Tagesblick – 9.8.2025 Samstag

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FAZIT DES TAGES – oder: Nachrichten aus dem irrwitzigen Weltzirkus

  • Israel-Hamas-Hisbollah-Krieg: Deutschland stellt symbolpolitisch Waffenexporte nach Israel ein; nur Waffen, die im Konflikt eingesetzt werden, sind betroffen.
    Überwiegend Zustimmung im deutschen Bundestag.
    Weltweite heftige Ablehnung der Pläne, Gaza-Stadt einzunehmen
    Israel beschloss Gaza-Stadt einzunehmen – KOMMENTARE
  • Ukraine-Krieg: Treffen Putin-Trump in Alaska für kommenden Freitag fixiert. Verhandlungen über Gebietsabtretungen im Austausch von Saporischschja und Cherson und Friedensmöglichkeiten.
    Verheerender Krieg auch für Russland – KOMMENTAR
  • JAPANs Kampf gegen Übermaß an Trump-Zöllen erfolgreich und der Nikkei-225-Index. – COMMENT
  • ÖSTERREICH: KELAG mit großem Übergewinn.
    Touristin von Stephansturm gerettet.
  • Weitere COMMENTS vorhanden

MÄRKTE – Aufwärts ist die Devise ungeachtet der Wirtschaftsschwierigkeiten.

DEVISENMARKT: Digitalisierung von US-Dollar und Euro.

AKTIENMARKT: Börsenlehren: Warren Buffet verliert Geld mit Berkshire Hathaway.

GOLDMARKT: Schweiz in Aufregung wegen Trump-Zöllen auf Gold.

VERMÖGEN – REICHTUM: Alter bringt Vermögen. Ab welchem Nettogehalt ist man in Deutschland reich.

WIRTSCHAFTSMELDUNGEN IM ÜBERBLICK – USA: Inflationsanstieg dämmert heran. DEUTSCHLAND: Auftragsmangel in Unternehmen ausgeprägt (Exportschwäche). Fahrleistungsindex steigt (Binnenmarktbelebung).

THEMENREIGEN – MEDIZIN: Verlauf der alkoholischen Leberzirrhose lässt sich einbremsen. MEDIEN: VfGH-Kandidatin Brosius-Gersberg und die Medien. UNIVERSITÄTEN: Weil Professor KI nutzte, will Studentin Geld von der US-Uni zurück. ÖH präsentiert Jahresbericht.

Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!

Apropos Weltzirkus: Zirkus ist was für Kinder und Junggebliebene, Staunen und Lachen über die Clowns! Im Weltzirkus tummeln sich viele Zauberkünstler und Clowns. Lachen wir also, Lachen ist die beste Medizin gegen Depressionen. 

EMPFEHLUNG

INFORADIO als Nachrichtensender am laufenden Band ist mit einem DAB-fähigen Radio zu empfangen. Es wird betrieben von RTR – KommAustria.

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MÄRKTE

DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen

DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures

COMMENT: Und schon sind sie wieder da, die Dollarzeichen in den Augen der gierigen Anleger. Steht der DAX nach einer Konsolidierungsphase über den Sommer – seit Mitte Mai – vor einem weiteren Ausbruch nach oben? Das könnte sein.

Schon länger funktioniert Börse nach üblichen Bewertungen nicht mehr. Es ist zu viel Geld im Umlauf, die Schattenbanken (Private Finance, Finanzierungsunternehmen) treiben. Sie treiben im Übrigen auch die Zentralbanken vor sich her, deren Regularien für Schattenbanken nicht greifen.

Da wird auch ein besonnener Wochenausblick (siehe unten) letztlich kein Einsehen bringen.

Paradebeispiel für die unter dem Gelddruck stehenden Spielregeln der Börse ist SENTIX mit seiner Beobachtung und Analyse von Anlegereinschätzungen. Früher ein ziemlich verlässliches Mittel, kurzfristige Börsenbewegungen vorherzusehen, dürfte das heute nicht wirklich mehr zutreffen. Was haben wir nicht schon alles für Prognosen von SENTIX gelesen …

Die Volatilität am Frankfurter Parkett in der zweiten Hälfte der Handelszeit (siehe oberen dreifach-Chart rechts für den DAX im Tagesverlauf) hat damit zu tun, dass man sich über das Wochenende nicht übermäßig exponieren möchte.

FrNACHBÖRSE/XDAX +0,3% auf 24.244 Pkt – Ruhiger Wochenausklang1.630Dow Jones News
FrMÄRKTE USA/Wall Street mit Zinssenkungspekulationen im Plus1.820Dow Jones News
FrAktien New York Schluss: Nasdaq 100 auf Rekordhoch – Apple erneut stark878dpa-AFX
FrDevisen: Euro gibt zum US-Dollar etwas nach576dpa-AFX
FrAktien Wien Schluss: Ukraine-Hoffnungen treiben ATX an654dpa-AFX
FrMÄRKTE EUROPA/Wenig Bewegung – Munich Re drückt Versicherungssektor520Dow Jones News
FrAktien Schweiz gut behauptet – Zoll-Schock wirkt weiter nach401Dow Jones News
FrROUNDUP/Aktien Frankfurt Schluss: Dax leicht im Minus – Starke Wochenbilanz559dpa-AFX
FrAktien Europa Schluss: Wenig Bewegung am Ende einer starken Woche388dpa-AFX
FrDax lässt geringfügig nach – Handelsvolumen bleibt dünn406dts Nachrichtenagentur
FrUS-Anleihen: Kursverluste343dpa-AFX
FrDeutsche Anleihen: Kursverluste282dpa-AFX

WOCHENAUSBLICK: Dax-Erholung stockt – Konjunkturrisiken versus Ukraine – 8.8.2025

FRANKFURT (dpa-AFX) – Nach der jüngsten kräftigen Erholung des Dax dürfte sich der deutsche Leitindex in der neuen Woche schwertun. Zwar werden die Aktienkurse durch die vage Aussicht auf eine Waffenruhe in der Ukraine gestützt, doch die globalen Konjunktursorgen bleiben als potenzielle Belastung. Sie wurden zuletzt durch schwache Arbeitsmarktdaten aus den USA massiv geschürt, die die Märkte zu Monatsbeginn stark unter Druck gesetzt hatten.

Insofern richtet sich die Aufmerksamkeit der Anleger vor allem auf die am Dienstag anstehenden US-Verbraucherpreise. Analyst Patrick Franke von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) geht davon aus, dass der Preisauftrieb im Juli gemessen am Kernindex ohne Energie und Nahrungsmittel gegenüber dem Vormonat noch einmal angezogen hat. Wegen der umfangreichen vorgezogenen Importe und des unklaren „Haltbarkeitsdatums“ der US-Zölle könnte es eine Weile dauern, bevor diese in vollem Umfang in den Verbraucherpreisdaten auftauchten. Von daher dürften die Teuerungsraten in den kommenden Monaten weiter anziehen.

Allerdings sei die US-Preisstatistik derzeit von echten Problemen geplagt, fuhr Franke fort. Hintergrund seien offenbar vor allem die von US-Präsident Donald Trump und seinen Gefolgsleuten auch in den Statistikagenturen der Regierung vorgenommenen Mittel- und Personalkürzungen. Dies mache es für die Notenbank Fed nicht leichter, zu entscheiden, wann beziehungsweise ob der Zeitpunkt für eine weitergehende Lockerung der Geldpolitik gekommen ist.

Einerseits stehen dem Helaba-Experten zufolge nun noch größere Fragezeichen hinter den zentralen Indikatoren, die die die US-Notenbank für ihre Zinsentscheidung braucht. Andererseits bleibe der politische Druck auf die Fed hoch, die Zinsen zu senken. Denn Trump gilt als vehementer Verfechter niedriger Zinsen.

Doch selbst wenn Fed-Chef Jerome Powell dem Druck nachgibt und die Zinsen senkt, spricht dies nicht automatisch für steigende Kurse am Aktienmarkt. „Wer jetzt allein auf baldige Zinssenkungen hofft, ignoriert die Risiken“, sagte Armin Micheli von Dr. Bauer & Co. Vermögensmanagement in München. Die Berichtssaison der Unternehmen verlaufe durchwachsen, geopolitisch bleibe die Lage angespannt, und saisonal sei der August traditionell ein schwacher Börsenmonat.

„Kurzum: Die Luft nach oben ist dünn“, resümierte Micheli. Ein Rücksetzer sei wahrscheinlicher als ein Höchststand. Für steigende Kurse brauche es mehr als Hoffnung – es brauche harte Fakten, und die fehlten derzeit.

Chefvolkswirt Ulrich Kater von der Dekabank richtete den Blick gen Deutschland. In der neuen Woche werde mit der Konjunkturumfrage des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW am Dienstag ein weiterer Baustein zur Beurteilung der gegenwärtigen Aufschwungkräfte in Deutschland bereitgestellt. Angesichts der neuen US-Zölle sei jedoch kaum zu erwarten, dass sich die Stimmung in den deutschen Unternehmen gebessert habe.

In diesem Umfeld könnten die Märkte Kater zufolge eher auf politische Entwicklungen reagieren. Dabei ruhen die Hoffnungen der Anleger derzeit vor allem auf dem anberaumten Treffen der Präsidenten der USA und Russlands. Trump und Wladimir Putin wollen sich voraussichtlich in der neuen Woche erstmals persönlich zu Gesprächen über eine Beendigung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine treffen. Beide Seiten teilten mit, die Zeit sei reif für einen solchen Gipfel. Tag und Ort stehen bisher nicht fest.

Derweil müssen die Anleger in der neuen Woche erneut eine Reihe von Geschäftszahlen verarbeiten. Am Dienstag etwa steht der Rückversicherer Hannover Rück im Fokus. Am Mittwoch folgen unter anderem der Energieversorger Eon, der Panzergetriebe-Hersteller Renk und der Reisekonzern Tui .

Dicht gepackt ist auch die Agenda für den Donnerstag. Dann berichten zum Beispiel der Energiekonzern RWE, der Industriekonzern Thyssenkrupp und der Spezialchemiekonzern Lanxess über ihre Geschäfte im Zeitraum zwischen April und Juni./la/jsl/he

— Von Lutz Alexander, dpa-AFX —

© 2025 dpa-AFX

DEVISENMARKT

Digitale Dollars als Bedrohung: Europa fürchtet, die Kontrolle über seine Währung an die Amerikaner zu verlieren – Markus Städeli, NZZ, 8.8.2025

Die Europäische Zentralbank propagiert ihren digitalen Euro als Antwort auf den amerikanischen «Krypto-Merkantilismus». Doch es gibt namhafte Kritiker dieser Pläne.

COMMENT: Der Artikel zeigt das Entwicklungspotential der Digitalisierung der US- und der Euro-Währung. Die Zukunft hat schon angeklopft, aber im Eurobereich vor allem für Unternehmen mit internationalem Zahlungsverkehr, nicht für den üblichen Konsumenten.

Es ist paradox: Der Dollar hat seit Anfang Jahr deutlich an Wert eingebüsst. Und trotzdem befürchtet Europa jetzt, vom Greenback überrollt zu werden. Dies, weil der Dollar im Gegensatz zum Euro rasch digital wird. Das amerikanische Parlament hat vor kurzem gesetzliche Grundlagen für Dollar-Stablecoins geschaffen.

Der amerikanische Finanzminister Scott Bessent erwartet, dass diese digitalen Abbilder der US-Währung einen Wert von mindestens 2000 Milliarden Dollar erreichen werden. Sie würden die Position des Dollars im globalen Finanzsystem zementieren und die Nachfrage nach amerikanischen Staatsanleihen beflügeln, so Bessent.

In Europa zeigt man sich alarmiert. Letzte Woche wies mit Jürgen Schaaf erneut ein Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) warnend auf die Gefahren dieser Stablecoins hin. Ohne «eine strategische Antwort» könnten diese die Währungshoheit und die Finanzstabilität Europas untergraben. «Der globale Markt wird zunehmend von auf US-Dollar basierenden Stablecoins dominiert. Diese machen etwa 99 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung von Stablecoins aus», beklagt Schaaf.

Europa drohten im Vergleich zu den USA höhere Finanzierungskosten, eine geringere geldpolitische Autonomie und eine grössere geopolitische Abhängigkeit, schreibt Schaaf.

«Krypto-Merkantilismus»

Eine im Juni publizierte Studie zuhanden des Europäischen Parlaments bezeichnete die Stablecoin-Strategie der USA sogar als «Krypto-Merkantilismus». Der alte Kontinent will dieser Herausforderung mit dem digitalen Euro der EZB begegnen, im Jargon Central Bank Digital Currency (CBDC) genannt. Eine staatliche Lösung also.

Dieser digitale Euro kann allerdings laut Zeitplan der EZB frühestens 2028 lanciert werden.

Die amerikanische Regierung setzt auf eine komplett entgegengesetzte Strategie: Sie will der eigenen Notenbank sogar verbieten, eine digitale Zentralbankwährung herauszugeben – offiziell, weil sie eine staatliche Überwachung aller Geldflüsse befürchtet. Die entsprechende CBDC Anti-Surveillance State Act muss allerdings noch vom Kongress beraten werden.

COMMENT: No na ned.

In Washington setzt man allein auf Stablecoins von privaten Anbietern, die staatlich überwacht werden. Diese müssen die digitalen Dollars, die sie herausgeben, immer zu 100 Prozent mit liquiden und sicheren Vermögenswerten hinterlegen.

Auch der EZB-Berater Schaaf fordert ergänzend zum geplanten CBDC der Zentralbank mehr Unterstützung für Euro-Stablecoins. Das sind neue Töne: Noch vor kurzem hatte er solche von Privatunternehmen herausgegebenen Digitalwährungen kritisiert. Die gesetzlichen Grundlagen für solche Euro-Stablecoins hat Europa aber schon seit längerem geschaffen.

Der deutsche Ökonom Peter Bofinger, ein früherer «Wirtschaftsweiser», ist ganz anderer Meinung als die europäischen Entscheidungsträger. Er hat soeben eine Studie zum Thema veröffentlicht und räumt weder der CBDC der EZB noch privaten Euro-Stablecoins grosse Chancen ein.

Während bisherige Untersuchungen immer nur Einzelaspekte zu Stablecoins untersuchten, handelt es sich bei seinem Papier für das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung Düsseldorf um eine gesamtheitliche Beurteilung.

Stablecoins sind natürliche Monopole

Stablecoins seien natürliche Monopole, so wie Amazon, Airbnb oder Uber. Die beiden grossen Dollar-Stablecoins Tether und USDC profitierten von Netzwerkeffekten, die es für andere Anbieter schwierig machen würden, alternative Stablecoins zu etablieren, sagt Bofinger. Netzwerkeffekte sind das Phänomen, dass der Nutzen einer Plattform oder eines Produkts mit der Anzahl seiner Anwender steigt.

Erst recht schwierig wird es für Anbieter von Stablecoins, die nicht den Dollar abbilden. «Für Euro-Stablecoins sehe ich wenig Potenzial. Sie sind ja seit langem beispielsweise bei Tether zu haben, aber der Markt hat bisher kaum Interesse daran gezeigt.»

Bofingers sagt, die EZB wolle auf Teufel komm raus einen digitalen Euro lancieren, könne bis jetzt aber nur schwer erklären, wozu es diesen brauche. «Die angebliche Bedrohung der europäischen Souveränität durch Dollar-Stablecoins kommt der EZB da als Begründung gerade recht. Ich glaube, die EZB will einfach ihre eigene Macht ausbauen», sagt der Professor der Universität Würzburg.

Bofinger sieht «keinerlei Nutzen» für einen digitalen Euro. Weil die EZB vorsehe, dass er nur in der Euro-Zone verwendet werden könne, komme der CBDC insbesondere nicht für internationale Zahlungen infrage.

Auch dürften nur Privatpersonen den digitalen Euro halten. Firmen dagegen, die vom digitalen Euro besonders profitieren könnten, müssten ihre Bestände sofort wieder in Bankeinlagen tauschen. Denn auch das sieht das Design der EZB vor.

Somit verunmöglicht der CBDC ausgerechnet die laut Bofinger nützlichsten Anwendungen von Stablecoins: «Sie machen internationale Zahlungen günstiger und schneller, da keine Parteien dazwischengeschaltet sind. Stablecoins sind zudem für Grossunternehmen, die hohe Barbestände halten müssen, vom Design her sicherer als Bankeinlagen», sagt Bofinger.

Stablecoins sind sicherer als ein Bankkonto

Wie kommt er zu dieser erstaunlichen Einschätzung? «Stablecoins sind zu rund zwei Dritteln durch kurzfristige US-Staatsanleihen gedeckt und zusätzlich durch andere sehr liquide Geldmarktanlagen.

Kundeneinlagen bei Banken dagegen nur mit 10 Prozent Eigenkapital», sagt Bofinger. Mit anderen Worten: Es ist für Firmen mit geringeren Risiken verbunden, Geld in USDC oder Tether zu parkieren, als dieses auf einem Bankkonto zu lassen.

Mit dieser Meinung fährt der Ökonom auch der «Zentralbank der Zentralbanken» an den Karren. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat wiederholt vor Stablecoins gewarnt, die trotz ihrem Namen alles andere als stabil seien.

«Die mit Staatsanleihen hinterlegten Stablecoins wie Tether oder USDC sind sehr sicher. Es ist unfair von der BIZ, dass sie deren Sicherheit in Zweifel zieht», sagt Bofinger. «Dafür gibt es keine Evidenz: Die beiden wichtigsten Stablecoins haben in der letzten fünf Jahren auch in verschiedenen Krisensituation unter Beweis gestellt, dass sie funktionieren.»

Achtung, Doom-Loop!

Bofinger warnt hingegen eindringlich vor den europäischen Stablecoin-Gesetzen, die den Anbietern vorschreiben, 60 Prozent ihrer Reserven bei einer Bank zu halten. Das stelle eine grosse Gefahr für die Finanzstabilität dar. Die europäische Regelung schaffe einen möglichen Doom-Loop [circulus vitiosus, Teufelskreis, der sich in Negativem stets fortsetzt] zwischen Stablecoins und Banken und könne so zu einer Finanzkrise führen, sagt Bofinger. Denn wenn viele Nutzer eines Stablecoins ihr Geld zurückwollen, erleidet die Bank, welche die Reserven des Stablecoin-Anbieters verwaltet, unter Umständen einen Liquiditätsengpass.

Diese Kritik wird die EU-Kommission – die diese Regeln ausgeheckt hat, um die hiesigen Banken zu schützen – bestimmt nicht gerne hören.

Bofinger rät den europäischen Entscheidungsträgern generell zu mehr Gelassenheit. Er hält namentlich die Angst vor einer Dollarisierung Europas für völlig übertrieben. Eine Währung sei wie eine Sprache: Man wechsle sie nicht einfach so. «Solange der Euro eine stabile Währung bleibt, werden die Menschen nicht auf die Idee kommen, Preise in Dollar auszudrücken oder ihre Konten nicht mehr in Euro, sondern in Dollar zu führen», so der Ökonom.

Neben den genannten Anwendungen – internationaler Zahlungsverkehr und Liquiditätsmanagement für Firmen – sieht er nur ein sehr beschränktes Potenzial für Stablecoins. «Wieso sollten Konsumenten sie benützen wollen, wenn herkömmliche Zahlungsmethoden für Banküberweisungen, Kartensysteme für den Einzelhandel und Online-Systeme effizient und günstig sind?»

Natürlich wäre es sinnvoll, wenn sich in Europa digitale Zahlungslösungen etablieren würden und somit die Abhängigkeit von den amerikanischen Kartensystemen sänke, sagt Bofinger. «Die Schweizer Banken zum Beispiel haben mit Twint ja gezeigt, wie das geht. Europa braucht Lösungen wie Twint, das wäre zehnmal besser als ein digitaler Euro.»

AKTIENMARKT

Investorenlegende Warren Buffett verliert Geld und trennt sich von weiteren Aktien – ein Alarmzeichen für die Börsen? – Eflamm Mordrelle, NZZ, 8.8.2025

Der Abgang von Warren Buffett und der teure US-Aktienmarkt schaden Berkshire Hathaway. Die Aktien der Investmentfirma schneiden so schlecht ab wie seit 35 Jahren nicht mehr.

COMMENT: Der Artikel enthält Lehrstücke darüber, wie Börsen und Gelanlage funktionieren.

Die Welle des Erfolgs von Warren Buffett scheint auszulaufen. Seit der 94-Jährige am 3. Mai ankündigte, dass er sich als Chef von Berkshire Hathaway zurückziehe, haben die Aktien seiner Investmentgesellschaft rund 14 Prozent an Wert verloren. Die US-Börse hat gemessen am S&P 500 im gleichen Zeitraum inklusive Dividenden um fast 10 Prozent zugelegt.

Das ist aussergewöhnlich. Seit Buffett Berkshire Hathaway im Jahr 1965 übernommen hat, haben die Aktien den US-Aktienmarkt deutlich hinter sich gelassen und jährlich eine Rendite von fast 20 Prozent erzielt – der S&P 500 brachte es in derselben Periode auf die Hälfte. Obwohl sich der Vorsprung in den vergangenen Jahren verkleinerte, waren Berkshire-Aktien stets gewinnbringend. Das begründete Buffetts Ruf als erfolgreichster Investor seiner Generation.

Dieser Ruf ist nun gefährdet. Gemäss einer Auswertung der «Financial Times» ist der aktuelle Performance-Rückstand auf den S&P 500 einer der grössten, die Berkshire in einem Dreimonatszeitraum seit 1990 erlitten hat. Vor der Abgangsankündigung Anfang Mai hatte Berkshire eine Kapitalisierung von 1,15 Billionen Dollar erreicht. Diese hat sich nun auf rund 1 Billion verkleinert, Anleger verlieren Geld.

Früherer Erfolg ist heute ein Problem

Als Grund für die schlechte Performance wird der Generationenwechsel an der Spitze des Konglomerats angeführt. Viele Berkshire-Aktionäre sind Fans von Buffett und zweifeln, ob sein Nachfolger Greg Abel einen genauso guten Job machen kann.

Doch nicht alles dreht sich um die Person. Gemäss Alex Rauchenstein, Managing Partner beim Schweizer Vermögensverwalter SIA, war der verstorbene Charlie Munger für den Erfolg von Berkshire Hathaway genauso wichtig wie Buffett selbst. Rauchenstein verschreibt sich als «Value»-Investor einem vergleichbaren Ansatz wie Buffett: Er investiert in unterbewertete Aktien, die günstiger sind als ihr innerer Wert.

Bevor Munger bei Berkshire mitwirkte, konzentrierte sich Buffett auf günstige Unternehmen, die oft schlecht liefen. Mit Munger verlagerte sich das Augenmerk auf die Qualität einer Firma, so dass Berkshire fortan auf Qualitätsaktien setzte, die einen vernünftigen Preis haben. Dieser modifizierte «Value»-Ansatz war lange sehr erfolgreich.

Der Erfolg ist gemäss Rauchenstein heute Berkshires Hauptproblem: «Bei einem solch enormen Anlagevolumen kann Buffett nur in sehr grosse Firmen investieren, um bei der Performance etwas zu bewegen.»

Beteiligungen an US-Grosskonzernen wie Apple, American Express, Coca-Cola oder Bank of America machen heute einen Grossteil des Portfolios aus. So war Berkshire von 2021 bis 2023 der grösste Investor in Apple-Aktien. Sie machten zeitweise mehr als 40 Prozent des Portfolios aus. Das war lukrativ, die Position wurde nach Apples Kursanstieg aber wieder stark abgebaut.

Limitierte Optionen

Die Möglichkeiten, etwas zu tun, seien wegen der Grösse der Gesellschaft «extrem limitiert», sagt Rauchenstein. Das räumte Buffett an der letzten Generalversammlung von Berkshire Anfang Mai ein: «Grösse ist unser Feind, aber Geduld ist unser Vorteil», sagte Buffett. Die Grösse schränke Berkshire ein, man müsse geduldig sein, um in den kommenden Jahren Chancen (für Zukäufe) ergreifen zu können. Man könne sich nicht einfach auf kleinere Deals stürzen.

Buffett ist tatsächlich sehr geduldig. Er hält Jahre, manchmal Jahrzehnte an einer Aktie fest. So hat er nach dem Börsencrash von 1987 in Coca-Cola investiert und hält der Firma bis heute die Treue. In jüngster Zeit sind auch keine grossen Bewegungen im Portfolio zu verzeichnen: Im zweiten Quartal, das im Juni endete, hat Berkshire aber wieder mehr Aktien verkauft (für 6,9 Milliarden Dollar) als erworben (für 3,9 Milliarden). Seit mehr als zwei Jahren wurden netto mehr Aktien verkauft als gekauft.

Jüngst passten aber auch die Zahlen von Berkshire Hathaway nicht zum Buffett-Mythos: Wegen einer Milliardenabschreibung auf den Lebensmittelkonzern Heinz brach der Nettogewinn des Konglomerats im zweiten Quartal um fast 60 Prozent auf 12,4 Milliarden Dollar ein; der operative Gewinn verringerte sich um 4 Prozent.

Von Aktienrückkäufen liess Buffett weiterhin die Finger. Ein Zeichen, dass er Berkshire-Aktien nicht als preiswert erachtet. Der Rückkauf von eigenen Aktien ist ein beliebtes Mittel, um den Gewinn pro Titel zu steigern und damit den Aktienkurs zu stützen. Laut dem Unternehmen kauft Berkshire Titel zurück, wenn Buffett der Meinung ist, dass der Rückkaufpreis unter dem inneren Wert der Berkshire-Aktien liegt.

US-Aktien: extrem hohe Bewertung

Der jahrelange Kursanstieg von Berkshire hat auch die Bewertung des Unternehmens in die Höhe getrieben. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis – ein Mass für das Verhältnis zwischen der Marktkapitalisierung und dem Wert der Vermögenswerte – kletterte auf fast das 1,6-Fache und damit auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise 2008.

Nicht nur eigene Aktien erachtet Buffett als wenig attraktiv, er scheint auch sonst keine günstigen Aktien zu finden. So hält Berkshire per Ende Juni angesichts der sehr hohen Bewertung des US-Aktienmarkts einen rekordhohen Cash-Bestand von 344 Milliarden Dollar. Buffett hält derzeit lieber Bargeld und US-Staatsanleihen statt Aktien.

