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FAZIT DES TAGES
Mit unserem Urteil ist es wie mit unseren Uhren. Nicht zwei gehen genau gleich, und doch glaubt jeder der seinigen.
Alexander Pope, 1688-1744, englischer Dichter der englischen Frühaufklärung,
COMMENT – FAZIT:
- Israel-Hamas-Krieg: International differente Aufregung wegen ICC-Anklage, Netanjahu innenpolitisch wohl gestärkt.
- Ukraine-Krieg: weiter undurchsichtige, aber wohl weiter brenzlige Lage für die Ukraine. US-„Hunger“ auf russische Vermögenswerte. Zinsen für die Ukraine dank EU. Russland positioniert im All Waffen gegen Satelliten – nicht zum ersten Mal.
- Zentralbanken üben sich betreffs Zinssenkungsterminen im Balanceakt.
- Inflationstendenz in Europa weiter abwärts.
- Rechtsextremismus in Europa – seine Blüten und Gegenblüten.
- Europas Jugend wählt: wie – das ist die Frage. Ein Blick auf österreichische Umfrageergebnisse.
Märkte – Report
Israel, Ukraine
Meldungen
Themenreigen – Medizin, Gesundheitssystem: GB-Skandal, Umwelt: Graslandschaften in Gefahr, Gesellschaft
Unternehmen
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Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!
HELLMEYER-Report (gekürzt)
- Nervöse Stabilität
- Yellen drohte implizit deutschen Banken: „Schlupflöcher müssen geschlossen werden“
- Deutschland: Umsatz im Gastgewerbe stagniert
Märkte: Nervöse Stabilität
An den Finanzmärkten dominierte in den letzten 24 Handelsstunden keine klare Linie. Zuerst kam
es an Aktienmärkten zu Einbußen, die dann weitgehend aufgeholt wurden. Am Ende lässt sich die
Situation als Ausdruck nervöser Stabilität identifizieren.
Geopolitische Aspekte (Ukraine, Gaza) rückten zuletzt stärker in den Fokus. Der latente
Eskalationsmodus bar jedweder substantiellen Implikation für Diplomatie ist ein Katalysator für
die aktuelle Nervosität.
Das Risiko, dass die Dynamik der Teilung der Welt zunimmt, steigt. Damit nehmen insbesondere für die Unternehmen der westlichen Welt Herausforderungen bezüglich der zukünftigen Kostenstrukturen zu.
Bezüglich des Gaza-Konflikts nimmt die Homogenität der Position des Westens ab. So wollen
beispielsweise Norwegen, Irland und Spanien den Palästinenser-Staat anerkennen.
Das Datenpotpourri (siehe unten) lieferte keine klaren Konjunktursignale. Aggregiert enttäuschte
die Bauleistung der Eurozone als auch der Einbruch des britischen Auftragsindex. Dagegen
erfreute heute früh die positive Entwicklung der „Machinery Orders“ in Japan.
An der Inflationsfront gab es Entspannung. Deutsche Erzeugerpreise fielen stärker als erwartet. In
Kanada sank die Preisinflation deutlich. Auch seitens der heute früh anstehenden CPI-Daten aus
dem UK sollte sich das entspannte Bild fortsetzen.
Die europäischen Aktienmärkte verloren marginal an Boden. So fiel der Late-DAX um 0,03%. Der
EuroStoxx 50 gab um 0,29% nach. Anders sah es in den USA aus. Hier legte der S&P 500 um 0,21%
zu. Der US-Tech 100 verzeichnete eine Plus in Höhe von 0,17%. In Fernost ergibt sich Stand 07:50
Uhr folgendes Bild. Der Nikkei (Japan) gibt um 0,79% nach. Dagegen steigt der Sensex (Indien) um
0,12%, der CSI 300 (China) um 0,22% und der Hangseng (Hongkong) um 0,25%.
Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert mit 2,51% und die 10-jährige US-Staatsanleihe mit 4,43%.
Gold und Silber zeigen sich weiter in „guter Form“ gegenüber dem USD. Sie sind eben „Währungen
ohne Fehl und Tadel“. Der EUR hält weiter die zuletzt leicht erhöhten Niveaus
Nachrichten in Kurzform:
• Berlin: Das deutsche Gastgewerbe hat im 1. Quartal laut Statistischem Bundesamt
seinen Umsatz erhöht. Die Erlöse stiegen von Januar bis März nominal um 3,1%
zum Vorjahresquartal. Real (inflationsbereinigt) gab es ein Plus in Höhe von 0,1%.
• Berlin: Finanzminister Lindner erklärte, dass die Kapitalmarktunion die Priorität der
neuen EU-Kommission sein sollte.
• Berlin: 2023 konnten die deutschen Landwirte ihre Einnahmen um 39% auf
durchschnittlich 113.900 EUR steigern. Es war das beste Ergebnis seit 10 Jahren.
Wegen fallender Preise sind im laufenden Jahr geringere Ergebnisse zu erwarten.
• Paris: Die französische Regierung stellte sich demonstrativ hinter den
Internationalen Gerichtshof bezüglich der jüngsten Entscheidungen.
Yellen droht implizit deutschen Banken wegen Russlandsanktionen
Frankfurt/Washington: US-Finanzministerin Yellen forderte bei Ihrem Besuch in
Deutschland deutsche Banken auf, Schlupflöcher für Russland zu schließen und
brachte das Thema sekundärer Sanktionen ins Spiel.
=> Interessant, haben die USA nicht gerade russische Banken freigestellt (fossile Brennstoffe)?
Yellen: USA und Europa müssen Antwort auf Industriepolitik Chinas finden
US-Finanzministerin Yellen forderte eine abgestimmte Antwort des Westens auf die
Industriepolitik Chinas. Wenn die USA und Europa nicht strategisch und
zusammenstehend antworteten, könnte das Überleben westlicher Unternehmen
gefährdet sein. Der Westen wirft China vor, mit staatlichen Subventionen Waren im
Überfluss zu produzieren. Die Produkte würden Richtung USA oder Europa gelenkt.
=> Augenhöhe ist erforderlich! Da die WTO von den USA in Schiedsgerichtsbarkeit zerstört wurde, gibt es Probleme …
Kommentar: Frau Yellen droht implizit mit Sekundärsanktionen vor einem bizarren sachlichen Hintergrund.
Ich verweise auf folgenden Kontext: Die US-Regierung setzte am 29. April 2024 Sanktionen gegen russische Banken im Energiehandel bis zum 1. November 2024 mit der „General License NO- 81“ aus (Link).
Diese „General License NO-81 wirft Fragen auf:
1. Glaubt Frau Yellen, dass die Russland aus diesen US-Transaktionen zufließenden Mittel
garantiert „pazifistisch“ verwendet werden?
2. Hat die „General License NO-81“ mit der US-Wahl und Establishment-Motiven zu tun?
3. Gibt es hier eine Asymmetrie bezüglich dessen, was die USA in ihrem Interesse machen und
was sie Dritten abverlangen (Unterordnung unter US-Interessen – Ausdruck von
Souveränität?)?
4. Ist so etwas für souveräne Staaten tolerierbar, da damit für sich selbst markante Nachteile
in der Konkurrenzfähigkeit begründet werden nach einem nicht WTO-konformen IRA-
Programm, das in die „Struktur-Taschen“ der EU und Taiwans greift (Aristoteles)?
5. Wie glaubwürdig ist so eine Politik seitens der USA auf globaler Bühne?
6. Erhöht sich dadurch die internationale Attraktivität der USA als zuverlässiger Partner?
Fazit: Die USA stehen für eine Politik der egozentrischen Extraklasse. Sie machen Regeln für
Dritte, die sie dann selbst unterlaufen und sich diesbezüglich unlautere Vorteile verschaffen.
Sind das die Regeln einer „Freundschaft“, einer „Partnerschaft“ oder eines „Bündnisses“ oder
Ausdruck eines US-Anspruchs auf Unterordnung unter US-Interessen?
Wir wollen lautstark und zurecht Augenhöhe mit China. Haben wir einen blinden Fleck?
Nächste Frage: Wird dieser bedeutende Kontext in deutschen und europäischen Medien mit
Reichweite aufgenommen oder wird diese bizarre Situation ignoriert?
US-Finanzministerin Yellen forderte eine abgestimmte Antwort des Westens auf die
Industriepolitik Chinas. Wenn die USA und Europa nicht strategisch und zusammenstehend
antworteten, könnte das Überleben westlicher Unternehmen gefährdet sein. Der Westen wirft
China vor, mit staatlichen Subventionen Waren im Überfluss zu produzieren. Die Produkte
würden Richtung USA oder Europa gelenkt.
Kommentar: Augenhöhe ist fraglos erforderlich! Da die WTO von den USA in der
Schiedsgerichtsbarkeit bewusst zerstört wurde (Phase Obama, Trump), um seitens der USA nach Gutsherrenart selbst zu subventionieren (IRA) und sanktionieren, gibt es Probleme!
Insider: USA und Saudi-Arabien vor Abschluss eines Verteidigungspakts
Man stehe kurz vor dem Anschluss eines Paktes, der auch eine zivile nukleare
Komponente enthalten soll. Es beinhalte formelle Garantien für die Verteidigung Saudi-
Arabiens und den Zugang zu US-Waffensystemen. Saudi-Arabien soll auf chinesische
Waffenkäufe verzichten und Investitionen Chinas sollen begrenzt werden.
Deutschland: Umsatz im Gastgewerbe stagniert
Das deutsche Gastgewerbe hat im 1. Quartal 2024 laut Statistischem Bundesamt seinen
Umsatz erhöht. Die Erlöse stiegen von Januar bis März nominal um 3,1% zum
Vorjahresquartal. Real (inflationsbereinigt) gab es ein Plus in Höhe von 0,1%. Das Gastgewerbe hatte nominal insgesamt 9,2% höhere Einnahmen als im 1. Quartal 2019. Inflationsbereinigt gab es jedoch ein Umsatzminus in Höhe von 12,9%.
Kommentar: Inflationsbereinigte Größen sind entscheidend. Das Thema Bodenbildung steht im Gastgewerbe im Raum. Die Situation bleibt angespannt.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: Bauleistung aggregiert enttäuschend, Handelsbilanz solide
Die Handelsbilanz der Eurozone wies per März in der saisonal bereinigten Fassung einen
Überschuss in Höhe von 17,3 Mrd. EUR nach zuvor 16,7 Mrd. EUR (revidiert von 17,9 Mrd. EUR) aus.
Die Bauleistung der Eurozone nahm per März im Monatsvergleich um 0,10% zu. Der Vormonat wurde markant von +1,83% auf +0,38% revidiert.
Deutschland: Die Erzeugerpreise nahmen per Berichtsmonat April im Monatsvergleich um 0,2%
(Prognose 0,3%) nach zuvor 0,2% zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 3,3% (Prognose -3,1%) nach zuvor -2,9%.
UK: Auftragsindex bricht ein
Der vom CBI ermittelte Index zum Auftragseingang brach per Berichtsmonat Mai unerwartet
von -23 auf -33 Punkte ein (Prognose -20). Es ist der zweitschwächste Wert seit Januar 2021.
Ungarn: Leitzinssenkung um 0,50%
Die Notenbank senkte den Leitzins erwartungsgemäß auf der gestrigen Sitzung von bisher
7,75% um 0,50% auf nun 7,25%.
Kanada: Entspannung bei Verbraucherpreisen
Die Verbraucherpreise nahmen per April im Monatsvergleich um 0,5% (Prognose 0,6%) nach zuvor 0,6% zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 2,7% (Prognose 2,7%) nach zuvor 2,9% (Kernrate 1,6% nach zuvor 2%).
„Machinery Orders“ nahmen per März im Monatsvergleich um 2,9% zu (Prognose -2,2%,
Vormonat +7,7%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 2,7% (Prognose 2,3%) nach zuvor -1,8%.
Die Handelsbilanz wies per April ein Defizit in Höhe von 462,5 Mrd. JPY nach zuvor +387,0
Mrd. JPY aus. Exporte und Importe legten im Jahresvergleich um 8,3% zu (= verstärkte
wirtschaftliche Aktivität).
Hier den Hellmeyer Report lesen! (inkl. Graphiken und Tabellen!)
MÄRKTE
DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen
DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
07:07 | MÄRKTE ASIEN/Meist kaum verändert – Exportdaten belasten in Tokio | 272 | Dow Jones News | |
06:58 | EUREX/DAX-Future im frühen Handel kaum verändert | 261 | Dow Jones News | |
06:55 | EUREX/Bund-Future im Frühhandel knapp höher | 248 | Dow Jones News | |
Di | NACHBÖRSE/XDAX +0,1% auf 18.744 Pkt – Impulsloser Handel | 620 | Dow Jones News | |
Di | MÄRKTE USA/Gut behauptet – Zurückhaltung vor Fed-Protokoll und Nvidia | 660 | Dow Jones News | |
Di | ROUNDUP/Aktien New York Schluss: Tech-Indizes erklimmen Rekordhöhen | 530 | dpa-AFX | |
Di | MÄRKTE EUROPA/Etwas leichter – Anschlusskäufe fehlen | 342 | Dow Jones News | |
Di | ROUNDUP/Aktien Europa Schluss: EuroStoxx gibt nach – Anleger werden vorsichtiger | 384 | dpa-AFX | |
Di | XETRA-SCHLUSS/DAX konsolidiert auf hohem Niveau | 286 | Dow Jones News | |
Di | Aktien Schweiz etwas leichter – SMI behauptet Marke von 12.000 | 326 | Dow Jones News | |
Di | Aktien Wien Schluss: Ruhiger Handelstag mit leichtem Plus | 304 | dpa-AFX | |
Di | Dax lässt nach – Warten auf Sitzungsprotokoll von US-Notenbank | 371 | dts Nachrichtenagentur | |
Di | Deutsche Anleihen: Leichte Kursgewinne FRANKFURT (dpa-AFX) – Die Kurse deutscher Bundesanleihen haben am Dienstag etwas zugelegt. Der richtungweisende Terminkontrakt Euro-Bund-Future stieg bis zum Nachmittag um 0,17 Prozent auf 130,81 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen sank auf 2,52 Prozent. Auch in den anderen Ländern der Eurozone gaben die Renditen überwiegend nach. Die wenigen Konjunkturdaten, die am Vormittag in der Eurozone veröffentlicht wurden, bewegten den Markt kaum. Zahlen aus Deutschland bestätigten am Morgen das bekannte Bild von im Jahresvergleich rückläufigen Erzeugerpreisen. Allerdings verstärkte sich der Rückgang im April wieder etwas. Auch war er stärker als von Experten erwartet. Der Einfluss am Anleihemarkt war dennoch gering. US-Notenbankdirektor Christopher Waller hatte sich mit Blick auf baldige Leitzinssenkungen in den USA vorsichtig gezeigt. Man brauche mehrere weitere Monate mit „guter Inflation“, bis man die Zinsen senken könne, sagte er am Dienstag in Washington. Jüngste Daten deuteten jedoch auf Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung hin. Inflations- und Wirtschaftsdaten hatten an den Finanzmärkten in der vergangenen Woche für mehr Zuversicht gesorgt, dass die US-Notenbank ihre straffe Geldpolitik früher lockern könnte. Allerdings hatte sich Fed-Chef Jerome Powell unzufrieden mit der Inflationsentwicklung gezeigt und raschen Zinssenkungen eine Absage erteilt./jsl/he | 237 | dpa-AFX |
NEW YORK (dpa-AFX) – Die Kurse von US-Staatsanleihen haben am Dienstag etwas zugelegt. Der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) gewann 0,11 Prozent auf 109,22 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Staatspapiere fiel leicht auf 4,42 Prozent.
Der Handel verlief in ruhigen Bahnen. US-Notenbankdirektor Christopher Waller hatte sich zwar mit Blick auf baldige Leitzinssenkungen vorsichtig gezeigt. Man brauche mehrere weitere Monate mit „guter Inflation“, bis man die Zinsen senken könne, sagte er am Dienstag in Washington. Jüngste Daten deuteten jedoch auf Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung hin.
Inflations- und Wirtschaftsdaten hatten an den Finanzmärkten in der vergangenen Woche für mehr Zuversicht gesorgt, dass die US-Notenbank ihre straffe Geldpolitik früher lockern könnte. Allerdings hatte sich Fed-Chef Jerome Powell unzufrieden mit der Inflationsentwicklung gezeigt und raschen Zinssenkungen eine Absage erteilt./la/he
ISRAEL
n-tv aktuell ISRAEL
22.05.2024 03:38
US-Bedenken berücksichtigt? Israel schränkt geplante Rafah-Offensive wohl ein
US-Regierungskreise lassen durchsickern, dass Israel seine Pläne für eine großangelegte Rafah-Offensive auf Eis legt. Künftige Einsätze gegen die Hamas solle es geben, aber in kleinerem Rahmen. Damit seien viele Bedenken der Verbündeten berücksichtigt worden.
21.05.2024 23:22
„Würde uns in Dilemma bringen“ Pistorius warnt vorHaftbefehl gegen Netanjahu
Noch ist ungewiss, ob der Internationale Strafgerichtshof wirklich einen Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu verhängt. Verteidigungsminister Pistorius zeigt wenig Verständnis für den Antrag des Chefanklägers. Das Vorgehen Den Haags stürze die Bundesregierung in ein Dilemma.
21.05.2024 20:01
Vorwurf der Israel-Nähe Boykott wegen Gaza-Kriegs setzt US-Firmen unter Druck
Starbucks, McDonald’s, Kentucky Fried Chicken – insbesondere große amerikanische Marken spüren die Folgen von Boykottaufrufen konkret in ihren Bilanzen. Nicht nur Kunden im Nahen Osten, sondern auch in Südostasien meiden Unternehmen aus Israels wichtigstem Unterstützerland. Von Christina Lohner
21.05.2024 18:45
Was folgt auf Haftbefehl-Antrag? „Deutschland müsste Netanjahu festnehmen“
Der Antrag auf Haftbefehl in Den Haag gegen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist brisant. Deutschland drohe ein politisches Dilemma, sagt der Völkerrechtler Christoph Safferling. Im Interview mit ntv.de erläutert er, wie die nächsten Schritte des Internationalen Gerichtshofs aussehen.
21.05.2024 03:10
Ermittlungen gegen Israel Chefankläger Karim Khan politisch unter Druck
Die USA, China, Russland und Israel erkennen den Internationalen Gerichtshof in Den Haag nicht an. Der jüngste Vorstoß von Chefankläger Khan gegen die Führungen von Israel und der Hamas kommt in Washington nicht gut an.
21.05.2024 02:05
Kritik an Chefankläger Khan Biden weist Genozid-Vorwurf gegen Israel zurück
Noch ist nicht klar, ob der Internationale Gerichtshof ein Verfahren gegen Israels Regierungschef beginnt. US-Präsident Biden erteilt dem Vorstoß des Chefanklägers auf einen Haftbefehl jedenfalls eine deutliche Absage. Der Krieg in Gaza habe mit Völkermord nichts zu tun.
n-tv aktuell Nahost-Konflikt
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NACHT IM ÜBERBLICK – ISRAEL
ROUNDUP: Israel beugt sich in Rafah scheinbar US-Druck – Die Nacht im Überblick
GAZA (dpa-AFX) – Israel hat sein umstrittenes militärisches Vorgehen in Rafah im Süden des Gazastreifens Medienberichten zufolge an die Forderungen der verbündeten USA nach begrenzten Einsätzen angepasst. „Man kann durchaus sagen, dass die Israelis ihre Pläne aktualisiert haben. Sie haben viele der Bedenken, die wir geäußert haben, berücksichtigt“, zitierte die „Times of Israel“ in der Nacht zum Mittwoch einen ranghohen Beamten der US-Regierung. Auch die „Washington Post“ hatte zuvor berichtet, Israel habe nach Gesprächen mit der US-Regierung beschlossen, die Pläne für eine Großoffensive in der an Ägypten grenzenden Stadt aufzugeben und stattdessen in einem begrenzteren Rahmen vorzugehen. Ein früherer Plan, zwei Divisionen der Armee in die Stadt zu schicken, werde nicht weiterverfolgt, berichtete die Zeitung unter Berufung auf nicht genannte US-Beamte.
Lebensmittelverteilung in Rafah ausgesetzt
Das UN-Hilfswerk für Palästina (UNRWA) setzte am Dienstag die Lebensmittelverteilung in Rafah vorläufig aus. Als Begründung nannte die UN-Einrichtung Lieferengpässe und die Sicherheitslage. Medienberichten zufolge hält Ägypten humanitäre Hilfsgüter wegen Israels Vorgehen in Rafah zurück. Der dortige Grenzübergang, über den zuvor Hilfe nach Gaza gelangte, ist nach der Übernahme durch Israels Armee geschlossen. Ägypten habe darauf bestanden, dass die Lieferungen erst wieder aufgenommen werden könnten, wenn die palästinensische Seite des Übergangs wieder unter palästinensischer Kontrolle stehe, so die „Times of Israel“.
