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FAZIT DES TAGES
Wer sich um andere kümmert, hat keine Zeit, alt zu sein.
Wilhelmine Lübke
COMMENT – FAZIT:
- Israel: weitere Kämpfe in Rafah, Israel greift im Süd-Libanon Hizbollah und in Syrien proiranische Ziele an
- Ukraine: Putin-Rede, Selenskyjs Wunsch nach baldiger Aufnahme der Ukraine in die EU
- Anstieg der US-Arbeitslosenzahlen nährt Zinssenkungshoffnungen
- Orban und Xi: das neue Freundespaar mit atomarem Feuer unterm Hintern
- Politischer Rechtsruck bei Jugendlichen bei der EU-Wahl – Prognosen und Ursachenanalyse
Märkte – Report
Israel, Ukraine
Meldungen
Themenreigen – Bildung: vorwissenschaftliche Arbeit in Diskussion; Gesellschaft: Jugend rückt politisch nach rechts, undercover-Studie
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Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!
HELLMEYER-Report (gekürzt)
- Märkte: DAX-Börsenampel springt auf „grün“
- IFO-Institut: Auftragsmangel in deutscher Wirtschaft steigt
Märkte: DAX-Börsenampel springt auf „grün“
An den Finanzmärkten ergab sich über unseren Feiertag eine aufgehellte Stimmungslage.
Maßgebliche Auslöser waren einerseits die Leitzinssenkung in Schweden um 0,25% auf 3,75% als
auch verstärkte Zinssenkungserwartungen in Großbritannien. Entscheidender wirkten unerwartet
hohe US-Arbeitslosenerstanträge, die US-Inflationserwartungen dämpften und US-Zinssenkungs-
erwartungen unterstützten. In diesem Fall waren „schlechte Nachrichten“ „gute Nachrichten“
(siehe Datenpotpourri).
Exkurs Deutschland: Die Daten der deutschen Industrieproduktion verfehlten die Erwartungen
unter Einbeziehung der Revision des Vormonatswerts. Grundlage der Produktion ist die
Auftragslage. Dazu lieferte das IFO-Institut prekäre Umfragewerte in der aktuellen April-Edition
(siehe unten).
Kommentar: Die Rahmendaten Deutschlands bieten keine internationale Konkurrenzfähigkeit. Eine
fortgesetzte Realitätsverweigerung wird uns teuer zu stehen kommen, ökonomisch,
gesellschaftspolitisch und politisch! DIW Chef Fratzscher warnte vor einem Rechtsruck der jungen
Generation in Europa. Er beklagt damit das Resultat der nicht interessenorientierten Politik
(anders in den USA und Japan – Energie!). Es drängt sich die Frage auf, ob wir in diesem Land mit
einem „professionellem ökonomischen Ignorantentum“ in unseren politischen und medialen Eliten
gesegnet sind.
Die DAX-Börsenampel sprang nach dem Überwinden des Widerstands bei 18.500 Punkte auf
„grün“. Der Late DAX gewann 1,13%, der EuroStoxx 0,35%, der S&P 500 0,51%, der Dow Jones
0,88% und der US Tech 100 0,18%. In Fernost ergibt sich Stand 07:10 Uhr folgendes Bild. Der
Nikkei (Japan) legt um 0,33% zu. Der Sensex (Indien) steigt um 0,56%, der Kospi (Südkorea) um
0,65% und der Hangseng (Hongkong) um 2,20%. Dagegen verliert der CSI 300 (China) 0,06%.
Rentenmärkte: Die 10 jährige Bundesanleihe rentiert aktuell bei 2,48%, die 10-jährige US-
Staatsanleihe bei 4,46%. Damit wird das zuletzt ermäßigte Niveau bestätigt.
Der USD verliert leicht gegenüber dem USD. Gold und Silber konnten zuletzt an Boden gewinnen
Nachrichten in Kurzform:
• Berlin: Wirtschaftsminister Habeck setzt sich für einen zügigen Beitritt der Ukraine
zur EU ein.
=> Ist die EU ein Selbstbedienungsladen – Regeln sind einzuhalten!
• Stockholm. Nach der Schweizer Nationalbank senkte auch die schwedische
Notenbank den Leitzins um 0,25% (jetzt 3,75%).
=> Implikationen für die „großen“ Notenbanken
• Brüssel: Vier EU-Länder (Irland, Spanien, Slowenien und Malta) planen laut
Medienberichten eine Anerkennung des Palästinenserstaates am 21. Mai 2021
(zuvor am 10. Mai Abstimmung in UN-Generalversammlung).
• Tokio: Die Verbraucherausgaben sind per März den 13. Monat in Folge im
Jahresvergleich gefallen. Per März lag der Rückgang bei 1,2%.
• Washington: Unerwartet hohe US-Arbeitslosenerstanträge wirkten entspannend auf
Inflationserwartungen und erhöhten die Risikobereitschaft an Aktienmärkten.
=> Wenn „schlechte“ Nachrichten wie „gute“ Nachrichten wirken …
Deutschland: USA größter Handelspartner
Im ersten Quartal 2024 waren die USA der größte Handelspartner Deutschlands. Das
Handelsvolumen stellte sich auf circa 63 Mrd. EUR. Chinas Warenaustausch lag
dagegen bei rund 60 Mrd. EUR. Im Gesamtjahr 2023 lag China noch knapp vor den
USA.
=> Anti-China Politik wirkt, Waffenlieferungen spielen auch eine Rolle.
IFO-Institut: Auftragsmangel in deutscher Wirtschaft steigt
Der Auftragsmangel in der deutschen Wirtschaft hat sich im April verschärft. 39,5% der
Industriebetriebe berichteten von fehlenden Aufträgen, nach 36,9% im Januar.
=> Prekär – siehe Kommentar!
Britische Notenbank nähert sich erster Zinssenkung seit 2020
Die Zentralbank des UK hielt an den Leitzins bei 5,25% fest. Sie signalisiert eine
nahende Zinswende. Die Entscheidung im geldpolitischen Ausschuss fiel mit sieben zu
zwei Stimmen. Notenbankchef Bailey zeigte sich optimistisch, dass sich die Dinge in
die richtige Richtung bewegen. An den Terminmärkten wurde zuletzt der 1. August als
wahrscheinlicher Zeitpunkt für eine erste Senkung angesehen.
IFO-Institut: Auftragsmangel in deutscher Wirtschaft steigt
Der Auftragsmangel in der deutschen Wirtschaft hat sich im April laut vierteljährlicher Umfrage des IFO-Instituts verschärft. 39,5% der Industriebetriebe berichteten von fehlenden Aufträgen, nach 36,9% im Januar. In der Industrie sind die energieintensiven Branchen besonders von einem schwachen Neugeschäft betroffen. Im Dienstleistungssektor stieg der Anteil leicht von 32,1% auf 32,4%.
O-Ton IFO-Institut: „Der Mangel an Aufträgen hemmt die konjunkturelle Entwicklung in
Deutschland. Kaum eine Branche bleibt verschont.“ [Fettdruck im Original]
Kommentar: Das Konjunkturdilemma setzt sich insbesondere in den unser Geschäftsmodell
tragenden Sektoren fort. Bei Auftragsmangel wird am Ende weniger produziert.
Seit dem Höchstwert im Jahr 2017 ist die Industrieproduktion um 12% gefallen, während die Weltwirtschaft um mehr als 20% zugelegt hat. An dieser Divergenz lässt sich das Strukturdefizit Deutschlands festmachen! Wann wacht Berlin auf, wann wachen wir auf? Was muss noch passieren? Wir reden von einem Kernelement der deutschen Ökonomie! Es bedarf zeitnah einer umfassenden politischen Kehrtwende, um Konkurrenzfähigkeit zu erlangen. [Unterstreichung und Fettdruck im Original]
Datenpotpourri der letzten 48 Handelsstunden
Eurozone: Schwache Industrieproduktion in Deutschland und Spanien
Deutschland: Die Industrieproduktion sank per Berichtsmonat März im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose -0,6%). Der Vormonatswert wurde von +2,1% auf +1,7% revidiert. Ergo ergab sich gegenüber der Konsensus-Prognose für den Zweimonatszeitraum Februar/März eine Verfehlung um 0,2%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 3,35% (Vormonat revidiert von -4,76% auf -5,16%).
Spanien: Die Industrieproduktion fiel per Berichtsmonat März im Jahresvergleich um 1,2%. Der Vormonatswert wurde von +1,5% auf +1,3% revidiert.
Italien: Die Einzelhandelsumsätze waren per März im Monatsverglich unverändert (Vormonat +0,1%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 2,0% nach zuvor 2,4%.
UK: Zunächst Politik der ruhigen Hand
Die Bank of England hat den Leitzins erwartungsgemäß bei 5,25% belassen. Zwei der neun
Mitglieder votierten für eine Zinssenkung (letzte Sitzung ein Mitglied).
Schweden: Notenbank senkt Leitzins
Die schwedische Notenbank (Riksbank) senkte den Leitzins erwartungsgemäß von bisher
4,00% auf 3,75%.
USA: Arbeitslosenerstanträge steigen unerwartet
Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich per Stichtag 4. Mai auf 231.000 (Prognose 215.000)
nach zuvor 209.000 (revidiert von 208.000). Es war der höchste Wert seit November 2023.
Der MBA Hypothekenmarktindex legte in der Berichtswoche per 3. Mai von zuvor 192,1 auf 197,1 Punkte zu.
Die Großhandelslagerbestände gingen per März im Monatsvergleich um 0,4% zurück
(Prognose -0,4%, Vormonat -0,4%). Der Absatz im Großhandel verzeichnete per März einen
Rückgang um 1,3% nach zuvor +2,0% (revidiert von +2,3%).
China: Starke Handelsbilanz, steigende Exporte und Importe (= höhere Aktivität)
Die Handelsbilanz wies per April einen Aktivsaldo in Höhe von 72,35 Mrd. USD (Prognose 77,5 Mrd. USD) nach zuvor 58,55 Mrd. USD aus. Exporte legten im Jahresvergleich um 1,5% (Prognose 1,5%) zu, während Importe im Jahresvergleich um 8,4% (Prognose 4,8%) stiegen.
Hier den Hellmeyer Report lesen! (inkl. Graphiken und Tabellen!)
MÄRKTE
DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen
DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
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Do | NACHBÖRSE/XDAX +0,2% auf 18.718 Pkt | 573 | Dow Jones News | |
Do | MÄRKTE USA/Wall Street vom Arbeitsmarkt gestützt | 430 | Dow Jones News | |
Do | Aktien New York Schluss: Dow wieder in Richtung Rekordhoch unterwegs | 440 | dpa-AFX | |
Do | US-Anleihen: Kursgewinne – Arbeitsmarktdaten stützen NEW YORK (dpa-AFX) – Die Kurse von US-Staatsanleihen sind am Donnerstag gestützt durch schwache Arbeitsmarktdaten gestiegen. Der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) stieg zuletzt um 0,23 Prozent auf 109,08 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Staatspapiere sank im Gegenzug auf 4,46 Prozent. In den USA stieg die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe deutlich stärker als erwartet. In der vergangenen Woche legte die Zahl der Hilfsanträge 22 000 auf 231 000 zu. Dies ist der höchste Stand seit August 2023. Volkswirte hatten im Schnitt lediglich mit einem Anstieg auf 212 000 Anträge gerechnet. Die US-Notenbank Fed berücksichtigt bei ihren Inflationsbetrachtungen die Lage auf dem Arbeitsmarkt, weil sich diese auf die Verbraucherpreise auswirken kann. Die Erwartungen auf baldige Leitzinssenkungen wurden zuletzt durch die hartnäckige Inflation gedämpft. Die schwachen Beschäftigungsmarktdaten stützen hingegen die Spekulationen auf Zinssenkungen. Bereits der am vergangenen Freitag veröffentlichte monatliche Arbeitsmarktbericht hatte laut Marktbeobachtern Signale in die gleiche Richtung gezeigt./jsl/stk/ajx/he | 399 | dpa-AFX | |
Do | MÄRKTE EUROPA/DAX in Feierlaune – FTSE nach BoE auf Allzeithoch | 481 | Dow Jones News | |
Do | Aktien Wien Schluss: Fest – China-Daten und Zinshoffnungen stützen | 749 | dpa-AFX | |
Do | XETRA-SCHLUSS/DAX am Feiertag in Rekordlaune | 439 | Dow Jones News | |
Do | ROUNDUP/Aktien Europa Schluss: Gewinne – Rekord im ‚Footsie‘ nach Zinssignalen | 327 | dpa-AFX | |
Do | ROUNDUP/Aktien Frankfurt Schluss: Dax auf Rekordhoch knapp unter 18 700 Punkten | 473 | dpa-AFX | |
Do | Dax legt am Feiertag kräftig zu und verbucht neues Rekordhoch | 311 | dts Nachrichtenagentur | |
Do | Deutsche Anleihen: Kursverluste – China-Daten belasten FRANKFURT (dpa-AFX) – Die Kurse deutscher Bundesanleihen sind am Donnerstag gefallen. Bis zum Nachmittag gab der richtungweisende Terminkontrakt Euro-Bund-Future um 0,26 Prozent auf 131,01 Punkte nach. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen stieg im Gegenzug auf 2,49 Prozent. In den meisten Ländern der Eurozone legten die Renditen zu. Außenhandelsdaten aus China belasteten die Anleihekurse etwas. Im April haben die Exporte und noch deutlicher die Importe zugelegt. Experten sehen darin Anzeichen einer Stabilisierung der inländischen und internationalen Nachfrage. In Deutschland und der Eurozone wurden am Vormittag keine wichtigen Konjunkturdaten veröffentlicht. In wichtigen Ländern des Währungsraums ist Feiertag. Die am Nachmittag in den USA veröffentlichten Daten zu den wöchentlichen Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe stützten die Anleihekurse nur vorübergehend. In den USA ist die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe deutlich stärker gestiegen als erwartet. Die US-Notenbank Fed berücksichtigt auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt, weil sich diese auf die Verbraucherpreise auswirken kann. Die Erwartungen auf baldige Leitzinssenkungen wurden zuletzt durch die hartnäckige Inflation gedämpft. Schwache Arbeitsmarktdaten stützen hingegen die Spekulationen auf Zinssenkungen. Die britische Notenbank signalisierte eine baldige Zinssenkung. Der Leitzins wurde aber zunächst bei 5,25 Prozent belassen. „Wir haben ermutigende Nachrichten über die Inflation, und wir denken, dass sie in den nächsten Monaten in die Nähe unseres Zwei-Prozent-Ziels fallen wird“, sagte Notenbankchef Andrew Bailey laut einer Mitteilung. „Ich bin optimistisch, dass sich die Dinge in die richtige Richtung bewegen.“ Die Reaktionen am britischen Anleihemarkt hielten sich jedoch in Grenzen./jsl/he Vermögen – Steuern Momentum Institut: Mader: „Vermögenssteuern sind überfällig“ (inkl. 18-min-Video) Katharina Mader, die Chefökonomin des Momentum-Instituts, fordert im Interview aus krone.tv eine deutlich höhere Vermögensbesteuerung, als das derzeit in Österreich der Fall ist. „Erbschaftssteuern und Vermögenssteuern insgesamt sind mehr als notwendig und extrem überfällig in Österreich. Wir hatten das auch schon. Und es wird nach Einführung auch nicht die extrem große Abwanderung von Kapital geben. Im Gegenteil. Denn auch im Umgekehrten, also jetzt, wo wir keine Erbschaftssteuern haben, müssten ja alle Superreichen bei uns sein. Aber wenn wir uns die Dichte von Reichen und Superreichen ansehen, dann ist die in der Schweiz viel höher als bei uns“, so die Chefökonomin. Hohe Besteuerung von Arbeitseinkommen Insgesamt werde in Österreich Arbeitseinkommen auch im internationalen Vergleich sehr hoch besteuert, Vermögen und etwa Erbschaften hingegen nicht. Das müsse sich ändern, weswegen Vermögenssteuern ein guter Weg wären, Staatseinnahmen zu erhöhen. Insgesamt gehe es darum, den Wohlstand in Österreich zu erhalten. Dazu zählen auch die zahlreichen Gesundheitseinrichtungen. Und die gelte es mit genügend Kapital auszustatten. Einnahmen aus Vermögenssteuern könnten nach Studien des Momentum Instituts sechs bis 20 Milliarden Euro pro Jahr betragen, so Mader. | 329 | dpa-AFX |
ISRAEL
n-tv aktuell ISRAEL
09.05.2024 23:09
Falls US-Unterstützung wegfällt Netanjahu: Israel kämpft notfalls auch allein
Die USA wollen bei einer möglichen Offensive in Rafah die Waffenlieferungen an Israel weiter einschränken. Ministerpräsident Netanjahu betont, dass sich sein Land auch alleine verteidigen und „mit seinen Klauen“ kämpfen und siegen werde.