Einen weiteren Hinweis, dass der US-Aktienmarkt sehr teuer ist, liefert der sogenannte Buffett-Indikator, auf den sich der Star-Investor gerne bezieht. Dieser stellt die Marktkapitalisierung aller US-Aktien ins Verhältnis mit dem US-Bruttoinlandprodukt. Dieses lag Anfang August bei über 200 Prozent. Das bedeutet, dass der US-Aktienmarkt derzeit mehr als doppelt so gross ist wie die amerikanische Wirtschaft.

Das kann ein Alarmzeichen für Anleger sein, denn im historischen Durchschnitt bewegt sich dieser Wert bei rund 150 Prozent. Wegen dieser «extrem hohen Bewertung» erwartet auch der Investor Rauchenstein künftig von amerikanischen Aktien eine Jahresrendite von bloss rund 3 Prozent. US-Aktien machen in seinem Portfolio nur noch 13 Prozent aus.

GOLDMARKT

Die USA wollen jetzt auch Zoll für Goldbarren – und besonders viel für jene aus der Schweiz – Benjamin Triebe, 8.8.2025

Der Goldhandel wiegte sich in dem Glauben, dass die USA keinen Zoll auf die wichtigsten Barren erheben. Er lag falsch. Nun könnten Schweizer Raffinerien leiden – und der Finanzplatz New York. Das Weisse Haus könnte die Zölle aber schon bald wieder zurücknehmen.

rotz seiner ausgesprochenen Vorliebe für Gold stört sich Donald Trump daran, dass die USA substanzielle Mengen des Edelmetalls importieren. Das trifft nun auch die Schweiz, einen grossen Goldexporteur. Denn wie sich zeigt, ist der wichtigste Teil dieser Ausfuhren von amerikanischen Zöllen betroffen: Standardbarren mit einem Gewicht von einem Kilogramm.

Im Fall der Schweizer Exporte wird darauf der Länderzoll von 39 Prozent fällig. Dies geht aus einer Klarstellung der amerikanischen Zollverwaltung von Ende Juli hervor. Die Anwendung gilt nicht nur für die Schweiz, sondern für alle Länder, die Gold in die USA exportieren und gegen die Trump einen Strafzoll verhängt hat. Doch bei der Schweiz ist diese Abgabe seit dem 7. August besonders hoch.

Für den Zoll ist Gold kein klarer Fall

Der Zoll mache den Export der betroffenen Goldbarren in die USA wirtschaftlich unrentabel, teilte die Schweizerische Vereinigung der Edelmetallfabrikanten und -händler (ASFCMP) am Freitag mit. «Wir sind besorgt über die Implikationen für die Goldindustrie und den physischen Goldhandel mit den USA», so lässt sich der ASFCMP-Präsident Christoph Wild zitieren. Der amerikanische Markt sei bedeutend für die Schweizer Edelmetallbranche.

Obwohl in der Schweiz kein Gold abgebaut wird, ist sie eine der wichtigsten Drehscheiben im Goldhandel. Hierzulande wird etwa 30 bis 40 Prozent des weltweiten Goldes verarbeitet – aufgeteilt auf vier Raffinerien: eine in Neuenburg (Metalor) sowie drei im Tessin (Valcambi, Argor-Heraeus und MKS Pamp). Die Scheideanstalten erhalten unter anderem rohes, unreines Gold aus den Bergbauländern, bereiten es auf und exportieren es zum Beispiel als gegossene oder geprägte Barren.

Trumps Zölle gelten seit Monaten für geprägte Goldbarren sowie für halbfertige Goldprodukte – nicht aber für rohe. Seit dem Frühjahr hatte sich in der Branche die Interpretation durchgesetzt, dass gegossene Barren von den USA weiterhin als roh angesehen werden. Schliesslich lassen sie sich erneut einschmelzen, um einen Barren anderer Grösse herzustellen oder um das Gold weiterzuverarbeiten, etwa zu Schmuck oder Uhrenteilen.

Die Furcht bestätigt sich – jetzt ist es zu spät

Washington tat nichts, um diesem Eindruck entgegenzuwirken. Traditionell fallen fast alle Schweizer Goldexporte in die rohe, zollbefreite Kategorie. Das hat sich offenbar geändert, wie die Klarstellung der U. S. Customs and Border Protection signalisiert. Sie ist eine Reaktion auf eine Anfrage zu Produkten von MKS Pamp. Neben den 1-Kilo-Standardbarren sind auch solche mit einem Gewicht von 100 Unzen (3,1 Kilogramm) von den Zöllen betroffen.

Doch es sind die Standardbarren, die in diesem Jahr bereits für viel Wirbel sorgten: Ein Kilogramm ist die oftmals vorgeschriebene Grösse, um Goldgeschäfte an der New Yorker Rohwarenbörse Comex zu unterlegen. Die Comex ist der weltweit wichtigste Handelsplatz für Gold-Futures. Um die Termingeschäfte physisch zu erfüllen, müssen die Barren in der richtigen Grösse vor Ort sein.

Zu Jahresbeginn ging bereits die Furcht um, dass Trump einen Zoll auf die Einfuhr verhängen könnte. Daraufhin importierten Banken, Asset Manager und andere Finanzmarktteilnehmer enorme Mengen von 1-Kilo-Barren in die USA. Ein Grossteil des Goldes stammte aus London, wo es im dort üblichen Format von 12,4 Kilogramm gelagert war. Die Barren mussten umgeschmolzen werden, und das geschah in Schweizer Raffinerien.

Ein Goldstrom floss durch die Schweiz

Aus diesem Grund schossen die Goldexporte der Schweiz in die USA kurzzeitig durch die Decke. Der Trend setzte im Dezember 2024 ein und erhöhte den Handelsbilanzüberschuss der Schweiz im Gesamtjahr 2024, den Trump offenbar für den Strafzoll zugrunde legt. Die Goldausfuhren in die USA erreichten ihren Höhepunkt im ersten Quartal 2025 mit rund 458 Tonnen, mehr als 30-mal so viel wie im Vorjahreszeitraum.

Weil zugleich der Goldpreis stark anstieg, belief sich der Wert der Schweizer Goldexporte in die USA im ersten Quartal auf atemberaubende 37,6 Milliarden Dollar. Als der drohende Zoll scheinbar nicht Realität wurde, nahm der Goldstrom durch die Schweiz drastisch ab. Die Ausfuhren fielen im zweiten Quartal 2025 auf 1,6 Milliarden Dollar zurück.

Doch nun ist das eingetreten, was der Markt befürchtet hatte – und weil die Zölle bereits gelten, haben die Finanzmarktakteure in New York keine Möglichkeit, erneut mit schnellen Massenimporten zu reagieren. Für den Moment sind sie gerüstet: Die Goldbestände in den Lagern der Comex erreichten im April ein Rekordhoch. Mittlerweile sind sie zwar etwas gefallen, liegen aber immer noch auf dem Niveau des früheren Hochs vom Februar 2021.

Wird der Finanzplatz New York unattraktiver?

Doch das Termingeschäft mit Gold in den USA wird nun schwieriger. Die UBS spekuliert in einer Kurzanalyse, dass die Comex-Regeln angepasst werden könnten – etwa indem andere Barrengrössen oder ausländische Abwicklungsorte wie London akzeptiert werden. Zwar könnten die Marktteilnehmer versuchen, das Gold aus Ländern mit niedrigeren Zöllen zu importieren, oder auf inländische Goldproduktion ausweichen. Langfristig stellt sich jedoch die Frage, ob der amerikanische Finanzmarkt für Goldgeschäfte unattraktiver wird.

Der Goldpreis für sofortige Lieferungen reagierte am Freitag nicht auf die Zollneuigkeiten. Eine Feinunze liegt am sogenannten Spotmarkt bei rund 3390 Dollar. Der Preis ist binnen eines Jahres um 40 Prozent gestiegen. Hingegen stieg der Future-Preis für Gold an der Comex deutlich über diesen Spotpreis – ein Zeichen für Anspannung.

Die Interpretation der US-Zölle sorgt in der Goldbranche weltweit und auch unter den Schweizer Raffinerien weiter für Diskussionen. Manche hoffen auf einen Irrtum oder erwarten eine weitere Klarstellung. Tatsächlich haben mehrere Medien am Freitagabend gemeldet, unter Berufung auf Regierungsvertreter, dass die fraglichen Goldbarren bald wieder von den Zöllen befreit werden sollen. Dazu muss das Weisse Haus aber erst wieder eine Verfügung erlassen.

Wenigstens ist das blosse Umgiessen der Barren, wie es während des Nachfragebooms im Frühjahr verlangt wurde, kein sonderlich anspruchsvoller oder lukrativer Vorgang. Auch ist der Anteil der USA an den Schweizer Goldexporten von den exorbitanten 74 Prozent im ersten Quartal auf ein historisch übliches Mass von rund 5 Prozent zurückgefallen.

VERMÖGEN – REICHTUM

Mit dem Alter kommt das Vermögen- Institut der deutschen Wirtschaft, 7.8.2025

Wer kurz vor der Rente steht, hat in Deutschland häufig ein vergleichsweise hohes Vermögen vorzuweisen. Doch der Aufbau dieser Ersparnisse nimmt in der Regel eine lange Zeit in Anspruch. Will die Politik den Bundesbürgen den Vermögensaufbau erleichtern, sollte sie die Arbeitseinkommen entlasten.

Wer kurz vor der Rente steht, hat in Deutschland häufig ein vergleichsweise hohes Vermögen vorzuweisen. Doch der Aufbau dieser Ersparnisse nimmt in der Regel eine lange Zeit in Anspruch. Will die Politik den Bundesbürgen den Vermögensaufbau erleichtern, sollte sie die Arbeitseinkommen entlasten.

Vermögen – das ist nicht nur einfach das Geld auf dem Konto. Auch Immobilienwerte und Betriebsvermögen zählen zum Beispiel dazu, genauso wie Aktien, ETFs oder Anleihen. Für eine Nettobetrachtung werden zudem Schulden wie Hypotheken und Verbraucherkredite abgezogen. Wer unterm Strich in Deutschland wie viel besitzt, hat das Institut der deutschen Wirtschaft in einer neuen Studie untersucht.

Als Grundlage dienten den Forschern Haushaltsbefragungsdaten der Deutschen Bundesbank aus dem Jahr 2023. Die Eingruppierung richtet sich stets nach dem ältesten Haushaltsmitglied. Die erste wichtige Erkenntnis (Grafik):

Das größte Vermögen haben Haushalte angehäuft, deren ältestes Mitglied kurz vor der Rente steht.

COMMENT: Grundsätzlich seit langem bekannte statistische Regelhaftigkeit.

Es fällt auf, dass unter den reichen Älteren über 75 Jahre der Reichtum deutlich zurückgeht. Geschuldet ist das dem höheren Geldverbrauch für Reisen, Luxus, Lebensannehmlichkeiten, aber auch zur Deckung von Krankheitskosten und Pflege.

In der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen lag der Median der Haushalte – die eine Hälfte hat weniger, die andere mehr – im Jahr 2023 bei einem Vermögen von 241.100 Euro. Keine andere Altersgruppe kam annähernd an diesen Medianwert heran. Das Medianvermögen aller privaten Haushalte lag bei rund 103.100 Euro.

Um zu den obersten 10 Prozent der 55- bis 64-Jährigen zu gehören, muss ein Haushalt mehr als 1,06 Millionen Euro an Vermögenswerten besitzen – auch das ist der Spitzenwert aller Altersklassen.

Wie viel ein Haushalt in Deutschland besitzt, hängt stark mit dem Alter zusammen, denn der Vermögensaufbau dauert häufig ein ganzes Arbeitsleben.

Über das geringste Vermögen verfügen junge Menschen, die noch am Anfang ihres Berufslebens stehen:

In der Gruppe der unter 35-Jährigen genügte im Jahr 2023 ein Haushaltsnettovermögen von mehr als 17.300 Euro, um zur vermögensreicheren Hälfte dieser Gruppe zu gehören.

Wie viel ein Haushalt in Deutschland besitzt, hängt folglich stark mit dem Alter zusammen. Die Auswertung der Daten zeigt außerdem: Der Vermögensaufbau dauert lange, häufig ein ganzes Arbeitsleben. Erst im Ruhestand schmilzt das Vermögen schrittweise mit dem Wegfall des Arbeitseinkommens. Aber auch dann haben die Haushalte noch einiges zur Verfügung: Wer 75 Jahre oder älter ist, hatte im Jahr 2023 im Median noch ein Vermögen von 172.500 Euro.

Eine große Rolle für die Vermögensbildung spielt das Eigenheim:

Während nicht einmal jeder Zehnte unter 35 Jahren im Jahr 2023 in den eigenen vier Wänden lebte, war es bei den 55- bis 64-Jährigen mehr als jeder Zweite.

Wichtig für die Höhe der Vermögen ist ebenso die Haushaltsstruktur. So haben Singles unter 35 Jahren im Median 9.800 Euro gespart, zusammenlebende Paare in dieser Altersgruppe kommen bereits auf 42.300 Euro. Ähnlich sieht es bei den 55- bis 64-Jährigen aus. Singlehaushalte besitzen im Mittel 79.800 Euro, Paarhaushalte 361.800 Euro.

Neben den Vergleichen der Altersgruppen und der Haushaltstypen gibt auch ein Blick in die einzelnen Gruppen weiteren Aufschluss über die Vermögensbildung. Um die relative Ungleichheit zu messen, wird dazu das Verhältnis des 90-Prozent-Perzentils zum Median betrachtet. Das ist unter den jungen Menschen besonders hoch:

Um zu den oberen 10 Prozent der unter 35-Jährigen zu gehören, musste ein Haushalt beinahe über das Zwölffache des Medianvermögens der Altersgruppe verfügen.

Mit zunehmendem Alter nimmt die relative Ungleichheit ab. Bei den 55- bis 64-Jährigen lag der Schwellenwert für die oberen 10 Prozent bei etwas mehr als dem Vierfachen des Medians.

Die Studie unterstreicht die Bedeutung der Erwerbsphase für den Vermögensaufbau. Entsprechend bieten sich hier politische Möglichkeiten, um die Vermögensbildung zu unterstützen. Wenn die Regierung die Arbeitseinkommen gezielt entlastet, sodass die Beschäftigten mehr Netto vom Brutto haben, erlangen sie mehr Spielraum für die eigene Vermögensbildung – etwa durch die Finanzierung einer Immobilie oder Anlagen am Kapitalmarkt.

Einkommensvergleich: Ab 5.780 Euro Nettogehalt gelten Sie in Deutschland als reich – t-online, 8.8.2025

Ein neuer Gehaltsreport gibt Aufschluss darüber, was deutsche Manager im Schnitt verdienen. Wie verhält sich deren Einkommen zum Rest der Bevölkerung?

Deutsche Manager haben im vergangenen Jahr erneut mehr Geld bekommen, wie eine aktuelle Studie der Personalagentur i-potentials zeigt. Zwischen 2023 und 2024 haben die befragten Führungskräfte im Schnitt eine Gehaltserhöhung von 2,8 Prozent bekommen. Deren durchschnittliche Gesamtvergütung stieg damit auf 327.045 Euro im Jahr. Zum Vergleich: Der Durchschnittsverdienst der Deutschen liegt laut Statistischem Bundesamt bei rund 55.600 Euro im Jahr.

Im Süden mehr als im Osten

Laut der Studie sind die regionalen Unterschiede bei Managergehältern nach wie vor deutlich. So erhalten Führungskräfte in den traditionell wirtschaftsstarken Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern die höchsten Gehälter (durchschnittlich 328.947 Euro), während in den ostdeutschen Ländern die niedrigsten Gehälter (durchschnittlich 248.263 Euro) ausgezahlt werden.

Allerdings: Die Rolle der leistungsbezogenen Vergütungen hat zwischen 2023 und 2024 zugenommen, wie es in der Studie heißt: Während 2023 noch 78 Prozent des Gehalts aus Fixbeträgen bestand, waren es vergangenes Jahr demnach nur noch 66 Prozent. Das bedeutet: Die Manager werden stärker für den Erfolg des Unternehmens belohnt bzw. für den Misserfolg verantwortlich gemacht als früher.

Für die Studie wurden über 2000 Führungskräfte von i-potentials befragt.

Ab wann gilt man in Deutschland als reich?

Als einkommensreich gelten Arbeitnehmer aber schon viel früher: Nach einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln gelten Alleinstehende in Deutschland bereits ab einem Nettogehalt von 5.780 Euro im Monat als reich. Das entspricht fast 70.000 Euro netto im Jahr. Nach Berechnungen des IW erreichen nur vier Prozent der Menschen in Deutschland dieses Niveau.

Für eine vierköpfige Familie muss das Gehalt entsprechend höher liegen, um zur Oberschicht zu gehören. Dem IW zufolge erreicht eine solche Familie erst ab einem gemeinsamen Nettoeinkommen von 11.700 Euro im Monat die magische Grenze und gilt als reich. Das entspricht 140.400 Euro netto im Jahr.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales definiert als einkommensreich, wer „über mehr als das Doppelte bzw. Dreifache des Medians der Nettoäquivalenzeinkommen der Gesamtbevölkerung verfügt“. Dieser Definition zufolge gilt als reich, wer als Single mindestens 3.920 Euro netto im Monat hat.

Gehalt und Vermögen sind nicht gleich

Aber Achtung: Gehalt und Vermögen sind nicht gleichzusetzen. In der Studie ist ausschließlich von Gehalt die Rede, also dem Geld, das in der Regel monatlich aufs Konto kommt. Zum Vermögen zählen dagegen neben Finanzvermögen auf Konten oder in Aktienfonds auch Immobilien, Unternehmensbeteiligungen wie auch Rentenansprüche und Lebensversicherungen. Laut einer aktuellen Untersuchung der Deutschen Bundesbank besitzen die Deutschen im Schnitt 324.800 Euro an Nettovermögen.

GESELLSCHAFTSSEISMOGRAPH BÖRSEN

findet sich am Ende des Tagesblicks

HELLMEYER (Märkte u.a.m.)

ISRAEL-IRAN-HAMAS-HISBOLLAH-KRIEG

ISRAEL-IRAN-KRIEG im n-tv Liveticker

ISRAEL – NAHOSTKONFLIKT im n-tv-Liveticker

08.08.2025 19:08

Berlin stoppt Waffenlieferungen Netanjahu wirft Deutschland Belohnung der Hamas vor

Deutschland kündigt einen teilweisen Waffenexportstopp für Israel an – die Reaktion von Ministerpräsident Netanjahu folgt umgehend. Er zeigt sich enttäuscht über die Entscheidung und macht der Bundesregierung schwere Vorwürfe.

08.08.2025 07:52

Nächtliche Sitzung Gaza-Stadt einnehmen – Sicherheitskabinett für Ausweitung des Krieges

Nach langen Beratungen stimmt der Sicherheitsrat zu: Das israelische Militär soll nach dem Willen von Ministerpräsident Netanjahu Gaza-Stadt einnehmen und den Küstenstreifen komplett kontrollieren. Zudem legt die Regierung einen Plan vor, wie der Krieg beendet werden könne.

Sicherheitskabinett stimmt zu Netanjahu drückt Gaza-Plan durch – Proteste in Israel

07.08.2025 14:13

Protestaktion „Schajetet 50“ Angehörige der Hamas-Geiseln segeln Richtung Gaza

20 Geiseln in der Gewalt der Hamas sind nach israelischen Angaben noch am Leben. Die möglichen militärischen Pläne Israels könnten sie zusätzlich in Gefahr bringen, warnen ihre Angehörigen. Aus Protest brechen sie jetzt in Richtung Gazastreifen auf.

ISRAEL – NACHOSTKONFLIKT im FAZ-Liveblog

Deutschland und vier weitere Staaten haben die Entscheidung des israelischen Sicherheitskabinetts für die Besetzung von Gaza-Stadt verurteilt.

„Die von der israelischen Regierung angekündigten Pläne bergen die Gefahr, gegen das internationale Völkerrecht zu verstoßen“, teilen die Außenminister von Australien, Deutschland, Italien, Neuseeland und Großbritannien in einer gemeinsamen Erklärung mit. Die Minister bekräftigen zudem ihr Bekenntnis zur Umsetzung einer ausgehandelten Zweistaatenlösung. 

Der UN-Sicherheitsrat kommt am Sonntag zu einer Sitzung über die Pläne Israels zur Kontrollübernahme in der Stadt Gaza zusammen.

Die seltene Wochenendsitzung soll um 16.00 Uhr (MESZ) stattfinden, wie AFP am Samstag aus Diplomatenkreisen erfuhr. Mehrere der 15 Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrats hatten demnach die Einberufung beantragt. Zuvor hatte es geheißen, die Sitzung werde am Samstag um 21.00 Uhr (MESZ) abgehalten.Der UN-Sicherheitsrat kommt am Samstag zu einer Sitzung zur Lage im Nahen Osten zusammen. Das Treffen soll dem am Freitag veröffentlichten Zeitplan zufolge um 19.00 Uhr (Ortszeit New York; 21.00 Uhr MESZ) stattfinden. Der palästinensische UN-Beobachter Rijad Mansur erklärte zuvor, mehrere Länder hätten eine Sitzung beantragt.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu reagiert enttäuscht auf die Entscheidung der Bundesregierung, Waffenlieferungen nach Israel zum Teil auszusetzen.

„Anstatt Israels gerechten Krieg gegen die Hamas, die den schrecklichsten Angriff gegen das jüdische Volk seit dem Holocaust verübt hat, zu unterstützen, belohnt Deutschland den Terror der Hamas, indem es ein Embargo auf Waffenlieferungen an Israel verhängt“, teilte Netanjahus Büro auf dem Onlinedienst X mit. Netanjahu habe nicht gesagt, dass Israel den Gazastreifen einnehmen wolle. Stattdessen wolle man das Gebiet von der Hamas befreien und eine friedliche Regierung dort ermöglichen.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat nach F.A.Z.-Informationen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu telefoniert.

Demnach erklärte Merz Netanjahu den Schritt, deutsche Rüstungslieferungen an Israel einzuschränken. Ursprünglich war geplant gewesen, dass der Kanzler den israelischen Regierungschef vor der Mitteilung informiert, doch ein geplantes Gespräch konnte nicht stattfinden.EU-Ratspräsident António Costa fordert die israelische Regierung auf, ihre Entscheidung zur Einnahme von Gaza-Stadt zu überdenken. Ein solcher Einsatz verstoße gegen die Vereinbarung vom 19. Juli mit der EU und untergrabe grundlegende Prinzipien des Völkerrechts und universelle Werte, schreibt Costa auf dem Kurznachrichtendienst X. Eine derartige Entscheidung müsse Folgen für die Beziehungen zwischen der EU und Israel haben. Die Zwei-Staaten-Lösung bleibe die einzige tragfähige, langfristige Perspektive für Frieden. Zuvor forderte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Israel auf, den Plan zu überdenken.

Die Junge Union kritisiert die Ankündigung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), vorerst keine Ausfuhren von Rüstungsgütern nach Israel mehr zu genehmigen, die im Gaza-Krieg verwendet werden könnten.

Auf Instagram schrieb der Nachwuchsverband: „Staatsräson abgehakt? Ein Bruch mit den Grundsätzen der Unionspolitik.“ Der JU-Vorsitzende und CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Winkel schrieb auf der Plattform X: „Israel macht ab heute die Drecksarbeit für uns, nur ohne deutsche Waffen.“

Nach dem Beschluss des israelischen Sicherheitskabinetts zur nochmaligen Ausweitung des Militäreinsatzes gegen die Hamas im Gazastreifen hat Belgien die israelische Botschafterin in Brüssel einberufen.

Klares Ziel dabei sei es, „unsere völlige Ablehnung dieser Entscheidung zum Ausdruck zu bringen“, erklärte der belgische Außenminister Maxime Prévot am Freitag auf der Plattform X.EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fordert von Israel, die Entscheidung zu überdenken, mit der geplanten Einnahme von Gaza-Stadt den Militäreinsatz im Gazastreifen auszuweiten. Sie bekräftigt auf der Plattform X, humanitäre Hilfen für die Palästinenser müssten sofort ermöglicht werden. Auch eine Feuerpause müsse sofort umgesetzt werden. Von der Leyen appelliert wiederholt an die Hamas, sofort alle israelischen Geiseln freizulassen.

Der Zentralrat der Juden hat Kanzler Friedrich Merz (CDU) zur Rücknahme des teilweisen Stopps von Waffenexporten an Israel aufgefordert.

Die Ankündigung der Bundesregierung, Waffenlieferungen an Israel auszusetzen, ist enttäuschend“, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster am Freitag. „Dieser Kurswechsel läuft allen Solidaritätsbekundungen und Versprechen zuwider, die der Bundeskanzler seit seinem Amtsantritt vertreten hat.“ Die Bundesregierung müsse „ihren eingeschlagenen Weg schnellstmöglich korrigieren“.

Israel werde „tagtäglich durch Feinde im Nahen Osten angegriffen und mit Raketen beschossen, nicht nur durch die terroristische Hamas im Gazastreifen“, erklärte Schuster. „Israel nun die Möglichkeit zu nehmen, sich gegen solche Bedrohungen zu verteidigen, gefährdet dessen Existenz.“ Es liege „an der Hamas, den Krieg zu beenden“. Die Bundesregierung müsse deshalb „statt auf Israel ihren Druck auf die Terrororganisation Hamas erhöhen“, forderte Schuster.

Nach der Verhängung eines teilweisen Exportstopps bei Waffenlieferungen kommt aus der SPD die Forderung nach weiteren Sanktionen gegen Israel.

„Wir begrüßen, dass der Bundeskanzler unseren Forderungen folgt und einen Stopp von Waffenlieferungen ankündigt“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetovic, dem Magazin „Stern“ am Freitag. Dies könne aber nur ein erster Schritt sein. „Es müssen noch weitere folgen.“ Ahmetovic nannte dabei die Ganz- oder Teilaussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel. „Zudem dürfen Sanktionen gegen israelische Minister kein Tabu mehr sein“, sagte er dem „Stern“.

Der SPD-Politiker Ahmetovic forderte auch „die medizinische Evakuierung insbesondere von schwer verletzen Kindern“, zu deren Aufnahme sich mehrere deutsche Städte bereit erklärt haben. Die Bundesregierung müsste dies genehmigen. Sie hatte zurückhaltend auf die Angebote reagiert und auf eine laufende Prüfung verwiesen.

