er eine baldige Leitzinssenkung auf der Notenbanktagung in Jackson Hole nicht mehr ausschloss. „Die Stabilität der Arbeitslosenquote und anderer Arbeitsmarktindikatoren ermöglicht es uns, vorsichtig vorzugehen, während wir eine Änderung unserer Geldpolitik in Erwägung ziehen“, sagte er im US-Bundesstaat Wyoming.

Bis in geldpolitischer Hinsicht wirkliche Gewissheit herrscht, dauert es aber noch, denn der nächste Zinsentscheid der Fed steht erst Mitte September auf der Agenda. Waren die Markterwartungen hinsichtlich einer Zinssenkung zuletzt gefallen, wurden sie am Freitag auf der Notenbanktagung in Jackson Hole wieder leicht gefördert. Dies gab in ersten Reaktion vor allem den US-Börsen Schub, der den Dow Jones Industrial auf ein Rekordhoch trieb.

Mit Blick auf die Konjunktur heißt es von der Helaba, der Datenkalender in den kommenden Tagen sei „nicht so vielversprechend, dass an den Märkten deutlich mehr Bewegung zu erwarten wäre“.

Am Montag sieht der Metzler-Chefvolkswirt Edgar Walk gute Chancen für eine Verbesserung des ifo-Index. Am Freitag gibt es vorläufige Daten zu den Verbraucherpreisen in Deutschland, wobei die Dekabank die Inflation im August wieder knapp über die Zwei-Prozent-Marke sieht. Außerdem kommt am Freitag aus den USA der Deflator der privaten Konsumausgaben, der als wichtigstes Preismaß der Fed gilt.

Die Experten der DZ Bank glauben, dass in den kommenden Tagen auch die Nachhaltigkeit der Kursentwicklung im KI-Bereich weiter im Fokus der Marktteilnehmer stehen dürfte. In dieser Hinsicht dürften die am späten Mittwoch erwarteten Quartalszahlen des Chipriesen Nvidia ein wichtiges Kriterium für die weitere Marktstimmung werden.

Unter den deutschen Unternehmen gibt es im Laufe der Woche Nachzügler der Berichtssaison mit SFC Energy am Dienstag, Aroundtown am Mittwoch sowie Delivery Hero und Fielmann am Donnerstag./tih/jsl/he

— Von Timo Hausdorf, dpa-AFX —

© 2025 dpa-AFX

GESELLSCHAFTSSEISMOGRAPH BÖRSEN

findet sich am Ende des Tagesblicks

HELLMEYER (Märkte u.a.m.)

ZENTRALBANKEN

Tiefere Zinsen schon ab September: Fed-Chef Jerome Powell gibt Donald Trumps Drängen nach . André Müller, NZZ, 22.8.2025

In einer vielbeachteten Rede öffnet der Notenbankchef die Tür für eine lockerere Zinspolitik. Der US-Präsident hält den Druck trotzdem hoch, indem er eine Fed-Gouverneurin zum Rücktritt drängt.

Es dürfte seine letzte grosse programmatische Rede gewesen sein. Im Mai 2026 wird Jerome Powell den Posten als Fed-Chef abgeben. Am Freitag hat er in Jackson Hole, dem jährlichen Stelldichein der Zentralbanker, die Finanzmärkte noch einmal kräftig aufgerüttelt.

Powell liess durchblicken, dass man vom Fed im September eine Leitzinssenkung erwarten kann. Die Märkte jubelten: Der amerikanische Aktienmarktindex S&P 500 legte um 1 Prozent zu, als das Fed Powells Redetext publizierte. Gleichzeitig stiegen die Preise für amerikanische Staatsobligationen über alle Laufzeiten hinweg kräftig an. Deren Renditen, die sich invers zum Preis bewegen, gingen deutlich zurück.

Powells Einlenken könnte einen schwelenden Konflikt mit dem Weissen Haus entschärfen: Präsident Donald Trump fordert das Fed seit Amtsantritt dazu auf, den Leitzins zu senken. Die Notenbank wartete jedoch zu, weil sie zunächst die Teuerung in den Griff bekommen wollte.

Darüber hinaus kündigte der Fed-Chef am Freitag auch neue Richtlinien an, wie die wichtigste Zentralbank der Welt ihre Geldpolitik fortan betreiben wird. Diese Veränderungen dürften mittel- bis langfristig zu einer etwas strikteren Geldpolitik führen – und könnten den Konflikt mit Trump neu anfachen.

Der lange Schatten Trumps

Im abgelegenen Resort in Wyoming tauschen sich seit Jahrzehnten die führenden Köpfe der Branche darüber aus, wie ihre Geldpolitik langfristig aussehen soll. Der Auftritt des Fed-Chefs bietet in der Regel den Höhepunkt des Treffens. Powells Rede wurde in diesem Jahr aus mehreren Gründen mit besonderer Spannung erwartet.

Zunächst befindet sich das Fed in einem intensiven Machtkampf mit dem Weissen Haus. Trump setzt Powell und andere Fed-Gouverneure immer stärker unter Druck, damit sie für tiefere Leitzinsen sorgen und die Wirtschaft ankurbeln. Lange Zeit kanalisierte der Präsident seinen Ärger auf den Fed-Chef, jetzt richtet er sich zusehends auch auf andere Schlüsselpersonen.

So hat Trump am Freitag kurz nach Powells Rede angekündigt, die Fed-Gouverneurin Lisa Cook frühzeitig entlassen zu wollen, falls sie ihren Posten nicht freiwillig verlasse – obwohl Cooks Amtszeit erst 2038 endet.

Cook wird von einem Gefolgsmann Trumps in der Regierung bezichtigt, bei der Aufnahme von zwei Hypotheken falsche Angaben gemacht zu haben. Mit ähnlichen Vorwürfen hat das Weisse Haus bereits einen kalifornischen Politiker und die New Yorker Generalstaatsanwältin eingedeckt, die der Präsident zu seinen Gegnern zählt. Insofern erwecken die Vorwürfe den Anschein, dass Trump eine Drohkulisse gegen eine unliebsame Fed-Gouverneurin aufbauen will, die von seinem Vorgänger Joe Biden ins Amt berufen wurde und seither stets gleich abgestimmt hat wie der Fed-Chef Powell.

Bei Cook legt Trump jedenfalls einen viel strengeren Massstab an als bei seinen Verbündeten – oder bei sich selbst. Ein Gericht hat 2023 festgestellt, dass der Präsident seine Immobilien und andere Vermögenswerte jahrelang und in betrügerischer Absicht falsch bewertet hatte, um sein Familienunternehmen zu stärken.

Die Wirtschaft schwächelt

Das Fed hat aber nicht nur mit politischem Druck zu kämpfen, sondern auch mit der Wirtschaftslage. Die Inflation ist wieder gestiegen, während der Arbeitsmarkt zusehends Schwächen zeigt. Für das Fed ist das eine knifflige Ausgangslage: Die hohe und steigende Teuerung verlangt eigentlich eine restriktive Geldpolitik und hohe Leitzinsen; der Arbeitsmarkt müsste dagegen mit niedrigeren Zinsen gestützt werden.

COMMENT: siehe dazu folgende Verlaufsstatistik, die zeigt, dass es mit dem Arbeitsmarkt nicht so schlecht bestellt ist: er ist nach wie vor (noch) relativ robust, die Inflation aber nicht.  

USA – Erstanträge Arbeitslosenhilfe

Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe beschreibt, wie viele Personen jede Woche ihren Job verlieren und Anträge auf Arbeitslosenunterstützung stellen. Die Erstanträge gelten als ein zuverlässiger Indikator für den US-amerikanischen Arbeitsmarkt. Die Daten werden jede Woche vom US-Arbeitsministerium veröffentlicht. Aufgrund deren Aktualität haben sie einen großen Einfluss auf das Marktgeschehen. Sobald die Erstanträge mehrmals hintereinander um mehr als 35.000 pro Woche steigen, gilt dies als ein Zeichen dafür, dass die Wirtschaft an Kraft verliert und in eine Rezession zu stürzen droht. Wenn die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe höher als erwartet ausfällt, führt das auf den Devisenmärkten in der Regel zu einem sinkenden Kurs des US-Dollars (USD). Umgekehrt steigt der Kurs des US-Dollars (USD), wenn die Zahl deutlich fällt.

Stand: 21.8.2025

Die Investoren haben kurz vor Powells Rede damit gerechnet, dass das Fed die Risiken am Arbeitsmarkt höher gewichtet, ganz sicher waren sie sich aber nicht mehr. Gemäss Daten der CME Group vom Markt für Terminkontrakte rechneten gut 75 Prozent der Anleger mit einer Zinssenkung bereits im September. Vor einer Woche waren es noch mehr als 90 Prozent.

Es zeigt sich, dass Trumps Zollstrategie mit Verzögerung doch noch zu einem kräftigen Preisschub führen kann, was die Inflationsbekämpfung des Fed gefährdet. Am Donnerstagmorgen hat zum Beispiel der Walmart-Chef Doug McMillon gesagt, dass der Preisdruck laufend zunehme.

Viele Händler hatten sich noch mit ausländischen Gütern eingedeckt, bevor Trumps Zölle in Kraft traten. Inzwischen haben sie ihr Lager mit günstigen Produkten aber verkauft – und müssen sich zu teureren Konditionen neu eindecken. Auch andere Detail- und Grosshändler gestehen ein, dass sie nicht ganz auf Preiserhöhungen verzichten können. Das gilt etwa für den Bau- und Heimwerkermarkt Home Depot, der noch vor drei Monaten angekündigt hatte, auf breitflächige Preiserhöhungen verzichten zu wollen, um Marktanteile zu gewinnen.

Innerhalb des Fed war man sich bis zuletzt nicht einig, ob dieser zollbedingte Preisschub einmalig sein wird oder ob er dazu führt, dass die Amerikaner ihre langfristigen Inflationserwartungen nach oben schrauben. Letzteres wäre aus Fed-Perspektive eine gefährliche Aussicht, die sie mit anhaltend hohen Leitzinsen bekämpfen müsste.

Am Freitag hat Powell in seiner Rede nun erstmals betont, dass das Fed in seinem Basisszenario nur von einem einmaligen Preisschub ausgeht, und dass es die Risiken am Arbeitsmarkt derzeit für problematischer hält.

Powell sprach von «einer merkwürdigen Art Gleichgewicht» am Arbeitsmarkt: Einerseits nehme die Nachfrage nach Arbeit ab. Weil wegen der fallenden Zuwanderung aber auch weniger Arbeitskräfte verfügbar seien, verharre die Arbeitslosenquote auf tiefem Niveau.

Powell betonte, dass es sich dabei nicht um ein stabiles Gleichgewicht handle. Falls sich die Bedingungen verschlechterten, könne das rasch zu mehr Entlassungen und zu einer höheren Arbeitslosigkeit führen.

Leitlinien für eine unsichere Zukunft

Darüber hinaus hat Powell eine längerfristige Justierung der Geldpolitik angekündigt. Das wurde so erwartet. 2020 hat das Fed diese Richtlinien letztmals angepasst und dabei eine Lockerung der Geldpolitik vorgenommen. So wollte das Fed zulassen, dass die Inflation das 2-Prozent-Ziel überschiesst, wenn sie zuvor länger unterhalb dieser Marke gelegen hat. Es war eine asymmetrische Regel: Ein Unterschiessen des Ziels nach einer Inflationswelle wollte das Fed nämlich nicht in Kauf nehmen.

Das Fed passte sich damit an das eigenartige monetäre Umfeld der 2010er Jahre an. Damals konnten die westlichen Zentralbanken ihre Leitzinsen über lange Zeit ultratief halten, ohne dass dies zu hoher Inflation führte.

Doch diese Zeit ist vorbei. 2021 und 2022 unterschätzte das Fed, wie stark und anhaltend der Preisschub sein würde, der sich mit dem Abflauen der Pandemie aufbaute. Im Juni 2022 erreichte die Inflation in den USA 9,1 Prozent. Um sie zu bekämpfen, erhöhte das Fed seinen Leitzins auf über 5 Prozent. Noch heute liegt er bei 4,25 bis 4,5 Prozent.

Dann folgte die nächste Überraschung: Die amerikanische Wirtschaft kam mit dem hohen Zinsumfeld erstaunlich gut zurecht. Viele Experten zogen daraus den Schluss, dass der neutrale Zins höher liegt als vor einem Jahrzehnt – also jener Zinssatz, der die Wirtschaft weder ankurbelt noch bremst. Das betonte am Freitag auch Powell und nannte die Demografie, die Arbeitsproduktivität und die Fiskalpolitik als mögliche Ursachen.

Vor diesem Hintergrund passt das Fed seine geldpolitischen Richtlinien an. Es entfernt den einseitigen Fokus auf Probleme, die sich aus einem ultratiefen Zinsumfeld ergeben, und hält fest, dass das Ziel der Vollbeschäftigung nachhaltig nur in einem Umfeld stabiler Preise erreicht werden kann. Vor allem kippt die Zentralbank die Strategie, wonach sie ein Überschiessen des 2-Prozent-Inflationsziels tolerieren wird, wenn die Teuerung zuvor unterhalb der Zielmarke gelegen hatte.

Diese Anpassungen mögen auf den ersten Blick klein und unwichtig erscheinen. Sie belegen aber, dass sich das Fed mittel- bis langfristig auf eine Welt mit höheren Zinsen einstellt. Tendenziell wird die Notenbank in Zukunft daher eine striktere Geldpolitik verfolgen, auch wenn das Donald Trump nicht schmecken sollte.

Der Präsident hat zuletzt einen ultratiefen Leitzins zwischen 1 und 2 Prozent gefordert und dabei nicht den Anschein erweckt, dass er sich für Veränderungen des neutralen Zinses interessiert. Die Chance ist somit gross, dass es in Zukunft erneut zum Streit zwischen Trump und der Fed-Spitze kommen wird – aber dass ihn bereits Powells Nachfolger ausfechten muss.

EZB: Wirtschaft profitiert von ausländischen Arbeitskräften – ORF, 23.8.2025

Die Wirtschaft im Euro-Raum hat laut der Europäischen Zentralbank (EZB) vom Zustrom ausländischer Arbeitskräfte profitiert. Auf der US-Notenbankkonferenz in Jackson Hole nannte EZB-Chefin Christine Lagarde gestern den Anstieg der Zahl von Arbeitnehmern aus Ländern außerhalb des Euro-Raums einen Faktor, der die Wirtschaft in einigen Sektoren stütze. Und das trotz einer zunehmenden Präferenz für kürzere Arbeitszeiten und eines Rückgangs des Lebensstandards.

Ohne diesen Beitrag könnten die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt angespannter sein, und auch die Produktion würde geringer ausfallen, fügte sie hinzu. Auch Spaniens starkes Wirtschaftswachstum nach der Pandemie sei zu einem großen Teil dem Beitrag ausländischer Arbeitskräfte zu verdanken.

Europäischer Arbeitsmarkt überraschend gut

Der europäische Arbeitsmarkt habe die jüngsten Schocks dank einer Mischung aus globalem Rückenwind und inländischer Stärke unerwartet gut überstanden.

Migration könne grundsätzlich eine entscheidende Rolle bei der Linderung des Arbeitskräftemangels in ausgewählten Regionen spielen. Doch in allen plausiblen Szenarien – selbst bei hoher Migration – werde die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter im Euro-Raum weiter schrumpfen.

Darüber hinaus könnten wirtschaftspolitische Zwänge die Zuwanderung zunehmend einschränken. Selbst bei erheblicher Migration hänge ihr Einfluss auf die Linderung des Arbeitskräftemangels davon ab, wie gut die Qualifikationen der Migrantinnen und Migranten mit den offenen Stellen in Schlüsselsektoren zusammenpassen.

red, ORF.at/Agenturen

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WDHLG: Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hält auch nach der Erklärung einer Hungersnot im Raum der Stadt Gaza durch internationale Experten an seinen Kriegszielen unbeirrt fest. – 23.8.2025

Die von der islamistischen Terrororganisation Hamas „inszenierte Hungerkampagne wird uns nicht davon abhalten, unsere Geiseln zu befreien und die Hamas zu beseitigen“, sagte er in Reaktion auf einen aufsehenerregenden Bericht der weltweit als Autorität für Ernährungssicherheit anerkannten IPC-Initiative.

Netanjahu hatte zuvor Pläne für die Einnahme der Stadt Gaza im Norden des abgeriegelten Gazastreifens gebilligt. Israels Militär bereitet sich darauf vor, die Schätzungen zufolge rund eine Million Bewohner in Zeltlager im Süden umzuquartieren. Laut der IPC-Initiative ist das Leben von 132.000 Kindern unter fünf Jahren wegen Unterernährung bedroht. 41.000 davon würden als besonders bedrohliche Fälle betrachtet, doppelt so viele wie bei der vorherigen Einschätzung im Mai. Es geht um den Bezirk Gaza, in dem auch die Stadt liegt.

REZENSION – Hass, Angst und Vertreibungen: Mit der Entstehung des Staates Israel begann das palästinensische Flüchtlingsproblem – Thomas Speckmann, NZZ, 23.8.2025

Benny Morris’ Bücher sind Klassiker der Geschichtsschreibung über den Nahen Osten. Nüchtern erzählt der israelische Historiker, wie der arabisch-jüdische Krieg entstanden ist. Und warum er sich so schwer lösen lässt.

1948: Palästinensische Männer, Frauen und Kinder werden von israelischen Streitkräften aus ihren Häusern vertrieben. [nachdem die Araber den Krieg gegen den neugegründeten Staat entfacht hatten.]

Die Geschichte entwickelt manchmal eine gewisse Ironie: Vor acht Jahrzehnten wurde die Teilung Palästinas international diskutiert, um den Nahostkonflikt zu lösen. Die Vollversammlung der Vereinten Nationen billigte 1947 einen Plan, der zwei Staaten bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Einheit und neutralem Status von Jerusalem vorsah.

Die entsprechende Resolution erreichte die erforderliche Zweidrittelmehrheit zwar knapp – zu den Ja-Stimmen zählten unter anderem der Sowjetblock, die Vereinigten Staaten und Westeuropa mit Ausnahme Grossbritanniens, das sich enthielt. Aber nicht zuletzt die arabischen und die muslimischen Staaten hatten mit Nein gestimmt.

Heute ergibt sich ein spiegelverkehrtes Bild: Grossbritannien droht Israel damit, an der Uno-Generalversammlung im September einen palästinensischen Staat anzuerkennen. Dazu verlangt London, dass Jerusalem von Ansprüchen auf das Westjordanland absieht und sich zu einem langfristigen Friedensprozess bekennt, der zu einer Zweistaatenlösung führt.

Und Israel? Ab September 1947 hatte die «Jewish Agency for Palestine» – die Regierung des «Jischuw», der jüdischen Bevölkerung und des jüdischen Gemeinwesens in Palästina vor der Gründung des Staates Israel – begonnen, Druck auf Washington auszuüben, damit Amerika ihr Bekenntnis zur Teilung bekräftigten, und die Verbündeten der USA dazu überredet, sich anzuschliessen.

Ein globaler Kampf

Heute stellt sich die Regierung in Jerusalem gegen die erneut diskutierte Teilung Palästinas. Und sie scheint den amerikanischen Präsidenten auf ihrer Seite zu haben. Donald Trump hat mehrmals beteuert, er denke nicht daran, einen Palästinenserstaat anzuerkennen.

Eine weitere Ironie der Geschichte: Der Plan zur Teilung der Region in zwei souveräne Staaten, einen jüdischen und einen arabischen, führte 1948 nach der Ausrufung des Staates Israel zum arabisch-israelischen Krieg. Heute verhindert dessen Fortsetzung im Gazastreifen den erneuten Versuch einer Umsetzung eines Teilungsplans für Palästina.

Wer die Vorgeschichte dieser Entwicklung verstehen will, sollte zu Benny Morris’ Büchern greifen. Zwei Standardwerke des emeritierten Professors für Geschichte an der Ben-Gurion-Universität des Negev liegen mittlerweile auch auf Deutsch vor. Ihre Themen sind eng miteinander verflochten: In «1948» geht es um den ersten arabisch-israelischen Krieg 1948, der auf den arabisch-jüdischen Bürgerkrieg von 1947 folgte. «Die Geburt des palästinensischen Flüchtlingsproblems» behandelt die Folgen aus diesen Auseinandersetzungen, für die bis heute keine nachhaltige Lösung gefunden worden ist.

Morris macht deutlich, warum es sich so schwierig gestaltet, eine Verhandlungslösung für das Palästina-Problem zu finden. Zwar stellt der Krieg von 1948 auch in seinen Augen einen Meilenstein in der Auseinandersetzung zwischen zwei nationalen Bewegungen um einen Landstrich dar. Aber er sei darüber hinaus Teil eines allgemeineren, globalen Kampfes zwischen dem islamischen Osten und dem Westen, in dem Israel und Palästina als eine Hauptkampffront gelte.

Die grosse Minderheit

Der erste arabisch-israelische Krieg wurde von palästinensischen Arabern begonnen, die die Uno-Teilungsresolution abgelehnt hatten. Sie wollten damit die Gründung Israels verhindern. Es war dieser Krieg, der laut Morris zur Entstehung des palästinensischen Flüchtlingsproblems führte. Er weist darauf hin, dass die Umsiedlung von Arabern aus den Gebieten Palästinas, die zum jüdischen Staat werden sollten, in der zionistischen Ideologie verankert gewesen sei. Aber er betont zugleich, es habe keinen Plan gegeben, «die Araber» aus Palästina oder den Gebieten des entstehenden jüdischen Staates zu vertreiben.

In den ersten Monaten des Krieges gab es weder grossflächige Vertreibungen noch eine Einebnung von Dörfern. Die Einheiten der Haganah, der wichtigsten Miliz der jüdischen Gemeinde in Palästina, hätten uneinheitlich gehandelt. Manchmal wurden Bewohner arabischer Gemeinden vertrieben, manchmal nicht. Dadurch sei am Ende des Krieges in Israel eine arabische Minderheit entstanden, die heute ein Fünftel der Bevölkerung ausmache.

Als keineswegs zweideutig bezeichnet Morris dagegen die israelische Politik gegenüber denjenigen, die ab dem Sommer 1948 ausgesiedelt worden sind und zu Flüchtlingen wurden. Ihre Rückkehr sollte um jeden Preis verhindert werden. Das habe die Armee auch entschlossen und oft brutal umgesetzt.

Flüchtlinge, die heimlich wieder ins Land zurückkehrten, seien nach Möglichkeit aufgegriffen und vertrieben worden. Dennoch gelang es Zehntausenden von «Infiltranten» , sich wieder anzusiedeln und zum Teil israelische Staatsbürger zu werden.

Ein Grossteil derer, die zu Flüchtlingen wurden, floh laut Morris nicht aufgrund direkter Bedrohung oder weil sie von Israel dazu gezwungen worden sind. Viele hätten ihre Siedlungen im Zug von Evakuierungen verlassen, welche die Araber selbst veranlasst hätten.

Angst vor den anderen

Dass ein palästinensisches Flüchtlingsproblem entstanden sei, sei unter den gegebenen Umständen fast unvermeidlich gewesen, fasst Morris so nüchtern wie hoffnungslos zusammen. Araber und Juden hätten in einem «winzigen Land» zusammengelebt. Die Feindseligkeit reichte zurück bis an den Beginn der Einwanderung von Juden aus Russland ins osmanisch regierte Palästina in den 1880er Jahren. Die Menschen, die damals nach Palästina kamen, hatten nach der Ermordung von Zar Alexander II. im März 1881 eine Welle von Pogromen erlebt.

Die Gründe für das Scheitern von Friedensbemühungen sind für Morris vielfältig. Auf arabischer wie auf jüdischer Seite habe es von Anfang an grossen Widerstand gegen einen binationalen Staat gegeben.

Der Ausbruch des Krieges um die Gründung und das Überleben Israels habe die Gräben verstärkt. Dazu kämen eine tiefsitzende Feindseligkeit der Araber gegenüber dem Jischuw und die permanente Angst, unter jüdische Herrschaft zu geraten.

Dem entspricht auf jüdischer Seite die Angst vor dem, was im Fall eines Sieges der Araber geschehen würde. Oder davor, in einem jüdischen Staat mit einer grossen arabischen Minderheit leben zu müssen. Damit wäre man dann wieder mitten in der heutigen Diskussion über die Aussichten einer Teilung Palästinas.

Benny Morris: Die Geburt des palästinensischen Flüchtlingsproblems. Eine Neubetrachtung. Aus dem Englischen übersetzt von Hartmut Lenhard. Hentrich-&-Hentrich-Verlag, Berlin 2025. 825 S., Fr. 42.10.

Benny Morris: 1948. Der erste arabisch-israelische Krieg. Aus dem Englischen übersetzt von Johannes Bruns und Peter Kathmann. Hentrich-&-Hentrich-Verlag, Berlin 2023. 646 S., Fr. 34.20.

KOMMENTAR – ANALYSE – HINTERGRUND

Trumps Botschafter für Israel: Mike Huckabee lässt Netanyahu freie Hand – aber bei Christen versteht er keinen Spass – Rewert Hoffer (Jerusalem), Isabelle Jacobi, NZZ, 23.8.2025

Huckabee ist seit hundert Tagen im Amt. Der evangelikale Ex-Gouverneur von Arkansas ist ein verlässlicher Partner für die Regierung Netanyahu – doch es gibt auch einige überraschende Misstöne. Ein Porträt.

Einst war Mike Huckabee ein baptistischer Fernsehprediger, dann stieg er als wertkonservativer Republikaner in die Politik ein, wurde Gouverneur des südlichen Gliedstaats Arkansas und wollte Präsident werden. Er kandidierte 2008 und dann noch einmal 2016 – als Rivale des siegreichen Donald Trump. Acht Jahre später zog Trump erneut ins Weisse Haus und entsandte den 69-jährigen Evangelikalen als Botschafter ins Gelobte Land.

Huckabees Liebe zu Israel ist tief in seinem evangelikalen Glauben verankert. Und die amerikanischen Evangelikalen sehen in Israel mehr als ein befreundetes Land – sie halten die Juden für Gottes auserwähltes Volk und betrachten die Staatsgründung Israels als Erfüllung der biblischen Verheissung. Auch Huckabees Beziehung zu Israel ist profund spirituell. Dazu gehört, dass er das Westjordanland konsequent mit den biblischen Namen Judäa und Samaria betitelt.

Eine andere Bezeichnung sei «eine historische Ungerechtigkeit und Leugnung der Bibel», sagte Huckabee, als er drei Wochen nach seiner Ankunft in Jerusalem die Siedlung Shiloh besuchte. Eingeladen hatte ihn der Yesha-Rat, der Dachverband der israelischen Siedlerbewegung. Es war das erste Mal, dass ein amerikanischer Botschafter für ein offizielles Treffen eine nach internationalem Recht illegale Siedlung im israelisch besetzten Westjordanland besuchte. «Nur die Existenz Gottes kann eure Anwesenheit hier erklären», sagte Huckabee zu den Siedlern.