09.05.2024 22:20
Auch Thunberg in Malmö dabei Tausende protestieren gegen ESC-Teilnehmerin aus Israel
Der Krieg im Gazastreifen überschattet auch den Eurovision Song Contest in Schweden. Mehr als 10.000 Menschen protestieren gegen die Teilnahme der Israelin Eden Golan an dem Musik-Wettbewerb. Mit dabei ist auch Greta Thunberg.
09.05.2024 19:39
Oberrabbiner erhält Karlspreis Jüdischer Preisträger redet Politik ins Gewissen
Für sein Engagement für europäische Werte, Verständigung und interreligiösen Dialog erhält Pinchas Goldschmidt den Karlspreis. Der Oberrabbiner nutzt die Gelegenheit, um auf staatliche Defizite beim Schutz von jüdischem Leben hinzuweisen. Und dann überrascht der Preisträger das Publikum.
09.05.2024 08:59
Israel-Hamas-Krieg nur Anlass Hinter den Uni-Protesten tobt ein Machtkampf
In den USA sind von Ost bis West die Hochschulleitungen und die Polizei mit Härte gegen propalästinensische Proteste vorgegangen. Die Sicherheitskräfte nahmen Studierende fest, lösten Lager auf, beendeten Besetzungen. Doch das ist nur ein Teil der Geschichte. Von Roland Peters, New York
n-tv aktuell Nahost-Konflikt
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NACHT IM ÜBERBLICK – ISRAEL
ROUNDUP: Israel setzt Kämpfe in Rafah fort – Die Nacht im Überblick
WASHINGTON/TEL AVIV/GAZA (dpa-AFX) – Israel will sich auch durch wachsenden Druck seines engsten Verbündeten USA nicht von seinem Kriegskurs im Gazastreifen abbringen lassen. „Wenn wir für uns alleine stehen müssen, dann werden wir für uns alleine stehen“, sagte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in einer am Donnerstag veröffentlichten Videobotschaft. Sein Armeesprecher Daniel Hagari sagte, man verfüge über genügend Waffen und Munition, um den Einsatz in der Stadt Rafah fortzusetzen. Die US-Regierung hatte gedroht, Waffenlieferungen im Falle einer großangelegten Invasion in der mit Flüchtlingen überfüllten Stadt einzuschränken. Nun appellierte sie erneut an Israel, von einer umfassenden Bodenoffensive in der an Ägypten grenzenden Stadt im Süden Gazas abzusehen und so auch eine Beschränkung amerikanischer Waffenlieferungen abzuwenden.
Palästinenser wollen Rückhalt für UN-Mitgliedschaft sichern
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen soll unterdessen an diesem Freitag über eine Stärkung der Rechte der Palästinenser innerhalb des größten UN-Gremiums abstimmen. Der Resolutionsentwurf räumt dem bisherigen Beobachterstaat Palästina eine aktive Teilnahme an den Sitzungen der Vollversammlung ein, gibt ihm aber kein reguläres Stimmrecht. Die Palästinenser wollen sich mit der Beschlussvorlage gleichzeitig weltweiten Rückhalt für eine UN-Vollmitgliedschaft sichern. Vor dem Hintergrund des Gaza-Krieges handelt es sich bei dem Vorstoß in der UN-Vollversammlung mit ihren 193 Mitgliedstaaten in New York auch um ein internationales Stimmungsbild zum Nahostkonflikt. Diplomatinnen und Diplomaten gehen davon aus, dass die Resolution die notwendige Mehrheit von zwei Dritteln aller abgegebenen Stimmen locker erreicht – und das Ergebnis auch internationale Rückendeckung für die Palästinenser angesichts der jüngsten Eskalation im Nahostkonflikt widerspiegeln dürfte.
Israels Armee fliegt nach Beschuss Luftangriffe im Libanon
Derweil hat das israelische Militär nach wiederholten Drohnenangriffen auf den Norden Israels nach eigenen Angaben Stellungen der proiranischen Hisbollah-Miliz im Süden des Libanons attackiert. Wie die israelische Armee in der Nacht zum Freitag mitteilte, griffen Kampfflugzeuge dort militärische Gebäude und „terroristische Infrastruktur“ an. Die Angaben der Armee konnten nicht unabhängig überprüft werden. Seit Beginn des Gaza-Krieges kommt es in dem Grenzgebiet täglich zu militärischen Konfrontationen mit der Hisbollah und anderen Gruppierungen. Todesopfer gab es auf beiden Seiten. In Ortschaften beidseits der Grenze hat der gegenseitige Beschuss schwere Zerstörungen angerichtet. Rund 150 000 Menschen wurden evakuiert oder verließen die Kampfzone.
Einsatz in Rafah geht weiter
Währenddessen dauert Israels Einsatz in Rafah an. Seit Beginn des Vormarsches im östlichen Teil der Stadt in der Nacht zum Dienstag seien etwa 50 bewaffnete Männer von Israels Truppen getötet worden, berichtete die „Times of Israel“. Das Militär bestätigte den Bericht. Nach Armee-Schätzungen wurden etwa 150 000 Menschen aus dem Ostteil Rafahs evakuiert. Der Einsatz in Rafah zielt nach Angaben Netanjahus darauf ab, die verbliebenen Geiseln zu befreien und die letzten Bataillone der Hamas in der Stadt zu zerschlagen. Der Einsatz befeuerte jedoch Sorgen, dass dies der Beginn einer Großoffensive sein könnte. In Rafah sollen sich noch mehr als eine Million Binnenflüchtlinge aufhalten. Die „Times of Israel“ berichtete indes, dass die Armee angesichts der laufenden Geisel-Verhandlungen derzeit nicht vorhabe, den Aufruf zur Evakuierung auf andere Gebiete von Rafah auszuweiten.
Verhandlungen über Waffenruhe sollen weitergehen
Die in Kairo laufenden indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und eine Freilassung von Geiseln wurden am Donnerstag unterbrochen. Die Zeitung „New York Times“ sprach von einem Rückschlag, nachdem es zuletzt Anzeichen für eine mögliche baldige Einigung gegeben habe. Nach Aussagen eines Beamten soll es unter Teilnehmern der Gespräche wütende Reaktionen auf den Vorstoß der israelischen Armee in Rafah gegeben haben. Gleichwohl gingen die Unterhändler davon aus, dass weder die islamistische Hamas noch Israel die über die Vermittler Ägypten, Katar und die USA laufenden Verhandlungen abbrechen werden. Auch nach Angaben der US-Regierung gehen die Gespräche weiter. Der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, sei zwar abgereist. Das sei jedoch so geplant gewesen. Auch das Team der Hamas verließ Kairo nach eigenen Angaben Richtung Katar.
Temporärer Hafen vor Gaza-Küste fast fertig
Unterdessen hat das US-Militär den Bau eines temporären Hafens zur Lieferung von Hilfsgütern vor der Küste des Gazastreifens nach eigenen Angaben fast abgeschlossen. Eine schwimmende Anlegestelle und ein weiterer Damm seien fertiggestellt worden, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder, am Donnerstag. Beide Teile würden „in naher Zukunft“ in Stellung gebracht, sofern die Sicherheitslage und das Wetter es zuließen. Ein US-Frachter mit Hunderten Tonnen Hilfsgütern war zuvor aus dem Hafen von Larnaka auf Zypern ausgelaufen. Laut Ryder soll die Fracht nahe der israelischen Hafenstadt Aschdod auf ein anderes Schiff verladen und mit diesem zum schwimmenden Pier gebracht werden, sobald der in Betrieb sei.
UN-Palästinenserhilfswerk schließt Sitz in Jerusalem
Derweil sollen israelische Bewohner von Ost-Jerusalem am Donnerstagabend nach UN-Angaben zweimal Feuer auf dem Gelände des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) gelegt haben. „Angesichts dieses zweiten entsetzlichen Vorfalls in weniger als einer Woche habe ich beschlossen, unser Gelände zu schließen, bis die Sicherheit wiederhergestellt ist“, schrieb der Chef des UN-Hilfswerks, Philippe Lazzarini, auf der Online-Plattform X. Es sei niemand verletzt worden, das Feuer habe aber erhebliche Schäden im Außenbereich verursacht. Es habe eine Weile gedauert, bis die israelische Feuerwehr eingetroffen sei. Lazzarini bezeichnete den Vorfall als „ungeheuerliche Entwicklung“. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Die israelische Regierung kritisiert das UN-Palästinenserhilfswerk seit geraumer Zeit scharf und wirft ihm vor, im Gazastreifen von der Hamas unterwandert zu sein. Im Januar geriet UNRWA in die Schlagzeilen, weil Israel behauptete, dass zwölf Mitarbeiter in die verheerenden Terrorakte der Hamas vom 7. Oktober verwickelt gewesen seien. Ein Untersuchungsbericht unabhängiger Experten kam kürzlich zum Schluss, das Hilfswerk habe eine Reihe „robuster“ Mechanismen etabliert, um die Wahrung des Neutralitätsgrundsatzes zu gewährleisten. Allerdings gebe es Verbesserungsbedarf./ln/DP/stk
WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN
ROUNDUP: USA: Israel kann Beschränkung von Waffenlieferungen noch abwenden
WASHINGTON (dpa-AFX) – Die US-Regierung hat an Israel appelliert, von einer großen Bodenoffensive in Rafah im Gazastreifen abzusehen und so auch eine Beschränkung amerikanischer Waffenlieferungen abzuwenden. „Wir hoffen, dass es nicht dazu kommt“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Donnerstag. „Wenn Israel tatsächlich mit einer großen Bodenoperation voranschreitet, werden die USA bestimmte Waffen zur Unterstützung einer solchen Operation nicht liefern“, betonte Kirby mit Blick auf eine entsprechende Drohung, die US-Präsident Joe Biden zuvor in einem Interview des Fernsehsenders CNN ausgesprochen hatte. „Israel hat noch keine solche Operation durchgeführt“, betonte Kirby. Biden habe also darüber gesprochen, „was in der Zukunft geschehen würde“. Die Entscheidung liege bei Israel.
Israelische Soldaten sind in Teile der Stadt Rafah vorgerückt. Die Armee übernahm dort nach eigenen Angaben die Kontrolle des Grenzübergangs auf palästinensischer Seite. Die USA als wichtigster Verbündeter Israels hatten Israels Regierung in den vergangenen Wochen immer wieder vor einer großen Bodenoffensive in Rafah gewarnt, weil Hunderttausende Zivilisten dort Schutz suchen. Biden sprach im März von einer „roten Linie“.
In dem CNN-Interview hatte Biden argumentiert, das israelische Militär sei bislang nicht in die dicht besiedelten Teile Rafahs vorgedrungen. Die rote Linie sei damit „noch nicht“ überschritten. Er betonte aber, die US-Regierung habe bereits eine Munitionslieferung an Israel zurückgehalten wegen Bedenken zu Rafah. Und er habe der israelischen Regierung klargemacht, dass auch weitere US-Unterstützung auf Eis gelegt werden könne, falls Israel einen Großangriff auf Rafah vorantreibe.
Nach Angaben von Kirby handelt es sich bei der einen bislang pausierten US-Lieferung um 2000 Pfund (rund 900 Kilogramm) schwere Bomben. Die Lieferung sei bereits vor dem Beginn des Gaza-Kriegs genehmigt worden. Es handele sich vorerst lediglich um eine „Verzögerung“ – eine endgültige Entscheidung sei nicht gefallen. Es gebe keinen generellen Stopp von Waffenlieferungen an Israel. Viel hänge davon ab, was Israel in Rafah tue.
Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder, sagte am Donnerstag auf Nachfrage, die fragliche Lieferung bestehe aus 1800 2000-Pfund-Bomben und 1700 500-Pfund-Bomben. Auch er betonte, man habe noch keine endgültige Entscheidung darüber getroffen, wie man mit dieser Lieferung verfahre.
Kirby stellte, wie zuvor auch Biden, klar, die USA rüttelten keineswegs an der militärischen Hilfe für Israels eigene Verteidigung gegen Angriffe von außen. Mit Blick auf Biden sagte er: „Er wird Israel weiterhin mit allen Fähigkeiten ausstatten, die es braucht. Aber er will nicht, dass bestimmte Arten amerikanischer Waffen in einer bestimmten Art von Operation an einem bestimmten Ort eingesetzt werden.“/jac/DP/he
Israels Armeesprecher: Militär hat genügend Waffen für Rafah-Einsatz
TEL AVIV (dpa-AFX) – Israels Militär verfügt nach den Worten von Armeesprecher Daniel Hagari über genügend Waffen und Munition, um seinen Einsatz in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens fortzusetzen. „Die Armee hat Waffen für die geplanten Einsätze und auch für die Einsätze in Rafah. Wir haben, was wir brauchen“, sagte Hagari am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Er wurde zuvor gefragt, ob das Militär nach der Drohung aus den USA, die Waffenlieferungen an Israel einzuschränken, über genügend Ausrüstung verfüge.
US-Präsident Joe Biden hatte Israel für den Fall einer großangelegten Militäroffensive in Rafah mit Einschränkungen bei der Lieferung von Armeeausrüstung gedroht. Falls Israels Militär für eine Offensive in dicht bevölkerte Teile der Stadt einmarschiere, werde das Konsequenzen bei den Waffenlieferungen haben, sagte er dem Fernsehsender CNN. Für eine umfassende Invasion werde seine Regierung nicht die Waffen bereitstellen.
Hagari betonte angesichts der Drohung von Biden, dass die Beziehungen zwischen Israel und den USA nach wie vor eng seien. „Die USA haben dem Staat Israel und dem Militär während des Krieges in beispielloser Weise Sicherheitshilfe geleistet.“ Wenn es Differenzen zwischen den Partnern gibt, würden diese jedoch hinter verschlossenen Türen gelöst. „Israel hat Sicherheitsinteressen, aber wir sind uns auch der Interessen der USA bewusst. Und so werden wir auch weiterhin handeln“, sagte Hagari./rme/DP/he
ROUNDUP 3/Biden erhöht Druck auf Israel: Keine Waffen für Großangriff in Rafah
WASHINGTON/TEL AVIV/GAZA (dpa-AFX) – Die USA haben für den Fall eines weiteren Vormarschs der israelischen Armee in Rafah mit der Einschränkung von Waffenlieferungen gedroht. Falls das israelische Militär für eine Offensive in dicht bevölkerte Teile der Stadt einmarschiere, werde dies Konsequenzen bei den US-Waffenlieferungen haben, sagte Biden in einem Interview des Fernsehsenders CNN, das am Mittwochabend (Ortszeit) ausgestrahlt wurde. Für eine großangelegte Invasion in Rafah, wo Hunderttausende Zivilisten Schutz suchen, werde seine Regierung nicht die Waffen bereitstellen. Biden versicherte zugleich, die USA stünden Israel bei der eigenen Verteidigung vor Angriffen uneingeschränkt zur Seite.