Ahmetovic kritisierte die Entscheidung der israelischen Regierung scharf, das militärische Vorgehen im Gazastreifen auszuweiten. „Dies ist unweigerlich verbunden mit der weiteren Vertreibung und dem Aushungern der palästinensischen Bevölkerung“, sagte er laut „Stern“. „Selbst Ex-Geiseln, Angehörige und eine Mehrheit in Israel fordern ein sofortiges Kriegsende.“ Die ursprünglichen Kriegsziele nach dem brutalen Angriff der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober 2023 stünden bei der israelischen Regierung längst nicht mehr im Vordergrund.

Die Linke begrüßt den deutschen Exportstopp für bestimmte Rüstungsgüter nach Israel und führt ihn auf politischen Druck zurück.

Zugleich forderte die Linken-Außenpolitikerin Lea Reisner am Freitag in einem Beitrag auf der Plattform X weitere Schritte. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu spreche von Vertreibung, Angriffe auf den Gazastreifen hielten an. „Angesichts dieser Vertreibungspläne und der humanitären Katastrophe muss die Bundesregierung ihrer Verantwortung nachkommen und entschieden handeln: das EU-Assoziierungsabkommen aussetzen, Palästina anerkennen und die Maßnahmen des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs umsetzen“, heißt es in der Stellungnahme.

Angesichts des Vorgehens im Gazastreifen hat die Bundesregierung gegen Israel einen teilweisen Exportstopp bei Rüstungsgütern verhängt.

Deutschland werde „bis auf Weiteres keine Ausfuhren von Rüstungsgütern“ genehmigen, „die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können“, hies es am Freitag in einer Stellungnahme von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Er verwies dabei auf das von Israel „beschlossene, noch härtere militärische Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen“.

Das israelische Sicherheitskabinett hatte in der Nacht zum Freitag einen von Regierungschef Benjamin Netanjahu vorgelegten Plan gebilligt, um die islamistische Hamas im Gazastreifen zu besiegen. Der Plan sieht vor, dass die israelische Armee die Kontrolle über Gaza-Stadt übernimmt, wie Netanjahus Büro mitteilte. Gleichzeitig soll humanitäre Hilfe an die Zivilbevölkerung außerhalb der Kampfgebiete geliefert werden.

„Israel hat das Recht, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen“, hieß es in der Erklärung. „Die Freilassung der Geiseln und zielstrebige Verhandlungen über einen Waffenstillstand haben für uns oberste Priorität.“ Die Entwaffnung der Hamas sei unerlässlich. „Die Hamas darf in der Zukunft von Gaza keine Rolle spielen.“ Das nun beschlossene militärische Vorgehen lasse „aus Sicht der Bundesregierung immer weniger erkennen, wie diese Ziele erreicht werden sollen“, hieß es in der Mitteilung des Kanzlers. 

Die Bundesregierung bleibe zutiefst besorgt „über das fortdauernde Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen“, hieß es. „Mit der geplanten Offensive trägt die israelische Regierung noch stärker als bisher Verantwortung für deren Versorgung. Sie muss einen umfassenden Zugang für Hilfslieferungen ermöglichen, auch für UN-Organisationen und andere nicht-staatliche Institutionen.“

Israel müsse „nach den richtigen Schritten der letzten Tage die humanitäre Lage in Gaza weiter umfassend und nachhaltig verbessern“, hieß es in der Mitteilung weiter. Merz forderte die israelische Regierung zudem „dringend auf, keine weiteren Schritte hin zu einer Annexion des Westjordanlands zu unternehmen“.

Angehörige israelischer Geiseln haben die vom Sicherheitskabinett beschlossene Ausweitung des Kriegs im Gazastreifen als „Todesurteil“ für die noch immer festgehaltenen Geiseln bezeichnet.

Die Entscheidung der politischen Führung sei eine offizielle Erklärung, die Geiseln aufzugeben, und führe diese – und auch israelische Soldaten – in eine „kolossale Katastrophe“, erklärte das Forum der Geisel-Angehörigen. Nach israelischer Einschätzung befinden sich noch 50 Geiseln in Gaza, davon sollen 20 noch am Leben sein.

Die Türkei verurteilt die israelischen Pläne zur Übernahme der Kontrolle über Gaza-Stadt scharf.

Das Außenministerium in Ankara fordert die internationale Gemeinschaft und den UN-Sicherheitsrat zum Handeln auf, um die Umsetzung des Vorhabens zu verhindern. Israel müsse seine Kriegspläne sofort stoppen, einem Waffenstillstand zustimmen und Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung aufnehmen. Jeder Schritt der israelischen Regierung zur Fortsetzung des von der Türkei so bezeichneten Völkermords und der Besetzung palästinensischer Gebiete versetze der globalen Sicherheit einen schweren Schlag.

UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk hat einen „sofortigen“ Stopp des israelischen Plans zur nochmaligen Ausweitung des Armeeeinsatzes im Gazastreifen gefordert.

„Der Plan der israelischen Regierung für eine vollständige militärische Übernahme“ des Palästinensergebiets stehe „im Widerspruch zum Urteil des Internationalen Gerichtshofs, wonach Israel seine Besatzung so schnell wie möglich beenden muss“, erklärte Türk am Freitag. Auch widerspreche das Vorhaben der Zweistaatenlösung und dem „Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung“, fügte Türk hinzu. Die Zweistaatenlösung sieht die Gründung eines eigenen Palästinenserstaats vor, der friedlich an der Seite Israels existiert.

Nach dem Beschluss des israelischen Sicherheitskabinetts, den Militäreinsatz im Gazastreifen auszuweiten, sagte CDU-Politiker Roderich Kiesewetter, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, dem Nachrichtensender „Welt TV“:

„Es ist tatsächlich so, dass wir uns hier intern noch abstimmen müssen, weil es sehr unterschiedliche Auffassungen gibt. Wesentlich ist ja auch, dass Israel sich nicht einig ist. Wir haben festgestellt, dass der Generalstabschef eben keine dauerhafte Besetzung des Gazastreifens will und es auch darum geht, eine gewisse Autonomie nach der Hamas aufzubauen. Das heißt also, nach der Zerstörung der Hamas den Palästinensern dort eine Chance für einen Neuaufbau gegeben werden muss. Aber es gibt noch keine Einigung innerhalb der Bundesregierung, und auch in unserer Fraktion ringen wir noch um eine klare Position.“

Israels Oppositionsführer Jair Lapid hat die vom Sicherheitskabinett beschlossene Einnahme der Stadt Gaza als „Katastrophe“ bezeichnet,

die „zu vielen weiteren Katastrophen führen wird“. Die geplante Eroberung der größten Stadt des Gazastreifens werde zum Tod der Geiseln sowie der Tötung vieler israelischer Soldaten führen, schrieb Lapid auf der Plattform X. 

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe sich entgegen den Einwänden der Armeeführung von seinen rechtsextremen Koalitionspartnern Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich treiben lassen, erklärte Lapid weiter. Die beiden ultrarechten Minister sind Verfechter der Idee, den Gazastreifen vollständig einzunehmen und die rund zwei Millionen dort lebenden Palästinenser zu vertreiben.

Das Sicherheitskabinett stimmte am frühen Morgen einem Plan zur Einnahme der Stadt Gaza zu.

Vor Beginn der Sitzung hatte Netanjahu dem amerikanischen Fernsehsender Fox News gesagt, Israel wolle die Kontrolle über den gesamten Gazastreifen übernehmen, das Gebiet aber nicht dauerhaft besetzen. Es solle von der Hamas befreit werden, um es letztlich an andere Kräfte zu übergeben.

Auch der britische Ministerpräsident Keir Starmer hat die Entscheidung Israels zur weiteren Ausweitung seines Militäreinsatzes im Gazastreifen scharf kritisiert.

„Die Entscheidung der israelischen Regierung, ihre Offensive im Gazastreifen weiter zu eskalieren, ist falsch“, sagt er. „Wir fordern sie dringend auf, diese Entscheidung unverzüglich zu überdenken.“ Das Vorgehen werde den Konflikt nicht beenden und nur zu weiterem Blutvergießen führen.

WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN

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Israels Gaza-Pläne: Deutscher Waffenlieferstopp als Zäsur, aber ohne Druckwirkung – Waffenlieferungen bislang bereits stärker eingeschränkt – ORF, 8.8.2025

Seit Freitagfrüh ist bekannt, dass Israel eine Ausweitung des Gaza-Krieges beabsichtigt. Konkret stimmte die Regierung einem umstrittenen Plan zur Einnahme von Gaza-Stadt zu. Deutschland reagierte daraufhin mit einem vorläufigen Lieferstopp für Rüstungsgüter, die in Gaza eingesetzt werden können. Diese Entscheidung ist zwar vorerst vor allem von symbolischer Bedeutung, markiert aber einen Wendepunkt in den deutsch-israelischen Beziehungen und der Berliner Außenpolitik im Gaza-Krieg.

Nur wenige Stunden nach Bekanntwerden von Israels Plänen verbreitete die deutsche Regierung von Friedrich Merz (CDU) die Erklärung zu dem vorläufigen Exportstopp, die seither Wellen schlägt. Darin heißt es, dass „die Bundesregierung bis auf Weiteres keine Ausfuhren von Rüstungsgütern, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können“, genehmigt.

Weiters heißt es, Israel habe das Recht, sich gegen Terror zu verteidigen. Auch die Forderungen nach einem Waffenstillstand, der Freilassung der israelischen Geiseln und der Entwaffnung der Hamas wird bekräftigt. Zudem sei die Entwaffnung der Hamas „unerlässlich“, und weiter: „Die Hamas darf in der Zukunft von Gaza keine Rolle spielen.“

Allerdings lasse das vom israelischen Sicherheitskabinett beschlossene Vorgehen „aus Sicht der Bundesregierung immer weniger erkennen, wie diese Ziele erreicht werden sollen“. Man sei „zutiefst besorgt“ über die Lage der Zivilbevölkerung und fordere von Israel eine Verbesserung der humanitären Lage.

Die Sache mit der „Staatsräson“

Deutschland reiht sich dabei hinter andere europäische Staaten ein, die ihre Waffenlieferung an Israel bereits eingestellt haben. Auch sonst steht Israel gegenüber den EU-Staaten zunehmend isoliert da.

Doch für Berlin birgt das Abrücken von Israel besondere Symbolkraft, galt doch die Existenz und Sicherheit des Staates seit dem Nationalsozialismus als „Staatsräson“ Deutschlands.

Israels Vorgehen im Gazastreifen stellt dieses Prinzip uneingeschränkter Unterstützung schon länger auf die Probe, in den letzten Wochen wurde die Stimmung zwischen den beiden Staaten angespannter und die deutsche Kritik an Israel härter. Merz’ Kurswechsel dürfte nun auch als Signal an die anderen EU-Staaten gewertet werden.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kritisierte den Beschluss: „Anstatt den gerechten Krieg Israels gegen die Hamas zu unterstützen, die den schrecklichsten Angriff auf das jüdische Volk seit dem Holocaust verübt hat, belohnt Deutschland den Terrorismus der Hamas durch ein Waffenembargo für Israel“, hieß es aus Netanjahus Büro. Israels Ziel sei nicht die Übernahme des Gazastreifens, sondern dessen Befreiung von der Hamas und die Ermöglichung einer friedlichen Regierung.

Kritik auch innerhalb der Union

Innenpolitisch sorgte Merz’ Entscheidung für Wirbel, auch innerhalb der Union. Die Schwesterpartei CSU dürfte über die Entscheidung nicht unterrichtet gewesen sein, wie Parteikreise der dpa nach einem entsprechenden Bericht der „Bild“-Zeitung bestätigten. Die CSU sei „überrascht worden“.

An der Entscheidung selbst übten auch CDU-Mitglieder Kritik, etwa der Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Er sprach von einem „schweren politischen und strategischen Fehler Deutschlands“.

Die Junge Union schrieb auf Instagram: „Staatsräson abgehakt? Ein Bruch mit den Grundsätzen der Unionspolitik.“ Kritik kam auch von der FDP. Ihr Chef Christian Dürr schrieb auf der Plattform X: „Friedrich Merz begeht einen schweren Fehler.“ Unterstützung kam aus der SPD: Dem Staat Israel gelte die volle Solidarität, aber Falsches müsse benannt werden, so Vizekanzler Lars Klingbeil.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland übte wenig überraschend scharfe Kritik: „Dieser Kurswechsel läuft allen Solidaritätsbekundungen und Versprechen zuwider, die der Bundeskanzler seit seinem Amtsantritt vertreten hat“, sagte Präsident Josef Schuster. Israel werde täglich von Feinden angegriffen und mit Raketen beschossen. „Israel nun die Möglichkeit zu nehmen, sich gegen solche Bedrohungen zu verteidigen, gefährdet dessen Existenz.“

Militärische Konsequenzen wohl überschaubar

Zwar gibt es über den tatsächlichen Umfang der Einschränkungen noch keine Informationen. Praktisch und militärisch dürfte Merz’ Entscheidung aber nur geringe Konsequenzen haben. Laut dem „Spiegel“ berichteten Insider schon seit Monaten, dass die Genehmigungen für Waffenlieferungen „kaum noch als Druckmittel taugen“.

Grund dafür dürfte sein, dass diese schon von der Vorgängerregierung aus SPD, Grünen und FDP zunehmend eingeschränkt wurden. In den letzten Monaten sollen nur noch Freigaben für Rüstungsgüter erteilt worden sein – dabei handelt es sich um Bau- und Ersatzteile für Waffensysteme, etwa Motoren und Getriebe. Freigaben etwa für Munition soll es bereits länger nicht mehr geben. Zudem könnten nur wenige Tranchen bereits genehmigter Lieferungen betroffen sein.

Bericht: Fast 500 Mio. Euro an Waffenlieferungen

Über die deutschen Waffenlieferungen an Israel herrschte zuletzt Stillschweigen. Offizielle Zahlen berichtete im Juni die Nachrichtenagentur dpa. Diesen zufolge soll vom 7. Oktober 2023 – dem Tag des Überfalls der Terrororganisation Hamas auf Israel – bis Mitte Mai 2025 die Lieferung von Waffen und militärischer Ausrüstung im Wert von 485,1 Mio. Euro an Israel erlaubt worden sein.

Die israelische Zeitung „Haaretz“ berichtete unter Berufung auf einen Bericht des Jewish News Syndicate (JNS), dass der Wert der aus Deutschland nach Israel exportierten Rüstungsgüter 2024 deutlich geringer war als im Jahr davor. 2024 seien Waffen im Wert von 150 Mio. US-Dollar (ca. 129 Mio. Euro) geliefert worden.

Plan sieht Räumung von Gaza-Stadt vor

Israels aktuelle Pläne gelten als nächste Zäsur im Gaza-Krieg. Laut einer Erklärung Netanjahus wurden vom Sicherheitskabinett fünf Prinzipien zur Beendigung des Krieges verabschiedet: die Entwaffnung der Hamas, die Rückkehr aller Geiseln – lebend oder tot –, die Entmilitarisierung des Gazastreifens, die militärische Kontrolle des Küstengebiets durch Israel sowie die Einrichtung einer Zivilverwaltung, die weder der Hamas noch der Palästinensischen Autonomiebehörde unterstehen soll.

Der TV-Sender N12 berichtete, der Einsatz fokussiere sich auf die Stadt Gaza. Diese solle geräumt werden, die Bevölkerung soll in Flüchtlingslager im Zentrum des Gazastreifens gebracht werden. Bereits jetzt sind die Lager überfüllt. Die Lage der Zivilbevölkerung ist katastrophal, es droht eine Hungersnot. Der Beschluss sorgte seitens der EU und der UNO sowie auch innerhalb Israels für Kritik. Am Samstag soll dazu eine Sitzung des UNO-Sicherheitsrates stattfinden.

red, ORF.at/Agenturen

Links:

Kritik an Vorgehen im Gazastreifen: Die deutsche Regierung schränkt die Waffenlieferungen an Israel ein – Anna Schiller, NZZ, 8.8.2025

In der Nacht auf Freitag hat die israelische Regierung die Besetzung von Gaza-Stadt beschlossen. Deutschland will nun keine Waffen mehr in das Kriegsgebiet liefern. Der Kanzler Friedrich Merz äussert Zweifel, ob Israels Kriegsführung noch dem Kampf gegen die Hamas diene.

Die deutsche Regierung schränkt die Waffenlieferungen an Israel ein. Deutschland werde «bis auf weiteres» keine Ausfuhren von Rüstungsgütern genehmigen, «die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können», hiess es am Freitag in einer Mitteilung des deutschen Kanzlers Friedrich Merz. Welche Waffentypen dies konkret betrifft, blieb unerwähnt. Der Kanzler begründete die Entscheidung mit der israelischen Kriegsführung.

«Israel hat das Recht, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen», sagte Merz. Die Entwaffnung der Terrororganisation sei unerlässlich. Sie dürfe in der Zukunft von Gaza keine Rolle spielen. Aus Sicht der Bundesregierung lasse das vom israelischen Kabinett beschlossene, «noch härtere militärische Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen» jedoch immer weniger erkennen, wie diese Ziele erreicht werden sollen.

Israel beschliesst Einnahme von Gaza-Stadt

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte am Donnerstag angekündigt, den gesamten Gazastreifen zu besetzen. In der Nacht auf Freitag beschloss das Sicherheitskabinett nach einer stundenlangen Sitzung schliesslich, die Stadt Gaza einzunehmen. Die Pläne bedeuten eine massive Ausweitung der Kämpfe in dem Küstengebiet.

Die Bundesregierung sei «zutiefst besorgt» über das fortdauernde Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, sagte Merz nun. Mit der geplanten Offensive trage die israelische Regierung noch stärker als bisher Verantwortung für deren Versorgung.

Die israelische Regierung müsse «einen umfassenden Zugang für Hilfslieferungen ermöglichen», auch für Uno-Organisationen und andere nichtstaatliche Institutionen. Zudem forderte Merz die Regierung auf, «keine weiteren Schritte hin zu einer Annexion des Westjordanlands zu unternehmen».

Netanyahu kritisiert Waffenembargo

Netanyahu wirft Deutschland vor, mit der Einschränkung der Waffenlieferungen die islamistische Hamas zu belohnen. Er habe seine Enttäuschung in einem Gespräch mit Bundeskanzler Friedrich Merz ausgedrückt, teilte sein Büro mit.

«Anstatt den gerechten Krieg Israels gegen die Hamas zu unterstützen, die den schrecklichsten Angriff auf das jüdische Volk seit dem Holocaust verübt hat, belohnt Deutschland den Terrorismus der Hamas durch ein Waffenembargo für Israel», hiess es in der Mitteilung. Netanyahu sagte demnach, Israels Ziel sei nicht die Übernahme des Gazastreifens, sondern die Befreiung des Gazastreifens von der Hamas und die Ermöglichung einer friedlichen Regierung dort.

SPD fordert Sanktionen gegen israelische Minister

Für Deutschland sind diese Strafmassnahmen ein Novum. Die Solidarität mit Israel gehört aufgrund der Verantwortung für den Holocaust zu den Grundpfeilern der deutschen Aussenpolitik. Merz hatte ein Waffenembargo als Oppositionsführer daher vehement abgelehnt. In den vergangenen Wochen war jedoch der Druck auf ihn gewachsen, Israel gegenüber härter aufzutreten.

Insbesondere beim Koalitionspartner, den Sozialdemokraten, wünschte man sich schon seit längerem mit Blick auf die Lage im Gazastreifen eine Kurskorrektur. Bei der SPD begrüsste man daher die Entscheidung. «Dies kann aber nur ein Schritt sein», sagte der aussenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetovic, der NZZ. Weitere müssten folgen.

Als Beispiele nannte Ahmetovic eine Ganz- oder Teilaussetzung des EU-Assoziierungsabkommens, welches die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit mit Israel regelt, sowie die Evakuierung von schwerverletzten Kindern. «Zudem dürfen Sanktionen gegen israelische Minister kein Tabu mehr sein», sagte er weiter.

Skepsis herrschte bei den Deutschen schon länger

Deutschland gehörte in den vergangenen Jahren zu den wichtigsten Waffenlieferanten Israels. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri bezog Israel im Zeitraum von 2019 bis 2023 etwa 30 Prozent seiner Waffen aus Deutschland. Ein Grossteil der Lieferungen ging an die israelische Marine.

Schon die Vorgängerregierung von Merz hatte allerdings Bedenken hinsichtlich der Waffenexporte an Israel. Im vergangenen Herbst knüpfte man weitere Lieferungen daher an Bedingungen. Die israelische Regierung musste schriftlich zusichern, dass die deutschen Waffen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht eingesetzt werden.

Die deutsche Regierung genehmigte dennoch vom 7. Oktober 2023 bis zum 13. Mai 2025 die Lieferung von Waffen und militärischer Ausrüstung im Wert von 485,1 Millionen Euro an Israel, wie kürzlich eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag ergab. Darunter befanden sich laut dem Bericht verschiedene Schusswaffen und Munition, Fahrzeuge, sowie Software und Technologie.

Deutschland setzt auf israelische Flugabwehr

Welche Waffen Deutschland konkret lieferte, beantwortete die Bundesregierung jedoch nicht. Die Veröffentlichung dieser Information könne negative Auswirkungen auf die aussenpolitischen Beziehungen der Bundesrepublik haben, hiess es zur Begründung.

Über Rüstungsexporte entscheidet in Deutschland der Bundessicherheitsrat. Die Öffentlichkeit erfährt in der Regel nichts über die genehmigten Lieferungen, da das Gremium geheim tagt. Ihm gehören der Kanzler, der Kanzleramtschef, der Aussen- und der Wirtschaftsminister sowie der Verteidigungs-, der Finanz-, der Innen-, der Justiz- und der Entwicklungshilfeminister an.

Deutschland wiederum setzt in Sachen Luftverteidigung auf Israel. Die Bundesrepublik hat für knapp vier Milliarden Euro das israelische Abwehrsystem «Arrow 3» bestellt. Das Land will sich damit künftig besser vor möglichen Raketenangriffen aus Russland schützen. Nach den Plänen der Regierung soll das System noch in diesem Jahr in Betrieb gehen.

KOMMENTARE – ANALYSEN – HINTERGRÜNDE

KOMMENTAR – Israel beschliesst die Eroberung der Stadt Gaza – Netanyahu setzt sich gegen den Rat der Militärs durch – Mirco Keilberth (Tunis), NZZ, 8.8.2025

Die neuen Kriegspläne Israels stossen in weiten Teilen des Landes auf Unverständnis und Empörung. Auch auf internationaler Ebene hagelt es Kritik. Die Ausweitung der Kämpfe dürfte das Leid der Palästinenser zusätzlich verschlimmern.

Nachdem Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am Donnerstag die Besetzung des ganzen Gazastreifens angekündigt hatte, hat Israels Sicherheitskabinett nach stundenlangen Beratungen am frühen Freitagmorgen die Einnahme der Stadt Gaza beschlossen. Anders als in dem Plan, den Netanyahu am Vortag in einem Fernsehinterview vorgestellt hatte, ist im Kabinettsbeschluss jedoch nicht von der Besetzung des gesamten Gazastreifens die Rede.

Rund 25 Prozent der 42 Kilometer langen Enklave stehen noch nicht unter der Kontrolle der israelischen Streitkräfte (IDF). Die Ankündigung Netanyahus, auch diese Gebiete zu besetzen, war laut übereinstimmenden Medienberichten gegen den Widerstand der Armeeführung erfolgt. Es hiess, Israels Generalstabschef Eyal Zamir habe in den vergangenen Tagen vehement vor jeglicher Ausweitung des Einsatzes gewarnt – mit dem Argument, ein solcher Schritt würde die 20 noch lebenden und in den Tunneln unter Gaza vermuteten Geiseln gefährden und die eigenen Soldaten überfordern.

Zamir setzte sich in der Sitzung des Sicherheitskabinetts angeblich für eine Verstärkung der Belagerung des Gazastreifens ein, allerdings ohne dafür zusätzliche Reservisten einzuziehen. In einer Erklärung aus Netanyahus Büro hiess es am Freitag, dass eine Mehrheit der Minister der Meinung sei, dass dieser «Alternativplan» weder den Sieg über die Hamas noch die Befreiung der Geiseln ermöglichen würde. Es darf allerdings kaum überraschen, dass der Armeechef schwere Bedenken hat: Immer mehr israelische Reservisten verweigern ihre Einberufungsbefehle. Zudem sind viele Soldaten erschöpft und schwer traumatisiert – in letzter Zeit hat auch die Zahl der Suizide stark zugenommen.

Nach einer Beratung mit weiteren IDF-Generälen teilte Zamir am Freitagabend schliesslich mit, man starte nun mit den Vorbereitungen: «Wir werden die Mission auf bestmögliche Weise durchführen.»

«Eine Katastrophe für Generationen»

Auch in weiten Teilen der israelischen Bevölkerung herrscht Unverständnis gegenüber Netanyahus Ankündigung einer Besetzung und dem Beschluss des Kabinetts. Der Oppositionsführer Yair Lapid reagierte am Freitagmorgen mit scharfer Kritik: «Dies ist eine Katastrophe, die viele weitere Katastrophen nach sich ziehen wird», so Lapid. Er machte dabei vor allem die rechtsextremen Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich für die Gefährdung des Lebens der Geiseln und der israelischen Soldaten verantwortlich.

Am Donnerstagabend haben sich in Tel Aviv Hunderte Kriegsgegner zu Protesten zusammengefunden. Ammar Awad / Reuters

Yair Golan, der Chef der Allianz linker Parteien, machte in einem Interview ebenfalls die «messianischen Zirkel» von Netanyahus Regierungskoalition für den Schritt verantwortlich. «Dies ist eine Katastrophe für die kommenden Generationen.» Die rechtsextremen Minister hingegen sollten ihr Glück eigentlich kaum fassen dürfen – seit langem fordern sie eine Besetzung des Gazastreifens und fordern, dass in der Küstenenklave wieder jüdische Siedlungen errichtet werden. Dennoch hat selbst ein Sprecher von Finanzminister Smotrich den Kabinettsbeschluss kritisiert: Es gehe Netanyahu nicht wirklich um eine Besetzung, sondern darum, die Hamas an den Verhandlungstisch zurückzuholen.

Auch auf internationaler Ebene hagelte es am Freitag Kritik. Der Uno-Menschenrechtskommissar Volker Türk forderte, dass der Plan sofort gestoppt werde.

Die Türkei verlangte eine Intervention der Vereinten Nationen.

Auch Peking teilte «schwere Bedenken» mit; Israel müsse seine «gefährlichen Handlungen» unmittelbar einstellen.