Berichte: Ägypten hält Hilfslieferungen zurück
Die USA hätten versucht, Kairo davon zu überzeugen, dass die in Ägypten angesammelten Hilfsgüter dann wenigstens über den israelischen Übergang Kerem Schalom nach Gaza transportiert werden dürfen, schrieb die Zeitung. Doch laut „Politico“ hat Ägypten sämtliche Lieferungen über diese Passierstelle gestoppt. Die Ägypter wollten nach der Übernahme der palästinensischen Seite des Grenzübergangs in Rafah durch die Israelis nicht als deren Komplize erscheinen, indem nun stattdessen die Hilfe über Karem Schalom laufe, hieß es. Kerem Schalom liegt etwa drei Kilometer von Rafah entfernt.
Ägyptens Haltung verkompliziere auch die Verhandlungen über eine Waffenruhe, schrieb „Politico“ weiter. Ließe Kairo die Hilfslieferungen zu, könnte dies die Spannungen entschärfen und möglicherweise zur Wiederaufnahme der Verhandlungen beitragen, hieß es. Israel will in Rafah die letzten dort vermuteten Bataillone der Hamas zerschlagen. Rafah ist nach mehr als sieben Monaten Krieg die letzte noch halbwegs intakte Stadt im abgeriegelten Gazastreifen.
Die USA lehnen eine große israelische Bodenoffensive dort ab. Israels Armee hatte vor zwei Wochen einen Bodeneinsatz im Osten der Stadt begonnen. Laut der „Times of Israel“ haben nach jüngsten Schätzungen des israelischen Militärs seither etwa 950 000 Palästinenser das Gebiet verlassen. Derzeit sollen sich demnach noch rund 300 000 bis 400 000 Zivilisten dort aufhalten. Vor dem Beginn des Einmarsches der israelischen Armee hatten mehr als eine Million Binnenflüchtlinge aus anderen Teilen des Gazastreifens in Rafah Schutz gesucht.
Probleme mit Hilfsgüter-Lieferung über provisorischen Hafen
Unterdessen hapert es auch bei den Hilfslieferungen, die über eine provisorische Anlegestelle des US-Militärs nach Gaza gelangen. Die US-Regierung wehrte sich gegen Kritik, dass die Verteilung schleppend verläuft. „Man darf auch nicht vergessen, dass es sich um ein Kampfgebiet und eine komplexe Operation handelt“, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder am Dienstag. Man arbeite etwa daran, alternative Routen für den Transport der Hilfsgüter an Land auszumachen. Ryder betonte, dass das US-Militär an der Verteilung der Lieferungen nicht beteiligt sei. UN-Sprecher Stéphane Dujarric zufolge verließen am Samstag 16 Lastwagen den schwimmenden Pier. „Aber elf dieser Lastwagen schafften es nie bis zum Lagerhaus. An verschiedenen Stellen auf dem Weg hatten Menschenmassen die Lastwagen angehalten.“
Netanjahu: Keine Pläne für israelische Siedlungen in Gaza
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu versicherte unterdessen, Israel habe nicht vor, nach dem Krieg Siedlungen im Gazastreifen zu errichten. „Das war nie vorgesehen“, betonte er am Dienstag in einem Interview des US-Nachrichtensenders CNN. Sobald die Hamas besiegt sei, müsse eine nachhaltige Demilitarisierung Gazas erreicht werden, sagte Netanjahu. „Wir wollen eine zivile Verwaltung, die von Bürgern von Gaza geführt wird, die weder der Hamas angehören noch sich für sie engagieren.“
Die „Washington Post“ hatte zuvor namentlich nicht genannte israelische Verteidigungsbeamte zitiert, wonach ihre Strategie eine palästinensische Sicherheitstruppe vorsehe. Diese würde zum Teil aus dem Verwaltungspersonal der Palästinensischen Autonomiebehörde bestehen und von einem Regierungsrat aus palästinensischen Persönlichkeiten beaufsichtigt werden – mit Unterstützung gemäßigter arabischer Staaten wie Ägypten, Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien. Anders als Regierungschef Netanjahu akzeptierten einige israelische Beamte demnach, dass dieser Verwaltungsrat mit der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland in Verbindung stehen würde.
Israels Verteidigungsministers Joav Galant hatte vor wenigen Tagen kritisiert, dass der Regierung unter Netanjahu ein Plan dazu fehle, wer nach dem Krieg im Gazastreifen regieren soll. Die Hamas könne nur dauerhaft von der Macht verdrängt werden, wenn palästinensische Vertreter in Gaza die Kontrolle übernehmen, begleitet von internationalen Akteuren, die eine Regierungsalternative zur Hamas-Herrschaft schaffen, sagte Galant. Auf die Frage, ob dies bedeute, die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland nach Gaza zu bringen, sagte Netanjahu: „Ich bin klar dagegen, Hamastan gegen Fatahstan auszutauschen.“ Im Westjordanland ist die vergleichsweise gemäßigte Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die führende Partei.
Minister ordnet Rückgabe von Kamera an Nachrichtenagentur an
Wenige Stunden nach der Beschlagnahme von Ausrüstung der Nachrichtenagentur AP in Israel hat Informationsminister Schlomo Karhi die Rückgabe der Kamera angeordnet. Das schrieb der israelische Politiker am Dienstagabend auf der Plattform X. Das Verteidigungsministerium wolle prüfen, ob der Einsatz der Kamera an der Grenze zum Gazastreifen irgendein Risiko für die israelischen Truppen dort bedeute, hieß es weiter. Zuvor hatte der Minister die Beschlagnahme der Ausrüstung und die Unterbrechung eines Live-Feeds im südisraelischen Sderot damit begründet, dass AP gesetzeswidrig Aufnahmen an den katarischen Sender Al-Dschasira weitergegeben habe – dessen Berichterstattung der israelischen Regierung ein Dorn im Auge ist. Ein neues Gesetz ermöglicht es der Regierung, internationale Medienunternehmen an der Arbeit in Israel zu hindern, wenn sie diese als Bedrohung der nationalen Sicherheit betrachtet./ln/DP/zb
WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN
Spanien, Irland und Norwegen: Anerkennung von Palästinenserstaat
Spanien, Irland und Norwegen werden einen Staat Palästina anerkennen. Die Anerkennung werde zum 28. Mai erfolgen, teilten die Regierungschefs der drei Länder jeweils Mittwochfrüh mit. Der israelische Außenminister Israel Katz rief umgehend seine Botschafter in Irland und Norwegen zu sofortigen Beratungen zurück. Zu Spaniens Botschafter war noch keine Entscheidung bekannt.
Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez kündigte den Schritt an und warf dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu zugleich vor, eine Zweistaatenlösung im Nahen Osten in „Gefahr“ zu bringen. Israel hatte vorab eindringlich vor der Anerkennung eines Palästinenserstaates gewarnt. Auch der norwegische Regierungschef Gahr Störe sagte in der Früh, die Anerkennung durch Norwegen werde am 28. Mai erfolgen. Das hieß es auch von Irlands Premier Simon Harris.
„Israel wird angesichts derjenigen, die seine Souveränität untergraben und seine Sicherheit gefährden, nicht schweigen“, schrieb Katz auf der Plattform X zu der Entscheidung der Länder, einen palästinensischen Staat anzuerkennen. „Die heutige Entscheidung sendet eine Botschaft an die Palästinenser und die Welt: Terrorismus zahlt sich aus“, so Katz.
Dieser Schritt sei eine Ungerechtigkeit gegenüber dem Andenken der Opfer des 7. Oktober, als die islamistische Hamas bei ihrem Terrorangriff auf Israel ein Massaker mit mehr als 1.200 Toten verübte. „Israel wird nicht schweigen – das wird weitere schwerwiegende Folgen haben“, schrieb Katz. *** red, ORF.at/Agenturen
Links:
Presse: Israel hat Rafah-Einsatzpläne eingeschränkt
GAZA (dpa-AFX) – Israel hat sein umstrittenes militärisches Vorgehen in Rafah im Süden des Gazastreifens Medienberichten zufolge an die Forderungen der verbündeten USA nach begrenzten Einsätzen angepasst. „Man kann durchaus sagen, dass die Israelis ihre Pläne aktualisiert haben. Sie haben viele der Bedenken, die wir geäußert haben, berücksichtigt“, zitierte die Zeitung „Times of Israel“ in der Nacht zum Mittwoch einen ranghohen Beamten der US-Regierung.
Auch die „Washington Post“ hatte zuvor berichtet, Israel habe nach Gesprächen mit der US-Regierung beschlossen, die Pläne für eine Großoffensive in der an Ägypten grenzenden Stadt aufzugeben und stattdessen in einem begrenzteren Rahmen vorzugehen. Ein früherer Plan, zwei israelische Armee-Divisionen in die Stadt zu schicken, werde nicht weiterverfolgt, berichtete die US-Zeitung unter Berufung auf namentlich nicht genannte US-Beamte.
In Rafah will Israels Führung die letzten dort vermuteten Bataillone der islamistischen Hamas zerschlagen. Rafah ist nach mehr als sieben Monaten Krieg die letzte noch halbwegs intakte Stadt im abgeriegelten Gazastreifen. Die USA lehnen eine große israelische Bodenoffensive dort ab. Israels Armee begann vor zwei Wochen einen Bodeneinsatz im Osten der Stadt. Laut der „Times of Israel“ haben nach jüngsten Schätzungen des Militärs seither etwa 950 000 Palästinenser Rafah verlassen. Derzeit sollen sich demnach noch rund 300 000 bis 400,000 Zivilisten dort aufhalten. Vor dem Beginn des Einmarsches der israelischen Armee hatten mehr als eine Million Binnenflüchtlinge aus anderen Teilen des Gazastreifens in Rafah Schutz gesucht.
Das UN-Hilfswerk für Palästina (UNRWA) setzte unterdessen am Dienstag die Lebensmittelverteilung in Rafah vorläufig aus. Als Begründung nannte die UN-Einrichtung Lieferengpässe und die Sicherheitslage. Medienberichten zufolge hält Ägypten humanitäre Hilfsgüter wegen Israels Vorgehen in Rafah zurück. Der dortige Grenzübergang, über den zuvor Hilfe nach Gaza gelangte, ist nach der Übernahme der Kontrolle auf der palästinensischen Seite durch die israelischen Streitkräfte geschlossen.
Damit ist der Grenzübergang Kerem Schalom als Nadelöhr für Hilfsgüter nach Gaza noch wichtiger geworden, doch laut „Politico“ hat Ägypten sämtliche Lieferungen über diese Passierstelle gestoppt. Ägyptische Beamte hätten die israelische Führung monatelang gedrängt, eine Bodenoffensive in Rafah nicht voranzutreiben, da dies nahe an der ägyptischen Grenze Chaos stiften und die Sicherheit des Landes gefährden würde, hieß es. Auf der ägyptischen Seite des Grenzübergangs Rafah stapelten sich jetzt Hilfsgüter, schrieb die „Times of Israel“. Ägypten hat Medienberichten zufolge angedeutet, es werde den Transport von Hilfsgütern durch Rafah nicht koordinieren, bis die israelischen Truppen abgezogen sind./ln/DP/zb
Netanjahu: Keine Pläne für israelische Siedlungen in Gaza
TEL AVIV (dpa-AFX) – Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat versichert, Israel habe nicht vor, nach dem Gazakrieg Siedlungen im Gazastreifen zu errichten. „Das war nie vorgesehen“, betonte er am Dienstag in einem Interview des US-Nachrichtensenders CNN. „Einige meiner Wähler sind nicht glücklich darüber, aber das ist meine Position.“
Mehrere der rechtsnationalen Minister in Netanjahus Koalition hatten sich wiederholt für die Errichtung jüdischer Siedlungen auf dem Gazastreifen ausgesprochen. Polizeiminister Itamar Ben-Gvir hatte am Dienstag sogar erklärt, er würde gerne selbst dort leben.
Sobald die Hamas besiegt sei, müsse eine nachhaltige Demilitarisierung des Gazastreifens erreicht werden, sagte Netanjahu zu CNN. „Wir wollen eine zivile Verwaltung, die von Bürgern von Gaza geführt wird, die weder der Hamas angehören noch sich für sie engagieren.“
Auslöser des Gazakriegs war das Massaker der islamistischen Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres. Bei dem Terrorangriff wurden mehr als 1200 Menschen getötet und mehr als 240 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt./czy/DP/he
Pistorius kritisch zu Haftbefehl-Anträgen gegen israelische Führung
PALANGA (dpa-AFX) – Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat sich kritisch zum Antrag des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, auf Haftbefehle gegen Israels Regierungsspitze geäußert. Khan hatte parallel dazu auch Haftbefehle gegen die Hamas-Führung beantragt. „Ich habe ehrlich gesagt nicht so richtig viel Verständnis dafür, dass hier zwei derartig ungleiche Sachverhalte miteinander gewissermaßen in eine Akte gepackt werden“, sagte Pistorius am Dienstag bei einem Besuch in Litauen. „Das ist eine Entscheidung, die müssen wir respektieren. Ich halte sie allerdings in der Wirkung nicht für angemessen.“
Konkret hatte Khan am Montag Haftbefehle wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant beantragt. Auch für den Anführer der islamistischen Terrororganisation Hamas im Gazastreifen, dessen Stellvertreter sowie den Auslandschef der Hamas wurden Haftbefehle beantragt.
Pistorius betonte zugleich: „Bisher reden wir über die Beantragung von Haftbefehlen und nicht über deren Erlass.“ Daher halte er sich zurück mit Spekulationen, wie die Bundesregierung darauf reagieren und damit umgehen würde. „Dass uns das in ein echtes Dilemma bringen würde, liegt, glaube ich, auf der Hand“, sagte der Minister./awe/DP/he
Nachrichtenagentur AP: Ausrüstung in Israel beschlagnahmt
TEL AVIV (dpa-AFX) – Israelische Regierungsbeamte haben Ausrüstung der Nachrichtenagentur AP beschlagnahmt und nach AP-Angaben eine Liveberichterstattung der Journalisten im Süden Israels unterbrochen. Als Begründung sei das neue israelische Mediengesetz angeführt worden, hieß es am Dienstag in einer Nachricht von AP auf der Plattform X.
Der israelische Informationsminister Schlomo Karhi schrieb auf X, Mitarbeiter seines Ministeriums hätten AP bereits in der vergangenen Woche gewarnt, dass kein Sendematerial an den katarischen Fernsehsender Al-Dschasira weitergegeben werden dürfe. Seine Mitarbeiter hätten eine Kamera beschlagnahmt, die Aktivitäten der Streitkräfte aufgenommen habe. Die Nachrichtenagentur habe „gesetzeswidrig“ Aufnahmen an Al-Dschasira weitergegeben.
Al-Dschasira gehört – so wie viele Medien weltweit – zu den Kunden von AP. Das im vergangenen Monat verabschiedete sogenannte Al-Dschasira-Gesetz ermöglicht es der israelischen Regierung, internationale Medienunternehmen an der Arbeit in Israel zu hindern, wenn sie diese als Bedrohung der nationalen Sicherheit betrachtet.
In einer Stellungnahme protestierte eine AP-Sprecherin gegen das Vorgehen. „Wir fordern die israelischen Behörden dringend auf, unsere Ausrüstung zurückzugeben und uns die sofortige Wiederaufnahme unserer Live-Übertragung zu ermöglichen, damit wir diesen wichtigen visuellen Journalismus weiterhin Tausenden von Medienunternehmen auf der ganzen Welt zur Verfügung stellen können“, sagte sie. Die Unterbrechung des Live-Feeds beruhe nicht auf dem Inhalt, sondern sei eine missbräuchliche Nutzung des neuen Gesetzes über ausländische Rundfunkanstalten.
Der israelische Oppositionsführer Jair Lapid bezeichnete das Vorgehen des Informationsministeriums auf X als „Wahnsinn“. AP sei nicht Al-Dschasira, „das ist ein amerikanisches Medienunternehmen, das 53 Pulitzer-Preise gewonnen hat“, schrieb Lapid. „Diese Regierung verhält sich, als wolle sie um jeden Preis dafür sorgen, dass Israel auf der ganzen Welt ausgegrenzt wird.“
Die US-Regierung äußerte sich irritiert. „Wir werden uns das anschauen“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, am Dienstag. „Das ist natürlich besorgniserregend.“ Medienberichterstattung sei wesentlich für das Funktionieren einer Demokratie. Reporter müssten das Recht und die Möglichkeit haben, ihre Arbeit zu machen./czy/DP/he
Galant: Khan zieht ‚abscheuliche Parallele‘ zwischen Israel und Hamas
TEL AVIV (dpa-AFX) – Israels Verteidigungsminister Joav Galant hat den Antrag auf Haftbefehle gegen ihn und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu durch den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) verurteilt. „Der Versuch des Chefanklägers Karim Khan, die Dinge umzudrehen, wird keinen Erfolg haben“, sagte Galant am Dienstag nach Angaben seines Büros. „Die Parallele, die er zwischen der Terrororganisation Hamas und dem Staat Israel gezogen hat, ist abscheulich.“
Israel erkenne die Autorität des Gerichts nicht an, sagte Galant weiter. Khan wolle dem Staat Israel das Recht auf Selbstverteidigung und die Rückholung der Geiseln verweigern.
Israel kämpfe gegen eine brutale Terrororganisation, die Gräuel an israelischen Kindern, Frauen und Männern begangen habe und die jetzt ihr eigenes Volk als Schutzschild missbrauche, sagte Galant. „Die israelische Armee kämpft im Einklang mit internationalem Recht und unternimmt beispiellose Maßnahmen, um humanitäre Hilfe zu erleichtern.“
Der Chefankläger Khan verfolgt Verbrechen während des Gaza-Kriegs. Netanjahu und Galant werden von ihm unter anderem beschuldigt, für das Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung sowie für willkürliche Tötungen und zielgerichtete Angriffe auf Zivilisten verantwortlich zu sein.
Khan beantragte Haftbefehle auch gegen den Gaza-Chef der Hamas, Jihia al-Sinwar, den Auslandschef Ismail Hanija sowie gegen Sinwars Stellvertreter Mohammed Deif.
Bei den Attacken der Hamas im israelischen Grenzgebiet am 7. Oktober waren rund 1200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. Der Terroranschlag war Auslöser für die militärische Offensive Israels im Gazastreifen, bei der nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher mehr als 35 500 Menschen getötet worden sind/le/DP/jha
IStGH-Haftbefehle. USA: Gleichsetzung Israels mit der Hamas „ist beschämend“
Mehrere westliche Staatsoberhäupter, darunter US-Präsident Joe Biden, haben die Entscheidung des Chefanklägers des IStGH, Haftbefehle gegen israelische und Hamas-Führer zu beantragen, abgelehnt. Andere wiederum haben dazu aufgerufen, die Unparteilichkeit des Kriegsverbrechergerichts zu wahren.
Nach der Entscheidung des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs, Haftbefehle gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und drei Hamas-Führer zu beantragen, haben sich führende Politiker aus aller Welt zu diesem Schritt geäußert.
Netanjahu und Gallant sollen unter anderem dafür verantwortlich gemacht werden, dass sie Hunger als Kriegstaktik gegen Zivilisten einsetzen sowie für willkürliche Tötungen und gezielte Angriffe auf Zivilisten, so der Chefankläger der Internationalen Strafgerichtshofs Karim Khan. Die Hamas-Führer Yehya Sinwar, Mohammed Deif und Ismail Haniyeh werden ebenfalls wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt.
In einer Erklärung stellte sich US-Präsident Joe Biden hinter den israelischen Staatschef und sagte: „Lassen Sie es mich klar sagen: Was auch immer dieser Staatsanwalt andeuten mag, es gibt keine Gleichwertigkeit – keine – zwischen Israel und der Hamas.“
Der US-Außenminister Antony Blinken erklärte, die USA lehnten die Entscheidung „grundsätzlich“ ab. „Wir weisen die Gleichsetzung Israels mit der Hamas durch den Staatsanwalt zurück“, hieß es in der Erklärung. „Es ist beschämend.“
Über seinen X-Account veröffentlichte Netanjahu ein Video, in dem er den Vergleich des Staatsanwalts zwischen seiner Regierung und der Hamas „mit Abscheu“ zurückweist.
„Mit welcher Dreistigkeit vergleichen Sie die Hamas, die unsere Brüder und Schwestern ermordet, verbrannt, abgeschlachtet, enthauptet, vergewaltigt und entführt hat, mit den IDF-Soldaten, die einen gerechten Krieg führen“, sagte Netanjahu.
Andere israelische Beamte wie der israelische Staatspräsident Isaac Herzog und der israelische Außenminister Israel Katz verurteilten das, was sie „einen Vergleich zwischen ihrer eigenen Regierung und der Hamas“ nennen.
