Views: 8
FAZIT DES TAGES
Was ist die Zeit? Und die lösende, nicht lösende Kinderantwort, Staunensantwort kommt dazu: Die Zeit ist eine Uhr ohne Ziffern.
Ernst Bloch, 1885-1977, deutscher Philosoph und Neo-Marxist.
IN EIGENER SACHE: Sommerzeit – der Tagesblick wird in der kommenden Zeit weniger umfangreich erscheinen oder sogar eine Zeitlang schweigen. Der Schreiber freut sich auf erholsame Sommertage.
COMMENT – FAZIT:
- Israel-Hamas-Hisbollah-Krieg: Eintrübungen auf der Verhandlungsseite beidseits: wird aus dem Waffenstillstands-Deal noch etwas? Israelische Armee spürt abermals Hamas-Terroristen in einem Schulgebäude auf.
- Ukraine-Krieg: Schwere russische Angriffe auf Kiew, aber auch die Ukraine ist nicht zimperlich. Inzwischen kurvt der ungarische Ministerpräsident Richtung USA.
Interessanter Kommentar zum „russischen General“ Kujat, der durch Kreml-freundliche Aussagen das Missfallen erregt hat. Wer vertritt da wessen Narration? - Inflation in den OECD-Ländern angestiegen, treibend sind die wiederum gestiegenen Energiepreise.
- SENTIX: Konjunkturoptimismus erleidet Schlappe
- Deutschlands Exporte und Importe im Mai eingebrochen.
- Weitere COMMENTS vorhanden
Märkte – Report
Israel, Ukraine
Meldungen
Themenreigen – Medizin; Forschung; Kommunikation; Umwelt; Schulen / Universitäten; Arbeitswelt, Menschen
****************************************
Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!
HELLMEYER-Report (gekürzt)
- Uneinheitliche Märkte
- Niederländischer Notenbankchef Knot schließt EZB-Zinssenkung im Juli aus
- Experten halten Ampel-Wachstumspaket nicht für durchschlagskräftig genug
Märkte: Uneinheitlich
An den Finanzmärkten ergibt sich eine uneinheitliche Entwicklung. Es bleibt bei einem hohen Maß
an Verunsicherung bei den Marktteilnehmern.
Im Sektor Geopolitik bleiben die beiden Konfliktherde in der Ukraine und im Nahen Osten heiß. Die
Sondierungen Orbans für potentielle Friedensdiplomatie forcieren sehr unterschiedliche Echos.
Die Abteilung „Kriegslust“ ist im Westen weiter stark aufgestellt und dominiert medial
Die Sanktionen des Westens haben Russlands Fähigkeit zur Kriegsführung nur wenig
beeinträchtigt. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsprojekt von vier Instituten, darunter das
Münchner Ifo und das IfW in Kiel, für das Bundeswirtschaftsministerium.
Kommentar: Sie haben aber Westeuropa, allen voran Deutschland, im Markt getroffen.
Ausnahmen im Sanktionsregime gibt es für Japan (Sachalin) und die USA. „Food for thought!“
In den USA ergibt sich fortgesetzt ein präsidiales Drama. Dem Ansehen der USA auf globaler
Ebene ist dieses Drama nicht nützlich. Ultimativ stellt sich die Frage bezüglich Bidens, ob
Präsidenten in den USA Protagonisten der individuell geprägten Machtausübung sind oder
lediglich Marionetten von Interessengruppen (Frage der Qualität der Demokratie).
Das Datenpotpourri lieferte ernüchternde Daten. Deutschland Exporte als auch Importe sanken
unerwartet stark, was eine abnehmende Wirtschaftskaktivität impliziert. Der Sentix-Index der
Eurozone gab unerwartet nach und konterkarierte den Anstieg seit Mai 2024. Der “Employment
Trends“ der USA Index sank auf den tiefsten Wert seit Juli 2021. Die Fissuren am US-Arbeitsmarkt
nehmen weiter zu.
Europas Aktienmärkte standen unter mildem Druck (Late DAX -0,25%, EuroStoxx 50 -0,41%). US-
Märkte waren bei leicht positiven Vorzeichen stabil (S&P 500 +0,13%, US Tech 100 +0,28%). In
Fernost ergibt sich Stand 07:35 Uhr folgendes Bild: Nikkei (Japan) +2,35%, CSI 300 (China) +0,53%,
Hangseng (Hongkong) -0,11%, Sensex (Indien) +0,31% und Kospi (Südkorea) +0,19%.
An den Rentenmärkte sieht es entspannt aus. 10-jährige Bundesanleihen rentieren mit 2,51%, 10-
jährige US-Staatstitel mit 4,29%.
Der EUR hält gegenüber dem USD Niveaus über 1,08.
Nachrichten in Kurzform:
• Berlin: Das Wahlergebnis in Frankreich wird von Berlin begrüßt. Diskutiert wird die
Frage der Handlungsfähigkeit einer neuen Regierung in Paris.
• Berlin: Exporte und Importe brechen ein und signalisieren schwächere
ökonomische Aktivität.
• Peking: Präsident Xi mahnte Waffenstillstand und Verhandlungen in Ukraine im
Kontext von Orbans Diplomatie-Offensive an.
EZB: Niederländischer Notenbankchef Knot schließt EZB-Zinssenkung im Juli aus
Die EZB wird aus Sicht des niederländischen Notenbankchefs Knot auf der Juli-Sitzung
keine Zinssenkung verfügen. Die Inflationsaussichten rechtfertigten eine Senkung um
weitere 0,25% nicht mehr, so das EZB-Ratsmitglied.
Kommentar: Absoluter Widerspruch Herr Knot. Ein positiver Realzins in Höhe von aktuell circa 1,75% ist prohibitiv hoch. Sowohl das Niveau des Verbraucherpreisanstiegs in der Eurozone von 2,5% (Leitzins 4,25%), der Erzeugerpreise von -5,7% und der auf niedrigem Niveau verankerten Inflationserwartungen als auch die Erfahrungen der Bank of Japan (Leitzins 0,05%, Verbraucherpreise 2,8% trotz importierter Inflation via Währungsabwertung) rechtfertigen sehr wohl einen Zinsschritt per September. Sie wollen es nicht. Geht es um eine Abstimmung mit der Fed und der Bank of England (Aspekt Devisenmärkte, US-Wahlbeeinflussung)?
COMMENT: Hallo, Herr HELLMEYER! Der der Realzins muss prohibitiv hoch sein, um schwelende inflationäre Risiken einzudämmen. Aber zwischen uns gibt es ja auch einen Dissens über die „Endogenisierung“ exogen induzierter Inflation. Dieser Dissens spielt genau in die „Problematik“ des prohibitiv hohen Realzinses hinein.
Wahlbeeinflussung? Denkbar betreffend FED, aber überdehnen sollte man die Vermutung (!) nicht: die EZB, die „Zigeuner“ und das „Weltjudentum“ betreiben Wahlbeeinflussung, oder wie?
Die nächste Sitzung, in der alles offen sein werde, sei im September. Wie groß die Chance für
eine Zinssenkung sei, könne er aber nicht sagen. (aktuell per Jahresende 2025 4-5
Zinssenkungen).
Kommentar: Was wird sich bis dahin an den hier geltenden Rahmendaten bei Inflation
bahnbrechend verändert haben? Voraussichtlich wenig …
COMMENT: HELLMEYER als Prophet und Guru. Schauen wir mal ab jetzt, ob seine Zukunftsvisionen halten. Vermutlich ja, wenn alles so weiter läuft. Läuft es so weiter: siehe dazu die jüngste OECD-Mitteilung zu ansteigenden Inflationen, speziell im Energiebereich.
Forschungsbericht: Sanktionen beeinträchtigen Russlands Kriegs-Fähigkeiten kaum
Sanktionen haben Russlands Fähigkeit zur Kriegsführung nur wenig beeinträchtigt. Zu
diesem Schluss kommt ein Forschungsprojekt von vier Instituten, darunter das
Münchner Ifo und das IfW in Kiel, für das Bundeswirtschaftsministerium.
Sie treffen uns maßgeblich,
Konsequenz Schaden von wem
abzuhalten?
Experten halten Ampel-Wachstumspaket nicht für durchschlagskräftig genug
Die Regierung hat neben einem Haushaltskompromiss 49 Maßnahmen zur Stärkung
des Standorts vorgestellt. Dazu gehören bessere Abschreibungsbedingungen für
Unternehmen, eine ausgeweitete Forschungszulage, steuerliche Entlastungen für die
Mittelschicht und Bürokratieabbau. Auf dem Arbeitsmarkt soll es Anreize geben, um
ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu locken. Es soll Anreize geben, damit
ältere Menschen länger arbeiten und Langzeitarbeitslose eine Stelle annehmen. Das
Paket wird aus Sicht der Ampel 2025 zu einem zusätzlichen Wachstum in Höhe von
0,5% führen (Prognose für 2024 der Regierung bei 0,3%, 2025 sollte es ohne
Berücksichtigung des beschlossenen Pakets 1,0% sein).
Reaktionen: Nach der Einigung haben sich Ökonomen und Verbände skeptisch gezeigt, ob die Regierung die in Aussicht gestellten Impulse für die Wirtschaft erreichen kann. Mit Glück werde es 2025 zu 0,1% – 0,2% mehr Wachstum führen, so der Berenberg-Chefökonom. Zusätzlich 0,5% sei immer noch „erschreckend niedrig“, so der Präsident der DIHK Adrian. Die
Hauptgeschäftsführerin Gönner des BDI, sprach von moderaten Wachstumsimpulsen. Die
Wirtschaft lobte die verbesserten Abschreibungsbedingungen bei Investitionen bis 2028 sowie die erhöhte Forschungszulage. Dies seien richtige Signale. Unter dem Strich sei das aber zu wenig, um Wachstumskräfte nachhaltig zu stärken. Der Arbeitgeberverband BDA kritisierte, dass bisher Pläne zum Bürokratieabbau nicht bei den Unternehmen angekommen seien. Die Vertagung des Bürokratieentlastungsgesetzes auf den Herbst spräche Bände“, so BDA-Hauptgeschäftsführer Kampeter. Die aktuellen Ankündigungen seien nett zu hören, der Glaube an die Umsetzung fehle.
Kommentar: Wenn Probleme erkannt werden und man sich von den Narrativen der
Selbsttäuschung trennt, ist das die Grundlage für eine Kehrtwende. Diese Voraussetzung ist in Teilen der Problematik erreicht, sofern den Ankündigungen auch die stringente Umsetzung folgt. Die Kehrtwende hin zu potentiellem Erfolg ist bezüglich der wesentlichen Politikfelder Energiepolitik und Außenpolitik jedoch weiter nicht gegeben. Sie sind entscheidend, ob eine ultimative Wende gelingen wird. Es ist bezeichnend, dass die Experten darauf nicht eingingen. Hat das mit „politischer Korrektheit“ zu tun?
Deutschland: Immobilienverband GdW erwartet bis 2025 Durststrecke
Der Immobilienverband GdW (3000 Wohnungsunternehmen aller Couleur) erkennt keine
Besserung am Wohnungsmarkt. Die Kosten für den Wohnungsbau verharrten auf hohen
Niveaus. Dabei wachse die Bevölkerung, was den Wohnungsmangel in den Metropolen
verschärfe. Die Rahmenbedingungen seien nicht geeignet, mehr zu bauen oder zu
modernisieren. Der Verband forderte staatliche Hilfen, um Impulse zu generieren.
Details: Die Wohnungsfertigstellungen der GdW-Unternehmen gingen im vergangenen Jahr um 13% auf 28.000 zurück. Der Verband verwies auf eine Umfrage aus dem Juni. Demnach dürften 2024 20% der geplanten Wohneinheiten nicht realisiert werden. 2025 dürfte der Anteil der Stornierungen auf über 40% steigen. Ein ähnliches Bild ergibt sich der Umfrage zufolge bei Modernisierungen. 2024 dürften von ursprünglich geplanten 110.000 Fällen nur 68% vollständig umgesetzt werden. Weitere 19% können lediglich angegangen werden. 14.000 Wohnungen oder 13%, deren Modernisierung für 2024 geplant war, würden zurückgestellt.
2025 würde sich die Lage verschärfen. Von circa 102.000 geplanten Modernisierungen
könnten 63% vollständig realisiert werden. 20% fänden in vermindertem Umfang statt, 16%
würden vorerst storniert.
Kommentar: Der Staat hat die Aufgabe Rahmendaten zu generieren, Grundbedürfnisse der
Bevölkerung zu befriedigen. Ausreichender und bezahlbarer Wohnraum gehören dazu. GdW-Präsident Gedaschko sagte, die Baukosten seien weiterhin auf einem sehr hohen Niveau.
Gleichzeitig habe sich bei den Baubedingungen viel zu wenig getan, um bezahlbares Wohnen zu fördern. So würde man die Neubau- und die Klimaziele nie und nimmer erreichen.
Ich stimme vollständig zu. Pragmatismus und Abkehr von Ideologie sind gefragter denn je!
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: Sentix Index unerwartet schwach, ebenso deutsche Exporte und Importe
Der Sentix Index der Eurozone fiel per Juli unerwartet stark von zuvor +0,3 auf -7,3 Punkte. Die Prognose lag bei 0,0 Zählern.
Deutschland: Der Handelsbilanzüberschuss stellte sich per Berichtsmonat Mai auf 24,9 Mrd. EUR (Prognose 21,1 Mrd. EUR, Vormonat 22,2 Mrd. EUR). Exporte sanken im Monatsvergleich um 3,6% (Prognose -1,9%, Vormonat +1,7%), während Importe per Mai um 6,6% absackten (Prognose -1,0%, Vormonat +1,2%).
Fallende Importe und Exporte signalisieren eine abnehmende Wirtschaftsaktivität.
USA: Negative Tendenzen am US-Arbeitsmarkt
Der Index „Employment Trends“ sank per Berichtsmonat Juni von zuvor 111,04 (revidiert von 111,44) auf 110,27 Punkte und markierte den tiefsten Indexstand seit Juli 2021!
In den letzten Wochen wurde hier das Thema „Fissuren am US-Arbeitsmarkt“ aufgenommen.
Sie sind unverkennbar, sie nehmen zu!
US-Verbraucherkredite verzeichneten per Berichtsmonat Mai eine Zunahme um 11,35 Mrd. USD (Prognose 9,50 Mrd. USD) nach zuvor 6,49 Mrd. USD (revidiert von 6,40 Mrd. USD)
Hier den Hellmeyer Report lesen! (inkl. Graphiken und Tabellen!)
SENTIX
sentix Konjunkturindex: Herber Rückschlag
- Nach zuletzt acht Verbesserungen in Folge fällt der sentix Konjunkturindex für Euroland im Juli um satte 7,6 Punkte zurück. Der Gesamtindex liegt nun bei -7,3 Punkten wieder deutlicher im Minus. Die Erwartungswerte brechen um 8,5 Punkte ein.
- Auch in Deutschland findet die bislang mäßige Konjunkturerholung ein jähes Ende. Die gute EM-Stimmung schwappt nicht auf die Wirtschaft über. Die Lagebeurteilung verschlechtert sich sogar auf -32,3 Punkte, die Erwartungskomponente fällt auf -4,8 Punkte unter den April-Wert.
- International nimmt der konjunkturelle Gegenwind ebenfalls zu. Für die US-Wirtschaft wird eine deutliche Abkühlung angezeigt: Der Gesamtindex fällt dort das dritte Mal in Folge auf den niedrigsten Wert seit Januar 2024. Die Erwartungswerte verschlechtern sich um 4,8 Punkte und fallen unter die Nulllinie.
MÄRKTE
DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen
DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
Keine eigenen Meldungen zu Anleihen
VERMÖGEN – STEUER
Einnahmequelle: Erbschaftssteuer auf große Vermögen könnte Staat 3,9 Milliarden Euro bringen
In den kommenden Jahren werden Erbschaften deutlich zunehmen. Eine Erbschaftssteuer könnte den Sozialstaat damit nachhaltig absichern, errechnen AK Wien und JRC
Wien – Wer erbt, hat meist Grund zur Freude. Kommt er doch in Besitz von etwas, das er zuvor nicht besessen hat. Und das auch noch steuerfrei. Denn seit 2008 gibt es in Österreich keine Erbschafts- und Schenkungssteuer mehr. Dem Staat entgeht damit aber Geld, das die Republik immer dringender brauchen würde, denn das Loch im Budget ist groß geworden. Österreich muss von der EU vorgeschrieben in der Zeit von 2025 bis 2028 jährlich 2,6 Milliarden Euro einsparen. Der Betrag erhöht sich pro Jahr, Ende 2028 soll um 11,6 Milliarden Euro weniger ausgegeben worden sein.
ie nächste Regierung wird also nicht umhinkommen, bei den Ausgaben zu sparen. Sie kann aber auch neue Einnahmequellen finden und etwa eine Erbschaftssteuer wiederaufleben lassen. Eine Studie der Arbeiterkammer (AK) Wien und des Joint Research Centre (JRC) der EU-Kommission zeigt: Das jährliche Erbvolumen wird sich in den kommenden Jahren von 21,5 auf 40,8 Milliarden Euro fast verdoppeln, da die folgenden Jahrzehnte vom Ableben geburtenstarker Jahrgänge geprägt sein werden. 2025 beträgt das durchschnittliche Erbe rund 20.000 Euro, es steigt bis 2050 auf etwa 33.000 Euro. Beim reichsten Prozent dagegen beträgt das durchschnittlich vererbte Vermögen aktuell rund 3,4 Millionen Euro und klettert bis 2050 auf 4,2 Millionen Euro. Die Erbschaften mussten auf Basis aktueller Haushaltsbefragungen geschätzt werden, da nach Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer 2008 die Datengrundlage fehlt.
Erbschaften bekommen große Bedeutung
Erbschaften spielen damit auch eine immer wichtigere Rolle bei der Vermögensbildung. Bereits jetzt wird der Anteil von Erbschaften am bestehenden Gesamtvermögen in Europa auf 50 bis 60 Prozent geschätzt, heißt es in dem Papier von AK Wien und JRC. Die reichsten fünf Prozent der Bevölkerung besitzen hierzulande rund 53 Prozent des Gesamtvermögens. Die so steigende Ungleichheit beeinflusst damit die Lebensbedingungen der Menschen – jetzt und auch jene der zukünftigen Generationen. Die Forderung, die sich daraus ableitet, ist eine faire Steuer auf große Erbschaften. Laut AK Wien ist das auch nötig, um den Sozialstaat nachhaltig abzusichern. Denn die zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre haben gezeigt, wie wichtig der Sozialstaat ist, haben ihn aber auch vor finanzielle Herausforderungen gestellt.
Die AK Wien und JRC haben für das potenzielle Steueraufkommen durch eine Erbschafts- und Schenkungssteuer mehrere Modelle errechnet, die sich hinsichtlich der Freibeträge unterscheiden – also ab welcher Erbhöhe eine Steuer fällig werden soll. Unterschieden wird auch, ob ein proportionaler oder ein progressiver Steuersatz zur Anwendung kommt. Bis zu einer Erbhöhe von einer Million Euro würden demnach keine Steuern anfallen. Höhere Erbschaften sollen auch stärker besteuert werden. Vorstellbar sind auch die Steuerbefreiung von 85 Prozent des Betriebsvermögens und die Ausnahme des Hauptwohnsitzes, wie es auch in der derzeitigen Regelung in Deutschland der Fall ist. Erben müssen somit für die geerbte Immobilie, sofern sie diese selbst als Hauptwohnsitz nutzen, keine Erbschaftssteuer zahlen.Da hohe Erbschaften am oberen Ende konzentriert sind, würde eine Erbschaftssteuer mit hohem Freibetrag auch nur einen kleinen Anteil der Erben betreffen. Bei einem Freibetrag von einer halben Million Euro beläuft sich der Anteil der betroffenen Erben auf unter 0,9 Prozent, bei einer Million Euro sind es sogar nur 0,2 Prozent. Selbst beim deutschen Modell sind lediglich 1,8 Prozent der Erben betroffen. In allen Modellen zahlen auch noch 2050 mindestens 98 Prozent der Erben keine Erbschaftssteuer.
Bis zu 3,9 Milliarden Euro generierbar
Trotzdem würde sich eine Steuer lohnen, sagen AK Wien und JRC. 2025 könnten – je nach Steuermodell – Einnahmen in Höhe von 1,2 bis 2,4 Milliarden Euro generiert werden. Bis 2050 wird ein deutlicher Anstieg des Steueraufkommens auf 2,3 bis 3,9 Milliarden Euro geschätzt. Eine Erbschaftssteuer könnte also die finanziellen Herausforderungen für den öffentlichen Haushalt mildern. Auch einzelne Bereiche, etwa die steigenden Pflegekosten, könnten so besser gestemmt werden. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) schätzt die Ausgaben für Pflegedienstleistungen 2025 auf 3,3 Milliarden Euro und im Jahr 2050 auf 10,7 Milliarden Euro. Durch Rückflüsse in Form von Steuern und Sozialversicherungsabgaben in Höhe von rund 70 Prozent der Ausgaben kann zwischen 2025 und 2050 grob ein Anstieg des Nettobetrags von einer auf drei Milliarden Euro erwartet werden. Diese Beträge entsprechen in etwa dem von der AK Wien und JRC geschätzten Aufkommen aus einer Steuer auf Erbschaften ab einer Million Euro, die weniger als ein Prozent der Erben betrifft. (Bettina Pfluger, 7.7.2024)
- Währungsfonds ermahnt Österreich, Einführung von Vermögenssteuern zu prüfen
- Thinktank Eco Austria über Finanzierung des Sozialstaats: „Eine Minderheit trägt die Mehrheit“
- Obergrenze für Vermögen: „Niemand hat eine Milliarde Euro verdient“
- Reich gegen Arm: Wie Vermögenssteuern die Spielregeln ändern würden
- Aus Sorge vor Erbschaftssteuer: Viele Menschen übertragen schon jetzt ihr Vermögen
ISRAEL
n-tv aktuell ISRAEL
09.07.2024 04:03
Hamas droht mit Geisel-Deal-Ende Israel greift Viertel von Gaza-Stadt an
Gaza-Stadt ist erneut ins Visier der israelischen Armee gerückt. Im ausgebombten Hauptquartier des Flüchtlingshilfwerks UNRWA sollen sich erneut Islamisten verschanzt haben. Die Hamas droht mit einem Abbruch der Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln.
08.07.2024 05:26
Keine endgültige Waffenpause? Netanjahu fordert Recht zur Fortsetzung des Krieges gegen Hamas
Die indirekt geführten Verhandlungen zwischen Israels Führung und der Hamas sollen in dieser Woche wieder aufgenommen werden. Ministerpräsident Netanjahu macht bereits im Vorfeld klar, worauf er sich nicht einlassen will. Tausende Israelis fordern bei landesweiten Protesten seinen Rücktritt.
n-tv aktuell Nahost-Konflikt
—
NACHT IM ÜBERBLICK – ISRAEL
—
WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN
Irans neuer Präsident will an Anti-Israel-Kurs festhalten
TEHERAN (dpa-AFX) – Irans neu gewählter Präsident Massud Peseschkian will am Anti-Israel-Kurs seines Landes festhalten. In einem Schreiben an den libanesischen Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah erklärte er der Nachrichtenagentur Isna zufolge mit Blick auf Israel: „Die Unterstützung des Irans für die Widerstandsfront gegen das illegitime zionistische Regime wird mit Nachdruck fortgesetzt.“ Er hoffe, dass Gruppen wie die Hisbollah es nicht zulassen würden, dass Israel „seine kriegstreibende und kriminelle Politik gegen Palästina und andere Länder in der Region fortsetzt“, hieß es in seinem Schreiben weiter.
Der Iran ist der wichtigste Unterstützer der Hisbollah im Libanon. Die Schiitenmiliz kämpft politisch, aber auch mit Gewalt gegen Israel. Sie zählt zu Irans „Achse des Widerstands“.