Ein logistischer Albtraum

Auch wenn am Freitag «nur» die Eroberung der Stadt Gaza beschlossen wurde, werden diese Pläne die Armee vor riesige Herausforderungen stellen. Ihr steht ein Kampf in dichtbesiedeltem Gebiet bevor – ein Szenario, das die Generäle stets vermeiden wollten. Die Einnahme der bereits in Trümmern liegenden und in ein Flüchtlingslager umgewandelten Stadt dürfte zu einem logistischen Albtraum werden. Offenbar sollen bis Anfang Oktober alle Bewohner der Stadt Gaza – die erst vor wenigen Monaten dorthin zurückgekehrt waren – evakuiert werden und in ein Aufnahmelager weiterziehen.

COMMENT: Wird Gaza-Stadt das Leningrad Israels?

Die Eroberung des gesamten Gazastreifens hingegen würde nach Einschätzung von Militärexperten mindestens ein halbes Jahr dauern, die Befriedung des Gebiets und der Aufbau einer Verwaltung dürften bis zu fünf Jahre in Anspruch nehmen. Dies würde massive militärische und finanzielle Ressourcen erfordern, die Abwesenheit von Tausenden Reservesoldaten würde sich auch in der israelischen Wirtschaft bemerkbar machen.

Die israelischen Kriegspläne dürften zudem das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung zusätzlich verschlimmern. Bereits jetzt sterben täglich Menschen durch israelischen Beschuss oder an den Folgen von Mangelernährung, auch wenn in letzter Zeit wieder vermehrt Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangt sind. Bei den vier Verteilzentren der amerikanisch-israelischen Gaza Humanitarian Foundation herrscht bereits jetzt tägliches Chaos. Sollte Israel tatsächlich den gesamten Gazastreifen besetzen, wäre es direkt für die Versorgung von 2,2 Millionen Palästinensern verantwortlich.

Gaza bereitet sich auf das Schlimmste vor

Im Regierungslager zeigt man sich dennoch überzeugt, die fünf Ziele erreichen zu können, die während der hitzigen Sitzung des Sicherheitskabinetts beschlossen wurden. Diese umfassen

die Entwaffnung der Hamas,

die Rückkehr aller lebenden und toten Geiseln,

die Entmilitarisierung des gesamten Gazastreifens,

die Einsetzung einer zivilen Verwaltung ohne Einfluss der Hamas und der Autonomiebehörde in Ramallah sowie

eine dauerhafte israelische Sicherheitskontrolle.

Man werde Gaza nicht langfristig besetzen, versicherte Benjamin Netanyahu gegenüber dem amerikanischen Fernsehsender Fox News. Nicht näher genannte «arabische Kräfte» sollten im Anschluss die Verwaltung des Gebiets übernehmen. Ein detaillierter Plan besteht allerdings noch nicht: «Ich denke, das wird noch ausgearbeitet», sagte Netanyahu. Viele Beobachter halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass sich arabische Staaten bereit erklären werden, nach einer israelischen Besetzung die Verantwortung für den Gazastreifen zu übernehmen.

In der Stadt Gaza bereitet man sich derweil auf das Schlimmste vor. Ein Journalist aus der Stadt berichtet am Telefon, dass viele Bewohner mit schweren Bombardierungen und weiteren Hungertoten rechnen – aber auch mit heftigem Widerstand der verbleibenden Hamas-Kämpfer. «Aber letztlich wissen wir genauso wenig wie die israelischen Soldaten und Geiseln, was in den nächsten Wochen geschehen wird.»

Eine Mutter trägt ihr Kind inmitten der Ruinen der Stadt Gaza. Diese könnte schon bald wieder evakuiert werden.

KOMMENTAR – Mit der Anerkennung von Palästina begibt sich Emmanuel Macron in das luftige Universum der Symbolpolitik – Ulrich Speck, NZZ, 7.8.2025

Der französische Präsident schwächt den Einfluss Frankreichs im Nahen Osten weiter. Die Hamas freut es.

Der französische Präsident hat sich festgelegt: Im September bei der jährlichen Uno-Vollversammlung werde Frankreich «feierlich verkünden», dass es einen palästinensischen Staat anerkenne.

Der britische Premierminister Keir Starmer hat unter Vorbehalt nachgezogen. Wenn Israel keinen Waffenstillstand verkünde und den politischen Prozess hin zur Zweistaatenlösung nicht bald wiederbelebe, dann werde Grossbritannien dem französischen Beispiel folgen.

Es ist kein Zufall, dass Macron die Bühne der Uno-Vollversammlung für diese Erklärung auswählt. Wenn es um globale Machtpolitik geht, dann agiert Frankreich im Uno-Sicherheitsrat. Hier hat Frankreich einen der fünf permanenten Sitze mit Veto-Recht.

Geht es hingegen um die grosse aussenpolitische Show, dann ist die Uno-Vollversammlung seit Jahrzehnten die erste Wahl für Staats- und Regierungschefs. Darüber hinaus ist die Vollversammlung politisch irrelevant.

Macrons Anerkennung Palästinas wird damit am passenden Ort stattfinden. Es geht dabei nicht um Macht-, sondern um Symbolpolitik.

COMMENT: Ähnlich geht es bei Merz mit seinem Waffenstopp an Israel wohl um Symbolpolitik. Das unruhige Volk, aufgebracht gegen Israel, will politische reaktionen gegen Israel sehen. Siehe den entsprechenden Artikel in diesem Tagesblick.

Unpolitische Gesinnungsethik

Die Befürworter einer Anerkennung eines palästinensischen Staates argumentieren, dass man etwas tun müsse. Angesichts der Bilder der leidenden Menschen in Gaza dürfe man nicht untätig bleiben. Offenbar hat sich Macron von dieser Stimmung anstecken lassen.

Das ist aber im Kern Ausdruck einer unpolitischen Gesinnungsethik: Es geht Macron darum, sich besser zu fühlen. Nicht, etwas an der Wirklichkeit zu ändern. Es ist ein selbstbezogener Akt. Im Blick steht die eigentliche Befindlichkeit.

Macron setzt seinen Impuls, das Leiden beenden zu wollen, nicht in praktische Politik um. Stattdessen begnügt er sich damit, die scheinbar richtige Gesinnung kundzutun. Ziel ist es, den Applaus der Gleichgesinnten einzuheimsen.

Über mangelnden Beifall wird sich Macron auf der Uno-Vollversammlung zumindest nicht beschweren können. Realpolitisch gesehen nützt dieser Akt den Palästinensern jedoch nichts.

Das grösste Problem der Palästinenser ist nicht Israel, es ist die Hamas. Die islamistische Organisation macht immer wieder klar, dass sie Israel auslöschen möchte. Doch die Anerkennung Palästinas hilft nicht bei der Herkulesaufgabe, die Hamas zu besiegen. Sie ist vielmehr kontraproduktiv.

Ghazi Hamad, Mitglied des Hamas-Politbüros, erklärte am vergangenen Wochenende gegenüber dem Sender al-Jazeera, es sei dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 zu verdanken, dass «alle diese Länder jetzt Palästina anerkennen». Offenkundig verbucht die Hamas die Ankündigung Macrons als Erfolg ihrer Terrorstrategie.

Israels Bedrohungswahrnehmung

Mit der Hamas als faktischer Führung im Gazastreifen wird es keinen palästinensischen Staat geben. Seit dem 7. Oktober 2023 fühlt sich Israel enorm bedroht. Als Reaktion darauf hat Israel seinen zentralen Gegenspieler Iran, der auch die Hamas bewaffnet und trainiert hat, erheblich geschwächt.

Israel ist jetzt die militärisch stärkste Macht der Region, und es hat die volle Unterstützung der USA. Israel wird niemals der Entstehung eines palästinensischen Staates zustimmen, der von der Hamas regiert oder auch nur von ihren Ideen geprägt werden könnte.

Die Anerkennung eines palästinensischen Staates, so die Reaktion des israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu auf Macron, belohne den Terror und riskiere die Schaffung eines iranischen Stellvertreterstaates, der wie «eine Startrampe zur Vernichtung Israels» funktionieren würde.

Hamas als Zentralproblem

Für eine realpolitisch brauchbare Strategie zur Unterstützung der Palästinenser ergibt sich daraus ein klarer Imperativ: Jeder politische Prozess muss vom Verschwinden der Hamas abhängig gemacht werden. Nur ohne die Hamas haben die Palästinenser eine Chance auf eine friedliche Zukunft.

Würde Paris ernsthaft versuchen, dem Ziel eines Palästinenserstaates näherzukommen, agierte es so, wie Macron das bis vor kurzem tat: Er definierte die Anerkennung eines palästinensischen Staates als Endpunkt eines Prozesses, für eine Zeit nach der Hamas.

Doch mit dem Akt der Anerkennung zu einer Zeit, in der die Hamas noch den Gazastreifen beherrscht, verabschiedet sich Macron aus der seriösen Diplomatie. Für Israel sieht es nun so aus, als hätte sich Frankreich mit seinem schlimmsten Feind, der Hamas, verbündet.

Der Sprecher des israelischen Parlaments, Amir Ohana, sagte, mit seiner Ankündigung habe Macron «der Hamas einen Preis für das Massaker vom 7. Oktober verliehen». Er schäme sich, diesen Mann getroffen zu haben.

Die geringe Relevanz, die Frankreich noch in der Nahostpolitik besass, hat es mit Macrons einseitiger Positionsbestimmung nun verloren. Donald Trump hat dies auch unverblümt deutlich gemacht. Der amerikanische Präsident sagte zu Macrons Anerkennungsplänen: «Was er sagt, spielt keine Rolle. Es wird nichts ändern.»

Abschied aus der Realpolitik

Unmittelbar nach dem Massaker vom 7. Oktober hatte Macron noch andere Instinkte. Beim Besuch in Israel rief er dazu auf, dass die bestehende Koalition, die den Islamischen Staat bekämpfe, ihren Kampf auf die Hamas ausweite. Frankreich sei bereit dazu: «Wir sollten eine regionale und internationale Koalition bilden, um gegen Terroristengruppen zu kämpfen, die uns alle bedrohen.»

Diese Initiative verlief im Sand. Israel wurde im Kampf gegen die Hamas weitgehend alleingelassen. Die Europäer begnügten sich mit einem Platz an der Seitenlinie. Mit der Anerkennung eines real nicht existierenden Staates Palästina hat sich Macron nun aus der Sphäre der Realpolitik verabschiedet. Dass die Terroristengruppe, gegen die er im Oktober 2023 noch kämpfen wollte, ihm heute applaudiert, scheint ihn nicht weiter zu stören.

URAINE-KRIEG im n-tv Liveticker

Detaillierte Meldungsübersicht. Daraus eine Auswahl:

+++ 09:54 Ukraine: Russische Drohne greift Minibus an +++
Die Ukraine meldet zwei Tote nach einem russischen Angriff auf einen Minibus in einem Vorort von Cherson. Das öffentliche Verkehrsmittel sei am Morgen von einer Drohne getroffen worden, berichtet Ukrainska Pravda unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft der Region Cherson. Sechs Menschen wurden demnach verletzt. Die Staatsanwaltschaft hat eine Untersuchung wegen möglicher Kriegsverbrechen eingeleitet.

+++ 09:23 Bericht: Putin gab Witkoff Leninorden für CIA-Beamtin +++
Der russische Präsident Putin hat dem US-Sondergesandten Witkoff Medienberichten zufolge eine Auszeichnung mitgegeben. Der Leninorden sollte Juliane Gallina überreicht werden, deren 21-jähriger Sohn Michael Gloss im Ukraine-Krieg an der Seite Russlands gekämpft hatte und 2024 getötet wurde. Das berichtet CBS News unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Quellen. Gallina ist derzeit bei der CIA als stellvertretende Direktorin für digitale Innovation tätig. Was mit der Auszeichnung geschehen ist, sei unklar. Putin habe Witkoff den Orden während seiner Russlandreise in dieser Woche übergeben.

US-Bürger stirbt in der Ukraine Sohn von hoher CIA-Beamtin wohl im Kampf für Russland gefallen

+++ 08:37 Selenskyj: Ukrainer werden ihr Land nicht abgeben +++
Der ukrainische Präsident Selenskyj lehnt Gebietsabtritte seines Landes ab. „Die Ukrainer werden ihr Land nicht an Besatzer abgeben“, sagt er in einer Videoansprache. Die Ukraine sei bereit für „echte Entscheidungen, die Frieden bringen können“. „Alle Entscheidungen, die gegen uns gerichtet sind, alle Entscheidungen, die ohne die Ukraine getroffen werden, sind gleichzeitig Entscheidungen gegen den Frieden. Sie werden nichts bewirken. Das sind totgeborene Entscheidungen“, so Selenskyj.

+++ 07:14 Ukraine und Verbündete wollen sich vor Trump-Putin-Treffen abstimmen +++
Hochrangige Vertreter der Ukraine, der USA und Europas werden sich laut einem Medienbericht vor dem geplanten Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Trump und dem russischen Präsidenten Putin in Großbritannien treffen. Das berichtet Axios unter Berufung auf drei mit den Plänen vertraute Quellen. Demnach werden die Ukraine und ihre Verbündeten eine gemeinsame Position anstreben. Wer teilnehmen wird, werde noch diskutiert.

+++ 06:47 Selenskyj: USA sind entschlossen +++
Zu den Berichten über einen möglichen Gebietsabtritt gibt es von den ukrainischen Behörden noch keine unmittelbare Stellungnahme. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußert sich in einer Erklärung, die sich jedoch nicht direkt darauf bezieht. „Die Vereinigten Staaten sind entschlossen, einen Waffenstillstand zu erreichen, und wir müssen gemeinsam alle konstruktiven Schritte unterstützen“, sagt Selenskyj. Ein würdiger, verlässlicher und dauerhafter Frieden könne nur das Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen sein.

+++ 05:53 Ukraine und USA arbeiten an Schutz kritischer Energieinfrastruktur +++
In Zusammenarbeit mit der ukrainischen staatlichen Agentur für Wiederaufbau und Infrastrukturentwicklung prüfen die USA die Möglichkeit, in einem der Umspannwerke eine zweite Schutzstufe einzuführen. Das berichtet die ukranische Nachrichtenagentur Ukrinform unter Berufung auf eine Erklärung des Pressediensts der Energie-Agentur auf Facebook. Es sei im Anschluss an ein Arbeitstreffen in Krakau abgegeben worden, heißt es.

+++ 03:05 Kreml-Berater: „Friedliche Beilegung der Ukraine-Krise“ Thema des Gipfels +++
Bei dem bevorstehenden Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump geht es nach russischen Angaben um Optionen für eine „langfristige, friedliche Beilegung der Ukraine-Krise“. Dies sagt der außenpolitische Berater des russischen Präsidenten, Juri Uschakow, in Moskau.

+++ 02:39 Kreml lädt Trump im Anschluss an Treffen in Alaska nach Russland ein +++
Der Kreml hat US-Präsident Donald Trump im Anschluss an das geplante Treffen mit Präsident Wladimir Putin in Alaska zu einem Besuch nach Russland eingeladen. „Mit Blick auf die Zukunft ist es nur natürlich, dass das nächste Treffen der Präsidenten auf russischem Boden stattfindet“, teilt Präsidentenberater Juri Uschakow mit. Eine entsprechende Einladung sei bereits an den US-Präsidenten verschickt worden, heißt es weiter.

+++ 01:50 Kreml bestätigt Treffen zwischen Putin und Trump in Alaska am Freitag +++
Der Kreml hat ein für kommenden Freitag geplantes Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem US-Amtskollegen Donald Trump in Alaska bestätigt. Kreml-Berater Juri Uschakow bezeichnet die Wahl des Ortes für das Treffen als „ziemlich logisch“. „Russland und die USA sind enge Nachbarn, die aneinandergrenzen“, teilt er mit.

+++ 01:28 China will trotz Trumps Zolldrohungen weiterhin russisches Öl kaufen +++
Das chinesische Außenministerium hat erklärt, dass Peking trotz der Zolldrohungen von US-Präsident Donald Trump weiterhin Öl aus Moskau kaufen wird. Es sei legitim und rechtmäßig, dass China mit allen Ländern der Welt, einschließlich Russland, eine normale wirtschaftliche, handelspolitische und energiepolitische Zusammenarbeit pflege, erklärt das chinesische Außenministerium als Antwort auf eine von Bloomberg gestellte Frage zu Ölkäufen in Russland. „Wir werden weiterhin angemessene Maßnahmen zur Energiesicherheit im Einklang mit unseren nationalen Interessen ergreifen“, heißt es in der Erklärung weiter.

+++ 00:03 Trump nennt „Gebietstausch“ zwischen Russland und Ukraine als möglichen Inhalt eines Abkommens +++
Nach einem Treffen mit den Staatenlenkern von Armenien und Aserbaidschan im Weißen Haus sagt US-Präsident Donald Trump zu möglichen Inhalten eines Abkommens zwischen der Ukraine und Russland, dass dieses einen „Gebietstausch“ zwischen beiden Staaten beinhalten könne. Hierüber werde jedoch „später oder morgen“ gesprochen. „Es ist kompliziert, wirklich nicht einfach“, fügt Trump vor Journalisten an, ohne genauer zu werden.

+++ 21:55 Ukraine ordnet Evakuierung 19 weiterer Ortschaften in der Region Donezk an +++
Die Ukraine hat angesichts des Vormarschs russischer Truppen die Evakuierung von 19 weiteren Ortschaften in der Region Donezk im Osten des Landes angeordnet. „Wir beginnen mit der Zwangsevakuierung von Familien mit Kindern“, schrieb der Gouverneur der Region, Wadym Filaschkin, im Onlinedienst Telegram. „In der Region Donezk zu bleiben ist äußerst gefährlich. Brechen sie auf, solange das noch möglich ist.“ Den Angaben zufolge leben derzeit rund 109 Kinder in den Ortschaften, die evakuiert werden sollen. Alle davon befinden sich bis zu 30 Kilometer von der Front entfernt.

+++ 20:39 Bericht: Russland plant Tests eines nuklearen Marschflugkörpers +++
Russland könnte in den kommenden Tagen erneut Tests des Marschflugkörpers „Burewestnik“ durchführen. Darüber berichtet die norwegische Zeitung „The Barents Observer“. Die Waffe ist mit einem nuklearen Antrieb und einem thermonuklearen Sprengkopf ausgestattet. Laut dem Bericht laufen die Vorbereitungen auf der russischen Inselgruppe Nowaja Semlja in der russischen Arktis bereits seit mehreren Wochen. Seit den 1950er Jahren wird dieses Gebiet für Atomwaffentests genutzt. 2019 war es dem Bericht zufolge zu einem schweren Zwischenfall gekommen: Ein nuklearer Antrieb explodierte bei der Bergung vom Meeresboden. Mehrere Mitarbeiter der staatlichen Atombehörde Rosatom waren kurz darauf an den Folgen radioaktiver Strahlung gestorben.

+++ 20:05 ntv-Korrespondent: „Ukraine soll von Putin und Trump zerpflückt werden“ +++
Vor dem angedachten Treffen Trumps mit Putin arbeiten Berichten zufolge Vertreter der USA und Russlands an Plänen, wonach die Ukraine „Konzessionen“ in Form von Gebietsabtretungen machen solle. Unklar sei noch, mit welchen Details das Vorgehen kaschiert werden solle, berichtet ntv-Korrespondent Peter Kleim.

Kleim über Gebietspläne „Ukraine soll von Putin und Trump zerpflückt werden

+++ 18:57 Russen geben Cherson noch eine Woche +++
Ein Team des Nachrichtensenders CNN kann für eine Reportage ins vom Krieg stark gezeichnete Cherson. Russland macht hier mit Drohnen offen Jagd auf Zivilisten – und richtet nun einen Korridor für die Flucht der letzten Bewohner ein. Mit Menschlichkeit, sagt man hier, hat das aber nichts zu tun.

Barbarische „Menschen-Safari“ Russen geben Cherson noch eine Woche

+++ 18:20 Bericht: US-russischer Plan würde russische Geländegewinne festschreiben +++
Die USA und Russland arbeiten einem Medienbericht zufolge an einem Plan für eine Feuerpause, der den derzeitigen Frontverlauf zumindest teilweise festschreiben würde. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen meldet, würde Russland seine Offensive in den Regionen Cherson und Saporischschja anhalten. Den Angaben zufolge arbeiten US- und russische Vertreter an einer Vereinbarung bezüglich der Gebiete im Zusammenhang mit einem geplanten Gipfeltreffen von US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Kollegen Wladimir Putin. Dieses könnte in der kommenden Woche stattfinden.

+++ 17:39 Indiens Premier Modi spricht mit „Freund“ Putin über die Ukraine +++
Russland und Indien wollen ihre Zusammenarbeit verstärken. Ministerpräsident Narendra Modi und Putin hätten bei einem Telefongespräch über den Fortschritt in den bilateralen Beziehungen beraten, teilte das Büro des indischen Regierungschefs mit. Beide Seiten hätten ihre Entschlossenheit betont, „die spezielle und privilegierte strategische Partnerschaft“ zu vertiefen. Modi lud demnach den Kremlchef zum geplanten jährlichen russisch-indischen Gipfeltreffen in diesem Jahr nach Indien ein. Ein Termin dafür stand zunächst nicht fest. Modi nannte Putin auf der Plattform X seinen Freund. „Ich habe ihm dafür gedankt, mich über die jüngsten Entwicklungen zur Ukraine zu informieren.“ Details nannte Modi nicht. Zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verhält sich Neu-Delhi, das gleichermaßen gute Beziehungen zu Moskau und zum Westen pflegt, neutral.

+++ 17:10 Orban: EU sollte „nicht wie beleidigtes Kind zu Hause sitzen“ +++
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat gefordert, dass führende EU-Politiker direkt mit Präsident Wladimir Putin über ein Ende des Ukraine-Kriegs sprechen. Nach Angaben des ungarischen Portals „444.hu“ kritisierte Orban, die EU habe „geschlafen“ und meide den Kontakt zum Kreml. Er schlug vor, dass Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron entweder nach Moskau reisen oder ein Treffen in einem neutralen Land initiieren. Hintergrund sind die erwarteten Gespräche zwischen US-Präsident Donald Trump und Putin. Ohne europäische Beteiligung drohe ein mögliches Abkommen allein von Washington und Moskau geprägt zu werden, warnte Orban. Die EU solle „nicht wie ein beleidigtes Kind zu Hause sitzen“, sondern verhandeln – wenn nicht vor, dann zumindest nach dem Treffen zwischen Trump und Putin.

+++ 16:48 Putin telefoniert mit Verbündeten +++
Vor einem möglichen Gipfel mit US-Präsident Donald Trump zum Ukraine-Krieg hat der russische Staatschef Wladimir Putin mit seinen Nachbarstaaten und Verbündeten gesprochen. Nach Mitteilung des Kremls informierte Putin den usbekischen Präsidenten Schawkat Mirsijojew über seine Gespräche mit US-Unterhändler Steve Witkoff in Moskau am Mittwoch. Ebenso wurde der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew unterrichtet. Beide Gesprächspartner hätten diplomatische Bemühungen für ein Ende des Ukraine-Krieges befürwortet, hieß es. Nähere Angaben zu den Telefonaten machte der Kreml nicht. Nach Angaben aus Minsk telefonierte Putin auch mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko. Bislang gibt es weder von den USA noch von Russland Angaben darüber, welche Vorschläge für ein Ende des Ukraine-Krieges Witkoff in Moskau gemacht hat.

+++ 15:39 Bericht: Russland verlagert nach Trumps Indien-Zöllen Exporte nach China +++
Russische Ölkonzerne leiten einem Medienbericht zufolge Rohöllieferungen von Indien nach China um. Wie Bloomberg berichtet, steht dieser Schritt im Zusammenhang mit den von US-Präsident Donald Trump verhängten Strafzöllen gegen Indien. Demnach bieten russische Anbieter das Öl chinesischen Raffinerien zu einem ermäßigten Preis an. Trumps Dekret vom 6. August sieht Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Importe aus Indien vor. Das Weiße Haus begründete die Maßnahme mit Indiens fortgesetztem Kauf von russischem Öl.

+++ 15:15 Kommunen fordern Kostenausgleich für Wechsel von Ukrainern zu Asylbewerbergeld +++
Bei dem geplanten Wechsel vom Bürgergeld zu Asylbewerberleistungen für Geflüchtete aus der Ukraine haben die Kommunen einen vollständigen Kostenausgleich vom Bund gefordert. Für die Einstufung neu ankommender Geflüchteter aus der Ukraine „erwarten wir, dass Bund und Länder die Kommunen hier bei den anfallenden Kosten komplett entlasten“, sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebunds, Ralph Spiegler, der „Rheinischen Post“ vom Freitag. „Es darf nicht nur eine Kostenbeteiligung geben, sondern eine komplette, dauerhafte Übernahme der Kosten durch Bund und Länder“, fügte er hinzu.

+++ 14:42 Xi lobt geplantes Treffen zwischen Russland und den USA +++
Chinas Staatschef Xi Jinping sieht vor dem geplanten Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Staatschef Wladimir Putin eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Washington und Moskau. In einem Telefonat mit Putin sagte Xi nach Angaben der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua, China sei erfreut zu sehen, „dass Russland und die Vereinigten Staaten den Kontakt aufrechterhalten, ihre Beziehungen verbessern und eine politische Lösung der Ukraine-Krise fördern“. Die beiden Staatschefs telefonierten dem chinesischen Staatssender CCTV zufolge auf Putins Wunsch miteinander. Putin habe Xi über die „Situation der jüngsten Kontakte und Kommunikationen“ zwischen den Vereinigten Staaten und Russland sowie über die Lage in der Ukraine informiert, berichtete CCTV. Xi habe seinerseits darauf hingewiesen, dass „komplexe Probleme keine einfachen Lösungen“ hätten. Er habe zudem gesagt, dass Peking immer „den Frieden und die Förderung von Gesprächen unterstützen“ werde, berichtete CCTV weiter.

+++ 13:31 Thiele: „Russland steht auch ein größeres Desaster bevor“ +++
„Putin zieht Trump am Nasenring durch die Manege“, sagt Militärexperte Ralph Thiele mit Blick auf das geplante Gespräch der beiden Staatschefs. Dennoch habe auch der Kreml möglicherweise ein Interesse daran, Friedensverhandlungen voranzutreiben.