„Jeder Versuch, Parallelen zwischen diesen grausamen Terroristen und einer demokratisch gewählten israelischen Regierung zu ziehen, die ihre Pflicht zur Verteidigung und zum Schutz ihrer Bürger in voller Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Völkerrechts erfüllt, ist empörend und kann von niemandem akzeptiert werden“, sagte Herzog.
Auch die Hamas verurteilte das Vorgehen des IStGH-Anklägers und erklärte, der Antrag auf Verhaftung ihrer Führer setze „das Opfer mit dem Henker gleich“.
„Die Hamas verurteilt aufs Schärfste die Versuche des Anklägers des Internationalen Strafgerichtshofs, das Opfer mit dem Henker gleichzusetzen, indem er Haftbefehle gegen eine Reihe von palästinensischen Widerstandsführern ausstellt“, erklärte die Hamas.
Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer sagte, er respektiere zwar die Unabhängigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs, aber es sei „nicht nachvollziehbar“, dass die Führer der Hamas mit den „demokratisch gewählten Vertretern“ Israels gleichgesetzt würden.
Ein Sprecher des britischen Premierministers Rishi Sunak sagte: „Diese Aktion ist nicht hilfreich, wenn es darum geht, eine Feuerpause in den Kämpfen zu erreichen, Geiseln zu befreien oder humanitäre Hilfe zu verstärken.“
„Das Vereinigte Königreich erkennt, wie andere Länder auch, Palästina noch nicht als Staat an, und Israel ist kein Vertragsstaat des Römischen Statuts.“
Südafrika und Irland begrüßen Haftbefehle
Irlands Außen- und Verteidigungsminister Micheál Martin verteidigte den IStGH und verurteilte die Drohungen gegen das Gericht.
Auch Südafrika begrüßte die Nachricht und unterstützte den Chefankläger.
„Das Gesetz muss auf alle gleichermaßen angewandt werden, um die internationale Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten, die Verantwortlichkeit für diejenigen zu gewährleisten, die abscheuliche Verbrechen begehen, und die Rechte der Opfer zu schützen“, hieß es in einer Erklärung des Büros von Präsident Cyril Ramaphosa.
Reaktionen der Hamas
Nach Angaben der Tagesschau kritisierte die Hamas den Haftbefehl gegen ihre Anführer. „Seine Entscheidung vergleicht das Opfer mit einem Henker und ermutigt die (israelische) Besatzung, den genozidalen Krieg fortzusetzen“, hieß es in einer Stellungnahme, die von dem Hamas-nahen TV-Sender Al-Aksa verbreitet wurde, so die Tagesschau.
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IStGH-Haftbefehl: Netanjahu verurteilt den Antrag als antisemitisch
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den gegen ihn beantragten Haftbefehl beim IStGH scharf kritisiert. George Clooneys Ehefrau war an der Empfehlung beteiligt.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den gegen ihn beantragten Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs scharf kritisiert. Der Chefankläger Karim Khan, erklärte, es gebe hinreichende Gründe für die Annahme, dass Netanjahu und der israelilsche Verteidigungsminister Yoav Gallant für mutmaßliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Gaza strafrechtlich verantwortlich seien. Parallel prüft der Strafgerichtshof auch Haftanträge gegen drei hochrangige Hamas-Anführer.
„Als Ministerpräsident Israels weise ich mit Abscheu den Vergleich des Den Haager Staatsanwalts zwischen dem demokratischen Israel und den Massenmördern der Hamas zurück. Dies ist eine völlige Verzerrung der Realität“, sagte Netanjahu.
„Keine Gleichwertigkeit“ zwischen Israel und der Hamas
US-Präsident Joe Biden bezeichnete den beantragten Haftbefehl als empörend. Es gebe „keine Gleichwertigkeit“ zwischen Israel und der Hamas, so Biden.
Die USA befürchten eine Gefährdung eines Waffenstillstandsabkommen in Gaza. Israel ist kein Mitglied des Gerichtshofs. Netanjahu kann deshalb nicht unmittelbar strafrechtlich verfolgt werden.
Diese Entscheidung ist nicht hilfreich und könnte die laufenden Bemühungen um ein Waffenstillstandsabkommen gefährden.
Matthew Miller
Sprecher des US-Außenministeriums
„Diese Entscheidung ist nicht hilfreich und könnte die laufenden Bemühungen um ein Waffenstillstandsabkommen gefährden, das die Geiseln aus dem Gazastreifen herausholen und die humanitäre Hilfe verstärken würde“, so Matthew Miller, Sprecher des US-Außenministeriums.
Viele Israelis sind über den beantragten Haftefehl empört
Netanjahu steht im eigenen Land unter starkem Druck. Tausende Israelis fordern die Rückführung der israelischen Geiseln aus Gaza. Trotzdem zeigen sich Einwohner von Tel Aviv empört über die Gleichsetzung zwischen dem israelischen Staatsoberhaupt und der Hamas.
Inbar Goldstein, Einwohnerin von Tel Aviv, sagte: „Ich verstehe nicht, in welcher Welt wir leben, in der es eine Symmetrie gibt zwischen den Anführern einer Terrororganisation, die einen Massenmord begangen haben, und zwei Staatschefs, die demokratisch gewählt wurden.“
Wir sind die Opfer, obwohl wir nichts mit Israel oder der Hamas zu tun haben.
Sami Abu Zeid
Vertriebener aus Gaza-Stadt
In Gaza wünschen sich viele Palästinenser Entscheidungen, die gewichtig und auch wirklich lösungsorientiert sind.
„Wir wollen zielbewusste internationale Entscheidungen. Gewichtig genug, um Probleme anzugehen. Wir sind die Opfer, obwohl wir nichts mit Israel oder der Hamas zu tun haben. Wir sind nicht die Hamas oder der Islamische Dschihad“, so Sami Abu Zeid, Vertriebener aus Gaza-Stadt.
George Clooneys Ehefrau hat dem Chefanträger die Haftstrafe gegen Netanjahu und die Hamas empfohlen
Amal Clooney gehört zu den Rechtsexperten, die dem Chefankläger des obersten Kriegsverbrechergerichts der Welt empfohlen haben, Haftbefehle gegen Netanjahu und die Anführer der militanten Hamas-Gruppe zu beantragen.
Die Menschenrechtsanwältin und Ehefrau des Schauspielers George Clooney berichtete in einem Brief, der am Montag auf der Website der Clooney Foundation for Justice des Paares veröffentlicht wurde, über ihre Beteiligung. Sie sagte, sie und andere Völkerrechtsexperten hätten einstimmig beschlossen, dem Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs zu empfehlen, die Haftbefehle zu beantragen.
Ein Gremium von drei Richtern wird entscheiden, ob die Haftbefehle ausgestellt werden.
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UKRAINE
Karte der Ukraine
n-tv aktuell UKRAINE
+++ 09:25 USA wollen stärker ran an eingefrorene russische Gelder +++
Die Finanzminister der sieben führenden westlichen Industrienationen (G7) werden am Freitag und Samstag bei ihrem Treffen in Italien nach Wegen suchen, die Ukraine längerfristig zu finanzieren. Die USA machen dabei Druck, weiter als bisher zu gehen. Sie wollen eingefrorene russische Vermögenswerte ganz einziehen oder zumindest als Sicherheit für Wertpapiere oder Kredite nutzen. Dies stößt aber auf rechtliche Bedenken, vor allem in der EU.
+++ 08:56 Russland und Belarus lenken offenbar wieder verstärkt Migranten nach Westeuropa +++
Russland und Belarus arbeiten einem Medienbericht zufolge wieder verstärkt daran, Flüchtlinge über ihre Länder in Richtung EU zu schleusen – auch in Richtung Deutschland. Die Zahlen der Migranten, die über diese Route hierzulande ankämen, seien laut Bundespolizei in den vergangenen Monaten wieder deutlich angestiegen, schreiben „Süddeutsche Zeitung“ und die Sender WDR und NDR. In dem Bericht heißt es, einer Statistik der Bundespolizei zufolge sei die Migration über diese Route im Januar und Februar 2024 mit jeweils weniger als 30 Feststellungen so stark zurückgegangen, dass sie kaum noch feststellbar war. Im März habe es dann allerdings 412 Feststellungen gegeben, im April 670 und im Mai schon bis zur Monatsmitte 416. Auch der polnische Grenzschutz habe in den vergangenen Wochen eine Zunahme von Menschen registriert, die aus Belarus einreisten. In Sicherheitskreisen sei erneut von „hybrider Kriegsführung“ die Rede.
+++ 08:21 Versteckter Ukraine-Trupp bringt heimlich Tod von oben +++
Im Schutz der Dämmerung bezieht ein kleiner Trupp ukrainischer Soldaten Stellung in Frontnähe. Mit Smartphones, Starlink, Mienen und Drohnen bewaffnet fliegen sie nachts Mission um Mission. „Ohne Visum“, wie sie scherzen, dringen sie in russisches Gebiet vor und verteilen Sprengfallen aus der Luft.
Smartphone, Starlink, Sprengfallen Versteckter Ukraine-Trupp bringt heimlich Tod von oben
+++ 07:37 Kiew soll Erlöse eingefrorener russischer Vermögen im Juli erhalten +++
Die erste Zahlung aus Erlösen eingefrorener russischer Vermögen soll die Ukraine im Juli erhalten. Das teilt die Europäischen Kommission in einer Pressemitteilung mit. Laut Kommissionsvize Valdis Dombrovskis ist es für die Ukraine entscheidend, das Geld schnell zu bekommen. „Die Europäische Kommission wird alle Anstrengungen unternehmen, um die erste Zahlung bereits im Juli zu leisten“, sagt er laut der Mitteilung.
+++ 07:03 „Moscow Times“: Russland will Hoheitsgewässer in der Ostsee „erweitern“ +++
Russland will offenbar die Hoheitsgewässer des Landes in der Ostsee nahe der Staatsgrenze zu Litauen und Finnland erweitern. Dies berichtet die „Moscow Times“, die sich auf einen Entwurf eines Regierungsdekrets bezieht. Dem Dokument zufolge, das vom Verteidigungsministerium ausgearbeitet worden sein soll, beabsichtigt Moskau, einen Teil der Wasserfläche im Osten des Finnischen Meerbusens und in der Nähe der Städte Baltijsk und Selenogradsk im Kaliningrader Gebiet zu seinen Binnengewässern zu erklären. An der Grenze zu Finnland beabsichtige die russische Regierung, die Koordinaten in der Zone der Inseln Jähi, Sommers, Holland, Rodsher, Maly Tyuters, Vigrund sowie in der Nähe des nördlichen Eingangskaps des Narva-Flusses „anzupassen“, heißt es in dem Bericht weiter. An der Grenze zu Litauen würden das Gebiet der Kurischen Nehrung, die Gebiete von Kap Taran, Kap südlich von Kap Taran und die Baltische Nehrung überprüft.
„Das dürfen wir nicht zulassen“ Schwedens Armeechef befürchtet Putins Zugriff auf Ostsee
+++ 06:35 Russisches Netzwerk steckt hinter Fake-Zitaten von Promis +++
Das Bundesinnenministerium rechnet eine Desinformationskampagne mit gefälschten Zitaten deutscher Prominenter dem 2022 aufgedeckten russischen „Doppelgänger“-Netzwerk zu. Zur neuen Taktik der Kampagne gehörten auch die gefälschten Zitate, die „prominenten Persönlichkeiten aus der Unterhaltungsbranche in den Mund gelegt“ würden, teilt ein Sprecher des Innenministeriums mit. Zuletzt verbreiteten sich in sozialen Medien vereinzelt gefälschte Zitate, bei denen etwa dem Schauspieler Til Schweiger erfundene Aussagen zur Ukraine in den Mund gelegt wurden. Diese sogenannten Sharepics wurden auch als Facebook-Werbeanzeigen ausgespielt. Dem Ministerium sei bekannt, dass die „Doppelgänger“-Kampagne „weiterhin aktiv ist und bereits seit längerem nicht mehr nur die ursprünglich namensgebende Taktik verwendet, Webseiten existierender Qualitätsmedien und öffentlicher Institutionen zu imitieren“, so der Sprecher. Die „Doppelgänger“-Kampagne wurde 2022 aufgedeckt. In mehreren EU-Ländern verbreitete sie gefälschte Webseiten, die Medien oder Institutionen nachahmten.
+++ 06:06 Russland beklagt „Diebstahl“ durch die EU +++
Russlands Vertretung bei der EU in Brüssel kritisiert, dass Zinserlöse aus blockierten Moskauer Vermögen in Milliardenhöhe künftig für die Ukraine genutzt werden. Die Europäer gingen einen beispiellosen Schritt des „Diebstahls“ zulasten eines souveränen Staates. Die EU demonstriere der ganzen Weltgemeinschaft, dass sie sich im Recht sehe, ihr anvertraute Finanzreserven zu plündern und die Pflicht zum Schutz von Eigentum zu missachten. Diebstahl werde damit offiziell zum Instrument der Außenpolitik der EU. Minister aus den EU-Staaten hatten am Dienstag in Brüssel die notwendigen Entscheidungen dafür getroffen, künftig milliardenschwere Zinserträge aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank zur Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine nutzen zu können. Allein dieses Jahr sollen so bis zu drei Milliarden Euro für die Ukraine zusammenkommen. Russland selbst verstaatlicht Berichten zufolge massenweise Wohnungen und Häuser in den illegal besetzten Gebieten der Ukraine.
+++ 05:38 Europarat drängt Georgien zur Rücknahme des strittigen Gesetzes +++
Der Europarat empfiehlt Georgien „nachdrücklich“, ein umstrittenes Gesetz zu „ausländischer Einflussnahme“ rückgängig zu machen. Die Venedig-Kommission des Europarats erklärt, das Gesetz schränke Rechte wie die Meinungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Privatsphäre ein und sei daher nicht mit den Grundsätzen der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar.
+++ 04:45 Schwedens Armeechef fürchtet Putins Griff nach der Ostsee +++
Der Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte, Micael Byden, warnt vor Russlands Machtambitionen in der Ostsee. „Ich bin sicher, dass Russlands Präsident Wladimir Putin sogar beide Augen auf Gotland geworfen hat. Putins Ziel ist es, die Kontrolle über die Ostsee zu erlangen“, sagte der Armeechef den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). „Wenn Russland die Kontrolle übernimmt und die Ostsee abriegelt, hätte das enorme Auswirkungen auf unser Leben – in Schweden und allen anderen Ostseeanrainerstaaten. Das dürfen wir nicht zulassen“, sagte Byden. „Die Ostsee darf nicht zu Putins Spielwiese werden, auf der er die NATO-Mitglieder in Angst und Schrecken versetzt.“
+++ 03:49 Pentagon: Russland hat Anti-Satelliten-Waffe ins All geschickt +++
Russland hat nach Darstellung der USA einen Satelliten ins All geschickt, bei dem es sich wahrscheinlich um eine Weltraumwaffe handelt. Der Satellit könne vermutlich andere Satelliten angreifen und befinde sich in einer erdnahen Umlaufbahn, sagt Pentagon-Sprecher Pat Ryder. Der Start sei am 16. Mai erfolgt. Der russische Satellit befinde sich nun in derselben Umlaufbahn wie ein Satellit der US-Regierung, so Ryder weiter. Auf die Frage, ob der russische Satellit eine Bedrohung für den US-Satelliten darstelle, sagt Ryder: „Nun ja, es handelt sich um eine Weltraumabwehrwaffe in derselben Umlaufbahn wie ein Satellit der US-Regierung.“ Ähnliche russische Starts habe es bereits 2019 und 2022 gegeben.
+++ 02:42 Statt Wehrpflicht: FDP würde Reservisten reaktivieren +++
In der Debatte um eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht appelliert FDP-Fraktionschef Christian Dürr an Verteidigungsminister Boris Pistorius, auf Reservisten zuzugehen. „Die Reserve der Bundeswehr braucht das klare Signal, dass sie gebraucht wird. Zusammen mit den Aktiven hätten wir ein Potenzial von über einer Million Soldatinnen und Soldaten“, sagt Dürr den Funke-Zeitungen.
Was Pistorius an Schweden reizt So könnte die Wehrpflicht wiederkommen
+++ 01:45 EU-Ratsvorsitz macht Ukraine Hoffnung auf Verhandlungsstart +++
Die Ukraine und Moldau können auf einen schnellen Start der EU-Beitrittsverhandlungen hoffen. Die aktuelle belgische EU-Ratspräsidentschaft macht nach einem Ministertreffen in Brüssel deutlich, dass sie darauf hinarbeitet, bis Ende Juni eine erste Konferenz der Verhandlungsdelegationen anzusetzen. „Wir tun unser Möglichstes, um eine Einigung zu erzielen“, erklärt die belgische Außenministerin Hadja Lahbib. Dass es in den nächsten 40 Tagen zum Verhandlungsstart komme, sei möglich. Bevor die Beitrittsgespräche starten können, müssen die EU-Staaten noch einstimmig sogenannte Verhandlungsrahmen billigen. Mit diesen werden Leitlinien und Grundsätze für die Beitrittsgespräche mit jedem Kandidatenland festgelegt.
+++ 00:39 Baerbock unterstützt Pistorius‘ Antrag auf neue Ukraine-Hilfen +++
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock unterstützt nachdrücklich die Forderung von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius nach einer Aufstockung der Ukraine-Hilfe um 3,8 Milliarden Euro in diesem Jahr. „Ich bin mir da mit dem Verteidigungsminister ganz einig. Und nicht nur mit ihm, auch mit der Innenministerin“, sagt die Grünen-Politikerin in einem Interview mit der Zeitung „Bild“ in Kiew. „Wir brauchen einen Sicherheitshaushalt.“ Unsere europäische Friedensordnung, unser europäischer Kontinent sei noch nie so direkt vor unserer Haustür herausgefordert worden. Niemand könne es verantworten zu sagen: „Wir waren damals nicht bereit, weitere Milliarden für den Frieden in die Hand zu nehmen. Und das hat dann dazu geführt, dass sich dieser russische Angriffskrieg in Europa ausgebreitet hat.“
+++ 00:01 Ökonom sieht Deutschland als Gefahr für Europas Sicherheit +++
Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel fordert die Bundesregierung auf, mehr für Verteidigung auszugeben. Notfalls müsse sich Deutschland dafür auch höher verschulden, sagt IfW-Präsident Moritz Schularick der „Süddeutschen Zeitung“. „Die deutsche Haushaltspolitik ist ein Sicherheitsrisiko für Europa.“ Um riesige Lücken in der deutschen Verteidigungsfähigkeit zu schließen, müsse die Bundesrepublik auf absehbare Zeit eher um die drei als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben.
„Sparkurs der Ampel schadet“ IfW: Deutsche Haushaltspolitik ist Sicherheitsrisiko für Europa
+++ 23:16 Baerbock kritisiert russische Atomübung +++
Außenministerin Annalena Baerbock kritisiert die neue Übung russischer Atomstreitkräfte scharf. Dass Russland die Übung nahe der ukrainischen Grenze abhalte, sei ein „Zeichen dessen, dass man alle Register ziehen will, im Zweifel auch die der Verunsicherung“, sagt die Grünen-Politikerin im ZDF. „Der russische Präsident versucht einfach, diese Gesellschaft, die ja seit zwei Jahren nichts anderes möchte, als in Frieden und in Freiheit zu leben, mürbe zu machen“, fügt Baerbock hinzu.
+++ 22:11 Selenskyj bezeichnet Lage in Donezk als extrem schwierig +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnet die Lage an der Front in der Ostukraine im Gebiet Donezk als extrem schwierig. In den Richtungen Kramatorsk, Kurachowe und Pokrowsk gebe es die meisten Kämpfe überhaupt, sagt Selenskyj in seiner am Abend verbreiteten Videobotschaft. Dagegen gelinge es in der Region Charkiw den ukrainischen Streitkräften, die Besatzer zu vernichten. Die Ergebnisse seien spürbar, sagt Selenskyj nach einem Treffen mit der ukrainischen Militärführung.
+++ 21:38 Ukraine: Lage in Region Charkiw stabilisiert +++
Ukrainische Truppen haben nach eigenen Angaben die Lage in der Region Charkow stabilisiert. Das sagt der Sprecher deroperativen Truppengruppierung Chortyzja, Nazar Woloshyn, im ukrainischen Fernsehen. „Derzeit bleibt das operative Umfeld in der Region Charkiw komplex, es verändert sich dynamisch“, so Woloshyn. „Aber unseren Verbänden und anderen beteiligten Einheiten ist es gelungen, die Lage zu stabilisieren, insbesondere in der Stadt Wowtschansk.“ Laut Woloshyn setzt das russische Militär seine Durchbruchsversuche in der Nähe von Wowtschansk fort.
Alle früheren Entwicklungen können Sie hier nachlesen.