Kritik an Biden in Israel
In Israel stieß Bidens Drohung auf scharfe Kritik vor allem am rechten Rand des politischen Spektrums. Der Polizeiminister Itamar Ben-Gvir schrieb auf der Plattform X spöttisch, die islamistische Hamas liebe Biden. Um seine Botschaft deutlich zu machen, setzte er zwischen die Wörter Hamas und Biden ein Herz-Emoji. Finanzminister Bezalel Smotrich schrieb in einer Mitteilung, Israel habe eine Erinnerung daran erhalten, „dass unser Unabhängigkeitskrieg noch andauert“.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bekräftigte am Donnerstag, dass sich Israel angesichts internationaler Kritik im Gaza-Krieg notfalls auch alleine verteidigen werde. „Wenn wir für uns alleine stehen müssen, dann werden wir für uns alleine stehen“, sagte er in einer Videobotschaft. Falls nötig werde Israel „mit seinen Klauen“ kämpfen und siegen.
Die US-Regierung appellierte unterdessen an Israel, von einer großen Bodenoffensive in Rafah abzusehen und so auch eine Beschränkung amerikanischer Waffenlieferungen abzuwenden. „Wir hoffen, dass es nicht dazu kommt“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby. Die Entscheidung liege bei Israel.
Nach Angaben von Kirby handelt es sich bei der einen bislang pausierten US-Lieferung um 2000 Pfund (rund 900 Kilogramm) schwere Bomben. Die Lieferung sei bereits vor dem Beginn des Gaza-Kriegs genehmigt worden. Es handele sich vorerst lediglich um eine „Verzögerung“ – eine endgültige Entscheidung sei nicht gefallen. Es gebe keinen generellen Stopp von Waffenlieferungen an Israel. Viel hänge davon ab, was Israel in Rafah tue.
Analysten zufolge setzt Israel die Bomben im Kampf gegen die Hamas ein, um etwa die Tunnel der Islamisten im Untergrund zu zerstören. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte am Mittwoch mit Blick auf die ausgesetzte Lieferung bereits deutlich gemacht, dass Washington von Israel erwarte, in Gaza präzise vorzugehen, um Zivilisten zu schützen. 2000-Pfund-Bomben jedoch könnten „Kollateralschäden“ anrichten.
Israel setzt Kampf gegen die Hamas fort
Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi und der jordanische Ministerpräsident Bischer al-Chasauneh warnten am Donnerstag bei einem Treffen in Kairo erneut vor den katastrophalen humanitären Folgen einer großen Offensive in Rafah. Israelische Soldaten waren in der Nacht zum Dienstag auch in Teile Rafahs an der Grenze zu Ägypten vorgerückt. Die Armee übernahm dort eigenen Angaben nach die Kontrolle des Grenzübergangs auf der palästinensischen Seite.
„Die USA sagten, sie wollten, dass wir die Operation einschränken, dass wir uns mit einer großangelegten Invasion zurückhalten. Und Israel hat das getan und wird immer noch bestraft“, zitierte das „Wall Street Journal“ Michael Oren, ehemals Botschafter Israels in Washington.
Er bezeichnete demnach Bidens Drohung mit der Beschränkung von Waffenlieferungen im Fall einer Invasion in Rafah als „Präventivschlag“ gegen jede israelische Maßnahme zur Ausweitung des Einsatzes gegen die Hamas in der Stadt.
Überschreitet Israel Bidens „rote Linie“?
Die USA hatten Israels Regierung in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder vor einer großangelegten Bodenoffensive in Rafah gewarnt – Biden sprach von einer „roten Linie“. In dem CNN-Interview argumentierte der US-Präsident nun, das israelische Militär sei noch „nicht in die Bevölkerungszentren vorgerückt – was sie getan haben, ist direkt an der Grenze“. Auf Nachfrage, ob die von ihm definierte rote Linie seiner Einschätzung nach also bislang nicht überschritten sei, sagte Biden: „Noch nicht.“ Er habe Netanjahu und dessen Kriegskabinett aber klargemacht, dass sie nicht mit US-Unterstützung rechnen könnten, „wenn sie tatsächlich in diese Bevölkerungszentren gehen“.
Das „Wall Street Journal“ zitierte israelische Analysten, wonach die Hamas mit dem Einsatz in Rafah unter Druck gesetzt werden soll, ein Abkommen zu akzeptieren, das hinter den Forderungen der Terrororganisation zurückbleibe. Die Hamas besteht weiterhin unter anderem auf einem Abzug der israelischen Truppen, was Israel strikt ablehnt.
Schwierige Verhandlungen in Kairo
Die Verhandlungen über eine Feuerpause im Gaza-Krieg gingen unterdessen nach Angaben der US-Regierung in Kairo weiter. Ziel der Gespräche ist es zugleich, die Freilassung von Geiseln in der Gewalt der Hamas im Austausch für palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen zu erzielen.
Die einzige Möglichkeit, die Verhandlungen fortzusetzen, bestehe derzeit darin, weiter anzugreifen, zitierte das „Wall Street Journal“ einen ehemaligen Leiter des Nationalen Sicherheitsrates in Israel. „Das ist unsere Art, sie dazu zu bringen, dass sie es ernst nehmen.“ Die Hamas warf dagegen Israel vor, die Verhandlungen als Vorwand für einen Einmarsch in Rafah zu nutzen.
Große Gefahr für Zivilisten
Nach UN-Schätzungen halten sich gegenwärtig insgesamt 1,2 Millionen Menschen in Rafah auf, mehr als die Hälfte der gesamten Bevölkerung Gazas. Auch Deutschland hat Israel wegen der vielen Zivilisten in Rafah immer wieder vor einem Einmarsch in der Stadt gewarnt. Seit dem Vorrücken der israelischen Armee in die Stadt Rafah sind nach UN-Angaben rund 80 000 Menschen aus der Stadt geflohen. Die Menschen seien nirgendwo sicher, mahnte das UN-Hilfswerk für Palästinenser auf X. Die Belastung für die Betroffenen sei unerträglich.
Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde des Küstenstreifens sind seit Ausbruch des Krieges in Gaza 34 904 Menschen getötet worden. Mehr als 78 500 Menschen wurden nach Angaben von Donnerstag seitdem verletzt.
Grenzübergang Kerem Schalom erneut beschossen
Der Grenzübergang Rafah bleibt indes weiter geschlossen. Zusammen mit Kerem Schalom ist er das Hauptnadelöhr für Hilfslieferungen in den südlichen Gazastreifen. Zum dritten Mal binnen weniger Tage hatte der militärische Arm der Hamas den Grenzübergang Kerem Schalom am Mittwochabend beschossen. Sie hätten Raketen auf israelische Truppen gefeuert, teilten die Kassam-Brigaden mit. Der wichtige Grenzübergang für die Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen war kurz zuvor erst nach mehrtägiger Schließung wieder geöffnet worden, nachdem er am Sonntag nach einem Raketenangriff der Hamas, bei dem vier israelische Soldaten getötet worden waren, geschlossen worden war.
Nach Darstellung Israels wurden am Mittwoch wieder Hilfsgüter über Kerem Schalom nach Gaza transportiert, UN-Angaben vom Donnerstag zufolge gab es widersprüchliche Angaben dazu, ob Lieferungen durchgekommen sind. „Wir müssen sicherstellen, dass die Sicherheits- und Logistikbedingungen rund um den Grenzübergang Kerem Shalom einen kontinuierlichen täglichen Versorgungsfluss nach Gaza ermöglichen. Im Augenblick ist es eine militarisierte Zone. Die Straßen sind unsicher“, sagte Sprecher Farhan Haq.
Ein Frachter mit Hunderten Tonnen Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist unterdessen aus dem zyprischen Hafen von Larnaka ausgelaufen. Wie der zyprische Regierungssprecher Giannis Antoniou am Donnerstag im Rundfunk sagte, werde der Frachter „Sagamore“ bald in Gaza eintreffen. „Bis der Frachter ankommt, wird auch der Pier, den die USA bauen, fertig sein“, fügte er hinzu./ln/DP/he
Netanjahu: Israel wird im Gaza-Krieg notfalls alleine bestehen
TEL AVIV (dpa-AFX) – Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat bekräftigt, dass sich Israel angesichts internationaler Kritik am Gaza-Krieg notfalls auch alleine verteidigen werde. „Wenn wir für uns alleine stehen müssen, dann werden wir für uns alleine stehen“, sagte Netanjahu in einer am Donnerstag veröffentlichten Videobotschaft. Falls nötig werde Israel „mit seinen Klauen“ kämpfen und siegen, sagte der Regierungschef in seiner ersten öffentlichen Äußerung nach einer Drohung aus den USA, die Waffenlieferungen an Israel einzuschränken.
Zuvor hatte US-Präsident Joe Biden Israel für den Fall einer großangelegten Militäroffensive in Rafah im Gazastreifen mit weiteren Einschränkungen bei der Lieferung von Armeeausrüstung gedroht. Falls Israels Militär für eine Offensive in dicht bevölkerte Teile der Stadt einmarschiere, werde das Konsequenzen bei den Waffenlieferungen haben, sagte er dem Fernsehsender CNN. Für eine umfassende Invasion werde er nicht die Waffen bereitstellen.
In seiner Videobotschaft nahm Netanjahu Bezug auf den israelischen Unabhängigkeitskrieg von 1948. „Im Unabhängigkeitskrieg vor 76 Jahren waren wir wenige gegen viele. Wir hatten keine Waffen, es gab sogar ein Waffenembargo gegen Israel.“ Trotzdem habe man damals gesiegt. Israel sei im Vergleich zu damals viel stärker und obendrein geschlossen und geeint, um seine Feinde zu besiegen, betonte Netanjahu./rme/DP/he
Linke fordert Export-Stopp deutscher Waffen nach Israel
Berlin – Linken-Chefin Janine Wissler fordert, keine Waffen mehr an Israel zu liefern. Dem „Tagesspiegel“ sagte Wissler: „Die Bundesregierung muss dem Beispiel der USA folgen und die Waffenlieferungen nach Israel sofort stoppen. Nur internationaler Druck und ein Waffenembargo können die Netanjahu-Regierung davon abhalten, in Rafah einzumarschieren.“
Die Parteivorsitzende begründete: „Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant Israels und trägt damit eine Mitverantwortung für das Sterben in Gaza. Die Bundesregierung muss jetzt alles tun, um weitere zivile Opfer zu verhindern und deshalb die Waffenexporte stoppen. Im Unterschied zur terroristischen Hamas hat die Zivilbevölkerung Gazas keine Verbrechen begangen und darf nicht wie ein Kriegsgegner behandelt werden.“
ROUNDUP: Kritik in Israel an Bidens Drohung mit Waffenstopp wegen Rafah
TEL AVIV (dpa-AFX) – Die Drohung von US-Präsident Joe Biden mit einem Waffenstopp für den Fall eines weiteren Vormarschs in Rafah im Süden des Gazastreifens ist in Israel auf scharfe Kritik gestoßen. Der rechtsextreme israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir schrieb am Donnerstag auf X, die islamistische Hamas liebe Biden – um seine Botschaft deutlich zu machen, setzte er zwischen die Wörter Hamas und Biden ein Herz-Emoji.
Israelische Oppositionspolitiker kritisierten wiederum, Ben-Gvir gefährde Israel mit solchen Äußerungen. Ben-Gvir ist allerdings nicht Mitglied des Kriegskabinetts und damit an zentralen Entscheidungen im Gaza-Krieg nicht unmittelbar beteiligt. Auch Staatspräsident Izchak Herzog reagierte später auf Ben-Gvirs X-Post. „Wir müssen von Kommentaren und Tweets absehen, die unbegründet, unverantwortlich und beleidigend sind“, sagte er.
Biden hatte in einem Interview des Fernsehsenders CNN gesagt, für eine umfassende Invasion in der mit Hunderttausenden palästinensischen Flüchtlingen überfüllten Stadt im Süden des Gazastreifens werde sein Land nicht die Waffen liefern. Die US-Regierung hatte wegen Israels Vorgehen in Rafah bereits eine Munitionslieferung zurückgehalten. US-Medien berichteten, dass die Lieferung 3500 Bomben umfasse, darunter 2000-Pfund-Bomben (etwa 907 kg). Analysten zufolge setzt Israel diese im Kampf gegen die Hamas ein, um etwa die Tunnel der Islamisten im Untergrund zu zerstören. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte am Mittwoch im Kongress deutlich gemacht, dass Washington von Israel erwarte, in Gaza präzise vorzugehen, um Zivilisten zu schützen. 2000-Pfund-Bomben jedoch könnten „Kollateralschäden“ anrichten.
Ranghohe israelische Beamte hätten über die zurückgehaltene Lieferung ihre „tiefe Frustration“ zum Ausdruck gebracht und davor gewarnt, dass dies die indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und Freilassung von Geiseln gefährden könne, sagten zwei informierte Quellen dem Nachrichtenportal „Axios“.
Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich schrieb in einer Mitteilung, Israel habe eine Erinnerung daran erhalten, „dass unser Unabhängigkeitskrieg noch andauert“. Im Zuge seiner Gründung 1948 sei der Staat auch mit einem US-Waffenembargo konfrontiert gewesen. „Heute werden wir einmal mehr einen vollständigen Sieg in diesem Krieg erzielen, trotz des Widerstands von Präsident Biden und eines Waffenembargos. Wir haben einfach keine andere Wahl, weil dieser Krieg ein existenzieller Kampf ist und alles andere als ein umfassender Sieg die Existenz des jüdischen Staates gefährden würde.“/le/DP/ngu
ROUNDUP/Libanon: Mehre Tote bei israelischen Angriffen im Süden
BEIRUT/TEL AVIV (dpa-AFX) – Bei einem israelischen Angriff im Südlibanon sind libanesischen Angaben zufolge mehrere Menschen getötet worden. Der libanesische Zivilschutz teilte am Donnerstag mit, dass es bei dem Angriff auf ein Auto in dem Ort Baflieh im Süden des Landes vier Tote gegeben habe. Die Hisbollah meldete den Tod drei ihrer Mitglieder. Für gewöhnlich führt die Miliz nicht weiter aus, wann, wo und wie ihre Kämpfer ums Leben kommen.
Das israelische Militär wollte den Vorfall auf Nachfrage nicht kommentieren. Die Armee teilte am Donnerstag allerdings mit, dass ein 20-jähriger Soldat bei „Aktionen im Norden Israels“ am Vortag getötet wurde.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs kommt es an der Grenze der beiden Länder täglich zu militärischen Konfrontationen von Israels Armee und der Hisbollah-Miliz und anderen Gruppen im Libanon. Dabei gab es auf beiden Seiten schon Todesopfer. In Ortschaften auf beiden Seiten der Grenze hat der gegenseitige Beschuss schwere Zerstörungen angerichtet. Rund 150 000 Menschen wurden evakuiert oder haben die Kampfzone verlassen.
Bereits am Mittwoch hatte es mehrere Tote im Libanon gegeben. Sicherheitsquellen zufolge seien bei israelischen Angriffen im Grenzort Chiam zwei Hisbollah-Mitglieder und drei Mitglieder der Terrororganisation Islamischer Dschihad getötet worden. Beide Organisationen bestätigten den Tod ihrer Mitglieder, ohne auszuführen, wann, wo und wie sie ums Leben kamen. Die israelische Armee hatte am Mittwoch mitgeteilt, Terror-Infrastruktur der Hisbollah in verschiedenen Orten im Libanon angegriffen zu haben./arj/DP/ngu
Berichte: Israel hat proiranische Ziele nahe Damaskus angegriffen
DAMASKUS (dpa-AFX) – Israel hat nach Angaben von Aktivisten und syrischen Staatsmedien in der Nacht zu Donnerstag erneut Ziele in Syrien angegriffen. Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, dass dabei ein Zentrum und ein Trainingscamp einer proiranischen Miliz aus dem Irak getroffen worden seien. Der Angriff ereignete sich demnach südlich der Hauptstadt Damaskus.