Der im Iran als vergleichsweise moderat geltende Peseschkian, der sich bei einer Stichwahl am Freitag gegen einen Hardliner durchgesetzt hatte, soll voraussichtlich Anfang August vereidigt werden. Wie viel Einfluss Peseschkian etwa auf die Außenpolitik haben wird, hängt maßgeblich von Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei ab, dem mächtigsten Mann im Staat.
Trotz seiner für iranische Verhältnisse eher gemäßigten Rhetorik stellte sich Peseschkian im Wahlkampf hinter die mächtigen Revolutionsgarden und lobte zum Beispiel auch den Angriff mit Drohnen und Raketen auf den Erzfeind Israel im April./xx/DP/zb
Israels Armee: Terroristen in Schulgebäude aufgespürt
GAZA (dpa-AFX) – Die israelische Armee hat im Gazastreifen nach eigenen Angaben mehrere in einem Schulgebäude verschanzte Terroristen aus der Luft angegriffen. Wie das israelische Militär am späten Montagabend mitteilte, sei die Gruppe aus Kämpfern der islamistischen Hamas und des Islamischen Dschihad (PIJ) im Raum Nuseirat im mittleren Gazastreifen mit Präzisionsmunition beschossen worden, um zivile Opfer zu vermeiden. Weitere Details wurden nicht genannt. Die Angaben ließen sich unabhängig zunächst nicht überprüfen.
Die israelische Armee wies einmal mehr darauf hin, dass die beiden Terrororganisationen „systematisch gegen das Völkerrecht“ verstießen, „indem sie zivile Einrichtungen und die Bevölkerung als menschliche Schutzschilde für Terroranschläge gegen den Staat Israel missbrauchen“, hieß es.
In Nuseirat hatte die Armee kürzlich nach eigenen Angaben Kämpfer der Hamas auch im Areal einer ehemaligen Schule des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA ausgemacht und aus der Luft angegriffen. Laut Hamas wurden 16 Menschen getötet.
Auch dieses Objekt habe den Terroristen als Versteck und Operationsbasis für Attacken auf das israelische Militär gedient, erklärte die Armee dazu. Und auch bei dem Angriff seien zuvor Schritte unternommen worden, um das Risiko für Zivilisten zu minimieren.
Keine der Angaben – weder der israelischen Armee noch der Hamas – konnten unabhängig überprüft werden. Auslöser des Krieges war das Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober 2023 in Israel verübt hatten./ln/DP/zb
POLITIK/ROUNDUP: Israels Armee rückt weiter in Stadt Gaza vor
GAZA/TEL AVIV/BEIRUT (dpa-AFX) – Das israelische Militär ist nach eigenen Angaben weiter im Süden und Westen der Stadt Gaza vorgerückt. In der Nacht zum Montag erreichte es das Hauptquartier des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA. Das ist wegen des Kriegs nicht in Betrieb. Die Streitkräfte hätten in dem Areal Anti-Terror-Operationen eingeleitet, teilte die Armee mit. Zivilisten habe die Armee vor Beginn des Einsatzes zum Verlassen des Gebiets aufgefordert.
Das Armee-Radio berichtete von Kämpfen mit Bewaffneten der islamistischen Hamas. Nach palästinensischen Krankenhausangaben wurden mindestens 15 Menschen getötet. Die Zahl der Opfer könnte noch steigen, weil die Rettungskräfte wegen der Kämpfe viele Wohngebiete nicht erreichen können. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Das israelische Militär war im Laufe des Gaza-Kriegs schon mehrfach in der Metropole im nördlichen Abschnitt des abgeriegelten Küstengebiets vorgegangen. Bewohner der betroffenen Viertel zeigten sich dennoch von dem nächtlichen Vorstoß schockiert. Nach Angaben eines dpa-Korrespondenten sprachen sie von einer „Nacht des Terrors“.
Im Südlibanon tötete das israelische Militär mit einem gezielten Luftschlag einen Kämpfer der Schiiten-Miliz Hisbollah. Der Mann sei von einer Drohne getroffen worden, als er im Bezirk Tyros mit einem Motorrad unterwegs gewesen sei, teilte die Hisbollah mit.
Die israelische Armee bestätigte die gezielte Tötung. Bei dem Angegriffenen habe es sich um einen Kader der Raketen-Einheit der Hisbollah gehandelt, der an zahlreichen Angriffen auf Israel beteiligt gewesen sein soll.
Auslöser des Kriegs war das beispiellose Massaker, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober des Vorjahres im Süden Israels verübt hatten. Die Hisbollah beschießt seitdem den Norden Israels mit Raketen und anderen Geschossen – „aus Solidarität“ mit der Hamas, wie sie vorgibt./edr/wh/gm/DP/men
Bericht: Israelische Verhandler zu Gesprächen nach Kairo abgereist
TEL AVIV/KAIRO (dpa-AFX) – Eine israelische Verhandlungsdelegation ist einem Medienbericht zufolge zu indirekten Gesprächen mit der islamistischen Hamas nach Kairo abgereist. Sie werde von Ronen Bar, dem Leiter des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, angeführt, berichtete das israelische Kan-Radio.
Die seit Monaten andauernden Gespräche, bei denen Ägypten, Katar und die USA vermitteln, zielen auf eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sowie auf einen Austausch von Geiseln in der Gewalt der Hamas gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen ab. Die Vermittler bemühen sich derzeit um Formulierungen, um die bestehende Kluft in strittigen Punkten zu überbrücken.
Die Hamas soll sich Berichten zufolge inzwischen flexibel zeigen und von ihrer Kernforderung abgewichen sein, Israel müsse sich vorab zum Ende des Kriegs verpflichten. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beharrt aber grundsätzlich auf dem Recht Israels, die Kämpfe auch nach der Umsetzung eines künftigen Deals fortzusetzen.
Am Sonntagabend ließ er sein Büro ein Dokument veröffentlichen, das festhält: „Jedes Abkommen wird Israel erlauben, die Kämpfe wieder aufzunehmen, bis alle Kriegsziele erreicht sind.“ Netanjahu versteht darunter die vollständige Zerschlagung der Hamas als militärische Formation und als Regierungsmacht im Gazastreifen. Kritiker interpretierten die von ihm als „unverhandelbar“ bezeichnete Bedingung als einen Versuch, die wieder aufgenommenen Verhandlungen in Kairo und Katar zu torpedieren.
In Israels Städten hatten am Wochenende Zehntausende Menschen demonstriert, um den Druck auf Netanjahu zu erhöhen, endlich ein Abkommen für die Freilassung der Geiseln zu erreichen. Der israelische Regierungschef regiert mit ultra-religiösen und rechtsextremen Koalitionspartnern, die Zugeständnisse an die Hamas ablehnen. Für sein politisches Überleben ist Netanjahu, gegen den schon seit langem ein Korruptionsprozess läuft, auf diese Partner angewiesen.
Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker, das die Hamas sowie andere extremistische Gruppen am 7. Oktober des Vorjahres im Süden Israels begangen hatten. Die Terroristen töteten 1200 Menschen und verschleppten weitere 250 als Geiseln in den Gazastreifen. Israel vermutet noch rund 120 Entführungsopfer im abgeriegelten Küstengebiet, viele von ihnen dürften aber nicht mehr am Leben sein./gm/DP/mis
UKRAINE
Karte der Ukraine
DATENLAGE ZU RUSSLAND – WIRTSCHAFT u.a.
UNDERSTANDIG WAR (ISW)
Tägliche Updates des Institute for the Study of War (ISW) inkl. kurzfristig aktualisiertem Kartenwerk. Themen: Ukraine, Iran, China/Taiwan u.a.m.
Speziell für die Ukraine siehe hier (hinunterscrollen zu aktuellen Berichten).
n-tv aktuell UKRAINE
+++ 08:42 Angriff auf Krankenhaus: Leichnam eines Jungen geborgen, Zahl getöteter Kinder steigt +++
Rettungshelfer haben in den Trümmern der zerstörten Krebs- und Dialyse-Station eines Kiewer Kinderkrankenhauses den Leichnam eines Jungen gefunden. Das habe das ukrainische Innenministerium mitgeteilt, berichtet „Kyiv Independent“. Damit steige die Zahl der am Montag in Kiew durch den russischen Luftangriff Getöteten auf 27, darunter nun vier Kinder. 117 weitere Menschen seien verletzt worden. Nach Ministeriumsangaben sind Rettungskräfte weiter an drei Orten in der Hauptstadt im Einsatz.
+++ 08:30 Ukrainische Partisanen melden erfolgreiche Sabotage von russischer Bahnstrecke +++
Die ukrainische Partisanengruppe Atesh hat nach eigenen Angaben eine wichtige Bahnverbindung zwischen Russland und den besetzten ukrainischen Gebieten unterbrochen. Ein Schaltkasten sei zerstört worden, teilt die Gruppierung auf ihrem Telegram-Kanal mit. Zu sehen ist zudem ein Video, das einen brennenden Kasten zeigt, der neben einem Gleisbett steht. Die Sabotageaktion soll nahe der russischen Ortschaft Schachty stattgefunden haben. Die Gleise führen demnach von Rostow am Don in Richtung des besetzten Mariupol. Die Bahnstrecken sind elementar für die Versorgung der russischen Truppen mit neuem Gerät. Sowohl die ukrainische Armee als auch ukrainische Partisanen nehmen daher immer wieder gezielt, Schienenwege ins Visier. Atesh ist nach eigener Darstellung sowohl in den von Russland besetzten Gebieten als auch innerhalb Russlands aktiv.
+++ 07:55 Ukraine will mehr als 1200 Soldaten an einem Tag ausgeschaltet haben +++
In seinen täglichen Berichten meldet der ukrainische Generalstab, den Invasoren einen Verlust von 1220 Soldaten zugefügt zu haben. Zudem habe die ukrainische Armee sieben russische Panzer, 19 Schützenpanzer, 49 Artillerie-Teile, 29 Drohnen und 36 Marschflugkörper aus Russland zerstört. Die Angaben sind nicht zu überprüfen. Allein die Zahl von 553.410 getöteten, verletzten oder anderweitig außer Gefecht gesetzten russischen Militärangehörigen liegt aber deutlich über den vorsichtigeren Schätzungen westlicher Dienste und Denkfabriken.
+++ 07:37 Russland meldet vier Tote nach ukrainischen Angriffen +++
Bei ukrainischen Angriffen auf die russische Grenzregion Belgorod sind Behördenangaben zufolge binnen 24 Stunden mindestens vier Menschen getötet worden. Weitere 20 Menschen seien verletzt worden, teilt Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow im Onlinedienst Telegram mit. Die vergangenen 24 Stunden seien „unruhig“ und „schwierig“ gewesen. Von den Verletzten müssten 17 im Krankenhaus behandelt werden, zwei seien schwer verletzt, erklärte Gladkow weiter. Auch aus anderen westrussischen Regionen wurden ukrainische Angriffe gemeldet, unter anderem aus Kursk und Wolgograd.
+++ 07:22 Mehr als 2000 Kinder suchen Zuflucht vor russischen Angriffen in Kiews U-Bahn +++
Während der massiven Raketenangriffe auf Kiew am Montag haben nach Angaben der Stadtverwaltung 32.000 Menschen Schutz in den tiefliegenden U-Bahn-Tunneln gesucht. Darunter befanden sich den Angaben zufolge fast 2200 Kinder. Die ukrainische Hauptstadt wird regelmäßig von Russland attackiert. In den vergangenen Monaten waren immer mehr Raketen durchgekommen, weil die westlichen Luftabwehrsysteme nur begrenzte Munition haben und immer öfter erfolgreich umgangen werden.
+++ 06:50 „Mistkerle“: Mindestens zwei Tote nach Angriff auf Kinderkrankenhaus in Kiew +++
Die Einschläge in einem Kiewer Kinderkrankenhaus im Zuge eines russischen Raketenangriffs haben nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko zu 16 Verletzten geführt, darunter sieben Kinder. Zwei der Verletzten starben demnach. Laut Gesundheitsminister Wiktor Ljaschko wurden in dem Kinderkrankenhaus am Montag Abteilungen für Dialyse, Krebsbehandlung, Operationssäle und die Intensivstation beschädigt. Hunderte Anwohner halfen Rettungskräften, Trümmer zu räumen und nach Opfern zu suchen. „Kleine Krebs- und Dialysepatienten sitzen mit ihren Müttern auf dem Bürgersteig“, berichtete der deutsche Botschafter Martin Jäger auf X von einem Besuch am Krankenhaus.
Das russische Verteidigungsministerium bestätigte Raketenangriffe, die angeblich Rüstungsfabriken und Militärflugplätzen der Ukraine galten. Die vielen Videobilder aus Kiew belegten, dass die Schäden durch eine ukrainische Flugabwehrrakete verursacht worden seien, hieß es ohne Beleg. Die Erschütterung der Ukrainer über den Angriff tat das Moskauer Militär als „Hysterie des Kiewer Regimes“ ab. Ukrainischen Berichten zufolge wurde noch ein zweites Krankenhaus in der Hauptstadt auf der anderen Seite des Dnipro beschädigt.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj weist die russischen Behauptungen zu einem Fehler der Flugabwehr zurück. „Was für ein Zynismus, den die Mistkerle im Kreml an den Tag legten, dass es angeblich die ukrainische Flugabwehr und kein gezielter Raketenschlag war“, sagte er auf einer Pressekonferenz mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk in Warschau. Selenskyj dankte allen, die Videos ins Internet gestellt haben, „auf denen konkret zu sehen ist, dass es nicht nur ein Teil der einen oder anderen Rakete ist, sondern ein direkter Raketenschlag ist, mit dem viele Menschen getötet und verletzt wurden“.
+++ 06:19 Berlin stellt Ukraine weitere Munition und Luftverteidigungsystem bereit+++
Die Bundesregierung hat der Ukraine weitere Militärgüter zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg zur Verfügung gestellt. Wie aus der am Montag aktualisierten Liste gelieferter Rüstungsgüter hervorgeht, ist das angekündigte dritte Luftverteidigungssystem Patriot eingetroffen. Neu auf der Liste sind zudem die zusätzliche Munition für die 50 zusammen mit Dänemark bereitgestellten Kampfpanzer Leopard 1, 11.000 weitere Schuss Munition für die 52 Gepard-Luftabwehrpanzer und zwei Luftraumüberwachungsradare vom Typ TRML-4D.
+++ 05:43 Angriff auf Russland: Umspannwerk in Rostow am Don brennt +++
In der südrussischen Region Rostow ist nach russischen Angaben infolge eines ukrainischen Drohnenangriffs ein Feuer in einem Umspannwerk ausgebrochen. „Zwei Transformatoren sind in Brand geraten“, teilt Gouverneur Wassili Golubew über den Kurznachrichtendienst Telegram mit. Die
+++ 04:31 FDP-Politiker Faber verteidigt Wehretat +++
Der FDP-Politiker und neue Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marcus Faber, weist Kritik an der nur geringfügigen Erhöhung des Wehretats 2025 zurück. „Man darf ja nicht vergessen, dass das Budget des Verteidigungsministeriums im Gegensatz zu den meisten anderen Ministerien immerhin gestiegen ist“, sagt Faber der „Augsburger Allgemeinen“. Wenn man das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro und weitere Investitionen in die Truppe zusammenrechne, lande man bei 140 Milliarden Euro. „Das kann sich sehen lassen, auch wenn man sich immer mehr wünschen könnte.“
+++ 03:25 UN-Menschenrechtskommissar verurteilt Angriff auf Krankenhaus in Kiew +++
UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk verurteilt die Angriffe auf eine Kinderklinik in der ukrainischen Hauptstadt Kiew als „abscheulich“. Sie hätten die „Intensivstation, die chirurgische und die onkologische Abteilung“ des Ochmatdyt-Kinderkrankenhauses „schwer beschädigt“, erklärt er. Die Dialyse-Abteilung der Klinik sei „zerstört“ worden. „Unter den Opfern waren die kränksten Kinder der Ukraine.“
+++ 02:05 Biden kündigt Unterstützung Kiews zum NATO-Gipfel an +++
US-Präsident Joe Biden kündigt nach Angriffen mit russischen Raketen auf die Ukraine mit 36 Toten „neue Maßnahmen“ zur Stärkung der ukrainischen Luftabwehr an. Die USA und ihre Verbündeten würden diese neue Unterstützung auf einem NATO-Gipfel in Washington in dieser Woche bekanntgeben, erklärt Biden. Er bezeichnet die Raketenangriffe auf die Ukraine als eine „schreckliche Erinnerung an Russlands Brutalität“ in dem Krieg, der im Februar 2022 begann.
+++ 01:05 Kiesewetter: Bundeswehretat Enttäuschung für Soldaten +++
In der Debatte um die Höhe der Verteidigungsausgaben fordert der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter, „Wohlstand“ neu zu definieren. „Dass der Bundesregierung es bei der Haushaltsaufstellung nicht gelingt, die Bundeswehr notwendig zu priorisieren, ist bitter und eine Enttäuschung für die Soldaten“, sagt Kiesewetter den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dies zeige, dass „die Zeitwende im Mindset des Kanzlers“ nicht angekommen sei und Olaf Scholz sich weigere, der Bevölkerung angesichts der Bedrohungslage reinen Wein einzuschenken. „Es ist dafür auch nötig ‚Wohlstand‘ neu zu definieren – weg von einer individuellen Auslegung, hin zu gesellschaftlicher Resilienz und Wehrhaftigkeit.“ Früher habe der Verteidigungsetat bei fünf oder sechs Prozent der Wirtschaftskraft gelegen. „Es ist also möglich, zu priorisieren, wenn der politische Wille das ist“, sagt Kiesewetter. Ein verstetigter Verteidigungsetat müsse in Richtung drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gehen.
+++ 00:01 Grüne und FDP kündigen Aufstockung von Pistorius-Etat an +++
Mit Blick auf die Haushaltsverhandlungen im Bundestag kündigt der Grünen-Haushaltspolitiker Sebastian Schäfer, der auch Vizechef des Bundestagsgremiums für das Bundeswehr-Sondervermögen ist, Nachbesserungen bei den Verteidigungsausgaben an. Zwar sei Kompromiss der Ampel-Spitzen eine „ordentliche Arbeitsgrundlage für die Haushaltsverhandlungen im Parlament“, sagte Schäfer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Wie immer wird es aber zahlreiche und auch wesentliche Änderungen geben. Gerade in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik gibt es große Notwendigkeiten, die wir im parlamentarischen Verfahren berücksichtigen werden“, so der Grüne. Auch der verteidigungspolitische Sprecher der FDP, Alexander Müller, zeigt sich zu weiteren Umschichtungen zugunsten des Verteidigungsetats bereit.
Etatverhandlungen im Bundestag Grüne und FDP kündigen Aufstockung für Pistorius an
+++ 22:16 Wrackteile fallen auf Klinik – sieben Tote +++
Über Kiew ist das Wrackteil einer Rakete auf ein Krankenhaus gestürzt und hat fünf Ärzte und zwei Patienten getötet. Dabei habe es sich um die ADONIS-Klinik im Bezirk Dniprowskyi gehandelt, berichtet „Ukrainska Pravda“. Ein russischer Raketenangriff habe außerdem Fensterscheiben in einer privaten Geburtsklinik im selben Gebäude zerbersten lassen.
+++ 22:10 Insider: Scholz plant klare Ansage auf NATO-Gipfel +++
Der NATO-Gipfel von Dienstag bis Donnerstag wird nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen „eine sehr klare Botschaft“ zur Unterstützung der Ukraine aussenden. Bundeskanzler Olaf Scholz werde im Kreis der 32 NATO-Staats- und Regierungschefs deutlich machen, dass Deutschland ein verlässlicher Partner im transatlantischen Bündnis sei und bleiben werde, sagte der Regierungsvertreter.
+++ 21:56 Schmyhal: Suchen Ausweichquartier für Krankenhaus +++
Die ukrainische Regierung sucht nach einem Ausweichquartier für das angegriffene Kinderkrankenhaus. Das teilte Premierminister Denys Schmyhal mit. Der Angriff werde Thema der nächsten Kabinettssitzung sein. „Wir hoffen, unsere internationalen Partner ziehen ihre eigenen Schlüsse“, wird er von „Kyiv Independent“ zitiert. „Wir brauchen effektive Antworten auf russischen Terror.“
+++ 21:18 Militärgericht verurteilt Berkowitsch und Petrijtschuk +++
Ein Militärgericht in Moskau verurteilt die Theaterregisseurin Jewgenija Berkowitsch und die Dramaturgin Swetlana Petrijtschuk zu sechs Jahren Haft. Die beiden Künstlerinnen wurden am Montag der „Rechtfertigung von Terrorismus“ für schuldig befunden. Die Anwältin der beiden kündigte an, in Berufung zu gehen. Die 39-jährige Berkowitsch und die 44 Jahre alte Petrijtschuk waren im Mai 2023 festgenommen worden. Anlass war ein Theaterstück, das von russischen Frauen handelt, die im Internet von Islamisten in Syrien angeworben wurden und sich auf den Weg zu ihnen machten, um sie zu heiraten. Das Stück kam bei Kritikern und Zuschauern gut an und wurde 2022 gleich zweifach mit einer „Goldenen Maske“, dem wichtigsten russischen Theaterpreis, ausgezeichnet. Seit dem Beginn des Militäreinsatzes in der Ukraine hat der Kreml sein Vorgehen gegen Kritiker massiv verschärft.
+++ 20:48 Zahl der Todesopfer steigt noch weiter +++
Die Zahl der Todesopfer nach dem schweren russischen Raketenangriff ist noch höher als bislang angenommen. Behördenangaben zufolge kamen mindestens 36 Menschen ums Leben – fünf mehr als bekannt. 137 seien verletzt worden.
+++ 20:25 Putin empfängt Modi zum Tee +++
Putin empfängt den indischen Premier Narendra Modi in seiner Residenz in Nowo-Ogarjewo bei Moskau zum Tee. Der russische Präsident und der indische Regierungschef einigten sich dabei nach Angaben der Staatsagentur Tass, verschiedene Themen zunächst inoffiziell zu erörtern. Offiziell wollten sie erst am Dienstag sprechen. Bei der offiziellen Visite Modis wird nach Kremlangaben auch über Russlands Invasion in der Ukraine gesprochen. Es werde für westliche Beobachter interessant, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow vorab mit Blick darauf, dass Modi zum Ärger Kiews im Juni dem von der Ukraine initiierten Friedensgipfel in der Schweiz fernblieb.
+++ 19:49 Kleine Gruppe Frauen protestiert in Moskau +++
Eine kleine Gruppe von Frauen protestiert in Moskau für die Rückkehr ihrer in der Ukraine kämpfenden Männer und Söhne. Die teilweise von kleinen Kindern begleiteten Demonstrantinnen versammelten sich mit Camping-Ausrüstung vor dem Verteidigungsministerium in der russischen Hauptstadt, wie auf Bildern zu sehen war. Sie gaben an, über Nacht bleiben zu wollen. Ein Polizist forderte die Frauen auf, den Ort zu verlassen. Durch das strikte Vorgehen gegen kritische Stimmen sind Demonstrationen in Russland sehr selten geworden. Gruppen von Frauen oder anderen Angehörigen von Soldaten, die deren Rückkehr fordern, sind die einzigen, die noch in Moskau protestieren.
+++ 19:24 Reisner: Putin will gezielt für neue Flüchtlingsströme sorgen +++
Markus Reisner, Oberst des österreichischen Bundesheers, sieht hinter der russischen Angriffswelle auf kritische Infrastruktur ein Kalkül. Neben der Sabotage ukrainischer Waffenproduktion gehe es auch darum, neue Fluchtbewegungen zu fördern und damit Europas Politik zu destabilisieren.