NACHT IM ÜBERBLICK – UKRAINE
ROUNDUP/Selenskyj: Lage im Gebiet Donezk extrem schwierig – Nacht im Überblick
KIEW (dpa-AFX) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Lage an der Front in der Ostukraine im Gebiet Donezk als extrem schwierig bezeichnet. In den Richtungen Kramatorsk, Kurachowe und Pokrowsk im Gebiet Donezk gebe es die meisten Kämpfe, sagte Selenskyj in seiner am Dienstagabend verbreiteten Videobotschaft. Dagegen gelinge es den ukrainischen Streitkräften in der Region Charkiw, die Besatzer vernichtend zu schlagen. Die Ergebnisse seien spürbar, sagte Selenskyj nach einem Treffen mit der Militärführung.
Selenskyj sagte auch, dass die westlichen Verbündeten bei einer Sitzung im sogenannten Ramstein-Format mit den USA an der Spitze erneut über die dringenden Erfordernisse für den Abwehrkampf gegen die russische Invasion informiert worden seien. Die Ukraine brauche Flugabwehr, Panzertechnik und Artilleriegeschosse. Selenskyj sagte, dass er jedem Staat und Partner dankbar sei für die Hilfe. Doch müssten die Mittel zur Vernichtung des Feindes jetzt kommen, in diesen Wochen – „und nicht irgendwann im Sommer“.
Der Präsident hatte am Dienstag in Kiew einmal mehr Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) empfangen. „Ich habe ihr für all die Unterstützung gedankt“, sagte Selenskyj danach. „Deutschland ist einer unserer wichtigsten Partner im Sicherheits- und im politischen Bereich und im Kontext unserer europäischen Integration.“ Deutschland verstehe, dass im Juni die eigentlichen EU-Beitrittsverhandlungen für die Ukraine beginnen müssten.
EU-Ratsvorsitz macht Ukraine und Moldau Hoffnung auf Verhandlungsstart
Tatsächlich können die Ukraine und ihr Nachbar Moldau wohl auf einen schnellen Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen hoffen. Die aktuelle belgische EU-Ratspräsidentschaft machte am Dienstagabend nach einem Ministertreffen in Brüssel deutlich, dass sie darauf hinarbeite, bis Ende Juni eine erste Konferenz der Verhandlungsdelegationen anzusetzen. „Wir tun unser Möglichstes, um eine Einigung zu erzielen“, erklärte die belgische Außenministerin Hadja Lahbib. Es sei möglich, dass es in den nächsten 40 Tagen zum Verhandlungsstart komme.
Bevor die Beitrittsgespräche beginnen können, müssen die EU-Staaten einstimmig sogenannte Verhandlungsrahmen billigen. Mit diesen werden Leitlinien und Grundsätze für die Beitrittsgespräche mit jedem Kandidatenland festgelegt.
Der Beginn von Verhandlungen mit der Ukraine und deren kleinem Nachbarstaat Moldau war bereits bei einem EU-Gipfel im Dezember grundsätzlich beschlossen worden. Gleichzeitig wurde aber vereinbart, dass vor dem Verhandlungsstart alle Reformauflagen erfüllt sein müssen. So waren nach dem letzten schriftlichen Kommissionsbericht in der Ukraine manche Reformen zur Korruptionsbekämpfung, zum Minderheitenschutz und zum Einfluss von Oligarchen nicht vollständig umgesetzt.
Russland wirft EU Diebstahl von Vermögen vor
Russlands Vertretung bei der EU in Brüssel kritisierte derweil, dass Zinserlöse aus blockierten Moskauer Vermögen in Milliardenhöhe künftig für die Ukraine genutzt werden. Die Europäer gingen einen beispiellosen Schritt des „Diebstahls“ zulasten eines souveränen Staates. Die EU demonstriere der ganzen Weltgemeinschaft, dass sie sich im Recht sehe, ihr anvertraute Finanzreserven zu plündern und die Pflicht zum Schutz von Eigentum zu missachten. Diebstahl werde damit offiziell zum Instrument der Außenpolitik der EU.
Minister aus den EU-Staaten hatten am Dienstag in Brüssel die notwendigen Entscheidungen dafür getroffen, künftig milliardenschwere Zinserträge aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank zur Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine nutzen zu können. Eine politische Verständigung darauf hatte es bereits vor knapp zwei Wochen gegeben. Allein dieses Jahr sollen so bis zu drei Milliarden Euro für die Ukraine zusammenkommen.
Nach Kommissionsangaben sind rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank in der EU eingefroren. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingenommen zu haben. Die russischen Zentralbank-Gelder durch einen Enteignungsbeschluss direkt zu nutzen, ist bislang nicht geplant. Als ein Grund dafür gelten rechtliche Bedenken und wahrscheinliche Vergeltungsmaßnahmen.
Moskau hatte die EU bereits im vergangenen Jahr davor gewarnt, Eigentum des russischen Staates oder russischer Bürger zu konfiszieren. Denkbar wäre, dass im Gegenzug auch in Russland tätige Unternehmen aus EU-Ländern zwangsenteignet werden. Zudem könnte eine direkte Nutzung der russischen Vermögenswerte Kritikern zufolge auch dazu führen, dass andere Staaten und Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzplatz verlieren und Vermögen aus der EU abziehen.
Die russische Vertretung in Brüssel warnte vor unabsehbaren Folgen für das Investitionsklima in der EU, die nun den Weg der Selbstzerstörung gehe. „Nur eines ist vorhersehbar – früher oder später werden die Europäer das, was sie gestohlen haben, an unser Land zurückgeben müssen“, hieß es.
Baerbock kritisiert russische Atomübung scharf
Unterdessen setzte Russland seine am Dienstag begonnene Übung der Nuklearstreitkräfte für einen möglichen Einsatz taktischer Atomwaffen fort. Außenministerin Annalena Baerbock kritisierte das Manöver scharf. Dass Russland die Übung nahe der ukrainischen Grenze abhalte, sei ein „Zeichen dessen, dass man alle Register ziehen will, im Zweifel auch die der Verunsicherung“, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstagabend im ZDF-„heute journal“ kurz vor ihrer Rückreise aus Kiew. „Der russische Präsident versucht einfach, diese Gesellschaft, die ja seit zwei Jahren nichts anderes möchte, als in Frieden und in Freiheit zu leben, mürbe zu machen.“
Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor mitgeteilt, dass die Anfang Mai angekündigte Übung seiner nicht-strategischen Atomstreitkräfte im südlichen Wehrbezirk begonnen habe. Beteiligt seien auch die Raketenkomplexe Iskander und Kinschal – taktische Waffen, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden können./mau/DP/zb
WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN
Yellen: Müssen russische Asset für Ukraine nutzbar machen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)–US-Finanzministerin Janet Yellen hat im Vorfeld des Treffens der Finanzminister und Notenbankgouverneure der sieben wichtigsten Industrieländer (g7)dazu aufgerufen, die eingefrorenen Assets des russischen Staats zur finanziellen Unterstützung der Ukraine einzusetzen. Yellen sagte in einer Rede anlässlich der Verleihung einer Ehrendoktorwürde durch die Frankfurt School of Finance in Frankfurt, dass sich die G7 mit diesem Thema bei den anstehenden Beratungen befassen würden. Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte in der selben Veranstaltung eine anhaltende finanzielle Unterstützung Deutschlands zu.
„Ich glaube, es ist dringend notwendig, dass wir gemeinsam einen Weg finden, um den Wert der russischen staatlichen Assets zum Nutzen der Ukraine zu erschließen“, sagte sie. Dies werde auch ein Schlüsselthema bei den Gesprächen während der G7-Treffen in dieser Woche werde.
Bundesfinanzminister Lindner sagte: „Wir teilen die Meinung, dass die Ukraine den Krieg nicht aus ökonomischen Gründen verlieren darf.“
Die US-Finanzministerin rief außerdem dazu auf, noch stärker der Umgehung von Sanktionen durch Russland über Drittstaaten zu begegnen. Mit Blick auf den Konflikt im Nahen Osten kündigte die Finanzministererin „zusätzliche Maßnahmen gegen das iranische Regime und seine Stellvertreter“ sowie weitere Militärhilfen an.
EU-Ratsvorsitz macht Ukraine und Moldau Hoffnung auf Verhandlungsstart
BRÜSSEL (dpa-AFX) – Die Ukraine und Moldau können auf einen schnellen Start der EU-Beitrittsverhandlungen hoffen. Die aktuelle belgische EU-Ratspräsidentschaft machte am Dienstagabend nach einem Ministertreffen in Brüssel deutlich, dass sie darauf hinarbeitet, bis Ende Juni eine erste Konferenz der Verhandlungsdelegationen anzusetzen. „Wir tun unser Möglichstes, um eine Einigung zu erzielen“, erklärte die belgische Außenministerin Hadja Lahbib. Dass es in den nächsten 40 Tagen zum Verhandlungsstart komme, sei möglich.
Bevor die Beitrittsgespräche starten können, müssen die EU-Staaten noch einstimmig sogenannte Verhandlungsrahmen billigen. Mit diesen werden Leitlinien und Grundsätze für die Beitrittsgespräche mit jedem Kandidatenland festgelegt.
Der Beginn von Verhandlungen mit der von Russland angegriffenen Ukraine und dessen kleinem Nachbarstaat Moldau war bereits bei einem EU-Gipfel im Dezember grundsätzlich beschlossen worden. Gleichzeitig wurde aber vereinbart, dass vor dem Verhandlungsstart alle Reformauflagen erfüllt sein müssen. So waren nach dem letzten schriftlichen Kommissionsbericht etwa in der Ukraine manche Reformen zur Korruptionsbekämpfung, zum Minderheitenschutz und zum Einfluss von Oligarchen nicht vollständig umgesetzt.
Die belgische Außenministerin äußerte sich am Dienstagabend nicht explizit dazu, ob noch immer Defizite gesehen werden. Lahbib sagte lediglich, die Ukraine und Moldau setzten ihre Reformprozesse fort.
Die Eröffnung von EU-Beitrittsverhandlungen gilt vor allem als wichtiges Symbol für die Menschen in der Ukraine und Moldau. Wie lange es nach einem Start der Gespräche bis zum EU-Beitritt dauern könnte, ist völlig offen. Die Türkei etwa wurde 1999 EU-Kandidat – und war wohl noch nie weiter von einer Mitgliedschaft entfernt als heute.
Theoretisch kann ein Beitrittskandidat auch nie Mitglied werden. Bei der Ukraine gilt es derzeit so auch als ausgeschlossen, dass sie vor dem Ende des russischen Angriffskriegs EU-Mitglied wird. Denn dann könnte Kiew nach Artikel 42, Absatz 7 des EU-Vertrags militärischen Beistand einfordern und die EU wäre Kriegspartei.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuletzt deutlich gemacht, dass er dennoch auf eine Entscheidung für Beitrittsverhandlungen noch im Juni hofft. „Unser Staat, unser Volk haben es verdient, und auch die Europäische Union braucht diesen Schritt – nicht nur politisch“, sagte er vor rund zwei Wochen in einer seiner Videoansprachen. Die EU beziehe ihre Kraft auch daraus, niemanden vor der Tür zu lassen, der an ihre Werte glaube./aha/DP/he
EU nutzt Zinsen aus blockiertem Russland-Vermögen künftig für Ukraine
BRÜSSEL (dpa-AFX) – Die EU wird künftig Zinserträge in Milliardenhöhe aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank zur Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine nutzen. Minister aus den EU-Staaten trafen dafür am Dienstag in Brüssel die notwendigen Entscheidungen, wie ein Sprecher der derzeitigen belgischen EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Eine politische Verständigung auf das Vorgehen hatte es bereits vor knapp zwei Wochen gegeben. Allein dieses Jahr sollen bis zu drei Milliarden Euro für die Ukraine zusammenkommen.
Nach Kommissionsangaben sind rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank in der EU eingefroren. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingenommen zu haben.
Den Vorschlag zur indirekten Verwendung russischer Gelder für die Ukraine hatten EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte den Regierungen der EU-Staaten im März übermittelt. Er sieht vor, dass 90 Prozent der nutzbaren Zinserträge aus der Verwahrung russischer Zentralbank-Gelder in den EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung geleitet werden sollen. Die restlichen zehn Prozent sollen für direkte Finanzhilfen für die Ukraine genutzt werden.
Schwierig waren die Verhandlungen unter anderem, weil neutrale Staaten wie Österreich sich nicht direkt an der Lieferung von Waffen und Munition beteiligen wollen. Für sie wurde nun vereinbart, dass die Zinserträge zum Teil auch für andere Finanzhilfen verwendet werden. Zudem gab es Diskussionen darüber, wie viel Geld Euroclear für seinen Aufwand einbehalten darf. Der Betrag reduzierte sich im Lauf der Verhandlungen von 3 Prozent auf 0,3 Prozent. Es ist in der EU das mit Abstand wichtigste Institut, das Vermögenswerte der russischen Zentralbank verwahrt./aha/DP/jha
Estlands Regierungschefin: Nato-Staaten sollten in Ukraine ausbilden
TALLINN (dpa-AFX) – Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas hat die Nato-Partner dazu aufgerufen, ukrainische Soldaten direkt in der Ukraine auszubilden. Die Sorge, dies könne zu einer Eskalation des russischen Angriffskriegs führen, wies die liberale Politikerin in einem Interview der britischen „Financial Times“ zurück. Zum einen gebe es bereits Länder, die auf eigenes Risiko Soldaten vor Ort trainierten. Zum anderen werde der Nato-Beistandsartikel nicht automatisch ausgelöst, falls russische Truppen westliche Ausbilder angreifen sollten.
Der Artikel 5 des Nato-Pakts regelt: Wenn ein Mitgliedstaat angegriffen wird, wird dies als Angriff auf alle übrigen gewertet. Die Allianz verteidigt sich dann geschlossen im Verbund.
Kallas sagte der Zeitung dazu: „Ich kann es mir nicht vorstellen, dass, wenn dort jemand verletzt wird, diejenigen, die ihre Leute geschickt haben, sagen: Es gilt Artikel 5. Lasst uns (…) Russland bombardieren.“ So funktioniere das Vorgehen innerhalb der Nato nicht; es gebe keinen Automatismus. Sorgen vor einer solchen Eskalation seien daher unbegründet. „Wenn man seine Leute schickt, um den Ukrainern zu helfen, (…) dann weiß man, dass das Land im Krieg ist und man in eine Risikozone hineingeht. Also geht man dieses Risiko ein“, sagte Kallas.
Zu den Gedankenspielen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron über eine mögliche Entsendung von Bodentruppen sagte Kallas, über einen solchen Schritt müsse in Estland das Parlament entscheiden: „Es ist eine offene, öffentliche Debatte. Aber ich denke, dass wir zu diesem Zeitpunkt nichts ausschließen sollten.“ Kallas kritisierte, dass es unter den Nato-Verbündeten keine Einigkeit über das langfristige Ziel gebe. Das bereite ihr Sorgen. Manche Staaten wie Estland würden sich klar für einen Sieg der Ukraine aussprechen. Andere würden nur sagen, dass die Ukraine nicht verlieren dürfe. Beides sei nicht das Gleiche./hei/DP/tih
Russland hält Atomwaffenübung nahe Ukraine ab
Russland hat gestern den Beginn einer Atomwaffenübung nahe der Ukraine verkündet. Bei der Übung handle es sich um eine „Antwort auf provokative Äußerungen und Drohungen bestimmter westlicher Vertreter“, erklärte das russische Verteidigungsministerium.
Es werde die „Bereitschaft“ der „nicht strategischen Nuklearwaffen“ getestet, um die „territoriale Integrität und Souveränität des russischen Staates“ zu gewährleisten.
Es handelt sich um Kernwaffen, die etwa punktuell gegen gegnerische Truppen und andere militärische Ziele eingesetzt werden können. Sie haben in der Regel eine deutlich geringere Sprengkraft als die insbesondere zur Abschreckung entwickelten strategischen atomaren Interkontinentalraketen.
Angesichts westlicher Waffenlieferungen an die Ukraine, die sich seit mehr als zwei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg wehrt, gilt das Manöver als zusätzliche Drohgebärde des russichen Präsidenten Wladimir Putin. *** red, ORF.at/Agenturen
ZENTRALBANKEN
Fed/Waller sieht Zeit für Zinssenkungen noch nicht gekommen
Die US-Notenbank macht nach Ansicht von Fed-Gouverneur Christopher Waller wieder Fortschritte bei der Bekämpfung der Inflation. Aber um eine Zinssenkung in Erwägung zu ziehen, brauche es noch „mehrere Monate gute Inflationsdaten“, sagte er laut Redemanuskript für einen Vortrag.
Fed-Notenbankerin Mester rückt von bisheriger Zinsprognose ab
Die Präsidentin der Cleveland-Fed, Loretta Mester, hat angedeutet, dass sie darüber nachdenkt, von ihrer früheren Erwartung, wonach die US-Notenbank die Zinsen in diesem Jahr dreimal senken wird, abzurücken. Noch Anfang April hatte Mester drei Zinssenkungen für 2024 in Aussicht gestellt. Jetzt hat sie ihre Zweifel. „Ich habe zuvor zu Protokoll gegeben, dass ich mich an den Medianwert (der Prognose) gehalten habe, der bei drei lag. Angesichts der Entwicklungen, die ich derzeit in der Wirtschaft gesehen habe, halte ich das nicht mehr für angemessen“, sagte Mester in einem Interview mit Bloomberg Television.
Finnischer Notenbankchef: EZB kann bei Zinssenkungen vorangehen
FRANKFURT (Dow Jones)–Die Europäische Zentralbank (EZB) muss nach Ansicht des finnischen Notenbankers Olli Rehn mit Zinssenkungen nicht auf die US-Notenbank Federal Reserve warten. „Was die Fed macht, wird nicht bestimmen, wann es Zinssenkungen bei der EZB gibt“, sagte der Chef der finnischen Zentralbank und Mitglied des EZB-Rats der Nachrichtenagentur AFP. Zugleich betonte er, dass die Euro-Notenbank sich nicht auf einen vorgegebenen Zinspfad festlegen werde.
„Auch wenn wir keine Politik im luftleeren Raum machen, ist die EZB kein 13. Bezirk der Federal Reserve“, sagte Rehn der Agentur. Damit nahm er Bezug auf die zwölf Bundesbezirke der großen EZB-Schwester in den USA, die in der Vergangenheit oftmals die Richtung in geldpolitischen Fragen vorgegeben hatte. Aktuell deutet vieles darauf hin, dass die Bank in Frankfurt am Main die Zinsen als erste senken könnte. Während der Preisdruck auf der anderen Seite des Atlantiks hoch bleibe und die Fed zwinge, sich zurückzuhalten, sei in der Eurozone „ein Abwärtstrend zu einer niedrigeren Kerninflation und einem etwas moderateren Lohnwachstum“ zu beobachten, sagte Rehn. Für Leitzinssenkungen im Juni gebe es also „starke Argumente“.
Wie es danach weiter geht, sei indes völlig offen. Von vorgefertigten Plänen wie bei der Fed ist Rehn „kein Fan“. „Wir werden von Meeting zu Meeting entscheiden und lassen uns nicht auf einen Pfad festlegen“, sagte der Finne. Dieses Vorgehen hatten zuvor bereits weitere EZB-Ratsmitglieder unterstrichen. Für die europäische Wirtschaft sei wichtig, die Energiewende und die Digitalisierung weiter voranzutreiben, sagte Rehn weiter. Der Inflationsschock von 2022 habe die große Abhängigkeit Europas von russischen fossilen Brennstoffen verdeutlicht. Die USA hingegen waren und sind ein Nettoexporteur von Energie.
„Wir investieren in Europa zu wenig, und das schadet unserer Wettbewerbsfähigkeit“, sagte der Notenbanker. Europa brauche daher mehr denn je eine „Kapitalmarktunion“, die er lieber in „Finanzierungs- und Investitionsunion“ umbenennen würde. Es gehe beispielsweise darum, die Europäische Investitionsbank „effizienter“ als Instrument zu nutzen, um öffentliche und private Investitionen zu lenken.
EZB/Nagel: Möglicher Juni-Zinssenkung folgen nicht zwingend weitere
FRANKFURT (Dow Jones)–Auf eine mögliche Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juni würden nach den Worten von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel nicht zwangsläufig weitere folgen. „Wir sind nicht auf Autopilot“, sagte Nagel, der eine Zinssenkung im Juni nach Lage der Dinge für „plausibel“ hält, dem Handelsblatt, Les Echos, Corriere della Sera Italien und El Mundo. „Wir sollten die Zinsen nicht vorschnell senken und das Erreichte gefährden“, fügte er hinzu.
Nagel sieht die EZB bei ihrem Inflationsziel insgesamt auf Kurs, geht aber von einem Auf und Ab bei der Inflation aus. „Es kann durchaus Monate geben, in denen die Inflation ein wenig anzieht, da einige Preise zu Schwankungen neigen – insbesondere die Energiepreise“, sagte der Bundesbank-Präsident. „Im Großen und Ganzen erwarte ich, dass die Inflation weiter in Richtung unseres 2-Prozent-Ziels sinkt und es im Jahr 2025 erreicht.“
Nagel sieht nach eigenen Angaben keine Anzeichen für eine sich selbst verstärkende Lohn-Preis-Spirale und rechnet damit, dass sich der Lohnanstieg bei weiter zurückgehender Inflation abschwächen wird. Dennoch mahnte Nagel an, das Lohnwachstum, die Gewinnspannen der Unternehmen und ihre Auswirkungen genau im Auge zu behalten.