Es soll weitere Explosionen in einem Ort weiter südlich gegeben haben. Auch die syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete unter Berufung auf Militärkreise von den Luftangriffen. Demnach seien einige der „feindlichen Raketen“ abgefangen worden. Das israelische Militär wollte die Berichte auf Nachfrage nicht kommentieren.
Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien und will damit verhindern, dass der Iran und mit ihm verbündete Milizen ihren militärischen Einfluss in dem Land ausweiten. Seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober hat es mehr Angriffe gegeben./arj/DP/mis
Israel geht auch gegen Al-Dschasira-Büro in Nazareth vor
TEL AVIV (dpa-AFX) – Israel hat nach dem Verbot von Al-Dschasira vor wenigen Tagen Ausrüstung des arabischen TV-Senders auch in der Stadt Nazareth im Norden des Landes beschlagnahmt. Der israelische Kommunikationsminister Schlomo Karhi schrieb am Donnerstag auf der Online-Plattform X, Inspekteure seines Ministeriums sowie Polizeikräfte seien an einer Razzia gegen die Büroräume von Al-Dschasira in Nazareth beteiligt gewesen. „Wir werden es dem Sprachrohr der Hamas nicht erlauben, von Israel aus zu senden“, schrieb Karhi.
Der Kommunikationsminister hatte bereits am Sonntag eine Schließungsanordnung des Senders unterzeichnet. Sie sieht vor, dass Büroräume in Israel geschlossen, die Sendeausrüstung beschlagnahmt, der Sender aus dem Programm der Anbieter von Kabel- und Satellitenfernsehen entfernt und seine Internetseite blockiert werden können. Diese Schritte sind bereits vollzogen worden. Das Al-Dschasira-Büro im Hotel Ambassador in Ost-Jerusalem war bereits am Sonntag durchsucht worden.
Israel wirft dem Sender vor, im Gaza-Krieg voreingenommen zu berichten. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte bereits vor mehr als einem Monat eine Schließung der in Israel tätigen Einrichtungen des TV-Netzwerks angekündigt. Das Parlament hatte zuvor das sogenannte Al-Dschasira-Gesetz gebilligt. Dieses ermöglicht eine Schließung ausländischer TV-Sender, wenn diese als Risiko für die Staatssicherheit eingestuft werden.
Der Sender hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und von einem „kriminellen Akt“ gesprochen, der die Menschenrechten und das grundlegende Recht auf Zugang zu Informationen verletze. Man werde mit allen Mitteln gegen den Schritt vorgehen und die Rechte des Senders sowie der Mitarbeiter verteidigen./le/DP/ngu
UKRAINE
n-tv aktuell UKRAINE
+++ 07:29 Russische Truppen greifen Oblast Sumy mehr als 300 Mal an +++
Laut der Militärverwaltung der Oblast Sumy haben die russischen Streitkräfte gestern in 60 Einzelangriffen im Laufe des Tages 302 Mal die Region angegriffen. Dabei hätten sie auf elf Gemeinden entlang der Grenze geschossen, wie die ukrainische Zeitung „Kyiv Independent“ meldet. Demnach griff Russland den ganzen Tag über die Grenzgemeinden mit Mörser-, Drohnen-, Raketen- und Artillerieangriffen an und warf gleichzeitig Sprengstoff aus Drohnen auf zwei der Gemeinden ab. Es wurden keine Opfer oder Verletzungen gemeldet. Die Stadt Velyka Pysarivka, direkt an der ukrainisch-russischen Grenze gelegen, mit einer Vorkriegsbevölkerung von etwa 4.000 Einwohnern, erlebte den Großteil der gemeldeten Angriffe mit 67 registrierten Explosionen in der Gegend.
+++ 07:03 Ukrainische Stellungen ausspioniert? SBU verhaftet Mann in Charkiw +++
Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU hat einen Mann aus Charkiw verhaftet, der ukrainische Stellungen ausspioniert haben soll. Das berichtet die ukrainische Zeitung „Kyiv Independent„. Der 45-Jährige wird beschuldigt, ukrainische Stellungen verfolgt und deren Koordinaten an russische Geheimdienstmitarbeiter weitergegeben zu haben, wie der SBU dem Bericht zufolge mitteilt. Demnach wurde der namentlich nicht genannte Mann in seinem Haus im Bezirk Wowtschansk in Charkiw festgenommen. Auch sein Mobiltelefon mit angeblicher Korrespondenz mit russischen Geheimdienstmitarbeitern haben die ukrainischen Behörden beschlagnahmt.
+++ 06:34 Ukrainisches Militär: Alle zehn russischen Drohnen in der Nacht abgefangen +++
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben alle zehn Kampfdrohnen abgefangen und zerstört, die die russischen Streitkräfte in der vergangenen Nacht gestartet hatten. Russland habe zudem zwei Flugabwehrlenkraketen abgefeuert, erklärt die ukrainische Luftwaffe bei Telegram. Was mit den Raketen geschehen ist, bleibt bislang offen.
+++ 06:09 Gouverneur: Ukrainischer Drohnenangriff löst in russischer Region Feuer aus +++
Der Gouverneur der russischen Region Kaluga berichtet von einen kurzzeitigen Brand in einem Unternehmen nach einem ukrainischen Drohnenangriff. „Das Feuer ist jetzt gelöscht“, schreibt der Gouverneur Wladislaw Schapscha über die Nachrichten-App Telegram. Verletzte habe es nicht gegeben. Es war nicht klar, welches Unternehmen durch den Brand beschädigt wurde.
+++ 05:16 Russischer Luftangriff auf Charkiw +++
Bei einem russischen Angriff auf die Stadt Charkiw sind Häuser in einem Wohngebiet beschädigt worden und es ist ein Feuer ausgebrochen. Das teilt der Bürgermeister von Charkiw, Ihor Terechow, auf Telegram mit. Bei der Attacke wurde eine Person verletzt. Insgesamt waren laut eines Berichts von „Kyiv Independent“ fünf Explosionen in der Stadt zu hören.
+++ 03:14 Russland: Drohne bei Moskau abgefangen +++
Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin teilt über die Nachrichten-App Telegram mit, dass russische Flugabwehreinheiten eine Drohne südlich von Moskau abgefangen haben. Es habe keine Verletzten oder Schäden durch herabfallende Trümmer gegeben, schreibt Sobjanin. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
+++ 01:20 Selenskyj wirbt für EU-Beitritt seines Landes +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wirbt einmal mehr für den EU-Beitritt seines Landes. „Unser Staat, unser Volk haben es verdient, und auch die Europäische Union braucht diesen Schritt – nicht nur politisch“, sagt Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Die EU beziehe ihre Kraft auch eben daraus, niemanden vor der Tür zu lassen, der an die europäischen Werte glaube. Kiew setze darauf, dass im Juni die eigentlichen Beitrittsverhandlungen beginnen werden.
+++ 23:22 Artilleriegranaten aus Tschechiens Initiative sollen im Juni in der Ukraine eintreffen +++
Die erste Ladung Munition, die von den verbündeten EU-Ländern im Rahmen der von Tschechien geleiteten Initiative gekauft wurde, wird voraussichtlich im Juni in der Ukraine eintreffen, sagt der tschechische Präsident Petr Pavel gegenüber der ARD. Pavel sagte im Februar, dass Prag 500.000 155-mm-Granaten und 300.000 122-mm-Granaten außerhalb Europas identifiziert habe, die gekauft und in die Ukraine geschickt werden könnten, sobald die erforderlichen Mittel für die Initiative bereitgestellt würden. Mehrere Länder, darunter Belgien, die Niederlande, Deutschland, Schweden, Kanada, Polen, Frankreich, Dänemark und Slowenien, haben inzwischen Mittel für die tschechische Initiative bereitgestellt, die zur Lieferung von 1,5 Millionen Geschossen an Kiew führen könnte. Die ersten 180.000 Stück Munition sollen im Juni geliefert werden, und „es gibt bereits Verträge für eine weitere fünf- bis sechsstellige Zahl von Geschossen, sagt Pavel nun der ARD.
+++ 22:01 Kiew schränkt Straßenbeleuchtung ein +++
Die Kiewer Stadtverwaltung wird die abendliche Straßenbeleuchtung einschränken, nachdem russische Angriffe auf das ukrainische Energiesystem im ganzen Land zu erheblichen Stromengpässen geführt haben, kündigt Serhii Popko, der Leiter der Kiewer Militärverwaltung, an. Russland hatte in der Nacht zum Mittwoch einen Großangriff auf die Oblaste Poltawa, Kirowohrad, Saporischschja, Lemberg, Iwano-Frankiwsk, Kiew und Winnyzja verübt, der hauptsächlich die Energieinfrastruktur betraf. Mindestens zwei Wasserkraftwerke wurden infolge des Angriffs gewaltsam außer Betrieb gesetzt.
+++ 21:32 EU-Botschafterin in der Ukraine: Kiew kann 2030 EU beitreten +++
Das Jahr 2030 sei ein sehr realistisches Datum für den Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union, sagt Katarina Mathernova, die EU-Botschafterin in der Ukraine. Dennoch betont Mathernova, dass die Vorhersage, wann genau die Ukraine Mitglied der EU werden würde, „dasselbe sei, als würde man in eine Kristallkugel schauen, um Vorhersagen zu treffen“. Im November 2023 empfahl die Europäische Kommission die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Kiew, erklärte jedoch, dass vier zusätzliche Reformen durchgeführt werden müssten. Der Europäische Rat beschloss daraufhin, im folgenden Monat Beitrittsgespräche mit der Ukraine aufzunehmen.
+++ 20:59 Selenskyj entlässt Chef seiner Leibwache nach vereiteltem Mordanschlag +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj entlässt nach einem vereitelten Mordanschlagsversuch den Leiter seiner Leibwache. Selenskyj veröffentlicht ein Dekret zur „Entlassung von Serhij Leonidowitsch Rud aus dem Amt des Leiters der Abteilung für Staatsschutz der Ukraine“. Zuvor waren in dieser Woche zwei Offiziere wegen eines angeblich geplanten Attentats verhaftet worden. Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU hatte am Dienstag erklärt, ein vom russischen Geheimdienst FSB gesteuertes „Netzwerk von Agenten“ zerschlagen zu haben, welche „die Ermordung des ukrainischen Präsidenten vorbereiteten“.
+++ 20:32 Ukrainischer Oligarch in U-Haft wegen mutmaßlichen Auftragsmords an Anwalt +++
Ein Kiewer Gericht hat am 9. Mai einen Haftbefehl gegen den Oligarchen Ihor Kolomoisky in einem Mordfall erlassen. Er wird bis zum 7. Juli in Haft bleiben, ohne das Recht auf eine Kaution. Kolomoisky, einer der berüchtigtsten Wirtschaftsmagnaten der Ukraine, wurde am 2. September 2023 wegen Betrugs und Geldwäsche im Zusammenhang mit seinen Öl- und Gasbeteiligungen verhaftet. Am Mittwoch gab die Generalstaatsanwaltschaft bekannt, dass er auch verdächtigt wird, vor mehr als 20 Jahren auf der Krim den Mord an dem Leiter einer Anwaltskanzlei angeordnet zu haben. Nachdem dieser Anwalt Kolomoiskys Forderungen abgelehnt hatte, eine auf einer Aktionärsversammlung getroffene Entscheidung zu annullieren, soll der Oligarch Auftragskiller angeheuert haben, um ihn zu ermorden, so die Ermittlungen.
+++ 20:14 Selenskyj schasst Kommandeur – und holt ihn nach zwei Monaten zurück +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ernennt Dmytro Hereha erneut zum Kommandeur der ukrainischen Unterstützungskräfte, nachdem er ihn im März durch Oleksandr Yakovets ersetzt hatte. Nach Selenskyj Umbesetzung von Führungspositionen innerhalb des ukrainischen Militärs, zu der auch die Entlassung des obersten ukrainischen Militärbefehlshabers Walerij Saluschnyj gehörte, entschied sich der ukrainische Staatschef dafür, Hereha zu entlassen und durch Yakovets zu ersetzen. Yakowez wurde später nach nur zwei Monaten im Amt entlassen. Die Unterstützungskräfte der ukrainischen Streitkräfte sind eine der wichtigsten Formationen des ukrainischen Militärs, die für die operative Unterstützung der Truppen zuständig ist.
+++ 19:59 Fahndung für Kiews Präsidenten verschwindet von Website des russischen Innenministeriums +++
Die Fahndungsausschreibungen für Wolodymyr Selenskyj und Petro Poroschenko, den derzeitigen und ehemaligen Präsidenten der Ukraine, sind von der Website des russischen Innenministeriums verschwunden, berichtet die russische Medienanstalt Mediazona. Die Steckbriefe sind demnach verschwunden, kurz nachdem sie am Samstag zufällig von der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti entdeckt wurden. Mediazona berichtet, dass die beiden ukrainischen Präsidenten von einer Dienststelle des russischen Innenministeriums im besetzten Teil der ukrainischen Oblast Donezk auf die Fahndungsliste gesetzt worden waren. Dies geschah wohl Ende Februar.
+++ 19:44 Pistorius: Deutschland finanziert drei HIMARS-Raketenwerfersysteme für die Ukraine +++
Verteidigungsminister Boris Pistorius hat auf seiner US-Reise angekündigt, dass Deutschland drei HIMARS-Raketenwerfersysteme von den USA kaufen wird. Diese sollen aus dem Bestand der US-Streitkräfte stammen und an die Ukraine geliefert werden. Pistorius‘ Reise in die USA und nach Kanada dient unter anderem dazu, den NATO-Partnern das stärkere militärische Engagement Deutschlands deutlich zu machen. Vor dem NATO-Gipfel im Juli im Washington will er damit einen in früheren Jahren entstandenen kritischen Blick auf Deutschland zurechtrücken.
+++ 19:27 Selenskyj feuert Kommandeur der ukrainischen Spezialeinheiten +++
Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Oberst Serhij Lupanchuk von seiner Funktion als Kommandeur der ukrainischen Spezialeinheiten (SOF) entbunden, wie aus einem Präsidialdekret hervorgeht. In einem separaten Dekret wurde Brigadegeneral Oleksandr Trepak zum neuen Kommandeur der Streitkräfte ernannt. Lupanchuk war seit seiner Ernennung am 3. November 2023 in den vergangenen sechs Monaten Kommandeur der SOF. Trepak ist seit 2020 stellvertretender Kommandeur der SOF und dient seit April 2014 im ukrainischen Militär. Selenskyj begann im Februar mit der Umstrukturierung des ukrainischen Militärkommandos und entließ den Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte Valerii Saluschnyj. Weitere Änderungen in der ukrainischen Militärführung wurden im April angekündigt, als neue Ernennungen in den operativen Kommandos im Süden, Osten und Westen des Landes vorgenommen wurden.
+++ 18:50 Hacker bringen russische Militärparade ins ukrainische Fernsehen +++
Mehrere ukrainische und lettische Fernsehsender haben nach einer Hackerattacke ungewollt Teile der Militärparade vom Roten Platz in Moskau ausgestrahlt. In der Ukraine seien die Mediengruppen Star Light Media und Inter, das öffentliche Fernsehen und die Sender Dym und Apostroph-TV betroffen gewesen, schreibt das auf die Berichterstattung über Medien spezialisierte Portal Detektor Media. In Lettland war laut dem Chef der Medienaufsicht, Ivars Abolins, das Programm des Internet- und TV-Betreibers Balticom betroffen. Demnach begann die erste Hackerattacke gegen ukrainische Medien genau zu Beginn der Militärparade. Das Satellitensignal sei gestört worden, die Sender seien nach kurzer Zeit zu einer anderen Übertragungsart übergegangen, teilten die Behörden in Kiew mit. Allerdings habe es im Tagesverlauf weitere Hackerangriffe aus Russland gegeben.