Krieg immer verheerender „Russland steht auch ein größeres Desaster bevor“

+++ 13:06 Bericht: EU-Staaten besorgt über Trumps fehlenden Druck auf Putin +++
Europäische Staaten zeigen sich einem Medienbericht zufolge besorgt darüber, dass US-Präsident Donald Trump bislang keinen Druck auf Kremlchef Wladimir Putin ausübt. Ein anonymer EU-Beamter sagte der „Washington Post“: „Trotz aller großspurigen Äußerungen hat Trump bisher noch nicht den geringsten Druck auf Putin ausgeübt. Null, nichts.“ Auch in der Ukraine herrscht laut der Zeitung Zurückhaltung. Ein ukrainischer Regierungsvertreter erklärte, man bemühe sich, optimistisch zu bleiben. Kiew hoffe, dass ein geplantes Treffen zwischen Trump und Putin zumindest zu einem teilweisen Waffenstillstand führen könne – insbesondere mit Blick auf die anhaltenden russischen Luftangriffe.

+++ 12:38 Tusk: Waffenruhe könnte bald möglich sein +++
Eine Unterbrechung der Kampfhandlungen im Ukraine-Krieg rückt nach Ansicht des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk näher. Es gebe „bestimmte Signale“, dass ein Einfrieren des Konflikts eher näher sei als weiter entfernt, sagt Tusk nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Welche Anzeichen er genau meint, lässt Tusk offen. Auch Selenskyj sei „sehr vorsichtig, aber optimistisch“. Der russische Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump wollen sich in der kommenden Woche treffen.

+++ 10:39 Ukrainischer Botschafter in Deutschland schließt Gebietsabtritte an Russland aus +++
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, schließt angesichts möglicher Friedensverhandlungen die von Russland geforderten Gebietsabtritte der Ukraine weiterhin aus. Der Verzicht der Ukraine auf Teile ihres Territoriums „würde heißen, dass das Recht des Stärkeren gewinnt“, sagt Makeiev im ZDF. „Wenn in Europa Ungerechtigkeit statt Völkerrecht herrscht, dann wird sich in Europa keiner mehr sicher fühlen“, fügt er hinzu. Alle Gespräche müssten dazu führen, dass Russland zu Zugeständnissen gezwungen werde, nicht die Ukraine. Russland habe diesen Krieg angefangen hat und „es ist Russland, das dafür Rechnung tragen muss“, fordert Makeiev.

+++ 09:56 Richter: Treffen ohne Selenskyj ist „Katastrophe“ für Kiew +++
Trump und Putin sollen ein Treffen planen – offenbar ohne Selenskyj. In der Ukraine sorgt diese Entscheidung für scharfe Kritik. Für die Menschen sei dies ein „Skandal“ und eine „absolute Katastrophe“, sagt ntv-Reporter Stephan Richter und berichtet aus Kiew über aktuelle Entwicklungen an der Front.

Richter zur Frontlage Treffen ohne Selenskyj ist „Katastrophe“ für Kiew

+++ 09:18 Bundeswehr hat beschädigtes Patriot-Radar der Ukraine repariert +++
Laut dem Koordinator der Nato-Ukraine-Unterstützung, Generalmajor Maik Keller, hat die Bundeswehr einin der Ukraine beschädigtes Radar des Luftabwehrsystems Patriot repariert. „Vor ein paar Monaten erhielt die Radareinheit eines Patriot-Systems einen schweren Treffer. Wir haben das Radar dann nach Deutschland zurückbringen lassen – und die Industrie sagte: Totalschaden. Lieferzeit für ein neues Radar: viele Jahre“, sagt Keller im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Damit haben wir uns nicht abgefunden und dann von Wiesbaden aus Leute mobilisiert, richtige Tüftler von der Luftwaffe, denen es gelungen ist, das Radar wieder funktionstüchtig zu machen. Die haben von Montag bis Samstag Sechszehnstundenschichten gekloppt, und im Juli haben wir das Radar in die Ukraine zurückgeliefert.“

+++ 08:37 Kleim: „Putin hat hier die Hosen an, nicht Trump“ +++
Kurz vor Ablaufen der von Washington gesetzten Frist macht Putin klar, dass das vom Weißen Haus zuvor verkündete Dreiertreffen mit Trump und Selenskyj so nicht stattfindet. ntv-USA-Korrespondent Peter Kleim sieht hinter den aktuellen Drohungen des US-Präsidenten nur heiße Luft.

WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN

FrMit ‚Freund‘ Putin spricht Indiens Premier Modi über die Ukraine227dpa-AFX

Trump und Putin wollen am kommenden Freitag persönlich in Alaska über das Ende des Ukraine-Kriegs verhandeln – Renzo Ruf (Washington), 9.8.2025 , 9:42

Der amerikanische Präsident will mit dem russischen Amtskollegen über einen Waffenstillstand sprechen. Dazu sei wohl auch ein Austausch von Gebieten notwendig, sagte Trump.

Das mit Spannung erwartete nächste Treffen des amerikanischen und des russischen Präsidenten soll nächsten Freitag in Alaska stattfinden. Dies gab Donald Trump bekannt, ohne vorerst mehr über den Austragungsort des Gipfeltreffens zu verraten. «Weitere Details werden folgen», schrieb der amerikanische Präsident stattdessen auf dem Internetdienst Truth Social. Ob auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in den amerikanischen Gliedstaat reisen wird, gab Trump am Freitag nicht bekannt.

Der Kreml bestätigte, dass das Gipfeltreffen stattfinden werde. «Es erscheint ganz logisch, dass unsere Delegation einfach über die Beringstrasse fliegt und dass ein so wichtiges und lang erwartetes Gipfeltreffen zwischen den Staatschefs beider Länder dort stattfindet», sagte der Putin-Sprecher Juri Uschakow laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass.

Trump hatte zuvor Andeutungen über den Inhalt der Gespräche gemacht, die er mit Putin über ein Ende des Ukraine-Kriegs führen will. Er sagte im Weissen Haus, dass die Ukraine wohl territoriale Zugeständnisse machen müsse. «Es wird einen gewissen Gebietsaustausch geben», von dem beide Kriegsparteien profitieren würden. «Wir möchten tatsächlich etwas zurückbekommen und etwas tauschen», sagte Trump. Alles sei «sehr kompliziert», aber «wir werden einiges zurückbekommen. Wir werden einiges austauschen.»

Putin will den Osten der Ukraine annektieren

Was der amerikanische Präsident mit diesen Aussagen genau meinte, blieb vorerst unklar. Die Ukraine besetzt derzeit nur noch einige Quadratkilometer russisches Territorium.

Das «Wall Street Journal» berichtete aber, dass Putin dem amerikanischen Unterhändler Steve Witkoff am vergangenen Mittwoch in Moskau ein Waffenstillstandsangebot unterbreitet habe. Laut diesem werden die russischen Streitkräfte die Kampfhandlungen in der Ukraine einstellen – falls sich Kiew im Gegenzug dazu bereit erklärt, die ukrainischen Truppen aus dem Osten des Landes abzuziehen. Putin strebe zudem an, dass die internationale Gemeinschaft die gewonnenen Territorien als russisches Staatsgebiet anerkenne.

Unklar ist, auf welche Gebiete es der russische Präsident genau abgesehen hat. Derzeit besetzen die russischen Streitkräfte nebst der Krim auch die Mehrheit der vier ukrainischen Provinzen Luhansk, Donezk, Saporischja und Cherson.

Europäische Regierungsvertreter hätten zu den Zielen Putins in mehreren Telefonaten mit Washington widersprüchliche Informationen bekommen, meldete das «Wall Street Journal».

Witkoff habe in einem Telefonanruf am Freitag von zwei Phasen gesprochen.

In einer ersten werde die Ukraine ihre Streitkräfte aus dem Donbass abziehen und Russland das Versprechen abgeben, den Konflikt entlang der gegenwärtigen Front einzufrieren.

In einer nächsten Phase würden Putin und Trump dann einem endgültigen Friedensplan zustimmen, der später auch mit dem ukrainischen Präsidenten verhandelt werden würde. Selenski vertrat bisher die Position, dass er nicht der Präsident sein wolle, der ukrainisches Territorium an Russland verloren habe.

Selenski sagt, es gebe «eine Chance» für Waffenstillstand

Diese Haltung vertritt er weiter. Nach der Ankündigung über das Treffen von Trump und Putin sagte Selenski, die Ukrainer würden ihr Land nicht an die Besatzer abtreten. Davon werde man nicht abweichen. Man sei bereit, über echte Lösungen zu sprechen, sagte Selenski. Aber: «Eine Lösung ohne Kiew ist eine Lösung ohne Frieden.»

Vor der Ankündigung von Trump hatte Selenski in einer Videobotschaft darauf hingewiesen, dass Putin das Ultimatum ignoriere, das Trump ihm gestellt habe. In der Tat hatte der amerikanische Präsident seinen russischen Amtskollegen vorige Woche ultimativ dazu aufgefordert, in einen Waffenstillstand einzuwilligen. Sonst werde Washington neue, scharfe Sanktionen verabschieden, unter denen sämtliche Kunden der russischen Energiehändler leiden würden.

Dazu kam es am Freitag aber nicht, obwohl der Krieg in der Ukraine andauert. Mit einer gewissen Zufriedenheit nahm Putin wohl auch zur Kenntnis, dass Indien sich bereit erklärte, weiter Öl aus Russland zu kaufen – obwohl Trump am Mittwoch zusätzliche Strafzölle gegen den einstigen Verbündeten verhängt hatte, um solche Geschäfte zu stoppen.

Selenski sagte weiter, dass er sich im ständigen Gespräch mit seinen westlichen Partnern befinde. «Alle sind sich darin einig, dass es eine Chance gibt, zumindest einen Waffenstillstand zu erreichen, und dass alles davon abhängt, wie viel Druck man auf Russland ausübt», sagte er in der Videobotschaft.

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk sagte am Freitag nach einem Telefongespräch mit Selenski, der ukrainische Präsident sei «sehr vorsichtig, aber optimistisch». Ein Einfrieren des Ukraine-Kriegs, der mit Russlands Grossangriff im Februar 2022 begonnen hatte, sei «näher als weiter weg», sagte Tusk.

Ähnlich äusserte sich Trump im Weissen Haus: «Wir haben eine Chance» auf einen Waffenstillstand, sagte der amerikanische Präsident.

Trump will Putin am 15. August in Alaska treffen – APA, 9.8.2025, 9:19

US-Präsident Donald Trump und der russische Staatschef Wladimir Putin werden am Freitag, den 15. August in Alaska zusammentreffen, wie Trump in der Nacht auf Samstag ankündigte und der Kreml bestätigte. Dabei soll es einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge um ein Abkommen zur Beendigung des Ukraine-Krieges gehen. Dieses solle die Besetzung der von Moskau eroberten Gebiete festschreiben. Ein Vertreter des Weißen Hauses bezeichnete den Bericht als Spekulation.

„Das mit Spannung erwartete Treffen zwischen mir als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und Präsident Wladimir Putin aus Russland wird am kommenden Freitag, dem 15. August 2025, im großartigen Bundesstaat Alaska stattfinden“, schrieb der US-Präsident auf seiner Truth Social-Seite und fügte hinzu, dass weitere Details später bekannt gegeben würden.

„Russland und die USA sind enge Nachbarn und grenzen aneinander. Es scheint ganz logisch, dass unsere Delegation einfach über die Beringstraße fliegt und dass ein so wichtiges und lang erwartetes Gipfeltreffen zwischen den Führern der beiden Länder dort stattfindet“, sagte Kremlberater Kreml-Berater Juri Ushakow. Trump und Putin würden sich darauf konzentrieren, Optionen für eine „langfristige friedliche Lösung der Ukraine-Krise“ zu erörtern. Dies werde offensichtlich ein schwieriger Prozess sein, den man jedoch aktiv und energisch angehen werde, erklärte Ushakow weiter. Ein nächstes Treffen der beiden Staatschefs solle in Russland stattfinden. Eine entsprechende Einladung sei bereits an Trump ergangen.

Trump bestätigte vor Journalisten in Washington, eine Vereinbarung mit Russland könne einen Gebietsaustausch beinhalten. „Es wird einen gewissen Austausch von Gebieten zum Wohle beider Seiten geben“, sagte Trump. Das Treffen sei wegen Sicherheitsvorkehrungen verschoben worden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnt eine Gebietsabtretung jedoch entschieden ab. Die Ukraine könne in territorialen Fragen nicht gegen ihre Verfassung verstoßen, erklärt Selenskyj. „Die Ukrainer werden ihr Land nicht an Besatzer abgeben.“

Selenskyj reagiert damit auf das geplante Treffen zwischen Trump und Putin. Sein Land sei bereit für echte Lösungen, die Frieden bringen könnten, unterstreicht Selenskyj. Jede Lösung ohne die Ukraine sei eine Lösung gegen den Frieden.

Der russische Präsident beansprucht die vier ukrainischen Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson sowie die 2014 annektierte Halbinsel Krim für Russland. Die russischen Truppen kontrollieren jedoch nicht das gesamte Gebiet in den vier Regionen.

Dem Bloomberg-Bericht zufolge würde Russland im Rahmen des angestrebten Abkommens seine Offensive in den Regionen Cherson und Saporischschja entlang der derzeitigen Frontlinien einstellen.

Die Ukraine hatte in der Vergangenheit bei der Suche nach einem Ende des Krieges Flexibilität signalisiert. Der Krieg hat Städte und Dörfer des Landes verwüstet und zahlreichen Soldaten und Zivilisten das Leben gekostet. Die Anerkennung des Verlusts von rund einem Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets wäre für Selenskyj und seine Regierung jedoch schmerzhaft und politisch schwierig.

Seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus im Jänner hat Trump versucht, die US-Beziehungen zu Russland zu verbessern und den Ukraine-Krieg zu beenden. Angesichts der Weigerung Putins, die Offensive zu stoppen, hatte Trump mit neuen Sanktionen gedroht. Am Mittwoch verhängte die US-Regierung einen zusätzlichen Zoll von 25 Prozent auf Waren aus Indien wegen dessen Importen von russischem Öl. Zuvor hatte Trumps Sondergesandter Steve Witkoff in Moskau dreistündige Gespräche mit Putin geführt, die beide Seiten als konstruktiv bezeichneten.

„Am 15. August“: Trump kündigt Treffen mit Putin in Alaska an – ORF, 9.8.2025 , 1:05

US-Präsident Donald Trump wird eigenen Angaben zufolge seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin am kommenden Freitag in Alaska treffen. Das „mit Spannung erwartete Treffen“ werde am 15. August in dem Bundesstaat im Nordwesten der USA stattfinden, erklärte Trump am Freitag (Ortszeit) in seinem Onlinedienst Truth Social. Der Kreml bestätigte das Treffen und lud Trump nach Russland ein.

Kreml-Berater Juri Uschakow bezeichnete die Wahl des Ortes für das Treffen am Samstag als naheliegend. „Russland und die USA sind enge Nachbarn, die aneinandergrenzen“. Da sei „es ziemlich logisch, dass unsere Delegation einfach über die Beringstraße fliegt, und dass ein so wichtiges und mit Spannung erwartetes Gipfeltreffen zwischen den Staatschefs beider Länder in Alaska stattfindet“.

Weiter erklärte Uschakow, mit Blick auf die Zukunft sei es „nur natürlich, dass das nächste Treffen der Präsidenten auf russischem Boden stattfindet.“ Eine entsprechende Einladung sei bereits an den US-Präsidenten verschickt worden.

Trump will über „Gebietsaustausch“ reden

Das nun vereinbarte Treffen mit Putin hätte nach Angaben von Trump früher stattfinden sollen, doch es hätten Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen, betonte er.

Bei dem Treffen soll es einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge um ein Abkommen zur Beendigung des Ukraine-Krieges gehen. Dieses solle die Besetzung der von Moskau eroberten Gebiete festschreiben. Ein Vertreter des Weißen Hauses bezeichnete den Bericht als Spekulation.

Trump sagte vor Medien in Washington, eine Vereinbarung mit Russland könne einen Gebietsaustausch beinhalten. „Wir wollen tatsächlich etwas zurückbekommen und etwas tauschen – kompliziert – es ist nicht einfach“, sagte Trump. „Es ist sehr kompliziert. Aber wir werden etwas zurückbekommen. Wir werden etwas umtauschen. Es wird einen Austausch von Territorien zum Vorteil beider geben, und darüber werden wir entweder später oder morgen oder wann auch immer sprechen.“

Nach Angaben von Uschakow würden sich die beiden Präsidenten bei dem Treffen am kommenden Freitag „zweifelsohne auf eine Diskussion über Möglichkeiten für eine langfristige friedliche Lösung der Ukraine-Krise konzentrieren“. Moskau fordert für eine friedliche Lösung des Konflikts bisher unter anderem einen Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt sowie die Abtretung der von Russland annektierten Gebiete.

Selenskyj: Kein Abtreten von Land an Besatzer

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnt den Verzicht auf die von Russland schon 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie auf die teils von Moskau kontrollierten Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson bisher aber kategorisch ab.

Die Ukrainerinnen und Ukrainer werden „werden ihr Land nicht an Besatzer abtreten“, sagte Selenskyj in einer ersten Reaktion nach Bekanntgabe des Trump-Putin-Treffens. Die Ukraine sei bereit für echte Lösungen, die Frieden bringen könnten, so Selenskyj, der hier anfügte, dass jede Lösung ohne die Ukraine eine Lösung gegen den Frieden sei.

Erstes persönliches Treffen seit 2021

Es wäre das erste persönliche Treffen eines amtierenden US-Präsidenten mit Putin seit dem Sommer 2021. Damals traf Trumps demokratischer Vorgänger Joe Biden den Kreml-Chef in Genf. Trump hat mehrfach betont, den Krieg Russlands gegen die Ukraine rasch beenden zu wollen. Trump näherte sich Moskau an und telefonierte mehrfach mit Putin, äußerte sich zuletzt jedoch zunehmend kritisch über den russischen Präsidenten.

Am Dienstag vergangener Woche (29. Juli) hatte Trump eine Frist von zehn Tagen gesetzt und in diesem Zeitraum eine Waffenruhe zwischen Moskau und Kiew gefordert. Sollte es dazu nicht kommen, kündigte er Sanktionen gegen Handelspartner Russlands an und belegte kurz darauf Indien wegen seiner Ölgeschäfte mit Moskau bereits mit neuen Strafzöllen. Diese sollen allerdings erst am 27. August in Kraft treten. Diese Frist schien nun am Freitag (Ortszeit) abgelaufen zu sein, ohne dass Trump weitere Staaten mit neuen Abgaben im Kontext des Ukraine-Kriegs belegt hat.

Vor Bekanntwerden des Treffens auf Präsidentenebene war der US-Sondergesandte Steve Witkoff nach Moskau gereist und hatte dort zum fünften Mal persönlich mit Putin gesprochen. Der Austausch wurde vom Kreml als konstruktiv bezeichnet – ähnlich äußerte man sich in Washington.

Treffen zwischen Putin und Selenskyj offen

Weiter offen ist, ob es auch zu einem Treffen zwischen Putin und Selenskyj kommen wird. Der ukrainische Präsident hatte ein solches Gespräch wiederholt gefordert. Auch Trump betonte die Notwendigkeit direkter Gespräche zwischen Moskau und Kiew auf höchster Ebene.

Der Kreml machte jedoch stets deutlich, dass dafür zunächst die Voraussetzungen geschaffen werden müssten – gemeint sind Vereinbarungen auf Expertenebene. Das ist bisher nicht in Sicht.

Bericht: Arbeit an Plänen für Waffenruhe

Bloomberg hatte schon vor Trumps Bekanntgabe des Treffens berichtet, dass die USA und Russland an einem Plan für eine Feuerpause arbeiten sollen, der den derzeitigen Frontverlauf zumindest teilweise festschreiben würde. Russland würde damit seine Offensive in den Regionen Cherson und Saporischschja anhalten.

Selenskyj hatte zuletzt mitgeteilt, er sehe zumindest die Möglichkeit für eine Feuerpause. Das hänge jedoch von ausreichendem Druck auf Russland ab, sagte Selenskyj in einer Videoansprache. Er habe mehr als ein Dutzend Gespräche mit Staats- und Regierungschefs geführt.

Chinas Staatschef Xi Jinping teilte unterdessen mit, er sehe eine Verbesserung des Verhältnisses zwischen Washington und Moskau. In einem Telefonat mit Putin sagte Xi nach Angaben der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua, China sei erfreut zu sehen, „dass Russland und die Vereinigten Staaten den Kontakt aufrechterhalten, ihre Beziehungen verbessern und eine politische Lösung der Ukraine-Krise fördern“.

red, ORF.at/Agenturen

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KOMMENTARE – ANALYSEN – HINTERGRÜNDE

Krieg immer verheerender „Russland steht dank Drohnenkriegs auch ein größeres Desaster bevor“ – n-tv, 8.8.2025 (KURZVIDEO)

„Putin zieht Trump am Nasenring durch die Manege“, sagt Militärexperte Ralph Thiele mit Blick auf das geplante Gespräch der beiden Staatschefs. Dennoch habe auch der Kreml möglicherweise ein Interesse daran, Friedensverhandlungen voranzutreiben.

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Japan hat die USA erfolgreich zur Einhaltung des Zoll-Deals gedrängt – Martin Kölling (Tokio), NZZ, 8.8.2025

Japan hat sich bei der US-Regierung beschwert, wichtige Zusagen nicht eingehalten zu haben, die im Rahmen des Zoll-Deals zwischen den beiden Ländern vereinbart wurden. Nun bessert Washington nach. Die Börse steigt auf ein Rekordhoch.

Zwei Tage harter Verhandlungen im Zollstreit mit den USA haben sich für Japan erst einmal ausgezahlt. Wie Japans Chefunterhändler Ryosei Akazawa am Donnerstagabend in Washington bekanntgab, wird die US-Regierung die im Juli vereinbarten, aber noch nicht umgesetzten Zollmassnahmen doch noch umsetzen. Zu viel erhobene Zölle sollen rückwirkend auf den 7. August, den Tag, an dem Trump das neue Zollregime in Kraft setzte, zurückerstattet werden.

Zwei wichtige Mankos in Trumps Massnahmen hatten die japanische Regierung aufgeschreckt und sie veranlasst, Akazawa als Beschwerdeführer nach Washington zu schicken. Erstens hatte Trump die Autozölle zum 7. August nicht wie abgesprochen von 25 auf 15 Prozent reduziert. Zweitens hatte er, anders als bei der EU, den allgemeinen Zollsatz von 15 Prozent auf bestehende Zölle aufgeschlagen.

Durch diese Stapelung steigen die Zollsätze für viele Waren über die vereinbarte Abgabe hinaus. Akazawa erklärte nun, dass die US-Regierung zugesagt habe, die entsprechende Präsidialverordnung von Donald Trump über gegenseitige Zölle zu ändern. Die US-Regierung kündigte zudem an, dass Trump eine Präsidialverordnung zur Senkung der Automobilzölle erlassen werde.

Neue Rekorde an der Börse

Die grosse Erleichterung in Japan spiegelte sich sofort an der Tokioter Börse wider. Der Topix-Index überstieg erstmals in seiner Geschichte die Marke von 3000 Punkten. Zum Handelsschluss notierte er mit 3024 Punkten 1,2 Prozent über dem Schlusskurs vom Vortag, der bereits einen neuen Rekord dargestellt hatte.

Der Nikkei-225-Index der 225 grössten Unternehmen des Landes blieb nur knapp unter seinem Rekordhoch vom Juli des Vorjahres. Er überstieg kurzzeitig sogar die Marke von 42 000 Punkten, bevor er mit 41 820 Punkten und einem Plus von 1,9 Prozent ins Wochenende ging. Besonders profitierten die Autohersteller Toyota, Honda, Mazda und Subaru von der sich andeutenden Lösung. Zuvor waren ihre Marktwerte gefallen.

COMMENT: Im Sommer 1991 – vor dem Einmarsch Sadam Husseins in Kuwait – lag der Nikkei-225-Index mit gut 38.000 Punkten halbwegs in diesem Größenbereich. Erst 2024 hat er dieses ehemalige Allzeithoch mit 39.000 Punkten nicht nur erklommen, sondern überwunden – nach 33 Jahren, einem Drittel eines Jahrhunderts. Ab September 1991 stürzte er in den Folgejahren auf Untiefen ab, im Jahr 2011 auf rund 8.200 Punkte.

So wurde aus der „Japanischen Herausforderung“ (Buchtitel) 1991 ein üblicher Handelsstaat, der industrielle Boom der 1970er und 1980er mit zahlreichen Innovationen und industriellen (Raub-)kopien an u.a. europäischen Mustern zu billigeren Preisen etc. war längst vorbei. Noch 1991 fürchten die USA oder Deutschland, ganze Unternehmen an Japan verkaufen zu müssen. Japanische Firmenchefs gingen auf Einkaufstour und schmissen mit dem Geld nur so um sich.

Nur 20 Jahre zuvor herrschte die Angst vor der „Amerikanischen Herausforderung“ (Buchtitel) aus den gleichen Gründen vor. Nur gingen nicht japanische, sondern US-Unternehmer auf Einkaufstour nach Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen.

Vielleicht kann mit dem Einlenken der USA der volkswirtschaftliche Schaden der US-Zölle auf das bisher angenommene Mass begrenzt werden. Das Kabinettsamt hatte am 7. August seine Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) im Geschäftsjahr 2025 um 0,5 Prozentpunkte auf 0,7 Prozent gesenkt. Und selbst das gilt noch als optimistisch.

Der jüngste vierteljährliche Wirtschaftsausblick der Bank of Japan vom 31. Juli geht für das bis März 2026 laufende Geschäftsjahr sogar nur von einem Wachstum von 0,6 Prozent aus. Schätzungen des privaten Sektors fallen noch niedriger aus.

Der Druck auf Regierungschef Ishiba wächst

Die Unsicherheit bleibt allerdings bestehen – und damit auch der wachsende innenpolitische Druck auf Ministerpräsident Shigeru Ishiba. Denn bisher ist noch offen, bis wann Trump die notwendigen Dekrete unterschreiben wird. Auch die Einzelheiten zu Rückerstattungsanträgen und zur Verjährungsfrist sind noch nicht bekannt.

Akazawa versuchte, den Druck zu lindern. «Es versteht sich von selbst, dass eine rasche Umsetzung wünschenswert ist», sagte er nach den Gesprächen mit Finanzminister Scott Bessent und Handelsminister Howard Lutnick. «Ein halbes oder ein ganzes Jahr ist unmöglich.»

Für Regierungschef Shigeru Ishiba verstärkt diese Unsicherheit allerdings seine ohnehin prekäre Lage. Er regierte bisher schon mit einer Minderheit im wichtigeren Unterhaus des Zwei-Kammer-Parlaments. Im Juli verlor er auch noch die Mehrheit seiner Koalition im Oberhaus.