Ein enger Freund Netanyahus

Nicht nur die radikalen Siedler frohlocken über diese Aussagen, auch Ministerpräsident Benjamin Netanyahu gratulierte Huckabee sofort nach seiner Bestätigung durch den Senat im April. Der Amtsantritt seines «engen Freundes» sei ein «grosser Tag für die israelisch-amerikanische Allianz». Vor allem war es ein grosser Tag für die Allianz zwischen Netanyahu und der amerikanischen Regierung. Denn unter Huckabee haben sich die USA endgültig von jahrzehntealten Grundsätzen ihrer Nahostpolitik verabschiedet. Der neue amerikanische Botschafter vertritt stattdessen Positionen, die genauso auch vom israelischen Ministerpräsidenten stammen könnten.

So nannte der Botschafter in einem Gespräch mit der BBC die Zweistaatenlösung ein «anspruchsvolles Ziel». Nur um dann hinzuzufügen, dass ein palästinensischer Staat ja auf dem Territorium der «muslimischen Länder» errichtet werden könne. Ihr Territorium sei 644-mal grösser als jenes Gebiet, das Israel kontrolliere.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg sagte Huckabee sogar, die USA verfolgten nicht mehr das Ziel, einen palästinensischen Staat zu schaffen. Das ging offenbar sogar dem Weissen Haus zu weit. Eine Sprecherin des Aussenministeriums erklärte kurz darauf, der Botschafter spreche nur für sich selbst. Ebenso ist Huckabee ein starker Fürsprecher der Gaza Humanitarian Foundation (GHF), bei deren Verteilstellen im Gazastreifen Hunderte Palästinenser erschossen wurden. Die GHF wird vom Evangelikalen Johnnie Moore geführt– einem alten Freund von Huckabee. Eine Gesprächsanfrage der NZZ lehnte der Botschafter ab.

«Huckabee hat der engen amerikanisch-israelischen Beziehung seine eigene Note hinzugefügt, weil er nicht genügend diplomatische Vorerfahrung hat», sagt Chuck Freilich, Forscher am israelischen Institute for National Security Studies im Gespräch. «Daher hat er ein paar Dinge gesagt, die andere Botschafter vielleicht nicht geäussert hätten.» So auch am Donnerstag, als der Botschafter nicht ohne Stolz im Gespräch mit der «Jerusalem Post» verkündete: «Manchmal wird mir vorgeworfen, ich würde eher wie der israelische Botschafter in den USA klingen als wie der amerikanische Botschafter in Israel.»

Vom baptistischen Prediger zum Politiker

Mike Huckabee bereiste Israel vor mehr als fünfzig Jahren als 17-Jähriger zum ersten Mal. Noch heute schwärmt er von diesem Erlebnis, wie kürzlich in einem Interview mit der «New York Times». «Es war spirituell für mich, an den Orten zu sein, über die ich mein Leben lang in der Bibel gelesen hatte», sagte Huckabee.

Seither hat er das Land nach eigenen Angaben rund hundertmal besucht – oft als Reiseführer von evangelikalen Gruppen aus den USA. Eine Werbung der Senior Adult Travel Inc. verspricht zehn unvergessliche Tage im Heiligen Land mit Mike Huckabee. Angeboten wird ein vollgepacktes Programm an zahlreichen biblischen Schauplätzen. «Wir rennen, wo Jesus ging», scherzt der US-Botschafter im Interview der «New York Times».

Der Sohn eines Mechanikers ist am selben Ort geboren wie Bill Clinton: in Hope, Arkansas. Er entdeckt früh sein kommunikatives Talent – und das Predigen. Mit jungen 16 Jahren ist er in der Garrett Memorial Baptist Church aktiv. Danach wird er Kommunikationsdirektor des bekannten Televangelisten James Robison und studiert an einer evangelikalen Hochschule Theologie, bevor er Pfarrer einer baptistischen Kirche in Pine Falls wird. Er gründet einen eigenen Fernsehkanal und erreicht bald ein Millionenpublikum.

Mit seiner Frau Janet hat er drei Kinder, unter anderem Sarah Huckabee Sanders, die während Präsident Trumps erster Amtszeit Sprecherin des Weissen Hauses war und vor drei Jahren zur Gouverneurin von Arkansas gewählt wurde – wie zuvor ihr Vater.

In den neunziger Jahren steigt der Republikaner in die Politik ein und wird zum Vizegouverneur von Arkansas gewählt. Während der Aids-Krise bezeichnet er Homosexualität als «Gefährdung der öffentlichen Sicherheit». 1996 wird er Gouverneur des ruralen Südstaats im Bibelgürtel der USA. Zehn Jahre regiert Huckabee in Little Rock und mässigt den Ton. Er erhält nationale Anerkennung: Das «Time Magazine» kürt ihn 2005 zu einem der fünf besten Gouverneure: «Ein reifer, konsensorientierter Konservativer, der von Evangelikalen Lob erhält und gelegentlich von liberalen Demokraten», heisst es in der Begründung.

2008 und 2016 versucht Huckabee vergeblich den Sprung ins Weisse Haus. Seine Medienkarriere verläuft derweil ordentlich: Er startet 2008 eine eigene Radio-Show «Huckabee» auf dem Sender Fox, später wechselt er zum christlichen Rundfunkimperium Trinity Broadcasting Network.

Bloss fünf Tage nach seiner Wahl im November nominiert Donald Trump Mike Huckabee zum Botschafter für Israel: «Er liebt Israel und das Volk Israel. Und Israel liebt ihn ebenso», sagte Trump. Huckabee wird zum Diplomaten von höchster Relevanz.

Evangelikale und die Israel-Politik der USA

Mit der Berufung eines Evangelikalen auf den wichtigen Botschaftsposten belohnte Trump die Loyalität seiner evangelikalen Wählerschaft. Laut dem Pew Institute unterstützen über 70 Prozent der rund 45 Millionen weissen Evangelikalen in den USA Präsident Trump. «Trump hört genau auf seine politische Basis, und die Evangelikalen sind grössere Unterstützer Israels als die jüdische Gemeinschaft in den USA», sagt der israelische Amerika-Experte Chuck Freilich.

Die Evangelikalen sehen in der Gründung des Staates Israel eine Erfüllung der Offenbarung von Johannes. Nach dieser Vorstellung wird Jesus Christus das zweite Mal auf die Erde kommen, sobald ausschliesslich Juden auf dem gesamten biblischen Land Israel leben. Darauf folgt das Armageddon, an dessen Ende Jesus die Welt vom Tempelberg regiert. Den Tag des jüngsten Gerichts werden keine Ungläubigen überleben – Juden eingeschlossen. Aus Sicht der Evangelikalen ist die Unterstützung Israels also Mittel zum Zweck: Wenn Juden das gesamte Heilige Land besiedeln, folgt die zweite Wiederkehr Christi.

Diese biblische Prophezeiung ist für Juden ultimativ wenig attraktiv. Deshalb würden die christlichen Fundamentalisten diese Idee heute weniger in den Vordergrund rücken als noch vor zwanzig Jahren, sagte der Religionswissenschafter Daniel Hummel in einem Interview mit PBS. «Auch Huckabee spricht nicht oft darüber, aber diese Idee wirkt im Hintergrund mit.»

Der christliche Zionismus ist in den USA längst zu einem politischen Machtfaktor geworden. Seine wichtigste Lobbyorganisation ist Christians United for Israel, die 10 Millionen Mitglieder ausweist. Der Gründer, der einflussreiche texanische Pastor John Hagee, veranstaltet seit 2006 eine jährliche Konferenz in Washington mit Tausenden von Teilnehmern, an welcher republikanische Politiker auftreten – und in das jüdisch-rituelle Horn Schofar geblasen wird.

Die Christians United for Israel applaudierten laut, als Trump einen Evangelikalen als US-Botschafter für Israel berief. Die christlichen Zionisten wissen, dass Huckabee einer von ihnen ist.

Huckabees Treue zu Israel hält bis zum jüngsten Tag

Und so sind es auch die Anliegen der Christen, bei denen Botschafter Huckabee seltene kritische Töne gegenüber der Regierung in Jerusalem anschlägt. Als Israel die Visaerteilung für christliche Organisationen verzögerte, schickte er im Juli einen scharfen Protestbrief an das israelische Innenministerium. Darin drohte der Botschafter, öffentlich zu verkünden, dass Israel Christen nicht mehr willkommen heisse. Drei Tage später erklärte er das Problem für gelöst.

Etwa zeitgleich besuchte Huckabee das palästinensische Christendorf Taybeh. Jüdische Siedler hatten zuvor den Ort im Westjordanland angegriffen und ein Feuer gelegt, das die Reste der Sankt-Georg-Kirche aus dem fünften Jahrhundert bedrohte. Als Huckabee am 20. Juli in dem letzten palästinensischen Dorf eintraf, das noch mehrheitlich von Christen bewohnt wird, nannte er den Angriff einen Terrorakt und ein Sakrileg. Ohne Israel explizit zu erwähnen, forderte er harte Konsequenzen für die Täter.

Dies seien allerdings vergängliche Probleme, meint der israelische USA-Experte Chuck Freilich. «Und in solchen Fällen tut Israel meist sofort, was die Amerikaner wollen.» Dass die USA unter Botschafter Mike Huckabee meist das tun, was die Israeli wollen, steht ausser Frage. Die Nibelungentreue des ehemaligen Baptistenpredigers zum jüdischen Staat hält nicht zuletzt wegen seines Glaubens bis zum jüngsten Tag.

WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN

SaAugenzeugen: Israelische Truppen in der Stadt Gaza1.378dpa-AFX

Augenzeugen: Israelische Truppen in der Stadt Gaza – 23.8.2025

TEL AVIV/GAZA (dpa-AFX) – Israelische Truppen sind nach Angaben palästinensischer Augenzeugen in einen Teil der Stadt Gaza eingedrungen. Den Berichten zufolge wurden Soldaten in dem Viertel Sabra gesichtet, vor allem in der Nähe eines örtlichen Schulgebäudes. Die israelische Armee teilte auf Anfrage mit, man äußere sich nicht zu den Positionen ihrer Soldaten.

Die israelische Führung hat einen Plan zur Einnahme der Stadt Gaza gebilligt. Zuvor ist die Räumung der Stadt vorgesehen, in der sich nach Schätzungen rund eine Million Menschen aufhalten.

Mit Beginn der Offensive wird nach Medienberichten frühestens im September gerechnet. Zuletzt waren israelische Soldaten aber bereits in Vororte der Küstenstadt vorgerückt. In dem Viertel Sabra waren seit Beginn des Gaza-Kriegs vor fast zwei Jahren bereits israelische Bodentruppen im Einsatz gewesen.

Hilfsorganisationen haben vor einer weiteren Verschlechterung der ohnehin katastrophalen humanitären Lage in dem Küstenstreifen gewarnt, in dem rund zwei Millionen Palästinenser leben. Die IPC-Initiative hatte für die Stadt Gaza und einige Nachbarorte eine Hungersnot erklärt. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete den Bericht jedoch als eine „glatte Lüge“. Nach israelischer Darstellung basiert die Einschätzung auf falschen Angaben der Hamas/edr/DP/mis

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ROUNDUP/Netanjahu: ‚Hungerkampagne‘ der Hamas hält uns nicht auf – 24.8.2025

TEL AVIV/GAZA (dpa-AFX) – Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hält auch nach der Erklärung einer Hungersnot im Raum der Stadt Gaza durch internationale Experten an seinen Kriegszielen unbeirrt fest. Die von der islamistischen Terrororganisation Hamas „inszenierte Hungerkampagne wird uns nicht davon abhalten, unsere Geiseln zu befreien und die Hamas zu beseitigen“, sagte er in Reaktion auf einen aufsehenerregenden Bericht der weltweit als Autorität für Ernährungssicherheit anerkannten IPC-Initiative.

Netanjahu hatte zuvor Pläne für die Einnahme der Stadt Gaza im Norden des abgeriegelten Gazastreifens gebilligt. Israels Militär bereitet sich darauf vor, die Schätzungen zufolge rund eine Million Bewohner in Zeltlager im Süden umzuquartieren. Laut der IPC-Initiative ist das Leben von 132.000 Kindern unter fünf Jahren wegen Unterernährung bedroht. 41.000 davon würden als besonders bedrohliche Fälle betrachtet, doppelt so viele wie bei der vorherigen Einschätzung im Mai. Es geht um den Bezirk Gaza, in dem auch die Stadt liegt.

„An manchen Tagen kann ich nur ein kleines Brot und eine Tomate finden, um sie zwischen drei Kindern zu teilen“, klagt Mariam al-Scheikh. Ihren Kindern etwas zu essen zu beschaffen, sei ein täglicher Kampf, berichtet die 34-Jährige aus der Stadt Gaza der Deutschen Presse-Agentur. Sie sei oft stundenlang auf der Suche nach Brot oder Lebensmittelkonserven. Nachts hört sie das jüngste ihrer Kinder vor Hunger weinen. „Mehr als eine halbe Million Menschen im Gazastreifen sind mit katastrophalen Bedingungen konfrontiert, charakterisiert durch Hunger, Armut und Tod“, heißt es in dem Bericht der IPC-Initiative.

Netanjahu: Hunger absichtlich ausgesetzt sind nur die Geiseln

Netanjahu bezeichnete den Bericht als eine „glatte Lüge“. Nach israelischer Darstellung basiert die Einschätzung der IPC-Initiative auf falschen Angaben der Hamas. „Der Bericht ignoriert bewusst Daten, die den Autoren in einem Treffen vor seiner Veröffentlichung vorgelegt wurden und übersieht die in den letzten Wochen unternommenen Bemühungen zur Stabilisierung der humanitären Lage im Gazastreifen völlig“, erklärte die zuständige israelische Behörde Cogat. Um welche Daten es sich dabei handelt, blieb jedoch offen.

UN-Generalsekretär António Guterres sprach im Zusammenhang mit der Hungersnot von Vorsatz. Was nun passiere, sei der „vorsätzliche Zusammenbruch der Systeme, die für das menschliche Überleben notwendig sind“. Als Besatzungsmacht habe Israel eindeutige Verpflichtungen. Israel weist solche Aussagen und Vorwürfe stets zurück. Das Land wirft wiederum den UN vor, im Gazastreifen bereitstehende Hilfslieferungen nicht verteilt zu haben. Israel verfolge keine Politik des Aushungerns, sondern der Hungerprävention, betonte Netanjahu. „Die Einzigen, die in Gaza absichtlich dem Hunger ausgesetzt werden, sind die israelischen Geiseln“, erklärte er.

Israel steht zunehmend unter Druck

Israel steht unter erheblichem internationalen Druck, das Leid der Palästinenser im Gazastreifen zu lindern. Berichte über unterernährte Kinder lösten weltweit Empörung aus und trugen dazu bei, dass Länder wie Frankreich, Kanada und Australien Pläne zur Anerkennung eines palästinensischen Staates ankündigten. Deutschland stoppte einen Teil der Waffenexporte an Israel, nachdem Israel erklärt hatte, es werde den Gaza-Krieg noch ausweiten.

Einen Tag vor Veröffentlichung des IPC-Berichts hatte die israelische Führung die militärischen Einsatzpläne für die Einnahme der Stadt Gaza genehmigt. Verteidigungsminister Israel Katz kündigte intensive Angriffe an. „Die Tore der Hölle werden sich bald über den Mördern und Vergewaltigern der Hamas in Gaza öffnen – bis sie Israels Bedingungen zur Beendigung des Krieges zustimmen“. Andernfalls werde die Stadt zerstört. In Israel wurde spekuliert, dies könne eine Verhandlungstaktik sein, um die Hamas unter Druck zu setzen.

Israel: Beendigung des Krieges nur zu unseren Bedingungen

Israels Forderungen für eine Beendigung des Krieges sind die Entwaffnung der Hamas, die Rückführung aller Geiseln, die Entmilitarisierung des Gazastreifens, die Sicherheitskontrolle über das Küstengebiet durch Israel sowie eine Zivilverwaltung, die weder von der Hamas noch der im Westjordanland regierenden Palästinensischen Autonomiebehörde ausgeübt wird. Netanjahu stellte nun neue Verhandlungen über die Freilassung der Geiseln und ein Ende des Krieges zu Bedingungen in Aussicht, „die für Israel akzeptabel sind“.

Wenige Tage zuvor hatte die Hamas nach eigenen Angaben einem Vorschlag der Vermittler für eine Waffenruhe zugestimmt hatte. Dabei handelt es sich laut Medienberichten um eine angepasste Fassung eines zuvor bereits verhandelten Vorschlags des US-Sondergesandten Steve Witkoff. Er sieht eine 60-tägige Feuerpause vor, während der zehn lebende Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge freikommen. Insgesamt befinden sich im Gazastreifen noch 50 Geiseln, von denen mindestens 20 am Leben sein sollen.

Netanjahu hatte sich zuletzt laut Medienberichten nur zu einem Abkommen bereit erklärt, wenn dabei alle Geiseln auf einmal freikommen und der Krieg zu Israels Bedingungen beendet wird. Indirekte Verhandlungen über eine neue Waffenruhe waren bislang erfolglos und zuletzt unterbrochen. Die Vermittler – die USA, Katar und Ägypten – bemühen sich um Wiederaufnahme der Kontakte./ln/DP/mis

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URAINE-KRIEG im n-tv Liveticker

Detaillierte Meldungsübersicht. Daraus eine Auswahl:

+++ 09:37 Merz zum ukrainischen Unabhängigkeitstag: „Stehen fest an ihrer Seite“ +++
Bundeskanzler Friedrich Merz betont zum heutigen Unabhängigkeitstag der Ukraine die fortwährende Unterstützung Deutschlands bei der Abwehr des russischen Angriffskrieges. „Zum Unabhängigkeitstag stehen wir fest an ihrer Seite – heute und in Zukunft“, schreibt Merz in deutscher, ukrainischer und englischer Sprache auf der Plattform X. Der CDU-Politiker hebt den „großen Mut“ hervor, mit dem sich Ukrainerinnen und Ukrainer gegen Russlands Angriffe wehrten. „Sie kämpfen für unsere Freiheitsordnung in Europa und einen gerechten Frieden“, so der Kanzler.

+++ 09:11 Norwegen unterstützt deutsche Patriot-Lieferung an Ukraine finanziell +++
Norwegen unterstützt die deutsche Lieferung von Patriot-Luftabwehrsystemen an die Ukraine mit umgerechnet rund 600 Millionen Euro. Dies teilt die norwegische Regierung mit. „Gemeinsam mit Deutschland sorgen wir nun dafür, dass die Ukraine schlagkräftige Luftabwehrsysteme erhält“, erklärte Ministerpräsident Jonas Gahr Stoere. Norwegen und Deutschland finanzieren demnach zwei Patriot-Systeme samt Raketen, die von Deutschland an die Ukraine geliefert werden. Zudem beteiligt sich Norwegen an der Beschaffung von Luftverteidigungsradar des deutschen Herstellers Hensoldt und Luftabwehrsystemen des norwegischen Herstellers Kongsberg. Anfang August hatte das Bundesverteidigungsministerium mitgeteilt, dass die Bundeswehr zwei weitere Patriot-Systeme an die Ukraine liefere. Die USA wollen Deutschland als Ersatz im Gegenzug beschleunigt neu produzierte Patriot-Systeme der neuesten Generation liefern.

+++ 08:25 Kanadas Ministerpräsident trifft in Kiew ein +++
Der kanadische Ministerpräsident Mark Carney trifft zu einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ein. Dies teilt der Stabschef des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Andrij Jermak, mit. Der Besuch fällt auf den Unabhängigkeitstag der Ukraine. „An diesem besonderen Tag – dem Unabhängigkeitstag der Ukraine – ist es für uns besonders wichtig, die Unterstützung unserer Freunde zu spüren“, schreibt Jermak auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. „Und Kanada stand uns immer zur Seite.“

+++ 07:28 Brand in russischem Ostseehafen – ukrainische Drohne soll Ursache sein +++
Im russischen Ostseehafen Ust-Luga lösen Trümmerteile einer zerstörten ukrainischen Drohne nach Angaben der Behörden einen Brand aus. Betroffen sei ein Terminal des russischen Gaskonzerns Novatek, teilt der Gouverneur der Region Leningrad, Alexander Drosdenko, über den Kurznachrichtendienst Telegram mit. Feuerwehr und Rettungsdienste seien im Einsatz, um den Brand zu löschen. Ersten Berichten zufolge gebe es keine Verletzten. Über dem Hafen seien rund zehn ukrainische Drohnen zerstört worden.

+++ 07:03 Russland meldet ukrainischen Drohnenangriff auf Industrieanlage +++
Russland meldet wieder einen ukrainischen Drohnenangriff auf die Stadt Sysran in der südlichen Region Samara. Dabei sei ein Industrieunternehmen attackiert worden, teilt Regionalgouverneur Wjatscheslaw Fedorischtschew auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Nach vorläufigen Informationen habe es keine Toten oder Verletzten gegeben. Zum konkreten Ziel des Angriffs und möglichen Schäden äußerte sich der Gouverneur nicht. Erst Mitte des Monats hatte das ukrainische Militär eine Ölraffinerie in Sysran attackiert.

+++ 06:42 „Lehren“ aus Kämpfen in Russland – Nordkorea testet Luftabwehrraketen +++
Nordkorea testet nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA neue Luftabwehrraketen. Machthaber Kim Jong Un habe demnach persönlich Tests der neuen Raketenwaffensysteme überwacht, die über „überlegene Kampffähigkeiten“ verfügten. Dem unabhängigen Experten Hong Min vom Korea Institute for National Unification zufolge habe Nordkorea „die Notwendigkeit erkannt, seine Fähigkeiten auf Grundlage der Lehren zu verbessern“, die es aus den Kämpfen in Russlands Krieg gegen die Ukraine gezogen habe. Er verweist auf den KCNA-Bericht, in dem ausdrücklich von „Drohnen und Marschflugkörpern“ die Rede ist.

+++ 06:14 Bericht: US-Regierung genehmigt Lieferung von weitreichenden ERAM-Raketen an Ukraine +++
Die US-Regierung genehmigt laut einem Medienbericht den Verkauf von über 3000 luftgestützten Raketen des Typs ERAM (Extended Range Attack Munitions) an die Ukraine. Die Munition werde innerhalb von sechs Wochen in der Ukraine eintreffen, berichtet das „Wall Street Journal“ unter Verweis auf US-Regierungsvertreter. Die Reichweite dieser Raketen liege bei 240 bis 450 Kilometern. Das bedeutet, dass die Ukraine wahrscheinlich eine Genehmigung des Pentagons einholen muss, um sie im Kampfeinsatz zu verwenden.

+++ 05:20 Südafrikas Präsident ruft Selenskyj an und dringt auf Verhandlungen +++
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hat nach einem Gespräch mit Kremlchef Putin am Montag nun auch mit dem dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj telefoniert. Dabei habe er „die Dringlichkeit bilateraler und trilateraler Treffen zwischen den Staatschefs Russlands, der Ukraine und der Vereinigten Staaten“ betont, heißt es in einer Erklärung seines Büros. Selenskyj schreibt auf X, er habe Ramaphosa mitgeteilt, dass er zu jeder Art von Treffen mit Putin bereit sei. „Wir sehen jedoch, dass Moskau erneut versucht, alles noch weiter hinauszuzögern“, so Selensky. Den globalen Süden fordert er auf, „entsprechende Signale zu senden und Russland zum Frieden zu drängen“. Südafrika steht seit Dezember der Gruppe der G20-Staaten vor.

+++ 04:09 Russland wirft Ukraine Angriff auf Atomkraftwerk vor +++
Ein ukrainischer Drohnenangriff soll laut russischen Angaben auf dem Gelände des Atomkraftwerks Kursk einen Brand ausgelöst und einen Transformator beschädigt haben. Eine Kampfdrohne der ukrainischen Streitkräfte sei von der Luftabwehr in der Nähe des Atomkraftwerks Kursk abgeschossen worden, teilt die Pressestelle der Anlage mit. Beim Aufprall sei die Drohne detoniert und habe einen Hilfstransformator beschädigt. Die Leistung von Block drei der Anlage sei daraufhin auf 50 Prozent reduziert worden. Das Feuer ist inzwischen gelöscht, Verletzte soll es nicht geben. Die Strahlenwerte liegen im Normalbereich.

+++ 02:00 Russisches Verteidigungsministerium: Haben fast 60 Drohnen abgefangen +++
Russland will 57 ukrainische Drohnen über seinem Gebiet zerstört haben. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums seien die Drohnen unter anderem in den Regionen Moskau, St. Petersburg, Brjansk, Smolensk, Kursk, Nowgorod und über dem Schwarzen Meer abgeschossen worden. Viele Flughäfen hatten ihren Betrieb am Abend eingeschränkt.

+++ 23:54 Bericht: USA untersagen Ukraine Angriffe mit US-Langstreckenraketen +++
Die USA untersagen der Ukraine laut einem Bericht des „Wall Street Journal“, die von ihnen gelieferten Langstreckenraketen vom Typ ATACMS für Angriffe auf Ziele in Russland zu nutzen. Die Zeitung beruft sich auf US-Regierungsvertreter. Stellungnahmen der Regierungen in Washington und Kiew liegen zunächst nicht vor.

Hegseth muss Angriffe genehmigen Bericht: USA blockieren Einsatz von ATACMS auf russische Ziele

+++ 22:40 Ukraine meldet mehr als 1400 Drohnen-Angriffe und 134 Gefechte an der Front +++
Im Laufe des Tages ist es an der Front zu 134 Gefechten zwischen ukrainischen und russischen Truppen und mehr als 1400 Angriffen mit Kamikaze-Drohnen gekommen. Das teilt die staatliche Nachrichtenagentur Ukrinform unter Berufung auf den Generalstab der ukrainischen Streitkräfte mit. Demnach unternahmen die russischen Truppen im Bereich um die Stadt Pokrowsk 40 Durchbruchsversuche. „Seit Beginn des Tages gab es 134 Gefechte. Der Feind führte 45 Luftangriffe durch und warf 81 gelenkte Fliegerbomben ab. Darüber hinaus startete er 1.439 Kamikaze-Drohnen und beschoss 3.169 bewohnte Gebiete und unsere Truppenstellungen“, heißt es in der Mitteilung. Nach Angaben des Generalstabs schlugen ukrainische Truppen in den Sektoren Nord-Sloboschanschtschyna und Kursk zwei russische Angriffe zurück.

+++ 22:02 Ukraine verhängt neue Sanktionen gegen Russland und weitere Staaten +++
Die Ukraine verhängt neue Sanktionen gegen Einzelpersonen und Unternehmen, die Russland im Krieg gegen die Ukraine unterstützen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf für zwei Sanktionspakete unterzeichnet, wie der Staatschef in den sozialen Medien mitteilt. „Bei dem ersten Paket werden die Sanktionen der Ukraine auf die der Partner, insbesondere Kanadas, abgestimmt. Die Sanktionen richten sich gegen 139 Einzelpersonen und Einrichtungen in Russland, die den Krieg gegen die Ukraine unterstützen. All diejenigen, die Russland dabei helfen, das Töten fortzusetzen und dessen Kriegsmaschine für weitere Aggression auszubauen, müssen den realen Druck der Welt zu spüren bekommen“, so Selenskyj. Der Mitteilung zufolge stehen 74 Einzelpersonen und 65 Unternehmen auf der Sanktionsliste. Das zweite Sanktionspaket betreffe 28 Bürger anderer Staaten, die den Russen helfen, das Besatzungsregime auf unserem Territorium aufrechtzuerhalten und faktisch den russischen Staat sponsern, heißt es in der Mitteilung.