Politik 08.07.24
Reisner zu Infrastruktur-Attacken „Putin will gezielt für neue Flüchtlingsströme sorgen“
+++ 18:59 Ukrainer schießen fünf Aufklärungsdrohnen ab +++
Die ukrainische Luftwaffe schießt im Laufe des Tages fünf Aufklärungsdrohnen ab. Eigenen Angaben zufolge wurden die Maschinen im Süden des Landes vom Himmel geholt, darunter drei vom Typ ZALA, eine Supercam und eine Orlan 10.
+++ 18:41 Heil: Bürokratische Barrieren für Ukrainer einreißen +++
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil dringt auf den Abbau von Hindernissen bei der Integration ukrainischer Flüchtlinge auf dem deutschen Arbeitsmarkt. „Wir müssen bürokratische Barrieren in Deutschland einreißen“, sagte Heil auf einer Sommerreise. Der Minister besuchte ein Säge- und Holzwerk in Buchenbach (Baden-Württemberg), das zahlreiche Ukrainerinnen und Ukrainer beschäftigt. Heil rief dazu auf, schneller Berufe anzuerkennen. Zuständig sind dafür vor allem die Bundesländer. Knapper Wohnraum und ein Ausbau der Kinderbetreuung seien weiter nötig, so der Minister. Unternehmen sollten zudem nicht warten, bis Ukrainerinnen und Ukrainer besser Deutsch sprächen, so Heil. Er machte sich für die Nutzung inzwischen angebotener berufsbegleitender Sprachkurse stark.
+++ 18:17 Raketenangriff soll Russland neunstelligen Betrag gekostet haben +++
Einer groben Schätzung zufolge könnte Russland der Raketenangriff auf die Ukraine zwischen 200 und 250 Millionen US-Dollar gekostet haben. Das berichtet das US-Magazin Forbes unter Berufung auf ukrainische Militärquellen. Demnach wurde mindestens eine ballistische Rakete vom Typ Kinschal verwendet, vier Iskander sowie Kalibr- und Zirkon-Marschflugkörper. 30 von 38 Raketen wurden laut Ukraine abgeschossen. Deren Wert allein lag demnach zwischen 160 und 200 Millionen US-Dollar.
+++ 17:58 UN-Sicherheitsrat trifft sich – Woodward: „Feigen und verwerflichen Angriff anprangern“ +++
Der UN-Sicherheitsrat trifft sich Diplomaten zufolge am Dienstag zum russischen Angriff auf Kiew, bei dem auch ein Kinderkrankenhaus getroffen wurde. „Wir werden Russlands feigen und verwerflichen Angriff auf das Krankenhaus anprangern“, erklärt die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward auf X. Der Antrag auf eine Sitzung wurde den Angaben zufolge von den USA, Großbritannien, Frankreich, Ecuador und Slowenien eingereicht. Russland hat im Sicherheitsrat ein Veto-Recht.
+++ 17:38 Lauterbach will ukrainische Kinder nach Deutschland holen +++
Die Bundesregierung will kranke Kinder aus der Ukraine in Deutschland versorgen. Er habe dem ukrainischen Gesundheitsminister Viktor Ljaschko zugesagt, kranke Kinder in Not jederzeit aufzunehmen, schrieb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf X. Ein nächster Rettungsflug starte am Mittwoch, so der SPD-Politiker. Er war dem Vernehmen nach schon vor dem Angriff auf ein Kinderkrankenhaus in Kiew geplant. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, dankte Lauterbach bei X „für aktive Solidarität und mitfühlende Menschlichkeit“. Dies könne „Kinderleben retten“. Lauterbach verurteilte den Angriff auf das Kinderkrankenhaus. Putin habe durch den „gezielten Angriff auf Kinderkrankenhaus erneut gezeigt: Er ist ein Kriegsverbrecher.“
Politik 08.07.24
Eder zu Aufrüstung in Russland Zeitfenster zur Abschreckung Moskaus „unbedingt nutzen“
+++ 17:25 Eder: Zeitfenster zur Abschreckung Moskaus „unbedingt nutzen“ +++
Russland stellt seine Wirtschaft schon seit Längerem gezielt auf den Krieg um. Philipp Eder, Militärkommandant des österreichischen Bundesheeres, warnt vor einem sich schließenden Zeitfenster für die NATO.
+++ 16:56 Nun 31 Tote nach Raketenangriff +++
Die Zahl der Todesopfer nach dem großangelegten russischen Raketenangriff auf die Ukraine steigt weiter. „In der Ukraine kamen 31 Menschen um, weitere 125 wurden verletzt“, teilt das Innenministerium in Kiew mit. Allein in der Hauptstadt Kiew seien dabei 20 Menschen getötet und 61 verletzt worden. Angaben der ukrainischen Luftwaffe nach hat das russische Militär 38 Raketen unterschiedlichen Typs auf Ziele in ukrainischen Städten abgefeuert. 30 davon habe die Flugabwehr abfangen können. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor von über 40 Raketen gesprochen, die auf die Städte Kiew, Dnipro, Krywyj Rih, Slowjansk und Kramatorsk abgefeuert worden seien.
+++ 16:39 Brandenburger Raffinerie ohne russisches Öl bei 80 Prozent Auslastung +++
Eineinhalb Jahre nach der Abkehr von russischem Rohöl schafft die wichtige Raffinerie PCK im brandenburgischen Schwedt mithilfe neuer Versorgungswege eine Auslastung von rund 80 Prozent. Das sei das, was mit jetzigen Versorgungsquellen möglich sei, sagte PCK-Chef Rolf Schairer am Rande eines Besuchs des Ostbeauftragten Carsten Schneider. Der Wert liegt deutlich über der Auslastung Anfang 2023, aber nach Unternehmensangaben unter dem früherer Jahre. Aus Sicht der Bundesregierung ist der Standort damit gesichert. Die Raffinerie hatte jahrzehntelang nur russisches Öl aus der Pipeline Druschba verarbeitet.
+++ 16:22 Ukrainischer Geheimdienst: Russischer Marschflugkörper traf Kinderkrankenhaus +++
Der tödliche Angriff auf ein Kinderkrankenhaus in Kiew ist nach Erkenntnissen des Inlandsgeheimdienstes SBU durch einen russischen Marschflugkörper erfolgt. Vor Ort seien „relevante Beweise, insbesondere Fragmente vom hinteren Teils einer Ch-101-Rakete“ inklusive einer Seriennummer gefunden worden, heißt es in einer Erklärung des SBU. Bei dem Angriff wurden demnach mindestens zwei Krankenpfleger getötet und sieben weitere Menschen verletzt, darunter auch Kinder. Moskau hatte zuvor eine Verantwortung bestritten und erklärt, das Krankenhaus sei von Trümmern ukrainischer Luftabwehrraketen getroffen worden. Beweise wurden jedoch nicht vorgelegt.
+++ 15:55 Bundesregierung hofft auf mehr Fliegerabwehr für Ukraine +++
Die Bundesregierung hofft beim NATO-Gipfel auf weitere Zusagen für die Lieferung von Luftabwehrsystemen an die Ukraine. Die Gespräche über die von Kiew erbetenen weiteren Patriot-Luftabwehrsysteme liefen noch und würden „vielleicht sogar während des Gipfels“ weitergeführt, sagt ein hochrangiger Regierungsvertreter in Berlin. „Wir verstehen die Priorität.“ Entscheidungen zum von der Ukraine gewünschten NATO-Beitritt sind demnach hingegen nicht geplant.
+++ 15:40 Gouverneur: Ein Toter bei Angriff auf russische Oblast Belgorod +++
Bei einem ukrainischen Angriff auf die russische Oblast Belgorod wird nach Angaben des dortigen Gouverneurs ein Zivilist getötet. Der Mann sei im Dorf Nikolskoje verletzt worden und später gestorben. Drei weitere Menschen seien verletzt worden. Die Zahl der Verletzten könne noch steigen. Belgorod grenzt an die Ukraine und ist immer wieder Ziel ukrainischer Angriffe gewesen.
+++ 15:24 Selenskyj: „Was für ein Zynismus, den die Mistkerle im Kreml an den Tag legen“ +++
Präsident Selenskyj reagiert wütend auf russische Behauptungen, ein Flugabwehrfehler sei für die Schäden an einem Kinderkrankenhaus in Kiew verantwortlich. „Was für ein Zynismus, den die Mistkerle im Kreml an den Tag legten, dass es angeblich die ukrainische Flugabwehr und kein gezielter Raketenschlag war“, sagt der ukrainische Staatschef auf einer Pressekonferenz mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk in Warschau. Selenskyj dankt allen, die Videos ins Internet gestellt haben, „auf denen konkret zu sehen ist, dass es nicht nur ein Teil der einen oder anderen Rakete ist, sondern ein direkter Raketenschlag ist, mit dem viele Menschen getötet und verletzt wurden“. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium in einer Erklärung behauptet, dass eine vom Stadtrand abgefeuerte Flugabwehrrakete die Schäden verursacht habe.
+++ 15:07 Bundesregierung richtet sich nach Raketenangriff direkt an Putin +++
Die Bundesregierung verurteilt die schweren russischen Raketenangriffe auf die Ukraine scharf – darunter auf ein Kinderkrankenhaus in der Hauptstadt Kiew. Man fordere Putin auf, „diesen Angriffskrieg auf so viele unschuldige Menschen unverzüglich zu beenden“, sagt eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. „Lage der Zivilisten und Kinder großteils dramatisch“ Insbesondere die Lage der Zivilisten und der Kinder in der Ukraine sei „in großen Teilen dramatisch.“
+++ 14:55 Insider: NATO-Gipfel wird klar Unterstützung für Ukraine zeigen +++
Der NATO-Gipfel von Dienstag bis Donnerstag wird nach den Worten eines deutschen Regierungsvertreters „eine sehr klare Botschaft“ zur Unterstützung der Ukraine aussenden. Die 32 NATO-Staaten dürften dem Land jährlich rund 40 Milliarden Euro pro Jahr zusagen, das sei bei dem Treffen zu erwarten. Die NATO selbst werde in der Ukraine keine aktive Rolle einnehmen.
+++ 14:47 Tusk: Entscheidung über Frieden nicht ohne Ukraine +++
Präsident Selenskyj kündigt Vergeltung für den massiven russischen Raketenangriff an, bei dem nach ukrainischen Angaben landesweit 29 Menschen getötet wurden. Die Ukraine werde auch ein Treffen des UN-Sicherheitsrates beantragen, sagt Selenskyj bei seinem Besuch in Warschau. Zudem rechne sein Land beim NATO-Gipfel diese Woche mit konkreten Schritten der Verbündeten hinsichtlich einer Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung.
+++ 14:38 Tusk: Entscheidung über Frieden nicht ohne Ukraine +++
Frieden in der Ukraine kann es nach den Worten des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk nur mit der Ukraine geben. Niemand könne darüber ohne eine Beteiligung der Ukraine entscheiden, sagt Tusk in Warschau anlässlich des Besuchs des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Beide unterzeichnen ein Sicherheitsabkommen ihrer Staaten. Die Ukraine könne bei ihrer Bestrebung, NATO-Mitglied zu werden, auf die Unterstützung Polens zählen.
+++ 14:24 Nach Putin-Gespräch: Orban schließt russischen Angriff auf NATO aus +++
Putin beabsichtigt keinen Angriff auf die NATO, davon gibt sich Ungarns Ministerpräsident Orban überzeugt: „Kein ernsthafter Mensch kann davon sprechen, dass Russland die Absicht hat, die NATO anzugreifen“, sagte Orban der „Bild“-Zeitung. Die NATO anzugreifen sei – nicht nur für Russland, sondern für irgendjemanden auf der Welt – völlig unmöglich, da sie die bei weitem stärkste Militärgemeinschaft sei, sagte Orban. Voraussetzung sei allerdings, dass die Einheit der NATO erhalten bleibe und Artikel fünf des NATO-Vertrages von allen respektiert werde. Dieser regelt die Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff gegen alle angesehen wird. Orban verwies laut dem Bericht zudem auf die vielen Probleme, die Russland an der Front bereits mit der Ukraine habe.
COMMENT: siehe dazu meinen COMMENT vom Sonntag, den 7.7.2024 und den vom Folgetag mit Blick auf „Planspiele“ westlicher Sicherheitsexperten und einen langfristig negativen Ausblick auf die russische Wirtschaft.
+++ 13:58 Botschafter Jäger: „So sehen Verhandlungsbereitschaft und Friedenswille Russlands aus“ +++
Die diplomatischen Vertreter mehrerer westlicher Staaten in der Ukraine verurteilen die jüngsten russischen Luftangriffe auf ukrainische Städte. Dabei kommen mindestens 30 Menschen ums Leben und etwa 90 werden verletzt. Getroffen wird auch eine Kinderklinik in der ukrainischen Hauptstadt. „Viele Opfer in Kyiv, Tote, Verletzte. Das ist Krieg gegen Zivilisten. So sehen die Verhandlungsbereitschaft und der Friedenswille Russlands aus“, schreibt der deutsche Botschafter Martin Jäger bei X.
+++ 13:46 „Verteidigungsfähigkeiten sind immer noch unzureichend“ – Ukraine fordert mehr Luftabwehrsysteme +++
Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow drängt die Verbündeten seines Landes, rasch über die Lieferung weiterer Luftabwehrsysteme zu entscheiden. „Unsere Verteidigungsfähigkeiten sind immer noch unzureichend“, schreibt Umerow auf Telegram nach der massiven Welle russischer Raketenangriffe. „Wir brauchen mehr Luftabwehrsysteme.“ Bei den Raketenangriffen auf etliche Städte in der Ukraine wurden am Morgen mehr als 20 Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt.
+++ 13:30 Russland: Haben Luftwaffenstützpunkte angegriffen +++
Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau ukrainische Luftwaffenstützpunkte angegriffen. Im Visier seien auch Einrichtungen der Rüstungsindustrie gewesen. „Die Ziele des Angriffs wurden erreicht. Die vorgesehenen Objekte wurden getroffen“, teilt das Ministerium mit. Russland hat wiederholt erklärt, seine Truppen griffen keine zivilen Ziele an.
+++ 13:05 Kiew: 1200 russische Soldaten innerhalb eines Tages „eliminiert“ +++
Die personellen Verluste auf russischer Seite bleiben laut offiziellen Zahlen aus Kiew hoch: Binnen eines Tages sind demnach 1200 russische Soldaten im Krieg ums Leben gekommen oder können nicht mehr weiterkämpfen. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums sind seit Beginn des Krieges im Februar 2022 insgesamt 552.190 russische Soldaten „eliminiert“ worden. Wie das Verteidigungsministerium in seinen täglichen Angaben zu den Verlusten Russlands verkündet, habe der Gegner unter anderem 16 weitere Panzer verloren (8171). Seit Beginn der russischen Invasion zählt die Ukraine rund 15.700 gepanzerte Fahrzeuge und rund 11.900 Drohnen, die sich nicht mehr im Besitz des russischen Militärs befinden oder zerstört wurden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Moskau selbst hält sich mit Informationen zu eigenen Verlusten in der Ukraine zurück.
+++ 12:39 Habeck über Orbans „Friedensmission“: Ungarns Regierungschef „spricht nicht für Europa“ in Peking +++
Auch wenn Ungarns Regierungschef sich wohl gerade mit seiner selbsternannten „Friedensmission“ und Besuchen in Kiew, Moskau und jetzt Peking alle Mühe gibt, es so aussehen zu lassen: Auch wenn sein Land die EU-Ratspräsidentschaft zum 1. Juli übernommen hat, kann Orban auch in dieser Funktion nicht für die Europäische Union sprechen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen distanziert sich deshalb vom Besuch des ungarischen Regierungschefs in Peking. Orban sei „als ungarischer Regierungschef und nicht als Repräsentant Europas“ nach China gereist, stellt Habeck beim TV-Sender Welt klar. „Das kann er natürlich tun. Aber er spricht nicht für Europa an dieser Stelle.“ Europäische Politiker könnten und sollen nach China reisen, so der Grünen-Politiker. „Ich war ja auch gerade da. Das ist erst mal für sich genommen kein Problem. Die Frage ist: Was wird dort beredet? Und die ungarische Politik ist häufig so, wie sie eben nicht sein sollte“, sagte der Vize-Kanzler. „Sondern sie vertritt ganz häufig nicht den Kerngedanken der Europäischen Union, nämlich Liberalität nach innen und europäisches Selbstbewusstsein nach außen, sondern sucht eine manchmal zu große Nähe zu meiner Ansicht nach den falschen politischen Führern.“
+++ 12:25 Gouverneur: Drei Tote bei russischem Angriff auf Pokrowsk im Osten der Ukraine +++
Am helllichten Tage hat das russische Militär mehrere ukrainische Städte attackiert, darunter die Hauptstadt Kiew und Krywyj Rih, die Heimatstadt des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Auch im Osten der Ukraine gab es Raketenangriffe: Mindestens drei Menschen sind bei einer russischen Attacke auf die Stadt Pokrows getötet worden. Eine Rakete habe ein nicht näher bezeichnetes Gebäude getroffen, teilt der Regionalgouverneur auf Telegram mit.
+++ 12:10 Russischer Luftangriff auf Kiew: Zahl der Todesopfer auf neun gestiegen +++
Die Zahl der Todesopfer des russischen Luftangriffs auf die ukrainische Hauptstadt Kiew ist auf neun gestiegen. 33 Menschen seien verletzt worden, teilt die Staatsanwaltschaft mit. Bei dem schweren Angriff ist auch eine Kinderklinik zerstört worden. Die Suche nach Menschen unter den Trümmern läuft noch.
+++ 11:46 Klitschko: Einer der schwersten Angriffe auf Kiew – Zahl der Toten steigt auf sieben +++
Der russische Angriff auf die ukrainische Hauptstadt Kiew ist nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko einer der schwersten in dem seit mehr als zwei Jahren tobenden Krieg. „Sie sehen: Es ist ein Kinderkrankenhaus“, sagt er der Nachrichtenagentur Reuters, während er neben einem schwer beschädigten Gebäude steht. Die Zahl der Todesopfer des massiven Raketenangriffs auf Kiew ist nach Angaben örtlicher Behörden auf sieben gestiegen. Mehr dazu lesen Sie hier.
+++ 11:24 Behörden melden zehn Tote und mehr als 30 Verletzte bei Angriff auf Krywyj Rih +++
In der Stadt Krywyj Rih im Zentrum der Ukraine sind nach Angaben der dortigen Behörden bei einem schweren russischen Raketenangriff zehn Menschen ums Leben gekommen. 31 Menschen seien verletzt worden. In der Stadt seien mehrere Einschläge gemeldet worden. Es gebe unter anderem Schäden am Verwaltungsgebäude eines Industrieunternehmens.
https://datawrapper.dwcdn.net/zranR/ +++ 11:10 Orban zu Kriegsgeschehen: „Nächste Monate werden viel brutaler als wir denken“ +++
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban erwartet nach seinen Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in den kommenden Monaten eine enorme Steigerung der Intensität des Kriegsgeschehens. „Glauben Sie mir: Die nächsten zwei, drei Monate werden viel brutaler sein, als wir denken“, sagte Orban in einem Interview für „Bild“ und andere Axel-Springer-Medien in seinem Amtssitz in Budapest. Zur Begründung verwies Orban auf den Zustrom von qualitativ hochwertigen Waffen an die Ukraine und die Entschlossenheit der Russen. „Die Energie der Konfrontation, die Zahl der Toten, die Zahl der Opfer wird also brutaler sein als in den vergangenen sieben Monaten“, so Orban.
Premier sieht Eskalation kommen: Orban: Unter Merkel hätte Putin den Krieg nicht begonnen
COMMENT: Einen Schlüssel für diese Aussage könnte die NATO-Konferenz in Bukarest 2008 liefern, auf der eine unscharf formulierte Ankündigung des NATO-Beitritts der Ukraine zwischen G. W. Busch und Merkel nach heftigem Streit zwischen beiden ausgehandelt wurde. Russland wurde düpiert.
Die Folgen, von Putin davor seit Jahren indirekt mehrfach und unmissverständlich angekündigt, sind bekannt. Die Aktivitäten des Westens und Russlands nahmen nach Bukarest zu in der Art eines eskalativen Crescendos – Ausgang ungewiss: was Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen bringen werden, steht in den Sternen und ernötigen Kompromisse auf beiden Seiten. Zu denen sind die Kriegsgegner derzeit nicht bereit.
+++ 10:47 Fünf Tote bei russischen Luftangriffen auf Kiew – Kinderkrankenhaus getroffen +++
Die russische Armee hat die ukrainische Hauptstadt Kiew in mehreren Wellen mit Raketen angegriffen. Der ukrainischen Militärverwaltung zufolge wurden in Kiew bei den Angriffen fünf Menschen getötet; neun weitere wurden verletzt. In der Innenstadt waren gut zwei Dutzend Explosionen mutmaßlich von Flugabwehrraketen zu hören, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa berichtet. Bürgermeister Vitali Klitschko zufolge gab es herabstürzende Trümmerteile in vier Stadtteilen sowie zahlreiche Notrufe. Laut Klitschko und dem Leiter des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, gab es auch einen Einschlag in einem Kinderkrankenhaus. Mehr dazu lesen Sie hier.
+++ 10:40 Vor NATO-Gipfel: Selenskyj trifft in Warschau Polens Führung +++
Vor dem NATO-Gipfel in Washington wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Warschau mit Polens Führung zusammentreffen. Für die Mittagszeit ist ein Gespräch mit Ministerpräsident Donald Tusk vorgesehen, wie die polnische Regierung mitteilt. Tusk hatte kürzlich angekündigt, er werde höchstwahrscheinlich gemeinsam mit Selenskyj ein bilaterales Sicherheitsabkommen unterzeichnen. Am frühen Nachmittag trifft Selenskyj dann seinen polnischen Amtskollegen Andrzej Duda. Das EU- und NATO-Mitglied Polen ist einer der engagiertesten politischen und militärischen Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine. Es hat auch eine wichtige Funktion als Drehscheibe für die westliche Militärhilfe für Kiew.
+++ 10:18 Kreative Luftabwehr: Ukrainer schießen russische Drohne aus Kleinflugzeug ab +++
Die Waffenlieferungen aus dem Westen verzögern sich. Wie kreativ die Ukraine mit dem Mangel an Luftabwehrsystemen umgeht, verdeutlichen Aufnahmen einer Drohnenjagd. Ukrainische Soldaten holen aus der Luft heraus Russlands Drohnen von Himmel – mit einem Kleinflugzeug und einem Gewehr.
Beeindruckende Leistung in offenem Cockpit Ukrainer schießen russische Drohne aus Kleinflugzeug ab
+++ 09:54 Xi mahnt Waffenstillstand und Verhandlungen in Ukraine an +++
Chinas Präsident Xi Jinping spricht sich für einen Waffenstillstand in der Ukraine mit anschließenden Verhandlungen aus. Dies würde den Interessen aller Beteiligten dienen, sagte Xi laut staatlichen Medien bei einem Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban in Peking. Die Lage in der Ukraine müsse so weit wie möglich abgekühlt werden. Die internationale Gemeinschaft müsse die Bedingungen dafür schaffen, dass Russland und die Ukraine in einen direkten Dialog treten könnten. Dazu brauche es eine „positive Energie“. Wie genau dies geschehen soll und welche Akteure dabei maßgeblich sein könnten, sagte Xi nicht. Orban war heute überraschend in Peking eingetroffen.
+++ 09:27 Ukrainische Luftwaffe zerstört drei Marschflugkörper über Tscherkassy und Schytomyr +++
Die ukrainische Luftabwehr hat nach eigenen Angaben in der Nacht drei russische Marschflugkörper abgeschossen. Insgesamt hätte Russland mit sechs Marschflugkörpern vom Typ Kh-101 angegriffen, berichtet die ukrainische Luftwaffe. Die drei getroffenen Flugkörper seien über der Region Tscherkassy und über Schytomyr zerstört worden. Angaben über mögliche Schäden gibt es bislang nicht.