MELDUNGEN
WEITERE MELDUNGEN
USA: Russland hat wohl Anti-Satelliten-Waffe ins All geschickt
WASHINGTON (dpa-AFX) – Russland hat nach Darstellung der USA einen Satelliten ins All geschickt, bei dem es sich wahrscheinlich um eine Weltraumwaffe handelt. Der Satellit könne vermutlich andere Satelliten angreifen und befinde sich in einer erdnahen Umlaufbahn, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder am Dienstag.
Der Start sei am 16. Mai erfolgt. Der russische Satellit befinde sich nun in derselben Umlaufbahn wie ein Satellit der US-Regierung, so Ryder weiter. Auf die Frage, ob der russische Satellit eine Bedrohung für den US-Satelliten darstelle, sagte Ryder: „Nun ja, es handelt sich um eine Weltraumabwehrwaffe in derselben Umlaufbahn wie ein Satellit der US-Regierung.“ Ähnliche russische Starts habe es bereits 2019 und 2022 gegeben.
Ähnlich wie Ryder hatte sich zuvor der amerikanische UN-Vertreter Robert Wood geäußert.
Am Montag war eine russische Resolution gegen ein Wettrüsten im Weltraum im UN-Sicherheitsrat durchgefallen. Von 15 Ländern stimmten in New York 7 für die Beschlussvorlage und 7 dagegen – eine der Gegenstimmen kam von den USA.
Angesichts einer im vergangenen Monat an Russlands Veto gescheiterten Resolution der Vereinigten Staaten gegen Atomwaffen im All sprach Wood von einer manipulativen Taktik Moskaus.
Im Februar sorgten US-Berichte über atomare Ambitionen Russlands im All für Aufsehen. Das nukleare Potenzial solle sich gegen Satelliten richten und könne damit eine Bedrohung für die nationale wie die internationale Sicherheit darstellen, hieß es.
Die US-Regierung erklärte daraufhin, Russland entwickle militärische Fähigkeiten zum Einsatz gegen Satelliten. US-Präsident Joe Biden sagte damals, es bestehe „keine nukleare Bedrohung für die Menschen in Amerika oder anderswo auf der Welt“.
Russlands Präsident Wladimir Putin reagierte auf die Berichte und sagte, man sei gegen eine Stationierung von Atomwaffen im Weltall./nau/DP/he
EZB: Euroraum-Leistungsbilanzüberschuss steigt im März
FRANKFURT (Dow Jones)–Der Leistungsbilanzüberschuss des Euroraums ist im März gestiegen. Nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) betrug der Aktivsaldo saisonbereinigt 36 (Vormonat: 29) Milliarden Euro. In der Handelsbilanz ergab sich ein Überschuss von 33 (34) Milliarden Euro, wobei die Exporte auf 251 (247) Milliarden Euro stiegen und die Importe auf 218 (213) Milliarden Euro. Der Saldo der Dienstleistungsbilanz war mit 5 (7) Milliarden Euro positiv.
In der Bilanz der Primäreinkommen ergab sich ein Plus von 9 (minus 3) Milliarden Euro, und der Saldo der Sekundäreinkommen war wie üblich negativ und zwar mit 11 (9) Milliarden Euro.
In der Kapitalbilanz ergab sich für die zwölf Monate bis März 2024 ein Überschuss von 312 Milliarden Euro. In den zwölf Monaten bis März 2023 waren es 106 Milliarden Euro gewesen.
Bei den Direktinvestitionen kam es in diesem Zeitraum zu Nettokapitalabflüssen von 37 (260) Milliarden Euro und bei den Portfolioinvestitionen zu Nettokapitalimporten von 56 (300) Milliarden Euro. Über Aktien flossen netto 145 (241) Milliarden Euro zu. Bei Anleihen kam es zu einem Nettokapitalexport von 89 (Import 58) Milliarden Euro.
Arbeitskosten im Euroraum steigen im ersten Quartal um 4,9 Prozent
LUXEMBURG (Dow Jones)–Die Arbeitskosten in der Eurozone sind im ersten Quartal 2024 gegenüber dem Vorquartal um 4,9 (Vorquartal: 3,4) Prozent gestiegen. Wie die Statistikbehörde Eurostat berichtete, stiegen die Arbeitskosten in der EU-27 um 5,4 (Vorquartal: 4,0) Prozent.
Neue europäische Schulden: Lindner weist Vorstoß von der Leyens zurück
BRÜSSEL (dpa-AFX) – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat mit Äußerungen zu möglichen neuen europäischen Schulden für Empörung bei Bundesfinanzminister Christian Lindner gesorgt. „Es ist eine schlechte Nachricht, dass Ursula von der Leyen plötzlich über mehr gemeinsame EU-Schulden spricht“, sagte Lindner am Dienstag. Letztlich gingen diese Ideen zulasten Deutschlands, weil mehr Haftung und mehr Umverteilung drohten.
Von der Leyen hatte zuvor der „Financial Times“ (Dienstag) gesagt, sie sei offen für eine weitere gemeinsame Schuldenaufnahme, wenn die Prioritäten klar seien. Die Entscheidung darüber liege aber allein in den Hauptstädten der EU-Länder.
Seit einiger Zeit wird in Brüssel über neue gemeinsame Schuldenaufnahmen debattiert. Frankreich etwa hatte sich für gemeinsame Schulden, sogenannte Eurobonds, für Verteidigungsausgaben ausgesprochen. Auch EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni plädierte jüngst etwa für ein Instrument für Investitionen, beispielsweise in Energie oder Verteidigung, das über gemeinsame Schulden finanziert werden soll. Als Vorbild könne das Corona-Aufbauprogramm der Staatengemeinschaft dienen.
Das bis 2026 laufende Aufbauprogramm mit dem Namen „Next Generation EU“ und einem Umfang von mehr als 800 Milliarden Euro soll den EU-Staaten helfen, die wirtschaftlichen Schäden durch die Pandemie zu bewältigen. Finanziert wird es über Schulden, die bis 2058 gemeinsam getilgt werden sollen.
Lindner betonte, das Programm sei von allen Mitgliedsstaaten als einmalige Ausnahme beschlossen worden. Insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland sei das von CDU und CSU versichert worden. „Der Kurswechsel ist absolut unnötig, weil die ökonomischen Wirkungen des Pandemie-Programms durchwachsen sind“, sagte er in Richtung der CDU-Politikerin von der Leyen, die eine zweite Amtszeit als Präsidentin der Europäischen Kommission anstrebt. Anfang Juni finden die Europawahlen statt./rdz/DP/ngu
EU-Staaten segnen Regulierung von KI final ab – AI Act definiert Kennzeichnungspflicht für KI-Nutzer und Content-Ersteller bei Text, Bild sowie Ton
Brüssel/Berlin (pte029/21.05.2024/13:55) – Bis Anfang Juli dieses Jahres tritt der heute, Dienstag, vom Ministerrat der 27 EU-Mitgliedsstaaten in Brüssel verabschiedete AI Act zur Regulierung des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) in Kraft. Nicht nur für die Digitalwirtschaft bringt dies künftig weitreichende Veränderungen mit sich. Das neue KI-Gesetz regelt für Unternehmen etwa die Nutzung der Technologien in den Bereichen Videoüberwachung, Spracherkennung und Finanzdatenanalyse. Eine Kennzeichnungspflicht für KI-Anwender und -Content-Ersteller soll bei Text, Bild und Ton für mehr Transparenz sorgen und einer Polarisierung der Gesellschaft durch Fake News und Deepfakes Einhalt gebieten.
Schwierige Kontrollierbarkeit
Zwar kommt der EU-Gesetzgeber mit dem AI Act einer Forderung der Digitalwirtschaft in Bezug auf eine „klare Weichenstellung für eine zukunftsorientierte EU-Digitalpolitik“, wie es der Bundesverband Digitale Wirtschaft formuliert, nach. Dennoch bleiben viele Fragen offen – nicht zuletzt jene nach der Kontrollierbarkeit der Einhaltung der Regeln angesichts einer unüberschaubaren Fülle an immerwährend neuen Inhalten. Davon abgesehen warnen Digitalverbände wie der BITKOM bereits vor einer zu strikten Regulierung, die Innovationen ausbremse. Es brauche unter anderem „praxisnahe Hilfestellungen der Behörden“.
„Ob KI in Deutschland und Europa einen Schub erhält oder vor allem vor neue Hindernisse gestellt wird, hängt entscheidend davon ab, wie dieser Rahmen ausgestaltet und die Regelungen in Deutschland umgesetzt werden. Wir müssen Raum lassen für KI-Innovationen, die den Menschen dienen. Ziel muss sein, den Einsatz von KI in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft voranzubringen. Erst 13 Prozent der Unternehmen setzen KI ein, weitere 33 Prozent planen oder diskutieren es. Die Umsetzung des AI Acts muss dafür sorgen, dass KI in Deutschland erfolgreich entwickelt und umfassend eingesetzt wird“, so BITKOM-Präsident Ralf Wintergerst.
Handlungsspielraum für Behörden
Der AI Act regelt auch besonders sensible KI-gestützte Datenverarbeitungsbelange, wie etwa die Gesichtserkennung an Bahnhöfen, Flughäfen und anderen öffentlichen Orten. Die sogenannte biometrische Kategorisierung auf Basis heikler Merkmale und auch das nicht selektive Screening von Gesichtsaufnahmen aus dem Web oder von Überwachungskameras wird untersagt. Laut dem neuen EU-Gesetz soll dies nur noch per Richterentscheid möglich sein, was den Ermittlungsbehörden einen gewissen Handlungsspielraum ermöglicht.
Und auch das KI-gestützte sogenannte „Social Scoring“, also die Bewertung von Sozialverhalten von Individuen, wie dies China aktuell praktiziert, sowie eine Emotionserkennung am Arbeitsplatz und in Bildungseinrichtungen untersagt das neue KI-Gesetz in der EU. Die Regeln gelten final erst ab dem Frühjahr 2026, wobei Unternehmen oder KI-Anwender, die diese dann nicht einhalten, mit empfindlichen Strafen rechnen müssen. Privatpersonen, die entsprechende Verstöße vermuten, können diese bei ihren nationalen Behörden melden und gegebenenfalls ein Überwachungsverfahren auslösen.
„Auch die EU-Kommission ist gefordert. Sie muss das angekündigte AI-Office rasch einrichten und mit der Umsetzung der Anforderungen für sogenannte ‚General Purpose AI Models‘ beginnen. Es ist insbesondere wichtig, dass die Regulierung für diese KI-Basismodelle bürokratiearm und praxisnah gestaltet wird. Das gilt auch für die weiteren Richtlinien, die jetzt erarbeitet werden müssen. Dabei kommt es darauf an, Doppelregulierung zu vermeiden und dauerhafte Rechtssicherheit zu schaffen“, fordert Wintergerst. (Ende)
KI-Gesetz der Europäischen Union endgültig beschlossen
Brüssel – Die EU-Staaten haben schärfere Regeln für Künstliche Intelligenz (KI) in der Europäischen Union beschlossen. Sie stimmten heute in Brüssel den Plänen zu, mit denen unter anderem bestimmte KI-Anwendungen ganz verboten werden, wie die Länder mitteilten. Es sei das weltweit erste Gesetz dieser Art und könne einen globalen Standard für die Regulierung von KI setzen.
Das Gesetz zielt darauf ab, die Nutzung von KI in der Europäischen Union sicherer zu machen. Es soll sicherstellen, dass KI-Systeme möglichst transparent, nachvollziehbar, nicht diskriminierend und umweltfreundlich sind. Ein wichtiger Aspekt ist, dass die KI-Systeme von Menschen überwacht werden und nicht nur von anderen Technologien.
Die Pläne gehen auf einen Vorschlag der EU-Kommission von 2021 zurück. Systeme, die als besonders risikoreich gelten und beispielsweise in kritischen Infrastrukturen oder im Bildungs- und Gesundheitswesen eingesetzt werden, müssen künftig strenge Anforderungen erfüllen.
Bestimmte KI-Anwendungen, die gegen EU-Werte verstoßen, sollen ganz verboten werden. Dazu gehört beispielsweise die Bewertung von sozialem Verhalten („Social Scoring“). Damit werden in China Bürger in Verhaltenskategorien eingeteilt. Auch eine Emotionserkennung am Arbeitsplatz und in Bildungseinrichtungen soll es in der EU nicht geben.
Auch die Gesichtserkennung im öffentlichen Raum – also zum Beispiel durch Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen – soll grundsätzlich nicht erlaubt sein. Dabei gibt es jedoch Ausnahmen: Polizei und andere Sicherheitsbehörden sollen eine solche Gesichtserkennung im öffentlichen Raum nutzen dürfen, um ganz bestimmte Straftaten wie Menschenhandel oder Terrorismus zu verfolgen.
Das Gesetz gilt für alle, die KI-Systeme innerhalb der EU entwickeln, anbieten oder nutzen. Dies betrifft öffentliche und private Akteure sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU.
Der Digitalverband Bitkom kritisierte, dass das nun beschlossene KI-Gesetz wesentliche Fragen offen lasse. In Deutschland und den anderen EU-Ländern beginne die Regulierungsarbeit jetzt erst, sagte Verbandspräsident Ralf Wintergerst. Ob KI in Deutschland und Europa einen Schub erhalte oder vor allem vor neue Hindernisse gestellt werde, hänge entscheidend davon ab, wie dieser Rahmen ausgestaltet werde und die Regelungen in Deutschland umgesetzt würden.
Bundesdigitalminister Volker Wissing räumte heute ein, dass der Gesetzgeber bei einer so sich schnell verändernden Technologie wie KI dauerhaft gefordert sei. „Wir können nicht erwarten, dass wir mit einer Regulierung die Zukunftsfragen abschließend klären“, sagte der FDP-Politiker.
„Deswegen war ich immer dafür, dass wir schnell uns auf den Weg der Regulierung machen, aber auch den Mut haben, kontinuierlich nachzusteuern.“ Wichtig sei, dass die Innovationsfreundlichkeit der Regulierung immer im Blick behalten werde.
Nach der Bestätigung der EU-Länder werden die neuen Regeln nun im Amtsblatt veröffentlicht und treten 20 Tage später in Kraft. Zwei Jahre nach dem Inkrafttreten sollen sie dann gelten.
Wenn Unternehmen die Vorschriften nicht einhalten, müssen die Mitgliedstaaten Sanktionen beschließen. Dies können Geldstrafen sein. Privatpersonen, die Verstöße gegen die Vorschriften entdecken, können sich bei nationalen Behörden beschweren. Diese können dann Überwachungsverfahren einleiten und gegebenenfalls Strafen verhängen. © dpa/aerzteblatt.de
Europas Junge: Wünsche, Ängste, hohe Ansprüche (inkl. Schaubilder)
In Österreich dürfen – so wie in nur vier anderen Mitgliedsstaaten – auch 16-Jährige wählen, bei der heurigen EU-Wahl gibt es somit rund 400.000 potenzielle Erstwählerinnen und -wähler. Sie sind optimistischer, was die Zukunft betrifft und interessieren sich für andere Themen als der Rest der Bevölkerung Europas. Das soll sich auch in der EU-Politik widerspiegeln.
Knapp sechs Prozent der rund sieben Millionen österreichischen Wahlberechtigten dürfen am 9. Juni zum ersten Mal die Zusammensetzung des EU-Parlaments mitbestimmen. Sie kennen kein Österreich ohne EU, Reisen ohne Grenzen und Geldwechsel sind für sie normal.
Die junge Generation bekennt sich zu Europa, die EU hat ihr auch einiges zu bieten: Studieren im Ausland (Erasmus+), Reisen (DiscoverEU), Freiwilligendienst beim Europäischen Solidaritätscorps, Ausbildung im EU-Ausland (ALMA) oder europaweite Jobvermittlung (EURES). Zudem war 2022 von der EU-Kommission als „Jahr der Jugend“ ausgerufen worden, um junge Menschen vor allem nach den schwierigen Pandemiejahren in den Mittelpunkt zu rücken.
„Haben sich noch nicht vollständig erholt“
Gerade die Pandemiejahre hatten auf die Jugend enorme Auswirkungen. Vielfach wurden Warnungen laut, Bildungsverlust und Vereinsamung würden eine „verlorene Generation“ hervorbringen. „Die Pandemie hat tatsächlich viel in der vergangenen Legislaturperiode überschattet“, so Maria Rodriguez Alcazar, die Präsidentin des European Youth Forum, im Gespräch mit ORF.at. „Es gab etliche Maßnahmen, die den jungen Menschen in Europa helfen sollten.“
Es sei etwas weitergegangen, aber für die Plattform der Jugendorganisationen in Europa war es zu wenig. „Die Jungen waren von der Pandemie am stärksten betroffen, sowohl sozial als auch ökonomisch. Das muss man anerkennen und auf verschiedenen Ebenen auch angehen“, sagte Alcazar. So hätten während der Pandemie etwa 60 Prozent der jungen Menschen Angstsymptome gehabt. „Die Jungen haben sich noch nicht vollständig erholt.“
Soziale Sicherheit rückt in Vordergrund
Auch wirtschaftlich gebe es noch viel zu tun, so ist etwa die Jugendarbeitslosigkeit ein Dauerbrenner in der EU: Spitzenreiter ist Spanien mit fast 28 Prozent (zum Vergleich: 9,7 Prozent in Österreich). Das Jugendforum fordert auch Verbesserungen beim Schutz gegen Ausbeutung auf dem Arbeitsmarkt. Ein alter Wunsch ist hier ein Verbot von unbezahlten Praktika. Seit Kurzem gibt es hier mit der EU-Direktive zu Plattformarbeit Fortschritte, doch das reiche nicht. „Ich hoffe, dieser erste Schritt wird durch das nächste Parlament weiter vorangetrieben“, sagte Alcazar.
„Soziale Sicherheit und Teuerung sind für alle Menschen bedeutsamer geworden, und diese Themen sind auch die meistdiskutierten, auch zwischen den Generationen“, sagt auch die Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik von der Uni Graz zu ORF.at. Das wisse man durch Daten des Eurobarometer ebenso wie durch Wahltagsbefragungen bei heimischen Wahlgängen.
Mäßiges Interesse
Genügend Gründe also, sich am Wahlprozess zu beteiligen. Laut den jüngsten Daten des Eurobarometer hält sich das Interesse der Jungen an der Wahl aber in Grenzen. Unter den 15- bis 24-jährigen Europäerinnen und Europäern interessierte sich nur die Hälfte dafür, während es unter der Gesamtheit der Befragten 60 Prozent waren. Rund 63 Prozent der Jungen waren sich sicher, wählen zu gehen – 71 Prozent war hingegen der Schnitt bei allen Befragten.
Unterschiedliche Spielregeln
Die Jungen unterscheiden sich vom Rest auch durch die Bevorzugung bestimmter Parteien: Die Grünen seien freilich stark wegen der Themen Klima und Umwelt. „Bei der Nationalratswahl 2019 wären ÖVP und Grüne gleichauf gewesen, hätten nur die unter 29-Jährigen gewählt“, so Praprotnik. „Die ÖVP hätte hingegen allein bei den Menschen 60 plus 43 Prozent erreicht.“
Auch die FPÖ schnitt bei den Jungen besonders gut ab. Für die EU-Wahl aber gelten andere Regeln: 2019 gab es unter den FPÖ-Wählerinnen und -Wählern etwa kaum eine Kluft zwischen den Generationen. „Die Wählerschaft ist nicht dieselbe, ebenso wie die Wahlbeteiligung“, sagte Praprotnik. Auf EU-Ebene habe die FPÖ größere Probleme, ihre Anhängerinnen und Anhänger zu mobilisieren.
Prioritäten anders gelagert
Prinzipiell sind die Jungen laut Eurobarometer zuversichtlich, dass Europas Demokratie funktioniert und auch ihre Stimme in der EU gehört wird – mehr als andere Alterskohorten. Dementsprechend wollen sie auch, dass wichtige Themen im Wahlkampf vorrangig diskutiert werden, allen voran der Kampf gegen die Klimakrise. Während das Thema bei den Befragten insgesamt Platz drei im Ranking der Prioritäten belegt, ist es bei den Jungen auf Platz eins. Mehr Bedeutung im Wahlkampf sollte in den Augen der Jungen zudem den Themen Kampf gegen Armut sowie Zukunft Europas zukommen.