+++ 21:17 Drohne auf dem Weg nach Moskau abgeschossen – Flughäfen stellen Betrieb ein +++
Die russische Luftabwehr hat eine Drohne auf dem Weg nach Moskau abgeschossen. Das berichtet Reuters unter Berufung auf den Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin. Mehrere Flughäfen in Zentralrussland hätten daraufhin ihren Betrieb wegen Sicherheitsbedenken eingestellt. Laut mehrerer Mitteilungen der russischen Luftfahrtbehörde Rosawjatsia wurde der Betrieb an den Flughäfen in Ischewsk, Nischni Nolwgorod, Samara, Pensa, Tambow und Uljanowsk östlich und südöstlich von Moskau eingestellt.

+++ 20:38 Lubinets: 83 verschleppte Kinder kehren mit Katars Hilfe in die Ukraine zurück +++
Unter der Vermittlung Katars sind 83 aus der Ukraine verschleppte Kinder zu ihren Familien zurückgekehrt. Das teilt der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinets mit. „Dank der Vermittlung von Katar ist es gelungen, 83 nach Russland verschleppte ukrainische Kinder zurückzuholen“, schreibt Lubinets bei Telegram. „Heute habe ich den Botschafter von Katar in der Ukraine Hadi Nasser Al-Hajri- unseren zuverlässigen und ständigen Partner in Fragen der Rückholung verschleppter Kinder getroffen. Dank der Vermittlung von Katar ist es gelungen, 83 nach Russland verschleppte ukrainische Kinder zurückzuholen.“

+++ 19:58 Ukrainisches Militär: Russischen Vormarsch auf Siedlung in Donezk gestoppt +++
In der Region Donezk haben ukrainische Soldaten einen Vormarsch der russischen Truppen gestoppt und die Siedlung Zelenyi Hai wieder unter ihre Kontrolle gebracht. Das schreibt die Operative Strategische Truppengruppe Dnipro in einer Mitteilung bei Telegram. „Bis heute, am 23. August, versucht der Feind weiterhin aktiv, diese Siedlung zurückzuerobern und weitere Dörfer in der Region Donezk entlang dieser Front zu besetzen. Doch unsere Soldaten bleiben standhaft, und am Tag der ukrainischen Nationalflagge bleibt Zelenyi Hai unter der blau-gelben Flagge“, heißt es in der Erklärung.

+++ 19:11 Berichte: Russische Ölraffinerie brennt seit drei Tagen nach ukrainischem Angriff +++
Infolge eines ukrainischen Drohnenangriffs brennt in Russland laut Berichten seit drei Tagen eine der größten Ölraffinerien des Landes. Das meldet unter anderem der Telegram-Kanal Astra und beruft sich auf Satellitenbilder. Zudem gibt es ähnlich lautende Berichte lokaler Medien, dass die Raffinerie Nowoschachtinsk in der Oblast Rostow weiterhin brennt, wie die staatliche ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform meldet. Bewohner beklagen laut dem Telegram-Kanal, dass es aufgrund des Feuers eine starke Rauchentwicklung gebe und Raffineriearbeiter trotz des Notfalls ihre Arbeitsplätze nicht verlassen dürften.

+++ 17:39 Estland will sich mit Soldaten an Friedensmission in der Ukraine beteiligen +++
Estland ist bereit zu einer Beteiligung an einer möglichen Friedensmission in der Ukraine. Das sagte Premierministerin Kristen Michal bei einer Pressekonferenz mit dem finnischen Premierminister Petteri Orpo in Tallinn, wie die ukrainische Zeitung „Kyiv Independent“ berichtet. Michal gibt jedoch nicht an, wie viele Soldaten er meint. Der estnische Staatschef betont, dass sich die Ziele von Kremlchef Wladimir Putin nicht geändert hätten: „Er will die gesamte Ukraine und eine Revision des bestehenden Sicherheitssystems in Europa.“ Estland werde „niemals Grenzänderungen mit Waffengewalt anerkennen“, so Michal

+++ 17:14 Sicherheitsgarantien für Ukraine: Selenskyj verspricht Entwicklungen in „kommenden Tagen“ +++
Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist „in den kommenden Tagen“ mit neuen Entwicklungen bei den Sicherheitsgarantien zu rechnen. In einem Beitrag bei X über sein Gespräch mit dem niederländischen Premierminister Dick Schoof schreibt Selenskyj, die beiden hätten über Sicherheitsgarantien gesprochen, und fügte hinzu: „Derzeit arbeiten die Teams der Ukraine, der USA und der europäischen Partner an ihrer Architektur. Alle Entwicklungen werden in den kommenden Tagen abgeschlossen sein.“ Die USA und Europa stellen der Ukraine Sicherheitsgarantien in Aussicht – nach einem möglichen Friedensschluss mit Russland. Doch wie sie genau aussehen können – etwa Waffenlieferungen oder auch den Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine – darüber herrscht noch Unklarheit.

+++ 16:41 Bericht: Ukraine attackiert zwei Eisenbahnknotenpunkte in Russland mit Drohnen +++
Zwei Eisenbahnknotenpunkte in Russland sind mit Drohnen angegriffen worden. Wie die unabhängige Zeitung „The Moscow Times“ unter Berufung auf das staatliche Eisenbahnunternehmen berichtet, wurden zwei Knotenpunkte in den südrussischen Regionen Rostow und Wolgograd angegriffen. Durch den ukrainischen Angriff verspäten sich demnach fast 40 Züge. Es soll bereits der zweite Angriff in dieser Woche auf die Bahnstrecke sein. Nach Angaben des Gouverneurs von Rostow, Juri Sljussar, habe der Abschuss mehrerer ukrainischer Drohnen Brände durch herabfallende Trümmerteile verursacht. Verletzt wurde demnach niemand. Die Ukraine wehrt sich seit Februar 2022 gegen eine russische Invasion und attackiert immer wieder strategisch wichtige Ziele in Russland, um beispielsweise Nachschub-Lieferungen an das russische Militär zu unterbinden.

+++ 16:02 Nord Stream: Festgenommener Ukrainer soll Chef des Sabotage-Teams gewesen sein +++
Nachdem in Italien ein Ukrainer festgenommen wurde, der 2022 an den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines beteiligt gewesen sein soll, werden nun weitere Details bekannt. Serhii K. soll der Kopf der Gruppe sein, die die Pipelines in der Ostsee beschädigt haben sollen. Das enthüllt ein Rechercheteam von ARD, „Süddeutscher Zeitung und „Zeit“, dem laut einem Bericht der Haftbefehl gegen den 49-Jährigen vorliegt. Aus dem Dokument geht demnach hervor, dass die deutschen Ermittler davon ausgehen, dass Serhii K. das Sabotageteam geleitet hat und auch zur Besatzung der Segeljacht „Andromeda“ gehörte, die bei dem Anschlag verwendet worden sein soll. Der Ukrainer war am späten Mittwochabend in einer Ferienanlage im italienischen Rimini festgenommen worden. Italienischen Medien zufolge soll sein Anwalt die Vorwürfe zurückgewiesen haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

+++ 15:14 Selenskyj: Globaler Süden soll Putin an Verhandlungstisch bringen +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert die Länder des Globalen Südens auf, Russland zu Friedensverhandlungen zu drängen. Es sei wichtig, dass der Globale Süden entsprechende Signale sende und dabei helfe, den russischen Präsidenten Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu bringen, schreibt Selenskyj nach einem Gespräch mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa. Selenskyj fügt in seinem Beitrag auf der Plattform X hinzu, er selbst habe seine Bereitschaft für ein Treffen mit Putin in jedem Format bekräftigt. Russland versuche jedoch erneut, alles weiter in die Länge zu ziehen. Am Montag hatte Ramaphosa mit Putin telefoniert. Dabei wurde dem russischen Präsidialamt zufolge über die Ergebnisse des US-russischen Gipfeltreffens beraten.

+++ 14:33 Merz mahnt bei Bemühungen für Frieden in der Ukraine Geduld an +++
Bundeskanzler Friedrich Merz sieht die diplomatischen Bemühungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs noch vor großen Herausforderungen. Der CDU-Politiker sagte beim Landesparteitag der niedersächsischen CDU in Osnabrück, „größere diplomatische Anstrengungen als in den letzten drei Wochen“ habe es im Ukraine-Krieg von Deutschland und der EU noch nicht gegeben. „Es soll bitte heute niemand mehr sagen, wir würden nur über Waffenlieferungen diskutieren.“ Merz mahnt aber auch, für einen möglichen Frieden in der Ukraine sei ein langer Atem nötig. Angesichts der Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin müsse „jedem klar“ werden, wie „schwierig“ diese Aufgabe über Wochen oder gar Monate bleiben werde. „Wir haben die ersten Schritte gemacht“, sagte der Bundeskanzler. „Aber ich sage mal in einem Bild: Wir sind auf einer zehn Kilometer langen Strecke und haben vielleicht die ersten 200 Meter zurückgelegt.“

+++ 12:24 Umfrage in Polen: Mehrheit gegen Teilnahme an Friedenstruppe +++
Eine große Mehrheit der Polen ist einer neuen Umfrage zufolge gegen eine Beteiligung ihres Landes an einer möglichen Ukraine-Friedenstruppe. Für eine Entsendung polnischer Soldaten sprechen sich nur 17,3 Prozent der Befragten aus, 61,1 Prozent sind dagegen. Die restlichen 21,6 Prozent können sich nicht entscheiden. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Meinungsforschungsagentur SW Research im Auftrag der Zeitung „Rzeczpospolita“.

+++ 11:56 Russland: Weitere Dörfer in der Ostukraine erobert +++
Russland meldet einen weiteren Vormarsch seiner Invasionstruppen in der Ostukraine. Russische Soldaten hätten die Ortschaften Seredne und Kleban-Byk in der Region Donezk unter ihre Kontrolle gebracht, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit.

+++ 11:27 Indien beklagt ungleiche Behandlung bei drohenden Zöllen wegen russischem Öl +++
Indien setzt wenige Tage vor Ablauf einer Frist für zusätzliche US-Strafzölle wegen des Kaufs von russischem Öl weiter auf Dialog. Die Handelsgespräche mit der Regierung in Washington würden fortgesetzt, sagt der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar in Neu-Delhi. Indien habe aber in den Verhandlungen rote Linien, die es wahren und verteidigen müsse. Dabei nannte Jaishankar insbesondere die Interessen der Bauern und Kleinproduzenten des Landes. Der Minister bemängelt, dass die USA ihre Kritik an Käufen von russischem Öl nicht auf andere große Abnehmer wie China und die Europäische Union anwenden würden. „Es ist unser Recht, Entscheidungen in unserem ’nationalen Interesse‘ zu treffen“, sagt er.

+++ 10:35 Ukraine meldet Absturz eines Kampfjets – Pilot stirbt +++
Die Ukraine verliert nach Militärangaben eins ihrer Kampfflugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29. Der Pilot sei getötet worden, teilt der Generalstab in Kiew auf Facebook mit. Die Rede war von einem Unfall beim Landeanflug nach einem Kampfeinsatz. Die Unfallursache werde untersucht. Der noch zu sowjetischen Zeiten konstruierte Mehrzweckjäger MiG-29 ist mit wenigen Dutzend Exemplaren das am häufigsten vertretene Flugzeug in der kleinen ukrainischen Luftwaffe. Wegen des russischen Angriffskrieges hat die Ukraine auch Maschinen dieses Typs aus anderen Ländern bekommen, so aus Polen und der Slowakei.

Rede ist von einem Unfall Ukrainischer Kampfjet MiG-29 stürzt ab – Pilot stirbt

+++ 09:42 Militärexperte über europäische Truppen in Ukraine: „Im Ernstfall in den Nahkampf gehen“ +++
Der Militärexperte Franz-Stefan Gady betont, dass der Einsatz europäischer Truppen zum Schutz der Ukraine eine hohe Glaubwürdigkeit haben müsse: „Wir müssen gewillt sein, im Ernstfall den Nahkampf zu führen“, sagte Gady im Interview mit der „Zeit“. Alles andere würde auf den Kreml wie ein Bluff wirken. Abschreckung geschehe im Kopf des Gegners, wenn Europa unentschlossen wirke oder keine klaren Ziele formuliere, schwäche das die europäische Position, mahnt Gady. Bisher gibt es noch keine Entscheidung darüber, ob und in welcher Form europäische Truppen in der Ukraine eingesetzt werden und welche Rolle die Bundeswehr dabei spielen könnte.

WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN

SaPOLITIK/Umfrage in Polen: Mehrheit gegen Teilnahme an Friedenstruppe615dpa-AFX
SaUkraine feiert Nationalflagge – Russen rücken weiter vor1.141dpa-AFX

Ukraine feiert Nationalflagge – Russen rücken weiter vor – 23.8.2025

MOSKAU (dpa-AFX) – Die von Russland mit Krieg überzogene Ukraine begeht den Tag ihrer Nationalfahne. „Diese Flagge verkörpert das Gefühl der Erlösung für die, die wir aus russischer Gefangenschaft zurückholen. Wenn sie die ukrainischen Farben sehen, wissen sie: Das Böse ist vorbei“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einer Zeremonie. Die blau-gelbe Fahne sei auch ein Symbol der Hoffnung der Ukrainer in den russisch besetzten Gebieten des Landes.

Auf den Tag der Nationalflagge folgt am Sonntag der ukrainische Unabhängigkeitstag, der an die Loslösung von der Sowjetunion vor 34 Jahren erinnert. Zugleich dauert die großangelegte russische Invasion in die Ukraine dann genau dreieinhalb Jahre.

Russland spricht von eroberter Ortschaft

Die russische Armee setzte unterdessen nach eigenen Angaben ihren Vormarsch in der Ostukraine fort und reklamiert die Eroberung weiterer Ortschaften für sich. So sei im Gebiet Donezk das Dorf Kleban-Byk südlich der von der Ukraine verteidigten Stadt Kostjantyniwka besetzt worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.

Sollten die Angaben stimmen, wären ukrainische Truppen im Nachbarort Schtscherbyniwka nahezu abgeschnitten. In dem Gebiet erschwert zudem eine Talsperre einen möglichen Abzug der Ukrainer. Ukrainische wie russische Militärbeobachter bestätigten auf ihren Karten die Eroberung von Kleban-Byk aber nicht.

Der Generalstab der Ukraine schrieb in seinem Morgenbericht nur von Angriffen auf Schtscherbyniwka./fko/DP/mis

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Die Ukraine greift russische Erdölanlagen an – bald will sie auch «Flamingos» nach Russland fliegen lassen – Andreas Rüesch, NZZ, 23.8.025

Die Führung in Kiew traut dem Gerede vom baldigen Frieden nicht. Sie präsentiert eine neue Waffe mit einer Reichweite bis hinter den Ural – sie soll Russland künftig wirksam abschrecken.

Eine Woche nach dem Gipfeltreffen der Präsidenten Trump und Putin lässt sich eine wachsende Blockade in der Ukraine-Diplomatie konstatieren. Das liegt primär an Russland: Es hat den amerikanischen Wunsch nach einer baldigen Begegnung Putins mit dem ukrainischen Präsidenten Selenski klar abgelehnt. Aussenminister Lawrow unterstrich dies am Freitag mit der Bemerkung, dass die Agenda für ein solches Treffen noch überhaupt nicht bereit sei. Bereits zuvor hatte er bekräftigt, dass Moskau keine westlichen Truppen auf ukrainischem Boden dulden werde. Damit schwebt über den europäischen Planungen für eine Ukraine-Friedenstruppe ein grosses Fragezeichen.

Während Trumps Vermittlungsdiplomatie abgebremst wird, tobt der Krieg unvermindert weiter. An der Front im Donbass hat er ohnehin nie nachgelassen, aber in den letzten Tagen haben sowohl Russland als auch die Ukraine wieder ihre Luftangriffe intensiviert. Wie ein Signal an Washington wirkte, dass Moskau am Donnerstag eine in amerikanischem Besitz stehende Fabrik für Elektronikteile in der Westukraine angriff. Der russische Marschflugkörper löste einen Grossbrand aus und verletzte 15 Angestellte.

Russisches Benzin wird knapper

Aber auch die Ukraine hält sich mit Schlägen gegen russische Industrieanlagen nicht zurück. Am Donnerstag griff sie mit Langstrecken-Drohnen die Erdölraffinerie von Nowoschachtinsk in Südrussland an; das dadurch verursachte Feuer wütete auch noch am Samstag. Einen weiteren Brand lösten ukrainische Drohnen in Westrussland an der internationalen Erdölpipeline Druschba aus – bereits zum dritten Mal in kurzer Zeit. Diese Rohrleitung war zur Sowjetzeit gebaut worden, um Öl bis nach Deutschland zu liefern. Heute versorgen sich in der EU nur noch Ungarn und die Slowakei über die Druschba. Es wird ein Betriebsunterbruch von mehreren Tagen erwartet.

Seit Anfang August hat die Ukraine sieben Anlagen des russischen Erdölsektors attackiert, mindestens vier Raffinerien mussten ihre Produktion drosseln oder vorläufig ganz einstellen. Nach Schätzungen ist davon etwa ein Achtel der russischen Verarbeitungskapazität betroffen. Als Folge davon sind die Benzinpreise so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Aus mehreren Regionen wurden gar Engpässe gemeldet.

In der Vergangenheit haben solche ukrainischen Angriffe auf den russischen Erdölsektor Stirnrunzeln in Washington ausgelöst, weil sie auch die Preise auf dem Weltmarkt hochtreiben könnten. Aber letztlich versucht die Militärführung in Kiew den Gegner einfach dort zu treffen, wo es ihn am meisten schmerzt. Das Kalkül hinter diesen Operationen lautet, dass weniger Erdöleinnahmen in die Kriegskasse des Kremls fliessen sollen und die russische Bevölkerung die Folgen von Putins aggressiver Politik im Alltag stärker spüren muss.

Kiew handelt zudem genau nach einer Überlegung, die am Donnerstag überraschend auch der amerikanische Präsident formuliert hat. In einem Beitrag auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social schrieb Trump, dass es sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich sei, einen Krieg zu gewinnen, ohne das Land der Invasoren anzugreifen. Zu Unrecht habe man der Ukraine früher nur erlaubt, sich zu verteidigen, aber nicht in die Offensive zu gehen.

Trump nutzte dies für einen verbalen Hieb gegen seinen Vorgänger Biden. Er verheimlichte zugleich, dass er selber gegen die Lieferung von Offensivwaffen an die Ukraine argumentiert hatte. Als Biden im Dezember der Ukraine erstmals erlaubte, weitreichende amerikanische Raketen des Typs Atacms gegen Ziele im russischen Hinterland einzusetzen, sprach Trump von einem Akt der Dummheit. Nun klingt er völlig anders. Aber dies muss weder von Dauer sein, noch bedeutet es eine Bereitschaft, den Stopp der Lieferung solcher Waffen an die Ukraine aufzuheben.

Die Ukraine kurbelt die eigene Rüstungsproduktion an

Die Ukraine ist sich bewusst, dass Trump kein verlässlicher Partner ist und er von einer Minute zur nächsten seinen Zorn wieder gegen Kiew richten kann. Ungeachtet des Geredes über mögliche westliche Sicherheitsgarantien für die Zeit nach einem Friedensschluss hat die Ukraine längst erkannt, dass sie selber die Hauptgarantin ihrer Sicherheit sein muss. Entsprechend investiert sie massiv in den Aufbau ihrer Rüstungsindustrie. Mehr als vierzig Prozent der an der Front eingesetzten Waffen stammen laut ukrainischen Angaben inzwischen aus heimischer Produktion. Bei den Langstreckendrohnen beträgt der Anteil nahezu hundert Prozent.

Vor diesem Hintergrund hat die Ukraine in den vergangenen Tagen mit der Präsentation einer neuen, weit reichenden Waffe für Aufsehen gesorgt. Es handelt sich um einen Marschflugkörper namens Flamingo, der bis zu 3000 Kilometer weit fliegen soll, also bis nach Westsibirien. Er ist angeblich mit einem Gefechtskopf von gut einer Tonne bestückt. Eine solche Waffe wäre, falls sie sich im Einsatz bewährt und in grosser Stückzahl hergestellt werden kann, für die Ukraine von unschätzbarem Wert. Denn Marschflugkörper fliegen um ein Mehrfaches schneller als Drohnen und können wesentlich mehr Sprengstoff mit sich tragen. Damit lassen sich Ziele im russischen Hinterland viel wirksamer bekämpfen.

2500 Flamingos pro Jahr?

Bisher verfügt die Ukraine nur über Marschflugkörper des britisch-französischen Typs Storm Shadow / Scalp, doch die entsprechenden Vorräte scheinen weitgehend aufgebraucht zu sein. Die USA haben bei dieser Waffengattung stets jede Hilfeleistung abgelehnt. Ihre bewährten Tomahawk-Marschflugkörper sind punkto Geschwindigkeit, Sprengkraft und Reichweite mit den ukrainischen Flamingos vergleichbar, aber vorerst bleibt abzuwarten, ob die ukrainische Neuentwicklung hält, was die Behörden versprechen. Die vom Hersteller angekündigte Produktion von täglich sieben Stück ab Oktober – mehr als 2500 pro Jahr – wird vom Militärexperten Fabian Hoffmann als höchst ambitioniert bezeichnet. Ein Nadelöhr werde die Fertigung der Mantelstromtriebwerke sein, sagt der an der Universität Oslo forschende Militärtechnologie-Fachmann auf Anfrage.

Aus Äusserungen von Präsident Selenski geht hervor, dass die Ukraine die Flamingos erst einsetzen will, wenn sie genügend Vorräte hat und ganze «Schwärme» aufs Mal losschicken kann. Diese Taktik dürfte notwendig sein, um die russische Luftverteidigung zu überwinden. Russland war mit der Zeit recht erfolgreich darin, die britisch-französischen Storm Shadows abzufangen. Nach dreieinhalb Jahren Krieg weist die russische Flugabwehr aber Lücken auf, nicht zuletzt wegen des grossen Territoriums. Laut Hoffmann wird der Erfolg der neuen Marschflugkörper davon abhängen, wie gut die Ukrainer die gegnerische Abwehr kennen und inwieweit sie diese mit «Sättigungsangriffen» überwältigen können.

WEITERE MELDUNGEN

ORF MELDUNGBÜNDEL WELT

Ukraine-Krieg

Kanadas Premier Carney zu Besuch in Kiew

Norwegen unterstützt deutsche Patriot-Lieferung

Moskau wirft Kiew Angriff auf Atomkraftwerk vor

„WSJ“: USA verbieten Kiew Einsatz von Langstreckenraketen

Meinl-Reisinger gegen „Frieden um jeden Preis“

Ausland

Anschlag in Kolumbien: Anklage gegen zwei Guerillamitglieder

Nordkorea meldet Test von „neuen“ Luftabwehrraketen

Augenzeugen: Israelische Truppen in der Stadt Gaza

Fall Garcia: Nun droht Abschiebung nach Uganda

Airbnb-Mitgründer Joe Gebbia wird Trumps „Designchef“

Wirtschaft

EZB: Wirtschaft profitiert von ausländischen Arbeitskräften

USA

USA: Entwicklung von Zustimmung und Ablehnung ¹ von Donald Trump in den USA gemäß nationalen Umfragen von November 2022 bis August 2025

Stand 18.8.2025: Zustimmung 41, Ablehnung 56 Prozent.

NAHER OSTEN – MENA WATCH (Mena-Watch auf Wikipedia)

EUROPA

Von der Leyen verteidigt Zoll-Deal mit Trump – Weitere Gespräche zu Diversifizierung von Handelsbeziehungen – 24.8.2025

Brüssel – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den erzielten Zoll-Kompromiss mit US-Präsident Donald Trump gegen Kritik verteidigt.

Die Vereinbarung stehe für eine „bewusste Entscheidung – Stabilität und Berechenbarkeit statt Eskalation und Konfrontation“, schreibt die EU-Kommissionspräsidentin in einem Gastbeitrag für die FAZ (Montagsausgabe). „Stellen Sie sich nur einmal vor, die beiden größten Wirtschaftsmächte der demokratischen Welt hätten sich nicht geeinigt und einen Handelskrieg begonnen – gefeiert worden wäre das einzig und allein in Moskau und Peking“, so von der Leyen weiter.

Mit Blick auf die vereinbarten US-Zölle von maximal 15 Prozent schreibt von der Leyen, man habe sich auf einen „starken, wenn auch nicht perfekten Deal“ geeinigt. „Mit Vergeltungszöllen unsererseits würden wir Gefahr laufen, einen teuren Handelskrieg mit negativen Folgen für unsere Beschäftigten, Verbraucher und unsere Industrie zu befeuern.“

Zugleich kündigt die EU-Kommissionspräsidentin eine stärkere Diversifizierung der europäischen Handelsbeziehungen an. „Deshalb haben wir in den vergangenen Monaten Handelsvereinbarungen mit Mexiko und dem Mercosur geschlossen und unsere Beziehungen zur Schweiz und zum Vereinigten Königreich vertieft. Deshalb haben wir unsere Gespräche mit Indonesien abgeschlossen und wollen bis zum Jahresende zu einer Einigung mit Indien kommen.“

© 2025 dts Nachrichtenagentur

DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN

UMFRAGEN

SaUmfrage zeigt Polens Vorbehalte gegenüber einer potenziellen Friedensmission in der Ukraine3InvestmentWeek
SaPOLITIK/Umfrage in Polen: Mehrheit gegen Teilnahme an Friedenstruppe615dpa-AFX

Wie entwickelt sich die deutsche Wirtschaft im EU-Vergleich? – Matthias Janson, Statista, 22.8.2025

Das Wirtschaftswachstum in Deutschland ist zuletzt geringer als im EU-Schnitt. Das zeigt die Statista-Infografik auf Basis von Daten des European Statistical Monitors des Europäischen Statistikamts Eurostat. Das schwache Wachstum in Deutschland ist laut Einschätzung von Experten eine Folge mehrerer Faktoren. Dazu zählen insbesondere hohe Energiepreise, eine hohe Exportorientierung, eine schwächelnde Industrieproduktion, Fachkräftemangel, Investitionszurückhaltung und zu viel Bürokratie. Diese Probleme sind in Deutschland stärker ausgeprägt als in vielen anderen EU-Staaten und verschärfen die Wachstumsschwäche merklich.

Dabei ist der starke Exportsektor Deutschlands lange Zeit ein Vorteil gewesen. Mit der Zunahme internationaler Handelskonflikte wird die Exportstärke allerdings zunehmend zur Schwäche. Ein Lichtblick: In einer schriftlichen Erklärung haben die EU und die USA sich jüngst auf Vereinbarungen zur Beilegung ihres Handelskonflikts verständigt. Darin ist festgehalten, dass die USA ihre Autozölle rückwirkend zu Beginn des laufenden Monats senken, sobald die EU ihrerseits den Gesetzgebungsprozess für Einfuhrerleichterungen zugunsten bestimmter US-Produkte einleitet.