+++ 17:49 Seoul hält an Beziehungen zu Moskau fest – obwohl sie „unangenehm“ sind +++
Südkorea wird nach wie vor keine tödlichen Waffen an irgendein Land liefern, sagt Präsident Yoon Suk Yeol auf die Frage, ob Seoul bereit sei, der Ukraine bei der Verteidigung gegen Russland zu helfen. Yoon sagt auch, dass seine Regierung beabsichtige, die Beziehungen zu Moskau weiter zu pflegen, um „die wirtschaftliche Zusammenarbeit und den gegenseitigen Nutzen fortzusetzen“, auch wenn die Beziehungen zwischen den beiden Ländern seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine „unangenehm“ geworden seien.
+++ 17:20 Kiews Parlament beschließt höhere Strafen für Wehrdienstverweigerer +++
Das ukrainische Parlament, die Werchowna Rada, stimmt für einen Gesetzesentwurf, der die Geldstrafen für Wehrdienstverweigerer erhöht. Die Ukraine aktualisiert den Rechtsrahmen für die Wehrpflicht und führt härtere Strafen für Wehrdienstverweigerung ein, um die Mobilisierung im Jahr 2024 zu beschleunigen. Das Bußgeld für die Nichtregistrierung oder die Nichtaktualisierung von Informationen bei der örtlichen Einberufungsstelle wurde von 3.400 Hr (86 $) auf 5.100 Hr (130 $) erhöht, während wiederholte Verstöße eine Geldstrafe von 25.500 Hr (647 $) statt 17.000 Hr (431 $) nach sich ziehen. Männer, die den Einberufungsbefehl verweigern, werden mit einer Geldstrafe von 25.000 Hr (634 $) statt 17.000 Hr (431 $) bestraft, wobei die Geldstrafe für Beamte auf 59.000 Hr (1.500 $) steigt. Das durchschnittliche Monatsgehalt in der Ukraine wird auf rund 19.500 Hr (495 $) geschätzt
+++ 16:45 Buschmann: „Korruption ist ein dreifaches Problem für die Ukraine“ +++
Um über Korruptionsbekämpfung, die Situation in der Ukraine und gemeinsame Anstrengungen im Kampf gegen Organisierte Kriminalität zu beraten, treffen sich in Venedig die Justizminister der G7-Staaten. „Das Thema Korruption ist ein dreifaches Problem für die Ukraine“, sagt Bundesjustizminister Marco Buschmann auf seinem Flug in die Lagunenstadt der Deutschen Presse-Agentur. Erstens schwäche jeder Euro, der in der Korruption versickert, anstatt für die Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten ausgegeben zu werden, die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf gegen die russische Aggression. Zweitens habe die Ukraine das Ziel, eines Tages Mitglied der Europäischen Union zu werden. „Wenn die Ukraine den Pfad Richtung Mitgliedschaft beschreiten will, muss sie das hohe Korruptionsniveau bekämpfen“, betont der FDP-Politiker. Drittens gehe es um eine Zukunft, in der es hoffentlich wieder Frieden in der Ukraine geben werde. Der Wiederaufbau werde nicht ohne ausländische Hilfe gelingen. Die Hilfsbereitschaft potenzieller Geberländer dürfte allerdings geringer ausfallen, wenn große Teile der Hilfen in Korruption versickern würden.
+++ 15:46 Kiews Parlament stimmt für Entlassung zweier Minister – einer zeigt sich überrascht +++
Das ukrainische Parlament hat für die Entlassung von zwei Minister gestimmt. Der stellvertretende Ministerpräsident Olexandr Kubrakow wurde seiner Aufgaben entbunden, nachdem sich eine Mehrheit von 272 Abgeordneten dafür ausgesprochen hatte. Zudem wurde Agrarminister Mykola Solsky wegen Korruptionsverdachts offiziell entlassen. Er hatte bereits im April seinen Rücktritt erklärt, dabei allerdings die Vorwürfe zurückgewiesen. Er soll am illegalen Erwerb staatseigener Grundstücke beteiligt gewesen sein. Unklar blieb zunächst, wer Kubrakow ersetzen wird. Dieser äußerte sich auf Facebook überrascht. Seine Entlassung sei nicht mit ihm besprochen worden. Er habe keine Gelegenheit gehabt, dem Parlament einen detaillierten Bericht über seine Aktivitäten vorzulegen. Der 41-Jährige hat bislang das Wiederaufbauprogramm beaufsichtigt und sich während der russischen Blockade für die Einrichtung einer Schifffahrtsroute im Schwarzen Meer eingesetzt.
+++ 15:18 Putin-freundliche Rockergruppe erreicht Gedenkfeier in Berlin +++
Mitglieder des russisch-nationalistischen Motorradclubs „Nachtwölfe“ haben in Berlin das Sowjetische Ehrenmal in Tiergarten besucht. Immer wieder seien kleinere Gruppen mit Motorrädern und Fahnen am Gedenkort erschienen, sagt eine Polizeisprecherin. Besondere Vorkommnisse habe es dabei nicht gegeben. Die Gruppe wurde auch am Ehrenmal im Treptower Park erwartet. Die antiwestlichen „Nachtwölfe“ gelten als Unterstützer des russischen Präsidenten Wladimir Putin und der prorussischen Separatisten in der Ostukraine. Die Gruppe besucht seit Jahren verschiedene Gedenkorte anlässlich des sogenannten Tags des Sieges, mit dem in Russland am 9. Mai der Sieg über Nazideutschland gefeiert wird. Neben den „Nachtwölfen“ gedachten an den beiden Gedenkstätten Hunderte Menschen des Endes des Zweiten Weltkriegs vor 79 Jahren. Der russische Botschafter Sergei Jurjewitsch Netschajew besuchte beide Gedenkstätten und begrüßte im Treptower Park unter anderem russisch-orthodoxe Geistliche.
+++ 14:55 Putin: Heute werden „die Helfershelfer Hitlers geehrt“ +++
Auch in diesem Jahr feiert Russland am 9. Mai den Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland mit einer Militärparade. In einer Gedenkrede ehrt Langzeitpräsident Putin Russlands „Väter und Vorväter“ und mahnt: „Im Westen würde man gern die Lehren des Zweiten Weltkriegs vergessen“. Auch der Ukraine-Krieg ist Thema seiner Rede.
Gedenkrede zum „Tag des Sieges“ Putin: Heute werden „die Helfershelfer Hitlers geehrt“
+++ 14:29 Selenskyj ernennt Ex-Armeechef Saluschnyj zum ukrainischen Botschafter in London +++
Der frühere ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj ist zum neuen Botschafter seines Landes in Großbritannien ernannt worden. Präsident Wolodymyr Selenskyj habe den 50-Jährigen per Präsidialdekret zum ukrainischen Botschafter in Großbritannien, einem wichtigen Verbündeten Kiews im Krieg gegen Russland, ernannt, teilt das Präsidialamt in Kiew mit. Zuvor habe Selenskyj den Ex-Armeechef mit einem weiteren Dekret „aus gesundheitlichen Gründen“ aus dem Militärdienst entlassen. Selenskyj hatte Saluschnyjs Kandidatur für den Posten „des außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafters der Ukraine im Vereinigten Königreich“ im März genehmigt. Der ukrainische Staatschef hatte die Ernennung mit den Worten gepriesen, dass „unser Bündnis mit Großbritannien nur noch stärker werden kann“.
+++ 13:54 Drohnenangriff auf Ölanlage in russischer Republik Baschkortostan +++
In der russischen Republik Baschkortostan ist nach Angaben der dortigen Behörden ein Ölverarbeitungs-, Petrochemie- und Düngemittelkomplex von einer Drohne angegriffen worden. Die Anlage Gazprom Neftekhim Salavat arbeite aber wie gewohnt, erklärt das Oberhaupt der Republik, Radij Chabirow, bei Telegram. Die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA meldet unter Berufung auf Rettungsdienste, bei dem Drohnenangriff sei das Gebäude der Pumpstation des Industriekomplexes, eines der größten Russlands, beschädigt worden sei. Verletzt worden sei niemand. Die Ukraine hat seit Jahresbeginn ihre Drohnenangriffe auf Ölverarbeitungsanlagen in Russland verstärkt. Baschkortostan liegt im östlichen Teil es europäischen Russlands und vergleichsweise weit entfernt von der Grenze zur Ukraine. Drohnen des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes der Ukraine (SBU) sollen zudem in der russischen Oblast Krasnodar zwei Öldepots getroffen und so große Brände verursacht haben. (Mehr dazu im Eintrag um 12:50 Uhr)
+++ 13:35 Militärexperte Thiele: „Putin verpasst Chance, Stärke zu demonstrieren“ +++
Den Sieg über Hitler-Deutschland zelebriert Russland traditionell am „Tag des Sieges“ mit einer Militärparade und Waffenshow. Seit Kriegsbeginn rollen aber immer weniger Panzer über den Roten Platz in Moskau – eine vertane Möglichkeit, der Welt Macht zu demonstrieren, analysiert Militärexperte Ralph Thiele.
Protz-Parade am „Tag des Sieges“ Thiele: „Putin verpasst Chance, Stärke zu demonstrieren“
+++ 13:09 Zwei Wasserkraftwerke in Ukraine fallen nach russischem Angriff komplett aus +++
In der Ukraine sind Anfang der Woche zwei Wasserkraftwerke durch einen russischen Drohnenangriff so schwer beschädigt worden, dass sie komplett ausfallen. „Bis heute ist die gesamte Wasserkraftanlage von verheerenden Schäden betroffen“, erklärt der staatliche Energiekonzern Ukrhydroenergo bei Telegram. Es seien erhebliche finanzielle Mittel und Anstrengungen erforderlich, um die Schäden zu reparieren und den Betrieb wiederherzustellen. Die Ukraine, die vor Beginn der russischen Invasion ein Nettoexporteur von Strom war, muss nun ihre Einfuhr erhöhen. Sie solle auf 16.699 Megawattstunden im Vergleich zu gestern verdoppelt werden, teilt das Energieministerium in Kiew mit. „Heute wurden auf Ersuchen der Ukraine bereits Notstromlieferungen aus Polen, Rumänien und der Slowakei geleistet.“ Auch während der abendlichen Spitzenzeiten beim Stromverbrauch gebe es Nothilfe.
+++ 12:50 Ukrainische Geheimdienstkreise: Große Brände nach Drohnenangriffen in zwei russischen Öllagern +++
In der Nacht haben russische Behörden es bereits bestätigt, dass es einen Angriff auf ein Öldepot gab. Laut einem Insider haben vom ukrainischen Inlandsgeheimdienst SBU gestartete Drohnen sogar zwei russische Öllager bei Anapa in der südrussischen Oblast Krasnodar getroffen. Große Brände seien ausgebrochen, erfährt die Nachrichtenagentur Reuters aus Geheimdienstkreisen. Die Depots hätten als Umschlagplatz für die Treibstoffversorgung der russischen Truppen auf der nahe gelegenen besetzten Halbinsel Krim gedient. Der Geheimdienst SBU werde Russlands wirtschaftliches und logistisches Potenzial zur Kriegsführung weiterhin verringern, sagt der Insider.
+++ 12:21 Ende des Zweiten Weltkriegs: So unterschiedlich ist das Gedenken in Russland und in der Ukraine +++
Am 9. Mai feiert Russland den Sieg über Hitler-Deutschland. Währenddessen geht der Krieg in der Ukraine weiter. Die ntv-Reporter Rainer Munz und Jürgen Weichert berichten aus Moskau und Kiew. Dabei wird klar, dass die Menschen am „Tag des Sieges“ ganz unterschiedlichen Gegebenheiten gedenken.
Munz und Weichert zu Festparade Russland feiert Sieg gegen Hitler, Ukraine gedenkt Krieg
+++ 11:50 EU-Parlamentschefin Metsola zu Besuch in Kiew +++
Die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, ist in Kiew eingetroffen. Dies gab der Vorsitzende des ukrainischen Parlaments Werchowna Rada, Ruslan Stefantschuk, bei Facebook bekannt. „Das Europäische Parlament steht zweifellos an vorderster Front bei der Unterstützung der Ukraine. Es war die erste Institution in der EU, die sich dafür einsetzte, der Ukraine einen Kandidatenstatus für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union zu verleihen“, schreibt Stefantschuk zu einem Foto, das Metsolas Ankunft am Bahnhof zeigt.
+++ 11:33 Putin wirft Westen Verfälschung der sowjetischen Siegesgeschichte vor +++
Der russische Präsident Wladimir Putin hat bei der Militärparade zum 79. Jahrestag des Sieges über Hitler-Deutschland einmal mehr Vorwürfe gegen den Westen erhoben. Dieser versuche die Erinnerung an den sowjetischen Sieg zu verfälschen, sagte er heute in Moskau. Die Wahrheit störe „diejenigen, die ihre koloniale Politik auf Heuchelei und Lüge aufbauen“, sagte der Kremlchef. „Revanchismus, die Verhöhnung der Geschichte, das Bemühen, die heutigen Nachahmer der Nazis zu rechtfertigen – das ist Teil der allgemeinen Politik westlicher Eliten, immer neue regionale Konflikte zu entzünden, ethnische oder religiöse Konflikte.“ Den Vorwurf, den Nazis nachzufolgen, erhebt Putin gewöhnlich gegen die Ukraine, die er seit zwei Jahren mit Krieg überzieht. Auch die Länder, die die Ukraine unterstützen, rückt er in diese Nähe. Putin beklagte, dass in vielen Ländern sowjetische Ehrenmale abgerissen werden.
Moskau begeht „Tag des Sieges“ Putin wettert gegen „Heuchelei“ des Westens
+++ 11:02 Ukrainischer Regierungsvize Kubrakow abgesetzt +++
Das Parlament der Ukraine hat den für Wiederaufbau zuständigen Vizeregierungschef Olexander Kubrakow abgesetzt. Kubrakow entfällt damit auch als Gesprächspartner für Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze von der SPD. Sie ist eigens zur Vorbereitung einer internationalen Wiederaufbau-Konferenz für die Ukraine im Juni in Berlin nach Kiew gereist. Das Treffen sei abgesagt worden, hieß es aus der deutschen Delegation. Kubrakow war seit 2021 Minister für Infrastruktur und seit 2022 Vizeregierungschef. Sein Ministerium war auch für Kommunal- und Regionalpolitik zuständig. Unter den Bedingungen des russischen Angriffskrieges verantwortete er auch die Wehrlogistik. Nach Angaben im Parlament, der Obersten Rada, sollen Infrastruktur und Kommunales wieder geteilt werden. Kubrakow schrieb auf Facebook, dass Ministerpräsident Denys Schmyhal und die Fraktion der Präsidentenpartei Diener des Volkes über diese Entscheidungen nicht mit ihm gesprochen hätten. Zudem wurde Agrarminister Mykola Solsky wegen Korruptionsverdachts entlassen. Er hatte bereits im April seinen Rücktritt erklärt, dabei allerdings die Vorwürfe zurückgewiesen.