+++ 09:10 Pistorius vor NATO-Gipfel verärgert über geringen Wehretat +++
In seiner ersten öffentlichen Äußerung seit dem Haushaltskompromiss der Ampel-Spitzen ließ Verteidigungsminister Boris Pistorius von der SPD seinen Unmut über die Folgen der Einigung erkennen. „Ja, ich habe deutlich weniger bekommen, als ich angemeldet habe. Das ist ärgerlich für mich, weil ich bestimmte Dinge dann nicht in der Geschwindigkeit anstoßen kann, wie es Zeitenwende und Bedrohungslage erforderlich machen“, sagte Pistorius, der in Fairbanks in Alaska die NATO-Übung Arctic Defender 2024 besucht. Pistorius sagte: „Wir werden sehen, was sich in den nächsten Wochen und Monaten weiter ergibt. Ich muss mich darauf einstellen und das Beste daraus machen.“
„Das ist ärgerlich für mich“ Pistorius unzufrieden mit Kompromiss bei Bundeswehr-Etat
+++ 08:41 Institute: Sanktionen beeinträchtigen Russlands Kriegs-Fähigkeiten kaum +++
Sanktionen haben Russlands Fähigkeit zur Kriegsführung nur wenig beeinträchtigt. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsprojekt von vier Instituten, darunter das Münchner Ifo und das IfW in Kiel, für das Bundeswirtschaftsministerium. „Die Wirtschaft des Landes wächst angesichts des Rüstungsbooms momentan kräftig, allerdings wirken die Sanktionen langfristig wie ein schleichendes Gift“, sagt Vasily Astrov, Russland-Experte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche.
NACHT IM ÜBERBLICK – UKRAINE
—
WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN
Zahl der Toten nach russischen Luftangriffen in Ukraine steigt weiter
KIEW (dpa-AFX) – Nach massiven russischen Luftangriffen auf ukrainische Städte ist die Zahl der Todesopfer und Verletzten weiter angestiegen. Allein in Kiew stieg die Zahl der Toten nach Angaben der Militärverwaltung auf mindestens 27. Zudem wurden mindestens 82 Menschen verletzt. Fassungslosigkeit löste der Beschuss von einer der größten ukrainischen Kinderkliniken in Kiew aus. In der Region Dnipro starben elf Menschen, die Zahl der Verletzten wurde offiziell mit 59 angegeben.
Angaben der ukrainischen Luftwaffe nach hat das russische Militär 38 Raketen unterschiedlichen Typs auf Ziele in ukrainischen Städten abgefeuert. 30 davon habe die Flugabwehr abfangen können. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor von über 40 Raketen gesprochen, die auf die Städte Kiew, Dnipro, Krywyj Rih, Slowjansk und Kramatorsk abgefeuert worden seien.
Die Ukraine wehrt mit westlicher Unterstützung seit über zwei Jahren eine russische Invasion ab. Kiew drängt immer wieder auf die Bereitstellung weiterer moderner westlicher Flugabwehrsysteme./ast/DP/he
Sanktionen beeinträchtigen Russlands Fähigkeiten zur
Kriegsführung kaum, wirken langfristig “wie langfristiges Gift“
Wien, Kiel, München – Die Sanktionen haben die Kriegsführungsfähigkeit Russlands bisher
nur wenig beeinträchtigt. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsprojekt von vier Instituten
in Kiel, München und Wien für das Wirtschaftsministerium in Berlin. „Die Wirtschaft des Landes wächst angesichts des Rüstungsbooms momentan kräftig, allerdings wirken die Sanktionen langfristig wie ein schleichendes Gift“, sagt Vasily Astrov, Russland-Experte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw).
Online-Dashboard zur russischen Wirtschaft
Umfangreiches Zahlenmaterial dazu findet sich in einer neuen Datenbank zu den
Auswirkungen der westlichen Sanktionen auf die russische Volkswirtschaft. Diese Datenbank
steht unter der URL https://rus-monitor.wiiw.ac.at der Öffentlichkeit ab sofort in englischer
Sprache zur Verfügung. „Wir versuchen mit unserem Sanktionen-Monitor, ein möglichst
realistisches Bild der Folgen der Sanktionen zu zeichnen und die Entwicklung der russischen
Wirtschaft so präzise wie möglich zu analysieren“, erklärt Astrov weiter.
Unter anderem sind folgende Indikatoren in Zeitreihen beginnend ab dem Jahr 2021 bis zum
April 2024 abrufbar und als interaktive Infografiken aufbereitet:
• Die russische Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt)
• Die Inflationsrate und die Leitzinsen
• Die Staatsausgaben nach einzelnen Budgetposten (einschließlich der
Militärausgaben)
• Die Staatseinnahmen (darunter aus Öl- und Gasverkäufen)
• Der Preis der russischen Erdölsorte Urals im Vergleich zur Benchmark-Sorte Brent
• Die Entwicklung der russischen Exporte und Importe nach Ländern bzw.
Ländergruppen
• Die russische Industrieproduktion und der Dienstleistungssektor
• Daten zum Rückzug ausländischen Kapitals aus Russland
Die jeweiligen Indikatoren stehen in verschiedenen Formaten zur Verfügung und können
kostenlos heruntergeladen werden. Daneben sind auch sämtliche Publikationen über die Entwicklung der russischen Wirtschaft, die im Rahmen des Projekts entstanden sind, über das Online-Dashboard frei abrufbar. Dabei handelt es sich vor allem um Monats- und
Quartalsberichte bis April 2024. Neben einem Update zur Konjunkturentwicklung Russlands
beinhaltet jeder Bericht auch eine fundierte Analyse zu einem aktuellen Schwerpunktthema.
Diese Schwerpunktthemen umfassen die Zuverlässigkeit der russischen
Wirtschaftsstatistiken, die Wechselkurs- und Inflationsentwicklung, die Neuausrichtung des
Außenhandels (insbesondere der Energieexporte und Warenimporte) Richtung Asien, die
Umgehung der Sanktionen über Drittstaaten und die Präsenz ausländischer Firmen in
Russland.
Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) arbeitet dabei mit dem Kiel
Institut für Weltwirtschaft (IfW), dem ifo Institut in München und dem Österreichischen Institut
für Wirtschaftsforschung (WIFO) zusammen. Beauftragt und finanziert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in Berlin (Februar 2023 – April 2024).
KOMMENTAR: Vom ranghöchsten Nato-Offizier zum «Sowjet-General»? Der unerklärliche Wandel des Harald Kujat –Marco Seliger, Neue Zürcher Zeitung, 7.7.2024
Er war Generalinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzender des Nato-Militärausschusses. Heute erklärt Harald Kujat den russischen Krieg in der Ukraine und bedient dabei öffentlich immer wieder Narrative des Kremls. Eine Begegnung mit einem überraschenden Verlauf.
Martin Lengemann / Welt / Ullstein – Theodor Fontane sitzt als Statue auf einer Bank, neben ihm Hut und Gehstock, hinter ihm das «Resort Mark Brandenburg», in dem bis zu ihrem Ausscheiden die kroatische Fussball-Nationalmannschaft ihr EM-Quartier hatte. Vor dem Dichter liegt der Ruppiner See und auf dem Wasser der Ausflugsdampfer MS «Fontane». Sanfte Wellen schmatzen leise gegen den Bug. «Wir kennen uns nie ganz, und über Nacht sind wir andere geworden, besser oder schlechter», prangt ein Zitat des berühmtesten Sohns der Stadt Neuruppin vom Sockel.
Harald Kujat hat den idyllischen Ort für ein Gespräch über ihn vorgeschlagen, er lebt in der Nähe. Als Neuruppin noch zur DDR gehörte, starteten vom unweit gelegenen Flugplatz russische Kampfjets. Kujat stand damals auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs in der westdeutschen Luftwaffe, seinerzeit noch als «einfacher Soldat». Mit dieser Selbstverzwergung kokettierte er auch später noch, als er zum höchsten Offizier nicht nur der Bundeswehr, sondern der gesamten Nato aufgestiegen war.
Vom Ruf, den er sich in diesen Ämtern erwarb, lebt er heute noch. Er sitzt in Talkshows, gibt Interviews und erweckt den Eindruck eines allzu verständlichen Russland-Erklärers, der es mit Fakten und Details mitunter nicht so genau nimmt. Man muss ihn nicht gleich einen «Sowjet-General» titulieren, wie es der ehemalige US-Botschafter in Berlin, John Kornblum, vor acht Jahren tat. Doch durch seine Aussagen zum Krieg des Putin-Regimes in der Ukraine polarisiert Kujat so sehr, dass es manchmal wirkt, als bediene er bewusst Kreml-Narrative.
Idylle am Ruppiner See
about:blank In dem Gespräch in Neuruppin soll er Gelegenheit haben, sich dazu zu erklären. Die Liste der Fragen ist lang. Am Anfang geht es um den Vorwurf, Kujat sei für den kremlnahen, von einem mutmasslichen früheren russischen Geheimdienstler 2016 in Berlin gegründeten Think-Tank «Dialog der Zivilisationen» tätig gewesen. Das berichteten etwa «Bild»-Zeitung und Deutschlandfunk. Der 82-Jährige dementiert das im Gespräch, aber im Grunde dürfte dieser Satz der Ansicht von Kujat gemäss hier gar nicht mehr stehen.
Kujat bricht das Gespräch ab
Das Gespräch kommt auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und auf Kujats wiederholte Äusserung, der Westen habe im Frühjahr 2022 einen Friedensschluss zwischen Wladimir Putin und Wolodimir Selenski verhindert. Auf den Verweis darauf, dass es Belege gibt, die diese Theorie widerlegen, bricht Kujat wutentbrannt und unvermittelt das Gespräch ab und geht, nicht ohne noch deutlich zu machen, dass über das Gespräch nicht berichtet werden soll.
Damit ist das Treffen beendet. Vielleicht steht das Zitat von Fontane auf dem Sockel sinnbildlich für das, was auf der Terrasse des noblen Hotels gerade passiert ist: «Wir kennen uns nie ganz, und über Nacht sind wir andere geworden, besser oder schlechter.»
Man kann diesen Eklat bedauern. Kujat wird von vielen militärischen Begleitern als hochintelligenter, fähiger Mann beschrieben. Mitunter wirke er zwar wie jemand, der seine Gedanken nicht mehr ganz zusammenbekomme, heisst es. Aber das sei Täuschung. Der 82-Jährige wisse genau, was er sage.
Das Gespräch mit ihm hätte also spannend werden können. Man hätte mit ihm zum Beispiel darüber reden können, wie er die Russen nach der Annexion in zahlreichen Talkshow-Auftritten, Interviews und Beiträgen verteidigt hat. Man hätte ihn auch fragen können, warum er selbst jetzt das Land verteidigt, wo Putin einen verbrecherischen Angriffskrieg führt und seine imperialen Ziele klargemacht hat.
Eines der prägnantesten Beispiele der jüngeren Zeit dafür ist ein Interview in der Schweizer «Weltwoche» Anfang Juni. Darin vermittelt Kujat den Eindruck, die Ukraine sei an ihrer Lage selbst schuld. Wenn sie nur endlich aufgebe, werde nichts Schlimmeres daraus. Das sehen etwa die Länder im Baltikum ganz anders. Sie haben Sorge, dass Putin mit seinem Vorgehen Erfolg hat. Und sich dann nicht nur die ganze Ukraine, sondern auch andere Staaten der ehemaligen Sowjetunion einverleibt.
Westliche Narrative contra Kreml-Narrative
Für Kujat gibt es dafür offenbar keine Beweise. Es existiere bis anhin kein Beleg dafür, dass das politische Ziel der «militärischen Spezialoperation» die Eroberung und Besetzung der gesamten Ukraine sei und Russland danach einen Angriff auf Nato-Staaten plane, schrieb er im Vorjahr in einem «Verhandlungsvorschlag zur Beendigung des Ukraine-Krieges». Er hat das Pamphlet unter anderem mit Horst Teltschik, dem ehemaligen Berater des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl, verfasst. Es wurde in verschiedenen Medien veröffentlicht, etwa in der «Berliner Zeitung» und auf der Schweizer Online-Plattform «Zeitgeschehen im Fokus».
Das Papier enthält viele Kreml-Narrative, der Euphemismus «militärische Spezialoperation» anstelle des Wortes «Krieg» ist nur eines davon. Und natürlich gibt es Belege dafür, dass Putin die gesamte Ukraine einnehmen will.
Sie finden sich nicht nur in den vielfachen strategischen Äusserungen über die Kriegsziele von ihm selbst und seinem engeren Umfeld, sondern sind schon dadurch belegt, dass sich der Angriff seiner Truppen im Februar 2022 auf Kiew richtete und nicht nur den Donbass.
Zudem müsste Kujat die Sorgen und Ängste osteuropäischer Staaten vor Russland gut kennen. Er war von 2002 bis 2005 Vorsitzender des Nato-Militärausschusses in Brüssel und damit der ranghöchste Soldat des Bündnisses. In diese Zeit fiel die zweite Phase der Osterweiterung der Allianz. Damals traten neben Bulgarien, Rumänien, der Slowakei und Slowenien auch Lettland, Litauen und Estland der Nato bei. Für diese Staaten hatte die Mitgliedschaft existenzielle Bedeutung. Erst von diesem Augenblick an fühlten sie sich vor den schon damals wieder aufkeimenden imperialen russischen Ansprüchen einigermassen sicher.
Als Vorsitzender des Militärausschusses sass Kujat nicht nur mit den Streitkräftechefs der Länder oder ihrer Vertreter in Brüssel zusammen, sondern auch an einem Tisch mit den Staats- und Regierungschefs. Das Gremium ist die oberste militärische Instanz der Nato und berät die zivile Führung der Allianz in militärischen Angelegenheiten.
Die NZZ hat mit mehreren ebenso ranghohen früheren Generalen gesprochen, die Kujat aus dieser Zeit kennen. Die Gespräche mit ihnen ergaben ein widersprüchliches Bild. Sie zeichnen Kujat als Menschen, der in seiner Dienstzeit einerseits ein durchsetzungsstarker, intellektueller, sehr politischer Offizier gewesen sei, ausgestattet mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein und ausserordentlichem Ehrgeiz. Andererseits skizzieren sie ihn als durchtriebenen, mitunter arroganten und rücksichtslosen General. Schon früh habe er seinen Platz in nichts Geringerem als dem Posten des ranghöchsten Nato-Soldaten gesehen und darauf systematisch hingearbeitet.
«Gezielte Indiskretionen»
Dabei soll er vor «gezielten Indiskretionen» nicht zurückgeschreckt sein, wie die «Welt» im Mai 2000 schrieb. Damals war Kujat vom sozialdemokratischen Verteidigungsminister Rudolf Scharping zum obersten Soldaten der Bundeswehr berufen worden. Um dies zu erreichen, habe er seinem Vorgänger im Amt, so insinuierte die «Welt», öffentlich geschadet.
Das damit gemeinte Verhalten Kujats gegenüber dem früheren Generalinspekteur Hans-Peter von Kirchbach haben auch einige der Gesprächspartner der NZZ angesprochen. Mit gezielten Gerüchten über sein Privatleben sei von Kirchbach, so hiess es, «aus dem Umfeld Kujats weichgekocht» worden. Nach anderthalb Jahren im Amt habe er entnervt von den Intrigen seinen Rücktritt eingereicht. Die NZZ hätte Kujat gern zu diesem Vorwurf und anderen wenig schmeichelhaften Anekdoten über ihn befragt. Aber da hatte er das Hotel in Neuruppin schon verlassen.
So liess sich mit ihm auch nicht über sein Interview mit der Schweizer «Weltwoche» reden. Neben der Aussage, die Ukraine werde ihre strategischen Ziele nicht mehr verwirklichen können, fällt darin vor allem eines auf: Er lässt nahezu jegliche Verurteilung des russischen Kriegs vermissen. Es findet sich kaum Empathie, kaum Mitgefühl für die Ukrainer. Stattdessen gibt Kujat einseitige, auslassende und ungenaue Antworten.
Ähnlich äussert sich Erhard Bühler, einst ebenfalls hoher Nato-Offizier. Er hat Kujats Interview im Podcast «Was tun, Herr General?» analysiert. Die Sendung wird regelmässig vom Mitteldeutschen Rundfunk ausgestrahlt. Hinter Kujats Aussagen zu den strategischen Zielen der Ukraine steckten Meinungsstärke und manchmal auch eine selektive Auswahl der Fakten, sagte Bühler. «Das muss man schon wissen, und das sehe ich schon auch.» Es gebe aber eben auch Realitäten, die für die Ukraine sprächen und «eigentlich bei so einem Urteil eines Fachmanns, dass die Ukraine den Krieg nicht mehr gewinnen kann, eine Rolle spielen müssten».
Fachleute kritisieren Kujats Aussagen
Bühler ist fair. Er kritisiert nicht etwa Kujat selbst, sondern seine Aussagen. Als Beispiel, das für die Ukraine spricht, führt er etwa an, dass sie den Russen inzwischen die operative Nutzung des Schwarzen Meeres und teilweise des Asowschen Meeres verwehre (weil ihre Angriffe dort wirken). Oder dass die Russen auf der Krim kaum mehr sicher seien (weil sie von den Ukrainern wirksam mit Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen bekämpft werden). Oder dass der Angriff bei Charkiw nahezu gescheitert und die dort agierende Division «nach unseren Massstäben» zerschlagen sei.
Man muss wissen, dass Bühler als Adjutant von Verteidigungsminister Scharping diente, als Kujat Generalinspekteur war. Die beiden kennen sich. Das gilt auch im Fall von Klaus Naumann, ebenfalls ehemaliger Vier-Sterne-General, Generalinspekteur und Vorvorgänger Kujats als Vorsitzender des Nato-Militärausschusses. Der heute 85-Jährige zählt noch immer zu den angesehensten Ex-Offizieren in Deutschland. Auch er kennt Kujat gut und wollte sich von allen ehemaligen Generalen, mit denen die NZZ sprach, als einziger auch zitieren lassen.
Kujats Verhältnis zu Russland, sagt Naumann, sei vermutlich in der Zeit entstanden, «als wir alle hofften, ein kooperatives Verhältnis zu Russland aufbauen zu können».
Scharping hatte Kujat Ende der 1990er Jahre wegen des Kosovo-Krieges zu heiklen Mittler-Missionen nach Moskau geschickt. Später, als Vorsitzender des Nato-Militärausschusses, stand Kujat auch dem Nato-Russland-Rat vor. Dieses Gremium sollte dazu dienen, dass sich frühere Feinde annähern können. Kujat, so berichten es Begleiter, habe sich dort intensiv und aus tiefer Überzeugung von der Sinnhaftigkeit einer Freundschaft mit Russland eingebracht. Für ihn sei ein dauerhafter Frieden in Europa nicht gegen Russland möglich gewesen.
COMMENT: eine europäische Sicherheitsarchitektur unter Einbindung von Russland wurde aber nie erarbeitet – darauf hatte auch Genscher hingewiesen.
Wenn man die Entwicklung Russlands unter Putin seitdem betrachte und dazu Kujats Äusserungen stelle, dann, so sagt Klaus Naumann, wirke es so, als habe Kujat «diese Entwicklungen nicht vollzogen». Putin habe eindeutig Verträge gebrochen und unprovoziert einen verbotenen Angriffskrieg begonnen. Es sei absurd, dem Westen die Schuld daran zu geben, und ungeheuerlich, ohne Beleg und Stellungnahme der Regierung in London zu behaupten, der damalige britische Premierminister Boris Johnson habe 2022 einen Friedensvertrag zwischen Russland und der Ukraine verhindert.
COMMENT: wer liefert wessen Narration warum? Des Pudels Kern versteckt sich genau in diesem letzten Abschnitt.
Ministerium soll Kujat «einen Hinweis geben»
Er ärgere sich, dass die Führung des Verteidigungsministeriums manche der Äusserungen Kujats unkommentiert hinnehme, sagt Naumann. Man müsse einem ehemaligen General schon einmal einen Hinweis geben, wenn er belegbar Falsches sage und damit Russland im laufenden Kampf um die Deutungshoheit helfe. Damit zielt Naumann wohl auch auf die Verpflichtung ehemaliger hoher Offiziere in Deutschland ab, sich auch nach ihrer Pensionierung öffentlich eher mässigend zu äussern.
Kujat soll sich gut mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder verstanden haben. Beide teilten eine Vorliebe für teure Zigarren, die sie gelegentlich gemeinsam geraucht hätten, während sie über die Bundeswehr sprachen. Auch zum Verhältnis Kujats mit dem Putin-Freund Schröder hätte die NZZ gern mehr gewusst. Es muss nun ebenso ungeklärt bleiben wie sein Verhältnis zur Linkspartei, bei der er mehrfach in den vergangenen Jahren zu Gast war, und zu Sahra Wagenknecht, die sich mitunter bei ihren Einschätzungen zum russischen Krieg in der Ukraine auf Kujat bezieht.
Dabei kann man nicht sagen, dass Kujat mit jeder Äusserung falsch liegt. Im «Weltwoche»-Interview kritisierte er etwa den Angriff der Ukrainer auf zwei Radargeräte Ende Mai, die Teil der strategischen nuklearen Verteidigung Russlands sind. Selenski, der diese Attacken befehle, sei ein «politischer Hasardeur», der es darauf anlege, den Westen in den Krieg zu ziehen, sagte Kujat.
Nicht alle Äusserungen sind falsch
Richtig ist, dass auch angesehene Militärfachleute wie Erhard Bühler oder der österreichische Oberst und Kriegsanalyst Markus Reisner nach den Angriffen einen vorsichtigeren Umgang mit den Risiken dieses Krieges betonten. Der Verlust von Frühwarnradaren könnte Russland zu Vergeltungsmassnahmen provozieren, die eine unkalkulierbare Eskalation zur Folge haben könnten, argumentierten sie.
Richtig ist auch, dass eines der beiden Radare im Süden Russlands liegt und für die Ukraine keine Gefahr darstellte. Dieses Ziel müsse gemieden werden, sagt auch Erhard Bühler. Das andere Radar in Krasnodar aber sei, anders als es Kujat dargestellt habe, ein legitimes Ziel der Ukrainer. Damit würden auch Luftangriffe auf ukrainische Städte geführt.
Harald Kujat war einmal ein geachteter und erfolgreicher General, der Deutschland in höchster Position bei der Nato vertreten hat. Doch mit oftmals einseitigen Schuldzuweisungen, Ungenauigkeiten und Falschinformationen zum russischen Vorgehen in der Ukraine (oder in Syrien) hat er inzwischen seinen Ruf beschädigt. Keiner der früheren Generale, mit denen die NZZ sprach, hat nach eigener Aussage noch Kontakt zu ihm. Für ihn, sagt einer der Ex-Generale, sei es schlicht unerklärlich, was mit Kujat seit seiner Pensionierung geschehen sei.
Transparenzhinweis: Der Autor hat von Januar 2020 bis August 2022 für die Firma Heckler & Koch gearbeitet, wo Harald Kujat von Juli 2019 bis August 2020 Vorsitzender des Aufsichtsrats war.
ZENTRALBANKEN
Chinas Zentralbank beginnt mit Nachmittags-Offenmarktgeschäften
Die chinesische Zentralbank hat angekündigt, neben ihren traditionellen Offenmarktgeschäften am Vormittag vorübergehend auch am Nachmittag Offenmarktgeschäfte durchzuführen, um deren Wirksamkeit zu erhöhen. Die People’s Bank of China (PBoC) teilte mit, dass sie Repo- und Reverse-Repo-Geschäfte an jedem Arbeitstag von 16.00 bis 16.20 Uhr durchführen kann. Wie lange dies der Fall sein wird, wurde nicht bekannt gegeben. Normalerweise führt die Zentralbank nur am Morgen Offenmarktgeschäfte durch.