Die Wirtschafts-Prognosen für das laufende Jahr sind zuletzt auch etwas besser geworden, nicht zuletzt weil die deutsche Wirtschaft auch ihre soliden Seiten hat. So hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Konjunkturprognose für Deutschland leicht angehoben: Die deutsche Wirtschaft werde in diesem Jahr voraussichtlich um 0,1 Prozent im Vorjahresvergleich wachsen, teilte der IWF am Dienstag in Washington mit. Im April waren die IWF-Experten – vor allem wegen der damals drohenden noch höheren Zöllen auf US-Importe – noch von einem Nullwachstum 2025 in der Bundesrepublik ausgegangen. Insgesamt sieht der IWF allerdings weiterhin große Unsicherheit durch die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump.

Die Grafik zeigt die Veränderung des Bruttoinlandsprodukts gegenüber Vorquartal.

Wo liegt die deutsche Wirtschaft über dem EU-Schnitt? – Matthias Janson, Statista, 22.8.2025

Die deutsche Wirtschaft als Stabilitätsanker der Europäischen Union? Hinter diese Zuschreibung darf derzeit angesichts der unterdurchschnittlichen Wirtschaftsleistung ein Fragezeichen gesetzt werden. Es gibt aber auch Bereiche, in denen Deutschland über dem EU-Schnitt liegt, wie die Infografik mit Daten des European Statistical Monitors des Europäischen Statistikamts Eurostat für das erste Quartal des laufenden Jahres zeigt. So ist liegt die deutsche Bruttostaatsverschuldung mit 62,3 Prozent deutlich unter dem EU-Schnitt von rund 82 Prozent.

Zudem ist das Staatsdefizit Deutschlands mit -2,0 Prozent (gemessen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt) geringer als der Durchschnitt aller EU-Länder (-3,7 Prozent). Das Staatsdefizit (oft auch „öffentliches Defizit“ genannt) ist der Betrag, um den die Ausgaben des Staates (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen zusammen) in dem angegebenen Zeitraum die Einnahmen übersteigen.

Auf dem Arbeitsmarkt steht Deutschland ebenfalls vergleichsweise gut da. So fällt die Beschäftigungsquote mit 81,5 Prozent sehr hoch aus. Werte ab 80 Prozent werden von Experten als besonders gut klassifiziert und als typisch angesehen für sehr starke Arbeitsmärkte, die ihr Arbeitskräftepotential sehr gut ausnutzen. Der EU-Schnitt von 76,1 Prozent liegt allerdings ebenfalls im soliden Bereich.

Der Anteil arbeitsloser junger Menschen liegt mit 9,1 Prozent unter dem EU-Durchschnitt von 11,2 Prozent. Die Jugenderwerbslosigkeit ist im EU-Vergleich in Deutschland besonders niedrig. Dies deutet allerdings auch auf einen weniger positiven Aspekt hin: Aufgrund des demografischen Wandels stehen dem deutschen Arbeitsmarkt weniger junge Menschen zur Verfügung. Dadurch geht die Konkurrenz um Ausbildungs- und Arbeitsplätze zurück und die Quote der Arbeitslosen sinkt entsprechend.

Rentner-Dienstjahr erntet Kritik: „Habe 47 Jahre gearbeitet, das sollte doch reichen“ – Babyboomer sollen finanziell oder per Sozialjahr in Pflicht genommen werden – n-tv, 23.8.2025 (KURZVIDEO)

Der Vorstoß des Ökonomen Fratzscher, ein soziales Jahr für Rentner einzuführen, stößt auf viel Ablehnung. Auch rechtlich scheinen die Hürden hoch zu sein.

VERMÖGENSSTEUER-DEBATTE IN DEUTSCHLAND

Rehlinger will höhere Steuern für Top-Verdiener und Vermögende – 24.8.2025

Saarbrücken – Die stellvertretende SPD-Vorsitzende und saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger unterstützt Forderungen nach höheren Steuern für Top-Verdiener und Vermögende. „Wir sollten uns nicht von vornherein irgendwelche Denkverbote auferlegen“, sagte Rehlinger der „Bild am Sonntag“.

„Im Koalitionsvertrag haben wir die klare Aussage getroffen, kleine und mittlere Einkommen zu entlasten. Dazu eine Unternehmenssteuerreform für wirtschaftliche Impulse. Aber ich glaube, dass es gut ist, den Zoom ein bisschen aufzuziehen.“ Sie wolle „keine Neiddebatten“, so Rehlinger. „Ich bin sehr dafür, dass sich Leistung lohnen soll.“

Aber wer profitiere, „für den kommt dann auch der Zeitpunkt, wo man sagt, okay, ich kann vielleicht auch etwas mehr schultern als andere“. Die SPD-Vizechefin denkt dabei nicht nur an die Einkommens-, sondern auch an die Vermögens- oder Erbschaftssteuer: „Was die SPD sich überlegt“, sei „für die sehr reichen Menschen in diesem Land“.

Auffällig sei, so Rehlinger, „wie sehr im europäischen, im weltweiten Vergleich Vermögen bei uns geschont werden“. Konkret: „Wir können nochmal einen Blick auf die Erbschaftssteuer werfen.“ Die biete „sehr viele Gestaltungsspielräume“, die oft „zu einer ganz geringen Steuerlast führen“. Dabei habe sie weder „das Häuschen von der Oma“ im Visier, noch wolle sie Unternehmen belasten, „die in ihrer Substanz gefährdet wären“.

Aber es gebe „Vermögensverschiebungen“, bei denen „eine ehrliche Debatte“ über schärfere Erbschaftssteuer nötig sei: „Das wäre kein Neid, aber es wäre Gerechtigkeit, über die man dann sprechen würde“, so die SPD-Vizechefin.

© 2025 dts Nachrichtenagentur

Auch Union soll zustimmen: Ministerpräsident Schweitzer (SPD) fordert höhere Steuern für „Superreiche“ – n-tv, 23.8.225

SPD-Chef Klingbeil will höhere Abgaben für Vermögende – und stößt damit bei der Union auf wenig Begeisterung. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Schweitzer springt dem Parteikollegen zur Seite. „Multi-Millionäre und Milliardäre“ müssten in die Pflicht genommen werden, sagt er.

Mit der Forderung nach einer stärkeren Belastung von „Superreichen“ hat sich der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer in den schwarz-roten Steuerstreit eingeschaltet. Ihm gehe es dabei um „Multi-Millionäre und Milliardäre“, sagte Schweitzer dem „Tagesspiegel“. „Diese stärker zu fordern, sollte politischer Konsens sein, auch zwischen SPD und CDU/CSU.“

Es gebe eine steigende Zahl von Deutschen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus Erwerbsarbeit bestritten, „sondern davon leben, dass sie hohe Vermögen, Aktien, große Erbschaften besitzen“, sagte der SPD-Politiker. „Diese Menschen werden im Verhältnis viel, viel weniger besteuert als Menschen, die Lohnsteuer zahlen.“ Es sei nun „Zeit, Superreiche und besonders Superreiche stärker als bisher in Verantwortung zu nehmen“.

Deutschland habe in den 1980er- und 1990er-Jahren, unter einer konservativen Regierung, höhere Steuern als heute gehabt, sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende unter Verweis auf den zwischenzeitlichen Spitzensteuersatz bei 56 Prozent. „Heute liegt der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent, und wir haben keine Vermögenssteuer“, sagte er. „Niemand hatte damals den Eindruck, in Deutschland herrsche Sozialismus.“

Koalitionsvertrag sieht keine Steuererhöhungen vor

Die Debatte um Steuererhöhungen war von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil angestoßen worden. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte der SPD-Chef, er habe als sozialdemokratischer Finanzminister und Parteichef eine Grundüberzeugung: „Menschen, die sehr hohe Vermögen und Einkommen haben, sollten ihren Teil dazu beitragen, dass es in dieser Gesellschaft gerechter zugeht. Gerade in diesen extremen Zeiten.“

Wenn CSU-Chef Markus Söder oder Unionsfraktionschef Jens Spahn andere Ideen hätten, wie die Haushaltslücke von 30 Milliarden Euro geschlossen werden könnte, höre er sich diese gerne an, sagte Klingbeil. Aus der Union hatte es deutliche Kritik am Vorstoß des Finanzministers zu Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und Vermögende gegeben. So wurde unter anderem auf den Koalitionsvertrag verwiesen, der keine Steuererhöhungen vorsieht.

Quelle: ntv.de, lve/AFP

Expertin fordert Steuererhöhungen: „Es fehlt nicht am Rückhalt der Bevölkerung, sondern am politischen Willen“ – Lennart Schwenck, Merkur, 21.8.2025

Steuerexpertin Julia Jirmann fordert radikale Reformen. Milliardenerben zahlen fast keine Steuern. 80 Prozent der Deutschen unterstützen eine Vermögensteuer.

Berlin – Die Debatte um höhere Steuern für Reiche spaltet die Koalition. Während Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) Steuererhöhungen nicht ausschließt, reagiert die Union mit scharfer Kritik. Steuerexpertin Julia Jirmann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit sieht darin eine überfällige Diskussion und fordert ein Ende der Privilegien für Superreiche.

Im ZDF-Sommerinterview machte Finanzminister Klingbeil auf die Frage nach höheren Steuern für Topverdiener deutlich: „Da wird keine Option vom Tisch genommen“. Angesichts einer drohenden Haushaltslücke von 30 Milliarden Euro im Jahr 2027 müsse ein Gesamtpaket geschnürt werden. „Ich finde, es ist etwas, wo sich gerade Menschen mit hohen Einkommen, hohen Vermögen auch fragen müssen, welchen Teil tragen wir dazu bei, dass dieses Land gerechter wird“, ergänzte Klingbeil.

Union reagiert mit scharfer Kritik auf Steuerpläne: Koalitionsvertrag sieht keine höheren Steuern vor

Die Reaktion der Unionsparteien ließ nicht lange auf sich warten. CSU-Chef Markus Söder kritisierte laut BR24: „Steuererhöhungen sind Gift für die Konjunktur.“ Der Koalitionsvertrag habe bewusst gegen Steuererhöhungen entschieden. Unionsfraktionschef Jens Spahn betonte: „Das ist jetzt nicht die Zeit, um über Steuererhöhungen auch nur nachzudenken.“ Deutschland sei bereits ein Hochsteuerland mit den zweithöchsten Steuer- und Sozialabgaben im OECD-Vergleich, so der Parlamentarische Geschäftsführer Steffen Bilger unisono.

Julia Jirmann, Referentin für Steuerrecht beim Netzwerk Steuergerechtigkeit, sieht in der Debatte einen überfälligen Schritt. „Wer große Unternehmen oder Unternehmensanteile erbt oder geschenkt bekommt, ist weitgehend von der Erbschaftsteuer ausgenommen“, erklärte sie in einem Interview gegenüber t-online.de. Besonders kritisiert Jirmann die sogenannte Verschonungsbedarfsprüfung: „Selbst Milliardenerben können einen Steuererlass erhalten, indem sie sich vor dem Finanzamt ‚arm‘ rechnen“, so die Expertin. Währenddessen zahle die obere Mittelschicht durchaus Erbschaftsteuer.

Das Mythos-Argument Arbeitsplätze: Vermögensteuer schadet nicht der Wirtschaft

Gegen das Argument, eine Vermögensteuer koste Arbeitsplätze, wendet Jirmann ein: „Auch das ist ein Mythos.“ Große Unternehmen würden seit Jahren kaum noch in Deutschland investieren, sondern ihre Gewinne am Finanz- und Immobilienmarkt anlegen. „Eine Vermögensteuer würde Einnahmen generieren, die hierzulande in Bildung, Infrastruktur oder Pflege fließen könnten“, argumentiert die Wirtschaftsjuristin und gelernte Betriebs- und Volkswirtin. Studien, die vor Wachstumsverlusten warnen, ignorierten genau diesen Punkt.

Auch die Befürchtung, Reiche könnten das Land verlassen, hält Jirmann für unbegründet. „Wer Deutschland verlässt und seine Anteile am Unternehmen mitnimmt, muss schon heute eine hohe Wegzugsteuer zahlen“, erklärt sie. Bei Superreichen wären das teilweise mehrere Milliarden Euro.

Bevölkerung unterstützt Reform: Erbschaftsteuer über Jahrzehnte strecken

Trotz Lobbyarbeit gegen höhere Steuern für Reiche zeigen Umfragen laut Jirmann ein klares Bild: „80 bis 90 Prozent der Menschen sprechen sich für eine Vermögensteuer aus.“ Das Problem liege nicht am fehlenden Rückhalt in der Bevölkerung, sondern am politischen Willen. Viele Menschen fielen auf Mythen herein, „dass der Staat ohnehin nur Geld verschwende und Superreiche das Geld besser einsetzen“, kritisiert die Expertin. Diese Erzählung werde von Lobbygruppen bewusst eingesetzt.

Für eine Reform der Erbschaftsteuer schlägt Jirmann vor, die Steuerschuld über 10, 20 oder 30 Jahre zu strecken. „Dann werden die Steuern aus den laufenden Gewinnen gezahlt, und kein Unternehmen wird deshalb Probleme bekommen“, erklärt sie. „Warum sollten wir den Erben der Unternehmen nicht zutrauen, wenigstens einen kleinen Teil dessen zu zahlen, was Gründer aufbringen müssen?“, fragt die Steuerexpertin gegenüber t-online.de. Auf die Frage nach der wichtigsten steuerpolitischen Maßnahme antwortet Jirmann eindeutig: „Ganz klar: die Abschaffung dieser Erbschaftsteuer-Ausnahmen.“ Das wäre keine große Umverteilung, sondern der erste Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit. Ob sich Finanzminister und Vizekanzler Klingbeils Vorstoß durchsetzt, wird sich in den kommenden Haushaltsverhandlungen zeigen. (ls/dpa)

REZENSION – „Der Westen ahnt nicht, wie tief der Hass im Osten ist“ – dpa-infocom / Die Zeit, 23.8.2025

Bodo Ramelow hatte Ostverwandtschaft und reiste seit Anfang der 1980er Jahre regelmäßig von Marburg aus im kleinen Grenzverkehr in die DDR. Deshalb dachte er eigentlich, er wüsste Bescheid über Land und Leute. «Als ich dann herkam, stellte ich fest, ich hatte gar nichts verstanden», sagt der frühere Thüringer Ministerpräsident, heute Bundestagsvizepräsident, von der Linken.

Ilko-Sascha Kowalczuk wuchs in Ostberlin auf, und zwar nach eigenen Worten in einem staatsnahen Elternhaus, mit dem er später brach. Als Jugendlicher war er immer auf dem Laufenden, was in Westberlin in den Clubs und den Kinos lief. «Mit einem Teil meines Wesens lebte ich immer im Westen», sagt der Historiker und Autor diverser Bücher zur deutschen Vereinigung.

Der Westler mit Ostgeschichte, der Ostler mit dem Blick nach Westen: In einem neuen Gesprächsband analysieren Ramelow (69) und Kowalczuk (58) den Stand der Dinge 35 Jahre nach der Deutschen Einheit. Nicht nur der Titel lässt erahnen, es steht nicht zum Besten: «Die neue Mauer – Ein Gespräch über den Osten». Die beiden erzählen eine Geschichte voller Missverständnisse auf dem Weg in eine zerrüttete Beziehung. 

Fehler und überzogene Erwartungen

Da sind die Fehler der Vereinigung und die überzogenen Erwartungen im Osten an die D-Mark, an die Freiheit, an das bundesdeutsche System. Da ist die westliche Arroganz, das Unverständnis für die Verhältnisse in der DDR. Selbst die westdeutschen Gewerkschaften seien von vielen im Osten als «Besatzungsarmee» wahrgenommen worden, erinnert sich Ramelow, der 1990 als Gewerkschafter nach Thüringen kam.

Da ist das sehr unterschiedliche Empfinden. Für die Ostdeutschen war jeden Tag alles neu nach der friedlichen Revolution. «Diese Dynamik wird oft vergessen: Man stand morgens anders auf, als man abends ins Bett gegangen war. Sicher nicht am Rhein, aber ganz bestimmt an der Werra oder an der Spree», sagt Kowalczuk. Ramelow sieht auch den drastischen Einbruch am Arbeitsmarkt und räumt ein: «Im Westen gab es für dieses Problem keinerlei Sensibilität.»

Ein sehr langes Küchentischgespräch

Diese Erkenntnisse sind nicht neu. Kowalczuk hat selbst mehrfach darüber geschrieben, unter anderem in seinem Buch «Die Übernahme». Das Gefühl der Zurücksetzung in Ostdeutschland, die Wut über westdeutsche Dominanz trug auch das Buch «Der Osten, eine westdeutsche Erfindung» von Dirk Oschmann, das 2023 zum Bestseller wurde.

Was die Analyse von Ramelow und Kowalczuk ungewöhnlich macht, ist das Format – es ist ein über knapp 240 Seiten geführtes Küchentischgespräch mit unendlich vielen Facetten. Mal geht es um sprachliche Unterschiede bei Plastetüte und Zellstofftuch, mal um Jugendweihe und Gesundheitswesen, mal um den unterschiedlichen Blick auf die USA und Russland, mal um das Wirtschafts- und Sozialsystem, mal um das Desinteresse der Medien am Osten und den Film «Das Leben der anderen».

«Es ist wirklich schlimm»

In diesem Mäandern nähern sich die beiden Beobachter ihrer Diagnose der deutschen Gegenwart, und auch die fällt beunruhigend aus. «Viele im Westen ahnen gar nicht», sagt Kowalczuk, «wie tief der Hass in weiten Kreisen des Ostens auf den Westen ist, auf Westler, auf das westliche politische System. Es ist wirklich schlimm.» Von da ist es nicht weit zur Erkenntnis, dass Parteien wie die AfD diesen Unmut nutzen.

Zugleich erwartet Kowalczuk, dass der Osten bei der gesellschaftlichen Entwicklung nur eine Art Vorhut ist. «Im Osten geschieht vieles politisch Negative oder Reaktionäre früher, schneller und radikaler als anderswo», sagt der Historiker. «Das hängt mit der doppelten Transformationserfahrung zusammen, über die wir sprachen. Aber alles, was im Osten geschieht, vollzieht sich irgendwann auch im Westen mit zeitlicher Verzögerung.»

«Grenzen längst fließend»

Er kommt dabei auf das Bild der «neuen Mauer», die Deutschland beim AfD-Ergebnis der Bundestagswahl scheinbar trennte. «Legt man die Zweitstimmenergebnisse zugrunde, ist der Osten blau. Guckt man genauer hin, sind die Grenzen längst fließend.» Die beiden Gesprächspartner blicken mit Sorge auf die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. September.

Wie schlägt man den Bogen von Misstrauen und Hass, vom schleichenden Vertrauensverlust, von den Gefahren für die Demokratie hin zu einem irgendwie zuversichtlichen Ausblick? Ramelow spricht von seinem Traum gelebter Demokratie als stetige Verbesserung. Kowalczuk erinnert daran, dass historische Prozesse nicht linear verlaufen. Am Ende lenken sie den Blick auf Europa. «Eine deutsche Verfassungsdebatte, die in eine europäische Verfassung mündet, wäre ein lohnendes Projekt für die nächsten Jahre», sagt Ramelow. Und Kowalczuk: «Wir haben viel vor uns.»

© dpa-infocom, dpa:250821-930-937087/1

ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGENAPA-WAHLTREND

Moody’s senkt Ausblick für Österreich auf „negativ“ – APA, 23.8.2025

Die Ratingagentur Moody’s hat den Ausblick für Österreich von „stabil“ auf „negativ“ gesenkt, teilte Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) am Samstag über die Social Media-Plattform Bluesky mit. Gleichzeitig hat Moody`s das Rating Aa1 bestätigt. Moody’s begründete die Änderung des Ausblicks mit der anhaltenden und erheblichen Schwächung der Finanzkraft Österreichs. Dies würde eine geringere Wirksamkeit der Finanzpolitik widerspiegeln, als bisher angenommen.

Die Aussichten für die Haushalts- und Schuldenkennzahlen haben sich im Vergleich zur Bewertung im Februar 2025 geändert. So sei in der Basisprognose mittelfristig von einer weiter steigenden Staatsverschuldung auszugehen. Da die geplanten mittelfristigen Konsolidierungsmaßnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen könnten, sei eine ehrgeizigere Haushaltskonsolidierung erforderlich.

Zudem könnten die alterungsbedingten Ausgaben und Zinskosten höher ausfallen als erwartet. Einer höheren Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer sowie einer Nettozuwanderung von zuletzt durchschnittlich 0,6 Prozent der Gesamtbevölkerung könnte die ungünstige demografische Entwicklung entgegenstehen. Die Zinszahlungen werden im Verhältnis zu den Einnahmen von 2,9 Prozent im Vorjahr auf 3,4 Prozent steigen.

Darüber hinaus könnten andere EU-Staaten Österreich veranlassen, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Derzeit plant die Regierung, die Verteidigungsausgaben von derzeit 1 Prozent des BIP 2024 bis 2032 auf 2 Prozent zu steigern.

Andererseits verweist Moody’s auf die wettbewerbsfähige und wohlhabende Wirtschaft des Landes sowie eine gute Schuldentragfähigkeit, die das Aa1-Rating rechtfertige. Allerdings dürfe man das schwache BIP-Wachstum, die Staatsverschuldung sowie die moderate Anfälligkeit für geopolitische Risiken nicht außer Acht lassen.

Bei der Bewertung im Februar ging Moody’s von einem Haushaltsdefizit von 3 Prozent und einem allmählichen Anstieg der Staatsverschuldung auf 83 Prozent des BIP im Jahr 2030 aus. Derzeit rechnet die Ratingagentur mit einem Anstieg der Staatsverschuldung bis 2030 auf 88,4 Prozent des BIP – und damit auf einen historischen Höchststand. Die von Moody’s prognostizierte Schuldenquote wird 2030 nur in den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada höher sein. Für heuer geht Moody’s von einem BIP-Wachstum in Österreich von 0,2 Prozent aus. Nächstes Jahr sollte es nach zwei Jahren der Rezession um 1 Prozent steigen.

Für Marterbauer kommt der negative Ausblick nicht überraschend, wie er erklärte, sei doch im Februar (der letzten Bewertung von Moody’s) das Ausmaß der Budgetprobleme in Österreich nicht bekannt gewesen. Mit den bereits beschlossenen Budget-Sanierungspaketen bringe die Bundesregierung Österreich auch budgetär wieder auf Kurs: „Wir werden den Konsolidierungsplan strikt umsetzen.“ Zudem habe die Ratingagentur S&P vor kurzem das AA+ Rating der Republik Österreich mit stabilem Ausblick bestätigt.

„Als Finanzminister habe ich ein strenges Auge auf den Budgetkurs der Republik. Ich bin zuversichtlich, dass uns die Budgetsanierung gelingt. Dann werden sich auch die Ratings wieder verbessern“, so Marterbauer.

Gewessler (Grüne) will bei Pensionen und Beamten nicht kürzen – APA, 24.8.2025

Grünen-Bundessprecherin Leonore Gewessler spricht sich gegen die in Teilen der Koalition ventilierten Einschnitte bei Pensionen und den Einkommen im öffentlichen Dienst aus. Statt auf Kosten Schwächerer zu konsolidieren, sollten etwa Digitalkonzerne besteuert, Klimaschädliches zurückgefahren und bei den Landesenergieversorgern angesetzt werden, forderte sie im APA-Sommerinterview. Kein gutes Haar lässt Gewessler am Regierungsentwurf zur Elektrizitätswirtschaft.

Ablehnung äußerte Gewessler gegenüber der NEOS-Forderung nach einem geringeren Pensionsabschluss. „Es zieht sich durch die letzten Monate ein Muster durch“, kritisierte sie: „Es wird konsolidiert auf dem Rücken der vielen, nicht auf dem Rücken der breiten Schultern.“ Statt bei den kleinen Pensionisten anzusetzen, die ohnehin schon höhere Krankenversicherungsbeiträge zahlen müssten, sollte man Konzerne stärker besteuern oder klimaschädliche Subventionen angreifen, statt diese noch auszubauen, wie es die Regierung getan habe.

Den im Vorjahr unter Werner Kogler als grünem Beamtenminister paktierten zweijährigen Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst, der diesen nun 0,3 Prozentpunkte Plus zusätzlich zum Inflationsausgleich bringt (nach minus 0,3 im Vorjahr), verteidigte Gewessler als verantwortungsvoll. Es gehe hier um ganz viele Jobs wie Lehrerinnen und Lehrer oder Kindergärtnerinnen und Kindergärtner, wo „händeringend“ Leute gesucht würden.

„Das ist das, was mich ärgert: Die Regierung geht mit vollem Karacho in die falsche Richtung“, sagte sie zu den Budgetkonsolidierungsmaßnahmen der Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und NEOS. Die Grünen-Chefin erinnerte an all jene, die eine Fotovoltaikanlage installiert, ein E-Auto angeschafft oder sich das Klimaticket zugelegt haben. „All diesen Menschen sagt die Bundesregierung, ihr seid jetzt wieder die Dummen. Das Klimaticket wird teurer, und der SUV-fahrende Vorstand, der kriegt das Geld. Der Bahnausbau wird zurückgedreht, aber die Milliarden für die Autobahn schauen wir nicht an“, meinte sie.

Die Maßnahmen gegen die hohe Inflation in der türkis-grünen Koalition verteidigte Gewessler. Man habe sich damals entschlossen, die Kaufkraft zu stärken und damit gerade jenen zu helfen, die sich wenig leisten können. „Wir haben auch parallel in Preise eingegriffen“, betonte sie und erinnerte an die Energie- und Strompreisbremse: „Das Auslaufen dieser Maßnahmen ist ja genau der Grund, warum die Inflation jetzt wieder ansteigt.“ Schon früher gebraucht hätte man aber den Mietpreisdeckel, gestand sie zu.

Derzeit fehle es an relevanten Maßnahmen zur Inflationsdämpfung, kritisierte sie „große Ankündigungen und vollmundige Worte“ vor allem der SPÖ. Ansetzen müsse man vor allem bei der Energie. Denn günstige Energie sei die Basis von sehr vielem, erinnerte sie an jüngste Aussagen von IHS-Chef Holger Bonin, laut dem das Auslaufen der Energiepreisbremse einen zusätzlichen Inflationsschub von 0,8 Prozent gebracht habe. „Da ist die Regierung jetzt gefordert, etwas vorzuschlagen und auch umzusetzen und den Druck auf die Landesenergieversorger zu erhöhen.“

Weiter Nein sagt die Grünen-Bundessprecherin zum Regierungsentwurf für das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG). „Es gefährdet Investitionen und bremst die Energiewende“, betonte sie. Das Kopfschütteln in der Energiebranche und den Erneuerbaren-Interessenverbänden sei groß. Vom Wirtschaftsministerium brauche es nun einen neuen Entwurf.

Sonntagsöffnung Österreich Mehrheit ist dagegen: Sonntagsöffnung in Wien würde viele Probleme bringen

Sonntagsöffnung Österreich: ÖAAB lehnt Lockerung ab. Wien verteidigt arbeitsfreien Sonntag als Kulturgut. Steuerprobleme bei Feiertagszuschlägen.