Zuversichtlicher Blick in die Zukunft
Auch bei jenen Politikbereichen, die in den kommenden fünf Jahren Priorität im EU-Parlament haben sollten, unterscheiden sich die jungen Wählerinnen und Wähler teils deutlich vom Rest des Elektorats. Für alle Gruppen rangiert Friede als oberste Priorität, danach wird eine Kluft sichtbar. Für die Jungen sind etwa der Schutz der Menschenrechte, die Gleichstellung von Mann und Frau, Wahrung der Menschenwürde und Toleranz wichtiger als für die Älteren.
Dass die Dinge in der EU in die richtige Richtung laufen, befinden rund 42 Prozent der 15- bis 24-Jährigen – weit mehr als der Rest der Befragten. Sie sind auch deutlich optimistischer, was die Zukunft der Europäischen Union betrifft: 72 Prozent glauben an eine gute Zukunft der EU, während es bei der Alterskohorte 55 plus nur 57 Prozent sind.
Lange Aufgabenliste
Für das neu gewählte Parlament gibt es jedenfalls schon eine längere Liste an Aufgaben, um die Jungen zu unterstützen. „Wir haben große Erwartungen“, so Alcazar, „vor allem, was die Demokratie und Miteinbeziehung betrifft“. Die Jugendprogramme sollten sich weiter verbessern und mehr Mittel erhalten, weiters fordert Alcazar eine koordinierte Strategie für mentale Gesundheit. In der Klimapolitik fürchtet das Jugendforum mögliche Rückschritte, „die wir uns nicht leisten können“. Man brauche jetzt mehr Maßnahmen gegen Überkonsum und für einen sinnvollen Einsatz von Ressourcen. Die Schlüsselforderung bleibe aber ein „Impact Assessment“, eine Prüfung aller Gesetzesmaterien auf ihre Auswirkungen auf die Jugend. „Wir wollen mehr Ambition und auch mehr Teilhabe“, lautet die Losung. *** Caecilia Smekal, ORF.at
Links:
- EU-Wahl 2024
- EU-Parlament
- Eurobarometer 2024 (PDF)
- European Youth Portal
- Year of the Youth 2022
- European Youth Forum
- Universität Graz
- Institut für Strategieanalysen
Nach SS-Äußerungen Krahs: Frankreichs Rechte brechen mit AfD
Frankreichs Rechtspopulisten halten die deutsche AfD inzwischen für zu radikal und kündigen deshalb die Zusammenarbeit im Europaparlament auf. Das gab die Partei Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung, RN) am Dienstag – wenige Wochen vor der EU-Wahl – bekannt. Anlass sind Äußerungen zur SS vom AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah.
Der Chef der RN und Spitzenkandidat für die Europawahl, Jordan Bardella, habe „die Entscheidung getroffen“, nicht mehr mit der AfD im Parlament „zu sitzen“, sagte Wahlkampfleiter Alexandre Loubet am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP.
Krah hatte am Wochenende der italienischen Zeitung „La Repubblica“ gesagt, nicht jeder SS-Mann sei ein Verbrecher gewesen. In Frankreich wurden die Aussagen als Verharmlosung der Nazi-Zeit verstanden.
AfD gehört ID-Fraktion im EU-Parlament an
Bisher gehören AfD, RN und auch die FPÖ im Europaparlament der Rechtsaußen-Fraktion Identität und Demokratie (ID) an. Spätestens seit November wurden allerdings Brüche deutlich: Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen distanzierte sich nach dem Potsdamer Geheimtreffen zur „Remigration“ im Namen ihrer RN deutlich von der AfD und drohte mit einem Ende der Zusammenarbeit.
Auch ein Besuch von AfD-Chefin Alice Weidel in Paris Ende Februar besänftigte die französischen Rechtspopulisten nicht. Wahlkampfleiter Loubet sagte nun mit Blick auf die AfD: „Wir hatten offene Gespräche, aber es wurde nichts daraus gelernt. Jetzt ziehen wir die Konsequenzen.“
Rechtsruck bei EU-Wahl erwartet
Le Pen wirbt seit Jahren um konservative Wählerschichten und hat ihrer Partei, der früheren Front National, einen Kurs der „Entteufelung“ verschrieben. Die heute 55-Jährige überwarf sich dafür sogar mit ihrem Vater und Parteigründer Jean-Marie Le Pen, den sie wegen hartnäckiger Holocaust-Leugnung aus der Partei ausschloss. Der erst 28-jährige Bardella gilt als „Kronprinz“ von Marine Le Pen und steht seit Ende 2022 an der RN-Spitze.
Der Bruch mit der AfD kommt gut zwei Wochen vor den Europawahlen, in Deutschland findet die Abstimmung am 9. Juni statt. Meinungsforscherinnen und -forscher rechnen mit einem Rechtsruck, da in Frankreich, Italien und Österreich ultrarechte Parteien vorne liegen.
Unklare Situation im Rechtsaußen-Lager
Auch der AfD wurden zunächst deutliche Gewinne bei der Europawahl prognostiziert. Zuletzt gingen die Zustimmungswerte aber wieder herunter. Als Gründe werden die Massendemonstrationen gegen Rechts nach dem Potsdamer Geheimtreffen genannt. Gegen AfD-Spitzenmann Krah und den Listenzweiten Petr Bystron gibt es zudem Ermittlungen wegen mutmaßlicher Geldannahme aus Russland. Beide bestreiten die Vorwürfe.
Wie es nun im Rechtsaußen-Lager im Europaparlament weitergeht, ist offen. Le Pen hatte sich mehrfach an der Seite der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni gezeigt, die an der Spitze der ultrarechten Fratelli d’Italia (FdI) steht. Melonis Partei gehört im Europaparlament der Gruppe der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) an. Dort sitzen unter anderem auch die rechtsextreme spanische Partei Vox und die nationalkonservative PiS-Partei aus Polen. *** red, ORF.at/Agenturen
Links:
- Europäisches Parlament
- AfD
- RN
- „Repubblica“-Artikel (italienisch)
Griechenland führt landesweit Hilfe-App gegen häusliche Gewalt ein
Athen – In Griechenland sollen Betroffene von häuslicher Gewalt künftig über eine App mit einem Klick Hilfe anfordern können. Die „Panikknopf-App“ ist als Prototyp bereits in den Großstädten Athen und Thessaloniki getestet worden, jeweils nur für Frauen.
Nach dem erfolgreichen Testlauf und angesichts des Ausmaßes und der Intensität häuslicher Gewalt werde nun jedem im Land unabhängig vom Geschlecht ein entsprechender Zugang gegeben, teilten die Ministerien für Familie, Wirtschaft, Bürgerschutz und Digitales gemeinsam mit.
Auf Knopfdruck mobilisiert die App sofort die Polizei. „Der Panic Button ist ein typisches Beispiel dafür, wie der Staat mithilfe von Technologie Innovationen umsetzen kann, die Leben retten“, sagte Dimitris Papastergiou, Minister für Digitales.
Die stellvertretende Familienministerin Maria-Alexandra Kefala ergänzte: „Unser Ziel ist es, jedem Opfer häuslicher Gewalt dabei zu helfen, sich zu Wort zu melden und sich an staatliche Stellen zu wenden.“ Man verstärke die Bemühungen, den Teufelskreis häuslicher Gewalt zu durchbrechen und eine Kultur der Nulltoleranz gegenüber Gewalt zu schaffen. © dpa/aerzteblatt.de
DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN
Deutsche Erzeugerpreise sinken im April
WIESBADEN (Dow Jones)–Die deutschen Erzeugerpreise sind im April im Jahresvergleich gesunken. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) berichtete, sanken die Preise auf der Erzeugerstufe um 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im März hatten sich die Preise um 2,9 Prozent reduziert. Im Vergleich zum Vormonat sind die Erzeugerpreise im April um 0,3 Prozent gestiegen.
Hauptursächlich für den Rückgang der Erzeugerpreise gegenüber dem Vorjahresmonat waren auch im April die Preisrückgänge bei Energie. Vorleistungsgüter waren ebenfalls billiger als im Vorjahr, während Konsum- und Investitionsgüter teurer waren. Ohne Berücksichtigung von Energie waren die Erzeugerpreise 0,6 Prozent niedriger als im Vorjahresmonat und stiegen gegenüber März um 0,3 Prozent.
Bei dieser Statistik werden die Preise ab Fabrik erhoben, also bevor die Produkte und Rohstoffe in den Handel kommen. Die Erzeugerpreise können damit einen frühen Hinweis auf die Entwicklung der Inflation geben. In der Regel schlagen veränderte Erzeugerpreise früher oder später auf den Handel und damit auf die Verbraucher durch.
Auftragsbestand der deutschen Industrie im März gesunken
Von Andreas Plecko
FRANKFURT (Dow Jones)–Der Auftragsbestand der deutschen Industrie ist im März gesunken. Verglichen mit dem Vormonat reduzierte er sich um 0,4 Prozent, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat lag der Auftragsbestand kalenderbereinigt 5,8 Prozent niedriger. Die offenen Aufträge aus dem Inland fielen im März gegenüber Februar um 1,1 Prozent, der Bestand an Aufträgen aus dem Ausland sank um 0,1 Prozent.
Zum Rückgang des Auftragsbestands trug wie bereits in den Vormonaten auch im März hauptsächlich die Entwicklung in der Automobilindustrie bei. Mit saison- und kalenderbereinigt 2,4 Prozent im Vergleich zum Februar ging der Auftragsbestand in diesem Bereich bereits im 14. Monat in Folge zurück.
Im März stieg die Reichweite des Auftragsbestands im Vormonatsvergleich auf 7,2 (Vormonat: 7,1) Monate. Bei den Herstellern von Investitionsgütern stieg die Reichweite auf 9,8 (9,7) Monate und bei den Herstellern von Vorleistungsgütern auf 4,1 (4,0) Monate). Die Reichweite bei den Herstellern von Konsumgütern blieb unverändert bei 3,5 Monaten.
Deutsche Industrie bedingt wettbewerbsfähig – Situation verschlechtert sich seit zwei Jahren – ifo-Experten sehen sämtliche Branchen betroffen
München (pte028/21.05.2024/12:30) – Seit zwei Jahren verschlechtert sich die Wettbewerbsposition der deutschen Industrie innerhalb der EU und auf den Weltmärkten. Was Ökonomen angesichts des dauerhaft niedrigen Wirtschaftswachstums insbesondere Deutschlands bemängeln, bestätigen nun auch Auswertungen der monatlichen Umfragen des ifo Instituts.
Abstiegskampf seit 2022
Innerhalb der EU berichten die Unternehmen seit dem dritten Quartal 2022 demnach, dass sie bei der Wettbewerbsposition zurückfallen. Ähnliches gilt auf den Weltmärkten (ohne EU), wo diese Entwicklung schon im ersten Quartal 2022 begann. „Für die deutsche Industrie wird es schwieriger, sich im Wettbewerb zu behaupten“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen.
Nahezu alle Industriebranchen berichten von einer Verschlechterung ihrer Wettbewerbsposition im ersten Quartal 2024 gegenüber dem vierten Quartal 2023. Eine Ausnahme bilden hier die Pharmaindustrie sowie die Hersteller von Holzwaren (ohne Möbel). Mit Blick auf die Märkte außerhalb der EU melden alle Branchen außer der Getränkeindustrie eine schlechtere Wettbewerbsposition als im letzten Quartal.
Im Inland wie auch Ausland
Auch im Inland sehen sich mehr und mehr deutsche Unternehmen unter Druck. Bis Ende 2022 gab es nahezu immer eine Tendenz, dass die Unternehmen sich mehrheitlich gut auf dem Inlandsmarkt behaupten konnten. Dies änderte sich vor einem Jahr, konstatieren die ifo-Wirtschaftswissenschaftler abschließend. (Ende)
Ifo-Institut: Industrie sieht ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet
Die Wettbewerbsposition der deutschen Industrie innerhalb der EU und auf den Weltmärkten verschlechtert sich seit zwei Jahren. Das geht aus Auswertungen der monatlichen Ifo-Umfrage hervor, wie das Institut mitteilte. Innerhalb der EU berichteten die Unternehmen demnach seit dem dritten Quartal 2022, dass sie bei der Wettbewerbsposition zurückfallen. Ähnliches gelte auf den Weltmärkten (ohne EU), wo diese Entwicklung schon im ersten Quartal 2022 begonnen habe. „Für die deutsche Industrie wird es schwieriger, sich im Wettbewerb zu behaupten“, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe.
Einzelhandel rechnet zur EM mit Umsatz von 3,8 Milliarden Euro
Anlässlich der in diesem Jahr in Deutschland stattfindenden Fußball-Europameisterschaft schätzt der Handelsverband Deutschland (HDE) die zusätzlichen Umsätze im Einzelhandel auf 3,8 Milliarden Euro. Wie eine Umfrage von HDE und dem Marktforschungsinstitut Appinio unter 1.000 Personen ergeben habe, seien vor allem Lebensmittel und Fanartikel gefragt, teilte der HDE mit. „Im Einzelhandel sorgen große Sportereignisse immer wieder für Umsatzimpulse. Die diesjährige Heim-EM könnte den Konsum in einzelnen Branchen und Warengruppen ankurbeln“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
Deutschland: Umsatz im Gastgewerbe weiterhin deutlich unter Vor-Corona-Niveau
WIESBADEN (dpa-AFX) – Nach Zuwächsen im Februar haben Deutschlands Gastwirtinnen und Gastwirte im März wieder schlechtere Geschäfte gemacht. Die Umsätze im Gastgewerbe sanken zum Vormonat sowohl preisbereinigt (minus 2,4 Prozent) als auch nominal (minus 1,5 Prozent), wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte.
Im Vergleich zum März 2023 verbuchten die Betriebe dank Preiserhöhungen zumindest nominal ein Plus von 2,1 Prozent. Preisbereinigt (real) verringerten sich die Erlöse den Angaben zufolge auch in dieser Betrachtung: um 0,9 Prozent.
Den Umsatzniveaus der Vor-Corona-Zeit hinkt das Gastgewerbe in Deutschland weiterhin deutlich hinterher: Verglichen mit dem März 2019, also dem Jahr vor Ausbruch der Pandemie, waren die Erlöse im März des laufenden Jahres real um 13,3 Prozent niedriger.
Weil seit dem 1. Januar 2024 für Speisen in der Gastronomie wieder der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent gilt und dadurch die Preise für die Kundschaft steigen, rechnen Branchenbeobachter mit mehr Pleiten in der Gastronomie. In der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung das Gastgewerbe zeitweise mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterstützt. Diese Maßnahme lief trotz Protesten der Branche zum Jahreswechsel aus./ben/DP/jha
Kosten der Rente mit 63 gestiegen – Bericht
Die in der Ampel-Koalition umstrittene Rente mit 63 wird laut einem Zeitungsbericht immer teurer. Wie die Bild-Zeitung unter Berufung auf Zahlen der Deutschen Rentenversicherung berichtete, sind die Ausgaben im März auf 4,3 Milliarden Euro pro Monat gestiegen. Danach seien die Kosten der abschlagsfreien Rente nach 45 Versicherungsjahren gegenüber dem März 2022 um 667 Millionen Euro und damit 18,4 Prozent gestiegen. Damit war die Rente mit 63 laut den Angaben die zweitteuerste Rentenart. Sie liege nun auch vor den Ausgaben für die Witwen-/Witwerrenten von 3,9 Milliarden Euro pro Monat.
AGRAR-BÜROKRATIE – Deutschlands Landwirte sollen künftig weniger Zeit am Schreibtisch verbringen müssen.
Das geht aus einem Papier des Landwirtschaftsministeriums hervor. „Unnötige Bürokratie bremst den Wandel und die Betriebe“, heißt es darin. Vor allem rund um die gemeinsame Agrarpolitik der EU müsse „Sand aus dem Getriebe“. Hier seien „umfangreiche Vereinfachungen“ geplant. Konkret benennt das Papier Erleichterungen rund um die Bedingungen, die bisher an die europäischen Agrarförderungen geknüpft sind. So sollten bei Betrieben mit weniger als zehn Hektar landwirtschaftlicher Fläche Kontrollen und Sanktionen wegfallen. Auch sollen zusätzliche Genehmigungen wegfallen, wenn Weideland zu Bauland werden darf. Vorgaben für Blüh- oder Gehölzstreifen sollen flexibler gehandhabt werden. (Süddeutsche Zeitung)
LADESÄULEN – Die Bundesregierung will die Tankstellen verpflichten, ab 2028 Schnellladesäulen für E-Fahrzeuge zu betreiben.
Das sieht ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr („Gesetz zur Änderung des Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetzes“) vor. Danach sollen die Tankstellen verpflichtet werden, ab Jahresbeginn 2028 mindestens einen Schnellladepunkt zu betreiben. Die Vorgabe gilt für alle Anbieter mit mehr als 200 öffentlichen Tankstellen. Die Ladeleistung einer Schnellladesäule muss demnach mindestens 150 Kilowattstunden betragen. Ausgenommen sind Tankstellen, die in einem Kilometer Umkreis bereits eine entsprechende Ladesäule betreiben. (Bild-Zeitung)
Prozess gegen rechtsextreme „Reichsbürger“ in Deutschland beginnt
Der selbsternannte Prinz Heinrich XIII., eine Richterin und ehemalige Militäroffiziere haben offenbar geplant, die deutsche Regierung gewaltsam zu stürzen.
Die mutmaßlichen Anführer einer extremistischen Verschwörung zum Sturz der deutschen Regierung sind am Dienstag unter großem medialen und politischen Rampenllicht vor Gericht gewesen.
An dem Prozess, der das Land Ende 2022 erschütterte, sind 26 Verdächtige und 260 Zeugen beteiligt. Es wird erwartet, dass sich der Prozess bis weit ins Jahr 2025 hinziehen wird. In Frankfurt am Main stehen neun Angeklagte vor Gericht.
Geplant war die Wiederherstellung des Deutschen Reiches
Vor dem Frankfurter Gericht stehen der selbsternannte Prinz Heinrich XIII., ein aristokratischer Immobilienmakler, den die Gruppe angeblich als neuen Staatsoberhaupt Deutschlands haben wollte, und seine russische Partnerin. Die übrigen Verdächtigen gehören der Reichsbürger-Bewegung an.
Die Gruppe plante die Wiederherstellung des Deutschen Reiches wie vor dem Ersten Weltkrieg und die „gewaltsame Beseitigung der bestehenden staatlichen Ordnung“ mit Heinrich XIII. als neuem Kaiser.
Birgit Malsack-Winkemann, eine Richterin und ehemalige Gesetzgeberin der rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland (AfD), sowie ehemalige deutsche Offiziere sind weitere hochrangige Verdächtige in dem Komplott.
Gruppe wollte wohl bewaffnet in den Reichstag stürmen
Laut der Staatsanwaltschaft hat die Gruppe geplant, bewaffnet in den Reichstag in Berlin zu stürmen, Abgeordnete zu verhaften und einen gefesselten Bundeskanzler Olaf Scholz im deutschen Fernsehen auszustrahlen. Damit hofften sie, die Öffentlichkeit für ihren Putsch zu gewinnen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wollten die Verschwörer mit Russland über eine Ordnung nach dem Putsch verhandeln. Der 72-jährige Prinz Heinrich XIII. soll im Jahr 2022 versucht haben, russische Beamte zu kontaktieren, um die Unterstützung Moskaus zu gewinnen. Es ist unklar, ob Russland darauf reagiert hat.“Reichsbürger“ in Frankfurt am Main, Deutschland, am 7.12.23.Boris Roessler/(c) Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
Den meisten Angeklagten wird vorgeworfen, einer terroristischen Vereinigung anzugehören. Prinz Heinrich und ein ehemaliger Fallschirmjäger, sollen die Anführer der Gruppe gewesen sein, so die Staatsanwaltschaft.
Für die große Zahl von Angeklagten, Anwälten und Medienvertretern, die mit dem Fall befasst sind, wurde eigens ein provisorisches Gerichtsgebäude errichtet.
26 Verdächtige werden vor Gericht stehen. Ursprünglich waren es 27, aber ein Mann starb vor dem Prozess.
Wachsende Bedrohung durch Rechtsextremismus in Deutschland
Die Attentäter sollen rund 500 000 Euro und ein Arsenal von 380 Schusswaffen und fast 350 Stichwaffen sowie kugelsichere Westen und Handschellen besessen haben.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatten sie „Feindeslisten“ erstellt, die bei der Übernahme regionaler und lokaler Behörden verwendet werden sollten.
Die Mitglieder der Gruppe wussten, dass die geplante Machtübernahme mit der Tötung von Menschen verbunden sein würde“, heißt es weiter.
Schwer bewaffnete Polizeikräfte verhafteten die Gruppe im Dezember 2022 und stürmten Häuser, Büros und eine abgelegene Jagdhütte. Die Ermittler hatten sie monatelang beobachtet.
Deutsche Beamte haben davor gewarnt, dass Rechtsextremisten die größte Bedrohung für die Sicherheit des Landes darstellen.