+++ 10:34 Putin droht bei Militärparade in Moskau mit Atomstreitkräften +++
Russlands Staatschef Putin lässt gerade Tausende Soldaten auf dem Roten Platz in Moskau aufmarschieren anlässlich des Gedenktags zum Sieg über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg. In seiner Rede bezieht sich der Kremlchef jedoch auch indirekt auf den Krieg gegen Ukraine. Putin beschwört darin die Kampfbereitschaft seines Landes und droht auch mit Atomstreitkräften. Diese seien „immer in Alarmbereitschaft“, sagte Putin zum Auftakt der jährlichen Feierlichkeiten zum 79. Jahrestag. Russland werde „alles tun, um eine globale Konfrontation zu vermeiden“, versicherte Putin. „Gleichzeitig werden wir niemandem erlauben, uns zu bedrohen.“
+++ 10:02 Kiew: Rund 1300 russische Soldaten an einem Tag „eliminiert“ +++
Die personellen Verluste auf russischer Seite bleiben laut offiziellen Zahlen aus Kiew hoch: Binnen eines Tages sind demnach 1300 russische Soldaten im Krieg ums Leben gekommen oder können nicht mehr weiterkämpfen. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums sind seit Beginn des Krieges im Februar 2022 insgesamt 478.730 russische Soldaten „eliminiert“ worden. Wie das Verteidigungsministerium in seinen täglichen Angaben zu den Verlusten Russlands verkündet, habe der Gegner unter anderem 11 weitere Panzer verloren (7429). Seit Beginn der russischen Invasion zählt die Ukraine mehr als 14.200 gepanzerte Fahrzeuge und rund 9800 Drohnen, die sich nicht mehr im Besitz des russischen Militärs befinden oder zerstört wurden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Moskau selbst hält sich mit Informationen zu eigenen Verlusten in der Ukraine zurück.
+++ 09:41 Shmyhal: Russland hat mit Angriffen über 800 Heizanlagen in der Ukraine beschädigt +++
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges habe die Ukraine Strom im Wert von bis zu acht Gigawattstunden verloren und benötige zur Entschädigung fast eine Milliarde Dollar, sagte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal. Das meldet die ukrainische Zeitung „Kyiv Independent„. Erst vor kurzem hat Moskau seine Raketen- und Drohnenangriffe auf kritische Infrastruktur wieder intensiviert. Seit Ende März ist es wiederholt zu groß angelegten Angriffen auf Energieanlagen im ganzen Land gekommen.
+++ 09:24 Militärparade in Moskau erinnert an Sieg im Zweiten Weltkrieg +++
Überschattet vom Angriffskrieg gegen die Ukraine hat in Russlands Hauptstadt Moskau die traditionelle Militärparade zum Gedenken an den sowjetischen Sieg im Zweiten Weltkrieg begonnen. Bei kaltem Wetter um die null Grad und leichtem Schneefall ist am Vormittag auf dem Roten Platz auch Kremlchef Wladimir Putin anwesend, der erst vor wenigen Tagen offiziell in seine fünfte Amtszeit gestartet ist. Der Sieg der Sowjetunion über Hitler-Deutschland liegt 79 Jahre zurück. Doch Putin nutzt das Weltkriegsgedenken zunehmend, um den von ihm angeordneten Krieg gegen die Ukraine als angebliche Fortsetzung des Kampfes gegen den Faschismus darzustellen.
+++ 08:50 „Munition für die Ukraine“ – mehr als 2500 Granaten von Spendengeld aus der Slowakei gekauft +++
Slowakische Bürger sammeln Geld, um die Ukraine beim Kauf von Munition zu unterstützen. Von den ersten vier Millionen Euro, die bei der Spendenkampagne für eine tschechische Initiative zusammen gekommen sind, werden jetzt mehr 2.500 Granaten für die Ukraine gekauft. Es handelt sich um 2.692 Artilleriegeschosse vom tschechischen Hersteller STV Group, wie die tschechische Nachrichtenagentur ČTK meldet. Die Spendenaktion wurde in der Slowakei unter dem Titel „Wenn nicht die Regierung, dann schicken wir“ im April gestartet, weil sich die Regierung des Landes weigerte, eine tschechische Initiative zum Kauf von Artilleriemunition für die Ukraine zu unterstützen.
+++ 08:12 Entwicklungsministerin Schulze zu Besuch in Kiew eingetroffen +++
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze ist zu einem vorher nicht angekündigten Besuch in Kiew eingetroffen, um dem vom russischen Angriffskrieg schwer getroffenen Land weitere Unterstützung beim Wiederaufbau zuzusichern. Bei ihren Gesprächen in der ukrainischen Hauptstadt soll es heute unter anderem um den Ausbau des ukrainischen Stromnetzes mit deutscher Hilfe und die Ausbildung von Fachkräften gehen. „Die Ärztinnen und die Elektriker sind mindestens genauso wichtig wie die Panzer“, sagte die SPD-Politikerin nach ihrer Ankunft am Bahnhof von Kiew. Der Besuch dient der Vorbereitung der großen Wiederaufbaukonferenz, zu der am 11. und 12. Juni etwa 1500 Teilnehmer in Berlin erwartet werden – darunter auch Staats- und Regierungschefs. Die SPD-Politikerin nimmt dazu in der ukrainischen Hauptstadt an einem „Gipfel der Städte und Regionen“ teil.
+++ 07:36 Ukrainische Botschaft in Wien beschwert sich über FPÖ-Plakat +++
Die ukrainische Botschaft in Wien hat wegen eines FPÖ-Wahlplakats zur EU-Wahl eine Protestnote beim österreichischen Außenministerium eingereicht. In der Note verurteilte die Botschaft die Strategie der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), die russische Aggression gegen die Ukraine „manipulativ und verzerrt“ darzustellen. Das meldet die staatliche ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform. „Sobald die Botschaft über den manipulativen Inhalt des FPÖ-Plakats erfuhr, übte der Botschafter scharfe Kritik“, erklärte die Botschaft demnach. Die Botschaft nannte diese Strategie eine „Verhöhnung und Beleidigung des ukrainischen Volkes“, was Grundlagen für die Rechtfertigung von Kriegsverbrechen der Russen in der Ukraine schaffe.
Auf dem schwarz-weißen Wahlplakat sind neben dem Slogan „EU-Wahnsinn stoppen“ Ursula von der Leyen und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu sehen. Im Hintergrund sind Waffen und anderes Kriegsgerät abgebildet. Darüber steht unter anderem das Wort „Kriegstreiberei“. Russland wird nicht erwähnt.NACHT IM ÜBERBLICK – UKRAINE
ROUNDUP: Selenskyj will baldige EU-Beitrittsgespräche – Die Nacht im Überblick
MOSKAU/KIEW (dpa-AFX) – Während Russland mit einer Militärparade Erinnerungen an die Sowjetunion aufleben lässt, hat die ukrainische Staatsführung am Europatag das Streben des Landes in die EU bekräftigt. Präsident Wolodymyr Selenskyj warb einmal mehr für einen schnellen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union. „Unser Staat, unser Volk haben es verdient, und auch die Europäische Union braucht diesen Schritt nicht nur politisch“, sagte Selenskyj am Donnerstag in seiner täglichen Videoansprache. Die EU beziehe ihre Kraft auch daraus, niemanden vor der Tür sitzen zu lassen, der an die europäischen Werte glaube. Kiew baue darauf, dass im Juni die eigentlichen Beitrittsverhandlungen beginnen werden. Es wird erwartet, dass die EU-Mitglieder nach der Europawahl im Juni über einen möglichen Beginn der Gespräche entscheiden.
Selenskyj bedankte sich in seiner Botschaft auch bei der Präsidentin des Europaparlaments Roberta Metsola. Dass sie am Europatag nach Kiew gereist sei, um ihre Unterstützung für das Land zu demonstrieren, sei ein wichtiges Signal. Er habe mit Metsola über politische, aber auch militärische Hilfe für die Ukraine gesprochen.
Dass die gemeinsame Pressekonferenz durch einen von Russland verschuldeten Luftalarm unterbrochen werden musste, zeugt nach Darstellung Selenskyjs davon, dass Moskau im Gegensatz zu Brüssel nur Gewalt anzubieten habe. Er deutete an, dass Russland weitere militärische Vorstöße vorbereite. Die Ukraine werde aber darauf antworten, kündigte er an.
Selenskyj will mit westlichen Waffen Initiative zurückerlangen
Seiner Einschätzung nach werde die Ukraine mit Ankunft der westlichen Waffen die Initiative an der Front zurückerlangen, sagte Selenskyj bei einer Pressekonferenz mit Metsola in Kiew. Derzeit seien die russischen Streitkräfte im Osten der Ukraine in der Offensive, das sei kein Geheimnis. „Sobald die Waffenlieferungen ankommen, stoppen wir ihre Initiative“, versprach Selenskyj. Um die Oberhand zu gewinnen, brauche sein Militär „etwas Kräftiges“. Die Pressekonferenz im Freien vor dem Präsidialamt musste kurz darauf wegen des Luftalarms abgebrochen werden.
Laut Selenskyj bereitet das russische Militär derzeit eine Großoffensive vor. Dazu würden Kräfte im Norden und Osten der Front gesammelt. Trotzdem laufe bei den Russen längst nicht alles so gut, wie sie glaubten. „Es ist nicht so, dass ich damit Ihre Stimmung heben will. Das ist die Realität“, versicherte Selenskyj bei dem Auftritt.
Deutschland kauft in den USA Raketenartillerie für die Ukraine
Einer der wichtigsten Unterstützer der Ukraine – auch im militärischen Bereich – ist Deutschland. Und Berlin legt nun noch einmal nach. Die Bundesregierung werde die Lieferung von drei weiter reichenden Raketenartilleriesystemen aus den USA an die Ukraine bezahlen, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in Washington nach Gesprächen mit seinem Amtskollegen Lloyd Austin. „Die stammen aus Beständen der US-Streitkräfte und werden von uns bezahlt.“ Die Systeme kosten einen höheren zweistelligen Millionenbetrag.
Russland hatte zuletzt verärgert auf die Waffenlieferungen und die Unterstützungsbekundungen des Westens an die Ukraine reagiert. Präsident Wladimir Putin ordnete eine Atom-Übung an, die – wie auch die Militärparade auf dem Roten Platz – weithin als Machtdemonstration des Kremls wahrgenommen wurde. Immer wieder wurden aus Moskau auch Drohungen laut, die Atomwaffen im Notfall einzusetzen.
Der ukrainische Justizminister Denys Maljuska sagte am Rande eines G7-Justizministertreffens in Venedig: „Dies sind leere Drohungen, die sich an ein westliches Publikum richten, nicht an die Ukraine.“ Das Ganze habe keinen militärischen Nutzen und wäre für Russland selbst zerstörerisch, weil es durch einen Atomwaffeneinsatz einige Verbündete verlieren würde.
Selenskyj entlässt Chef der Leibgarde
Nach angeblich vereitelten Anschlagsplänen gegen ihn entließ Selenskyj den Chef seiner Leibgarde, Serhij Rud. Das berichteten am Donnerstag mehrere ukrainische Medien übereinstimmend unter Berufung auf ein Präsidentendekret. Der Grund für die Entlassung wurde nicht genannt. Am Dienstag hatte allerdings der ukrainische Geheimdienst SBU die Aufdeckung von russischen Anschlagsplänen gegen Selenskyj bekannt gegeben. Dabei wurden auch zwei hochrangige Offiziere aus dem Staatsschutz festgenommen. Das ist die Abteilung, die Rud führte.
Was am Freitag wichtig wird
In Moskau erwarten Beobachter am Freitag die Ernennung des Regierungschefs. Nachdem Präsident Putin am Dienstag offiziell seine fünfte Amtszeit angetreten hat, ist die Regierung erwartungsgemäß zurückgetreten, um dem Kremlchef freie Hand bei der Neubesetzung des Kabinetts zu lassen. Die meisten Experten gehen aber davon aus, dass Regierungschef Michail Mischustin seinen Posten behält./bal/DP/stk
WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN
Deutschland kauft in den USA Raketenartillerie für die Ukraine
WASHINGTON (dpa-AFX) – Deutschland wird die Lieferung von drei weiter reichenden Raketenartilleriesystemen aus den USA an die Ukraine bezahlen. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) machte die Entscheidung am Donnerstag in Washington nach Gesprächen mit seinem Amtskollegen Lloyd Austin öffentlich. „Die stammen aus Beständen der US-Streitkräfte und werden von uns bezahlt“, sagte er. Die Systeme kosten einen höheren zweistelligen Millionenbetrag. Das Himars („High Mobility Artillery Rocket System“) ist ein auf einem Lastwagenfahrgestell montiertes Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesystem./cn/DP/he
Pistorius bestätigt weitere Raketenwerfer-Lieferung an Ukraine
Washignton – Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat bei seinem Besuch in Washington am Donnerstag bestätigt, dass Deutschland drei weitere Raketenwerfer vom Typ Himars aus US-Beständen finanziert, um sie im Anschluss an die Ukraine zu liefern. Die modernen Waffensysteme hatten sich aufgrund ihrer Präzision und Reichweite als besonders wirksam im Kampf gegen Russland erwiesen.
Am Morgen hatte Pistorius den US-Waffenhersteller Raytheon besucht, der unter anderem das Flugabwehrraketen-System „Patriot“ herstellt. Mit dem Unternehmen gebe es einen „engen, unmittelbaren Austausch zu allen technischen und vertragsrechtlichen Fragen“, so der Minister. Bei dem Besuch habe man auch darüber gesprochen, wie Produktionskapazitäten hochgefahren werden könnten, um Lieferfristen zu verkürzen. „Wir haben gerade einen Vertrag über vier Patriot-Systeme erneut abgeschlossen. Ein weiterer wird vorbereitet“, so der Minister. Er soll im Sommer unterzeichnet werden.
Deutschland hat bereits zwei Patriot-Systeme an die Ukraine geliefert. Ein weiteres soll in den nächsten Wochen übergeben werden. Das System hatte sich laut ukrainischen Militärs als sehr effektiv erwiesen, es mangele jedoch zunehmend an Raketen.
Nach seiner Ankunft am Mittwoch hatte Pistorius zunächst einen Friedhof von US-Veteranen besucht, die ihr Leben im Zweiten Weltkrieg verloren hatten. Am Donnerstag stand dann ein Treffen mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin auf dem Programm. Pistorius habe seinen Kollegen dabei über die Ambitionen Deutschlands unterrichtet, das Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu erreichen.
Gesprochen habe man auch über weitere Rüstungskooperationen. „Aktuell sind es 380 Verträge mit einem Volumen von 23 Milliarden Euro“, so Pistorius.
ROUNDUP: G7 wollen bei Korruptionsbekämpfung in der Ukraine am Ball bleiben
VENEDIG (dpa-AFX) – Um über Korruptionsbekämpfung, die Situation in der Ukraine und gemeinsame Anstrengungen im Kampf gegen Organisierte Kriminalität zu beraten, haben sich in Venedig die Justizminister der G7-Staaten versammelt. Es gehe bei dem zweitägigen Treffen darum, die demokratischen Institutionen der Ukraine zu stärken und jede Form von unrechtmäßiger Verwendung von Geld, das für einen Wiederaufbau vorgesehen sei, zu verhindern, hieß es seitens der italienischen Gastgeber. Der G7-Gruppe der führenden demokratischen Industrienationen gehören neben Deutschland und Italien auch Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA an.
„Das Thema Korruption ist ein dreifaches Problem für die Ukraine“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann am Donnerstag auf seinem Flug in die Lagunenstadt der Deutschen Presse-Agentur. Erstens schwäche jeder Euro, der in der Korruption versickert, anstatt für die Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten ausgegeben zu werden, die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf gegen die russische Aggression. Zweitens habe die Ukraine das Ziel, eines Tages Mitglied der Europäischen Union zu werden.
„Wenn die Ukraine den Pfad Richtung Mitgliedschaft beschreiten will, muss sie das hohe Korruptionsniveau bekämpfen“, betonte der FDP-Politiker. Drittens gehe es um eine Zukunft, in der es hoffentlich wieder Frieden in der Ukraine geben werde. Der Wiederaufbau werde nicht ohne ausländische Hilfe gelingen. Die Hilfsbereitschaft potenzieller Geberländer dürfte allerdings geringer ausfallen, wenn große Teile der Hilfen in Korruption versickern würden.