BoE-Ratsmitglied Haskel will mehr Gewissheit über Inflation
Die Bank of England (BoE) sollte nach Ansicht von Ratsmitglied Jonathan Haskel den Leitzins bei 5,25 Prozent belassen, bis eine größere Gewissheit besteht, dass die Inflation auf dem Ziel der Zentralbank von 2 Prozent bleibt. Haskels Kommentare sind die ersten eines Entscheidungsträgers der BoE seit dem 22. Mai, als der damalige Premierminister Rishi Sunak überraschend Neuwahlen ausrief.
Knot: Kein Anlass für EZB-Zinssenkung im Juli
FRANKFURT (Dow Jones)–Die Europäische Zentralbank (EZB) wird sich nach Aussage von EZB-Ratsmitglied Klaas Knot mit der nächsten Zinssenkung bis September Zeit nehmen. „Ich sehe keinen Anlass für eine Zinssenkung im Juli“, sagte der niederländische Notenbankchef im Interview mit dem Handelsblatt. Knot vertröstete die Märkte auf die Sitzung im September: Da werde „wirklich wieder alles offen sein“, sagte er.
Marktteilnehmer rechnen nach der Zinssenkung im Juni mit ein bis zwei weiteren Zinssenkungen in diesem Jahr, jedoch eher nicht schon kommende Woche. Mit den derzeitigen Markterwartungen sei er „völlig einverstanden“, sagte Knot.
Sollte es zu einer Abweichung von der Inflationsprojektionen kommen, müssten die EZB Knot zufolge reagieren. Die EZB erwartet gegenwärtig eine Rückkehr zum 2-Prozent-Inflationsziel in der zweiten Jahreshälfte 2025. „Es gibt weiterhin Aufwärtsrisiken für die Inflation“, sagte Knot. Dabei verwies er in erster Linie auf den starken Arbeitsmarkt: „Im Falle von Rückschlägen müssten wir noch mehr Geduld aufbringen.“
Unterdessen kritisierte Knot auch einige Regierungen im Euroraum für deren laxe Haushaltspolitik und sagte: „Die Fiskalpolitik ist bei der Bekämpfung der Inflation bisher keine große Hilfe gewesen.“
MELDUNGEN
WEITERE MELDUNGEN
OECD-Gesamtinflation steigt im Mai 2024 leicht auf 5,9%, da die Energieinflation rasch ansteigt (inkl. Abbildungen, Word-Dokument)
Die am Verbraucherpreisindex (VPI) gemessene jährliche Inflation in der OECD stieg im Mai 2024 leicht auf 5,9 % gegenüber 5,7 % im April (Abbildungen 1 und 2). Die jährliche Inflationsrate liegt seit Oktober 2023 bei oder knapp unter 6,0 %. Die Gesamtinflation stieg in 18 von 38 OECD-Ländern an und ging in 13 zurück. In Kolumbien und Island blieb die Inflation über 5,0 % und in der Türkei über 70 %.
Die OECD-Energieinflation stieg deutlich von minus 0,1 % im April auf 2,5 % im Mai und damit auf den höchsten Stand seit Februar 2023, wobei in 24 OECD-Ländern ein Anstieg zu verzeichnen war. Die stärksten Anstiege wurden in der Türkei, Dänemark und Japan verzeichnet. Die Energiepreise in der Türkei haben sich im Vergleich zum Vorjahresmonat verdoppelt, was auf einen Basiseffekt im Zusammenhang mit einer vorübergehenden Gaszulage im Mai 2023 zurückzuführen ist. Die OECD-Kerninflation (Inflation ohne Nahrungsmittel und Energie) blieb im Mai mit 6,1 % weitgehend stabil, nach 6,2 % im April. Die Lebensmittelinflation stabilisierte sich den dritten Monat in Folge knapp unter 5,0 %, nachdem sie zwischen November 2022 und März 2024 weiter zurückgegangen war. OECD-Gesamtinflation steigt im Mai 2024 leicht auf 5,9%, da die Energieinflation rasch ansteigt
Die am Verbraucherpreisindex (VPI) gemessene jährliche Inflation in der OECD stieg im Mai 2024 leicht auf 5,9 % gegenüber 5,7 % im April (Abbildungen 1 und 2). Die jährliche Inflationsrate liegt seit Oktober 2023 bei oder knapp unter 6,0 %. Die Gesamtinflation stieg in 18 von 38 OECD-Ländern an und ging in 13 zurück. In Kolumbien und Island blieb die Inflation über 5,0 % und in der Türkei über 70 %.
Die OECD-Energieinflation stieg deutlich von minus 0,1 % im April auf 2,5 % im Mai und damit auf den höchsten Stand seit Februar 2023, wobei in 24 OECD-Ländern ein Anstieg zu verzeichnen war. Die stärksten Anstiege wurden in der Türkei, Dänemark und Japan verzeichnet. Die Energiepreise in der Türkei haben sich im Vergleich zum Vorjahresmonat verdoppelt, was auf einen Basiseffekt im Zusammenhang mit einer vorübergehenden Gaszulage im Mai 2023 zurückzuführen ist. Die OECD-Kerninflation (Inflation ohne Nahrungsmittel und Energie) blieb im Mai mit 6,1 % weitgehend stabil, nach 6,2 % im April. Die Lebensmittelinflation stabilisierte sich den dritten Monat in Folge knapp unter 5,0 %, nachdem sie zwischen November 2022 und März 2024 weiter zurückgegangen war.
Die jährliche Gesamtinflation in der G7 lag im Mai unverändert bei 2,9 %. Die Lebensmittel- und Kerninflation ging leicht zurück, während die Energiepreise im Jahresvergleich langsamer sanken als im April. Italien verzeichnete im Mai weiterhin die niedrigste Gesamtinflation in der G7 und verharrte bei einer starken und anhaltenden Energiedeflation bei 0,8%. Den stärksten Anstieg der Gesamtinflation (um 0,3 Prozentpunkte) verzeichnete Japan, wo die Energieinflation stark anstieg, was teilweise auf das Auslaufen von Subventionen für Versorgungsunternehmen zurückzuführen war. Auch in Frankreich stieg die Energieinflation rasch an. Die Kerninflation leistete in fast allen G7-Ländern den größten Beitrag zur Gesamtinflation (Abbildung 3).
In der Eurozone stieg die am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene jährliche Inflationsrate im Mai leicht auf 2,6 % an, gegenüber 2,4 % im April. Die Kerninflation stieg zum ersten Mal seit Juni 2023. Die Energieinflation stieg zwar an, wies aber weiterhin große Schwankungen zwischen den Mitgliedstaaten auf. Die Nahrungsmittelinflation ging leicht zurück. Der Vorausschätzung von Eurostat zufolge blieb die jährliche Inflationsrate im Juni 2024 in der Eurozone weitgehend stabil und erreichte 2,5 %, wobei sich die Kerninflation und die Energieinflation im Vergleich zum Mai nur geringfügig veränderten.
In den G20-Staaten stieg die jährliche Inflationsrate im Mai leicht auf 7,3% an, verglichen mit 7,1% im April. Die Gesamtinflation ging in Indonesien zurück, überstieg aber in Argentinien 270%. Brasilien verzeichnete seinen ersten Inflationsanstieg seit September 2023. In China, Saudi-Arabien und Südafrika war die Gesamtinflation stabil (Tabelle 2).
*** übersetzt mit DeepL ***
Irans neuer Präsident will an Anti-Israel-Kurs festhalten
TEHERAN (dpa-AFX) – Irans neu gewählter Präsident Massud Peseschkian will am Anti-Israel-Kurs seines Landes festhalten. In einem Schreiben an den libanesischen Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah erklärte er der Nachrichtenagentur Isna zufolge mit Blick auf Israel: „Die Unterstützung des Irans für die Widerstandsfront gegen das illegitime zionistische Regime wird mit Nachdruck fortgesetzt.“ Er hoffe, dass Gruppen wie die Hisbollah es nicht zulassen würden, dass Israel „seine kriegstreibende und kriminelle Politik gegen Palästina und andere Länder in der Region fortsetzt“, hieß es in seinem Schreiben weiter.
Der Iran ist der wichtigste Unterstützer der Hisbollah im Libanon. Die Schiitenmiliz kämpft politisch, aber auch mit Gewalt gegen Israel. Sie zählt zu Irans „Achse des Widerstands“.
Der im Iran als vergleichsweise moderat geltende Peseschkian, der sich bei einer Stichwahl am Freitag gegen einen Hardliner durchgesetzt hatte, soll voraussichtlich Anfang August vereidigt werden. Wie viel Einfluss Peseschkian etwa auf die Außenpolitik haben wird, hängt maßgeblich von Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei ab, dem mächtigsten Mann im Staat.
Trotz seiner für iranische Verhältnisse eher gemäßigten Rhetorik stellte sich Peseschkian im Wahlkampf hinter die mächtigen Revolutionsgarden und lobte zum Beispiel auch den Angriff mit Drohnen und Raketen auf den Erzfeind Israel im April./xx/DP/zb
Auf dünnem Eis: So treiben Banken die Risiken am Immobilienmarkt in die Höhe – Jürg Zulliger, Neue Zürcher Zeitung, 6.7.2024
Eine Studie zeigt: Besonders Kantonalbanken ritzen bei der Hypothekenvergabe vermehrt die Regeln. Die Finanzmarktaufsicht redet den Instituten ins Gewissen. Die Geldhäuser aber zeigen sich unbesorgt.
Der Traum vom Eigenheim: Neue Zahlen und Studien enthüllen die Risiken eines stetig wachsenden Hypothekarmarkts.
Die hohen Preise für Immobilien erschweren vielen Haushalten die Verwirklichung ihres Wohntraums – doch der Wunsch nach den eigenen vier Wänden ist ungebrochen. Familie Somm* ist ein Paradebeispiel dafür: Sie investierte kürzlich 1,3 Millionen Franken in ein hübsches Reiheneinfamilienhaus am Stadtrand von Winterthur.
Trotz der finanziellen Belastung schätzt sie die Ruhe, den Blick ins Grüne und ist voller Freude, endlich ein Zuhause zu besitzen, das sie ihr eigen nennen kann.
Eine Geschichte mit Happy End, könnte man meinen. Doch der Fall wirft ein Schlaglicht auf ein Phänomen am Hypothekarmarkt, das in der Öffentlichkeit selten zur Sprache kommt: Die Familie Somm hat den Kredit erhalten, obwohl sie aufgrund ihres Einkommens die Tragbarkeitsanforderungen eigentlich nicht erfüllt.
Die von der Bank kalkulierten Kosten eines Eigenheims dürfen bekanntlich nicht mehr als ein Drittel des verfügbaren Bruttoeinkommens ausmachen. Eigentlich hätte Familie Somm also länger sparen oder ein billigeres Haus kaufen sollen – doch die Bank drückte ein Auge zu.
Banken weichen Richtlinien auf
Die Somms erhielten den Millionenkredit aufgrund einer Ausnahmebewilligung. «Exceptions to Policy» (ETP) nennt sich das im Bankenjargon. Das heisst, dass der Eigenheimkäufer mindestens eine zwingende Bedingung für die Hypothekenvergabe nicht erfüllt.
Der Fall der Familie Somm ist gemäss Branchenexperten typisch: Ihr Einkommen ist zu tief, um die langfristigen Kosten des Hauses gut tragen zu können. Trotzdem gewährt die Bank den Kredit.
Eine neue Deloitte-Studie auf Basis einer Befragung von Kreditverantwortlichen bei Banken und Versicherungen zeigt: Die Zahl der Ausnahmebewilligungen steigt, inzwischen liegt diese Quote bei 12 Prozent aller Hypotheken.
Diese Entwicklung ist die direkte Folge der stark gestiegenen Immobilienpreise. In den letzten 20 Jahren sind diese deutlich schneller gestiegen als die Löhne, die Konsumentenpreise und das Bruttoinlandprodukt.
Je stärker sich die Preise für Häuser und Wohnungen von anderen Indikatoren entkoppeln, desto grösser ist die Versuchung für Banken, die Regeln zu umgehen. Das Ziel, weiter Umsatz im Kreditgeschäft zu erzielen, geht dann auf Kosten des Risikomanagements.
COMMENT: Vielen Dank, Zentralbanken! Wie prudenzpolitisch ihr doch entschieden habt und weiterhin entscheiden werdet. Zinsen runter, Immobilienpreise rauf: anders kann der Markt gar nicht handeln angesichts ökonomisch verlockender Leckerbissen, die ihm da geboten wurden. Kredite zu Nullzinsen sozusagen. Devise daraufhin: Immobilien kaufen, koste es was es wolle. Und es kostete, was es wollte, meinte der Immobilienmarkt. Prudentia, die Klugheit. Na ja, darüber lässt sich offenbar streiten.
So kommt es auch regelmässig vor, dass die Banken die Belehnungsquote auf über 80 Prozent des Kaufpreises erhöhen und einen höheren Kredit gewähren, als streng genommen erlaubt wäre. Oder sie rechnen Gelder zum Eigenkapital, die streng genommen keine echten Eigenmittel darstellen, zum Beispiel Darlehen von Verwandten. Eine typische Verletzung liegt auch vor, wenn ein Kunde die vorgeschriebenen Amortisationen nicht zahlen kann.
Laxe Kreditpolitik der Kantonalbanken
Die Hypothekenstudie von Deloitte zeigt, dass etliche Banken ihre internen Kreditrichtlinien ausreizen. Eine Zahl sticht dabei besonders hervor: Die Kantonal- und Regionalbanken vergeben 19 Prozent ihrer Hypotheken unter bewusster Überschreitung von mindestens einer internen Richtlinie. Sie weisen in ihren Portfolios überdurchschnittlich viele Hypotheken auf, die bei der Tragbarkeit über dem Limit sind. Sie alle fallen unter «Exception to Policy».
Die Tragbarkeitsregeln halten immobilieninteressierte Bankkunden nicht davon ab, ihr Glück zu versuchen. Bei rund 30 Prozent der Kreditanfragen bei Kantonalbanken liegt die Tragbarkeit über der oben erwähnten Ein-Drittel-Regel.
Die Zahlen lassen sich so interpretieren, dass die Kantonal- und Regionalbanken Geschäfte machen, von denen andere die Finger lassen würden. Die Finanzierung eines Eigenheims gehört für diese Finanzinstitute zum Kerngeschäft – und sie legen grossen Wert auf eine enge Kundenbindung.
Versicherungen und Privatbanken sind vorsichtiger bei der Vergabe von Hypotheken. Privatbanken vergeben Hypotheken meist nur auf Anfrage, ohne grosses Marketing. Grossbanken machen deshalb weniger Ausnahmen, weil sie die Prozesse effizient gestalten und Skaleneffekte nutzen wollen.
Offenbar wollen die Kantonal- und Regionalbanken ihren Expansionskurs im Hypothekarbereich unbeirrt fortsetzen. Im Durchschnitt rechnen die Teilnehmer der Deloitte-Studie mit einem Marktwachstum von 2,2 Prozent pro Jahr – leicht tiefer als in den Vorjahren. Die Kantonal- und Regionalbanken wollen aber mehr zulegen: Sie haben sich 3 Prozent Wachstum zum Ziel gesetzt.
Ein Sprecher des Verbandes Schweizerischer Kantonalbanken sagt, dem Verband liege keine Übersicht zu Tragbarkeitsrisiken vor: «Die Kantonalbanken verfügen aber über eine sehr gute Kapital- und Reserveausstattung.» Mit anderen Worten: So schnell geraten die Institute nicht in Schieflage. Die ZKB schreibt, sie habe letztes Jahr ein Wachstum von 4,2 Prozent erzielt. Sie halte aber an ihren «hohen Qualitätsstandards» in Bezug auf Schuldner und die finanzierten Liegenschaften fest.
Die Finma spricht ein ernstes Wort
Die Finanzmarktaufsicht (Finma) sieht die Sache kritischer. Die Behörde erachtet eine Korrektur im Immobilien- und Hypothekarmarkt nach wie vor als eines der Hauptrisiken für den Finanzplatz. «Die Folgen einer Immobilienkrise für den Schweizer Finanzmarkt wären erheblich», betont eine Finma-Sprecherin.
Stresstests der Finma zeigen die Dimensionen auf: Im Fall einer schweren Immobilienkrise könnten bei den Banken Verluste im zweistelligen Milliardenbereich entstehen. Bei einigen Banken würden die für die Hypotheken gehaltenen Eigenmittel nicht ausreichen, um Verluste in dieser Höhe zu tragen.
Die Finma redet den Finanzinstituten ins Gewissen: «Der hohe Anteil an Krediten ausserhalb der eigenen Vergabekriterien widerspricht im Geist der Selbstregulierung der Branche, die vorsieht, dass eben ETP-Geschäfte die Ausnahme darstellen sollten.»
Ausfälle nehmen zu
Die Studie von Deloitte zeigt auch: Die Risiken nehmen deutlich zu. Bis Ende Jahr ist mit einem Anstieg der Kreditausfälle zu rechnen. Diese Quote liegt derzeit mit 0,5 sehr tief. Die Experten rechnen mit einer Zunahme auf 0,8 Prozent.
Der neueste Bericht Finanzmarktstabilität 2024 der Schweizerischen Nationalbank (SNB) liefert weiteres Anschauungsmaterial zur Risikosituation: Für 20 Prozent der Privathaushalte wäre die Hypothek nicht mehr tragbar, falls die Hypothekarzinsen auf 3 Prozent steigen. Das heisst: Ihr Einkommen würde nicht reichen, um die zwingenden Bankstandards für einen Hauskredit noch zu erfüllen.
Je nach Bank und Vertrag wäre eine Bank dann sogar berechtigt, die Hypothek zu kündigen. Noch düsterer sieht die Tragbarkeit bei Privaten aus, die zu Anlagezwecken Wohnungen gekauft haben: Hier könnte ein hoher Anteil von 29 Prozent ein Zinsniveau von mehr als 3 Prozent nicht verkraften.
Die Banken sind verpflichtet, die Ausnahmebewilligungen zu dokumentieren und zu begründen. Sie sind auch Teil der von der Finma durchgeführten Überprüfungen. Bei erhöhten Risiken kann die Finma Massnahmen ergreifen und zum Beispiel Kapitalzuschläge verlangen.
Wenig Schutz gegen steigende Zinsen
Die neusten Kennzahlen aus dem Hypothekenbereich deuten ebenfalls auf steigende Risiken hin. Weil sich Festhypotheken letztes Jahr verteuert haben, wechselten sehr viele Hypothekarnehmer in die günstigeren Saron-Hypotheken.
Diese sind sehr kurzfristig finanziert und bieten keinerlei Sicherheit gegen das Risiko eines Zinsanstiegs. Laut dem SNB-Bericht entschieden sich 2023 bereits 40 Prozent der Kunden, auf eine Zinsanbindung zu verzichten, und wählten extrem kurze Laufzeiten von weniger als sechs Monaten.
Es erstaunt daher nicht, dass die seit Jahren anhaltenden Warnungen vor übermässigen Risiken und ungesunden Wachstumsambitionen am Immobilienmarkt lauter werden. Denn mit einem Volumen von rund 1200 Milliarden Franken ist der Hypothekarmarkt definitiv «too big to fail».
EUROPAWAHL 9.6.2024
Österreich-bezogene Informationen dazu auf WIKIPEDIA => Wahlwerbende Parteien
Euroraum-Dienstleistungsproduktion steigt im April kräftig
FRANKFURT (Dow Jones)–Die Wirtschaft des Euroraums hat zu Beginn des ersten Quartals einen kräftigen Wachstumsimpuls vom Dienstleistungssektor erhalten. Wie Eurostat mitteilte, stieg die preisbereinigte Produktion in diesem Sektor im April gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt um 1,1 Prozent und lag um 4,8 Prozent über dem Vorjahresmonat. Im März war es zu einem monatlichen Rückgang von 0,4 Prozent gekommen. Die „gesamte Marktproduktion“, eine aus vier kurzfristigen Indikatoren zusammengesetzte Größe, erhöhte sich um 0,3 Prozent auf Monatssicht, nachdem sie im März um 0,4 Prozent gesunken war.
Sentix-Konjunkturindex für den Euroraum fällt im Juli
… Der Konjunkturindex des Euroraums ging ebenfalls zurück – nach acht Anstiegen in Folge. Der Index sank auf minus 7,3 (plus 0,3) Punkte, wobei der Lageindex auf minus 15,8 (minus 9,0) Punkte nachgab und der Erwartungsindex auf plus 1,5 (plus 10,0) Punkte. „Gerade letzteres dürfte die Prognostiker beunruhigen, da sich die ohnehin trübe Wirtschaftslage auf Sicht von sechs Monaten nochmals eintrübt“, befindet Hussy.
Sorgen bereiteten den Anlegern nicht nur die Wahlen in Frankreich. Auch in Deutschland rückten langsam die Landtagswahlen in den Anleger-Fokus. „Zudem steigt die Irritation über den Gesundheitszustand des amtierenden US-Präsidenten und die offene Frage, wer letztlich gegen Trump ins Rennen ums Weiße Haus einsteigt“, meint Hussy.
Frankreich: Linksbündnis will sich nach Wahl auf Premier verständigen
PARIS (dpa-AFX) – Das neue Linksbündnis in Frankreich will sich nach seinem Sieg bei der vorgezogenen Parlamentswahl auf einen Kandidaten für das Amt des Premierministers verständigen. Das aus Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei bestehende Bündnis war ohne Spitzenkandidaten in die von Präsident Emmanuel Macron kurzfristig angesetzte Wahl gegangen, die es in der zweiten Wahlrunde am Sonntag für sich entschied. Einen Favoriten für das Amt des Regierungschefs, der von Macron ernannt werden muss, hat das Bündnis noch nicht.
„Wir müssen innerhalb einer Woche in der Lage sein, eine Kandidatur“ für das Amt des Premierministers zu präsentieren, sagte Sozialistenchef Olivier Faure dem Sender Franceinfo. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass das Linksbündnis nicht in der Lage sei, zu regieren. Über einen Kandidaten für das Amt des Premiers müsse in dieser Woche entschieden werden, entweder im Konsens oder über eine Abstimmung in den zum Linksbündnis gehörenden Parteien.
Linkspartei sieht Mélenchon noch im Rennen
Die bisherige Fraktionschefin von Frankreichs Linkspartei, Mathilde Panot, sagte dem Sender RTL, dass das Linksbündnis in dieser Woche einen Premierminister und eine Regierung präsentieren werde. Der wegen seines polemischen Auftretens umstrittene Gründer der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon, ist aus Panots Sicht dabei weiterhin im Rennen. Mélenchon habe der Linken erst wieder das Siegen beigebracht und habe die Formierung eines Linksbündnisses vor der Parlamentswahl 2022 und auch jetzt erst möglich gemacht.
Grünen-Generalsekretärin Marine Tondelier plädierte im Interview des Sender France Inter für einen Konsens, was die Frage des Premiers angeht, statt eines Kräftemessens zwischen den verschiedenen Parteien. Wichtiger noch als die Frage, wer die Regierung leiten solle, sei die Frage, welche Politik ein künftiger Premierminister umsetzen wolle.
Macron kann auch Premier auswählen
Präsident Macron steht zwar politisch in der Pflicht, einen Premierminister aus dem größten Lager zu ernennen, das sich zum Regieren bereit sieht. Dem Vorschlag dieses Lagers muss er aber nicht in jedem Fall folgen und kann auch einen anderen Vertreter aus dem Lager auswählen.
Das Linksbündnis landete in der entscheidenden Wahlrunde am Sonntag überraschend auf Platz eins, vor Macrons Mitte-Lager auf Platz zwei sowie dem nach der ersten Wahlrunde zunächst als Favorit gesehene Rassemblement National von Marine Le Pen auf Rang drei.