In seiner Liberaldemokratischen Partei werden daher Forderungen nach seinem Rücktritt laut. Dabei spielen auch die Verhandlungsführung, das Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung und die vielen offenen Fragen im Zolldeal mit den USA eine Rolle. Am Montag verteidigte er vor dem Parlament das bisher ungewöhnliche, vertragsfreie Verhandeln mit den USA mit einem Hinweis auf Trumps Charakter.

«Er ist kein typischer Verhandlungspartner und könnte Regeln umstossen», sagte Ishiba. Hätte man auf schriftlichen Regeln bestanden, wäre der «Deal» nie bis zu Trumps Stichtag am 1. August fertig geworden. Ishiba gab allerdings einem schnellen Abschluss den Vorzug, um einen 25-prozentigen Strafzoll zu verhindern.

Die schnelle Entsendung des Chefunterhändlers Akazawa als Beschwerdeführer nach Washington zeigt: Ishiba hat sich offenbar darauf eingestellt, dass es mit Trump vorerst kein Ende der Verhandlungen geben wird. Nach dem Deal ist vor den Nachverhandlungen.

NAHER OSTEN – MENA WATCH (Mena-Watch auf Wikipedia)

DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN

UMFRAGEN

08:25Umfrage unter Bundesländern: Immer weniger Steuerprüfungen in Deutschland1Spiegel Online
FrBVpta: PTA wollen laut Umfrage mehr Kompetenzen – und Gehalt1Pharmazeutische Zeitung
FrMerz-Regierung im Umfrage-Tief: Existenzkrise nach nicht einmal 100 Tagen3Telepolis
FrAktuelle Umfrage: Deutsche fürchten den großen Blackout3Spiegel Online
FrUmfrage: Mehrheit gegen häufigere Ladenöffnungen am Sonntag90dpa-AFX

ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGENAPA-WAHLTREND

KELAG: Höchster Übergewinn aller Energieversorger – ORF, 6.8.2025

Die KELAG hat im vergangenen Jahr den höchsten Übergewinn aller Landesenergieversorger erzielt, wie aus einer Untersuchung des ÖGB-nahen Momentum Instituts hervorgeht. 2024 wurde viermal so viel Gewinn gemacht wie im Schnitt der Vorkrisenjahre von 2018 bis 2021.

Als Übergewinn bezeichnet das Momentum Institut jene Gewinne von Unternehmen, die über den Durchschnittsgewinn vorangegangener Jahre hinausgehen. Im konkreten Fall sind es die Vorkrisenjahr 2018 bis 2021. Die KELAG weise für das Jahr 2024 einen Gewinn von 442 Millionen Euro aus. Das ist zwar um 21 Millionen Euro weniger als im Jahr davor, aber um 331 Millionen oder 297 Prozent mehr als im Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021.

Damit liegt die KELAG an der Spitze aller Landesenergieversorger, gefolgt von der Tiroler TIWAG mit einem Plus von 280 Millionen Euro sowie der EVN Niederösterreich und der Energie Oberösterreich mit 213 Millionen Euro Übergewinn. Am geringsten sind die Übergewinne mit 45 Millionen Euro in Wien.

215 Millionen Euro Dividende ausgeschüttet

In Summe schreiben die neun Landesenergieversorger zusammen für das Vorjahr Übergewinne von 1,5 Milliarden Euro.

Von den Übergewinnen der neun Landesversorger, der Verbund AG und der OMV in Höhe von 10,25 Milliarden Euro für die Jahre 2022, 2023 und 2024 flossen 5,5 Prozent oder 562 Millionen an Steuern in die Staatskasse. Der Rest verblieb bei den Energieunternehmen. Die KELAG schüttet von ihrem Gewinn aus dem Vorjahr 215 Millionen Euro als Dividende aus, 55 Millionen davon gehen an das Land Kärnten.

Opposition fordert weitere Preissenkung

Angesichts des satten Gewinns müsste der Strompreis nicht nur wie von der Kelag angekündigt um 10 Prozent sondern deutlich stärker sinken, heißt es heute von FPÖ und Team Kärnten, die auch die Landesregierung zum Handeln auffordern.

KELAG: „Methodik irreführend“

In einer schriftlichen Stellungnahme der KELAG wird darauf verwiesen, dass die Kelag mit der angekündigten Strompreissenkung zu den günstigsten Landesenergieversorgern gehöre. Die Methodik des Momentuminstituts halte man für irreführend, sie sei in dieser Form in der Finanzwirtschaft unbekannt. Was den Gewinn anlangt müsse man berücksichtigen, dass die Hälfte davon vom Verbund komme, an dessen Wasserkraftwerken die Kelag mit 10 Prozent beteiligt ist. Außerdem müssten die Erträge auch in Relation zu den Investitionen der Kelag gesehen werden, und dafür seien in den nächsten 10 Jahren 3,8 Milliarden Euro vorgesehen.

red, kaernten.ORF.at

Link:

Touristin von Stephansdom-Turm gerettet – ORF, 8.8.2025

Zu einem spektakulären Rettungseinsatz ist es am Freitagnachmittag im Wiener Stephansdom gekommen. Eine Touristin musste von der Wiener Berufsfeuerwehr vom Südturm geborgen werden, nachdem sie in der Türmerstube einen medizinischen Notfall hatte.

Die Frau erklomm mit einer Besuchergruppe die 343 Stufen zur Türmerstube, um den Ausblick über die Bundeshauptstadt genießen zu können. Oben angelangt, erlitt die Frau einen „medizinischen Notfall“, schilderte Feuerwehrsprecher Gerald Schimpf. Da die Frau kreislaufbedingt nicht mehr in der Lage war, den Rückweg anzutreten, wurde in Absprache mit der Berufsrettung entschieden, sie von einem ausgebildeten Höhenretter der Feuerwehr in Sicherheit zu bringen.

Mittels Akkuseilwinde aus Turm abgeseilt

In der Türmerstube wurde zu diesem Zweck zunächst an einem Haken an der Decke ein sogenannter Sicherungsfixpunkt angebracht, erläuterte Schimpf im Gespräch mit der APA. Dann wurden die erforderlichen technischen Gerätschaften und zwei Seile – eines diente der Sicherung – angelegt und die geschwächte Frau und ihr Retter mittels einer Akkuseilwinde über den Glockenturm abgeseilt.

Auf sicherem Boden wurde die 61-Jährige von einem Team der Berufsrettung erstversorgt. Sie hatte einen Kreislaufkollaps erlitten, teilte Daniel Melcher, Sprecher der Wiener Berufsrettung, mit. Die Frau wurde zur medizinischen Abklärung in ein Spital gebracht.

ÖSTERREICHISCHES PARLAMENT

ORF-MELDUNGSBÜNDEL ÖSTERREICH

Inland

Gaza-Krieg: Konzert von Kneecap in Wien abgesagt

Strafverfahren gegen Pecik diversionell erledigt

Persmanhof: Slowenischer Botschafter erwartet Aufklärung

Wirtschaft

Über 21.000 neue Unternehmer im ersten Halbjahr

Umwelt

Sonnblick: Plastikpartikel in Luft nachgewiesen

MEDIZIN

Alkoholverzicht kann Krankheitsverlauf auch bei fortgeschrittener Leberzirrhose umkehren – MedUni Wien, 8.8.2025

(Wien, 08-08-2025) Ein kompletter Verzicht auf Alkohol kann die Prognose von Patient:innen mit vorwiegend alkoholbedingter Lebererkrankung nachhaltig verbessern. Sogar eine Rückbildung leberbedingter Komplikationen durch Abstinenz scheint möglich – selbst im Stadium der Leberzirrhose. Ob diese klinischen Verbesserungen jedoch auch mit einer Verbesserung des Pfortaderhochdrucks – einem zentralen Auslöser für Komplikationen – einhergehen, blieb bisher unklar. Wissenschafter:innen der Universitätsklinik für Innere Medizin III von MedUni Wien und AKH Wien erbrachten nun den Nachweis, dass sich der Pfortaderhochdruck durch konsequente Alkoholkarenz deutlich verbessern kann. Die Ergebnisse ihrer klinischen Studie wurden kürzlich im Fachjournal „Clinical Gastroenterology and Hepatology“ veröffentlicht.

Im Mittelpunkt der Studie standen Patient:innen mit alkoholbedingter Leberzirrhose, die durch langfristige Alkoholabstinenz vormals bestehende Komplikationen ihrer Lebererkrankung überwunden hatten – ein Zustand, der im Fachjargon als „Re-Kompensation“ bezeichnet wird. Das Forschungsteam um Benedikt Hofer und Thomas Reiberger von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III von MedUni Wien und AKH Wien untersuchte nun erstmals den Verlauf des Pfortaderhochdrucks nach Re-Kompensation bei 29 Patient:innen mit alkoholbedingter Leberzirrhose.

Der Pfortaderhochdruck – ein erhöhter Blutdruck in den Blutgefäßen, die das Blut aus dem Magen-Darmtrakt zur Leber zurückführen – gilt als einer der Hauptrisikofaktoren für das Auftreten von Komplikationen der Leberzirrhose. Ob eine Rückbildung der klinischen Komplikationen infolge von anhaltender Alkoholabstinenz jedoch auch mit einer Rückbildung des Pfortaderhochdrucks einhergeht, war bislang nicht eindeutig geklärt. Mithilfe von Messungen des Lebervenendruckgradienten konnte das Forschungsteam nun neue Erkenntnisse gewinnen: „Unsere Ergebnisse zeigen eindeutig, dass Patient:innen durch langfristigen Alkoholverzicht und klinische Re-Kompensation auch einen ausgeprägten Rückgang des Pfortaderdrucks erreichen können“, erklärt Studien-Erstautor Benedikt Hofer.

Ein weiterer Schritt im Verständnis der alkoholbedingten Leberzirrhose
Leberzirrhose bezeichnet eine ausgeprägte Vernarbung der Leber, die durch verschiedenste Auslöser entstehen kann. In westlichen Ländern ist langjähriger übermäßiger Alkoholkonsum eine der häufigsten Ursachen. Die vollständige und langanhaltende Alkoholabstinenz stellt dabei nicht nur den Grundpfeiler der Therapie von Patient:innen in frühen Stadien der alkoholbedingten Lebererkrankung dar, sondern ist auch in fortgeschrittenen Stadien und nach Ausbildung einer Leberzirrhose anzustreben.

„Bereits in Vorstudien konnten wir zeigen, dass Abstinenz ein essenzieller Schritt für alle Patient:innen mit alkoholbedingter Lebererkrankung ist, um die Prognose langfristig zu verbessern – unabhängig von der Erkrankungsschwere“, so Studienleiter Thomas Reiberger und merkt weiters an: „Vor allem die enge Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie und der von Daniel König-Castillo geleiteten Ambulanz für Alkoholismusgefährdete an der Medizinischen Universität Wien und dem AKH Wien ermöglicht eine umfassende Betreuung der Patient:innen zur Aufrechterhaltung einer Alkohol-Abstinenz.“ Sogar eine vollständige Rückbildung aller leberbedingten Komplikationen ist unter Abstinenz möglich, wie das Team von Thomas Reiberger bereits in vorangegangenen Forschungsarbeiten belegen konnte. „Die aktuellen Ergebnisse stellen nun einen weiteren wichtigen Schritt in der Erforschung der alkoholbedingten Leberzirrhose dar und liefern neue Einblicke in das Regenerationspotential der Leber“, unterstreicht Benedikt Hofer.

Personalisierte Therapie im Fokus
Im Stadium der Re-Kompensation stellt die minimalinvasive Messung des Lebervenendruckgradienten weiterhin den Goldstandard zur Beurteilung des Pfortaderhochdrucks dar. Dennoch zeigen die neuen Studienergebnisse deutlich, dass auch nicht-invasive Methoden einen großen Stellenwert zur Abschätzung des Pfortaderdruckes nach Rekompensation haben. Dies hebt auch Studienleiter Thomas Reiberger hervor: „Sowohl die Messung der Leber- und Milzsteifigkeit als auch Blut-basierte Parameter stellen vielversprechende Methoden zur Abschätzung des Pfortaderdrucks dar und ermöglichen somit eine personalisierte Therapie und nicht-invasive Einschätzung des Komplikations-Risikos unserer Patient:innen.“
 
Publikation: Clinical Gastroenterology and Hepatology
Course of portal hypertension and applicability of non-invasive tests after
recompensation in alcohol-related cirrhosis;
Benedikt Silvester Hofer, Georg Semmler, Benedikt Simbrunner, Georg Kramer, Mattias Mandorfer, Thomas Reiberger; Vienna Hepatic Hemodynamic Lab and Collaborators;
https://doi.org/10.1016/j.cgh.2025.07.021

COMMENT: Eine Zirrhose lässt sich nicht rückbilden, Grundlage der Zirrhose ist Narbengewebe, dass sich nicht vom Körper abbauen oder in funktionelles Lebergewebe umbauen lässt. Den zirrhotischen Prozess aufhalten oder zumindest verlangsamen, das ist gut vorstellbar und anhand des Artikels auch nachvollziehbar.

MEDIEN

Medien als Treiber: Angeblich haben rechte Kreise die Wahl einer Verfassungsrichterin in Deutschland verhindert. Stimmt das? – Jonas Hermann (Berlin), NZZ, 8.8.2025

Frauke Brosius-Gersdorf war für das Verfassungsgericht gesetzt, bis eine Kampagne gegen sie losbrach. Die sogenannten alternativen Medien gaben den Takt vor. Die Frage ist allerdings, wie sehr sie die Abgeordneten der CDU beeinflussten.

COMMENT: Der Artikel erläutert am Fall Brosius-Gersdorf das Paradebeispiel zur Rolle der Medien an politischen Entwicklungen.

Frauke Brosius-Gersdorf liess am Donnerstag von ihren Anwälten ein ungewöhnliches Schreiben verschicken. Sie erklärte darin nicht nur ihren Verzicht auf eine Richterstelle am deutschen Verfassungsgericht, sondern geisselte das Verhalten ihrer Kritiker. Es ist ein Blick zurück im Zorn.

Die Juristin beschrieb sich als Opfer einer medialen Kampagne. Mehr noch: Auch die Abgeordneten von CDU und CSU sind aus ihrer Sicht Opfer; sie hätten die Vorwürfe gegen die Juristin übernommen, ohne sie zu prüfen. Brosius-Gersdorf machte sich gar Sorgen um die Demokratie. Sie warnte davor, «dass sich in sozialen Netzwerken organisierte und zum Teil KI-generierte Desinformations- und Diffamierungskampagnen Bahn brechen zur Herzkammer unserer Demokratie, dem Parlament». Falls sich das Parlament «auch künftig von Kampagnen treiben» lasse, drohe «eine nachhaltige Beschädigung des Verfahrens der Bundesverfassungsrichterwahl».

Nicht einmal vor Attacken gegen Journalisten schreckte sie zurück. Es war die Rede von «ehrabschneidendem Journalismus», von «Desinformation und Diffamierung». Viele Vorwürfe richteten sich wohl gegen die «Frankfurter Allgemeine Zeitung», die nicht gerade für einen reisserischen Stil bekannt ist.

Nimmt man das Statement der Juristin für bare Münze, dann ist ihr Scheitern allein das Resultat populistischer Stimmungsmache. Dieser Ansicht waren auch linke Parteien und einige Medien. Der «Spiegel» etwa schrieb kürzlich: «Wer dieser Tage auf den Berliner Sommerfesten Unionspolitiker traf, spürte ihre Angst vor rechten Hetzportalen.» Diese hätten «de facto die Unionsfraktion regiert».

Aber stimmt das überhaupt? Warum scheiterte die Wahl von Brosius-Gersdorf?

«Apollo News» setzte die Dynamik in Gang

Die Berichterstattung über Brosius-Gersdorf begann unspektakulär. Am 30. Juni schrieb zuerst die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» über die drei neuen Kandidaten fürs Bundesverfassungsgericht. Die Zeitung hatte alle Namen exklusiv recherchiert, der Artikel war in nüchternem Ton gehalten.

Einen Tag später berichtete das Portal «Apollo News», ein in rechtskonservativen Kreisen beliebtes Medium. Bei «Apollo News» war man schnell überzeugt: Brosius-Gersdorf vertritt linke Positionen und bietet viel Angriffsfläche. Immer wieder hatte sie sich öffentlich zu politischen Fragen geäussert, über die sie als Verfassungsrichterin womöglich entscheiden müsste. Dabei äusserte sie sich nicht immer als Wissenschafterin, die juristischen Auslegungsfragen nachging. Sie vertrat vielmehr dezidiert politische Standpunkte.

Sie trat für die Impfpflicht ein, wollte die gesetzliche Regelung zur Abtreibung entschärfen und zeigte sich offen für die Idee, die AfD zu verbieten, sollte genügend belastendes Material gegen sie vorliegen. Das Portal schrieb darüber einen Artikel, der zu dem Schluss kam, Brosius-Gersdorf könne die Rechtsprechung am wichtigsten deutschen Gericht massgeblich verändern.

Dieser Artikel bekam in den sozialen Netzwerken mehr Aufmerksamkeit als der Text aus der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Er setzte dort eine Dynamik in Gang: In konservativen und rechten Kreisen hielt man Brosius-Gersdorf schnell für eine katastrophale Kandidatin.

Nun erreichte die negative Berichterstattung über die Kandidatin ihren Höhepunkt. Der ehemalige «Bild»-Chefredaktor Julian Reichelt warnte auf seinem Portal «Nius» vor der «schrecklichen Juristin» und verstieg sich zu einem Nazi-Vergleich. Weil sie beim Thema Abtreibung für deutlich weniger strenge Gesetze plädiert, schrieb er: «Von der Gedankenwelt der Frauke Brosius-Gersdorf ist es nur noch ein winziger Schritt zum Schrecken des lebensunwerten Lebens.»

Damit rückte er die Juristin in die Nähe nationalsozialistischer Greueltaten; sie hatten unheilbar Kranke und Behinderte ermordet und diese als «lebensunwertes Leben» gebrandmarkt.

Reichelt wollte seine Leser nicht nur informieren. Er wollte von ihnen auch Taten sehen. Unter dem Kommentar verlinkte er gut sichtbar zur abtreibungskritischen Organisation 1000plus. Die hatte eine teilweise automatisierte Vorlage erstellt, mit der Bürger dem CDU- oder CSU-Abgeordneten aus ihrem jeweiligen Wahlkreis eine Mail schicken konnten. Sie bestand aus einem vorgefertigten Text, der sich gegen die Wahl der Juristin richtete, von den Nutzern aber auch nach Belieben angepasst werden konnte.

38 000 Mails an Abgeordnete

In den folgenden Tagen kam die Initiative in Fahrt. Über die Vorlage schickten Bürger 38 000 E-Mails an die Abgeordneten von CDU und CSU. Auch «Apollo News» und «Nius» schoben in dieser Zeit Dutzende Beiträge über Brosius-Gersdorf nach.

Jetzt stand die Kandidatin im Feuer. Sie musste in dieser Zeit auch Drohungen mit körperlicher Gewalt und Schmähungen ertragen, die nichts mehr mit inhaltlicher Kritik zu tun hatten. Am Ende scheiterte ihre Kandidatur am Widerstand der Abgeordneten von CDU und CSU. Die SPD schäumte: Bis zur kurzfristig abgesagten Wahl hatte sie sich auf die Zustimmung ihrer beiden Koalitionspartner verlassen.

Nun erreichte im linken Lager die Suche nach den Schuldigen ihren Höhepunkt; auch von einer Kampagne war immer häufiger die Rede.

Damit allein ist allerdings noch nicht sonderlich viel gesagt. Im Zeitalter der sozialen Netzwerke gibt es ständig politische Kampagnen. So lief zum Beispiel gegen den deutschen Kanzler Friedrich Merz in den Jahren vor seiner Wahl eine Diffamierungskampagne. Seine Gegner behaupteten etwa immer wieder, Merz habe einen Privatjet. Tatsächlich flog Merz eine Propellermaschine. Sie kostet den Bruchteil eines Privatjets. Auch das Ansehen des CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet wurde im Jahr 2021 in den sozialen Netzwerken mit Aktionen aus linken Kreisen beschädigt.

Die Frage ist also weniger, ob es eine Kampagne gegen Brosius-Gersdorf gab, sondern ob sie die Fraktion von CDU und CSU dazu brachte, die Wahl zu verhindern.

Auf Anfrage teilte ein Sprecher der Fraktion mit, grundsätzliche inhaltliche Bedenken hätten gegen die Kandidatin gesprochen. Diese seien «keineswegs Folge einer Kampagne». Der Einsatz für Menschenwürde und Lebensschutz sei weder rechts noch rechtsextrem. So habe sich zum Beispiel auch die frühere SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt kritisch zu den Positionen von Brosius-Gersdorf geäussert.

Die Berliner Denkfabrik Polisphere hat Zehntausende Beiträge zur Richterwahl auf der Plattform X ausgewertet. Ihre Analyse zeigt, dass das Thema Abtreibung schliesslich die Debatte dominierte – und diese besonders in den letzten Tagen vor der Wahl Fahrt aufnahm. Polisphere-Geschäftsführer Philipp Sälhoff sagte der NZZ, dass Kampagnen nichts Ungewöhnliches seien, in diesem Fall aber der Erfolg in kurzer Zeit heraussteche.

Trotzdem blickt er differenziert auf ihre Wirkung. Aus seiner Sicht ist die Kampagne nicht «monokausal dafür verantwortlich», dass die Wahl abgesagt wurde. Wie sie auf die einzelnen Abgeordneten gewirkt habe, lasse sich schwer sagen.

Zu einem ähnlichen Schluss gelangte eine Recherche des «Sterns». Das Magazin wies darauf hin, dass der Name Brosius-Gersdorf schon vor Beginn der Medienberichterstattung in der Unionsfraktion bekannt gewesen ist – wenn nicht als Fakt, dann zumindest als Gerücht. Ihre Positionen hätten bei manchen Abgeordneten früh Unmut ausgelöst. So fremdbestimmt, wie es diverse Medien darstellten, war die Fraktion also nicht.

«Einfach nur kritisch berichtet»

Der Geschäftsführer von Polisphere sieht auch keine Hinweise darauf, dass die Kampagne zentral gesteuert worden sei, schon gar nicht aus dem Ausland. Vielmehr habe die Aufregung über die Kandidatin eine Eigendynamik gehabt.

Max Mannhart, Chefredaktor von «Apollo News», weist gegenüber der NZZ den Vorwurf einer Kampagne zurück. Man habe einfach nur kritisch berichtet. Aus seiner Sicht hat es vielmehr im deutschen öffentlichrechtlichen Rundfunk eine «kampagnenartige Berichterstattung» gegeben, und zwar für Brosius-Gersdorf. «Alles war gleich intoniert – immer mit denselben Begriffen wie ‹Fake News›, ‹Kampagne› und so weiter. Allerdings ohne diese Aussagen auch nur einmal zu belegen.»

Tatsächlich sprach die bekannte ZDF-Moderatorin Dunja Hayali im «Heute-Journal» von einer «heftigen Wucht an Verleumdung und Desinformation» in der Causa.

Als Beleg blendete das ZDF auch Artikel von «Apollo News» ein. Die gezeigten Beiträge aus Mannharts Redaktion waren aber faktisch korrekt, das ZDF musste zwei Unterlassungserklärungen abgeben und das Video zur Sendung nachträglich ändern.

Kommt die Wende beim Plagiatsvorwurf?

Manches spricht dafür, dass in der Causa Brosius-Gersdorf schlichtweg zwei politische Lager aufeinandergeprallt sind – und sich nun gegenseitig unsaubere Methoden und Kampagnen vorwerfen.

Wie relativ der Begriff ist, zeigte eine weitere Wendung in dem Fall: Brosius-Gersdorf sieht sich mittlerweile Plagiatsvorwürfen ausgesetzt. Dieser Verdacht kam zwar schon am Vorabend der schliesslich abgesagten Wahl auf, doch damals war der faktische Kern kleiner als heute. Deshalb wurde der Plagiatsverdacht zunächst wiederum als Kampagne abgetan. Selbst einige Kritiker der Kandidatin sahen das so.

Mittlerweile aber prüft die Universität Hamburg den Vorwurf, dass Brosius-Gersdorfs Doktorarbeit zahlreiche Plagiate enthalte. Sie sollen aus Publikationen von ihrem Mann stammen, der ebenfalls Rechtswissenschafter ist. Es geht insgesamt um 91 Stellen, die möglicherweise nicht die geistige Eigenleistung der Kandidatin sind. Sie weist die Vorwürfe energisch zurück und will juristisch gegen den bekannten Plagiatsexperten Stefan Weber vorgehen, der den Stein ins Rollen brachte.

Natürlich kann man auch diese Plagiatsvorwürfe als Teil einer Kampagne sehen. Weber hat sich die Arbeit von Brosius-Gersdorf sicher bewusst ausgesucht. Genauso liesse sich allerdings argumentieren, dass die kritische Begutachtung der akademischen Leistung einer Spitzenjuristin legitim ist. Besonders, wenn sie kurz vor ihrer Berufung in das wichtigste deutsche Gericht steht. Dort hätte sie schliesslich zwölf Jahre lang Einfluss nehmen können auf die höchstrichterliche Rechtsprechung.

BILDUNG – HOCHSCHULEN

Professor nutzt KI – Studentin verlangt Geld zurück – Oe24, 8.8.2025

Immer mehr Hochschulen auf der ganzen Welt beschäftigen sich mit der Frage: Dürfen Lehrkräfte im Studium künstliche Intelligenz einsetzen? Ein Fall an einer Universität in den USA sorgt nun für Diskussionen.

Professor nutzt KI – Studentin verlangt Geld zurück

An der Northeastern University in Boston (USA) wollte eine Studentin namens Ella Stapleton ihre Studiengebühren in Höhe von rund 8.000 US-Dollar (ca. 7.300 Euro) zurück. Der Grund: Ihr Professor, Rick Arrowood, hatte Unterlagen für seine Vorlesung mithilfe von Programmen wie ChatGPT erstellt. Stapleton war überzeugt, dies an Schreibfehlern, merkwürdigen Bildern und unlogischen Zahlen zu erkennen. Besonders störte sie, dass Studierende selbst keine KI verwenden durften, ihr Professor aber schon. Die Universität prüfte den Fall – lehnte die Rückzahlung jedoch ab.