Wäre eine Sonntagsöffnung eine genutzte wirtschaftliche Chance oder eher sozialer Rückschritt?

Die Diskussion über Tourismuszonen und erweiterte Ladenöffnungszeiten in Österreich entzündet sich vor allem am Sonntag. Was für die einen ein Impuls für Handel und Gästezufriedenheit ist, sehen andere als Gefahr für Beschäftigte und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Laut Medienberichten über eine Linzer Institut-Studie würde etwa die Hälfte der Befragten die sonntägliche Geschäftsöffnung befürworten. 

ÖVP und NEOS sprechen sich für erweiterte Ladenöffnungszeiten in touristischen Zonen aus – zur Belebung des stationären Handels.

SPÖ und Grüne sehen darin potenzielle Risiken für Beschäftigte und fordern faire Lösungen in enger Abstimmung mit Sozialpartnern.

Die Gewerkschaft GPA ist weiter strikt gegen eine Ausweitung der Sonntagsöffnung in Wien. 

„Wenn in einer aktuellen Befragung der Uni Linz knapp über 60 % der Befragten in Wien sagen, sie würden vielleicht ab und zu an Sonntagen einkaufen, bedeutet das nicht, dass es eine Mehrheit für einen Sonntagsöffnung und eine entsprechende Gesetzesänderung gibt“, sagt die Gewerkschaftsvorsitzende Barbara Teiber

Die GPA macht auch auf eine von ihr in Auftrag gegeben IFES-Umfrage aus dem Jahr 2020 aufmerksam: Darin sprechen sich 71 % der Wiener Bevölkerung für einen freien Sonntag im Handel aus.

„Wir sind außerdem den Interessen der Handelsangestellten verpflichtet, die sich in Wien mit überwältigender Mehrheit von über 90 % klar gegen eine Sonntagsöffnung im Handel aussprechen. Mit bedenken muss man auch Faktoren wie zusätzliches Verkehrsaufkommen, höhere Energiekosten und fehlende Kinderbetreuung. Profitieren würden vielleicht einzelne Handelsbetriebe, generell würde sich aber am Umsatz der Branche nichts ändern“, so Teiber.

„Die Politik soll sich den drängenden wirtschaftlichen Themen zuwenden, wie den überhöhten Lebensmittelpreisen, der Sicherung der Kaufkraft und dem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Es ist auch kein Zufall, dass eine generelle Sonntagsöffnung weder im Bund noch in Wien Teil des Regierungsübereinkommens ist. Die Handelsbeschäftigten müssen sich darauf verlassen können, dass die Politik zu ihren Vorhaben steht “, schließt die GPA-Vorsitzende.

Politischer Widerstand gegen Lockerung

ÖAAB-Landesobmann und Vizepräsident des Bundesrates Günther Ruprecht positioniert sich eindeutig gegen eine generelle Sonntagsöffnung Österreich. Er warnt vor einem „Ausverkauf des Sonntags“ und lehnt sowohl eine komplette Freigabe als auch eine schrittweise Lockerung des Sonntagsschutzes kategorisch ab. Gesellschaftliche Interessen würden über individuellen Wünschen stehen. 

Bei unverzichtbarer Arbeit an Sonn- oder Feiertagen müssen faire Zuschläge bestehen bleiben. „Wo Sonntags- oder Feiertagsarbeit unbedingt notwendig ist, ist die Bereitschaft zu arbeiten mit fairen Sonn- und Feiertagszuschlägen abzugelten“, so Ruprecht.

„Der Sonntag ist für viele Menschen der einzige gemeinsame Ruhetag in der Woche. Für Familien, für Ehrenamtliche, für das gesellschaftliche Miteinander ist dieser Tag unglaublich wichtig“, betont Ruprecht.

Arbeitsfreier Sonntag Schutz: Soziales Gefüge im Fokus

Die schrittweise Umwandlung des Sonntags zum Arbeitstag gefährdet laut Ruprecht das soziale Gefüge und erhöht den Druck auf Handelsbeschäftigte. Besonders Teilzeitkräfte und Frauen, die im Einzelhandel überrepräsentiert sind, würden unter zusätzlichen Belastungen leiden. 

„Auch diese Beschäftigten brauchen planbare Freizeit – nicht zusätzliche Schichten an Sonn- und Feiertagen“, so Ruprecht weiter.

Sonntagsarbeit Zuschläge: Steuerliche Problematik bei Feiertagsarbeit

Die ÖAAB-FCG-Fraktion in der Arbeiterkammer fordert derweil dringend eine Gesetzesreparatur

Eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts stufte nämlich das Feiertagsarbeitsentgelt als steuerpflichtigen Arbeitslohn ein und kippte damit die bisherige Steuerfreiheit der Feiertagszuschläge

„Das macht es noch belastender, an Feiertagen zu arbeiten. Diese Änderung führt zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und zu einem höheren administrativen Aufwandfür Arbeitgeber. Wir fordern, dass Feiertagszuschläge in Zukunft wieder steuerfrei sind“, so FCG-Landesvorsitzender Guido Mauerhofer und ÖAAB-FCG-Fraktionsvorsitzender Lukas Tödling.

Ein entsprechender Antrag in der AK-Vollversammlung fand breite Zustimmung. Alle Fraktionen außer der Linksaußen-Fraktion GLB-KPÖ stimmten zu.

Sonntagsöffnung Wien: Tourismus-Argument wird widerlegt

Fritz Pöltl, Fraktionsvorsitzender der FCG-ÖAAB-Fraktion in der Arbeiterkammer Wien, betont die Notwendigkeit, den freien Sonntag kontinuierlich zu verteidigen. Wiederholt fordern Stimmen eine Sonntagsöffnung Wien in der Bundeshauptstadt. Touristen seien enttäuscht über geschlossene Geschäfte am Sonntag. Der Städtetrip werde für manche zum „Anti-Konsum-Debakel“ – so argumentieren Befürworter der Handelsöffnung am Sonntag.

„Da kann ich nur schmunzeln. Ich stelle mir verzweifelte Tourist:innen auf der Suche nach geöffneten Shops vor“, so Pöltl. Das Gegenteil sei der Fall, zeigt sich der FCG-ÖAAB-AK Vorsitzende überzeugt.

Wien wird jährlich zur lebenswertesten Stadt gekürt – der handelsfreie Sonntag trägt maßgeblich dazu bei. 

„Neben den vielen Vergleichsparametern gegenüber anderen Städten, wie etwa Kunst, Kultur und Infrastruktur, darf sich der handelsfreie Sonntag in Wien einen großen Anteil davon zuschreiben“, ist sich Pöltl sicher. 

Die Sonntagsruhe erfreut nicht nur Bewohner. Auch Touristen nehmen das Kulturgut „arbeitsfreier Sonntag“ positiv mit nach Hause.

Handelsöffnung Feiertage: Systemerhaltung als einzige Ausnahme

Pöltl erinnert daran, dass bereits zahlreiche Geschäfte in Wien sonntags geöffnet sind. Viele Dienstleistungen wie der öffentliche Verkehr funktionieren nur durch die Bereitschaft von Menschen, auch sonntags zu arbeiten. Das österreichische Arbeitsrecht entlohnt diese Bereitschaft mit Sonn- und Feiertagszuschlägen.

„Und das muss auch in Zukunft so bleiben. Das Arbeitsleben darf sich nur auf die notwendigen Berufsgruppen, rund um die Systemerhaltung, beschränken“, betont der Fraktionsvorsitzende abschließend. (LB/APA)

ORF kündigt Mitarbeiter wegen antisemitischem Post – Pro-Palästina-Aktivisten drangen in Sender ein – Welt, 23.8.2025

Ein ORF-Redakteur löste mit einem Posting auf Facebook empörte Reaktionen aus, anschließend verlor er seinen Job. Am Donnerstag hatten zudem propalästinensische Aktivisten ORF-Redaktionsräume in Wien gestürmt.

n Österreich hat sich der öffentlich-rechtliche ORF von einem Redakteur wegen eines antisemitischen Postings getrennt. Der Sender und der Mitarbeiter hätten sich auf eine Auflösung seines Dienstvertrages geeinigt, teilte der ORF mit.

Grund sei ein – mittlerweile gelöschter – Facebook-Post, welchen ORF-Intendant Roland Weißmann bereits als völlig inakzeptabel verurteilt habe und für den er sich im Namen des ORF nachdrücklich entschuldigen möchte.

In dem Beitrag hatte es laut ORF geheißen: „Wenn ich 2000 Jahre lang Opfer bin, dann sollte ich mir langsam überlegen, woran das wohl liegen mag.“

Der Redakteur (zuvor in Festanstellung) erklärte dazu jetzt nach Angaben des Senders: „Ich bedaure zutiefst, einen Satz geschrieben zu haben, den ich von niemandem so unwidersprochen stehen lassen würde.“ Die Äußerung stehe gegen alles, wofür er sich in seinem privaten und beruflichen Leben eingesetzt habe.

ORF muss Sicherheitskonzept nach Eindringen von Aktivisten ändern

Zuvor hatten sich Vertreter der jüdischen Glaubensgemeinschaft empört gezeigt und Konsequenzen gefordert. Die Aussage überschreite eine rote Linie, erklärte die Israelitische Kultusgemeinde für die Bundesländer Salzburg, Steiermark und Kärnten. „Wer so spricht, betreibt klassische antisemitische Täter-Opfer-Umkehr“, hieß es.

Erst am Donnerstag hatten laut örtlichen Medienberichten propalästinensische Aktivisten das ORF-Zentrum in Wien gestürmt, um gegen die angeblich mangelhafte Berichterstattung über das Leid der Palästinenser in Gaza zu protestieren. Die Demonstrantinnen und Demonstranten hatten sich, so berichtet der ORF anschließend selbst, als Teilnehmer einer offiziellen Führung Zutritt in den ORF verschafft und unerlaubt von der Gruppe entfernt.

Die Aktivisten hatten dann Wände und Böden mit Farbe beschmiert. Videos zeigten zudem, wie sie Parolen skandierten und Flugzettel verteilten. Wenig später wurden sie von der Polizei abgeführt. Der Sender verschärfte anschließend sein Sicherheitskonzept.

dpa/krott

Pro-Palästina-Aktivisten drangen in ORF-Zentrum ein – Die Presse, 22.8.2025

Vor dem Newsroom gab es eine Störaktion. Personen oder Livesendungen seien zu keiner Zeit gefährdet gewesen. Der ORF verschärft seine Sicherungskonzepte.

Weil sechs Pro-Palästina-Aktivisten ins ORF-Zentrum am Wiener Küniglberg eingedrungen und dort eine Störaktion gemacht hatten, gab es am Donnerstagnachmittag einen Polizeieinsatz. Der ORF bestätigte, dass es „vor dem Newsroom am ORF-Mediencampus zu einer Störaktion von offensichtlich propalästinensischen Aktivisten gekommen“ sei. Die Polizei teilte der APA mit, dass sie gegen 16.00 Uhr verständigt worden sei. Laut ORF wurde die Störaktion nach kurzer Zeit aufgelöst und die Aktivisten vom ORF-Gelände transportiert.

Zu keiner Zeit habe eine Gefährdung von Personen oder ORF-Livesendungen bestanden, „der Betrieb im ORF Newsroom war zu keiner Zeit unterbrochen“, berichtete der Sender weiter. „Der ORF legt Wert darauf, dass er, zu journalistischer Objektivität und Sorgfalt verpflichtet, ausgewogen über den Nahost bzw. Gaza-Konflikt berichtet und dies auch weiterhin tun wird. Der ORF weist jeden Vorwurf der Parteilichkeit zurück, verwahrt sich gegen jegliche Art von Gewalt und wird alle möglichen rechtlichen Schritte ergreifen“, hieß es. Der ORF hält gegenüber der „Presse“ fest: „Verschwörungstheorien und Spekulationen über mögliche Unterstützung durch ORF-Mitarbeiter:innen entbehren jeder Grundlage und sind zurückzuweisen. Der ORF hat seine Sicherheitskonzepte nach diesem Zwischenfall bereits angepasst und wird diese nach eingehender Analyse weiter verschärfen.“

Schmieraktion im Eingangsbereich

Video-Aufnahmen, die dem „Kurier“ vorliegen, zeigen mehrere Personen, die auf dem Boden liegen, während sie von Polizisten in Schach gehalten werden. Auf dem Boden ist der Tageszeitung zufolge der Schriftzug „ORF enabled Genocide“ (zu Deutsch: Der ORF ermöglicht einen Genozid) zu lesen. Auch die Polizei bestätigte die Schmieraktion im Eingangsbereich.

Für den ORF ist es der zweite Vorfall mit pro-palästinensischen Aktivisten. Anfang Juni war eine Gruppe in das Landesstudio des ORF Tirol am Innsbrucker Rennweg eingedrungen und hatten dort unter anderem Palästina-Fahnen gehisst.

FPÖ vermutet Unterstützung im ORF

„Fassungslos“ zeigte sich FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker wegen der Störaktion. „Es ist ein sicherheitspolitischer Skandal erster Ordnung, dass eine Aktion, die in sozialen Medien sogar offen angekündigt wurde, trotzdem ungehindert bis in den Newsroom des ORF durchdringen konnte!“

Es gebe Hinweise, dass die Aktivisten möglicherweise auch innerhalb des ORF Unterstützung erfahren haben könnten, so Hafenecker. „Es liegt der Verdacht nahe, dass Teile der ORF-Struktur mit den Aktivisten sympathisieren und ihnen den Weg erleichtert haben.“ (APA)

Einfache Sprache

Palästina-Aktivisten drangen in ORF-Studio in Innsbruck ein – APA / ORF, 6.6.2025

Am Freitag sind mehrere Palästina-Aktivisten in das Studio vom ORF Tirol in Innsbruck eingedrungen. Dort kletterten sie auf das Dach und hängten Palästina-Fahnen auf. Sie zündeten Feuerwerkskörper und riefen: „Freiheit für Palästina!“ Weil die Aktivisten das Gebäude nicht freiwillig verlassen wollten, hat die Polizei sie später festgenommen.

Mit ihrer Aktion protestierten die Aktivisten gegen die nicht objektive Berichterstattung von österreichischen Medien über den Nahost-Konflikt. In einem E-Mail verlangten die Aktivisten, dass die Medien und der Staat Österreich das Vorgehen von Israel gegen die Palästinenser im Gaza-Streifen als Völkermord anerkennen. Der Chefredakteur vom ORF Tirol, Georg Laich, sprach mit den Aktivisten. Er sagte ihnen, dass der ORF schon objektiv über den Nahost-Konflikt berichtet. APA

Kärnten: Lösungen für Asylunterkünfte gesucht – ORF, 21.8.2025

Nach einem Attentat in Villach mehren sich Beschwerden gegen Asylunterkünfte in Kärnten. Immer mehr Gemeinden fordern die Schließung oder Verlegung der Heime, doch das Land sieht keinen Anlass. Es habe keine Vorfälle mit Anrainern gegeben und Kärnten erfülle die Unterbringungsquote nur zu 57 Prozent.

Massenquartiere wie nach der Flüchtlingswelle 2015 gibt es in Kärnten keine mehr, dafür gibt es viele kleine Unterkünfte, wie jenes in Weitensfeld. Hier werden Asylwerber seit über zehn Jahren versorgt. Seit heuer gibt es einen Gemeinderatsbeschluss, der die Schließung des Heimes zum Ziel hat, so auch in der Gemeinde St. Andrä. Der Gemeinderat wolle die Unterkunft in Lamm auf der Saualpe wegbekommen. „Die Bevölkerung in Lamm ist in erster Linie verunsichert bezüglich ihrer eigenen Sicherheit. Fremde Nationen haben fremde Gewohnheiten und wenn hier Menschen sind, die fern der Heimat sind, die auch schutzbedürftig sind, natürlich einen Platz brauchen, haben trotzdem die Nachbarn die Ängste“, so Maria Knauder, Bürgermeisterin der Gemeinde St. Andrä (SPÖ).

Land: „Solange Verträge erfüllt werden bleiben Quartiere“

Seitens des Landes kennt man die Vorbehalte, sagt Nadine Hell vom Flüchtlingswesen: „Dazu ist aber zu sagen, dass wir einen Vertrag haben mit unseren Vertragspartnern, mit den Quartiergebern in Kärnten und dass wir unsere Quartiere offen lassen, solange die Vertragspflichten von unseren Partnern auch erfüllt werden.“

Vorfälle in den Heimen

Hintergrund für die Stimmung in Weitensfeld und St. Andrä seien Vorfälle in den Heimen selbst gewesen. „In Lamm war es so, dass es zu einem Streit zwischen den Bewohnern gekommen ist und auch zu einer Verletzung. Da sind die betroffenen Personen entweder im Krankenhaus versorgt und stabil“, so Hell. Die Täter seien in strafrechtlicher Behandlung. In Weitensfeld sei es eine versuchte Selbstverletzung gewesen.

Anrainer seien aber nirgends involviert gewesen, sagte auch Quartiergeber Willibald Schilcher. „Wir betreiben das Quartier seit August 2022 und es hat in dieser Zeit bis dato noch nie einen Vorfall gegenüber einem Anrainer oder sonst einer Person im Gemeindegebiet gegeben.“

Auch Frauen und Kinder in Lamm untergebracht

In Lamm sind 65 Menschen aus 18 Nationen untergebracht, darunter auch viele Frauen und Kinder und nicht nur Männer, wie Kritiker behaupten. Per Shuttlebus werden die Menschen, etwa für Arztbesuche, Behördenwege oder Deutschkurse nach Klagenfurt gebracht. Schilcher sagte, dass man aber auch mit dem Land im Gespräch sei, um einen Deutschkurs vor Ort zu bekommen, das sei einfacher, als 65 Menschen in die Stadt zu bringen.

Kärnten erfüllt Quote nur zu 57 Prozent

Seit dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung ging die Zahl der Asylwerber stark zurück. Aktuell gibt es ein Bundesquartier mit 46 Personen
dazu kommen 52 Landesunterkünfte mit 1.935 Menschen, insgesamt sind es 1.981. Die Asylquote wird damit nur zu 57 Prozent erfüllt, zahlen muss Kärnten dennoch 100 Prozent. „Das heißt, wir sind nicht in der Situation sagen zu können, wir können uns leisten, Quartiere zuzusperren“, so Nadine Hell vom Flüchtlingswesen des Landes. Deshalb sucht das Land nach weiteren Quartieren.

Konsensbereit ist man in Lamm, was die vielfach geäußerte Kritik betrifft, das Heim sei auf der Saualpe zu abgelegen. „Wenn sie ein Quartier in der Stadt finden, werden wir es gerne aufnehmen, unterstützen und unsere Leute in die Stadt St. Andrä bringen.“

Aktuell ist kein solches Quartier in Sicht. In der kommenden Woche werde es einen runden Tisch mit allen Beteiligten geben, initiiert von der Bürgermeisterin.

red, kaernten.ORF.at

Alpen Bikepark Schneeberg: Mit Vollgas Richtung Eröffnung – NÖ Bahnen / OTS, 22.8.2025

LH-Stv. Landbauer: 11 Kilometer an Trails stehen für Familien, Kinder und Mountainbike-Fans zur Verfügung

St. Pölten (OTS) – „Seit drei Monaten bauen wir rund um die Schneeberg Sesselbahn in Losenheim ein Zukunftsprojekt der Sonderklasse: Ab dem Frühjahr 2026 können sich Familien, Kinder und Mountainbike-Fans im neu errichteten Alpen Bikepark Schneeberg auf eine Extraportion Spaß und Adrenalin freuen, dann stehen zur Eröffnung nämlich gleich 11 Kilometer an Trails und Lines für unsere Landsleute, Sportler und Gäste zur Verfügung“, zieht NÖ Verkehrslandesrat LH-Stellvertreter Udo Landbauer eine mehr als erfreuliche Zwischenbilanz über den zügig vorangehenden Baufortschritt des Alpen Bikeparks Schneeberg.

Zum Ende des Sommers werden die Bauarbeiten an zahlreichen Trailpassagen bereits weit fortgeschritten sein, aufgrund leichter Adaptierungen können in der ersten Ausbaustufe nun sogar bereits 11 anstatt der ursprünglich angenommenen 10 Kilometer an Trails und Lines eröffnet werden. Im Herbst 2025 starten im Tal zudem die Bauarbeiten für den Riders Playground, der Skills-Area für Anfänger und Kinder. Der Shop&Rent, der im Stationsgebäude der Schneeberg Sesselbahn entsteht, nimmt ebenfalls bereits Formen an. Um künftig die Bedürfnisse von Wanderern und Bikern bestmöglich zu vereinen, wurde auch der Wanderweg neben der Schneeberg Sesselbahn im Zuge der Arbeiten neu angelegt. Die Route besticht nun durch eine landschaftlich noch schönere Führung und die sehr steilen Passagen wurden durch neu errichtete Stufen entschärft.

Mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 2,6 Millionen Euro entsteht mit dem Alpen Bikepark Schneeberg rund um die bestehende Infrastruktur der Schneeberg Sesselbahn ein Action-, Sport- und Naturerlebnis für Familien, Kinder und sportlich ambitionierte Adrenalin-Fans. Bei der Eröffnung im Frühjahr 2026 werden elf Kilometer Trails und Lines in allen Schwierigkeitsstufen von blau bis schwarz (analog den Skipisten-Schwierigkeitsstufen) sowie der Riders Playground für Anfänger und Kinder zur Verfügung stehen. In zwei weiteren Ausbaustufen wird der Bikepark bis zum Frühjahr 2028 auf insgesamt 15 Kilometer Trails und Lines ausgebaut.

Nähere Informationen: Kommunikation Niederösterreich Bahnen, Katharina Heider-Fischer, MSc., Telefon 02742 360 990-1311, Mobiltelefon 0676 566 24 53, E-Mail presse@niederoesterreichbahnen.at, www.niederoesterreichbahnen.at

Rückfragen & Kontakt

Amt der NÖ Landesregierung, Landesamtsdirektion/Öffentlichkeitsarbeit
Mag. Ing. Johannes Seiter
Telefon: 02742/9005-12174
E-Mail: presse@noel.gv.at

VERMÖGENSSTEUER-DEBATTE IN ÖSTERREICH

Erben statt arbeiten: Zwei Familien besitzen 70,5 Mrd. Euro – mehr als Halb-Österreich – Kontrast, 21.8.2025

Die zwei reichsten Familien in Österreich besitzen mehr als die Hälfte der österreichischen Bevölkerung zusammen. Diese unvorstellbar großen Vermögen wurden vererbt, nicht erarbeitet – und sie sind gefährlich für unsere Demokratie, unser Klima und unsere Wirtschaft. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die reichsten Österreicher, die Probleme der Vermögenskonzentration und deren weitreichende Folgen.

COMMENT: Kontrast ist eine SPÖ-Postille. Das Gegensück ist die ÖVP-Postille namens „Exxpress“. Beide Parteiorgane sind grundsätzlich für eine seriöse Berichterstattung nicht geeignet. Sie vertreten die jeweiligen Parteilinien. Darunter hat sich die „Berichterstattung“ einzuordnen. Die mangelnde Seriosität wurde für beide Blätter kritisiert.

Der Red-Bull-Erbe Mark Mateschitz ist mit einem Gesamtvermögen von 37 Mrd. Euro der reichste Österreicher. Auf Platz zwei befindet sich die Familie Porsche & Piëch mit einem Vermögen von 33,5 Mrd. Euro. Macht zusammen 70,5 Milliarden Euro. Die untere Hälfte der Bevölkerung besitzt dagegen nur 54 Milliarden Euro – also fast 17 Milliarden Euro weniger als diese zwei Familien. Je nach Berechnungsmethode und Zeitpunkt der Erhebung können sich die Zahlen geringfügig unterscheiden. In diesem Artikel beziehen wir uns auf die Zahlen der Household Finance & Consumption Survey (HFCS) der Österreichischen Nationalbank und des Moment-Magazins.

Inhaltsverzeichnis

1) In Österreich macht vor allem eines reich: Erben

2) Wer sind die reichsten Österreicher und wie sind sie reich geworden?

2.1) Platz 1: Red Bull Erbe Mark Mateschitz – 37 Milliarden Euro

2.2) Platz 2: Familie Porsche und Piëch – 33,5 Milliarden Euro

2.3) Platz 3: Georg Stumpf – 8,8 Milliarden Euro

3) Vermögen konzentriert sich in Österreich bei immer weniger Personen – gleichzeitig wächst die Armut

4) Wieso ist Vermögenskonzentration ein Problem?

4.1) 1. Reiche beeinflussen Politik & Medien

4.2) 2. Reiche sind schädlich für das Klima

4.3) 3. Reiche hemmen das Wirtschaftswachstum

5) Österreich ist das ungleichste Land der Euro-Zone

6) Auto, Eigenheim, Ersparnisse – Wem gehört welche Art von Vermögen in Österreich?

7) Woran liegt es, dass Vermögen in Österreich so ungleich verteilt ist?

n Österreich macht vor allem eines reich: Erben

Ihre gigantischen Vermögen haben sich weder Mark Mateschitz noch die Porsches und Piëchs durch eigene Arbeit verdient. Sie haben sie geerbt. Unter den reichsten 15 Österreichern, zu denen nach der Familie Porsche und Piëch, Mark Mateschitz noch der Bauunternehmer Georg Stumpf oder die Dynastien Swarovski und Mayr-Melnhof zählen, sind 11 von 15 durch Erben oder Heirat an ihre Vermögen gekommen. Viele von ihnen arbeiten zwar heute an den Familienunternehmen weiter – aber das Erben hat ihren Vermögen jedenfalls den Startschuss gegeben.

Wer sind die reichsten Österreicher und wie sind sie reich geworden?

Die wirklichen Vermögen der Reichsten können nur geschätzt werden, unter anderem, weil sie oft in komplexen Firmenkonstruktionen versteckt sind – und weil natürlich nicht alle Informationen öffentlich sind. Man kann also davon ausgehen, dass die reichsten Österreicher in Wahrheit noch reicher sind.

Platz 1: Red Bull Erbe Mark Mateschitz – 37 Milliarden Euro

Mark Mateschitz hat sein Vermögen 2022 nach dem Tod seines Vaters, des Red Bull Gründers Dietrich Mateschitz, geerbt. Ihm gehören jetzt 49% des Red Bull Konzerns, der 2023 einen Umsatz von mehr als 10 Milliarden Euro erwirtschaftet hat. Außerdem gehören zu dem vererbten Imperium noch diverse andere Unternehmensbeteiligungen, Immobilien und Hotels.

Platz 2: Familie Porsche und Piëch – 33,5 Milliarden Euro

Der Reichtum der Familie Porsche und Piech geht auf Ferdinand Porsche zurück, der ab Ende des 19. Jahrhunderts Automobile gebaut und weiterentwickelt hat. Seine Tochter Louise heiratete später den Rechtsanwalt Anton Piech – daher kommt der zweite Zweig der Familie, in der sich das enorme Vermögen verteilt. Ihr Reichtum setzt sich aus Beteiligungen an Porsche und Volkswagen sowie diversen Finanzanlagen und Immobilien zusammen. Dieses Vermögen konnte seit inzwischen über hundert Jahren immer weiter vererbt und vermehrt werden.