Da weder das Linksbündnis noch das Präsidentenlager nach dem Wahlausgang über eine absolute Mehrheit verfügt, werden viele Bemühungen der nun anstehenden Regierungsbildung darauf gerichtet sein, mögliche Allianzen abzuklopfen und einzelne Parlamentarier anderer Gruppen für das eigene Lager zu gewinnen. Keines der Lager hat im Moment aber Aussicht, sich auf diesem Wege eine absolute Mehrheit zu schaffen./evs/DP/mis
Ungarn: „Friedensmission“ von Orban Xi wünscht sich „positive Energie“ von Großmächten – Weiterflug in die USA
Ungarns Ministerpräsident Orban befindet sich auf einer selbst ausgerufenen „Friedensmission“, heute macht er Station in Peking. Chinas Staatschef Xi äußert dabei eher diffuse Vorstellungen davon, wie der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine beendet werden könnte.
Chinas Präsident Xi Jinping hat sich für einen Waffenstillstand in der Ukraine mit anschließenden Verhandlungen ausgesprochen. Dies würde den Interessen aller Beteiligten dienen, sagte Xi laut staatlichen Medien bei einem Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Die Lage in der Ukraine müsse so weit wie möglich abgekühlt werden.
Die internationale Gemeinschaft müsse die Bedingungen dafür schaffen, dass Russland und die Ukraine in einen direkten Dialog treten könnten. Nur wenn alle Großmächte positive statt negativer Energie einbrächten, könne es in dem Konflikt so schnell wie möglich zu einer Feuerpause kommen, sagte er nach Angaben chinesischer Staatsmedien. Wie genau dies geschehen soll und welche Akteure dabei maßgeblich sein könnten, sagte Xi nicht.
Orban habe Xi über seine zurückliegenden Besuche in Russland und der Ukraine unterrichtet, berichtete Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Der chinesische Staatschef habe die Mühen Orbans wertgeschätzt, eine politische Beilegung der „Ukraine-Krise“ voranzutreiben. China habe auf eigenem Wege für Friedensgespräche geworben und alle Anstrengungen zur friedlichen Einigung in der Krise unterstützt, sagte Xi den Angaben zufolge.
Orban fliegt direkt weiter in die USA
Orban war am Montag überraschend in Peking eingetroffen. Vergangene Woche hatte er in Moskau den russischen Präsidenten Wladimir Putin getroffen, nachdem er auch in Kiew war. Ungarn hält seit dem 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft. Führende EU-Vertreter haben aber mehrfach betont, dass Orban bei seinen Reisen nicht im Auftrag der Europäischen Union auftrete.
Der ungarische Ministerpräsident selbst spricht davon, dass er sich auf einer „Friedensmission“ befinde. Unter Orbans rechtsgerichteter Regierung ist Ungarn zu einem wichtigen Handels- und Investitionspartner für China geworden. Dies steht im Gegensatz zu anderen EU-Ländern, die eine geringere Abhängigkeit von der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt anstreben.
Orbans Besuch in Peking findet kurz vor dem NATO-Gipfel in Washington statt, bei dem es von Dienstag bis Donnerstag um weitere Militärhilfe für die Ukraine gehen soll. Auch Ungarn gehört dem transatlantischen Bündnis an, Orban wollte nach seinem Besuch in Peking in die US-Hauptstadt weiterreisen.
Ungarn hat auf EU-Ebene wiederholt Unterstützung für die Ukraine blockiert. Nach wie vor unterhält Orban enge Beziehungen zu Putin. Dass er kein EU-Mandat für seine Vermittlungsbemühungen habe, räumte Orban bereits ein. Er betonte aber, dass Frieden nicht „von einem bequemen Sessel in Brüssel aus“ gemacht werden könne. Quelle: ntv.de, jog/rts/dpa
Überraschungsbesuch des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán in China
Orbán bezeichnete seinen Besuch in China als „Friedensmission 3.0“ und postete nach seiner Ankunft in Peking ein Bild von sich auf X mit der Bildunterschrift.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat China einen unerwarteten Besuch abgestattet, nachdem er sowohl in die Ukraine als auch nach Russland gereist war, um über eine Friedenslösung für die Ukraine zu sprechen.
Beim Verlassen des Flugzeugs wurde Orbán von der chinesischen Vize-Außenministerin Hua Chunying und anderen Beamten begrüßt.
Später postete er ein Bild mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, zu dem er schrieb: „[Neben Russland und der Ukraine hängt das Ende des Krieges] von der Entscheidung dreier Weltmächte ab, den Vereinigten Staaten, der Europäischen Union und China.“
Mission für den „Frieden“
Viktor Orbán besuchte vergangene Woche auch Moskau und Kiew, wo er der Ukraine vorschlug, einen sofortigen Waffenstillstand mit Russland zu vereinbaren.
Der ungarische Ministerpräsident, dem weithin eine enge Beziehung zu Putin nachgesagt wird, hat die Bemühungen der EU, Kiew zu unterstützen und Sanktionen gegen Moskau wegen seines Vorgehens in der Ukraine zu verhängen, regelmäßig blockiert, verzögert oder abgeschwächt.
Sein Besuch in Moskau wurde von der Ukraine und anderen europäischen Staats- und Regierungschefs verurteilt, aber Orbán rechtfertigte die Reise damit, dass „die Zahl der Länder, die mit beiden Kriegsparteien sprechen können, immer geringer wird. Ungarn wird langsam zum einzigen Land in Europa, das mit allen sprechen kann.“
Obwohl der ungarische Ministerpräsident seit langem für ein Ende der Feindseligkeiten in der Ukraine plädiert, hat er nicht dargelegt, was dies für die territoriale Integrität oder die künftige Sicherheit des Landes bedeuten könnte.
Engere Beziehungen zu China
Vor zwei Monaten reiste Xi Jinping im Rahmen seiner Europareise, die ihn auch nach Frankreich und Serbien führte, nach Budapest.
Bei den Gesprächen unterzeichneten Ungarn und China eine Reihe neuer Abkommen zur Vertiefung ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit.
Peking hat Milliarden in Ungarn investiert und sieht in dem EU-Mitglied ein wichtiges Standbein innerhalb des 27 Mitglieder zählenden Handelsblocks. Ziel der Reise war es, Chinas wirtschaftliche Präsenz in der Region zu festigen.
Im Dezember kündigte Ungarn an, dass einer der weltweit größten Hersteller von Elektrofahrzeugen, das chinesische Unternehmen BYD, seine erste europäische Produktionsstätte für Elektrofahrzeuge im Süden des Landes eröffnen wird – ein Vorstoß, der die Wettbewerbsfähigkeit der Autoindustrie des Kontinents in Frage stellen könnte.
Zum selben Thema
- Orbáns Reisen: Hilfreich oder Provokation?
- Nach Besuch bei Putin: Ungarns Ministerpräsident Orbán in der Kritik
- Russlands Präsident Putin auf Shanghai-Gipfel – doch nicht allein?
„Anti-West-Lager“ um Xi und Putin Sicherheitsexperte: „China ist Russland mal zehn“ – KURZVIDEO, 4.7.2024
In Kasachstan treffen sich Autokraten der Welt um Putin und Xi. Sicherheitsexperte Joachim Weber erläutert, welches Ziel der SCO-Gipfel verfolgt und welche neue Selbstwahrnehmung dahintersteckt. China etwa verfolge mit Blick auf die Ukraine eigene Interessen, eine Augenhöhe mit Moskau gebe es längst nicht mehr.
KOMMENTAR FRANKREICHWAHL – Schrumpfen der Mitte in Frankreich „Phänomen Unregierbarkeit auch bei uns bald möglich“ – KURZVIDEO
Albrecht von Lucke führt das Wahlergebnis in Frankreich auf eine Mobilmachung der Mehrheitsgesellschaft gegen den Rechtspopulismus zurück, warnt aber auch vor allzu viel Optimismus. Die schrumpfende politische Mitte und damit das Erstarken radikaler Ränder habe Macron mitzuverantworten.
DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN
Deutsche Exporte fallen im Mai um 3,6 Prozent
Von Andreas Plecko
FRANKFURT (Dow Jones)–Mitten im Handelsstreit mit China sind die deutschen Exporte im Mai eingebrochen. Dabei fielen die Ausfuhren sowohl in die EU-Staaten als auch in die sogenannten Drittstaaten. Insgesamt verkauften die Exporteure kalender- und saisonbereinigt 3,6 Prozent weniger im Ausland als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte.
Von Dow Jones Newswires befragte Ökonomen hatten ein Minus von 3,0 Prozent erwartet. Im Vergleich zum Vorjahresmonat lagen die Exporte um 1,6 Prozent niedriger.
Die Importe fielen im Mai um 6,6 Prozent gegenüber dem Vormonat. Die befragten Ökonomen hatten ein Minus von 2,0 Prozent vorhergesagt. Auf Jahressicht ergab sich ein Rückgang von 8,7 Prozent.
Insgesamt wurden im Mai kalender- und saisonbereinigt Waren im Wert von 131,6 Milliarden Euro aus Deutschland exportiert und Waren im Wert von 106,7 Milliarden Euro nach Deutschland importiert.
Der Außenhandelsüberschuss betrug kalender- und saisonbereinigt 24,9 Milliarden Euro. Von Dow Jones Newswires befragte Ökonomen hatten mit einem Aktivsaldo von 19,5 Milliarden Euro gerechnet.
In die Mitgliedstaaten der EU wurden im Mai Waren im Wert von 72,3 Milliarden Euro exportiert und es wurden Waren im Wert von 55,7 Milliarden Euro von dort importiert. Gegenüber April sanken die kalender- und saisonbereinigten Exporte in die EU-Staaten um 2,5 Prozent und die Importe aus diesen Staaten um 8,9 Prozent.
In die Staaten außerhalb der EU (Drittstaaten) wurden im Mai Waren im Wert von 59,4 Milliarden Euro exportiert und es wurden Waren im Wert von 51,0 Milliarden Euro aus diesen Staaten importiert. Gegenüber April nahmen die Exporte in die Drittstaaten um 4,9 Prozent ab, die Importe von dort sanken um 4,0 Prozent.
VP Bank: Deutsche Exporte nach China sinken deutlich
Bei dem unerwarteten Rückgang der deutschen Exporte im Mai fällt nach Aussage von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der liechtensteinischen VP Bank, besonders das Minus von 10,2 Prozent im Jahresabstand bei den Exporten nach China ins Auge. „Die wirtschaftliche Schwäche Chinas manifestiert sich hierzulande in einer schwachen Exportentwicklung“, schreibt Gitzel in einem Kommentar. Noch deutlicher seien die Rückgänge im Falle Großbritanniens (minus 11,7 Prozent) und Russlands (minus 19,3 Prozent).
Sentix-Konjunkturindex für Deutschland fällt im Juli
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)–Die Konjunktureinschätzung von Investoren für Deutschland hat sich im Juli erstmals nach drei Verbesserungen in Folge wieder eingetrübt. Der von dem Beratungsunternehmen Sentix erhobene Konjunkturindex sank auf minus 19,0 (Juni: minus 12,5) Punkte. Der Index der Lagebeurteilung ging auf minus 32,3 (minus 26,3) Punkte zurück und der Index der Erwartungen auf minus 4,8 (plus 2,3) Punkte. „Der erhoffte Rückenwind aus einer gelungenen Fußball-EM verpufft“, kommentiert Sentix-Geschäftsführer Patrick Hussy die Daten. Der jüngste Zugewinn der Erwartungswerte sei ohnehin mit wenig Dynamik verlaufen, und nun werde dieser Hoffnungstrend wieder komplett in Frage gestellt. …
Sind Selbstständige in Deutschland häufiger von Altersarmut betroffen?
Rund vier Millionen Selbstständige gibt es in Deutschland. Im Durchschnitt verfügen sie über das gleiche Bruttoeinkommen wie abhängig Beschäftigte, rund 2.500 Euro im Monat. Netto blieben 1.660 Euro übrig, ermittelte eine vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Auftrag gegebene Studie für das Jahr 2018. Doch die Einkommensschere klafft weit auseinander. Wer als Arzt oder Unternehmensberaterin selbstständig arbeitet, verdient genug, um eine private Altersvorsorge aufbauen zu können.
Solo-Selbstständigen, die keine Angestellten beschäftigen, stehen dagegen durchschnittlich nur knapp 1.200 Euro netto zur Verfügung. Zu wenig, um ein finanzielles Polster für die spätere Rente ansparen zu können.
Besonders Solo-Selbstständige seien hierzulande von Altersarmut betroffen, fasst eine 2019 veröffentlichte Rentenstudie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) das Problem zusammen. Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben oft nur pflichtversicherte Freiberufler und Selbstständige erworben, die freiwillig den Mindestbeitrag oder mehr einzahlen.
Insgesamt fallen ihre Rentenansprüche nur halb so hoch aus wie die der Angestellten. Die kapitalgedeckte private Altersvorsorge, über die gutverdienende selbstständig Tätige häufig für die Rente sparen, bleibt bei der Studie jedoch außen vor.
Die Datenlage, wie Selbstständige für ihren Ruhestand vorsorgen, ist lückenhaft. Doch selbst diejenigen, die über Immobilien-, Geld- oder Anlagevermögen verfügen, sollten nachrechnen, ob das Ersparte ausreicht, um im Alter finanziell abgesichert zu sein. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2016 verfügen zwei Drittel der Selbstständigen und Freiberufler, die nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, über Vermögen von mindestens 100.000 Euro, 40 Prozent sogar über 250.000 Euro. Legt man die durchschnittliche Rentendauer von rund 19 Jahren für Männer und 22 Jahren für Frauen zugrunde, reicht das Vermögen trotzdem nur für eine monatliche Rentenzahlung zwischen rund 380 und 1.100 Euro, wie folgende Übersicht zeigt.
Tipp: Auch eine selbstgenutzte oder vermietete Immobilie eignet sich als Altersvorsorge für Selbstständige und Freiberufler. Wie das funktioniert, erfahren Sie in einem Ratgeber auf biallo.de.
Selbstständig Tätige ohne Vermögen, die keine oder nur geringe Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt haben, sind im Alter häufig auf staatliche Hilfe angewiesen. „In der Grundsicherung sind vor allem Menschen ohne Pflichtversicherungszeiten“, sagt Klaus Morgenstern vom Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA). Die Gefahr, dass Selbstständige in die Altersarmut rutschen, sei real, da sie oft nicht regelmäßig für die Rente sparen. „Laufen die Geschäfte schlechter, ist die Altersvorsorge das Erste, was gestrichen wird“, weiß Morgenstern. Ein fataler Fehler. Ihre Altersvorsorge sollten Freelancer keinesfalls kündigen. Besser ist es, wenn Freiberufler bei der gesetzlichen Rentenversicherung eine Beitragssenkung beantragen. Beiträge zu einer privaten Altersvorsorge, etwa einer Rentenversicherung, können Selbstständige stunden lassen. Auch ein Ruhendstellen des Vertrags ist möglich, bis sich die finanzielle Situation wieder entspannt.
Den kompletten biallo.de Ratgeber zu diesem Thema gibt es hier: https://biallo.link/ly7965ds/
Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:
Biallo & Team GmbH
Achselschwanger Str. 5
86919 Utting
Telefon: +49 (8806) 333840
Telefax: +49 (8806) 3338419
http://www.biallo.de
ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN
„6,6 % mehr Pkw-Neuzulassungen im 1. Halbjahr“
von Statistik Austria finden Sie als PDF auf unserer Website.
„Jede vierte Person in Österreich hat einen Migrationshintergrund“
von Statistik Austria finden Sie als PDF auf unserer Website.
Österreichs Wirtschaftsschnappschuss – OECD
Der Schnappschuss bietet eine prägnante Zusammenfassung der wirtschaftlichen Trends und Aussichten Österreichs und stützt sich dabei auf den OECD Economic Survey, den Economic Outlook und den Economic Policy Reform: Going for Growth“ und liefert neben einem Überblick über strukturpolitische Entwicklungen eingehende Analysen der wirtschaftlichen Trends und Empfehlungen für die Politik.
Präsentation: Folien
KURZFASSUNG:
Neue fiskalische Spielräume, Produktivitätssteigerungen, höhere soziale Mobilität sowie die Beschleunigung von Klimamaßnahmen werden in Österreich zu einem robusten Wachstum beitragen
Österreichs Wirtschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten gut entwickelt. Mit seinem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt (BIP) belegt das Land unter den 38 OECD-Ländern den 9. Platz. Allerdings wurden in den letzten Jahren hohe Haushaltsdefizite verzeichnet, weil die Regierung die Auswirkungen der Coronapandemie und Energiepreisschocks für private Haushalte und Unternehmen mit Unterstützungsmaßnahmen abfederte. Mit einer Fortsetzung der Reformen zur Steigerung der Produktivität, zur Verbesserung der sozialen Mobilität und zur Beschleunigung des Klimaschutzes kann Österreich Impulse für mehr Wachstum setzen und den Lebensstandard weiter verbessern, so eine aktuelle OECD-Studie.
Im jüngsten OECD-Wirtschaftsbericht für Österreich wird nach einem Rückgang des BIP-Wachstums um 0,7 % im vergangenen Jahr bei steigender Inlandsnachfrage mit einer Erholung auf 0,2 % im Jahr 2024 und 1,5 % im Jahr 2025 gerechnet. Das Haushaltsdefizit ist im Verhältnis zum BIP gegenüber seinem pandemiebedingten Höchststand zurückgegangen. Es verharrte 2023 mit 2,6 % jedoch auf einem relativ hohen Niveau und wird den Projektionen zufolge bis ins Jahr 2025 hinein stabil bleiben, ohne sich zu verbessern. Die Inflation war durch den Anstieg der Energiepreise deutlich gestiegen und hatte sich auf die Kerndienstleistungen ausgeweitet, dürfte aber von 7,7 % im Jahr 2023 auf 3,7 % (2024) und 2,9 % (2025) zurückgehen.
„Nach der Rezession des vergangenen Jahres steht Österreichs starke Wirtschaft nun vor einer Erholung. Fiskalreformen, die die Ausgabeneffizienz und die Tragfähigkeit der Renten verbessern, können dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft gegenüber künftigen Schocks zu stärken“, sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann bei der Vorstellung des Wirtschaftsberichts in Wien zusammen mit dem österreichischen Finanzminister Magnus Brunner, dem österreichischen Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher und der österreichischen Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Leonore Gewessler. „Eine erneute Erweiterung fiskalischer Spielräume, mehr Produktivität durch den Abbau von Investitionshindernissen im Privatsektor und die Verbesserung der digitalen Infrastruktur werden ein robustes Wachstum in Österreich fördern. Auch die Verbesserung der sozialen Mobilität durch Steigerung der Chancen für Frauen, sozioökonomisch benachteiligte Kinder und Zugewanderte sowie die Beschleunigung der Klimaschutzmaßnahmen durch höhere CO2-Preise und Dekarbonisierung des Verkehrs- und Energieversorgungssystems werden hierzu einen Beitrag leisten.“
Neben kurz- und mittelfristigen Ausgabenkürzungen muss die Fiskalpolitik auch auf den langfristigen Ausgabendruck eingehen. Die Ausgaben für Renten, Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege dürften in den kommenden Jahrzehnten aufgrund der Bevölkerungsalterung erheblich steigen. Es besteht auch das Potenzial, die Effizienz der Gesundheitsausgaben zu steigern – z. B. durch eine Verlagerung der Gesundheitsleistungen weg von der stationären Versorgung und eine Stärkung der ambulanten Versorgung. Eine teilweise Verlagerung der Arbeitsbesteuerung hin zu Umweltsteuern und zu einer laufenden Besteuerung von Immobilienvermögen würde ein nachhaltiges Wachstum fördern.
Das Produktivitätswachstum Österreichs hat sich in den letzten Jahren verlangsamt. Die Markteintrittsquoten sind die zweitniedrigsten im EU-Raum, was darauf hindeutet, dass die Marktdynamik gesteigert werden kann. Die Regulierung des Dienstleistungssektors könnte gelockert werden, insbesondere was die strengen Zulassungskriterien für bestimmte freiberufliche Dienstleistungen betrifft. Erleichterungen bei der Bereitstellung von Risikokapital, z. B. durch den Abbau der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Fremd- und Eigenkapital bei Privatinvestitionen, würden die Innovationstätigkeit fördern. Ein weiterer Ausbau des schnellen Breitbandnetzes würde dazu beitragen, die Vorteile der digitalen Transformation zu maximieren.
Um die soziale Mobilität zu verbessern, müssen mehr Chancen für vulnerable soziale Gruppen geschaffen werden. Um einen gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewährleisten, kommt es entscheidend darauf an, die Kompetenzlücken bei benachteiligten Schüler:innen zu verringern und die Integration von Zugewanderten zu verbessern. Ein breiterer Zugang zu qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung und eine besser konzipierte Karenzzeit würden dazu beitragen, dass Erwerbsarbeit und unbezahlte Arbeit ausgewogener zwischen Frauen und Männern aufgeteilt werden und das Verdienstgefälle zwischen Männern und Frauen verringert wird.
Aufgrund der Wasserkraftressourcen des Landes ist der CO2-Gehalt der österreichischen Energieerzeugung gering. Der inländische Energieverbrauch ist jedoch stark von importierten fossilen Brennstoffen abhängig. Eine klare und umfassende Strategie für den Ausbau umweltfreundlicher Energien würde Österreich in die Lage versetzen, bis 2040 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Der Fokus sollte darauf gelegt werden, die CO2-Preise zu erhöhen, ineffiziente Subventionen abzubauen und administrative Hindernisse, die grüne Investitionen behindern, zu reduzieren. Die Anpassung an die Folgen des Klimawandels erfordert erhebliche Investitionen und die Ausweitung des Versicherungsschutzes gegen Naturkatastrophen, insbesondere Überschwemmungen.
Die Österreicher haben kein Problem mit Windrädern in den Alpen
Eine satte Mehrheit befürwortet Wind- und Wasserkraft in den Bergen. Der Klimwandel ist eine große Bedrohung für die Alpen, Skifahren weniger, zeigt eine neue Pragmaticus-Umfrage.
Schaan/Wien (OTS) – 90 Prozent aller Österreicher sind stolz auf die Alpen: Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Erhebung von Unique Research im Auftrag des Magazins Der Pragmaticus, das sich in seiner jüngsten Ausgabe der Rettung des Alpenraums widmet. Denn Klimawandel, Verkehr, Tourismus und Zersiedelung bedrohen das Tertiär-Gebirge.
Wind- und Wasserkraft sind bekanntlich auch emotional geladene Themen. 64 Prozent der Befragten sind für Windräder bzw. 73 Prozent für neue Wasserkraftwerke in den Bergen.
Das steht im Kontrast zur aktuellen Lage: Es gibt keine Windräder in Tirol, Salzburg und Vorarlberg, der Bau von Speicherseen stößt regelmäßig auf großen Widerstand von Umweltschützern.
Der Klimawandel wird von den meisten Österreichern (80 Prozent) als Bedrohung für die Alpen gesehen, danach folgen Verkehr und Zersiedelung. Bergsteigen und Skifahren führen in den Augen der Hälfte der Befragten zu keiner Gefährdung der Berge.
In der Juli-Ausgabe des Pragmaticus beschreiben renommierte Experten wie Andrea Fischer, Walter Arnold, Rike Stotten und Herald Pauli die Chancen und Risiken für Menschen, Tiere, Pflanzen und den Wirtschaftsraum in den Alpen.
Finden Sie alle Umfrage-Ergebnisse als Download hier: https://bit.ly/469fWXD
Das gesamte Dossier mit allen Reports finden Sie hier: hier: https://bit.ly/3xQOYXV
Rückfragen & Kontakt:
Der Pragmaticus Verlag AG
Chefredakteur Andreas Schnauder
andreas.schnauder@derpragmaticus.com
Aufmacherstory „E-Autos – Der große Ökobluff“ – Motto „Fakten.Verstehen.Handeln“ und ein Männchen mit Feder statt Flinte – Liessmann, Gabriel, Sprenger als Experten …
Beim Ende von „Addendum“ im August 2020 hatte Red Bull verkündet, Mateschitz wolle sich in seinen journalistischen Aktivitäten „stärker auf lösungsorientierte Projekte jenseits der politischen Alltagsauseinandersetzungen“ konzentrieren.