Diese Bedrohung wurde durch die Ermordung des Regionalpolitikers Walter Lübcke und einen versuchten Anschlag auf eine Synagoge im Jahr 2019 sichtbar.
Ein Jahr später nahmen Rechtsextremisten an einer Demonstration gegen COVID-19-Beschränkungen teil und versuchten – erfolglos – in das Berliner Parlament einzudringen.
Im Januar löste ein Bericht von Korrektiv, wonach sich Extremisten trafen, um die Abschiebung von Millionen von Einwanderern, darunter auch einige mit deutscher Staatsbürgerschaft, zu besprechen, Massenproteste gegen den Aufstieg der Rechtsextremen in Deutschland aus.
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ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN
„Zahl der Urlaubsreisen 2023 auf Rekordniveau“
von Statistik Austria finden Sie als PDF auf unserer Website
Hoteliers suchen weiterhin Personal
Die Hoteliers schauen laut einer Umfrage der Fachgruppe Hotellerie in der Wirtschaftskammer eher gedämpft in die Sommersaison. Ein Dauerbrenner neben gestiegenen Kosten bleibt die Suche nach Personal und Nachfolgern. Die Hotellerie kann sich mehr Personal aus dem Ausland und die Aktivierung von Pensionisten vorstellen.
Sechs von zehn Hotelbetrieben erhöhen heuer die Preise. Sie müssen einen Teil der gestiegenen Energie-, Personal- und Lebensmittelkosten an die Gäste weitergeben, sagte Sigismund Moerisch, Obmann der Fachgruppe Hotellerie: „Sie müssten schon deutlich steigen. Zehn Prozent, sage ich jetzt einmal, wäre eine total logische Konsequenz, ohne, dass die Betriebe dadurch mehr verdienen würden.“ Das wäre einfach ein Abfangen der Kosten, so Moerisch. Die Frage sei, ob man das durchsetzen könne.
Bei Buchungen noch Luft nach oben
Auch bei den Erwartungen zur Buchungslage gibt sich Moerisch zurückhaltend: „Wir stehen auf jeden Fall fest, dass es keine Übernachfrage gibt. Es muss auf jeden Fall schon noch Einiges reinkommen.“ Die Hotellerie will auch mehr Arbeitskräfte aus Drittstaaten nach Österreich holen, denn nach wie vor sei Personal schwer zu finden. Im Durchschnitt sucht laut der Umfrage jeder Hotelbetrieb noch fünf zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Hier müsse die Politik umdenken, so Moerisch und mehr Attraktivität schaffen, auch für pensionierte Menschen: „Wenn ich eine Grenze habe bei 500 Euro Geringfügigkeit, dann ist das viel zu wenig. Das würde ich sofort aufstocken auf 2.000 Euro Zuverdienst, steuerfrei, sozialversicherungsbefreit, dann bringe ich zehntausend Menschen sofort in den Arbeitsmarkt. Da verstehe ich die Politik überhaupt nicht.“
Forderungsliste an Politik
Mehr als die Hälfte der Beherbergungsbetriebe will in den nächsten zwölf Monaten investieren, allerdings nicht unbedingt in einen Ausbau, so Moerisch: „Das sind hauptsächlich Instandhaltungen, die notwendig sind, um einen Betrieb ordentlich zu führen, sprich ein paar Badezimmer neu zu machen oder eine Küche auszubauen.“ Die Liste der Forderungen an die nächste Bundesregierung ist jedenfalls lang und reicht von weniger Bürokratie bis hin zur Öffnung des Arbeitsmarkts. *** red, kaernten.ORF.at
MEDIZIN
Österreich: Virenmonitoring
Mehr Fälle von Denguefieber registriert
Berlin – Die derzeitige Epidemie von Denguefieber-Erkrankungen in den Tropen und Teilen der Subtropen macht sich auch in Deutschland bemerkbar. In den ersten 17 Wochen diesen Jahres wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) 737 Erkrankungen bei Heimkehrern aus den Endemieregionen gemeldet – so viele wie noch nie zuvor. Darunter war laut dem Bericht im Epidemiologischen Bulletin (2024; DOI: 10.25646/12101 ) auch ein Todesfall.
Die globale Inzidenz des Denguefieber ist in den vergangenen Jahrzehnten in die Höhe geschnellt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dokumentierte zwischen 2000 und 2019 eine Verzehnfachung der weltweit gemeldeten Fälle von 500.000 auf 5,2 Millionen pro Jahr.
Während der Pandemie hat sich die Situation etwas beruhigt. Im Jahr 2023 ist es dann wieder zu einem deutlichen Anstieg auf erneut über 5 Millionen Fälle gekommen. Betroffen ist vor allem Lateinamerika mit allein 4,1 Millionen Fällen. Die Auswirkungen dieser beispiellosen Epidemie machen sich in Deutschland bemerkbar.
Dem RKI wurden in den ersten 17 Wochen diesen Jahres bereits 737 Denguefieber-Fälle übermittelt. Das sind mehr als 3 Mal so viele wie im gleichen Zeitraum von 2023 und deutlich mehr als in den Jahren vor der Pandemie: Insgesamt zwei Patienten sind an einem Dengue-hämorrhagischen Fieber (DHF) und einer am Dengue-Schock-Syndrom (DSS) erkrankt, ein weiterer Fall wurde als verstorben übermittelt.
Insgesamt 22 % der Patienten mussten im Krankenhaus behandelt werden. In den Jahren 2016 bis 2019 und 2023 hatte es nur 5 Fälle von DHF, kein DSS und keinen Todesfall gegeben.
Betroffene waren Reiserückkehrer im Alter von weniger als einem Jahr bis 94 Jahre. Sie waren im Urlaub von einer Mücke der Spezies Aedes (Ae.) aegypti oder Ae. albopictus gestochen worden, die das Denguevirus übertragen.
Die meisten Patienten haben sich in Lateinamerika (44 %) infiziert, gefolgt von Thailand (28 %) und anderen Ländern Asiens (22 %). Bezogen auf die Zahl der Flugreisen war die Inzidenz in Indonesien am höchsten.
Die derzeitige Epidemie in Lateinamerika macht sich in einer Häufung von Erkrankungen in Brasilien (plus 1.233 % gegenüber den Referenzjahren) und den französischen Territorien Martinique und Guadeloupe (plus 2.650 %) bemerkbar. Aber auch in anderen Ländern bis hinunter nach Argentinien ist es zu vermehrten Infektionen gekommen.
Reisenden in den Endemiegebieten wird empfohlen, sich ganztags vor Mückenstichen zu schützen. In den kommenden Monaten sollten sich die Rückkehrer, selbst wenn sie sich gesund fühlen, auch in der Heimat 2 Wochen vor Mückenstichen schützen. Dies gilt insbesondere für die Regionen in Süddeutschland (sowie der Schweiz und Österreichs), in denen in den letzten Jahren die asiatische Tigermücke (Ae. albopictus) beobachtet wurde.
Experten halten es angesichts der zunehmenden Ausbreitung der Dengueviren nicht für ausgeschlossen, dass es während der warmen Monate im Sommer und Frühherbst erstmals zu einer autochthonen Ausbreitung in Deutschland kommt. © rme/aerzteblatt.de
Antibiotikaverordnungen wieder auf vorpandemischem Niveau
Hamburg – Im vergangenen Jahr sind in Deutschland wieder mehr Antibiotika verschrieben worden. Das ergab eine heute veröffentlichte Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK).
Im Schnitt wurden danach im Jahr 2023 jeder versicherten Erwerbsperson 3,7 Tagesdosen Antibiotika verordnet. So hoch hatte der Wert zuletzt 2019 gelegen. Damit erreichten die Antibiotikaverordnungen wieder das Niveau von vor der Pandemie.
In den Coronajahren 2020 und 2021 waren mit durchschnittlich 2,8 und 2,6 Tagesdosen deutlich weniger Antibiotika verschrieben worden. Im Jahr 2022 waren es der TK zufolge 3,2 Tagesdosen.
Wie die Auswertung von Versichertendaten weiter zeigt, wurden nach einem Tiefststand im Jahr 2022 auch bei Erkältungen wieder mehr Antibiotika verordnet. So bekamen im vergangenen Jahr etwa 15 Prozent der Erwerbspersonen, die wegen einer Erkältung krankgeschrieben waren, ein entsprechendes Rezept. Im Jahr 2022 hatte der Anteil bei knapp neun Prozent gelegen, im Jahr 2021 bei 13 Prozent.Die Auswertung beruht auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der rund 5,7 Millionen bei der TK versicherten Erwerbspersonen. Dazu zählen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sowie Empfängern von Arbeitslosengeld I. © afp/aerzteblatt.de
Omega-3-Fettsäuren: Keine erkennbare Protektion gegen diabetische Retinopathie
Oxford – Ungesättigte Omega-3-Fettsäuren haben eine Reihe von gesundheitsfördernden beziehungsweise -schützenden Effekten; über bei der Metabolisierung entstehende Mediatoren sollen sie unter anderem antiinflammatorisch, vasodilatorisch und antiangiogen wirken.
Für die okuläre Gesundheit wird ihnen ein protektiver Effekt gegenüber altersabhängiger Makuladegeneration (AMD) und verschiedentlich auch gegenüber diabetischer Retinopathie zugesprochen. Mit Letzterem räumen jetzt die Ergebnisse einer großen britischen Studie unter der Bezeichnung ASCEND (A Study of Cardiovascular Events iN Diabetes) auf, wie eine Publikation in der Zeitschrift Ophthalmology zeigt (2024; DOI: 10.1016/j.ophtha.2023.11.030 ).
In ASCEND sind 15.480 Erwachsene mit Diabetes mellitus erfasst und von 2005 bis 2011 rekrutiert worden; die zu 62 % männlichen Teilnehmer waren bei Rekrutierung im Schnitt 63,5 Jahre alt, bei 95 % von ihnen lag der Typ 2 der Stoffwechselkrankheit vor.
Bei der Hälfte der Patienten wird eine Substitution von 1 Gramm Omega-3-Fettsäuren pro Tag durchgeführt, die Kontrollgruppe erhält ein Placebo. Das primäre Ziel der Studie ist es zu eruieren, ob mit den Substanzen – pro Tagesdosis werden 460 mg Eicosapentaensäure und 380 mg Docosahexaensäure zugeführt –kardiovaskuläre Ereignisse verhindert werden können. Hierzu lagen bislang mehrere große Studien vor; auf spezifische okuläre Effekte indes war dabei nicht fokussiert worden.
Von 7.360 Teilnehmern konnten nach einer durchschnittlichen Studiendauer von 6,5 Jahren die Daten darauf hin analysiert werden, ob es zu unterschiedlichen Inzidenzen einer behandlungsbedürftigen (referable disease) diabetischen Retinopathie oder einer diabetischen Makulopathie zwischen beiden Gruppen gekommen war.
In diesem Zeitraum trat in dem mit Omega-3-Fettsäuren behandelten Kollektiv ein solcher Befund bei 548 Studienteilnehmern, entsprechend 14,8 % auf, gegenüber einer derartigen Diagnosestellung bei 513 Teilnehmern, entsprechend 13,9 %, in der Placebogruppe. Dies entsprach einer rate ratio von 1,07 (95%-Konfidenzintervall [95%-KI] [0,95; 1,20]). Auch bei einem weiteren Endpunkt, der inzidenten Diagnose einer diabetischen Makulopathie, unterschieden sich beide Gruppen nicht.
Die Autoren resümieren, dass frühere Untersuchungen zu einem möglichen protektiven Effekt der Omega-3-Fettsäuren überwiegend experimentellen Charakter hatten und die Ergebnisse von ASCEND auf der ersten großen, prospektiven und well-conducted Studie beruhen.
Die bisher gültige Vorstellung einer potenziellen Wirkung ging von einer Blockade von Eicosapentaensäure-abgeleiteten Zytokinen wie dem vascular endothelial growth factor (VEGF) durch die zugeführten Substanzen in der Netzhaut aus.
VEGF wiederum ist einer der wesentlichen Faktoren in der Ausbildung der für Erkrankungen wie der diabetischen Retinopathie und der AMD so charakteristischen Neoangiogenese und der erhöhten vaskulären Permeabilität. „Die Daten“, so das Fazit der britischen Autoren, „schließen jeden klinisch bedeutsamen Nutzen einer täglichen Dosierung von 1 g Omega-3-Fettsäuren bei diabetischer Retinopathie aus.“ © rdg/aerzteblatt.de
Frühe Therapie von Asthma und COPD lohnt sich
Ottawa – Ein Telefonscreening mit anschließender Spirometrie und eventueller Behandlung beim Facharzt hat in einer randomisierten Studie bei Patienten mit neu entdeckter obstruktiver Lungenerkrankung (COPD oder Asthma) den Gesundheitszustand verbessert. Die Ergebnisse wurden jetzt im New England Journal of Medicine (NEJM 2024; DOI: 10.1056/NEJMoa2401389 ) publiziert.
Obstruktive Lungenerkrankungen wie Asthma und COPD sind Volkskrankheiten. In Deutschland haben nach einer Auswertung von Versichertendaten 6,4 % der Menschen eine COPD, 8,6 % erkranken im Verlauf ihres Lebens an Asthma. Die Erkrankungen können lebensbedrohlich sein.
COPD war 2019 die weltweit dritthäufigste Todesursache. Die beiden Erkrankungen werden häufig nicht oder zu spät erkannt. In einer bevölkerungsbasierten Studie aus Finnland wussten 7 von 10 COPD-Erkrankten nicht, dass sie an einer COPD litten (Chronic Obstructive Pulmonary Diseases 2022; DOI: 10.15326/jcopdf.2021.0265 )
Die meisten Pulmologen sind überzeugt, dass bei einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung viele Patienten vor dem Endstadium geschützt werden könnten. Kanadische Pulmologen haben in einer Studie die Möglichkeiten eines Bevölkerungsscreenings ausgelotet.
Zwischen Juni 2017 und Juni 2024 erhielten 1,18 Millionen Haushalte automatisierte Anrufe: Eine maschinelle Stimme erkundigte sich nach Personen über 18 Jahren, die in den letzten sechs Monaten Atemwegsbeschwerden wie Kurzatmigkeit, pfeifende Atmung, erhöhte Schleim- oder Sputumproduktion oder anhaltenden Husten hatten.
Wie zu erwarten, hängten die meisten sofort wieder auf, 236.301 der Angerufenen waren jedoch interessiert und 49.594 bestätigten, dass jemand im Haushalt unter Symptomen litt und dass sie zu einem zweiten, dieses Mal persönlichen Anruf bereit wären. Dort wurden dann 38.353 Personen genauer nach den Symptomen befragt.
Immerhin 4.272 Personen erzielten sechs oder weniger Punkte im „Asthma Screening Questionnaire“ oder 20 oder mehr Punkte im „COPD Diagnostic Questionnaire“. Beides weist auf eine mögliche obstruktive Lungenerkrankung hin.
Diese Personen wurden zu einer Spirometrieuntersuchung beim Facharzt eingeladen. Der Test konnte bei 2.857 Personen durchgeführt werden, und bei 595 Patienten wurde tatsächlich eine Obstruktion der Atemwege gefunden.
Die „Undiagnosed COPD and Asthma Population Study“ randomisierte diese Personen auf eine fachärztliche Betreuung oder eine Kontrollgruppe. Dort wurden die Ergebnisse der Spirometrie lediglich dem Hausarzt mitgeteilt. Die fachärztliche Behandlung bestand zu 92 % aus der Neuverordnung von Medikamenten gegen Asthma oder COPD.
Die Hausärzte verordneten die Medikamente nur an 60 % der Patienten. In der Interventionsgruppe erhielten die Patienten zudem eine Schulung zur Erkrankung und wenn sie aktive Raucher waren auch ein Angebot zur Entwöhnungsbehandlung, eventuell mit medikamentöser Unterstützung.
Der primäre Endpunkt der Studie waren Kontakte mit dem Gesundheitswesen wegen Atemwegsbeschwerden. Shawn Aaron vom Ottawa Hospital und Mitarbeiter ermitteln in der Interventionsgruppe eine jährliche Rate von 0,53 Kontakten/Jahr gegenüber 1,12 Kontakten/Jahr in der Kontrollgruppe. Dies ergab eine relative Inzidenzrate von 0,48, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,36 bis 0,63 statistisch signifikant war.
Im „St. George Respiratory Questionnaire“, der die respiratorische Gesundheit mit 0 bis 100 Punkten bewertet, kam es in der Interventionsgruppe zu einer Verbesserung um 10,2 Punkte, verglichen mit einer Verbesserung um 6,8 Punkten in der Kontrollgruppe.
Die Differenz von 3,5 Punkten war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,9 bis 6,0 Punkten signifikant. Im „COPD Assessment Test“, einem Fragebogen zur COPD mit maximal 40 Punkten, kam es in der Interventionsgruppe zu einer Verbesserung um 3,8 Punkte gegenüber einer Verbesserung um 2,6 Punkte in der Kontrollgruppe: Differenz 1,3 Punkte (0,1 bis 2,4 Punkte).
Das forcierte exspiratorische Volumen (FEV1) stieg in der Interventionsgruppe um 119 ml gegenüber 22 ml in der Kontrollgruppe: Differenz 94 ml (50-138 ml).
Das Urteil der deutschen Experten gegenüber dem Science Media Center fiel geteilt aus. Privatdozent Henrik Watz, Leiter des Pneumologischen Forschungsinstituts an der Lungenclinic Grosshansdorf bei Hamburg, begrüßte die Ergebnisse als „großen Mehrwert für die COPD- und Asthma-Forschung“, auch wenn weniger ressourcenintensive Ansätze als das Telefon-Screening benötigt würden.
Für Marek Lommatzsch von der Universitätsmedizin Rostock weist die Studie dagegen methodische Schwächen auf. Der Pneumologe hält die für das Screening verwendeten maschinellen automatisierten Anrufe für nicht geeignet, die Mehrzahl der Betroffenen zu finden, und auch die zur Diagnose verwendeten Lungenfunktionstests seien nicht in der Lage, die Erkrankungen zuverlässig zu diagnostizieren, da einige Asthma-Patienten zwischenzeitig eine normale Lungenfunktion haben.
Sinnvoller wären nach Ansicht von Lommatzsch Medienkampagnen. Sie sollten in der Bevölkerung das Bewusstsein für Symptome von Atemwegserkrankungen schärfen und auf die zur Verfügung stehenden hoch wirksamen Therapie-Optionen hinweisen: „Gehen Sie zum Arzt, wenn Sie Symptome einer chronischen Atemwegserkrankung haben. Das lohnt sich“, lautet der Appel des Experten an die Betroffenen. © rme/aerzteblatt.de
Sepsis: Paracetamol könnte vor Organschäden schützen
Nashville/Tennessee – Eine hochdosierte intravenöse Behandlung mit Paracetamol hat sich in einer randomisierten Phase-2b-Studie bei Sepsis-Patienten als sicher erwiesen. Der erhoffte Schutz vor Organschäden erreichte laut der Publikation im amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2024; DOI: 10.1001/jama.2024.8772 ) jedoch nicht das Signifikanzniveau und ein Vorteil für das Gesamtüberleben war nicht sicher nachweisbar.
Die Forscher sehen jedoch bei Patienten mit erhöhtem freien Hämoglobin einen günstigen Trend und bleiben angesichts der Ergebnisse in einigen sekundären Endpunkten zuversichtlich.
Paracetamol hat neben der bekannten antipyretischen und analgetischen Wirkungen möglicherweise auch eine hämoprotektive Komponente. Paracetamol soll verhindern, dass das bei vielen Sepsis-Patienten aus zerfallenen Erythrozyten freigesetzte Hämoglobin Organe wie Lungen oder Nieren schädigt, deren Versagen häufig für den tödlichen Ausgang der Sepsis verantwortlich ist.
Die Evidenz beruhte bisher nur auf Beobachtungsstudien, in denen Patienten mit einer hohen Konzentration von freiem Hämoglobin häufiger überlebten, wenn sie – aus anderen Gründen – Paracetamol erhalten hatten. Die Ergebnisse aus Beobachtungsstudien sind jedoch häufig verzerrt. Sie eignen sich nicht als Grundlage für Leitlinienempfehlungen.
Das US-National Heart, Lung, and Blood Institute hat deshalb im Oktober 2021 eine größere Phase-2b-Studie begonnen, an der 447 Patienten teilnahmen, die wegen einer Sepsis und drohendem Organversagen auf die Intensivstation verlegt worden waren.
Die ASTER-Studie („Acetaminophen and Ascorbate in Sepsis: Targeted Therapy to Enhance Recovery“) sollte dabei noch eine andere Frage klären: Ob eine hochdosierte intravenöse Gabe von Vitamin C die Prognose verbessern kann. Dieser Arm der Studie wurde im August 2022 abgebrochen, nachdem es in einer anderen Studie aus Kanada (LOVIT; NEJM 2022; DOI: 10.1056/NEJMoa2200644 ) im Vitamin C-Arm zu einem Anstieg der Todesfälle an Organversagen gekommen war.