KI an Hochschulen

Der Einsatz von KI-Programmen wie ChatGPT ist längst Alltag an vielen Universitäten, auch in Deutschland. Viele Studierende speichern sich Befehle („Prompts“) ab oder passen sie an, um nicht aufzufallen. Manche verschleiern sogar bewusst, dass ihre Arbeit mithilfe einer KI entstanden ist. Doch nicht nur Studierende greifen darauf zurück: Auch Lehrkräfte nutzen KI – etwa zur Vorbereitung von Vorlesungen oder zur Erstellung von Arbeitsmaterialien. Einheitliche Regeln gibt es dafür oft nicht.

Forscher: Einsatz von KI kann zu Vorurteilen führen

Der Fall sorgt auch deshalb für Diskussionen, weil es bisher kaum verbindliche Regeln gibt. Paul Shovlin, Englischdozent an der University of Ohio (USA), hält die Rückerstattungsforderung für übertrieben. Er sieht es kritisch, wenn Lehrkräfte als „Bösewichte“ dargestellt werden, nur weil sie moderne Hilfsmittel verwenden. Eine Untersuchung der Duke University (USA) mit über 4.400 Teilnehmenden zeigt zudem: Wer KI-Tools nutzt, gilt schnell als faul. Das kann dazu führen, dass die Arbeit weniger geschätzt wird – selbst wenn sie qualitativ hochwertig ist.

Professor fordert mehr Offenheit beim Einsatz von KI

Rick Arrowood räumt ein, dass er ChatGPT und andere Werkzeuge wie Perplexity eingesetzt hat. Die Fehler in seinen Unterlagen seien ihm nicht aufgefallen. Er fordert nun, dass Lehrkräfte klar kommunizieren sollten, wenn sie KI verwenden – und genau überlegen, in welchem Umfang dies sinnvoll ist.

ÖH-Spitze sieht wachsenden Druck auf Studierende, aber auch Erfolge für studentische Mitbestimmung im Studienjahr 2024/25 Jahresbericht der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft – Parlamentskorrespondenz Nr. 737 vom 08.08.2025

Wien (PK) – Die Spitze der Österreichischen Hochschüler- und Hochschülerinnenschaft (ÖH) beschreibt im aktuellen ÖH-Jahresbericht 2024/25 (III-202 d.B.) das abgelaufene Studienjahr als „geprägt von politischen Umbrüchen, gesellschaftlichen Herausforderungen und einer Vielzahl an hochschulpolitischen Debatten“. Die Studierenden in Österreich seien erneut mit großen Belastungen konfrontiert gewesen, wie der anhaltenden Teuerung, steigenden Wohnkosten, wachsenden Anforderungen im Studium sowie prekären Arbeitsbedingungen. Zugleich wachse der Druck auf die Hochschulen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, etwa beim Klimaschutz, in Fragen der sozialen Gerechtigkeit oder angesichts internationaler Krisen.

Teilhabe als Schwerpunkt der Arbeit der ÖH

Allen diesen Herausforderungen habe sich die ÖH als gesetzliche Interessenvertretung aller Studierenden in Österreich gestellt, betont die ÖH-Spitze. Im Fokus der Tätigkeit des Vorsitzteams und der 14 inhaltlichen Referate der ÖH seien 2024/25 insbesondere Fragen der Vereinbarkeit von Studium und Arbeit, der Zugang zu leistbarem Wohnraum, der Schutz gefährdeter Studierender im In- und Ausland und der Kampf gegen die Klimakrise gestanden.

Die Gestaltung der Universitäten und Hochschulen zu Orten der Teilhabe sei eine fortwährende Aufgabe, hält die ÖH-Führung fest. Dazu seien zahlreiche politische Gespräche mit den Rektoraten, dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) und der Universitätenkonferenz geführt worden. Im Mittelpunkt standen laut der ÖH Forderungen nach transparenteren und flexibleren Prüfungsmodalitäten sowie besseren Studieninformationen und barrierefreien Einstiegsphasen, nach stärkeren Mitbestimmungsrechten in curricularen Entscheidungsprozessen sowie nach einer aktiven Einbindung von Studierenden in Governance-Strukturen.

ÖH-Wahlen als zentrales Ereignis des Jahres 2025

Ein besonderes Ereignis des Studienjahres 2024/25 war für die Studierendenvertretung die ÖH-Wahl im Mai 2025. Hier verweist die ÖH-Spitze auf eine gegenüber den Jahren davor deutlich höhere Wahlbeteiligung von 22,09 %. Sie sieht darin einen klaren Erfolg der studentischen Mitbestimmung.

Für die Durchführung der Wahl war zentral das Referat für wirtschaftliche Angelegenheiten der ÖH zuständig. Dieses befasste sich unter anderem mit der Neuaufstellung des elektronischen Wahladministrationssystems (eWAS).

Neben der Befassung mit Budgetfragen und mit dem Jahresabschluss habe das Referat für wirtschaftliche Angelegenheiten die weiteren ÖH-Referate bestmöglich bei der Durchführung ihrer Projekte unterstützt und sie in finanziellen Fragen begleitet, heißt es im Bericht.

Sozialberatung und Unterstützung für Studierende

Im Referat für Sozialpolitik boten Jurist:innen Studierenden allgemeine Sozialberatung zu allen Fragen rund um die Finanzierung des Studiums an, etwa zu Studien- und Familienbeihilfe, Krankenversicherung, Unterhalt und Waisenpension. Studierende im Erwerbsleben konnten Auskünfte zu Arbeitslosigkeit, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Mindestsicherung, Bildungskarenz und Bildungsteilzeit oder Unfallversicherung, Förderungen und Stipendien sowie den ÖH-Serviceleistungen erhalten. Studierende mit Kind wurden zu Fragen wie Wochen- und Kinderbetreuungsgeld, Familienbeihilfe und Krankenversicherung für das Kind oder Kinderbetreuungseinrichtungen an den Hochschulen beraten. Das Referat für Sozialpolitik habe auch bei der Erstellung des Fragebogens der Studierendensozialerhebung 2025 mitgewirkt und seine Verbreitung aktiv unterstützt.

Die ÖH verfügt über einen eigenen Sozialfonds, der Studierenden einmal jährlich finanzielle Unterstützung gewähren kann. Sein maximales Jahresbudget betrug zuletzt 405.000 €. Die Ausschöpfung lag zum Berichtszeitpunkt bei 83 %, wobei die ÖH von einer 100%igen Ausschöpfung bis zum Ende des Budgetjahres ausgeht. Im Budgetjahr 2024/2025 habe sich die finanzielle Bedürftigkeit bestimmter Gruppen von Studierenden stark erhöht, hält der Bericht fest.

Beratung von Maturant:innen und von Studierenden an PH und FH

Die Studien- und Maturant:innenberatung der ÖH entfaltete laut dem Bericht eine umfangreiche Tätigkeit, wobei im Zeitraum von Juli 2024 bis Mai 2025 insgesamt 1.502 Beratungskontakte bei einschlägigen Veranstaltungen verzeichnet wurden. Die Veranstaltungen „Studieren probieren“ verzeichneten laut den Angaben des Referats 2024/25 fast 10.000 Anmeldungen, wobei in den beiden Studiensemestern des Jahres jeweils mehr als 50 Hochschulen und über 300 Studienrichtungen bei den Veranstaltungen vertreten waren.

Zentrale Aufgabe des Referats für pädagogische Angelegenheiten war die bildungspolitische und juristische Beratung von Studierenden an Pädagogischen Hochschulen (PH) sowie der Hochschul- und Studienvertretungen. Als besondere Herausforderungen für Lehramtsstudierende nennt das Referat insbesondere das unzureichende Lehrveranstaltungsangebot sowie die uneinheitliche Anrechnung von Lehrveranstaltungen bei einem Studienwechsel.

Die Lehramtsreform bildete einen Schwerpunkt der Arbeit im Studienjahr 2024/25. Sie habe für viele Studierende eine Situation der Unsicherheit und Intransparenz erzeugt, stellt das Referat fest. Neben der individuellen Beratung habe man Themen, die in Anfragen gehäuft thematisiert wurden, an die zuständigen Stakeholder wie das BMBWF – nunmehr Bundesministerium für Bildung (BMB) – oder an die Rektor:innenkonferenz (RÖPH) herangetragen.

Das Referat für Fachhochschul-Angelegenheiten bearbeitete laut dem ÖH-Bericht zahlreiche Anfragen von Studierenden an Fachhochschulen (FH) zu Themen wie Antragstellung und Auszahlung des ÖH-Sozialfonds sowie zur ÖH-Wahl, insbesondere zu Wahlkarten. Neben den Beratungsleistungen habe das Referat im Frühjahr 2025 auch mit einer österreichweiten Umfrage zu Praktika begonnen, von der man sich insbesondere Erkenntnisse über Fragen der Vergütung und Arbeitsbedingungen erhoffe, teilt der Bericht mit.

Bildungspolitik und Öffentlichkeitsarbeit

Das Referat für Bildungspolitik der ÖH bietet juristische Beratung in studienrechtlichen Fragen und beantwortet Anfragen hinsichtlich Aktivitäten und Positionen der ÖH-Bundesvertretung zum Studienrecht. Weiters betreute das Referat lokale Hochschulvertretungen und unterstützte den Vorsitz bei Positionierungen und Stellungnahmen. Zudem wurden Fragen der hochschulischen Qualitätssicherung und des europäischen Hochschulraums behandelt. Gemeinsam mit dem Referat für Sozialpolitik wirkte das Referat an einem Hochschulprojekt zur Vereinbarkeit von Studium und Beschäftigung bzw. Betreuungspflichten mit.

Das Referat für Öffentlichkeitsarbeit der ÖH koordinierte unter anderem Bestellungen von ÖH-Materialien durch die Hochschulvertretungen, betreute die Website und Social-Media-Kanäle der ÖH und den monatlichen Newsletter „ÖH Update“. Ein zentraler Aufgabenbereich des Referats für Öffentlichkeitsarbeit sei im vergangenen Studienjahr die Planung und Durchführung der Wahlkampagne zur ÖH-Wahl 2025 gewesen, führt der Bericht aus.

Das Referat für internationale Angelegenheiten der ÖH bot Beratungen zu Auslandsaufenthalten, Stipendien für Studieren im Ausland, Auslandspraktika und ähnlichen Angelegenheiten an. Das Referat nahm auch die Vertretung der ÖH in den Beratungen zum Europäischen Hochschulraum und dem Bologna-Prozess in der österreichischen nationalen Bologna Follow-Up Group wahr und vertrat Österreich in der European Students‘ Union, dem Dachverband nationaler Studierendenvertretungen in Europa. Im Studienjahr 2024/25 befasst das Referat sich laut dem ÖH-Bericht auch besonders stark mit den Problemen von geflüchteten Studierenden und von „Students at Risk“, also Studierenden, die aufgrund ihres Einsatzes für die Menschenrechte in ihren Heimatländern mit Nachteilen rechnen müssen.

Das ÖH-Referat für ausländische Studierende habe sich im vergangenen Studienjahr mit der Rechtsberatung der ÖH für ausländische Studierende wieder als wichtige Anlaufstelle in rechtlichen Belangen bewährt, hält der Bericht fest. Belegt wird das mit konkreten Erfolgsgeschichten, in denen komplexe arbeitsrechtliche Fragen mit Unterstützung des Referats zugunsten von Studierenden gelöst werden konnten.

Unterstützung genderspezifischer Anliegen und Schritte gegen Ausgrenzung

Das Referat für feministische Politik widmete sich frauenspezifischen Anliegen im Studium, wozu insbesondere auch Fragen der Frauengesundheit gehörten. Hervorgehoben wird die Teilnahme an GenderSAFE, einem EU-geförderten Projekt, das Forschungs- und Hochschuleinrichtungen dabei unterstützen soll, umfassende Strategien zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt zu entwickeln.

Die Tätigkeit des Referats hatte auch zahlreiche Berührungspunkte zum Queer_Referat der ÖH. Das Referat war unter anderem in das Gremium des Fem-Queer-Fördertopfes eingebunden, der (queer-)feministische Abschlussarbeiten fördert. Auch im vergangenen Jahr sei es damit wieder möglich gewesen, viele Studierende, die ihre Abschlussarbeiten zu (queer-)feministischen Themen schreiben wollten, zu unterstützen, führt der ÖH-Bericht aus.

Für Maßnahmen gegen Diskriminierung von Studierenden mit Behinderungen im Studienbetrieb und für konkrete Inklusionsschritte trat das Referat für Barrierefreiheit ein.

Klimaschutzfragen und gesellschaftspolitische Themen

Zur regelmäßigen Tätigkeit des Referats für antifaschistische Gesellschaftspolitik und Menschenrechte gehörte neben der Beantwortung von Anfragen die Mitarbeit an der ÖH-Öffentlichkeitsarbeit sowie die Organisation von Veranstaltungen zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen.

Das Referat für Umwelt- und Klimapolitik entfaltete eine umfangreiche Tätigkeit zu Fragen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit an den Universitäten und Hochschulen und darüber hinaus. Diskutiert wurden etwa Maßnahmen für klimaneutrale Hochschulen. (Schluss) sox

UNTERNEHMEN

GESELLSCHAFTSSEISMOGRAPH BÖRSEN

*** nicht aktualisiert ***

AKTIENEMPFEHLUNGEN – BUY & SELL

Aktuell (—): 
Aktien um 10 Euro je Stück sind FETT hervorgehoben.

Die erwarteten stolzen Kursgewinne sind dem Übermut der tollen Analystenzunft zu verdanken! Hirn selbst einschalten und kritisch bewerten. MERKE: Klappern gehört zum Geschäft. Es geht letztlich nicht so sehr um die Beratung der Anleger, sondern um die spekulativ selbst gehaltenen Aktien der Häuser (Banken, Fonds, Anlagegesellschaften etc.), für die die Analysten tätig sind: wenn viele kaufen, steigen die Kurse, und 5% Plus sind zwar weniger als 15% oder 35%, aber besser als 5% Minus. Zudem lassen sich schnell noch eigentlich „schlechte“ Aktien im Portfolio des Hauses (Banken, Fonds, Anlagegesellschaft etc.) verkaufen, für die der Analyst tätig ist, sofern die werten privaten Anleger den Kaufempfehlungen folgen. So schaut’s aus im Schneckenhaus! Nochmals: Hirn selbst einschalten. Die Finanzbranche lebt vom Trübe-Machen des Wassers!

NICHT ZULETZT: Verkaufsempfehlungen werden ungern gegeben, da sie auf das Portfolio der Häuser (Banken, Fonds, Anlagegesellschaft etc.) rückschließen lassen, zu denen die Analysten gehören. Verkaufsempfehlungen werden aus zwei Gründen gegeben: a) es ist tatsächlich Feuer am Dach des analysierten Unternehmens, b) das Haus möchte die Aktien des zum Verkauf empfohlenen Unternehmens billiger zurückkaufen, sofern den Verkaufsempfehlungen gefolgt wird. Letztlich agieren an der Börse die Optimisten, und die wollen positive Nachrichten hören, also werden sie von den Häusern und ihren Analysten entsprechend bedient.

UND ZU ALLERLETZT: die Analysten bespiegeln sich untereinander: wer hat was empfohlen oder nicht empfohlen, es kommt zu herdenpsychologischen Erscheinungen derart: der Leithammel hat empfohlen, also machen wir das auch. Die jeweiligen Analysen werden entsprechend (um)formuliert. Das zweite Moment: die Konkurrenz, die u.U. zu skurrilen Interpretationen des analysierten Unternehmens führt.

FAZIT: was die Analystenzunft von sich gibt, kann aufschlussreich sein, muss es aber nicht, vermittelt einen zusätzlichen Eindruck zu einzelnen Aktiengesellschaften. Wichtig ist der Blick auf zweierlei: a) entscheidend: auf die volkswirtschaftliche Situation des Landes, der Welt; b) sekundär (!) auf das Unternehmen und seine Branche: Charakter des Managements, klare, gut durchschaubare Produktpalette, Langlebigkeit des Unternehmens und seine Stetigkeit im Gebaren.

Renten- und Aktienmärkte

Man halte sich vor Augen: Aktienmärkte sind die Pfützen in der Welt der Veranlagungsmöglichkeiten. Anleihenmärkte (Rentenmärkte, Kapitalmärkte) sind die großen Ozeane ebendort. Daher sind Aktienmärkte volatil und reagieren auf den leisesten Windhauch mit u.U. kräftigen Ausschlägen. Die Seelen der Anleger sind sehr verletzlich: Angst und Gier bestimmen hier jegliches Handeln, die vernünftige Veranlagungsentscheidung steht an zweiter Stelle. Das verursacht in den kleinen Geldpfützen der Aktienmärkte hohe Wellen. Aber dort stehen nach erster Erschütterung später die rationalen Kaufs- und Verkaufsentscheidungen felsenfest – bis zur nächsten Seelenerschütterung.

Anleiheanleger sind cooler und gezügelter im Gemüt. Hier geht es eher um Langfristperspektiven. Alles dreht sich um den Zins und wie er sich weiterentwickelt. Wer an der Zinsschraube dreht, dreht am Schicksal ganzer Volkswirtschaften. Da ist das aufgeregte Gegackere an den Aktienmärkten geradezu uninteressant.

Aber kommen Anleihemärkte einmal ins Rutschen – nach oben oder nach unten – dann ist Feuer am Dach. Schon 0,5 oder gar 1 Prozent Veränderung in einem Anleihenindex sind eine „Weltbewegung“ im Milliarden- oder Billionengeldmeere der Anleiheozeane.

Dazu kommt: Die Anleiherenditen konkurrenzieren mit den Aktienrenditen. Eine hohe Anleiherendite jenseits der 3 Prozent wirkt umso „giftiger“ auf die Aktienkursentwicklungen, je höher sie ist. Liegt sie unter 3 Prozent, begünstigt sie die Aktienkäufe, Je deutlicher sie unter 3 Prozent liegt, umso eher. Das ist die Regel. Die Ausnahme – so, wie wir sie gerade sehen – bestätigt diese Regel. Früher oder später wird sie ihre dominante Stellung als Regel wieder einnehmen.

Diese Verhältnisse sind es, die im Tagesblick in der Regel die Berichte zu den Anleihemärkten wiedergeben lassen, dass aufgeregte Geflattere und Gegackere an den Aktienmärkten im Detail interessiert in der Regel nicht die Bohne.

Zur Renditebestimmung bei Anleihen: notiert die Anleihe zu 100 Prozent, dann stimmen Anleihezinssatz (der Couponzins) und Anleiherendite überein. Sinkt der Anleihekurs unter 100 Prozent, steigt die Rendite, umgekehrt gilt: steigt der Anleihekurs, so sinkt die Rendite. So einfach ist das. Und so weltbewegend in der Tat.

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Allgemeine Empfehlungen: Es geht vornehmlich um die Zukunft der Energiegewinnung und die Energielieferanten. Renner bleiben Telekommunikations-Unternehmen, deren Dienstleistungen in einer digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft unabkömmlich sind. Unter den Logistik-Aktien sind in der Regel die Post-Aktien interessant. Diese Branchen sind weniger konjunkturabhängig als z.B. Konsumaktien, darunter die Post-Aktien noch am ehesten.

Hinzu kommt, dass die klassischen erdölverarbeitenden Energielieferanten (Up- und Downstream) mehr oder weniger energisch in großem Stil auf Alternativenergien umstellen. Es bleibt ihnen angesichts des Klimawandels, der öffentlichen Meinung und der in absehbarer Zeit erschöpften Welt-Erdölreserven auch nichts anderes übrig. Über das Kapital für den weltlebensnotwendigen Umbau verfügen sie dank ihrer Aktionäre. Es geht aus Sicht der Unternehmen um zukunftsträchtige Geschäftsmodelle in einer überschaubaren Branche – Energie – und aus Sicht der Aktionäre um steigende Unternehmenswerte / Aktienkurse als Inflationsschutz und sichere, möglichst stabil wachsende Dividenden, ebenfalls hinsichtlich des Inflationsschutzes.

Anti-Nachhaltigkeits-Bewegung in den USA als 180-Grad-Wendung in der Veranlagungsgebarung

Der aktuelle politische Druck in den USA zwingt eine Reihe großer Vermögensverwalter, darunter die weltgrößten wie Blackwater und Vanguard (verwaltetes Vermögen: 20 Billionen US-Dollar), nachhaltige Unternehmen potentiellen Anlegern nicht mehr zu empfehlen. Sie selbst verkaufen solche Unternehmen aus ihren Portfolios. Es gibt sogar seitens republikanisch regierter Bundesstaaten wie insbesondere Texas Kaufverbote für staatliche Pensions- u.a. Fonds.

Ausgestiegen sind bereits US-amerikanische Großbanken wie JP Morgan, Goldman Sachs, Wells Fargo, Bank of America, Citigroup (verwaltetes Vermögen: 9 Billionen). Ähnliches betrifft die Kreditvergabe. Offen bleibt, wie private und Unternehmensanleger (nicht-staatliche Fonds) künftig disponieren werden.

Unter den angebotenen Finanzanlagen kursieren seit geraumer Zeit besondere Nachhaltigkeitsprodukte in Form sog. ESG-Fonds (mehr dazu hier), die hohe Renditen versprachen und daher recht starken Zulauf hatten; die Renditen wurde seit Erhöhung der Kreditzinsen gebremst, da dadurch kreditfinanzierte Nachhaltigkeitsprojekte (Windparks, Solaranlagen etc.) weniger rentabel wurden.

In der Europäischen Union will man sich weiter an entsprechende Nachhaltigkeitsauflagen festhalten. Bislang wurden in europäische ESG-Fonds 9 Billionen Euro investiert, was 61 Prozent des gesamten Fondmarktvolumens entspricht. Der Zufluss hat sich 2024 allerdings um die Hälfte auf 37 Milliarden Euro reduziert. Zudem wurden mehr ESG-Fonds geschlossen als eröffnet. Nicht nur die hohen Zinsen, die die ESG-Fonds-Renditen beeinträchtigten, führten dazu, sondern auch „grüne Schönfärberei“: es stellte sich da und dort heraus, dass die versprochene Nachhaltigkeit mehr auf dem Papier als in der Wirklichkeit bestand. (Quelle: Wirtschaft vor Acht, ARD, 10.1.2025 (KURZVIDEO, bis 17.1.2025 verfügbar))

FAZIT: Es bleibt abzuwarten, was das für den Klimaschutz in den USA und weltweit künftig bedeutet. Für Österreich stellt sich die Frage, wie eine künftige Regierung sich in Sachen Klimaschutz verhalten wird.

Aktienkauf – der Erwerb einer Unternehmensbeteiligung – bedeutet Übernahme eines Risikos in Hinblick auf das künftige Unternehmensschicksal. Die Dividende stellt eine Risikoprämie dar.

Aktienanalytischer Blick auf Aktien im Euroraum und speziell Österreich (Stand: 24.2.2025):

ACHTUNG – STEUERVERÄNDERUNGEN ANTE PORTAS:
Ins Gerede kommen in absehbarer Zeit auf EU-Ebene und auf Österreich-Ebene vermutlich Aktienbesteuerung (Verkaufsgewinne, Dividenden) ebenso wie Vermögens- und Erbschaftssteuer. Diese Steuern sind in Veranlagungsüberlegungen mit einzubeziehen.

Im Folgenden sind Aktien um 10 Euro je Stück und darunter FETT hervorgehoben.
Neu aufgenommene Aktien werden mit ### gekennzeichnet.

Beobachtenswert ist der Umweltschutz- und Wasserwirtschaftswert Veolia

Ein Kaufsignal liefern weiterhin ENI, UNICREDIT und TOTAL ENERGIES, im Vergleich zum 3.2.2025 stabile Bewertung mit jeweils fünf Sternen bewertet.

Ein Kaufsignal liefern ENEL, PORR, SHELL, VERBUND, ### VIENNA INSURANCE GROUP mit jeweils vier Sternen bewertet.
Im Vergleich zum 3.2.2025 erweiterte stabile Bewertung mit jeweils vier Sternen bewertet.

Ein niedriges KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) zeichnet aus:
RWE, TOTAL ENERGIES, ### UNICREDIT SPA, PORR, OMV, ### UNIQA, EVN, ENEL, TELECOM AUSTRIA, ### STRABAG, WIENERBERGER, SHELL, PALFINGER.

Aufsteigende Reihenfolge: die erste Aktie RWE ist die mit dem niedrigsten KGV = 4,8, PALFINGER die mit dem höchsten KGV = 9,3.
Im Vergleich zum 3.2.2025 erweiterte stabile Bewertung.

Ein niedriges dynamisches KGV (PEG, Price-Earning-to-Growth) weisen u.a. auf:

ENI, UNICREDIT, ### KONTRON AG, OMV, SHELL, PORR, WIENERBERGER, PALFINGER,

Nicht mehr dazu gehören: VIENNA INSURANCE GROUP, TELECOM AUSTRIA.
Aufsteigende Reihenfolge: die erste Aktien ENI = 0,5 ist die mit dem niedrigsten, PALFINGER die mit dem höchsten PEG = 1,4.
Im Vergleich zum 3.2. 2025 ist die Auswahl verändert, einzelne Aktien kamen dazu, andere fehlen nun!

Als Aktien mit langfristigem Kurspotential werden u.a. gesehen:
TOTAL ENERGIES, ENI, VERBUND, E.ON.SE, EVN, RWE.

Aufsteigende Reihenfolge: am Anfang der Reihe steht jene mit der größten Langfristchance.
Im Vergleich zum 3.2.2025 bleibt die Auswahl stabil, die Reihenfolge hat sich geändert.

Als Aktien mit hoher Sicherheit werden u.a. bewertet VIENNA INSURANCE GROUP, VERBUND; die Bewertungen bleiben unverändert zum 3.2.2025.
Aufsteigende Reihenfolge: am Anfang der Reihe steht jene Aktie mit der größten Sicherheit.

Aktien mit hoher Dividendenrendite sind:
OMV, ORANGE, TELEFONICA, ENI, UNIQA, ENEL.


Aktien mit der größten Dividendenrendite stehen am Anfang der Reihe: OMV 12,6%, am Ende die mit der niedrigsten: Enel 6,7%, jeweils vor Steuer.
Im Vergleich zum 3.2.2025 bleibt die Auswahl gleich, die Reihenfolge hat sich geändert.