Grafik: Die 10 reichsten Österreicher laut trend und Fobres

Platz 3: Georg Stumpf – 8,8 Milliarden Euro

Auch Georg Stumpf hat geerbt – in dem Fall das Bauunternehmen seines Vaters, Georg Stumpf Senior. Dieses Geld hat ihm sicher einen Startvorteil verschafft. Das ganz große Geld hat er dann durch kluge Investments verdient: Er ist 1991 mit 19 Jahren in Voitl & Co. eingestiegen, schon damals ein viele Millionen schweres Bauunternehmen, und hat die väterliche Firma seitdem weiter ausgebaut. Richtig reich ist er unter anderem mit dem Bau des Millennium Tower in Wien geworden. Heute besitzt er außerdem diverse Industriebeteiligungen und Immobilien, die ihn in Summe zum drittreichsten Österreicher machen.

Die Liste der 20 reichsten Österreicher:innen gibt’s hier.

Wer arbeitet, bräuchte 2.000 Jahre, um Milliardär zu werden

Leistung und damit Arbeit wird oft als Schlüssel zum Aufbau von Vermögen gesehen. Die reichsten Menschen in unserer Gesellschaft besitzen aber mehrere Milliarden. Das sind Vermögen, die sich kein Mensch je erarbeiten kann: Würde man mit einem wirklich großzügigen Stundenlohn von 50 Euro Tag und Nacht durcharbeiten, müsste darauf keine Steuern zahlen und würde keinen einzigen Euro ausgeben, hätte man nach einem Jahr 438.000 Euro verdient. Eine Milliarde hätte man erst nach über zweitausend Jahren verdient.

Vermögen konzentriert sich in Österreich bei immer weniger Personen – gleichzeitig wächst die Armut

Diesen riesigen Vermögen stehen in Österreich 1,3 Mio. Menschen gegenüber, die armutsgefährdet sind. Das ist jede siebte Person – Tendenz steigend. Während die Armut wächst, konzentrieren sich große Vermögen in den Händen von immer weniger Personen.

Armut in Österreich

Aktuell sind in Österreich rund 1,3 Millionen Menschen armutsgefährdet, das sind 14,3 % der Bevölkerung. Als armutsgefährdet gilt dabei, wer in einem Haushalt mit einem Einkommen unter der Armutsschwelle liegt.

HaushaltstypArmutsschwelle
Einkommen pro Monat
1-Personen-Haushalt1.661 €
1 Erwachsene/r + 1 Kind2.159 €
2 Erwachsene2.492 €
2 Erwachsene + 2 Kinder3.488 €
Für jeden weiteren Erwachsenen im Haushalt +830,50 EUR, für jedes weitere Kind unter 14 Jahren +498,30 EUR

Wieso ist Vermögenskonzentration ein Problem?

Vermögenskonzentration heißt, dass ein Großteil des Vermögens in einem Land einer relativ kleinen Gruppe gehört. Vermögen ist dabei der Wert von allem, was eine Person besitzt – also zum Beispiel das Geld am Konto und am Sparbuch, aber auch Schmuck oder sonstige Wertgegenstände, plus das Eigenheim oder weitere Immobilien – minus Schulden oder Kredite. 

Bei einer hohen Vermögenskonzentration ist oft auch von Überreichtum die Rede, speziell wenn Reiche durch ihr Vermögen überdurchschnittlich viel Einfluss auf Politik & Medien bekommen oder überdurchschnittlich viel CO2 ausstoßen. Manche Expert:innen fordern deshalb nicht nur Vermögens- und Erbschaftssteuern sondern sogar eine Obergrenze für Vermögen.

1. Reiche beeinflussen Politik & Medien

Wer viel Geld hat, kann oft mehr mitreden – und zum Beispiel Studien in Auftrag geben, an Parteien spenden oder in bestimmten Zeitungen Inserate kaufen. Wissenschaft, Politik und Medien sind oft auf private Geldgeber angewiesen. Selbst wenn sie sich dadurch nicht käuflich machen, müssen sie die Geldgeber am Ende bei Laune halten, wenn sie diese Gelder nicht verlieren wollen. 

So können besonders Reiche beeinflussen, welche Debatten wir als Gesellschaft führen, worüber berichtet und geforscht wird – und worüber eben nicht. Ein Beispiel: Vermögenssteuern werden in Journalist:innen-Kommentaren in österreichischen Tageszeitungen überwiegend negativ beurteilt. Und das, obwohl sich eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung seit Jahren für Vermögenssteuern ausspricht.

2. Reiche sind schädlich für das Klima

Seit 1990 war das weltweit reichste Prozent für fast ein Viertel (23 Prozent) aller Emissionen verantwortlich. Die reichsten 10 Prozent sogar für rund die Hälfte der entstandenen Emissionen. Im großen Gegensatz dazu hat die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung nur 12 Prozent der CO2-Emissionen verursacht. Ähnliches gilt auch für Österreich: die reichsten 10 Prozent stoßen hier viermal so viel aus wie die ärmsten 10 Prozent der Haushalte.

3. Reiche hemmen das Wirtschaftswachstum

Eine hohe Vermögenskonzentration ist nicht zuletzt auch schädlich für das Wirtschaftswachstum. Der Internationale Währungsfonds hat herausgefunden: In Ländern, in denen Vermögen fairer verteilt ist, wächst die Wirtschaft länger und besser. Dort kommen die Menschen auch besser durch Krisen. Staaten mit einer hohen Einkommens- und Vermögenskonzentration driften dagegen politisch und gesellschaftlich auseinander. Das macht das Land unsicher. Desto mehr ein Land auf diese Art und Weise destabilisiert wird, desto weniger gut lässt es sich dort investieren und wirtschaften.

Österreich ist das ungleichste Land der Euro-Zone

Im Euro-Zonen-Vergleich liegt Österreich auf Platz eins bei der Vermögensungleichheit. In keinem Land der Euro-Zone ist die Kluft zwischen Arm und Reich so groß. Hierzulande besitzt die ärmere Hälfte der Bevölkerung nur 4 Prozent des Gesamtvermögens. Das oberste Zwanzigstel – also die reichsten 5 Prozent der Bevölkerung – besitzen hingegen ganze 55 Prozent des Gesamtvermögens. Zum Vergleich: In der Slowakei besitzen die reichsten 5 Prozent „nur“ 36 Prozent des Gesamtvermögens und die ärmere Hälfte der slowakischen Bevölkerung besitzt immerhin einen Anteil von 14 Prozent des Gesamtvermögens.

Auto, Eigenheim, Ersparnisse – Wem gehört welche Art von Vermögen in Österreich?

Wenn man sich genau anschaut, was Haushalte in Österreich besitzen, sieht man die große Vermögensungleichheit ganz konkret: So besitzen unter den ärmsten 50% nur 5% der Haushalte ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung. Unter den oberen 50% sind es zumindest 88% – umso mehr, desto weiter wir in der Vermögensverteilung nach oben gehen. Bei den reichsten 5% geht es schon gar nicht mehr um das Eigenheim – hier besitzen 55% sogar noch zusätzliches Immobilienvermögen, also Zweit- und Drittwohnsitze bzw. Investitionen in Immobilien.

Wer besitzt was in Österreich? //Quelle: Arbeiterkammer

Bei Autos ist es etwas ausgeglichener, natürlich auch, weil man in Österreich außerhalb von Städten selten ganz ohne Auto auskommt. In der unteren Hälfte der Bevölkerung besitzen deswegen 63% ein Auto, oberhalb davon sind es mindestens 88%.

Auch anderes Vermögen ist ungleich verteilt – während viele Haushalte in allen Vermögensklassen Sparkonten besitzen, werden Ersparnisse besonders ab den oberen 20% auch in Aktien oder anderen Unternehmensanteilen geparkt.

Woran liegt es, dass Vermögen in Österreich so ungleich verteilt ist?

Die Politik stellt dem Überreichtum in Österreich wenig in den Weg: 1994 hat man in Österreich die Vermögenssteuer abgeschafft, 2008 Erbschafts- und Schenkungssteuern. Die Konsequenz: 76 Prozent des Geldes, das der österreichische Staat zur Verfügung hat, stammt aus Steuern auf Konsum und Arbeit. Das liegt auch daran, dass andere Steuern, also zum Beispiel Steuern auf Unternehmensgewinne, in Österreich besonders niedrig sind und somit auch nur einen kleinen Beitrag zum Staatshaushalt leisten(siehe hier). 

COMMENT: Falsch! Von 100 Steuer- und Abgabeneuros kommen 100 aus Unternehmen, die diese Abgaben und Steuern für die Unselbständigen aus dem Unternehmenserlös heraus bezahlen. Der Ausweis dieser Abgaben und Steuern auf Lohn- und Gehaltszetteln dient lediglich als Berechnungsgrundlage, auf deren Grundlage Subventionen (Steuererleichterungen u.a.) bemessen werden.

Weil es in Österreich außerdem keine Erbschaftssteuer mehr gibt, konzentrieren sich große Vermögen bei immer weniger Personen. Gleichzeitig müssen diejenigen Reichen, die überhaupt von einer Vermögenssteuer oder einer Erbschaftssteuer betroffen wären, ihr Vermögen kaum für Konsum antasten – so viel können sie gar nicht konsumieren. Letztlich ist es eine politische Entscheidung, die Vermögen in Österreich weitestgehend in Ruhe weiterwachsen zu lassen.

Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer Österreich: Ist der Streit gerechtfertigt? – Wirtschafts-Nachrichten, 12.8.2025

Kontroverse um Erbschaftssteuer Österreich: Wohlgemuth (SPÖ) fordert Vermögenssteuer, NEOS und IV warnen vor wirtschaftlichen Schäden. Die Wirtschaftsnachrichten rechnen nach.

Eine kontroverse Diskussion über Erbschafts- und Vermögenssteuern in Österreich spaltet derzeit die Regierungsparteien SPÖ und NEOS. 

Tirols SPÖ-Chef und Landeshauptmannstellvertreter Philip Wohlgemuth plädierte jüngst für diese Steuern: „Man sollte da dranbleiben und es nicht aus den Augen verlieren.“ 

Diese Äußerungen provozierten eine scharfe Reaktion von Tirols NEOS-Chef und Nationalratsabgeordnetem Dominik Oberhofer, der von „Retrozwischenrufen“ sprach.

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Wohlgemuth brachte bei der Vermögens- oder „Millionärssteuer„eine innovative „Zweckwidmung der eingezogenen Mittel“ ins Gespräch. Dieses Modell könnte die SPÖ den Koalitionspartnern ÖVP und NEOS präsentieren, die bisher ablehnend zu derartigen Steuern stehen. 

Der Ansatz würde Vermögenden ermöglichen, selbst über die Verwendung ihrer Steuerzahlungen zu entscheiden. Mögliche Bereiche umfassen „Bildung, Infrastruktur, Umweltschutzmaßnahmen usw.“

Wohlgemuth bekannte sich offen zu seinen politischen Überzeugungen und räumte ein, dass derzeit keine parlamentarischen oder Regierungsmehrheiten für solche Maßnahmen existieren. Er hänge keinen „romantischen Vorstellungen“ an, betonte der Politiker. „Aber ich habe mich immer dafür ausgesprochen und gebe meine Ideologie nicht an der Garderobe zum Sitzungszimmer der Landesregierung ab. Das gilt für alle in der SPÖ.“

Oberhofer hingegen: Der Vorstoß für eine Einführung von Erbschafts- und Vermögenssteuern stelle „rückwärtsgewandte Symbolpolitik“ dar. Er verwies darauf, dass die NEOS „in der Bundesregierung erfolgreich verhindert haben, dass derartige Maßnahmen Eingang ins Regierungsprogramm finden.“

Industriellenvereinigung Tirol warnt vor massiven wirtschaftlichen Schäden

Die Industriellenvereinigung Tirol (IV Tirol) positionierte sich entschieden gegen Vermögenssteuer bzw. Erbschaftssteuer. 

Geschäftsführer Michael Mairhofer erklärte: „Die Vorschläge zur Einführung einer Erbschafts- und Vermögenssteuer sind kein Beitrag zur Lösung aktueller Herausforderungen, sondern lediglich ein Versuch, ideologische Debatten zu führen. Eine neue Belastung der heimischen Unternehmen würde den Standort Tirol massiv beschädigen und in der aktuellen Rezession zusätzlich Arbeitsplätze gefährden. Der Fokus der Politik muss jetzt auf Effizienzsteigerung und wettbewerbsfördernden Maßnahmen liegen, nicht auf neuen Steuererhöhungen.“

Lesen Sie dazu auch hier: IV-Tirol-Präsident Kloger fordert Entlastung bei Energie, Lohnkosten & Bürokratie

Wirtschaftsanalysen bestätigen negative Auswirkungen der Vermögenssteuer Österreich

Die IV stützt sich bei ihrer Kritik an wirtschaftlichen Analysen, unter anderem auf eine Studie von Eco Austria von 2023. Eine Vermögenssteuer würde laut IV Investitionen um rund fünf Prozent senken, mehr als 40.000 Arbeitsplätze kosten und die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung um über zwei Prozent reduzieren. 

Selbst eine moderate Ausgestaltung brächte einen messbaren BIP-Rückgang.

Eine Erbschaftssteuer würde hingegen kaum fiskalische Wirkung entfalten – das erwartete Aufkommen läge bei rund 0,25 Prozent der gesamten Steuer- und Sozialbeitragseinnahmen – und träfe vor allem Betriebe.

Die Steuerlast der Reichen in Österreich: Fakten und Zahlen

Zahlen die Reichen in unserem Land wirklich zu wenig Steuern? 

Laut einer Berechnung der Agenda Austria von 2021 trägt etwa das oberste ein Prozent der Besserverdiener 15,6 Prozent der Lohnsteuern bei. Die oberen 25 Prozent tragen ganze 76 Prozent der Lohnsteuerlast. Das zeigt, dass die Vermögen zwar ungleich verteilt sein können, allerdings die oberen Einkommensschichten prozentuell einen höheren Anteil zum Steueraufkommen beisteuern.

Ein einfaches Beispiel illustriert, dass jedem angehäuftem Vermögen in Österreich eine hohe Steuerlast vorausgegangen ist. Es gibt in Österreich den Spitzensteuersatz von 55 Prozent. Wer eine Millionen Euro pro Jahr verdient, zahlt 458.553,17 Euro Steuern darauf. Zuzüglich weiterer Abgaben und indirekter Steuern ist es sogar noch mehr.

541.446,83 Euro bleiben Netto vom Verdienst übrig und bilden fortan das „Vermögen“. Im zweiten Jahr zahlt ein Einkommens-Millionär wieder 458.553,17 Euro an Einkommenssteuer. Das Vermögen wächst auf 1.082.893,66 Euro. Erst im zweiten Jahr der Einkommensbesteuerung wird sein Vermögen die Millionengrenze übersteigen und er wird auch tatsächlich „Millionär“. 

Demgegenüber steht zu diesem Zeitpunkt eine Steuerleistung von 917.106,34 Millionen Euro. Nur 165.787,32 Euro beträgt die Differenz zwischen Vermögen und zuvor gezahlten Steuern.

Es gibt zwar deutliche Unterschiede in der Besteuerung, wie ein Vermögen angehäuft wird (z.B. sind Kapitaleinkünfte und Gewinnsteuern geringer besteuert als Arbeitseinkünfte) – aber im europäischen Vergleich immer noch überdurchschnittlich hoch.

COMMENT: Betreffend die Kapitalertragssteuer gilt, dass die Höhe dieser Endbesteuerung nicht durch Steuererleichterungen z.B. im Rahmen der Einkommenssteuererklärung oder im Zuge einer Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht werden können. Das erklärt zumindest zum Teil, warum der Steuersatz niedriger ist als der auf unselbständige oder selbständige Arbeit. Für diese Einkunftsarten sind Steuererleichterungen grundsätzlich möglich und senken, so sie vom Steuerpflichtigen geltend gemacht werden, den tatsächlichen Steuersatz.

Eine Entlastung unterer Steuerklassen könnte hingegen ermöglichen, dass sich eine geringer verdienende Person auch schneller ein Vermögen aufbauen kann. Das würde etwas an der Vermögensungleichheit ändern

Ein Blick auf das Steuerprinzip in der Schweiz: Dort beträgt dieSteuer- und Abgabenquote nur rund 30 Prozent. Der Vermögensaufbau wird also leichter gemacht. Dafür wird mit Vermögens- und Erbschaftssteuern dann später etwas mehr auf angehäuften Reichtum zugegriffen.

Erbschaftssteuer: Die versteckte Belastung beim Erben von Villen und Aktien

Besonders emotional wird die Debatte um eine Besteuerung für große Erbschaften geführt. Wer viele Millionen, eine Villa oder riesige Aktienpakete erbe, zahle nichts für die Gemeinschaft“, heißt es oft.

Wer aber eine Villa erbt, zahlt durchaus eine Erbschaftssteuer durch die Hintertür: nämlich die so genannte Grunderwerbssteuer. Diese fällt bei Erbe und Schenkung ebenfalls an und wurde 2008 als Ersatz für die damals abgeschaffte Erbschaftssteuer in Österreich eingeführt, nachdem der Verfassungsgerichtshof letztere 2007 als verfassungswidrig erklärt hatte, weil der Gleichheitsgrundsatz verletzt wurde.

Bei Verkauf von Immobilien fällt zusätzlich nochmal die Immobilienertragssteuer an. Zusammen sorgen Grunderwerbs- bzw. Immobilienertragssteuer für ein Aufkommen von rund 2,4 Milliarden Euro pro Jahr. 

Wer eine Immobilie im Wert von einer Million Euro erbt, zahlt also jedenfalls, je nach Bemessungsgrundlage, rund 25.000 bis 50.000 Euro Steuern. 

Auch das Erbe von Aktienpaketen ist besteuert. Nämlich dann, wenn es für die Erben zu einer Dividendenausschüttung oder Auszahlung des Aktienwerts kommt.

Erbschaftssteuer auf Immobilien in Österreich

Immobilienerbe ist also in Österreich jedenfalls versteuert, ganz egal ob man eine Villa für eine Million Euro oder eine Eigentumswohnung für 150.000 Euro erbt.

Eine Entlastung für den Mittelstand wäre es nur, wenn die Grunderwerbssteuer bis zu einer Grenze entfallen würde. Das könnte auch generell für eine Vergünstigung beim Wohnbau sorgen, denn Externalitätskosten beim Grundstückskauf schlagen sich mit bis zu 10 Prozent der Grundstückspreise nieder.

Das Momentum-Institut berechnete 2023, dass in den nächsten 30 Jahren rund 700 Milliarden Euro in Österreich steuerfrei vererbt werden. Da ein Großteil der Erbschaftsvermögen aus Immobilien bestehen, ist diese Aussage falsch, da darauf jedenfalls die Grunderwerbssteuer anfallen würde. 

Spricht man mit Notaren, die Erbschaften abwickeln, dann bekommt man durchaus ein anderes Bild zu den oft verbreiteten Statistiken. Bei über 50 Prozent der Erbschaften wird Grund- und Immobilienvermögen übertragen.

Je nach Region übersteigt der Gesamtwert nicht selten eine Million Euro, was vor allem auf die massiven Wertsteigerungen im Immobilienbereich der letzten Jahre zurückzuführen ist. Sehr häufig ist dies etwa bei landwirtschaftlichen Betrieben der Fall. Eine Erbschaftssteuer träfe demnach die Bäuerinnen und Bauern besonders hart. 

Aber auch Einfamilienhäuser im Großraum Wien, Graz oder Salzburg mit etwa 2.000 bis 3.000 Quadratmeter Garten haben inzwischen oft einen Wert von über einer Million Euro. Will man also vermeiden, dass eine Erbschaftssteuer den Mittelstand trifft, müssten die Freibeträge wesentlich höher angesetzt werden, etwa bei zwei bis drei Millionen Euro.

Debatte um Steuerverteilung: Eine Analyse mit Blick auf die Gesamtsystematik

Die Debatte um eine Neuverteilung der Steuerlast führt man am besten ohne klassenkämpferischen Populismus. Wichtig ist, dass die gesamte Steuersystematik betrachtet wird und nicht auf Einzelmaßnahmen abgezielt wird. 

Will man Vermögensaufbau der mittleren und unteren Einkommensklassen erleichtern, braucht es Steuersenkungen und keine weiteren Belastungen. 

Zudem sind Grenznutzenberechnungen durchaus sinnvoll. Wie viel kann mit einer Steuer eingenommen werden und wie viel kostet der Verwaltungsaufwand bzw. um wie viel würden Erträge aus anderen Steuern sinken? 

2017 hat das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter SPD-Ministerin Brigitte Zypries die volkswirtschaftlichen Effekte einer Vermögenssteuer errechnen lassen.

Bei einem Steuersatz von einem Prozent auf Vermögen ab einer Million Euro hätte man fast 20 Milliarden Euro eingenommen. Andererseits hätten sich die Einnahmen aus Lohnsteuer, Umsatzsteuer und Unternehmenssteuern um über 50 Milliarden Euro verringert, sodass der deutsche Staat insgesamt ein Minusgeschäft gemacht hätte. 

Nimmt man den Gini-Koeffizient als Maßstab, dann zeigt sich, dass es bei der Vermögensungleichheit kaum einen Unterschied macht, ob ein Land Erbschaften oder Vermögen besteuert, oder nicht. Es scheint also andere Wege zu brauchen, um sozioökonomische Gleichheit zu fördern.

Österreich ist jetzt offiziell das ungleichste Land der Euro-Zone – Kontrast, 8.8.2025

Nirgends in der Euro-Zone ist die Ungleichheit bei Vermögen so groß wie in Österreich. Das zeigt eine Analyse des Momentum Instituts. Die reichsten 5 Prozent der Bevölkerung besitzen hierzulande mehr als die Hälfte des gesamten Netto-Vermögens. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung besitzt dagegen nur 4 Prozent des gesamten Vermögens. Bisher war Österreich nach Lettland das zweit-ungleichste Land im Euro-Raum. Jetzt haben wir den bisherigen Spitzenreiter überholt. …

WIRTSCHAFTS-NACHRICHTEN für Österreich

ÖSTERREICHISCHES PARLAMENT

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MEDIZIN

Seltener Fall in den USA Camper infiziert sich mit der Pest in Kalifornien – Erreger ausgestorben in Europa: Keine Panik, selbst Lungenpest antibiotisch gut behandelbar – n-tv, 21.8.2025

Bei der Pest denken die meisten Menschen an dunkle, aber längst vergangene Zeiten. Doch die Seuche des Mittelalters gibt es immer noch – auch in den USA. Eine Person infiziert sich dort auf einem Campingausflug. Könnte das auch in Deutschland passieren?

Ein seltener, aber alarmierender Fall sorgt in Kalifornien für Aufsehen: Eine Person ist in der Region Lake Tahoe positiv auf die Pest getestet worden. Laut der Gesundheitsbehörden von El Dorado County hat sie sich wahrscheinlich beim Camping durch den Stich eines infizierten Flohs angesteckt. Der Patient werde zu Hause behandelt und erhole sich derzeit unter medizinischer Betreuung, heißt es weiter.

Zwar weckt die Pest Erinnerungen an die verheerenden Epidemien des Mittelalters. Die Gefahr, dass der Schwarze Tod zurückkehren könnte, besteht allerdings nicht – auch wenn die Krankheit global nie ganz verschwunden ist. Denn das Bakterium Yersinia pestis, das die Pest auslöst, ist bis heute in vielen Teilen der Welt heimisch – auch in den USA. Besonders im Westen des Landes kommt es immer wieder zu Einzelfällen. Laut der US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) werden jährlich im Schnitt etwa sieben Pestinfektionen bei Menschen gemeldet.

Vorsicht vor Flöhen

Eine Ansteckung erfolgt fast immer über den Umweg von wilden Nagetieren und deren Flöhen. Das Bakterium Yersinia pestis zirkuliert etwa in den Populationen von Präriehunden, Streifenhörnchen oder Ratten. Wird ein Mensch von einem infizierten Floh gestochen, kann das Bakterium übertragen werden. Auch Haustiere wie Katzen oder Hunde spielen eine Rolle, wenn sie befallene Nagetiere erbeuten und den Erreger so an den Menschen weitergeben.

Nach einer Infektion treten die ersten Beschwerden meist innerhalb von ein bis sieben Tagen auf. Typisch ist die sogenannte Beulenpest, bei der Betroffene plötzlich hohes Fieber, Schüttelfrost und starke Schwäche entwickeln. Hinzu kommen schmerzhafte, geschwollene Lymphknoten in der Leiste, den Achselhöhlen oder am Hals. Gelangen die Erreger in den Blutkreislauf, kann sich daraus eine lebensbedrohliche Blutvergiftung entwickeln, die mit Schock, inneren Blutungen und dunklen Hautverfärbungen einhergeht.

Besonders gefürchtet ist die Lungenpest, die entweder aus einer Beulenpest hervorgeht oder direkt über Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen wird: Sie verursacht schweren Husten, Brustschmerzen und blutigen Auswurf und kann unbehandelt innerhalb weniger Tage tödlich verlaufen. Zwar ist die Krankheit heute mit modernen Antibiotika gut behandelbar, doch bleibt eine schnelle Diagnose entscheidend.

COMMENT: auf rasche Diagnose und sodann raschen Einsatz eines Antibiotikums kommt es an, falls nicht, ist die Lungenpest potentiell epidemisch ein Problem.

Bakterium in Europa ausgestorben

Im Gegensatz zu den USA ist eine Pestinfektion in Deutschland praktisch ausgeschlossen, schreibt das Robert-Koch-Institut (RKI). Sowohl in Deutschland als auch in anderen Teilen Europas ist das Bakterium in Wildtierpopulationen ausgestorben. Auch das Risiko, dass Reisende den Erreger einschleppen könnten, schätzt das RKI aufgrund der kurzen Inkubationszeit als gering ein.

Die Pest tritt in kleinen Endemiegebieten in Afrika, Asien und Amerika auf. Besonders betroffen sind Madagaskar, die Demokratische Republik Kongo und Peru. Die USA sind das einzige Land außerhalb der Subtropen und Tropen, in dem die Pest vorkommt. Weltweit registriert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa 1000 bis 3000 Pestfälle pro Jahr, meistens in Form kleinerer, örtlich begrenzter Epidemien. In Europa gab es den letzten dokumentierten Pestausbruch im Zweiten Weltkrieg.

Quelle: ntv.de, hny

WISSENSCHAFT – FORSCHUNG

„Paper-Mills“: Wissenschaftsbetrug in großem Stil – ORF, 22.8.2025

Wissenschaft ist nicht nur hehre Suche nach Wahrheit, sondern auch weltweites Business. Dementsprechend gibt es dabei auch jede Menge Betrug – und zwar mehr als bisher gedacht, wie nun Fachleute berichten. Sie haben „Paper-Mills“ analysiert: internationale Netzwerke, die gegen Geld betrügerische Studien verbreiten.

Historisch betrachtet sind Papiermühlen eigentlich eine anständige Sache. Ab dem 14. Jahrhundert stellten sie in Europa Papier her, nach der Erfindung des Buchdrucks konnten sich so fortschrittliche und nicht zuletzt wissenschaftliche Ideen schneller verbreiten.