Buschmann sagte, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei sich dieses Problems bewusst, und haben die Bekämpfung der Korruption deshalb zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht. „Darin wollen wir ihn unterstützen“, sagte Buschmann.
Der ukrainische Justizminister Deniys Maljuska sagte, das Parlament in Kiew müsse entscheiden, mit welchen Konsequenzen Männer zu rechnen haben, die sich durch Ausreise dem Wehrdienst entzogen haben. Klar sei, dass dies für diese Ukrainer Folgen haben müsse. Gleichzeitig wolle man aber auch nicht, dass diese Menschen dauerhaft nicht in die Heimat zurückkehrten, da sie dort gebraucht würden. Durch den kürzlich angekündigten freiwilligen Militärdienst für Strafgefangene hofft die Ukraine seinen Angaben zufolge bis zu 10 000 zusätzliche Soldaten zu rekrutieren. Ein Schwerpunkt seiner Gespräche in Venedig sei die Nutzung von Gewinnen aus eingefrorenem russischem Kapital für die Ukraine, sagte Maljuska.
Während sich die Außenminister der G7-Staaten schon länger regelmäßig treffen, ist die Justizministerrunde noch relativ neu. Sie kam im November 2022 auf Initiative Buschmanns erstmals in Berlin zusammen. Im Juli 2023 folgte dann ein zweites Treffen. Zu den Tagesordnungspunkten, die die Ukraine betreffen, war in Venedig eine ukrainische Delegation eingeladen./abc/DP/he
Finnlands Präsident sieht „echte Bemühung“ für Frieden in Ukraine
Berlin – Finnlands Präsident Alexander Stubb sieht in der Ukraine ein echtes Interesse an einem Ende des Krieges. „Man muss den Weg zum Frieden irgendwo anfangen“, sagte Stubb der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitagsausgabe). „Nach den Gesprächen mit Selenskyj habe ich das Gefühl, dass es eine echte Bemühung für Frieden gibt.“
Er verwies darauf, dass der ukrainische Präsident für ein Friedensforum Mitte Juni in der Schweiz geladen hat. „Ich hoffe, dass so viele Staats- und Regierungschefs wie möglich teilnehmen werden und dass es zu einem Treffen mit Russland kommen wird. Das kann auch unterhalb des Radars geschehen“, sagte Stubb der FAZ.
Momentan aber führe „der einzige Weg zum Frieden über das Schlachtfeld.“ Für einen Frieden gebe es viele verschiedene Szenarien, sagte Stubb, der als finnischer Außenminister 2008 Friedensvermittler im Georgienkrieg war. Stubb verteidigte Deutschland in Bezug auf dessen Hilfe für die Ukraine. Das Land leiste viel mehr, als gemeinhin wahrgenommen werde, sagte Stubb der Zeitung.
Die politische Debatte in Deutschland sei bei dem Thema „etwas durcheinandergeraten“, so Stubb. „Man sollte Deutschland auch mal eine Pause gönnen. Das Land tut, was es kann. Berlin macht wirklich gute Arbeit.“ Den Weg der Ukraine zur Nato-Mitgliedschaft bezeichnete Stubb als „unwiderruflich“. Russlands Präsident Wladimir Putin müsse begreifen, dass sein Angriff auf die Ukraine ein „totaler Fehlschlag“ sei. „Er hat die Ukraine in Richtung EU-Mitgliedschaft und Nato getrieben. Und er hat Finnland und Schweden zu Nato-Mitgliedern gemacht“, sagte Stubb.
Die Verantwortung für die häufigen Störungen des Navigationssystems GPS derzeit im Ostseeraum, die eine Gefahr für die Luftfahrt und die Schifffahrt sind, wies Stubb Moskau zu. „Russland ist für die GPS-Störungen verantwortlich. Die Frage ist, ob sie gezielt verursacht wurden oder aus Inkompetenz. Das wissen wir bisher nicht. Aber die Störungen sind sehr gefährlich, unverantwortlich und zynisch“, sagte Stubb.
Doch gelte es im Falle Russlands mit derlei Angriffen zu rechnen. „Die Grenzen zwischen Krieg und Frieden verschwimmen. Die Dinge, die uns eigentlich verbinden sollten, so wie das GPS-System, aber auch Energie oder Information, werden als Waffe eingesetzt. Wir leben in einem Zeitalter des Nicht-Friedens und müssen sehr wachsam sein“, sagte Stubb.
Deutschland hilft Ukraine bei Instandsetzung von Stromversorgung
Kiew – Bei ihrem Besuch in Kiew am Donnerstag hat Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) der Ukraine langfristige Hilfe beim Wiederaufbau der Energieinfrastruktur zugesichert. Beide Länder unterzeichneten ein entsprechendes Abkommen, wie das Entwicklungsministerium mitteilte.
Die Antwort auf die russischen Angriffe auf das Stromnetz der Ukraine liege in einer verstärkten Kooperation mit Deutschland, so Schulze. Russland dürfe mit dieser Strategie keine Erfolge erzielen. Mit Mitteln der staatlichen Förderbank KfW sollen Schäden repariert werden. Teil des Abkommens ist auch eine verbesserte Anschlussfähigkeit der Ukraine an das europäische Stromnetz. Das Land ist aufgrund der heftigen russischen Angriffe auf Kraft- und Umspannwerke auf Stromimporte angewiesen.
Schulze war bei ihrem Aufenthalt in Kiew auch mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und Energieminister Herman Haluschtschenko zusammengekommen. Am Nachmittag gedachte sie gemeinsam mit dem Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt, Vitali Klitschko, den Opfern des Krieges und legte Blumen an einem Mahnmal nieder.
ZENTRALBANKEN
Bank of England hält Leitzins stabil bei 5,25 Prozent
Von Paul Hannon
LONDON (Dow Jones)–Die Bank of England (BoE) hat ihren Leitzins konstant auf einem 16-Jahreshoch gelassen, aber angedeutet, dass sie auf dem Weg ist, sich ihren europäischen Pendants anzuschließen und die Zinsen in den kommenden Monaten zu senken. Die britische Zentralbank beließ zum sechsten Mal in Folge ihren Leitzins bei 5,25 Prozent und entsprach damit den Erwartungen von Börsianern und Ökonomen. Zwei der neun Ratsmitglieder stimmten jedoch für eine Senkung des Leitzinses auf 5,00 Prozent – ein weiteres Zeichen dafür, dass ein solcher Schritt näher rückt.
Die nächsten Sitzungen finden im Juni und dann wieder im August statt. Bei einer Senkung auf einer der beiden Sitzungen würde die BoE wahrscheinlich vor der US-Notenbank handeln, die nun mit der Aussicht konfrontiert ist, die Zinsen länger hoch zu halten. Eine Zinssenkung vor der Fed würde das Risiko bergen, das Pfund Sterling gegenüber dem US-Dollar zu schwächen und die Preise für importierte Waren und Dienstleistungen in die Höhe zu treiben. Ein zu langes Zuwarten könnte jedoch die wirtschaftliche Erholung verzögern und zu Arbeitsplatzverlusten führen.
„Wir müssen mehr Beweise dafür sehen, dass die Inflation niedrig bleibt, bevor wir die Zinssätze senken können“, sagte Gouverneur Andrew Bailey. „Ich bin optimistisch, dass sich die Dinge in die richtige Richtung bewegen.“
Die Inflation in Großbritannien ist in den letzten Monaten stetig gesunken, und die BoE erklärte, dass sie im April wahrscheinlich ihr Ziel von 2 Prozent erreicht hat, obwohl die offiziellen Zahlen erst am 22. Mai veröffentlicht werden. Im Gegensatz dazu sind die Inflationswerte in den USA seit einigen Monaten höher als erwartet, was die US-Notenbank dazu veranlasst hat, bei künftigen geldpolitischen Entscheidungen eine abwartende Haltung einzunehmen.
Inflation im Zielbereich der BoE
Die BoE geht davon aus, dass die Inflation gegen Ende dieses Jahres wieder anziehen wird, wenn sich die Energiepreise angleichen, und in der zweiten Hälfte des Jahres 2025 wieder zurückgehen wird. Die Entscheidungsträger der BoE erwarten, dass die Inflation Mitte 2026 knapp unter ihrem Zielwert von 2 Prozent liegen wird, selbst wenn sie die Zinssätze in dem von den Anlegern erwarteten Tempo senken.
Dies deutet darauf hin, dass die Zentralbank mit der von den Anlegern erwarteten Entwicklung ihres Leitzinses zufrieden ist, die den August als den wahrscheinlichsten Monat für einen ersten Schritt mit zwei weiteren Senkungen bis Mitte 2025 und weiteren Schritten auf 3,75 Prozent bis zum zweiten Quartal 2027 ansehen.
Die Zentralbank erhöhte ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr von 0,25 auf 0,5 Prozent und die Prognose für das nächste Jahr von 0,75 auf 1,0 Prozent. Sie begründete die besseren Wachstumsaussichten mit dem unerwartet hohen Bevölkerungswachstum. Die Geldpolitiker sind zunehmend zuversichtlich, dass das Wachstum anziehen kann, ohne die Inflation über ihr Ziel hinauszutreiben.
Die Zentralbanker hatten befürchtet, dass die Löhne auf einem angespannten Arbeitsmarkt weiterhin schnell steigen und damit eine Abkühlung des Preisanstiegs bei arbeitsintensiven Dienstleistungen verhindern würden. Nun erklärten die Notenbanker jedoch, dass es Anzeichen dafür gebe, dass sich diese Inflationsquellen abkühlten, und dass sie die anstehenden Inflations- und Arbeitsmarktdaten genau beobachten würden, um Anzeichen für eine weitere Lockerung zu erkennen, wenn sie entscheiden, wann sie ihre erste Zinssenkung vornehmen wollen.
MELDUNGEN
WEITERE MELDUNGEN
Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe gestiegen
WASHINGTON (Dow Jones)–Die Zahl der Erstanträge auf Leistungen aus der US-Arbeitslosenversicherung hat in der Woche zum 4. Mai zugelegt. Im Vergleich zur Vorwoche stieg die Zahl der Anträge auf saisonbereinigter Basis um 22.000 auf 231.000, wie das US-Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten einen Anstieg auf 214.000 vorhergesagt.
Für die Vorwoche wurde der Wert nach oben revidiert, auf 209.000 von ursprünglich 208.000. Der gleitende Vierwochendurchschnitt erhöhte sich gegenüber der Vorwoche um 4.750 auf 215.000.
In der Woche zum 27. April erhielten 1,785 Millionen Personen Arbeitslosenunterstützung. Dies war eine Zunahme gegenüber der Vorwoche um 17.000.
Tabelle: http://www.dol.gov/ui/data.pdf
Xi und Orban vereinbaren „strategische Partnerschaft“
Der chinesische Präsident Xi Jinping hat gestern auf der letzten Station seiner Europareise in Budapest Gespräche mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban geführt. Dabei habe man eine „umfassende strategische Partnerschaft“ zwischen beiden Ländern vereinbart, sagten die Politiker im Rahmen einer gemeinsamen Erklärung, die vom staatlichen ungarischen Fernsehen übertragen wurde.
Orban sagte, dass beide Länder einander stets in Freundschaft verbunden gewesen seien. Chinesische Unternehmen würden heute in Ungarn Zehntausende Arbeitsplätze sichern. Das Land wolle die Chancen nutzen, die sich aus hochwertigen chinesischen Investitionen im Bereich der E-Mobilität und aus chinesischem Technologietransfer ergeben würden.
Zahlreiche Abkommen unterzeichnet
Xi sprach sich für den weiteren Ausbau der Beziehungen aus. „Wir glauben beide, dass die traditionelle Freundschaft zwischen unseren Ländern auf festen Grundlagen steht“, sagte er. Der chinesische Präsident besuchte Budapest auch aus Anlass des 75. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Ungarn und China.
Am Rande des Besuches unterzeichneten die Delegationen zahlreiche zwischenstaatliche Abkommen. Das ungarische Staatsfernsehen, das von ungarischer Seite allein bei der Zeremonie zugelassen war, machte keine konkreten Angaben dazu. Auch die Umrisse der vereinbarten „umfassenden strategischen Partnerschaft“ blieben eher vage.
Orban erwähnte lediglich, dass beide Länder künftig auch im Bereich der Nuklearindustrie zusammenarbeiten wollen. „Das gab es bisher nicht“, sagte er. Näher führte er das aber nicht aus. Ungarn war die letzte Station von Xi Jinpings Europareise, die ihn zuvor nach Frankreich und Serbien geführt hatte.
DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN
ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN
„Produktion im März 2024 um 5,4 % gesunken“
von Statistik Austria finden Sie als PDF auf unserer Website
„Baupreise im 1. Quartal 2024 moderat über Vorjahr“
von Statistik Austria finden Sie als PDF auf unserer Website.
Song Contest: Kaleen schafft den Finaleinzug
Kaleen hat es geschafft: Mit „We Will Rave“ hat sie am Donnerstagabend in Malmö im zweiten Halbfinale des Song Contest genügend Publikumsstimmen für den Finaleinzug am Samstag sammeln können. Auf die Favoritenrolle dort sind aber andere gebucht, einige davon stellten das am Abend eindrücklich unter Beweis – allen voran Nemo aus der Schweiz. Für sechs Teilnehmer war am Donnerstag bereits Schluss, mit einer kleinen Überraschung. …
ETHOLOGIE
Werkzeuggebrauch: Auch alte Schimpansen lernen dazu
Bisher wurde vermutet, dass Schimpansen nur bis zu einem bestimmten Alter lernfähig sind. Studienergebnisse zeigen nun, dass auch einige ältere Menschenaffen den Umgang mit Werkzeugen noch nicht komplett beherrschen und im Erwachsenenalter weiter an ihren Fähigkeiten feilen.
Mit Werkzeugen umzugehen, muss gelernt sein. Schimpansen sind dabei bekanntermaßen besonders geschickt, denn sie nutzen unter anderem Steine, um Nüsse zu knacken oder Stöcke, um damit Larven in Baumrinden aufzuspüren.
Nur Menschen haben den Schimpansen beim Werkzeuggebrauch noch etwas voraus. „Wie Menschen mit Technologie umgehen, ist wahrscheinlich ziemlich einzigartig“, erklärt der Anthropologe Roman Wittig vom Institut für Kognitionswissenschaften in Lyon gegenüber science.ORF.at. Das liege unter anderem daran, dass Menschen bis ins hohe Alter lernfähig sind und ihre Fähigkeiten im Laufe der Jahre immer weiter verbessern. „Man ist bisher davon ausgegangen, dass nur wir Menschen dazu in der Lage sind, bis ins hohe Alter dazuzulernen.“
Mit Stöckchen auf Nahrungssuche
Wittig leitet das Taï Schimpansen Projekt in der Elfenbeinküste. Seit 45 Jahren leben dort in einem Nationalpark mehrere Schimpansengruppen in einer geschützten Umgebung. „Es ist eigentlich sehr schwer, Schimpansen zu erforschen, weil sie sich in ihrer natürlichen Umgebung kaum an Menschen gewöhnen und der Zugang zu den Tieren daher meist sehr beschränkt ist“, erklärt er.
Um mehr über das Lernverhalten der Menschenaffen herauszufinden, analysierte der Anthropologe gemeinsam mit einem Forschungsteam zahlreiche Videos von rund 70 Schimpansen aus dem Projekt. Die Tiere waren unterschiedlichen Alters und gerade dabei, Stöckchen als Werkzeuge zu benutzen.