KAUFKRITERIEN neben den aktienanalytischen Kennzeichnungen sind der Reihe nach: WER? – Qualität und Charakter (Psychologie!) des Managements, Häufigkeit des Managementwechsels, Unternehmenskultur; WAS? – Produkteinfachheit: „einfach gestrickte“, leicht zu durchschauende/transparente Produkte oder Dienstleistungen, eher kleine Produktpalette bzw. enger umschriebenes Dienstleistungsangebot, Konstanz der Nachfrage; WIE? – Sicherheit, Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlichen Wechselfällen, finanzielle Stabilität des Unternehmens, Konkurrenzsituation; WO? – geographische und „politische“ Lage möglichst fern von Krisengebieten inkl. solchen mit politischer Unruhe oder in Ländern mit totalitären Systemen oder deutlich defekten Demokratien (illiberale Demokratien); WANN? – Lebensdauer bzw. Überlebensdauer (Weltkriege etc.) des Unternehmens bisher, Stetigkeit der Dividendenzahlungen.

FAZIT: vor dem Kauf einer Unternehmensbeteiligung sich zur Aktiengesellschaft schlau machen: WER, WAS, WIE, WO, WANN.

ZWEI DINGE sind zusätzlich zu beachten:

# Langfristanlage durch Erwerb von Defensiv-Aktien (u.a. Energie, Telekom),

# Verbleib in einem Währungsraum, das ist der Euroraum. Daher werden die allseits seit Jahren gehypten US-Aktien hier mit Absicht außen vor gelassen, um das Währungsrisiko klein zu halten. Gleiches gilt für den Erwerb von Schweizer Aktien, wie die Vergangenheit mit Blick auf das sehr wechselhafte Wechselkursverhältnis Schweizer Franken / Euro gezeigt hat. 

Die Europäischen Union als Veranlagungsrisiko?

Das Staatssystem der Europäischen Union kommt einer defekten Demokratie gleich und erstreckt sich in den Währungsraum (Euroland), in dem gehandelt wird. Man spricht auch von einem Demokratie-Defizit der Europäischen Union. Risiken dieser defekten Demokratie, um einige zu nennen, sind: Regelungen „von oben herab“ auf nicht sehr transparente Weise und Steuervorgaben, die sich durch Negieren realer Alltagserfordernisse auszeichnen, Überwachungsbestrebungen, hoher Bürokratieaufwand für Unternehmen und Bürger. All dies markiert Abgehobenheit und Bürgerferne der EU-Politik.

Kennzeichnend für das Gebaren (Governance) der EU ist ein Ineinandergreifen von EU-Exekutive (Kommission mit ihren Kommissariaten) und einem nicht gut überschaubaren Geflecht zahlreicher, der EU nahestehenden und von ihr geförderten Institutionen, Organisationen und Einrichtungen, die auf vielen Ebenen EU-Kommissionsvorgaben umsetzen helfen. Sie helfen insbesondere dabei, die von EU-Rat- und EU-Kommission angedachten, aber für Bürger und Unternehmen noch nicht „akzeptablen“ Vorgaben „schmackhaft“ zu machen, um so zu einer ausreichend hohen Akzeptanz in der Bevölkerung zu führen, die eine politische Umsetzung ermöglicht.

Junker sagte 1999 dazu sehr verkürzt und sinngemäß: was wir heute als EU nicht durchsetzen, das werden wir dann schon später durchsetzen. Dem Lobbyismus Richtung EU-Exekutive (insbesondere seitens der Unternehmen) steht ein „Lobbyismus“ seitens der EU in Richtung auf die Einrichtungen der Mitgliedsländer sowie auf die Unternehmen und die Bevölkerung gegenüber, dessen Räderwerk für den Normalbürger praktisch nicht durchschaubar ist. Inwieweit kommt dies einem autokratischen Verhalten von der Maschek-Seite gleich?

Hauptziel der EU-Bestrebungen ist die Etablierung der Vereinigten Staaten von Europa, die den derzeit bestehenden Verbund der Mitgliedsstaaten ersetzen soll. Das deutet auch der Wechsel der Namensgebungen im Zeitverlauf an:

# Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, umgangssprachlich auch Montanunion, 1951)

# Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, 1957 inklusive EURATOM)

# Europäische Gemeinschaften (EG, 1965 ff., Fusion von EWG, EURATOM und einzelnen EG-Organen, Fusions- und Folgeverträge)

# Europäische Gemeinschaft (EG, seit 1993 ff., Maastricht- und Folgeverträge)

# Europäische Union (EU, 2007, Lissabon- und Folgeverträge)

1948
1948
Brüsseler
Pakt
1951
1952
Paris
1954
1955
Pariser
Verträge
1957
1958
Rom
1965
1967
Fusions-
vertrag
1986
1987
Einheitliche
Europäische Akte
1992
1993
Maastricht
1997
1999
Amsterdam
2001
2003
Nizza
2007
2009
Lissabon
Europäische GemeinschaftenDrei Säulen der Europäischen Union
Europäische Atomgemeinschaft (Euratom)
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)Vertrag 2002 ausgelaufenEuropäische Union (EU)
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)Europäische Gemeinschaft (EG)
Justiz und Inneres (JI)
Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS)
Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ)Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
Westunion (WU)Westeuropäische Union (WEU)
aufgelöst zum 1. Juli 2011

Problematisch bleibt dabei: je größer die Zentralisation von Staatsmacht, umso größer die Machtfülle, die mit „eiserner Harke“ über berechtigte (!) Einzelinteressen der Mitgliedsstaaten und damit der Bürger drüberfährt. Das Prinzip der Subsidiarität bleibt dabei auf der Strecke, so wie dieses Prinzip z.B. Österreich 1994 anlässlich der Vorabstimmungskampagnen versprochen wurde. Wurde das Versprechen eingelöst?

Beispiele der Machtfülle durch Zentralisierung liefern alle großen Staaten, u.a. Russland und China, die geradezu Musterbeispiele dafür darstellen.

Ein Problem des Staates an sich ist das Machtmonopol, das bei ihm liegt und liegen muss, will er Gesellschaft – das Staatsvolk – und die Abläufe darin mit Erfolg, also: durchsetzungskräftig organisieren. Das Problem ergibt sich aus dem Spannungsfeld zwischen unbeschränkter Freiheit des Individuums (Libertarismus) und unbeschränkter Freiheit des Staates (Totalitarismus).

Wie dieses Machtmonopol ausgestaltet wird, unterliegt in Demokratien dem Willen des Wahlvolkes, in nicht-demokratischen Staaten dem Willen des autoritären, totalitären oder autokratischen Machthabers. In defekten Demokratien ist die Mitbestimmung des Volkes eingeschränkt. Defekte Demokratien existieren in einer Grauzone, deren Konstituenten und ihre gegenseitige Einflussnahme nicht leicht zu bestimmen sind. Somit ist auch der Defektheitsgrad einer defekten Demokratie nicht leicht zu bestimmen und unterliegt, je nach politischer resp. ideologischer Perspektive, unterschiedlichen Wertungen.

Die idealtypische Dreiteilung der Regierungsformen existiert in der Wirklichkeit nicht: keine Demokratie der Welt entspricht der idealen Form, weist also im Ansatz Eigenschaften einer defekten Demokratie auf, kein totalitärer Staat schränkt die individuellen Freiheiten vollständig ein, es verbleibt den Bürgern dort ein mehr oder weniger großer Freiheitsraum.

Hinsichtlich des staatlichen Machtmonopols, das zudem bei anwachsender  Zentralisation der Staatsgewalt zur Zunahme neigt, ergibt sich die Erkenntnis: so wenig Staat wie möglich, so viel Staat wie nötig als einer Einrichtung, die mit einem mit Rechtsgewalt in das Leben seiner Bürger eingreifenden Machtmonopol versehen ist, das für das „Funktionieren“ einer Gesellschaft unaufgebbar ist.

Die dafür notwendigen rechtlichen Verregelungen des Alltagslebens durch Allgemeines Gesetzbuch, Strafgesetzbuch, Angestelltengesetz etc.etc. sind zahllos und gelten bei ausnahmslos jeder Handlung, werden aber – ebenso regelhaft – dem Bürger erst dann bewusst, wenn es zu schwerwiegenden Regelverstößen oder Regelbruch-Sanktionierungen kommt. 

Rechtliche Verregelungen sind Ausdruck der jeweiligen Ausprägungen eines Rechtsstaates; dieser wird in einer idealen Demokratie nicht durch Willküreinwirkungen korrumpiert: das ist ein wesentliches Kennzeichen demokratischer Rechtsstaatlichkeit. Auf Rechtsstaatlichkeit pflegen sich auch autoritäre, totalitäre oder autokratische, kurz: diktatorische Systeme zu berufen, doch wird der Rechtsstaat dort durch Willküreingriffe korrumpiert: Rechtsbiegung als Kennzeichen von Autokratien etc. In einer defekten Demokratie wird die Rechtsstaatlichkeit (leicht) eingeschränkt, womit das Risiko entsteht, in eine Autokratie abzugleiten.

Nur in formalrechtlicher Hinsicht war zum Beispiel auch der NS-Staat ein Rechtsstaat, besaß er doch gemäß der NS-Grundsätze umgearbeitete Gesetze aus der Weimarer Republik und neue Gesetze im Sinne der NS-Ideologie, auf die er sich in der Rechtsprechung berief und von denen viele in einem „normalen“, d.h. hier NS-konformen Rechtssetzungsprozess entwickelt wurden. Daran ändert nichts die Gepflogenheit, den NS-Staat in inhaltlich-ethischer Hinsicht als Unrechtsstaat zu bezeichnen. Ein krasses Beispiel für einen NS-Rechtserlass im autokratischen Sinn ist unter diesem Link einsehbar.

Kennzeichnend für die Biegsamkeit des Rechts je nach Staatsraison ist die Tatsache, dass Juristen nach einem Regimewechsel ihre Posten in der Regel nicht verloren, sondern im neuen Regime weiter im Dienst des Rechts ihre berufliche Tätigkeit frei oder im öffentlichen Dienst ausübten. So wurden Juristen und Richter nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes ohne weiteres in den öffentlichen Dienst der entstehenden Bundesrepublik Deutschland übernommen. Vergleichbares geschah nach dem Fall der UdSSR oder DDR.

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit bedeutet in einer Demokratie das Herstellen eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen einerseits den rechtsstaatlich gesicherten Freiheitsbedürfnissen des Individuums unter für ihn zureichenden wirtschaftlichen Gegebenheiten und andererseits den „Freiheitsbestrebungen“, somit Machtbestrebungen des Staates, mit dem Ziel, ein Höchstmaß an Gemeinwohl resp. Sozialfrieden in Freiheit herzustellen. Als Garant dafür dient die Gewaltenteilung und ein entsprechend stark regulierter und damit gewaltgebändigter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie als vierte Gewalt die Sicherstellung einer freien Presse. MOTTO: Nimm Freiheitsbeschränkungen mit Blick auf das Gemeinwohl aus Überzeugung an, wir helfen dir dabei durch politische Aufklärung und sachliche Bildungsarbeit!

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit bedeutet in einer Autokratie, im Autoritarismus und vor allem im Totalitarismus Ausgesetztheit vor rechtsbeugenden willkürlichen Staatseingriffen auf die ohnehin reduzierten Freiheitsmöglichkeiten des Individuums unter nicht selten unzureichenden wirtschaftlichen Gegebenheiten zu Gunsten der Machtbestrebungen des Staates mit dem Ziel, ein Höchstmaß an „Gemeinwohl“ resp. „sozialem Frieden“ in Unfreiheit zu erzwingen. Als Garant dafür dient die Einschränkung, womöglich Aufhebung der Gewaltenteilung sowie ein entsprechend stark ausgeprägter und mit gering regulierter Gewalt ausgestatteter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie eine allgegenwärtige Brachial-Propaganda unter Ausschaltung der Pressefreiheit. MOTTO: Kusch, sonst trifft dich der Polizeiknüppel und du landest im Gulag, folgst du nicht den Propaganda-vermittelten Staatszielen!

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit in einer defekten Demokratie gibt in (noch) geringem Ausmaß jene Prinzipien auf, die eine Demokratie hervorheben. Als Garant dafür dient eine Einschränkung der Gewaltenteilung und ein nicht allzu gestärkter und nicht allzu sehr mit herabgesetzter regulierter Gewalt ausgestatteter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie eine verhältnismäßig subtil eingesetzte Propaganda und Beeinflussungsmaschinerie. MOTTO: Folge der politischen Verführung und glaube, es sei deine Entscheidung, sonst zwiebeln wir dich mit Exekutivmaßnahmen!

Eine solche Beeinflussungsmaschinerie hat die exekutiv im Grunde genommen schwach aufgestellte EU entwickelt, was zu eben der Ausbildung dieser „Schattenexekutive“ geführt hat. Sie trägt damit – nicht so ohne weiteres sichtbar für den Normalbürger – ein Kennzeichen einer defekten Demokratie. Damit steht die Gefahr im Raum, weiter an demokratischen Eigenschaften einzubüßen und zu einem politischen und wirtschaftlichen Risiko heranzureifen. In der Tat bemüht sich die EU um Stärkung ihrer Polizeigewalt (Frontex, 2004, weiterer Ausbau) und damit um Ausbildung eines weiteren Kennzeichens defekter Demokratien insofern der Vorwurf stimmte, dass Frontex auch innerhalb der EU eingesetzt werden könnte.

Was die Beeinflussungsmaschinerie der EU betrifft, hat 2011 der deutsche Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger (1929-2022) die Europäische Union als “sanftes Monster Brüssel“ bezeichnet und von der „Entmündigung Europas“ gesprochen. Er anerkennt segensreiche Folgen ihres Wirkens, macht aber zugleich auf die strukturellen Defizite dieser überstaatlichen Einrichtung aufmerksam, die durch massive Öffentlichkeitsarbeit, um nicht zu sagen: Propaganda – geschickt durch das vorbeschriebene Geflecht an Organisationen, Instituten, Einrichtungen etc. vermittelt –, übertüncht werden. Bezeichnend ist sein Ausspruch: „Je dünner die Legitimität [ihres politischen Handelns], umso dicker der Glibber der PR.“

Die geschilderte Gefahr liegt nicht darin, sich im Euro-Währungsraum zu bewegen. Sie liegt darin, dass infolge mangelnder demokratischer Kontrolle politisch einer Gesinnungsethik und nicht einer Verantwortungsethik gefolgt wird. Damit einher ginge eine Abgehobenheit von den Realitäten des täglichen Lebens der Bürger und Unternehmen. Das führte kurz über lang zu einer Schwächung des Euros im Währungskonzert. Ein Risiko erwüchse dann eher daraus, dass es nicht sicher ist, ob der Währungsraum „Euro“ eines Tages zerbricht, zum Beispiel dadurch, dass im Konzert mit anderen Währungen die derzeit ohnehin angekratzte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Europäischen Union noch weiter geschwächt würde und der Euro fortgesetzt an Wert verlöre. Letzteres erleichterte das Auseinanderbrechen der Europäischen Union, die Eigeninteressen der Mitgliedsländer träten wieder stärker hervor.

Dieses Auseinanderbrechen der Europäischen Union ist derzeit unwahrscheinlich, aber denkmöglich als Folge von: fortgesetzter Wirtschaftsschwäche; weiter zunehmender Unzufriedenheit der Bevölkerung mit Zunahme nationalkonservativer bis rechtsextremer Haltungen; fortgesetztem „Rütteln an den Ketten“ seitens ehemaliger UdSSR-Bruderstaaten; fortgesetzter Aufnahme neuer Mitgliedsländer speziell aus dem Balkan und dem ehemaligem UdSSR-Einflussbereich (Serbien, Ukraine); gravierenden, von den Bevölkerungen der Mitgliedsstaaten nicht mitgetragenen außen- und innenpolitischen Entscheidungen. 

Bräche die EU, so bräche spätestens dann auch der Euro; im Übrigen weist die Geschichte der Währungsunionen auf deren Brüchigkeit hin: sie halten in der Regel nicht lange. Den Anleger zwingt unter anderem auch dies beizeiten zu überlegen, in welcher Währung er außerhalb des Euroraumes investieren soll. Angesichts des unsicheren Status des US-Dollars als Weltwährung ist dies eine herausfordernde Frage. Sie stellt sich glücklicherweise derzeit nicht, sondern taucht nur schemenhaft als Denkmöglichkeit am Horizont einer eher ferneren Zukunft auf. Aber: sie taucht auf und kann blitzesschnell elefantengroß im Raum stehen.  

FAZIT: die Europäische Union birgt für den Anleger derzeit nur am Zukunftshorizont sich abzeichnende Risiken. Sie entspringen u.a. daraus, dass die EU weniger aus der Position der Stärke als eher aus der der Schwäche handelt. Im Vergleich zur Situation des Kalten Krieges und damit zur Gründerzeit der EU-Vorläufereinrichtungen, in der es nur einen wirtschaftsmächtigen geopolitischen Spieler und gleichzeitigen Verbündeten – die USA – gab, steht die Europäische Union heute zwischen zwei Wirtschaftsblöcken: dem des USA-geführten Westens und dem des sog. globalen Südens. Das erzeugt Druck, allzumal Zeitdruck, treibt die EU an und lässt sie, will sie nicht aufgerieben werden, nach Machtvergrößerung durch Zentralisierung streben – ein Demokratierisiko ersten Ranges, damit in der weiteren Folge ein Wirtschafts- und letztlich Veranlagungsrisiko. 

Grundsätzliches zur Währungsspekulation

Währungs-Spekulation ist ein äußerst schwieriges, glitschiges, hochriskantes Geschäft, bedarf langjähriger Erfahrung, tagtäglicher Marktbeobachtung und eines guten Magens: Schocks und erratische Marktbewegungen müssen ausgehalten werden – psychisch und finanziell. Einer der bekanntesten und erfolgreichsten Währungsspekulanten im deutschsprachigen Raum ist Folker Hellmeyer (Hellmeyer-Website, Hellmeyer-Kurzportrait (Goldseiten), Hellmeyer auf Netfonds usf.).

Zweck der Währungsspekulation?

Wie bei den Warenoptionsmärkten dient auch der Währungsoptionsmarkt dazu, sehr starke Schwankungen im Wert einer Währung (Devise) zu verhindern: sehr starken Verteuerungen oder Verbilligungen einer Währung im Devisenmarkt (Währungs- oder FOREX-Markt) wird so gegengesteuert. Dafür sorgen die vielen Marktteilnehmer, von denen ein Teil den künftigen Wert einer Währung (Devise) höher, der andere diesen Wert tiefer einschätzt. Dies führt dazu, dass sich eine Art mittlerer Wert für diese Währung einstellt. Währungsoptionsmärkte sind rund um den Globus nahezu 24/7, also nahezu täglich rund um die Uhr, offen (Warenoptionsmarkt, Optionen im Freihandel).

Anders ausgedrückt: Die Spekulanten sichern sich mit ihrem Engagement gegen das Risiko eines Währungsverfalls oder eines Währungsanstiegs ab. Währungsanstiege sind ein Risiko für Käufer auf Warenmärkten, Währungsabwertungen sind ein Risiko für Verkäufer auf Warenmärkten. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Dienstleistungen im internationalen Dienstleistungsaustausch. Die gegenläufigen Interessen auf dem Währungsoptionsmarkt „mitteln“ sich aus.

Allgemein gesprochen handelt es sich bei den Geschäften auf Optionsmärkten um Absicherungsgeschäfte oder Hedging.

Nochmals anders ausgedrückt: Auf aggregiertem Niveau (Makroebene) sorgt der Währungsoptionsmarkt für die Stabilität einer bestimmten Währung im Konzert der anderen Währungen im Devisen- resp. Währungsmarkt (Kassa- oder Spot-Markt, das Pendant zum Optionsmarkt).

Eine stabile Währung ist für die Volkswirtschaft, in deren Bereich diese Währung als Zahlungsmittel dient, eine Lebensnotwendigkeit für das optimale Funktionieren der volkswirtschaftlichen Grundvorgänge Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen. Erratische Schwankungen im Währungs- oder Devisenmarkt erschweren auf der Ebene der Unternehmen (Mikroebene) innerhalb und außerhalb einer Volkswirtschaft erheblich Kalkulationen mit Sicht auf künftig geplante Käufe und Verkäufe. Erratische Schwankungen einer Währung schwächen die Wirtschaftsleistung der zugehörigen Volkswirtschaft, eine stabile Währung fördert sie. Dies gilt auch für Volkswirtschaften außerhalb des entsprechenden Währungsraumes, sofern sie mit dieser Volkswirtschaft handelnd in Verbindung stehen.

FAZIT: Währungsoptionsmärkte sind für das Wirtschaftsgeschehen im Konzert der verschiedenen Volkswirtschaften überlebenswichtig.

Die heilige Trias

Diese Zusammenhänge bleiben in der Regel für Otto Normalverbraucher genauso verborgen wie die Bedeutung der nicht-demokratisch agierenden Zentralbanken, die mit ihren Zinsentscheidungen tief in das Wirtschaftsleben und somit in das Alltagsgeschehen der Menschen eingreifen. Warenmärkte, Währungsmärkte und Zentralbanken sind in einem fortlaufenden Marktgeschehen untrennbar und maßgeblich untereinander verbunden. Dabei modulieren und moderieren die Zentralbanken über den Zinssatz die Abläufe in Waren- und Währungsmärkten und den zugehörigen Optionsmärkten.

Für Otto Normalverbraucher sind Spekulanten auf diesen Märkten in aller Regel ganz, ganz böse Subjekte, die sich mit ihren Spekulationsgewinnen die Taschen vollstopfen.

Wer sind diese Subjekte auf Währungsoptionsmärkten?

Auf Währungs- und Währungsoptionsmärkten agieren in großer Zahl Staatsstellen, staatliche und private Pensionsfonds, multinationale und andere Unternehmen, Finanzinstitute (Banken u.a.), Hedgefonds u.a.

Otto Normalverbraucher verkennt in aller Regel den Sinn dieser Märkte und die Rolle der Spekulanten dort; denn:

Die Währungsoptionsmärkte zeichnen für das Wohl und Wehe im höchstpersönlichen Alltagsleben des kleinen Mannes auf der Straße verantwortlich, indem sie für relative Währungsstabilität sorgen. Doch Märkte sind keine Subjekte. Somit sind präzise gesprochen nicht „die Märkte“, sondern die Teilnehmer an Währungsoptionsmärkten – also die risikoübernehmenden Spekulanten – für das Wohl und Wehe von Otto Normalverbrauchers alltäglichem Leben verantwortlich.

Daher lässt sich interpretieren: In der Erhaltung der Währungsstabilität liegt der soziale Sinn der Spekulation. Dabei dient der Spekulationsgewinn als Entgelt für die risikobehaftete Sorge um eine stabile Währung.

Es kommt zu einem „paradoxen“ Effekt: die Befriedung der Einzelinteressen der Subjekte, den Spekulanten, trägt vermittels des Marktgeschehens zur Optimierung des Gemeinwohls bei.

Die Umsätze in Devisen- und Währungsoptionsmärkten sind die größten weltweit und erreichen täglich Milliarden bis Billionen von Währungseinheiten. Im Jahr 2022 wurden allein im Devisenmarkt täglich durchschnittliche Umsätze in Höhe von 7,5 Billionen US-Dollar gehandelt. Zu beachten ist, dass dabei immer Währungspaare gehandelt werden und zudem die Umsätze „doppelt“ anfallen: als Verkaufs- und als Kaufpreis in Summe. Das plustert das tägliche Handelsvolumen ordentlich auf.

Was für die Währungsoptionsmärkte gilt, gilt ebenso für die Warenoptionsmärkte: es geht um die Stabilisierung von in großen Mengen gehandelten Waren wie Weizen, Schweinehälften Orangensaft, Kaffee und vieles andere mehr. Die aufgezählten Waren stehen für solche, die für die Bevölkerungen hohe Bedeutung haben.

Wozu Optionsmärkte gut sind

Aber es gibt doch nach wie vor Preissprünge auf den Warenmärkten, von erratischen Ausschlägen an den Devisenmärkten war auch schon die Rede: wie passt das ins Bild?

Ohne die Terminbörsen wären die Ausschläge um einiges stärker, die Preise höher.

Drei Beispiele dazu:

#1 Hitler verbot die große Bremer Kaffeebörse. Daraufhin sicherte sich der Großhandel gegen Preisanstiege bei Kaffee ab, indem er von Haus aus deutlich höhere Preise für den Handel, die Geschäfte, einforderte. Resultat war der berühmt-berüchtigte Blümchenkaffee: die Konsumenten sparten am Kaffee, indem sie möglichst wenig davon zum Aufbrühen verwandten, also sah man durch den dünnen Kaffee das Blümchen am Grund der Kaffeetasse.

# 2 Waren, die nicht abgesichert werden können, weisen größere Preissprünge und höhere Preise auf; bremsend auf den Warenpreis (Aktienpreis, Devisenkurs) wirkt allein die Konkurrenz oder eine schwache Nachfrage oder ein überreichliches Angebot.

# 3 Die erste Warenoptionsbörse wurde 1848 in Chicago gegründet. Hintergrund war der bereits gewachsene Welthandel mit Waren, die großteils noch mit Segelschiffen über die Weltmeere transportiert wurden. Zwar befuhren die ersten Dampfschiffe Ende der 1830er Jahre den Atlantik, doch die eigentliche Verdrängung des Segelschiffs als Transportmittel setzte erst ab den 1870er Jahren ein.

Die Notwendigkeit, sich gegen den Verlust der Waren infolge Schiffuntergangs zu schützen oder sich überhaupt vor unerwarteten Preisveränderungen während der langen Schiffsfuhren abzusichern, führte zur Einrichtung der Chicagoer Warenbörse (Chicago Board of Trade), 1848 zunächst als Kassen- oder Spotmarkt, 1864 dann als Warenterminmarkt. Fortan konnten Käufer und Verkäufer Warenpreise vereinbaren für Warenlieferungen in ein, zwei, drei, sechs Monaten, was die Sicherheit der unternehmerischen Kalkulation erheblich erhöhte, da nun die Preisrisiken nicht von den Warenverkäufern und -käufern selbst, sondern von den Spekulanten übernommen wurden. Es entstand eine hochspezialisierte Zunft von Spekulanten, darunter viele Versicherungen.

Die Spekulanten hatten die Zeit und die Informationsmittel, sich über Warenpreisänderungen am Warenursprungsort und über Transportverzögerungen oder Schiffsunfälle zu informieren. Schlechte Kaffee- oder Kakao-Ernten, transportverzögernde Windflauten oder Schiffsunglücke blieben für sie kein Geheimnis, entsprechend diesen Informationen disponierten sie am Warenterminmarkt ihre Preisvorstellungen, doch in der Vergangenheit geschlossene Warenpreise für eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Termin blieben davon unberührt.