„Paper mill“ auf Englisch hat aber zumindest eine Doppelbedeutung. Zum einen verweist der Begriff auf die Produktion von Papier in großem Maßstab. Zum anderen bedeutet „paper“ in der Wissenschaft vor allem „Studie“. „Paper-Mills“ könnte man deshalb auch mit „Studienfabriken“ übersetzen. Die Definition, die ein Team um den Biologen Reese Richardson von der Northwestern University in den USA vor Kurzem in einer Studie verwendete, lautet: „Unternehmen, die Wissenschaftsbetrug in großem Stil begehen, indem sie massenhaft minderwertige und fabrizierte Forschungsartikel verkaufen.“

20.000 Dollar für einen Artikel

„Wir haben entdeckt, dass diese Organisationen im industriellen Maßstab gefälschte Arbeiten herstellen und es Wissenschaftlern erlauben, sich als Autoren einzukaufen“, erzählt Thomas Stöger, Studienmitautor und ebenfalls Biologe an der Northwestern University, gegenüber science.ORF.at.

„Diese Arbeiten werden publiziert und oft in der wissenschaftlichen Literatur aufgelistet“, so der gebürtige Vorarlberger. Die Kosten für eine Fake-Autorenschaft hängen vom Impact-Faktor der jeweiligen Zeitschrift ab – also vom Renommee, das sie innerhalb der Fachgemeinde genießt. „Das geht von ein paar hundert Dollar für Zeitschriften mit niedrigem Impact-Factor bis zu 20.000 Dollar und mehr für angesehenere Zeitschriften“, erklärt Stöger.

Beispiel „PLOS ONE“

Um den Wissenschaftsbetrug zu analysieren, hat das Team um Stöger eine Reihe von Methoden angewendet. Eine besteht darin, konkrete Wissenschaftsjournale zu untersuchen. Die Wahl fiel dabei u. a. auf „PLOS ONE“, und zwar aus einem einfachen Grund: Das naturwissenschaftliche und medizinische Journal war 2006 eines der ersten, das Open Access, also frei zugänglich für alle, publizierte. Entsprechend transparent waren und sind auch die Informationen zu den wissenschaftlichen Redakteuren und Redakteurinnen, die für das Akzeptieren und damit die Veröffentlichung von Artikeln verantwortlich sind.

Knapp 280.000 Artikel hat „PLOS ONE“ seit 2006 veröffentlicht, über 18.000 Editoren und Editorinnen waren daran beteiligt. Eine genaue Netzwerkanalyse zeigte, dass das Verhalten von nur 45 von ihnen sehr auffällig war: Sie winkten nicht nur 1,3 Prozent aller Artikel durch, mussten also wahrhaft im Akkord arbeiten, sondern waren auch für über 30 Prozent aller fehlerhaften Artikel zuständig, die später zurückgezogen werden müssten. Eine solche „retraction“ ist quasi das größte öffentliche Schuldeingeständnis der akademischen Welt – Artikel werden zurückgezogen, weil sie etwa gefälschte Daten verwendeten, plagiierten oder ihre Ergebnisse nicht wiederholbar waren.

Betrugsnetzwerk wurde entfernt

„Die 45 ‚PLOS ONE‘-Editoren bildeten ein richtiges Netzwerk, das gehäuft verdächtige Arbeiten von den Studienfabriken angenommen hat“, sagt Thomas Stöger. „Es war nicht so, dass ein Editor dem anderen half und dieser dem anderen reziprok zurückhalf. Sondern das sind richtige Netzwerke, wo einer dem anderen half, dieser einem dritten usw.“

Das bei „PLOS ONE“ entdeckte Phänomen hat Stöger mit seinem Team auch bei anderen Zeitschriften gefunden. Die verantwortlichen 45 Editoren seien mittlerweile entfernt, heißt es vonseiten der Zeitschrift. Schon seit einigen Jahren habe man verstärkt Maßnahmen ergriffen, um Artikel aus der Nähe der „Studienfabriken“ gründlich zu überprüfen.

Mehrfache Verwendung gestohlener Bilder

Eine andere Methode, um ihnen auf die Schliche zu kommen, besteht in der Analyse von Bildern und Grafiken in Studien. „Die Papiermühlen verwenden etwa Bilder von anderen, seriösen Veröffentlichungen und fügen sie in neue Manuskripte mit teilweise erfundenen Texten ein“, erzählt Stöger.

„Oder sie tauschen nur ein Element von einer bestehenden Arbeit aus und machen daraus ganz viele Veröffentlichungen, die oberflächlich wie das Ergebnis von richtiger Wissenschaft aussehen, aber tatsächlich sehr wenig Substanz haben.“ So kann es dazu kommen, dass ein und dasselbe Bild in Dutzenden Fake-Artikeln auftaucht.

PubPeer.com Beispiel für die Verwendung gleicher Bilder in zwei verschiedenen Studien – für zwei unterschiedliche Proteine. Die Website PubPeer.com sammelt und dokumentiert Beispiele wie diese.

„Organisationen, die alles bieten“

Die „Papiermühlen“ sind keine Organisationen mit einer fixen Adresse – auch wenn ihr Zentrum im asiatischen Raum liegen dürfte -, sondern dezentrale Netzwerke, in denen verschiedene Parteien zusammenarbeiten. Eine Partei stellt die Artikel im industriellen Maßstab her – „das ist recht leicht, da sie nicht unbedingt an die Wirklichkeit gebunden ist und Sachen erfinden kann“, so Stöger. Dann gibt es die Kunden, die sich eine Autorenschaft erkaufen – in der Regel sind es jüngere Forscherinnen und Forscher, die noch am Beginn ihrer Karriere stehen und dem akademischen Dogma Publish or perish ein wenig auf die Sprünge helfen wollen.

Eine dritte Partei befindet sich in den Verlagen. Dabei handelt es sich ebenfalls um tendenziell jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die – siehe „PLOS ONE“ – Artikel zur Veröffentlichung durchwinken. Oft wird dabei der Peer-Review-Prozess – der die wissenschaftliche Qualität sichert, indem die Fachgemeinde dieselbe überprüft – vorgetäuscht oder umgangen. Und dann gibt es noch die Makler, die diese Parteien verbinden, etwa über einschlägige Social-Media-Gruppen oder direkt per E-Mail. „Papiermühlen sind Organisationen, die oberflächlich betrachtet alles anbieten, was ein Wissenschaftler gerne hätte – bis hin zu Auszeichnungen oder Teilnahme bei Konferenzen“, sagt Stöger.

Mindestens 50.000 Artikel pro Jahr aus Studienfabriken

Wie weit verbreitet diese Praxis ist, ist schwer zu sagen. „Jedes Jahr erschienen weltweit rund fünf Millionen wissenschaftliche Artikel“, sagt Stöger. „Wir schätzen, dass ein Prozent davon, also rund 50.000, aus Studienfabriken stammen.“ Diese Schätzung sei konservativ, die Zahl könnte auch viel höher liegen. Bei einer Umfrage unter chinesischen Assistenzärzten und -ärztinnen aus dem Jahr 2023 gaben 46 Prozent der Befragten an, schon einmal wissenschaftliche Artikel gekauft oder für andere geschrieben zu haben. Der große Wissenschaftsverlag Wiley berichtete im Vorjahr, dass eine von sieben Einreichungen in eines ihrer Journale aus den Studienfabriken stammen.

Auch renommierte Zeitschriften betroffen

Generell, so betont Thomas Stöger, steigt das Tempo der Fake-Veröffentlichungen schneller als jenes von seriösen Studien. Während sich die Anzahl der letzteren alle 15 Jahre verdoppelt, liegt diese Rate bei den Paper-Mill-Studien bei 1,5 Jahren. Betroffen sind jedenfalls nicht nur Open-Access-Zeitschriften oder Journale, die im Globalen Süden den Verlagen in den großen Wissenschaftsnationen ein wenig Konkurrenz machen wollen. (Deren private Profite wiederum im Wesentlichen auf öffentlichen Subventionen beruhen – eine Art „Lizenz zum Gelddrucken“.)

Der Arm der Studienfabriken reiche weit auch bis in die fünf großen Wissenschaftsverlage der Welt, die mehr als die Hälfte aller Studien publizieren – darunter jene in den prestigereichen Zeitschriften mit hohem Impact-Faktor. „In der aktuellen Arbeit haben wir Journale mit höheren Impact-Faktoren ausgeklammert“, sagt Stöger. „Aber es gibt immer wieder Beobachtungen, dass die Papiermühlen auch sie erreichen.“ Diesen Journalen mit größerem Renommee will er sich mit seinem Team in Zukunft widmen.

Lösungsansätze: Technische und systemische

Bleibt die Frage, was man gegen den Wissenschaftsbetrug in industriellem Maßstab machen kann. Zum einen fallen Thomas Stöger da technische Dinge ein – etwa der bessere Informationsaustausch zwischen Verlagen und die Bereitstellung von auf KI basierenden Werkzeugen, die es Forscherinnen und Forschern ermöglichen, selbst zu beurteilen, wie glaubwürdig eine Studie ist oder ob sie vielleicht von einer „Papiermühle“ stammt.

Zum anderen sind Lösungsansätze aber nicht nur beim Fehlverhalten Einzelner zu suchen, sondern „im System“. Der Wissenschaftsbetrieb ist international enorm auf Wettbewerb eingestellt. Und wenn Qualität dabei vor allem über den Output, in erster Linie über Publikationen, gemessen wird, wundert es wenig, dass sich dabei Strukturen wie jene der Studienfabriken bilden. Der Wissenschaftsforscher Gerhard Fröhlich hat schon vor einigen Jahren beim verwandten Phänomen der Raubverlage ein paar konkrete Ratschläge gegeben: Geschwindigkeit aus dem System nehmen, weniger Publikationen, weniger Orientierung an Impact-Faktoren und weniger Pseudowettbewerb.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

Dieser Beitrag begleitet die Sendung Ö1-Mittagsjournal, 22. August 2025.

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1936–2025: Heinrich Neisser ist tot – ORF, 22.8.2025

Der frühere Zweite Nationalratspräsident Heinrich Neisser (ÖVP) ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Das teilte das Nationalratspräsidium am Freitag mit. Neisser war in seiner politischen Laufbahn zudem Minister, Staatssekretär, Klubobmann und Nationalratsabgeordneter.

Neisser wurde 1936 in Wien geboren, war mehr als 21 Jahre lang Nationalratsabgeordneter, bekleidete aber auch die Ämter des ÖVP-Klubobmanns, Staatssekretärs und Ministers. Der promovierte Jurist war von 1969 bis 1970 Staatssekretär im Bundeskanzleramt sowie von 1987 bis 1989 Minister für Föderalismus und Verwaltungsreform in der zweiten Bundesregierung von Kanzler Franz Vranitzky (SPÖ)

Fünf Jahre als Zweiter Nationalratspräsident

Nach seiner Zeit als Minister wurde Neisser Klubobmann der ÖVP. 1994 wurde er zum Zweiten Nationalratspräsidenten gewählt, das Amt übte er bis 1999 aus. Nach seiner Zeit in der Politik hatte er eine Professur für Europäische Integration am Institut für Politikwissenschaften an der Universität Innsbruck inne.

Er schrieb zahlreiche Bücher, die sich vor allem den Themenbereichen Verfassungsrecht und Europapolitik widmen. Fast bis zuletzt engagierte er sich politisch – erst im Vorjahr beendete seine Initiative Mehrheitswahlrecht und Demokratiereform ihre Tätigkeit.

Van der Bellen: Überzeugender Kämpfer für Demokratie

Die Präsidentin der ÖVP-Senioren, Ingrid Korosec, würdigte den Verstorbenen als engagierten Politiker und brillanten Juristen, der stets für einen lebendigen Parlamentarismus gekämpft habe: „Ich habe einen lieben Freund verloren.“ Auch der ÖVP-EU-Abgeordnete Lukas Mandl sprach von Neisser als einem Politiker, „der sich ehrlich für das Gemeinwohl eingesetzt hat. Das ‚Wir‘ kam vor dem ‚Ich‘“, schrieb er auf Instagram.

Beileidsbekundungen kamen am Freitag aber nicht nur aus der ÖVP. Österreich verliere mit Neisser einen „überzeugenden Kämpfer für die liberale Demokratie“, teilte Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf der Plattform X mit. Für NEOS-Chefin und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger war Neisser „ein großer Europäer“ sowie ein für sie „sehr prägender Politiker“. Die Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz (FPÖ), Peter Haubner (ÖVP) und Doris Bures (SPÖ) bekundeten ihre Anteilnahme.

red, wien.ORF.at/Agenturen

1936–2025: Heinrich Neisser ist verstorben – Rat der Kärntner Slowenen würdigte Neisser – ORF, 22.8.2025

Der frühere Zweite Nationalratspräsident Heinrich Neisser (ÖVP) ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Das teilte das Nationalratspräsidium am Freitag mit. Neisser war in seiner politischen Laufbahn zudem Minister, Staatssekretär, und Klubobmann. 2018 wurde er von NSKS und KKZ mit dem Einspieler-Preis ausgezeichnet.

Neisser wurde 1936 in Wien geboren, war mehr als 21 Jahre lang Nationalratsabgeordneter, bekleidete aber auch die Ämter des ÖVP-Klubobmanns, Staatssekretärs und Ministers. Der promovierte Jurist war von 1969 bis 1970 Staatssekretär im Bundeskanzleramt sowie von 1987 bis 1989 Minister für Föderalismus und Verwaltungsreform in der zweiten Bundesregierung von Kanzler Franz Vranitzky (SPÖ). Nach seiner Zeit als Minister wurde Neisser Klubobmann der ÖVP. 1994 wurde er zum Zweiten Nationalratspräsidenten gewählt, das Amt übte er bis 1999 aus.

Nach seiner Zeit in der Politik hatte er eine Professur für Europäische Integration am Institut für Politikwissenschaften an der Universität Innsbruck inne. Er schrieb zahlreiche Bücher, die sich vor allem den Themenbereichen Verfassungsrecht und Europapolitik widmen.

2018 wurde er vom Rat der Kärntner Slowenen/ Narodni svet koroških Slovencev (NSKS) und vom Christlichen Kulturverband/ Krščanska kulturna zveza (KKZ) als „Dank für seinen langjährigen Einsatz für die Anliegen der Kärntner Slowenen“ mit dem Einspieler-Preis ausgezeichnet.

– Meldung in slowenischer Sprache
– Mehr in wien.ORF.at

UNTERNEHMEN

GESELLSCHAFTSSEISMOGRAPH BÖRSEN

*** nicht aktualisiert ***

AKTIENEMPFEHLUNGEN – BUY & SELL

Aktuell (—): 
Aktien um 10 Euro je Stück sind FETT hervorgehoben.

Die erwarteten stolzen Kursgewinne sind dem Übermut der tollen Analystenzunft zu verdanken! Hirn selbst einschalten und kritisch bewerten. MERKE: Klappern gehört zum Geschäft. Es geht letztlich nicht so sehr um die Beratung der Anleger, sondern um die spekulativ selbst gehaltenen Aktien der Häuser (Banken, Fonds, Anlagegesellschaften etc.), für die die Analysten tätig sind: wenn viele kaufen, steigen die Kurse, und 5% Plus sind zwar weniger als 15% oder 35%, aber besser als 5% Minus. Zudem lassen sich schnell noch eigentlich „schlechte“ Aktien im Portfolio des Hauses (Banken, Fonds, Anlagegesellschaft etc.) verkaufen, für die der Analyst tätig ist, sofern die werten privaten Anleger den Kaufempfehlungen folgen. So schaut’s aus im Schneckenhaus! Nochmals: Hirn selbst einschalten. Die Finanzbranche lebt vom Trübe-Machen des Wassers!

NICHT ZULETZT: Verkaufsempfehlungen werden ungern gegeben, da sie auf das Portfolio der Häuser (Banken, Fonds, Anlagegesellschaft etc.) rückschließen lassen, zu denen die Analysten gehören. Verkaufsempfehlungen werden aus zwei Gründen gegeben: a) es ist tatsächlich Feuer am Dach des analysierten Unternehmens, b) das Haus möchte die Aktien des zum Verkauf empfohlenen Unternehmens billiger zurückkaufen, sofern den Verkaufsempfehlungen gefolgt wird. Letztlich agieren an der Börse die Optimisten, und die wollen positive Nachrichten hören, also werden sie von den Häusern und ihren Analysten entsprechend bedient.

UND ZU ALLERLETZT: die Analysten bespiegeln sich untereinander: wer hat was empfohlen oder nicht empfohlen, es kommt zu herdenpsychologischen Erscheinungen derart: der Leithammel hat empfohlen, also machen wir das auch. Die jeweiligen Analysen werden entsprechend (um)formuliert. Das zweite Moment: die Konkurrenz, die u.U. zu skurrilen Interpretationen des analysierten Unternehmens führt.

FAZIT: was die Analystenzunft von sich gibt, kann aufschlussreich sein, muss es aber nicht, vermittelt einen zusätzlichen Eindruck zu einzelnen Aktiengesellschaften. Wichtig ist der Blick auf zweierlei: a) entscheidend: auf die volkswirtschaftliche Situation des Landes, der Welt; b) sekundär (!) auf das Unternehmen und seine Branche: Charakter des Managements, klare, gut durchschaubare Produktpalette, Langlebigkeit des Unternehmens und seine Stetigkeit im Gebaren.

Renten- und Aktienmärkte

Man halte sich vor Augen: Aktienmärkte sind die Pfützen in der Welt der Veranlagungsmöglichkeiten. Anleihenmärkte (Rentenmärkte, Kapitalmärkte) sind die großen Ozeane ebendort. Daher sind Aktienmärkte volatil und reagieren auf den leisesten Windhauch mit u.U. kräftigen Ausschlägen. Die Seelen der Anleger sind sehr verletzlich: Angst und Gier bestimmen hier jegliches Handeln, die vernünftige Veranlagungsentscheidung steht an zweiter Stelle. Das verursacht in den kleinen Geldpfützen der Aktienmärkte hohe Wellen. Aber dort stehen nach erster Erschütterung später die rationalen Kaufs- und Verkaufsentscheidungen felsenfest – bis zur nächsten Seelenerschütterung.

Anleiheanleger sind cooler und gezügelter im Gemüt. Hier geht es eher um Langfristperspektiven. Alles dreht sich um den Zins und wie er sich weiterentwickelt. Wer an der Zinsschraube dreht, dreht am Schicksal ganzer Volkswirtschaften. Da ist das aufgeregte Gegackere an den Aktienmärkten geradezu uninteressant.

Aber kommen Anleihemärkte einmal ins Rutschen – nach oben oder nach unten – dann ist Feuer am Dach. Schon 0,5 oder gar 1 Prozent Veränderung in einem Anleihenindex sind eine „Weltbewegung“ im Milliarden- oder Billionengeldmeere der Anleiheozeane.

Dazu kommt: Die Anleiherenditen konkurrenzieren mit den Aktienrenditen. Eine hohe Anleiherendite jenseits der 3 Prozent wirkt umso „giftiger“ auf die Aktienkursentwicklungen, je höher sie ist. Liegt sie unter 3 Prozent, begünstigt sie die Aktienkäufe, Je deutlicher sie unter 3 Prozent liegt, umso eher. Das ist die Regel. Die Ausnahme – so, wie wir sie gerade sehen – bestätigt diese Regel. Früher oder später wird sie ihre dominante Stellung als Regel wieder einnehmen.

Diese Verhältnisse sind es, die im Tagesblick in der Regel die Berichte zu den Anleihemärkten wiedergeben lassen, dass aufgeregte Geflattere und Gegackere an den Aktienmärkten im Detail interessiert in der Regel nicht die Bohne.

Zur Renditebestimmung bei Anleihen: notiert die Anleihe zu 100 Prozent, dann stimmen Anleihezinssatz (der Couponzins) und Anleiherendite überein. Sinkt der Anleihekurs unter 100 Prozent, steigt die Rendite, umgekehrt gilt: steigt der Anleihekurs, so sinkt die Rendite. So einfach ist das. Und so weltbewegend in der Tat.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Allgemeine Empfehlungen: Es geht vornehmlich um die Zukunft der Energiegewinnung und die Energielieferanten. Renner bleiben Telekommunikations-Unternehmen, deren Dienstleistungen in einer digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft unabkömmlich sind. Unter den Logistik-Aktien sind in der Regel die Post-Aktien interessant. Diese Branchen sind weniger konjunkturabhängig als z.B. Konsumaktien, darunter die Post-Aktien noch am ehesten.

Hinzu kommt, dass die klassischen erdölverarbeitenden Energielieferanten (Up- und Downstream) mehr oder weniger energisch in großem Stil auf Alternativenergien umstellen. Es bleibt ihnen angesichts des Klimawandels, der öffentlichen Meinung und der in absehbarer Zeit erschöpften Welt-Erdölreserven auch nichts anderes übrig. Über das Kapital für den weltlebensnotwendigen Umbau verfügen sie dank ihrer Aktionäre. Es geht aus Sicht der Unternehmen um zukunftsträchtige Geschäftsmodelle in einer überschaubaren Branche – Energie – und aus Sicht der Aktionäre um steigende Unternehmenswerte / Aktienkurse als Inflationsschutz und sichere, möglichst stabil wachsende Dividenden, ebenfalls hinsichtlich des Inflationsschutzes.

Anti-Nachhaltigkeits-Bewegung in den USA als 180-Grad-Wendung in der Veranlagungsgebarung

Der aktuelle politische Druck in den USA zwingt eine Reihe großer Vermögensverwalter, darunter die weltgrößten wie Blackwater und Vanguard (verwaltetes Vermögen: 20 Billionen US-Dollar), nachhaltige Unternehmen potentiellen Anlegern nicht mehr zu empfehlen. Sie selbst verkaufen solche Unternehmen aus ihren Portfolios. Es gibt sogar seitens republikanisch regierter Bundesstaaten wie insbesondere Texas Kaufverbote für staatliche Pensions- u.a. Fonds.

Ausgestiegen sind bereits US-amerikanische Großbanken wie JP Morgan, Goldman Sachs, Wells Fargo, Bank of America, Citigroup (verwaltetes Vermögen: 9 Billionen). Ähnliches betrifft die Kreditvergabe. Offen bleibt, wie private und Unternehmensanleger (nicht-staatliche Fonds) künftig disponieren werden.

Unter den angebotenen Finanzanlagen kursieren seit geraumer Zeit besondere Nachhaltigkeitsprodukte in Form sog. ESG-Fonds (mehr dazu hier), die hohe Renditen versprachen und daher recht starken Zulauf hatten; die Renditen wurde seit Erhöhung der Kreditzinsen gebremst, da dadurch kreditfinanzierte Nachhaltigkeitsprojekte (Windparks, Solaranlagen etc.) weniger rentabel wurden.

In der Europäischen Union will man sich weiter an entsprechende Nachhaltigkeitsauflagen festhalten. Bislang wurden in europäische ESG-Fonds 9 Billionen Euro investiert, was 61 Prozent des gesamten Fondmarktvolumens entspricht. Der Zufluss hat sich 2024 allerdings um die Hälfte auf 37 Milliarden Euro reduziert. Zudem wurden mehr ESG-Fonds geschlossen als eröffnet. Nicht nur die hohen Zinsen, die die ESG-Fonds-Renditen beeinträchtigten, führten dazu, sondern auch „grüne Schönfärberei“: es stellte sich da und dort heraus, dass die versprochene Nachhaltigkeit mehr auf dem Papier als in der Wirklichkeit bestand. (Quelle: Wirtschaft vor Acht, ARD, 10.1.2025 (KURZVIDEO, bis 17.1.2025 verfügbar))

FAZIT: Es bleibt abzuwarten, was das für den Klimaschutz in den USA und weltweit künftig bedeutet. Für Österreich stellt sich die Frage, wie eine künftige Regierung sich in Sachen Klimaschutz verhalten wird.

Aktienkauf – der Erwerb einer Unternehmensbeteiligung – bedeutet Übernahme eines Risikos in Hinblick auf das künftige Unternehmensschicksal. Die Dividende stellt eine Risikoprämie dar.

Aktienanalytischer Blick auf Aktien im Euroraum und speziell Österreich (Stand: 24.2.2025):

ACHTUNG – STEUERVERÄNDERUNGEN ANTE PORTAS:
Ins Gerede kommen in absehbarer Zeit auf EU-Ebene und auf Österreich-Ebene vermutlich Aktienbesteuerung (Verkaufsgewinne, Dividenden) ebenso wie Vermögens- und Erbschaftssteuer. Diese Steuern sind in Veranlagungsüberlegungen mit einzubeziehen.

Im Folgenden sind Aktien um 10 Euro je Stück und darunter FETT hervorgehoben.
Neu aufgenommene Aktien werden mit ### gekennzeichnet.

Beobachtenswert ist der Umweltschutz- und Wasserwirtschaftswert Veolia

Ein Kaufsignal liefern weiterhin ENI, UNICREDIT und TOTAL ENERGIES, im Vergleich zum 3.2.2025 stabile Bewertung mit jeweils fünf Sternen bewertet.

Ein Kaufsignal liefern ENEL, PORR, SHELL, VERBUND, ### VIENNA INSURANCE GROUP mit jeweils vier Sternen bewertet.
Im Vergleich zum 3.2.2025 erweiterte stabile Bewertung mit jeweils vier Sternen bewertet.

Ein niedriges KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) zeichnet aus:
RWE, TOTAL ENERGIES, ### UNICREDIT SPA, PORR, OMV, ### UNIQA, EVN, ENEL, TELECOM AUSTRIA, ### STRABAG, WIENERBERGER, SHELL, PALFINGER.

Aufsteigende Reihenfolge: die erste Aktie RWE ist die mit dem niedrigsten KGV = 4,8, PALFINGER die mit dem höchsten KGV = 9,3.
Im Vergleich zum 3.2.2025 erweiterte stabile Bewertung.

Ein niedriges dynamisches KGV (PEG, Price-Earning-to-Growth) weisen u.a. auf:

ENI, UNICREDIT, ### KONTRON AG, OMV, SHELL, PORR, WIENERBERGER, PALFINGER,

Nicht mehr dazu gehören: VIENNA INSURANCE GROUP, TELECOM AUSTRIA.
Aufsteigende Reihenfolge: die erste Aktien ENI = 0,5 ist die mit dem niedrigsten, PALFINGER die mit dem höchsten PEG = 1,4.
Im Vergleich zum 3.2. 2025 ist die Auswahl verändert, einzelne Aktien kamen dazu, andere fehlen nun!

Als Aktien mit langfristigem Kurspotential werden u.a. gesehen:
TOTAL ENERGIES, ENI, VERBUND, E.ON.SE, EVN, RWE.

Aufsteigende Reihenfolge: am Anfang der Reihe steht jene mit der größten Langfristchance.
Im Vergleich zum 3.2.2025 bleibt die Auswahl stabil, die Reihenfolge hat sich geändert.

Als Aktien mit hoher Sicherheit werden u.a. bewertet VIENNA INSURANCE GROUP, VERBUND; die Bewertungen bleiben unverändert zum 3.2.2025.
Aufsteigende Reihenfolge: am Anfang der Reihe steht jene Aktie mit der größten Sicherheit.