Liessmann, Gabriel, Sprenger
Als „Experten“ führt das Medium neben Liechtenstein etwa den Philosophen Konrad Paul Liessmann, den früheren Wifo-Chef Karl Aiginger, Lord David Alton of Liverpool als Fachmann für internationale Politik, die Soziologin und „Brexit-Expertin“ Michaela Benson, den früheren SPD-Politiker Sigmar Gabriel, den Verhaltensbiologen und Wolfsforscher Kurt Kotrschal, den Agrarmeteorologen und Klimaforscher Josef Eitzinger, Thomas Mayer, Ex-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, den früheren „FAZ“- und „Presse“-Journalisten sowie Historiker Karl-Peter Schwarz und den Public-Health-Experten Martin Sprenger (Uni Graz) an. …
COMMENT: Interessant (!?). Die pösen Umwelschützer aber auch! Die Skipisten und Seilbahnen haben nichts, aber auch gar nichts zur Umweltverschandelung und zur Bodenerosion beigetragen. Na, bitte. Dann lasst die Bagger auffahren.
MEDIZIN
Vogelgrippe: Tierexperimentelle Studie zeigt weitere Anpassung der bovinen H5N1 an den Menschen
Madison – Das Vogelgrippevirus H5N1, das in den USA seit März Kuhherden infiziert, Menschen aber bis auf wenige Ausnahmen verschont hat, konnte in einer aktuellen Studie in Nature (2024; DOI: 10.1038/s41586-024-07766-6 ) bei Frettchen, in einem Modell für Grippeerkrankungen beim Menschen, nicht über die Atemwege auf weitere Tiere übertragen werden.
In Labortests banden die Viren jedoch an den Rezeptoren, über die Grippeviren beim Menschen in die Epithelien des Respirationstrakts gelangen. Experimente an Mäusen zeigten, dass das bovine H5N1-Virus verschiedene Organe infiziert und über die Milch an andere Tiere übertragen werden kann.
Der anhaltende Ausbruch der bovinen H5N1-Influenza hat Virologen überrascht, weil Rinder vorher nicht zu den bekannten Wirten gehörten. Beunruhigend ist, dass es den US-Gesundheitsbehörden noch nicht gelungen ist, die Epidemie zu stoppen. Nach aktuellen Angaben der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) sind 139 Herden in 12 Bundesstaaten betroffen.
Menschen sind bisher nicht zu Schaden gekommen, wenn man von 4 leichten Erkrankungen bei Farmern absieht, die mit einer Konjunktivitis oder leichten Erkältung einhergingen. Auch die Sorge, dass die Viren über die Milch in die Nahrungskette gelangen, scheint sich gelegt zu haben. Experimente haben gezeigt, dass die übliche Pasteurisierung die Viren zuverlässig inaktiviert.
Rohmilch kann dagegen bei Säugetieren Krankheiten auslösen, wie die Experimente zeigen, die ein Team um Yoshihiro Kawaoka vom Influenza Research Institute an der Universität von Wisconsin in Madison durchgeführt hat.
Mäuse erkrankten bereits, wenn ihnen 10 µl oder 25 µl Milch von infizierten Kühen ins Futter gegeben wurde und bei einigen endete die Erkrankung tödlich. Bei den Mäusen kam es zu einer systemischen Infektion mit Befall verschiedener Organe einschließlich von Muskeln und Gehirn. Bei den weiblichen Tieren wurde auch die Milchdrüse infiziert und das Virus auf die gesäugten Jungnager übertragen.
Bei Mäusen waren die bovinen H5N1 in einer geringen Konzentration auch nach einer intranasalen Gabe infektiös. Bei Frettchen gelang dies nur bei einer sehr hohen Dosis. Die Erkrankungen verliefen bei den Frettchen milder und die Brustdrüsen waren nicht regelmäßig befallen. Die Frettchen übertrugen die Viren anders als die Mäuse nicht auf andere Tiere.
Da Frettchen dem Menschen ähnlicher sind als Mäuse und als Modell für die Übertragbarkeit von Grippeviren beim Menschen herangezogen werden, sind die Ergebnisse für Martin Schwemmle, Forschungsgruppenleiter am Institut für Virologie, Universitätsklinikum Freiburg eine Entwarnung. Das Virus besitze derzeit „nicht die Eigenschaften, um für die Bevölkerung sehr gefährlich zu werden“, sagte der Experte dem deutschen Science Media Center.
Auch Martin Beer vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Greifswald-Insel Riems sieht derzeit nur ein „geringes zoonotisches Potenzial des verwendeten H5N1-Isolates aus Kühen“. Der Direktor am Institut für Molekulare Virologie der Universität Münster, Stephan Ludwig, urteilt ein wenig zurückhaltender. Die gelungene Übertragung durch intranale Inokulation bei Frettchen zeige, dass „eine aerosolische Übertragung prinzipiell möglich ist.“
Beunruhigender für die deutschen Experten ist ein weiterer Befund der US-Forscher. Diese hatten in einem Labortest untersucht, an welchen Rezeptoren die bovinen H5N1 in den Atemwegen binden. Bei den aviären Influenzaviren, aus denen sich die bovinen H5N1 entwickelt haben, sind dies die 2,3-Sialinsäuren.
Diese gibt es bei Vögeln, nicht aber beim Menschen. Die Experimente zeigen nun, dass die bovinen H5N1 zusätzlich an den 2,6-Sialinsäuren binden, die in den Atemwegen des Menschen die Eintrittspforte für die saisonalen Grippeviren sind.
Für Stephan Pleschka, Leiter der Arbeitsgruppe Influenzavirusforschung am Institut für Medizinische Virologie der Universität Gießen, zeigt dies, dass die bovinen H5N1 „einen weiteren Schritt hin zum Säuger gemacht haben“. Dieser Schritt reicht derzeit offenbar nicht, um eine Pandemie auszulösen.
Die Gefahr, dass die Viren den letzten entscheidenden Schritt machen, scheint jedoch nicht ausgeschlossen. „Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit dringender und entschlossener Maßnahmen, um diesen Ausbruch so schnell wie möglich unter Kontrolle zu bringen“, sagte Ed Hutchinson vom Centre for Virus Research an der Universität Glasgow dem britischen Science Media Centre. © rme/aerzteblatt.de
COVID-19: Höhere Übersterblichkeit in ärmeren europäischen Ländern mit niedriger Impfquote
Mailand – Von 2020 bis 2023 sind in 29 Ländern Europas 1,6 Millionen mehr Menschen gestorben als in vergleichbaren Zeiträumen zuvor, darunter 218.000 in Deutschland. Am härtesten getroffen hat die Pandemie nach einer Studie in Lancet Regional Health Europe (2024; DOI: 10.1016/j.lanepe.2024.100996 ) die ärmeren Länder in Südosteuropa und im Baltikum, wo das Gesundheitswesen unterfinanziert und die Impfquote niedrig ist.
Die Zahl der registrierten Todesfälle an oder auch mit COVID-19 ist ein ungenauer Gradmesser der Pandemie. Zum einen lässt sich nicht immer feststellen, welchen Anteil die Infektion mit SARS-CoV-2 am Tod hat. Es wurde viel darüber diskutiert, dass viele Menschen auch ohne COVID-19 nur noch wenige Monate zu leben hätten. Zum anderen fehlten anfangs die Tests, um eine Infektion nachzuweisen, später wurde aus finanziellen Gründen in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich häufig getestet.
Die Übersterblichkeit hat den Vorteil, dass sie auch andere Folgen der Pandemie mit erfasst. Dazu gehören beispielsweise Todesfälle durch unterlassene Therapien im Lockdown, die die Sterberate erhöht haben könnten. Andererseits dürfte der Ausfall der saisonalen Grippeepidemie die Sterblichkeit gesenkt haben.
Fest steht, dass in Europa in den Jahren 2020 bis 2023 mehr Menschen gestorben sind als in den Jahren davor. Ein Team um Gianfranco Alicandro von der Universität Mailand hat die Daten der Human Mortality Database zu 29 europäischen Ländern ausgewertet. Nicht darunter sind Russland, Weissrussland, die Ukraine, Rumänien und Irland. Von den früheren Staaten Jugoslawiens ist nur Slowenien dabei.
Den größten Anstieg der Mortalität gab es 2020 mit 521.889 Todesfällen (oder plus 10,0 %) und 2021 mit 568.186 Todesfällen (plus 11,2 %). Auch 2022 sind noch 443.883 Menschen (plus 8,6 %) mehr gestorben als in den Jahren vor der Pandemie. Im Jahr 2023 ist die Übersterblichkeit dann auf 108.629 Todesfälle (plus 2,1 %) gesunken.
Am stärksten betroffen waren Bulgarien (17,2 %), Litauen (16,1 %) und die Slowakei (14,9 %). Am niedrigsten war die Übersterblichkeit in Schweden (2,2 %), Island (2,7 %) und Dänemark (4,0 %). In Deutschland betrug sie 5,6 % (Rang 6 nach Norwegen und Island).
In Skandinavien ist ein Vergleich zwischen den Nachbarn Dänemark und Schweden interessant. Dänemark hatte sich zum Lockdown entschlossen, Schweden setzte auf die Freiwilligkeit der Bevölkerung. Im Jahr 2020 stieg die Sterblichkeit in Dänemark um 0,3 %, in Schweden um 7,2 %. In den folgenden drei Jahren war die Mortalität in Schweden (-0,2 %, 1,6 % und 0,2 %) kaum noch erhöht. In Dänemark kam es zu einem Anstieg um 4,4 %, 7,4 % und 4,0 %).
Osteuropa war die Region mit der höchsten Übersterblichkeit (13,2 % im gesamten Zeitraum 2020-2023). In Nord-, Süd- und Westeuropa starben 6,3 % bis 7,8 % mehr Menschen als in den Jahren vor der Pandemie. Besonders groß waren die Unterschiede 2021, als die Übersterblichkeit in Osteuropa 29 % erreichte, während sie in anderen Regionen bei etwa 6 % bis 8 % blieb.
Die Ursache sieht Alicandro vor allem in wirtschaftlichen Faktoren und in der mangelnden Bereitschaft zur Impfung – wobei beide Faktoren offenbar zusammenhängen. Alicandro ermittelt eine lineare inverse Korrelation zwischen dem Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttosozialprodukt und der Übersterblichkeit: Je weniger ein Land in das Gesundheitswesen investiert, desto mehr Menschen sterben im Fall einer Pandemie.
Noch steiler war die Korrelation bei der Impfquote: In Bulgarien starben auch deshalb mehr Menschen, weil kaum gegen COVID-19 geimpft wurde. Die Impfquote lag Ende 2021 bei 28 % (gegenüber 83 % in Portugal). Auch Ende 2022 waren in Bulgarien (und der Slowakei) weniger als die Hälfte der Erwachsenen geimpft.
Auch eine geringe gesamtwirtschaftliche Leistung (Bruttosozialprodukt pro Einwohner) und eine hohe Ungleichverteilung der Einkommen (Gini-Index) korrelierten mit einer hohen Übersterblichkeit (beim Gini-Index gab es eine U-Kurve mit einem Anstieg an beiden Enden der Ungleichverteilung).
Bei der Stringenz von Lockdown und sozialer Distanzierung (nichtpharmakologische Maßnahmen) ermittelt Alicandro nur für das Jahr 2020 eine Korrelation, sie war 2021 und 2022 nicht mehr vorhanden. Alicandro differenziert allerdings nicht zwischen den einzelnen Maßnahmen. © rme/aerzteblatt.de
IARC: Lungen- und Blasenkrebs durch Acrylnitril, Ovarialkarzinome durch Talkpuder
Lyon – Die Internationale Agentur für Krebsforschung IARC, die als Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Ursachen von Krebserkrankungen erforscht, stuft in ihrer neuesten Monografie Acrylnitril, das in Polymeren und im Tabakrauch enthalten ist, als krebserregend für den Menschen (Gruppe 1) ein.
Talk, das in Kosmetika enthalten ist und als Puder verwendet wird, ist nach Einschätzung des IARC möglicherweise krebserregend (Gruppe 2a).
Acrylnitril wird hauptsächlich bei der Herstellung von Polymeren verwendet. Es ist in Fasern für Kleidung, Teppiche und andere Textilien enthalten sowie in Kunststoffen für Konsumgüter, Automobilteile und das Bauwesen.
Menschen kommen zum einen bei der Herstellung von Acrylnitril und bei der Polymerproduktion mit Acrylnitril in Berührung. Die Allgemeinbevölkerung wird hauptsächlich durch Zigarettenrauch exponiert.
Acrylnitril war 1998 von der IARC als möglicherweise krebserregend für den Menschen (Gruppe 2b) eingestuft worden. Die Einschätzung basierte damals auf tierexperimentellen Ergebnissen. Inzwischen gibt es auch epidemiologische Belege.
Die Einstufung als Gruppe 1-Karzinogen beruht laut IARC vor allem auf den Ergebnissen einer großen Kohortenstudie, in der eine hohe Acrylnitrilexposition am Arbeitsplatz (Produktion oder Verarbeitung) mit Todesfällen am Lungenkrebs assoziiert war.
Weitere Hinweise lieferte eine große Fall-Kontroll-Studie, in der Patienten mit Lungenkrebs häufiger in der Vergangenheit mit Acrylnitril exponiert waren als eine Kontrollgruppe, die nicht an Lungenkrebs erkrankt war. Mehrere kleinere Kohortenstudien bestätigten den Verdacht.
Für Blasenkrebs gibt es laut IARC ebenfalls Hinweise aus epidemiologischen Studien. Die Beweislage sei jedoch weniger konsistent als beim Lungenkrebs.
Talk ist ein natürlich vorkommendes Mineral, das in vielen Regionen der Welt abgebaut wird. Menschen sind am Arbeitsplatz beim Abbau und Mahlen oder bei der Verarbeitung von Talk oder bei der Herstellung talkhaltiger Produkte exponiert.
Die Allgemeinbevölkerung kommt durch Kosmetika und Körperpuder mit Talk in Berührung. Talk ist auch in Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Konsumgütern enthalten. Die Exposition ist hier laut IARC jedoch weniger gut dokumentiert.
Talk war früher häufig mit Asbest kontaminiert. Diese Kombination wurde 2009 von der IARC als krebserregend (Gruppe 1) eingestuft. Die perineale Anwendung von Körperpuder auf Talkbasis war bereits 2006 als möglicherweise krebserregend (Gruppe 2b) eingestuft worden.
Die neue Einstufung aller (nicht Asbest-haltiger) Talkprodukte in die Gruppe 2a beruht auf Studien, in denen Frauen, die regelmäßig Talkpuder im Dammbereich benutzt hatten, häufiger an einem Ovarialkarzinom erkrankt waren. Eine erhöhte Rate dieser Malignome war auch bei Frauen aufgefallen, die beruflich mit Talk in Berührung kamen, etwa in der Zellstoff- und Papierindustrie.
Die Studien wiesen allerdings Schwächen auf. So konnte eine Kontamination mit Asbest nicht sicher ausgeschlossen werden. Dies erklärt, warum die IARC es bei einer Gruppe-2a-Einstufung beließ, obwohl die Ergebnisse aus Tierversuchen eindeutig waren. Dort erkrankten übrigens nicht nur weibliche Versuchstiere an Malignomen in Nebennierenmark und Lunge. Auch bei Männchen kam es zu Krebserkrankungen im Nebennierenmark. © rme/aerzteblatt.de
Mehr Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch in Deutschland
Berlin – Die Zahl der bekanntgewordenen Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen ist im vergangenen Jahr gestiegen. Da die Polizei bei dieser Art von Straftaten von einem großen Dunkelfeld ausgeht, ist das alleine jedoch noch kein alarmierender Befund, wie im Bundeslagebild Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen 2023 festgehalten wird.
Demnach wurden der Polizei im vergangenen Jahr 16.375 Fälle bekannt, in denen Kinder sexuell missbraucht wurden – ein Anstieg um 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im gleichen Zeitraum wurden zudem 1.200 Straftaten aktenkundig, bei denen Jugendliche sexuell missbraucht wurden. Die Zahl der Fälle, in denen es um Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern ging, nahm – vor allem aufgrund zahlreicher Hinweise aus dem Ausland – um 7,4 Prozent auf rund 45.000 Fälle zu.
In dem Lagebild verweist das Bundeskriminalamt (BKA) darauf, dass die Zahl der aufgedeckten Fälle von Kindesmissbrauch stark mit der polizeilichen Kontrolltätigkeit und dem Anzeigeverhalten zusammenhänge. „Insofern dürfte es auch aufgrund intensivierter polizeilicher Tätigkeiten im Deliktsbereich in den letzten Jahren zu einer Aufhellung des Dunkelfelds gekommen sein“, heißt es in dem Bundeslagebild weiter.
Das BKA weist außerdem darauf hin, dass die zahlreichen Fälle, in denen sich nach Hinweisen vor allem aus den USA kein potenzieller Tatort in Deutschland ermitteln lasse, nicht in die Statistik einfließen. Grund dafür, dass entsprechende Ermittlungen teils ins Leere laufen, sei die in Deutschland ausgesetzte Mindestspeicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten – speziell IP-Adressen. Bilder und Videos von sexuell missbrauchten Kindern und Jugendlichen werden im Internet tausendfach geteilt.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und das BKA sprechen sich schon länger für eine neue rechtskonforme Regelung für eine anlasslose Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten der Telekommunikation aus. Sie kritisieren, dass einige Provider keine Daten mehr speicherten, weshalb es dann gar keine Informationen mehr gebe, auf die man für Ermittlungen zugreifen könne.
Im April einigten sich Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dann aber auf das Quick-Freeze-Verfahren. Bei diesem Verfahren werden Daten erst dann gespeichert, wenn ein Verdacht auf eine Straftat erheblicher Bedeutung besteht. Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung zu diesem Vorhaben dauert noch an. Wegen rechtlicher Unsicherheiten war die alte Regelung zur Speicherung seit 2017 nicht mehr genutzt worden. © dpa/aerzteblatt.de
Herzschrittmacher können Ziel von Cyberangriffen sein
Trier – Patienten, die ein Herzimplantat erhalten, werden im Vorfeld umfassend über die medizinischen Risiken aufgeklärt. Cyberrisiken werden dabei aber nicht standardisiert besprochen. Vielmehr liegt es im Ermessen des Behandlungsteams, den Patienten die digitale Verwundbarkeit der Implantate zu erklären.
Eine Arbeitsgruppe der Universität Trier fordert in der Fachzeitschrift PLOS Digital Health jetzt, Patienten standardmäßig auch über die Risiken eines Cyberangriffs zu informieren (2024; DOI: 10.1371/journal.pdig.0000507 ).
„Moderne Herzimplantate, die kabellose Informationen übertragen, verbessern zwar die Lebensqualität und Autonomie der Patienten, aber können auch neue Gefahren durch Cyberangriffe mit sich bringen“, erklärte Leanne Torgersen, Hauptautorin der Studie. Denn ein digitales Netzwerk könne gehackt werden, was zum Verlust sensibler Daten und der Kontrolle über das Implantat führen könne.
Daher sollten Cyberrisikofaktoren in die Einwilligungserklärung der Patienten aufgenommen und laufend überprüft werden, wenn neue Risikoinformationen verfügbar werden. Durch die Einbeziehung von Informationen über Cyber-Risiken in den Prozess der informierten Zustimmung werde den Patienten die Autonomie gegeben, die bestmögliche Entscheidung zu treffen, so die Arbeitsgruppe.„Es ist entscheidend, dass Patienten über alle möglichen Risiken informiert werden, um fundierte Entscheidungen treffen zu können“, sagte Stefan Schulz, Professor für Verhaltensmedizin an der Universität Trier. Dies fördere nicht nur die Autonomie der Patienten, sondern auch eine partnerschaftliche therapeutische Beziehung, betonte er. © hil/aerzteblatt.de
COMMENT: Wir arbeiten fest und unermüdlich am digitalen Turmbau zu Babel.
FORSCHUNG
Maßgeschneiderte optische Pinzetten halten fester
Mit optischen Pinzetten lassen sich kleinste Teilchen wie Moleküle oder lebende Zellen festhalten. Die aus einem Laserstrahl geformten „Greiffinger“ können Teilchen allerdings nicht völlig ruhig halten. Mithilfe der Expertise von Wiener Physikern ist es nun britischen Forscherinnen und Forscher gelungen, die optische Pinzette auf das jeweilige Teilchen maßzuschneidern und es dadurch viel fester zu halten. Sie berichten darüber im Fachjournal „Science Advances“.
Für die Entwicklung der optischen Pinzette wurde der US-Forscher Arthur Ashkin 2018 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet. Die Technologie nutzt die Kraft des Lichts – konkret eines fokussierten Laserstrahls, um kleinste Objekte festzuhalten bzw. gezielt zu manipulieren, ohne sie zu berühren. Die Anwendungen reichen von der Biologie, etwa zur Untersuchung biologischer Vorgänge auf molekularer Ebene, bis zur Quantenphysik, wo einzelne Atome mittels Laser festgehalten werden.
Allerdings wird ein Teilchen in solchen optischen Fallen nicht vollständig ruhiggestellt. „Es wird durch die thermische Bewegung der umgebenden Moleküle beeinflusst, ähnlich wie ein Boot, das zwar von einem Anker festgehalten, aber durch Wind und Wellen noch bewegt wird“, erklärte die Erstautorin der nun veröffentlichten Arbeit, Unė Būtaitė von der University of Exeter (Großbritannien), in einer Aussendung. „Man könnte auch die Leistung des Laserstrahls erhöhen, um ein Teilchen noch fester zu halten, doch wenn man das Licht zu stark macht, kann es das Teilchen beschädigen“, erklärte Co-Autor Stefan Rotter von der Technischen Universität (TU) Wien gegenüber der APA.
Um die Bewegung eines Partikels in der optischen Pinzette zu minimieren, griffen die britischen Forscher auf die Arbeiten des Wiener theoretischen Physikers zurück. Rotter hat in den vergangenen Jahren in zahlreichen Arbeiten das große Potenzial maßgeschneiderter (Licht-)Wellen aufgezeigt. Derart gestaltete Wellen können etwa undurchsichtige Materialien durchdringen oder Informationen über dahinter liegende Gegenstände extrahieren.
Und so arbeitete das Team daran, den Laserstrahl so zu formen, dass er „ohne Leistungserhöhung – nur über seine räumliche Gestalt in der Umgebung des Teilchens – dieses noch fester einfangen kann“, so Rotter. „Es gibt hier keine Einheitslösung, sondern jedes Teilchen benötigt einen maßgeschneiderten Lichtanzug, um die beste Leistung zu erzielen“, erklärte Būtaitė.
Im Experiment hätten sich deutliche Verbesserungen bei der Immobilisierung der Teilchen gezeigt. Die Herausforderung in der experimentellen Umsetzung der theoretischen Vorhersagen lag Rotter zufolge darin, dass die genaue Form von Teilchen oft nicht genau bekannt ist. „Der passende Lichtanzug, der zum Teilchen passt, kann nicht im Voraus berechnet werden, sondern muss erst im Experiment selbst auf jedes Teilchen individuell angepasst werden“, betonte der Physiker. Die experimentelle Leistung bestand darin, dies so zu bewerkstelligen, dass das Teilchen während des Anpassens des Anzugs nicht aus der Lichtfalle herausfällt.
Service: http://dx.doi.org/10.1126/sciadv.adi7792
KOMMUNIKATION
Festnetz nur für jeden Fünften die erste Wahl – Klassisches Telefon wird laut Verivox-Studie zunehmend zur Randnotiz – außer bei älteren Menschen
Heidelberg (pte015/08.07.2024/12:30) – Trotz kleinem Zwischenhoch während der COVID-19-Pandemie spielt das stationäre Telefon nur noch für Senioren eine Rolle. Gedanken über Gesprächskosten macht sich die überwiegende Mehrheit laut der neuen Umfrage „Festnetz-Monitor“ des Vergleichsportals Verivox unter rund 1.000 Deutschen von 18 bis 79 Jahren nicht – teilweise zu Unrecht.