Der Studienteil mit Paracetamol wurde fortgesetzt, und nach den jetzt von Lorraine Ware vom Vanderbilt University Medical Center in Nashville/Tennessee und Mitarbeitern vorgestellten Ergebnissen ist es zu keinen Sicherheitskomplikationen gekommen. Dies war ein wichtiges Ergebnis der Studie, denn die Behandlung erfolgte intravenös mit 1 g Paracetamol alle sechs Stunden über fünf Tage.
Die damit erzielte Tagesdosis von 4 g gilt heute als Obergrenze, um akute Leberschäden zu vermeiden, die bekanntlich tödlich enden können. Laut Ware ist es in der Paracetamolgruppe nicht häufiger zu einem Anstieg der Leberenzyme AST oder ALT gekommen als im Placeboarm (4 % versus 3 % mit einem Anstieg über das Zehnfache der Obergrenze des Normalwerts). Der Grenzwert des „Hy‘s Law“ für eine mögliche Leberschädigung wurde mit 2 % in der Paracetamol-Gruppe und 1 % in der Placebogruppe nur selten erreicht.
Die 447 Patienten, deren häufigste Infektionsquelle eine Pneumonie war (44 % in jeder Gruppe, 9 % positiv auf SARS-CoV-2), hatten zu 76 % zu Studienbeginn Vasopressoren erhalten, und sie benötigten zu 42 % eine assistierte Beatmung. Insgesamt 44 % der Patienten hatten bereits Paracetamol erhalten (Der häufigste Grund für den Einsatz von Paracetamol ist eine erhöhte Körpertemperatur).
Für die ASTER-Studie wurden die Patienten unabhängig von der Körpertemperatur zu gleichen Teilen auf die fünftägige Behandlung mit Paracetamol oder Placebo randomisiert. Der primäre Endpunkt war die Zahl der Lebenstage ohne Organunterstützung (Dialyse, assistierte Beatmung und/oder Vasopressoren) bis zum 28. Tag.
Hier gab es keine wesentlichen Unterschiede mit 20,2 Tagen in der Paracetamol-Gruppe und 19,6 Tagen in der Placebogruppe (Differenz 0,6 Tage; 95-%-Konfidenzintervall -1,4 bis 2,6 Tage).
In den meisten der 15 sekundären Endpunkten gab es in der Paracetamol-Gruppe ebenfalls keine signifikanten Vorteile, auch wenn viele Ergebnisse tendenziell die Gabe von Paracetamol favorisierten. Die einzigen signifikanten Vorteile wurden im SOFA-Score („sepsis-related organ failure assessment score“) an den Tagen 2 bis 4, also während der Behandlungsphase mit Paracetamol, registriert.
Auffällig war auch, dass nur 2,2 % der Patienten in den ersten sieben Tagen ein akutes Atemnotsyndrom (ARDS) entwickelten gegenüber 8,5 % in der Placebogruppe. Die Differenz war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,8 % bis 10,8 % statistisch signifikant.
Die Wirkung von Paracetamol scheint bei Patienten mit den höchsten Konzentrationen an freiem Hämoglobin (10 mg/dl oder höher) eine bessere Wirkung zu erzielen: Hier benötigten in der Paracetamol-Gruppe nur 8 % der Patienten eine unterstützte Beatmung gegenüber 23 % der Patienten in der Placebogruppe. Die Sterberate war in dieser Gruppe mit 12 % versus 21 % ebenfalls geringer. Die Unterschiede waren jedoch statistisch nicht signifikant.
Angesichts des fehlenden Vorteils im primären Endpunkt dürften die Ergebnisse keine Empfehlungsgrundlage für die Leitlinien schaffen. Die Forscher hoffen jetzt auf eine weitere größere Studie. Die Teilnahme soll dort auf Patienten mit einer erhöhten Konzentration an freiem Hämoglobin beschränkt werden. Konkrete Pläne werden jedoch nicht genannt. © rme/aerzteblatt.de
Thrombektomie auch bei großen Schlaganfällen sicher und effektiv
Montpellier – Eine Thrombektomie verbessert die Prognose von Schlaganfallpatienten auch bei größeren Läsionen, selbst wenn die Behandlung in einer randomisierten Studie aus Frankreich und Spanien im New England Journal of Medicine (2024; DOI: 10.1056/NEJMoa2314063 ) mit einer erhöhten Rate von intrazerebralen Blutungen verbunden war.
Die endovaskuläre Thrombektomie ist in den vergangenen Jahren in den Zentren, die dazu in der Lage sind, zu einer Standardbehandlung des ischämischen Schlaganfalls geworden.
Die randomisierten Studien, die im vergangenen Jahrzehnt die Überlegenheit gegenüber einer rein medikamentösen Therapie belegt haben, hatten jedoch Patienten mit großen Infarkten ausgeschlossen, weil das Risiko von tödlichen Hirnblutungen als zu hoch eingeschätzt wurde. Die Grenze wurde meist bei einem ASPECTS-Score von 2 gezogen.
Der „Alberta Stroke Program Early Computed Tomographic Score“ (ASPECTS) legt zehn Regionen in der Computertomografie fest, darunter sechs im Bereich der Arteria cerebri media, der am häufigsten vom Schlaganfall betroffenen Hirnarterie. Für jede betroffene Region wird ein Punkt abgezogen. Der ASPECTS-Score reicht von 0 bis 10, wobei weniger Punkte einen größeren Infarkt anzeigen.
An der LASTE-Studie („Large Stroke Therapy Evaluation“) nahmen seit April 2019 an 30 Kliniken in Frankreich und Spanien 333 Patienten teil. Einschlusskriterium war ein größerer Schlaganfall im vorderen Kreislauf des Gehirns mit einem ASPECTS-Score von 0 bis 5.
Bei 181 Patienten lag ein ASPECTS-Score von 0 bis 2 vor. Das mediane Infarktvolumen betrug 135 ml. Die Teilnahme war auf Patienten beschränkt, bei denen der Schlaganfall nicht länger als 6,5 Stunden zurücklag (in der Studie waren es median 305 Minuten).
Bei einem unklaren Beginn der Symptome (etwa in der Nacht) mussten die Veränderungen in der Magnetresonanztomografie mit einem Beginn vor weniger als 4,5 Stunden vereinbar sein.
Alle Patienten erhielten eine Standardbehandlung, die bei einem Drittel auch eine Thrombolyse umfasste. Die Hälfte der Patienten wurde auf eine zusätzliche Thrombektomie randomisiert. Dabei wird versucht, den Thrombus mit einem Katheter zu entfernen, der typischerweise über die Leiste in die Hirnarterie vorgeschoben wird.
Primärer Endpunkt der LASTE-Studie war der modifizierte Rankin-Score (mRS) nach 90 Tagen. Der mRS reicht von 0 Punkten (keine Behinderungen) bis 6 Punkten (Tod). Ein günstiges Ergebnis ist ein mRS von 2 oder weniger, bei dem die Patienten mit allenfalls leichten Behinderungen überleben.
Wie das Team um Caroline Arquizan vom Hôpital Gui de Chauliac in Montpellier berichtet, wurde die Studie im Februar 2023 vorzeitig abgebrochen, als sich ein klarer Vorteil der Thrombektomie-Gruppe abzeichnete.
Einen günstigen mRS-Score von 0 bis 2 hatten 53 Patienten erreicht gegenüber nur 20 Patienten in der Kontrollgruppe. Auch unter den Patienten mit den größten Infarkten (ASPECTS-Score 0-2) erreichten 27 Patienten einen günstigen mRS gegenüber nur 9 Patienten in der Kontrollgruppe.
Der mittlere mRS-Score betrug nach 90 Tagen in der Thrombektomie-Gruppe 4 gegenüber 6 in der Kontrollgruppe. Arquizan ermittelt eine Odds Ratio für ein besseres Ergebnis von 1,63, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall vom 1,29 bis 2,06 statistisch signifikant war. Dieser Vorteil bestand auch nach 180 Tagen (Odds Ratio 1,71 (1,35 bis 2,18).
Es kam zwar zu der befürchteten höheren Rate von schweren Hirnblutungen. Sie wurden in der Thrombektomie-Gruppe bei 9,6 % der Patienten beobachtet gegenüber 5,7 % der Patienten in der Kontrollgruppe (adjustiertes relatives Risiko 1,73; 0,78-4,68). Bei elf Patienten kam es während der Katheterbehandung zu Komplikationen wie einer Dissektion oder Perforation von Arterien oder Embolisationen.
Doch die Sterberate nach 90 Tagen war mit 36,1 % in der Thrombektomie-Gruppe gegenüber 55,5 % signifikant niedriger (adjustiertes relatives Risiko 0,65; 0,50-0,84).
Das Fazit von Arquizan fällt deshalb positiv aus. Die Studie zeige, dass bei Patienten mit einem proximalen Verschluss großer Gefäße und einem großen Infarkt eine endovaskuläre Thrombektomie plus medizinischer Versorgung zu besseren funktionellen Ergebnissen führe mit einer geringeren Mortalität als die alleinige medizinische Behandlung.
Es müsse jedoch mit einer gewissen Rate von verfahrenstechnischen Komplikationen und einer höheren Inzidenz symptomatischer intrazerebraler Blutungen gerechnet werden. © rme/aerzteblatt.de
GESUNDHEITSSYSTEM
Britischer Skandal um infizierte Blutkonserven sollte vertuscht werden
London – Ein Skandal um infizierte Blutkonserven in Großbritannien mit mehr als 3.000 Toten hätte weitgehend vermieden werden können. Ein gestern veröffentlichter Untersuchungsbericht kommt zu dem Ergebnis, es habe eine weitverbreitete Vertuschung gegeben, um die Wahrheit zu verbergen.
Regierungsbeamte hätten Dokumente vernichtet, Patienten seien wissentlich inakzeptablen Infektionsrisiken ausgesetzt gewesen. Opfergruppen begrüßten den Bericht.
Es wird erwartet, dass die Regierung den Opfern mehrere Milliarden Pfund Schadenersatz zuerkennen wird. Premierminister Rishi Sunak versprach gestern im Parlament „umfassende Entschädigung“. „Ich möchte mich von ganzem Herzen und uneingeschränkt entschuldigen für diese furchtbare Ungerechtigkeit“, sagte der konservative Regierungschef im Unterhaus.
Schon in den kommenden drei Monaten sollten viele Opfer weiteren vorläufige Entschädigungszahlungen in Höhe von 210.000 Pfund (mehr als 245.000 Euro) erhalten, sagte das zuständige Kabinettsmitglied John Glen heute im Parlament in London. Eine Gesamtsumme nannte der konservative Politiker nicht. Medienberichten zufolge hat die Regierung aber mindestens zehn Milliarden Pfund (11,7 Milliarden Euro) vorgemerkt.
Im größten Behandlungsskandal des britischen Gesundheitsdiensts NHS hatten in den 1970er- und 1980er-Jahren bis zu 30.000 Menschen kontaminierte Blutprodukte erhalten. Mehr als 3.000 Menschen starben, nachdem sie sich bei Bluttransfusionen oder Behandlungen mit HIV oder Hepatitis C infiziert hatten.
Die Katastrophe sei kein Zufall gewesen, sagte der Chef der Untersuchungskommission, Brian Langstaff, vor Journalisten. „Menschen haben darauf vertraut, dass Ärzte und die Regierung für ihre Sicherheit sorgen, und dieses Vertrauen wurde missbraucht.“
Der mehr als 2.500 Seiten lange Bericht der „Infected Blood Inquiry“ prangert einen „Katalog des Versagens“ an. Die Folgen seien nicht nur für die infizierten Menschen, sondern auch für ihre Angehörigen katastrophal gewesen, sagte Langstaff. Die Katastrophe dauere an, weil weiterhin jede Woche Patienten stürben, die „lebenszerstörende“ Infektionen erlitten hätten.Behauptungen verschiedener Regierungen, dass Patienten damals die beste medizinische Behandlung erhielten und Blutuntersuchungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt eingeführt worden seien, seien unwahr, sagte Langstaff. Die Wahrheit sei jahrzehntelang verschwiegen worden und es gebe Beweise, dass Unterlagen des Gesundheitsministeriums zur Vernichtung markiert worden seien. © dpa/aerzteblatt.de
UMWELT
UNO-Bericht: Graslandschaften weltweit in schlechtem Zustand
Die natürlichen Graslandschaften – mehr als die Hälfte der globalen Landfläche – sind in großen Teilen der Welt in schlechtem Zustand. Bei bis zu 50 Prozent der „Rangelands“ genannten Gebiete sei die Bodenqualität vermindert, schreiben Fachleute in einem soeben veröffentlichten UNO-Bericht.
Es handle sich um eine ernsthafte Bedrohung für die Nahrungsmittelversorgung der Menschheit und das Wohlergehen oder gar Überleben von Milliarden von Menschen, teilte das Sekretariat des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Desertifikation (UNCCD) mit. „Wenn wir einen Wald abholzen, wenn wir einen 100 Jahre alten Baum umfallen sehen, löst das bei vielen von uns zu Recht eine emotionale Reaktion aus. Die Umwandlung uralter Weideflächen hingegen geschieht in aller Stille“, sagte UNCCD-Exekutivsekretär Ibrahim Thiaw.
Unter „Rangelands“ versteht man verschiedene, von Wild und Vieh beweidete Landschaften mit vorrangig natürlicher Vegetation. Zu diesen naturnahen Graslandschaften gehören unter anderem Prärien, Steppen, Savannen, Buschland, Wüsten und Tundren. Wälder und intensiv genutzte Agrarflächen gehören hingegen nicht dazu. Insgesamt machen die Landschaften laut dem UNO-Bericht rund 54 Prozent der Landfläche auf der Erde aus. „Sie stehen für ein Sechstel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion und stellen fast ein Drittel des Kohlenstoffspeichers der Erde dar“, schreibt die UNCCD. Insgesamt seien rund zwei Milliarden Menschen auf diese Gebiete angewiesen. 84 Prozent der „Rangelands“ werden demnach für Viehzucht genutzt.
Zu den Problemen gehören dem Report zufolge unter anderem eine geringe Fruchtbarkeit der Böden und wenig Nährstoffe, Erosion, Versalzung und Verdichtung des Bodens. „Alle diese Faktoren tragen zu Trockenheit, Niederschlagsschwankungen und dem Verlust der biologischen Vielfalt über und unter der Erde bei.“
Probleme durch neues Ackerland
Als Hauptgründe für die schlechte Situation gibt die UNCCD vor allem Änderungen der Landnutzung an. So werden Weiden in Ackerland umfunktioniert, auch getrieben von der rasant wachsenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln, Textilfasern und Biosprit. Zudem ist es demnach problematisch, wenn Weiden übermäßig durch Tierherden beansprucht werden – oder sie nicht mehr durch Hirten gepflegt werden und verwildern. Auch die Klimakrise und der Verlust der biologischen Vielfalt machten Weidelandschaften zu schaffen, so die UNCCD.
GESELLSCHAFT
Obdachlosigkeit: Ältere besonders betroffen – Risiko eines verfrühten Todes laut kanadischer Studie ab Alter von 50 Jahren um 3,5 Mal höher
Toronto (pte020/21.05.2024/10:30) – Obdachlosigkeit wirkt sich immer stärker auf ältere Erwachsene aus, zeigt eine Studie unter Leitung des St. Michael’s Hospital, die diese Entwicklung als eine sich abzeichnende Krise beschreibt. Die Betroffenen werden bereits mit 50 Jahren als ältere Erwachsene angesehen, da ein sichtbares Altern aufgrund der Obdachlosigkeit früher als bei Menschen auftritt, die über eine sichere Wohnsituation verfügen.
Zudem kommt es oft auch früher zu chronischen Erkrankungen sowie kognitiven Einschränkung. Zusätzlich ist das Risiko eines verfrühten Todes bei Obdachlosen um 3,5 Mal höher. Dieses Risiko ist besonders bei Betroffenen hoch, die erst spät in ihrem Leben das erste Mal obdachlos werden.
Persönliche Beziehungen
2021 waren 32 Prozent der Personen in den kanadischen Notunterkünften über 50 Jahre alt. Auch gibt es viele ältere Menschen, die im Freien oder zeitweise bei Freunden oder der Familie leben. Laut der Studienautorin Jillian Alston erleben ältere Menschen, die obdachlos sind, eine erhebliche Marginalisierung, Dehumanisierung und strukturelle Gewalt. Die Expertin fordert daher in Beziehungen Vertrauen, Pflege, das Aufbauen einer Beziehung und das Sicherstellen persönlicher Sicherheit.
Unterkünfte sind Alston zufolge von entscheidender Bedeutung, die auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen Rücksicht nehmen. Erkrankungen, die mit zunehmendem Alter häufiger werden, wie kognitive Beeinträchtigungen und Probleme mit der Mobilität, können den Unterhalt eines Wohnraums für manche ältere Menschen schwieriger machen.
Notunterkünfte unzureichend
Eine Lösung dieses wachsenden Problems erfordert jedoch die umfassende Zusammenarbeit aller zuständigen Stellen. Zusätzlich sind laut der Fachfrau Ansätze zur Behandlung von Traumata für jene von großer Bedeutung, die früher in ihrem Leben Notsituationen und seelischen Schocks ausgesetzt waren. Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass ohne sofortige Maßnahme ältere Obdachlose weiterhin marginalisiert sind, einer frühen Alterung unterliegen und auch künftig in Notunterkünften dem Risiko einer Verschlechterung ihres Zustandes oder des Todes ausgesetzt sind.
Verantwortlich dafür ist laut den Autoren, dass derartige Einrichtungen nicht darauf ausgerichtet sind, die Bedürfnisse dieser Menschen zu erfüllen. Studienautor Andrew Boozary zufolge ist der menschliche Tribut, den die Obdachlosigkeit fordert, sehr groß. „Unverhältnismäßig häufig sind es Indigene, Schwarze, Geflüchtete und Neuankömmlinge sowie 2SLGBTQ+Personen.“ Die Forschungsergebnisse sind im „Canadian Medical Association Journal“ nachzulesen. (Ende)
Konsumverhalten: Tierwohl schlägt Ökologie – Forscher der University of Portsmouth untersuchen wichtigste Faktoren beim Lebensmittelkauf
Portsmouth (pte005/21.05.2024/06:15) – Beim Kauf von Fleisch- und Milchprodukten ist den Verbrauchern die Behandlung von Tieren wichtiger als ökologische Aspekte. Das geht aus einer Online-Umfrage von Forschern der University of Portsmouth unter 3.192 Verbrauchern in Tschechien, Spanien, Schweden, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich hervor. Den Konsumenten ist demnach Nachhaltigkeit zwar wichtig. Andere Faktoren wie Geschmack, Qualität und Tierschutz hätten bei Kaufentscheidungen aber Vorrang.
Von Frische bis fairer Handel
Die Experten haben 17 Faktoren beim Kauf von Fleisch- und Milchprodukten auf einer Skala von 1 (überhaupt nicht wichtig) bis 5 (äußerst wichtig) abgefragt. Die Faktoren waren Frische, Qualität/Geschmack, gesunde Ernährung, Nährwert, Preis, Verarbeitung, Sonderangebote, Bequemlichkeit bei der Verwendung/Zubereitung, Bekanntheit der Marke, Tierschutz, Freilandhaltung, lokal produziert, nachhaltige Verpackung, Transportentfernung, CO2-Fußabdruck, biologischer Anbau und fairer Handel.
In allen Ländern haben die Verbraucher durchweg Frische, Qualität/Geschmack und Tierschutz als wichtigste Eigenschaften angegeben. Im Gegensatz dazu wurden Umweltfaktoren wie die Transportentfernung, der CO2-Fußabdruck und die ökologische Erzeugung als weniger wichtig für die Kaufentscheidung angesehen. Nachhaltigkeitssiegel empfanden die Verbraucher jedoch als hilfreich, wie es weiter heißt.
Kennzeichnung überaus wichtig
„Unsere Studie zeigt das komplexe Zusammenspiel von Faktoren, die das Verbraucherverhalten beim Kauf von Fleisch und Milchprodukten beeinflussen. Die Verbraucher glauben, dass Infos über den Tierschutz, die Lebensmittelsicherheit, die Gesundheit und die Ernährung bei der Auswahl von Lebensmitteln wichtiger sind als die Umweltverträglichkeit“, sagt Forschungsleiter Andy Jin.
Die Ergebnisse zeigten, wie wichtig Kennzeichnungsstrategien von Unternehmen der Lebensmittelbranche seien, und dass sie mehrere Aspekte von Produktattributen und nicht nur Umweltaspekte berücksichtigen sollten. „Unsere Ergebnisse sollten in politische Maßnahmen umgesetzt werden, die den Menschen die Wahl nachhaltig erzeugter Produkte erleichtern“, unterstreicht Jin abschließend. (Ende)
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