Aktien mit hoher Dividendenrendite sind:
OMV, ORANGE, TELEFONICA, ENI, UNIQA, ENEL.


Aktien mit der größten Dividendenrendite stehen am Anfang der Reihe: OMV 12,6%, am Ende die mit der niedrigsten: Enel 6,7%, jeweils vor Steuer.
Im Vergleich zum 3.2.2025 bleibt die Auswahl gleich, die Reihenfolge hat sich geändert.

KAUFKRITERIEN neben den aktienanalytischen Kennzeichnungen sind der Reihe nach: WER? – Qualität und Charakter (Psychologie!) des Managements, Häufigkeit des Managementwechsels, Unternehmenskultur; WAS? – Produkteinfachheit: „einfach gestrickte“, leicht zu durchschauende/transparente Produkte oder Dienstleistungen, eher kleine Produktpalette bzw. enger umschriebenes Dienstleistungsangebot, Konstanz der Nachfrage; WIE? – Sicherheit, Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlichen Wechselfällen, finanzielle Stabilität des Unternehmens, Konkurrenzsituation; WO? – geographische und „politische“ Lage möglichst fern von Krisengebieten inkl. solchen mit politischer Unruhe oder in Ländern mit totalitären Systemen oder deutlich defekten Demokratien (illiberale Demokratien); WANN? – Lebensdauer bzw. Überlebensdauer (Weltkriege etc.) des Unternehmens bisher, Stetigkeit der Dividendenzahlungen.

FAZIT: vor dem Kauf einer Unternehmensbeteiligung sich zur Aktiengesellschaft schlau machen: WER, WAS, WIE, WO, WANN.

ZWEI DINGE sind zusätzlich zu beachten:

# Langfristanlage durch Erwerb von Defensiv-Aktien (u.a. Energie, Telekom),

# Verbleib in einem Währungsraum, das ist der Euroraum. Daher werden die allseits seit Jahren gehypten US-Aktien hier mit Absicht außen vor gelassen, um das Währungsrisiko klein zu halten. Gleiches gilt für den Erwerb von Schweizer Aktien, wie die Vergangenheit mit Blick auf das sehr wechselhafte Wechselkursverhältnis Schweizer Franken / Euro gezeigt hat. 

Die Europäischen Union als Veranlagungsrisiko?

Das Staatssystem der Europäischen Union kommt einer defekten Demokratie gleich und erstreckt sich in den Währungsraum (Euroland), in dem gehandelt wird. Man spricht auch von einem Demokratie-Defizit der Europäischen Union. Risiken dieser defekten Demokratie, um einige zu nennen, sind: Regelungen „von oben herab“ auf nicht sehr transparente Weise und Steuervorgaben, die sich durch Negieren realer Alltagserfordernisse auszeichnen, Überwachungsbestrebungen, hoher Bürokratieaufwand für Unternehmen und Bürger. All dies markiert Abgehobenheit und Bürgerferne der EU-Politik.

Kennzeichnend für das Gebaren (Governance) der EU ist ein Ineinandergreifen von EU-Exekutive (Kommission mit ihren Kommissariaten) und einem nicht gut überschaubaren Geflecht zahlreicher, der EU nahestehenden und von ihr geförderten Institutionen, Organisationen und Einrichtungen, die auf vielen Ebenen EU-Kommissionsvorgaben umsetzen helfen. Sie helfen insbesondere dabei, die von EU-Rat- und EU-Kommission angedachten, aber für Bürger und Unternehmen noch nicht „akzeptablen“ Vorgaben „schmackhaft“ zu machen, um so zu einer ausreichend hohen Akzeptanz in der Bevölkerung zu führen, die eine politische Umsetzung ermöglicht.

Junker sagte 1999 dazu sehr verkürzt und sinngemäß: was wir heute als EU nicht durchsetzen, das werden wir dann schon später durchsetzen. Dem Lobbyismus Richtung EU-Exekutive (insbesondere seitens der Unternehmen) steht ein „Lobbyismus“ seitens der EU in Richtung auf die Einrichtungen der Mitgliedsländer sowie auf die Unternehmen und die Bevölkerung gegenüber, dessen Räderwerk für den Normalbürger praktisch nicht durchschaubar ist. Inwieweit kommt dies einem autokratischen Verhalten von der Maschek-Seite gleich?

Hauptziel der EU-Bestrebungen ist die Etablierung der Vereinigten Staaten von Europa, die den derzeit bestehenden Verbund der Mitgliedsstaaten ersetzen soll. Das deutet auch der Wechsel der Namensgebungen im Zeitverlauf an:

# Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, umgangssprachlich auch Montanunion, 1951)

# Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, 1957 inklusive EURATOM)

# Europäische Gemeinschaften (EG, 1965 ff., Fusion von EWG, EURATOM und einzelnen EG-Organen, Fusions- und Folgeverträge)

# Europäische Gemeinschaft (EG, seit 1993 ff., Maastricht- und Folgeverträge)

# Europäische Union (EU, 2007, Lissabon- und Folgeverträge)

1948
1948
Brüsseler
Pakt
1951
1952
Paris
1954
1955
Pariser
Verträge
1957
1958
Rom
1965
1967
Fusions-
vertrag
1986
1987
Einheitliche
Europäische Akte
1992
1993
Maastricht
1997
1999
Amsterdam
2001
2003
Nizza
2007
2009
Lissabon
Europäische GemeinschaftenDrei Säulen der Europäischen Union
Europäische Atomgemeinschaft (Euratom)
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)Vertrag 2002 ausgelaufenEuropäische Union (EU)
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)Europäische Gemeinschaft (EG)
Justiz und Inneres (JI)
Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS)
Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ)Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
Westunion (WU)Westeuropäische Union (WEU)
aufgelöst zum 1. Juli 2011

Problematisch bleibt dabei: je größer die Zentralisation von Staatsmacht, umso größer die Machtfülle, die mit „eiserner Harke“ über berechtigte (!) Einzelinteressen der Mitgliedsstaaten und damit der Bürger drüberfährt. Das Prinzip der Subsidiarität bleibt dabei auf der Strecke, so wie dieses Prinzip z.B. Österreich 1994 anlässlich der Vorabstimmungskampagnen versprochen wurde. Wurde das Versprechen eingelöst?

Beispiele der Machtfülle durch Zentralisierung liefern alle großen Staaten, u.a. Russland und China, die geradezu Musterbeispiele dafür darstellen.

Ein Problem des Staates an sich ist das Machtmonopol, das bei ihm liegt und liegen muss, will er Gesellschaft – das Staatsvolk – und die Abläufe darin mit Erfolg, also: durchsetzungskräftig organisieren. Das Problem ergibt sich aus dem Spannungsfeld zwischen unbeschränkter Freiheit des Individuums (Libertarismus) und unbeschränkter Freiheit des Staates (Totalitarismus).

Wie dieses Machtmonopol ausgestaltet wird, unterliegt in Demokratien dem Willen des Wahlvolkes, in nicht-demokratischen Staaten dem Willen des autoritären, totalitären oder autokratischen Machthabers. In defekten Demokratien ist die Mitbestimmung des Volkes eingeschränkt. Defekte Demokratien existieren in einer Grauzone, deren Konstituenten und ihre gegenseitige Einflussnahme nicht leicht zu bestimmen sind. Somit ist auch der Defektheitsgrad einer defekten Demokratie nicht leicht zu bestimmen und unterliegt, je nach politischer resp. ideologischer Perspektive, unterschiedlichen Wertungen.

Die idealtypische Dreiteilung der Regierungsformen existiert in der Wirklichkeit nicht: keine Demokratie der Welt entspricht der idealen Form, weist also im Ansatz Eigenschaften einer defekten Demokratie auf, kein totalitärer Staat schränkt die individuellen Freiheiten vollständig ein, es verbleibt den Bürgern dort ein mehr oder weniger großer Freiheitsraum.

Hinsichtlich des staatlichen Machtmonopols, das zudem bei anwachsender  Zentralisation der Staatsgewalt zur Zunahme neigt, ergibt sich die Erkenntnis: so wenig Staat wie möglich, so viel Staat wie nötig als einer Einrichtung, die mit einem mit Rechtsgewalt in das Leben seiner Bürger eingreifenden Machtmonopol versehen ist, das für das „Funktionieren“ einer Gesellschaft unaufgebbar ist.

Die dafür notwendigen rechtlichen Verregelungen des Alltagslebens durch Allgemeines Gesetzbuch, Strafgesetzbuch, Angestelltengesetz etc.etc. sind zahllos und gelten bei ausnahmslos jeder Handlung, werden aber – ebenso regelhaft – dem Bürger erst dann bewusst, wenn es zu schwerwiegenden Regelverstößen oder Regelbruch-Sanktionierungen kommt. 

Rechtliche Verregelungen sind Ausdruck der jeweiligen Ausprägungen eines Rechtsstaates; dieser wird in einer idealen Demokratie nicht durch Willküreinwirkungen korrumpiert: das ist ein wesentliches Kennzeichen demokratischer Rechtsstaatlichkeit. Auf Rechtsstaatlichkeit pflegen sich auch autoritäre, totalitäre oder autokratische, kurz: diktatorische Systeme zu berufen, doch wird der Rechtsstaat dort durch Willküreingriffe korrumpiert: Rechtsbiegung als Kennzeichen von Autokratien etc. In einer defekten Demokratie wird die Rechtsstaatlichkeit (leicht) eingeschränkt, womit das Risiko entsteht, in eine Autokratie abzugleiten.

Nur in formalrechtlicher Hinsicht war zum Beispiel auch der NS-Staat ein Rechtsstaat, besaß er doch gemäß der NS-Grundsätze umgearbeitete Gesetze aus der Weimarer Republik und neue Gesetze im Sinne der NS-Ideologie, auf die er sich in der Rechtsprechung berief und von denen viele in einem „normalen“, d.h. hier NS-konformen Rechtssetzungsprozess entwickelt wurden. Daran ändert nichts die Gepflogenheit, den NS-Staat in inhaltlich-ethischer Hinsicht als Unrechtsstaat zu bezeichnen. Ein krasses Beispiel für einen NS-Rechtserlass im autokratischen Sinn ist unter diesem Link einsehbar.

Kennzeichnend für die Biegsamkeit des Rechts je nach Staatsraison ist die Tatsache, dass Juristen nach einem Regimewechsel ihre Posten in der Regel nicht verloren, sondern im neuen Regime weiter im Dienst des Rechts ihre berufliche Tätigkeit frei oder im öffentlichen Dienst ausübten. So wurden Juristen und Richter nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes ohne weiteres in den öffentlichen Dienst der entstehenden Bundesrepublik Deutschland übernommen. Vergleichbares geschah nach dem Fall der UdSSR oder DDR.

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit bedeutet in einer Demokratie das Herstellen eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen einerseits den rechtsstaatlich gesicherten Freiheitsbedürfnissen des Individuums unter für ihn zureichenden wirtschaftlichen Gegebenheiten und andererseits den „Freiheitsbestrebungen“, somit Machtbestrebungen des Staates, mit dem Ziel, ein Höchstmaß an Gemeinwohl resp. Sozialfrieden in Freiheit herzustellen. Als Garant dafür dient die Gewaltenteilung und ein entsprechend stark regulierter und damit gewaltgebändigter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie als vierte Gewalt die Sicherstellung einer freien Presse. MOTTO: Nimm Freiheitsbeschränkungen mit Blick auf das Gemeinwohl aus Überzeugung an, wir helfen dir dabei durch politische Aufklärung und sachliche Bildungsarbeit!

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit bedeutet in einer Autokratie, im Autoritarismus und vor allem im Totalitarismus Ausgesetztheit vor rechtsbeugenden willkürlichen Staatseingriffen auf die ohnehin reduzierten Freiheitsmöglichkeiten des Individuums unter nicht selten unzureichenden wirtschaftlichen Gegebenheiten zu Gunsten der Machtbestrebungen des Staates mit dem Ziel, ein Höchstmaß an „Gemeinwohl“ resp. „sozialem Frieden“ in Unfreiheit zu erzwingen. Als Garant dafür dient die Einschränkung, womöglich Aufhebung der Gewaltenteilung sowie ein entsprechend stark ausgeprägter und mit gering regulierter Gewalt ausgestatteter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie eine allgegenwärtige Brachial-Propaganda unter Ausschaltung der Pressefreiheit. MOTTO: Kusch, sonst trifft dich der Polizeiknüppel und du landest im Gulag, folgst du nicht den Propaganda-vermittelten Staatszielen!

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit in einer defekten Demokratie gibt in (noch) geringem Ausmaß jene Prinzipien auf, die eine Demokratie hervorheben. Als Garant dafür dient eine Einschränkung der Gewaltenteilung und ein nicht allzu gestärkter und nicht allzu sehr mit herabgesetzter regulierter Gewalt ausgestatteter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie eine verhältnismäßig subtil eingesetzte Propaganda und Beeinflussungsmaschinerie. MOTTO: Folge der politischen Verführung und glaube, es sei deine Entscheidung, sonst zwiebeln wir dich mit Exekutivmaßnahmen!

Eine solche Beeinflussungsmaschinerie hat die exekutiv im Grunde genommen schwach aufgestellte EU entwickelt, was zu eben der Ausbildung dieser „Schattenexekutive“ geführt hat. Sie trägt damit – nicht so ohne weiteres sichtbar für den Normalbürger – ein Kennzeichen einer defekten Demokratie. Damit steht die Gefahr im Raum, weiter an demokratischen Eigenschaften einzubüßen und zu einem politischen und wirtschaftlichen Risiko heranzureifen. In der Tat bemüht sich die EU um Stärkung ihrer Polizeigewalt (Frontex, 2004, weiterer Ausbau) und damit um Ausbildung eines weiteren Kennzeichens defekter Demokratien insofern der Vorwurf stimmte, dass Frontex auch innerhalb der EU eingesetzt werden könnte.

Was die Beeinflussungsmaschinerie der EU betrifft, hat 2011 der deutsche Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger (1929-2022) die Europäische Union als “sanftes Monster Brüssel“ bezeichnet und von der „Entmündigung Europas“ gesprochen. Er anerkennt segensreiche Folgen ihres Wirkens, macht aber zugleich auf die strukturellen Defizite dieser überstaatlichen Einrichtung aufmerksam, die durch massive Öffentlichkeitsarbeit, um nicht zu sagen: Propaganda – geschickt durch das vorbeschriebene Geflecht an Organisationen, Instituten, Einrichtungen etc. vermittelt –, übertüncht werden. Bezeichnend ist sein Ausspruch: „Je dünner die Legitimität [ihres politischen Handelns], umso dicker der Glibber der PR.“

Die geschilderte Gefahr liegt nicht darin, sich im Euro-Währungsraum zu bewegen. Sie liegt darin, dass infolge mangelnder demokratischer Kontrolle politisch einer Gesinnungsethik und nicht einer Verantwortungsethik gefolgt wird. Damit einher ginge eine Abgehobenheit von den Realitäten des täglichen Lebens der Bürger und Unternehmen. Das führte kurz über lang zu einer Schwächung des Euros im Währungskonzert. Ein Risiko erwüchse dann eher daraus, dass es nicht sicher ist, ob der Währungsraum „Euro“ eines Tages zerbricht, zum Beispiel dadurch, dass im Konzert mit anderen Währungen die derzeit ohnehin angekratzte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Europäischen Union noch weiter geschwächt würde und der Euro fortgesetzt an Wert verlöre. Letzteres erleichterte das Auseinanderbrechen der Europäischen Union, die Eigeninteressen der Mitgliedsländer träten wieder stärker hervor.

Dieses Auseinanderbrechen der Europäischen Union ist derzeit unwahrscheinlich, aber denkmöglich als Folge von: fortgesetzter Wirtschaftsschwäche; weiter zunehmender Unzufriedenheit der Bevölkerung mit Zunahme nationalkonservativer bis rechtsextremer Haltungen; fortgesetztem „Rütteln an den Ketten“ seitens ehemaliger UdSSR-Bruderstaaten; fortgesetzter Aufnahme neuer Mitgliedsländer speziell aus dem Balkan und dem ehemaligem UdSSR-Einflussbereich (Serbien, Ukraine); gravierenden, von den Bevölkerungen der Mitgliedsstaaten nicht mitgetragenen außen- und innenpolitischen Entscheidungen. 

Bräche die EU, so bräche spätestens dann auch der Euro; im Übrigen weist die Geschichte der Währungsunionen auf deren Brüchigkeit hin: sie halten in der Regel nicht lange. Den Anleger zwingt unter anderem auch dies beizeiten zu überlegen, in welcher Währung er außerhalb des Euroraumes investieren soll. Angesichts des unsicheren Status des US-Dollars als Weltwährung ist dies eine herausfordernde Frage. Sie stellt sich glücklicherweise derzeit nicht, sondern taucht nur schemenhaft als Denkmöglichkeit am Horizont einer eher ferneren Zukunft auf. Aber: sie taucht auf und kann blitzesschnell elefantengroß im Raum stehen.  

FAZIT: die Europäische Union birgt für den Anleger derzeit nur am Zukunftshorizont sich abzeichnende Risiken. Sie entspringen u.a. daraus, dass die EU weniger aus der Position der Stärke als eher aus der der Schwäche handelt. Im Vergleich zur Situation des Kalten Krieges und damit zur Gründerzeit der EU-Vorläufereinrichtungen, in der es nur einen wirtschaftsmächtigen geopolitischen Spieler und gleichzeitigen Verbündeten – die USA – gab, steht die Europäische Union heute zwischen zwei Wirtschaftsblöcken: dem des USA-geführten Westens und dem des sog. globalen Südens. Das erzeugt Druck, allzumal Zeitdruck, treibt die EU an und lässt sie, will sie nicht aufgerieben werden, nach Machtvergrößerung durch Zentralisierung streben – ein Demokratierisiko ersten Ranges, damit in der weiteren Folge ein Wirtschafts- und letztlich Veranlagungsrisiko. 

Grundsätzliches zur Währungsspekulation

Währungs-Spekulation ist ein äußerst schwieriges, glitschiges, hochriskantes Geschäft, bedarf langjähriger Erfahrung, tagtäglicher Marktbeobachtung und eines guten Magens: Schocks und erratische Marktbewegungen müssen ausgehalten werden – psychisch und finanziell. Einer der bekanntesten und erfolgreichsten Währungsspekulanten im deutschsprachigen Raum ist Folker Hellmeyer (Hellmeyer-Website, Hellmeyer-Kurzportrait (Goldseiten), Hellmeyer auf Netfonds usf.).

Zweck der Währungsspekulation?

Wie bei den Warenoptionsmärkten dient auch der Währungsoptionsmarkt dazu, sehr starke Schwankungen im Wert einer Währung (Devise) zu verhindern: sehr starken Verteuerungen oder Verbilligungen einer Währung im Devisenmarkt (Währungs- oder FOREX-Markt) wird so gegengesteuert. Dafür sorgen die vielen Marktteilnehmer, von denen ein Teil den künftigen Wert einer Währung (Devise) höher, der andere diesen Wert tiefer einschätzt. Dies führt dazu, dass sich eine Art mittlerer Wert für diese Währung einstellt. Währungsoptionsmärkte sind rund um den Globus nahezu 24/7, also nahezu täglich rund um die Uhr, offen (Warenoptionsmarkt, Optionen im Freihandel).

Anders ausgedrückt: Die Spekulanten sichern sich mit ihrem Engagement gegen das Risiko eines Währungsverfalls oder eines Währungsanstiegs ab. Währungsanstiege sind ein Risiko für Käufer auf Warenmärkten, Währungsabwertungen sind ein Risiko für Verkäufer auf Warenmärkten. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Dienstleistungen im internationalen Dienstleistungsaustausch. Die gegenläufigen Interessen auf dem Währungsoptionsmarkt „mitteln“ sich aus.

Allgemein gesprochen handelt es sich bei den Geschäften auf Optionsmärkten um Absicherungsgeschäfte oder Hedging.

Nochmals anders ausgedrückt: Auf aggregiertem Niveau (Makroebene) sorgt der Währungsoptionsmarkt für die Stabilität einer bestimmten Währung im Konzert der anderen Währungen im Devisen- resp. Währungsmarkt (Kassa- oder Spot-Markt, das Pendant zum Optionsmarkt).

Eine stabile Währung ist für die Volkswirtschaft, in deren Bereich diese Währung als Zahlungsmittel dient, eine Lebensnotwendigkeit für das optimale Funktionieren der volkswirtschaftlichen Grundvorgänge Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen. Erratische Schwankungen im Währungs- oder Devisenmarkt erschweren auf der Ebene der Unternehmen (Mikroebene) innerhalb und außerhalb einer Volkswirtschaft erheblich Kalkulationen mit Sicht auf künftig geplante Käufe und Verkäufe. Erratische Schwankungen einer Währung schwächen die Wirtschaftsleistung der zugehörigen Volkswirtschaft, eine stabile Währung fördert sie. Dies gilt auch für Volkswirtschaften außerhalb des entsprechenden Währungsraumes, sofern sie mit dieser Volkswirtschaft handelnd in Verbindung stehen.

FAZIT: Währungsoptionsmärkte sind für das Wirtschaftsgeschehen im Konzert der verschiedenen Volkswirtschaften überlebenswichtig.

Die heilige Trias

Diese Zusammenhänge bleiben in der Regel für Otto Normalverbraucher genauso verborgen wie die Bedeutung der nicht-demokratisch agierenden Zentralbanken, die mit ihren Zinsentscheidungen tief in das Wirtschaftsleben und somit in das Alltagsgeschehen der Menschen eingreifen. Warenmärkte, Währungsmärkte und Zentralbanken sind in einem fortlaufenden Marktgeschehen untrennbar und maßgeblich untereinander verbunden. Dabei modulieren und moderieren die Zentralbanken über den Zinssatz die Abläufe in Waren- und Währungsmärkten und den zugehörigen Optionsmärkten.

Für Otto Normalverbraucher sind Spekulanten auf diesen Märkten in aller Regel ganz, ganz böse Subjekte, die sich mit ihren Spekulationsgewinnen die Taschen vollstopfen.

Wer sind diese Subjekte auf Währungsoptionsmärkten?

Auf Währungs- und Währungsoptionsmärkten agieren in großer Zahl Staatsstellen, staatliche und private Pensionsfonds, multinationale und andere Unternehmen, Finanzinstitute (Banken u.a.), Hedgefonds u.a.

Otto Normalverbraucher verkennt in aller Regel den Sinn dieser Märkte und die Rolle der Spekulanten dort; denn:

Die Währungsoptionsmärkte zeichnen für das Wohl und Wehe im höchstpersönlichen Alltagsleben des kleinen Mannes auf der Straße verantwortlich, indem sie für relative Währungsstabilität sorgen. Doch Märkte sind keine Subjekte. Somit sind präzise gesprochen nicht „die Märkte“, sondern die Teilnehmer an Währungsoptionsmärkten – also die risikoübernehmenden Spekulanten – für das Wohl und Wehe von Otto Normalverbrauchers alltäglichem Leben verantwortlich.

Daher lässt sich interpretieren: In der Erhaltung der Währungsstabilität liegt der soziale Sinn der Spekulation. Dabei dient der Spekulationsgewinn als Entgelt für die risikobehaftete Sorge um eine stabile Währung.

Es kommt zu einem „paradoxen“ Effekt: die Befriedung der Einzelinteressen der Subjekte, den Spekulanten, trägt vermittels des Marktgeschehens zur Optimierung des Gemeinwohls bei.

Die Umsätze in Devisen- und Währungsoptionsmärkten sind die größten weltweit und erreichen täglich Milliarden bis Billionen von Währungseinheiten. Im Jahr 2022 wurden allein im Devisenmarkt täglich durchschnittliche Umsätze in Höhe von 7,5 Billionen US-Dollar gehandelt. Zu beachten ist, dass dabei immer Währungspaare gehandelt werden und zudem die Umsätze „doppelt“ anfallen: als Verkaufs- und als Kaufpreis in Summe. Das plustert das tägliche Handelsvolumen ordentlich auf.

Was für die Währungsoptionsmärkte gilt, gilt ebenso für die Warenoptionsmärkte: es geht um die Stabilisierung von in großen Mengen gehandelten Waren wie Weizen, Schweinehälften Orangensaft, Kaffee und vieles andere mehr. Die aufgezählten Waren stehen für solche, die für die Bevölkerungen hohe Bedeutung haben.

Wozu Optionsmärkte gut sind

Aber es gibt doch nach wie vor Preissprünge auf den Warenmärkten, von erratischen Ausschlägen an den Devisenmärkten war auch schon die Rede: wie passt das ins Bild?

Ohne die Terminbörsen wären die Ausschläge um einiges stärker, die Preise höher.

Drei Beispiele dazu:

#1 Hitler verbot die große Bremer Kaffeebörse. Daraufhin sicherte sich der Großhandel gegen Preisanstiege bei Kaffee ab, indem er von Haus aus deutlich höhere Preise für den Handel, die Geschäfte, einforderte. Resultat war der berühmt-berüchtigte Blümchenkaffee: die Konsumenten sparten am Kaffee, indem sie möglichst wenig davon zum Aufbrühen verwandten, also sah man durch den dünnen Kaffee das Blümchen am Grund der Kaffeetasse.

# 2 Waren, die nicht abgesichert werden können, weisen größere Preissprünge und höhere Preise auf; bremsend auf den Warenpreis (Aktienpreis, Devisenkurs) wirkt allein die Konkurrenz oder eine schwache Nachfrage oder ein überreichliches Angebot.

# 3 Die erste Warenoptionsbörse wurde 1848 in Chicago gegründet. Hintergrund war der bereits gewachsene Welthandel mit Waren, die großteils noch mit Segelschiffen über die Weltmeere transportiert wurden. Zwar befuhren die ersten Dampfschiffe Ende der 1830er Jahre den Atlantik, doch die eigentliche Verdrängung des Segelschiffs als Transportmittel setzte erst ab den 1870er Jahren ein.

Die Notwendigkeit, sich gegen den Verlust der Waren infolge Schiffuntergangs zu schützen oder sich überhaupt vor unerwarteten Preisveränderungen während der langen Schiffsfuhren abzusichern, führte zur Einrichtung der Chicagoer Warenbörse (Chicago Board of Trade), 1848 zunächst als Kassen- oder Spotmarkt, 1864 dann als Warenterminmarkt. Fortan konnten Käufer und Verkäufer Warenpreise vereinbaren für Warenlieferungen in ein, zwei, drei, sechs Monaten, was die Sicherheit der unternehmerischen Kalkulation erheblich erhöhte, da nun die Preisrisiken nicht von den Warenverkäufern und -käufern selbst, sondern von den Spekulanten übernommen wurden. Es entstand eine hochspezialisierte Zunft von Spekulanten, darunter viele Versicherungen.

Die Spekulanten hatten die Zeit und die Informationsmittel, sich über Warenpreisänderungen am Warenursprungsort und über Transportverzögerungen oder Schiffsunfälle zu informieren. Schlechte Kaffee- oder Kakao-Ernten, transportverzögernde Windflauten oder Schiffsunglücke blieben für sie kein Geheimnis, entsprechend diesen Informationen disponierten sie am Warenterminmarkt ihre Preisvorstellungen, doch in der Vergangenheit geschlossene Warenpreise für eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Termin blieben davon unberührt.