Mobile Kommunikation gefragt
51 Prozent der Deutschen führen private Telefonate üblicherweise per Handy. Davon nutzen 41 Prozent das Handy ganz klassisch, also über Mobilfunk; zehn Prozent bevorzugen in der Regel einen Datendienst wie WhatsApp oder FaceTime.
Im Osten Deutschlands sowie unter Familien mit Kindern liegt die Handy-Quote über zehn Prozent höher als in den Vergleichsgruppen.
In fast allen Alterskohorten ist das Mobiltelefon die erste Wahl – bei jungen Menschen bis 29 Jahre sind es sogar 70 Prozent, die bevorzugt das Handy nutzen.
Nur bei über 60-Jährigen sehen die Nutzungsvorlieben anders aus: Für Senioren ist das Festnetztelefon fast doppelt so häufig erste Wahl wie im bundesdeutschen Schnitt (40 zu 21 Prozent).
Gut jeder Fünfte (22 Prozent) hat nach eigenen Angaben keinen bevorzugten Weg beim Telefonieren – ältere Menschen sagen das am häufigsten, wie die Umfrage ausweist. Altersübergreifend geben nur wenige an, lieber Sprachnachrichten zu versenden als zu telefonieren oder Telefonate nach Möglichkeit ganz vermeiden zu wollen.
Aufmerksam bei den Kosten sein
Die Kosten sind vielen offenbar egal: „Obwohl die meisten Telefontarife inzwischen eine Flatrate beinhalten, sind diese Pauschaltarife kein Freibrief. Wer vom Festnetz aus telefoniert, zahlt für Anrufe aufs Handy bis zu 22 Cent pro Minute – das ist völlig aus der Zeit gefallen. Vom Handy hingegen werden Gespräche ins Ausland schnell zur Kostenfalle; diese sind über das Festnetz meist erheblich günstiger„, waren die Vergleichsexperten von Verivox.
Auch im Jahr 2024, so die Fachleute, müssen Verbraucher noch überlegen, welche Anschlüsse sie am besten mit welchem Gerät anrufen. „Dabei ist die Telefonminute für Netzbetreiber schon lange kein entscheidender Kostenfaktor mehr“, heißt es abschließend dazu. (Ende)
UMWELT
Seit einem Jahr knackt jeder Monat die 1,5-Grad-Marke
Es ist eine unheilvolle Serie – und sie bedroht jenes Ziel, das die Staatengemeinschaft mit dem Pariser Klimaschutzabkommen anvisiert: Auch der Juni 2024 war der wärmste Juni seit Beginn der Datenaufzeichnungen. Er lag 1,5 Grad über dem geschätzten Juni-Durchschnitt für 1850 bis 1900, der vorindustriellen Referenzperiode, wie der EU-Klimawandeldienst Copernicus mitteilt. Damit war es der zwölfte Monat in Folge, der die 1,5-Grad-Schwelle erreichte oder überschritt.
Im Pariser Klimaschutzabkommen hatte sich die Weltgemeinschaft Ende 2015 das Ziel gesetzt, die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad zu halten, möglichst aber auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Dabei geht es allerdings um die Durchschnittstemperatur über längere Zeiträume, nicht einzelne Monate oder Jahre.
Eine formell vereinbarte Definition, was eigentlich genau als Überschreiten des 1,5-Grad-Ziels gewertet wird, gibt es bisher nicht. Viele Klimaexperten gehen davon aus, dass die 1,5-Grad-Schwelle ohnehin längst nicht mehr zu halten ist.
Im Gesamtzeitraum von Juli 2023 bis Juni 2024 lag die globale Temperatur den Copernicus-Daten zufolge 1,64 Grad über dem vorindustriellen Durchschnitt. Seit 13 Monaten ist jeder einzelne Monat der weltweit wärmste seit Aufzeichnungsbeginn. Eine solche Rekordserie sei „zwar ungewöhnlich, aber eine ähnliche Serie an monatlichen globalen Temperaturrekorden gab es bereits in den Jahren 2015/2016“, teilte Copernicus mit.
Zweitwärmster Juni in Europa
Die durchschnittliche Oberflächen-Lufttemperatur im Juni betrug demnach 16,66 Grad. Damit lag sie 0,67 Grad über dem Juni-Durchschnitt von 1991 bis 2020 und 0,14 Grad über dem bisherigen Höchstwert vom Juni 2023. Die europäische Durchschnittstemperatur im Juni 2024 überschritt den Durchschnittswert für die Juni-Monate von 1991 bis 2020 um 1,57 Grad. Damit sei es der zweitwärmste Juni seit Beginn der Aufzeichnungen in Europa gewesen, hieß es. Besonders heiß war es demnach im Südosten des Kontinents und in der Türkei, während die Temperaturen in Westeuropa, Island und Nordwestrussland nahe am oder unter dem Durchschnitt lagen.
In Island, Mitteleuropa und großen Teilen Südwesteuropas sei der Juni feuchter gewesen als der Durchschnitt, heißt es weiter, „wobei starke Niederschläge zu Überschwemmungen in mehreren Regionen Deutschlands, Italiens, Frankreichs und der Schweiz führten“. Außerhalb Europas waren die Temperaturen im östlichen Kanada, im Westen der USA und in Mexiko, Brasilien, Nordsibirien, im Nahen Osten, Nordafrika und in der westlichen Antarktis überdurchschnittlich hoch.
An der Meeresoberfläche erreichte die durchschnittliche Temperatur im Juni den 15. Monat in Folge einen Rekordwert für den entsprechenden Monat des Jahres. Sie betrug im Juni 20,85 Grad – der Wert bezieht sich auf die Temperaturen zwischen den beiden 60. Breitengraden. Dies entspricht auf der Nordhalbkugel der Breite von Sankt Petersburg, auf der Südhalbkugel verläuft dieser Breitengrad südlich von Feuerland.
Großer und anhaltender Klimawandel
„Dies ist mehr als nur eine statistische Kuriosität, sondern verdeutlicht einen großen und anhaltenden Klimawandel“, erklärte Copernicus-Direktor Carlo Buontempo. „Selbst wenn diese besondere Serie von Extremen irgendwann endet, werden wir zwangsläufig neue Rekorde erleben, wenn sich das Klima weiter erwärmt. Dies ist unvermeidlich, wenn wir nicht aufhören, Treibhausgase in die Atmosphäre und die Ozeane zu leiten.“
Zu den Temperaturrekorden könnte unter anderem das natürliche Wetterphänomen El Niño beigetragen haben. Es sorgt alle paar Jahre für einen Anstieg der Wassertemperaturen in Teilen des Pazifiks und höhere Lufttemperaturen.
Der Klimawandeldienst Copernicus der Europäischen Union veröffentlicht regelmäßig Daten zur Temperatur an der Erdoberfläche, zur Meereisdecke und zu Niederschlägen. Die Erkenntnisse beruhen auf computergenerierten Analysen, in die Milliarden Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt einfließen. Die genutzten Daten gehen zurück bis auf das Jahr 1950, teilweise sind auch frühere Daten verfügbar.
Ende der Rekordserie bei den Ozeantemperaturen
Die Ozeane haben mehr als 15 Monate lang Wärmerekorde aufgestellt – nun finden die stetigen Höchstwerte wohl erst einmal ein Ende. Im globalen Mittel lag die Oberflächentemperatur der US-Plattform „Climate Reanalyzer“ zuletzt nicht mehr über den täglichen Vorjahreswerten. Es sei anzunehmen, dass die globale Meerestemperatur in der zweiten Jahreshälfte eher unterhalb der extremen Rekorde von 2023 bleiben werde, sagte Helge Gößling vom deutschen Alfred-Wegener-Institut (AWI).
Die Ozeane sind schon seit März vergangenen Jahres außergewöhnlich warm. Jeden einzelnen Tag wiesen die Oberflächen der Meere seitdem den jeweils höchsten Wert seit Messbeginn vor rund 40 Jahren auf, meist mit großem Abstand zum bisherigen Tagesrekord. Auch jetzt liegt die Temperatur jeweils noch sehr deutlich über dem Durchschnitt der Jahre 1982 bis 2011.
Als Hauptgrund für den Anstieg gelten die menschengemachten Treibhausgase. Über 90 Prozent des darauf zurückgehenden Wärmeeffekts wird Fachleuten zufolge von den Ozeanen aufgenommen. Schon eine Veränderung um ein zehntel Grad bedeutet die Erwärmung von unglaublich großen Wassermassen.
Einfluss von El Niño nimmt ab
Zusätzlich zur stetigen menschengemachten Erwärmung gab es zuletzt noch andere Effekte. So pumpte das Klimaphänomen El Niño Wärme aus den Meerestiefen im Pazifik nach oben. „Der Einfluss von El Niño auf die global gemittelte Temperatur nimmt derzeit spürbar ab“, erklärte der Klimaphysiker Gößling. Der Wechsel zum Gegenstück La Niña – ebenfalls ein natürliches, regelmäßig auftretendes Klimaphänomen – dürfte zu einem Absinken der globalen Temperatur führen. „Es ist jedoch noch unklar, mit wie viel Abkühlung wir tatsächlich rechnen können.“
Der AWI-Forscher verweist auf Analysen, wonach der Einfluss von El Niño auf die Rekorde nicht allzu groß gewesen sei. Fachleute nennen weitere Faktoren für die ungewöhnlich heftigen Ausschläge. Mitverantwortlich könnten demnach die Reduzierung von Schwefelabgasen in der Schifffahrt sowie der Ausbruch eines Unterwasservulkans gewesen sein.
„Insgesamt scheinen diese Beiträge jedoch zu klein zu sein, um den jüngsten Temperaturanstieg zu erklären“, meinte Gößling. Wo auch immer der Rest herkomme – die Ursache sei entscheidend bei der Frage, ob die Temperaturen in Zukunft so steigen wie bisher erwartet – oder einen anderen Pfad in die Höhe einschlagen.
BILDUNG – SCHULEN – UNIVERSITÄTEN
KOMMENTAR der anderen – Corinna Hörmann: Das hastige Aus der vorwissenschaftlichen Arbeit – ein Fehler?
Quellenkritik, richtiges Zitieren und gute Recherche – das Erlernen, wie wissenschaftliches Arbeiten funktioniert, ist wichtig. Und zwar nicht nur für ein späteres Studium
In den letzten Wochen hat sich die Debatte um die Verpflichtung zur vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) in den AHS intensiviert. Insbesondere die wachsende Popularität von Generativer Künstlicher Intelligenz (GenAI) hat viele dazu veranlasst, die Notwendigkeit einer verpflichtenden VWA infrage zu stellen. Zu Beginn des Jahres forderten Vertreterinnen und Vertreter der AHS-Lehrkräfte die Abschaffung der verpflichtenden VWA. Bildungsminister Martin Polaschek hat kürzlich angekündigt, dass die bisher verpflichtende VWA durch eine „abschließende Arbeit“ ersetzt wird – und das bereits ab dem kommenden Schuljahr. Diese abschließende Arbeit kann künftig etwa auch in Form eines Multimediaprodukts, einer Videoreportage oder eines Podcasts erfolgen. Bis zum Schuljahr 2028/29 haben Schülerinnen und Schüler zudem die Möglichkeit, statt der abschließenden Arbeit eine zusätzliche mündliche oder schriftliche Prüfung im Rahmen der Matura abzulegen.
Die Entscheidung, die VWA durch eine abschließende Arbeit zu ersetzen, wirkt wie ein politischer Schnellschuss, der versucht, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Interessen zu befriedigen, aber dabei die langfristigen pädagogischen Ziele aus den Augen verliert. Die Flexibilität der neuen Regelung – von Multimediaprojekten bis hin zu zusätzlichen Prüfungen – mag auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, birgt jedoch erhebliche Risiken.„Die Integration von KI-Tools kann unterstützend wirken, jedoch nicht den gesamten Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens ersetzen.“ Trotz technologischer Fortschritte bleibt der Prozess des (vor)wissenschaftlichen Schreibens unverzichtbar für die Vorbereitung auf ein Universitätsstudium. Die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten wird durch das Aufkommen von KI nicht obsolet. Vielmehr ist es wichtig, den Schülerinnen und Schülern, die später an die Universitäten gehen wollen, weiterhin die Möglichkeit zu geben, sich mit wissenschaftlichen Arbeitsweisen wie Quellenkritik, Zitierweise, oder statistischen Auswertungen vertraut zu machen. Die VWA lehrt sie, systematisch zu recherchieren, kritische Analysen zu einem selbstgewählten Thema auf circa 15 bis 20 Seiten durchzuführen und ihre Argumente klar und strukturiert zu präsentieren. Diese Fähigkeiten sind nicht nur für ein erfolgreiches Studium, sondern auch für viele Berufsfelder unerlässlich.
Die Integration von KI-Tools kann unterstützend wirken, jedoch nicht den gesamten Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens ersetzen. Ein Pilotexperiment der Abteilung für Mint-Didaktik der Johannes-Kepler-Universität Linz zeigte, dass KI-Tools wie ChatGPT und Jenni AI zwar bei der Erstellung wissenschaftlicher Texte helfen können, aber die Qualität und Tiefe der Arbeit dennoch stark vom menschlichen Beitrag abhängen. KI-Tools können Gliederungen und erste Entwürfe generieren – für eine qualitativ hochwertige Arbeit sind aber kreative und kritische Denkprozesse notwendig. Kurz gesagt: Da braucht es den Menschen!
Umfassendes Projekt
Auch wenn die Angst besteht, dass Schülerinnen und Schüler zunehmend KI-Tools zur Erstellung ihrer Arbeiten nutzen, ändert dies nichts an den grundlegenden Vorteilen der abschließenden Arbeit. Diese bietet die Möglichkeit, ein selbstgewähltes Thema intensiv zu erforschen und die Kenntnisse und Fähigkeiten in einem umfassenden Projekt zu demonstrieren.
Darüber hinaus kann eine gut durchgeführte abschließende Arbeit ein wertvolles Portfolio-Stück für zukünftige akademische und berufliche Bewerbungen sein, das die Bereitschaft und Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler zur selbstständigen und vertieften Auseinandersetzung mit komplexen Fragestellungen belegt.
Letztlich sollten wir nicht die Technologie für die Herausforderungen im Bildungssystem verantwortlich machen. Die Förderung der Anwendung individueller Forschungsmethoden wie Interviews, eigene Experimente oder Umfragen könnte dazu beitragen, die Anfälligkeit für KI-generierte Inhalte zu verringern.
Die Diskussion um die Freiwilligkeit einer abschließenden Arbeit sollte daher nicht von Trends bestimmt werden. Stattdessen sollten wir den langfristigen Nutzen und die Bedeutung des wissenschaftlichen Arbeitens für die Bildung unserer Schülerinnen und Schüler im Blick behalten. Es liegt an uns, sie bestmöglich auf ihre akademische und berufliche Zukunft vorzubereiten – und dazu gehört auch die Fähigkeit, fundierte und gut recherchierte Arbeiten zu verfassen. (Corinna Hörmann, 5.7.2024)
Corinna Hörmann ist Universitätsassistentin an der Abteilung für Mint-Didaktik der Johannes-Kepler-Universität Linz.
Zum Thema:
- Aus vorwissenschaftlicher Arbeit wird ab Herbst „abschließende Arbeit“
- Digitalisierungspaket soll Zettelwirtschaft an Schulen verringern
- Bildungsminister Polaschek: „Der Religionsunterricht bleibt“
- Digitalisierungspaket soll Zettelwirtschaft an Schulen verringern
- Neun Wochen Sommerferien: Ist die lange Dauer noch zeitgemäß?
Unis für Grundsicherung für Studierende
Die Universitätenkonferenz (uniko) schlägt die Einführung einer Grundsicherung für Studierende vor, die eine bestimmte Mindeststudienleistung erreichen. Als Höhe schwebt uniko-Präsident Oliver Vitouch die Ausgleichszulage (derzeit rund 1.200 Euro) vor – in ihr sollen dafür Familien- und Studienbeihilfe aufgehen.
Erhalten sollen sie alle Studierende, die 40 ECTS-Punkte pro Studienjahr erreichen. Zum Vergleich: Bei Mindeststudiendauer sind es 60 ECTS pro Studienjahr.
Mit dieser Maßnahme sollen sich Studentinnen und Studenten vorwiegend auf ihre Ausbildung konzentrieren können, argumentierte Vitouch gestern Abend die Position der uniko in ihren vor der Nationalratswahl präsentierten Forderungen zu „Universitäten 2030“. Nach der Ausbildung sollen Absolventen und Absolventinnen ab einer bestimmten Einkommenshöhe dann einen Teil davon wieder zurückzahlen.
„Verländerung der Hochschulpolitik ein Problem“
Außerdem fordern die Unis eine gesamtösterreichische Hochschulplanung durch ein einziges Ministerium mit gebündelten Zuständigkeiten für Unis, Forschung und Innovation. „Derzeit ist die Verländerung der Hochschulpolitik ein Problem, weil sich die Länder durch die Gründung von Privatuniversitäten selbst verwirklichen“, so Vitouch.
Für Privathochschulen gilt derzeit zwar ein Finanzierungsverbot durch den Bund – Länder oder Kammern können aber „private“ Hochschulen ohne Weiteres finanzieren. „Gegen die Umwandlung von Landeskonservatorien wird man nichts sagen, wenn nur die Rechtsform geändert wird“, so Vitouch.
Die Sinnhaftigkeit einer Medizinischen Universität Oberwart erschließe sich ihm aber nicht. Höhepunkt zuletzt sei die Gründung der Digitaluni in Linz IT:U gewesen (wobei diese als öffentliche Uni firmiert, Anm.). *** red, ORF.at/Agenturen
ARBEITSWELT
Zwei Drittel im Urlaub für den Chef erreichbar – 50- bis 64-jährige Erwerbstätige führen laut BITKOM-Umfrage mit 73 Prozent die Statistik klar an
Berlin (pte010/08.07.2024/11:30) – Laut einer Umfrage des Digitalverbands BITKOM sind zwei Drittel der Berufstätigen, die in diesem Jahr einen Sommerurlaub geplant haben, währenddessen auch dienstlich erreichbar.
Unter den 50- bis 64-jährigen Erwerbstätigen sind 73 Prozent im Sommerurlaub beruflich erreichbar, unter den 16- bis 29-jährigen Berufstätigen sind es hingegen nur 51 Prozent.
Viele Motivationen
Über die Hälfte (59 Prozent) gibt an, erreichbar zu sein, weil Vorgesetzte dies erwarten. 51 Prozent sagen, ihre Kollegen erwarten es von ihnen, 46 Prozent sehen diesen Anspruch bei Kunden. Ein Viertel geht davon aus, dass Geschäftspartner Erreichbarkeit erwarten. 13 Prozent sind überzeugt, dass ihre Mitarbeiter es von ihnen erwarten. Nur 15 Prozent sagen, dass sie im Sommerurlaub von sich aus erreichbar sein möchten.
Meistens sind es ein Anruf oder eine Kurznachricht, die den Urlaub unterbrechen: Je rund zwei Drittel (65 Prozent) der Berufstätigen sind telefonisch beziehungsweise per Kurznachrichten wie SMS oder WhatsApp erreichbar. 29 Prozent lesen oder beantworten dienstliche Mails. Knapp ein Viertel (23 Prozent) ist per Videocall etwa über Facetime oder Zoom erreichbar, elf Prozent über Kollaborations-Tools wie Microsoft Teams oder Slack.
Nur für Dringendes
Auszeiten vom Job sollten laut BITKOM-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder auch wirklich zur Erholung genutzt werden. „Der Urlaub sollte nur in dringenden Notfällen gestört werden. Arbeitgeber sind in der Verantwortung, Vertretungslösungen rechtzeitig zu organisieren sowie klare unternehmensinterne Regelungen für die Erreichbarkeit während Abwesenheiten abzustimmen“, unterstreicht der Branchenvertreter abschließend.
COMMENT: Eine Unart allerersten Ranges. Erreichbarkeit rund um die Uhr, auch unter der Arbeitswoche sind ein No-Go.
MENSCHEN
MedUni Wien trauert um Otto Mayrhofer-Krammel
Internationaler Pionier und “Urvater“ des Fachgebietes Anästhesiologie und Intensivmedizin in Österreich verstorben
Der emeritierte ordentliche Universitätsprofessor Otto (Teddy) Mayrhofer-Krammel, internationaler Pionier und „Urvater“ des Fachgebietes Anästhesiologie und Intensivmedizin in Österreich, ist am 21. Juni 2024 in seinem 104. Lebensjahr am Ort seines Wirkens in Wien friedlich eingeschlafen.
Historische Betrachtungen und Gedanken zum 130. Todestag des Chirurgie-Wegbereiters
Theodor Billroth haben es wieder klargemacht, welche Defizite mit hohem Sterberisiko
bestanden hatten, da die moderne Anästhesiologie und, zu einem wesentlichen Teil sich daraus ergebend, die Intensivmedizin noch nicht entwickelt waren.
Noch aus den Kriegswirren heraus hat unser verehrter Lehrer diese nach wie vor bestehenden Herausforderungen aufgegriffen und, trotz der damals nicht einfachen Gegebenheiten, in internationaler Zusammenarbeit, England und USA, letztlich in heroischen Selbstversuchen (!), gemeistert und somit das junge akademische Fachgebiet zu dem gemacht, was es heute ist.
Dazu, zunächst, noch kurze Details zur Umsetzung: 1951 gründete er die Fachgesellschaft für Anästhesiologie, 1963 erfolgte dann unweit der Billroth’schen Klinik die Einrichtung der ersten Österreichischen Intensivstation, als Vorreiterin der gesamten österreichischen Intensivmedizin.
Hohe nationale und internationale Anerkennung und Auszeichnungen zollen Tribut für diese
großartigen Leistungen: Großes silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik
Österreich, Goldenes Ehrenzeichen der Stadt Wien, Goldenes Ehrenzeichen der Ärztekammer für Wien, Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft, Ehrendoktorate, Szeged, Reims, Poznań, Ehrenmitgliedschaften bei internationalen Fachgesellschaften. Als bislang einzigem deutschsprachigen Anästhesisten wurde ihm 1974 die Ehre zuteil, die prestigereiche Emery Andrew Rovenstine-Lecture bei der Jahrestagung der Amerikanischen Anästhesie-Gesellschaft zu präsentieren, von 1972 bis 1976 war er Präsident der World Federation of Societies of Anaesthesiologists. 1985 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt.
1961 wurde er außerordentlicher Professor und Vorstand des neu gegründeten Institutes für Anästhesiologie der Universität Wien, 1967 Ordinarius und leitete die Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin bis zu seiner Emeritierung 1991. Trotz seiner überragenden Erfolge mit höchster Anerkennung blieb er voll bodenständig, als authentisch-integrative Figur des gesamten chirurgischen Fachbereiches. Bei seinen MitarbeiterInnen war er sehr beliebt, generierte er doch eine meritokratische Kultur, stets zugänglich und feinsinnig in der Definition zu erreichender akademisch-klinischer Ziele, ebenso wie in der Karriereförderung zur Besetzung von Spitzenpositionen. Somit wurde er Mentor zukünftiger Generationen von Anästhesisten / Intensivmedizinern und Schmerztherapeuten.
2020 verlor er seine Ehefrau Eleonora. Otto Mayrhofer-Krammel hinterlässt einen Sohn, eine Halbschwester, einen Stiefsohn, vier Enkelkinder und vier Urenkel.
Edda Tschernko,
Leiterin der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie
Michael Zimpfer,
Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie
UNTERNEHMEN
— .