„Die Schimpansen verwenden diese Stöckchen zum Beispiel, um Larven aus einem Baum herauszupulen. Und dafür sind mehrere Schritte nötig, bei denen sie ihr Werkzeug auf unterschiedliche Arten nutzen müssen.“ Für das Einführen des Stocks in das Baumloch sei etwa ein anderer Umgang mit dem Werkzeug nötig, als für das anschließende Aufspüren und zu Tage fördern der Larven. Für Schimpansen sei das ein komplexer Vorgang.
Bis ins hohe Alter lernfähig
Dass ein Stöckchen generell für die Nahrungsbeschaffung genutzt werden kann, schauten sich die Schimpansen im Taï-Nationalpark vermutlich schon früh von älteren Artgenossen ab. Unklar war aber, ob sie diese und weitere Techniken ab einem gewissen Alter komplett beherrschen und irgendwann aufhören daran zu feilen. „Man ist davon ausgegangen, dass Schimpansen nur bis zum Erwachsenenalter, also ungefähr bis zu einem Alter von fünfzehn Jahren, lernfähig sind“, so Wittig.
Die Analyse der Videos ergab, dass die Tiere mit fortschreitendem Alter zwar deutlich geschickter wurden, jedoch auch, dass ältere Schimpansen durchaus noch Fehler machten. „Wir wissen nun, dass diese Funktion des Stöckchengebrauchs als Werkzeug so weit ausgebildet ist, dass fünfzehn- bis zwanzigjährige Schimpansen das immer noch nicht zu einhundert Prozent richtig machen – nicht jedes Mal“, erklärt der Anthropologe.
Für Wittig ist das ein klares Zeichen dafür, dass die Schimpansen beim Erreichen des Erwachsenenalters nicht damit aufhören, neue Dinge dazuzulernen. Entgegen bisherigen Vermutungen geht er davon aus, dass sie wie Menschen auch noch in höherem Alter lernfähig sind. Die genauen Ergebnisse der Analyse präsentiert das Forschungsteam derzeit im Fachjournal „PLOS Biology“.
Einblick in menschliche Kulturen
Bemerkenswert war für den Anthropologen außerdem, dass verschiedene Schimpansen-Gruppen im Nationalpark leicht unterschiedliche Herangehensweisen nutzten und zum Beispiel die Stöckchen anders hielten. „Daran sehen wir, dass Schimpansen verschiedene Kulturen entwickeln, weil selbst benachbarte Schimpansengruppen gewisse Dinge anders machen.“
Wie die Schimpansen selbst seien aber auch diese verschiedenen Kulturen vom Aussterben bedroht. „Wenn man das auf uns Menschen umlegt, können wir von den Schimpansen auch einiges darüber lernen, wie sich unsere Kulturen entwickelt haben und warum manche Kulturen im Laufe der Zeit wieder verschwunden sind“, erklärt Wittig. Ein besseres Verständnis über das Lernverhalten der Schimpansen könnte künftig daher auch einen genaueren Einblick in die Entstehung und den Verfall menschlicher Kulturen gewähren.
Raphael Krapscha, Ö1-Wissenschaft
Dieser Beitrag begleitet die Sendungen „Guten Morgen mit Ö1“ und „Wissen Aktuell“, Ö1, 8. Mai 2024.
- Schimpansen bilden Zweiwortsätze
- Auch Schimpansen kommen in die Wechseljahre
- Schimpansen verarzten sich mit Insekten
Verhaltensforschung: Verletzter Orang-Utan behandelt sich selbst (inkl. Bildern)
Dass Primaten Heilpflanzen verwenden, ist bekannt. Wie gezielt sie diese einsetzen, beobachteten Forschende nun erstmals bei einem wildlebenden Orang-Utan, der eine frische Verletzung mehrere Tage lang mit einer auch in der traditionellen indonesischen Medizin verwendeten Pflanze behandelte. Die enthaltenen Substanzen wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend.
Im Forschungsgebiet Suaq Balimbing, einem geschützten Regenwaldgebiet in Indonesien, in dem etwa 150 stark bedrohte Sumatra-Orang-Utans leben, beobachtete ein Forschungsteam unter der Leitung von Isabelle Laumer vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Konstanz ein männliches Tier, das eine deutlich sichtbare Verletzung unterhalb des rechten Auges aufwies.
Drei Tage nachdem sich der Orang-Utan – die Forschenden gaben ihm den Namen Rakus – verletzt hatte, begann er, gezielt die Blätter von der auch in der traditionellen Medizin verwendeten Kletterpflanze Akar Kuning (Fibraurea tinctoria) zu reißen, sie zu zerkauen, aber nicht zu schlucken, berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer soeben in „Scientific Reports“ erschienen Studie.
Den so entstandenen Saft trug das Tier mehrmals sorgfältig auf die verletzte Stelle in seinem Gesicht auf. Danach verschloss der Orang-Utan die Wunde mit den zerkauten Blättern und widmete sich eine weitere halbe Stunde dem Verzehr von Stängeln und Blättern dieser Pflanze.
Entzündungshemmende Wirkung
Akar Kuning und andere Lianenarten haben einen schmerzlindernden und fiebersenkenden Effekt und werden auch in der traditionellen indonesischen Medizin zur Behandlung von Krankheiten wie Malaria genutzt. Durch chemische Analysen konnte zudem bereits gezeigt werden, dass ihre Pflanzeninhaltsstoffe antibakteriell und entzündungshemmend wirken und sich positiv auf die Wundheilung auswirken.
Tatsächlich konnten die Forschenden während der weiteren Beobachtungen in den darauffolgenden Tagen keine Infektion an der verletzten Stelle im Gesicht des Orang-Utans feststellen. Nach fünf Tagen war die Wunde bereits geschlossen. „Interessanterweise schlief Rakus auch mehr als sonst, nachdem er verwundet worden war. Schlaf wirkt sich positiv auf die Wundheilung aus, da die Ausschüttung von Wachstumshormonen, die Proteinsynthese und die Zellteilung während des Schlafs erhöht sind“, erklärt die Primatenforscherin.
„Rakus“ zwei Monate nach seiner Selbstmedikation – die Wunde ist kaum noch sichtbar
Aus Erfahrung klug
Das Verhalten sei kein Zufall gewesen, so das Wissenschaftsteam. Rakus behandelte gezielt seine Gesichtsverletzung mit dem Pflanzensaft und zerkauten Blättern, bis die Wunde geschlossen war – jedoch keine andere Körperstelle. „Es ist möglich, dass die Wundbehandlung mit Akar Kuning bei den Orang-Utans in Suaq durch individuelle Erfahrung entstanden ist“, sagt Caroline Schuppli, Hauptautorin der Studie. Denn einige der Orang-Utans in diesem Gebiet verzehren die Blätter dieser Pflanze zwar selten, aber doch immer wieder.
Es besteht die Möglichkeit, dass sie dabei unbeabsichtigt Pflanzensaft auf wunde Stellen auftragen. Da Akar Kuning (Fibraurea tinctoria) eine starke schmerzlindernde Wirkung hat, könnten die Tiere eine sofortige Schmerzlinderung empfinden und dieses Verhalten bei erneuten Verletzungen wiederholen.
Weil Rakus aber nicht ursprünglich aus der Region kommt, könnte es auch sein, dass er diese Art Selbstmedikation von anderen Tieren aus seiner Ursprungspopulation gelernt hat.
Mechanismus zur Erkennung von Heilpflanzen
Dieses neuartige Verhalten stellt das erste Mal die aktive Versorgung von Verletzungen mit einem biologischen Wirkstoff bei einer Menschenaffenart dar. Dazu liefert die Beobachtung neue Erkenntnisse über die Existenz der Selbstmedikation bei unseren nächsten Verwandten und über die Ursprünge der Wundbehandlung im Allgemeinen.
Die Expertin hält es für möglich, dass es einen gemeinsamen zugrundeliegenden Mechanismus bei Primaten und Menschen gibt, um Substanzen mit medizinischen Eigenschaften zu erkennen und zur Wundversorgung zu verwenden.
Luis Tamberg, Ö1-Wissenschaft
Dieser Beitrag begleitet die Sendung „Wissen Aktuell“, Ö1, 3. Mai 2024.
BILDUNG
Vorwissenschaftliche Arbeit auf dem Prüfstand
Wegen rasanter Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz (KI) hat das Bildungsministerium die Vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) bzw. Diplomarbeit als Teil der Matura an AHS und Berufsbildenden höheren Schulen (BHS) auf den Prüfstand gestellt, auch bei den Abschlussarbeiten an den Berufsbildenden mittleren Schulen (BMS) stehen Änderungen bis hin zur Abschaffung zur Debatte. ÖVP-Ressortchef Martin Polaschek hat nun eine Expertengruppe eingerichtet.
Die Gruppe besteht neben Schüler-, Lehrer- und Direktorenvertretern auch aus Expertinnen und Experten für Bildungs-KI und Lehrerausbildung. Sie sollen bei ihren Empfehlungen – neben einer Weiterentwicklung der Arbeiten könnte das auch eine Wahlmöglichkeit oder gänzliche Abschaffung sein – auch die Unterschiede der Arbeiten an AHS und BMHS berücksichtigen. Noch vor dem Sommer sollen Ergebnisse vorliegen.
Derzeit verpflichtend
Die VWA ist neben den schriftlichen Prüfungsarbeiten und der mündlichen Matura die dritte Säule der 2015 an den AHS und 2016 an den BHS eingeführten standardisierten kompetenzorientierten Reife- und Diplomprüfung. Die VWA bzw. an BHS die Diplomarbeit ist eine schriftliche Arbeit zu einem bestimmten Thema auf vorwissenschaftlichem Niveau (Umfang: 40.000 bis 60.000 Zeichen), als Teil der Matura muss die Arbeit auch präsentiert und diskutiert werden. Anders als die frühere Fachbereichsarbeit, mit der man ein Fach bei der schriftlichen Matura ersetzen konnte, sind VWA bzw. Diplomarbeit derzeit für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend.
Die schriftliche Abschlussarbeit an BMS hat den Schwerpunkt eher auf der praktischen Umsetzung, soll also auch fachpraktische oder grafische Teile beinhalten. Sie muss ebenfalls selbstständig außerhalb der Unterrichtszeit erstellt und anschließend präsentiert und diskutiert werden. red, ORF.at/Agenturen
GESELLSCHAFT
Soziologe Steven Vertovec: „Leitkultur? Was immer das sein soll: Es führt zu Diskriminierung“ – Die Presse (ZAHLPFLICHT)“
Steven Vertovec ist einer der führenden Migrations- und Diversitätsforscher. Er zeigt, wie sozialer Zusammenhalt auch bei extremer Vielfalt möglich ist, schwärmt von Elternabenden – und bezweifelt die Existenz von Parallelgesellschaften.
„Die Presse“: Was halten Sie von einer Leitkultur?
Steven Vertovec: Für mich als Anthropologe ist das ein sehr fragwürdiges Konzept. Ich habe noch nie eine gute Erklärung gesehen, was damit gemeint sein soll. Zeigen Sie mir einmal die Kultur, die einen Hipster in Berlin mit einer Managerin in München, einem Fabrikarbeiter in Bochum und einer Hausfrau in einer Kleinstadt verbindet! Manchmal heißt es: Gemeint sind Dinge wie Demokratie oder Geschlechtergerechtigkeit. Aber das ist nicht exklusiv deutsch oder österreichisch, und es geht um Gesetze, nicht um Kultur. Das Konzept Leitkultur ist nicht brauchbar, außer um zu sagen, was sie nicht sein soll. Also etwa: keine Minarette, keine Fremdsprachen auf Schulhöfen – und das führt dann schnell zu Diskriminierung.
Das linke Gegenkonzept dazu war lang der Multikulturalismus. Können Sie damit besser leben?
…
Junge Europäer wählen immer häufiger rechte Parteien – Ursachen und Folgen (inkl. Graphiken, Langfassung)
Kurzfassung: In einer ganzen Reihe von EU-Staaten legen rechtspopulistische Parteien in den jüngeren Altersklassen zu. Bandenkriminalität in Schweden, ökonomische Unsicherheit in Spanien: Die Gründe für die steigende Beliebtheit rechter Parteien bei jungen Europäern sind vielfältig. Abstiegsangst spielt fast immer eine Rolle.
Es gehört zu den Faustregeln des demoskopischen Gewerbes, dass die Wählerschaft rechtspopulistischer Parteien zu einem besonders hohen Anteil aus mittelalten Männern besteht. Nun könnte es an der Zeit sein, diese Erkenntnis zwar nicht zu korrigieren, aber zumindest zu ergänzen.
Bei den unter 30-Jährigen in Deutschland, die eine Parteipräferenz haben und wählen gehen wollen, würden derzeit 22 Prozent für die AfD votieren. Keine andere Partei kommt auf einen so hohen Wert. Methodisch entspricht diese Umfrage im Rahmen der Studie „Jugend in Deutschland“ zwar nicht den klassischen Sonntagsfragen, was ihr einige Kritik einbrachte. Doch andere Befragungen lassen eine ähnliche Tendenz beobachten: Bei jungen Wählerinnen und Wählern ist das Tabu, AfD zu wählen, längst nicht mehr so ausgeprägt wie in den Generationen darüber.
Ein Trend, der sich nicht nur in Deutschland zeigt, sondern in vielen europäischen Staaten. Und der bei den Europawahlen im Juni zu einem deutlichen Rechtsruck im EU-Parlament führen dürfte. Ein Handelsblatt-Team hat sich zwischen Berlin und Lissabon auf die Suche nach der „Generation rechts“ und ihren Beweggründen gemacht.
Was mich an den Rechercheergebnissen besonders verblüfft hat: Wie verhältnismäßig wenig die Zustimmung junger Menschen zu rechtspopulistischen Parteien offenbar an den objektiven Lebensumständen hängt. Die „Generation rechts“ wächst nicht nur dort, wo es prekär zugeht, sondern auch in Ländern mit einem engmaschigen sozialen Netz wie zum Beispiel in Schweden.
Die Anthropologin Julia Ebner, die zu rechtem und islamistischem Extremismus forscht, sagt dazu im Handelsblatt-Interview:
„Für den Erfolg von rechten Bewegungen ist es nicht entscheidend, ob eine Ungerechtigkeit objektiv besteht oder nur subjektiv empfunden wird.“
In der rechten Kommunikation würden daher bewusst häufig Beispiele aus anderen Ländern verwendet, um Ängste auszulösen und zu fragen: „Wird es bei uns bald auch so aussehen?“
Ebner hat meiner Kollegin Annika Keilen und mir auch erzählt, warum es zwischen Islamisten und Rechtsextremen mehr Gemeinsamkeiten gibt, als beide Gruppierungen gemeinhin wahrhaben wollen.
Was die Frau, die undercover bei der „Identitären Bewegung“ war, dort über Rechte gelernt hat
Die Anthropologin Julia Ebner schleuste sich zu Forschungszwecken bei radikalen Bewegungen ein. Sie sieht erstaunliche Parallelen zwischen Rechtsextremen und Islamisten.
Während zahlreiche Menschen gegen die AfD protestieren, steigt die Zustimmung zu der rechtspopulistischen Partei in der jungen Generation. Bei den 14– bis 29-Jährigen mit Parteipräferenz und Wahlabsicht findet die AfD Zustimmungswerte von 22 Prozent, so die Studie „Jugend in Deutschland“. Dass junge Menschen verstärkt rechts wählen, ist nicht nur ein deutsches Phänomen – der Trend zeigt sich in vielen Staaten der EU.
Die Wissenschaftlerin Julia Ebner sagt, dass junge Menschen eine diffuse Ungerechtigkeit und Abstiegsangst fühlten. Die rechtspopulistischen Bewegungen seien gut darin, in sozialen Medien diese Ängste zu bedienen. Einmal angelockt, sei es schwer, aus den rechten Kreisen wieder herauszukommen – auch wegen der Ausgrenzung durch den Rest der Gesellschaft.
Lesen Sie hier das gesamte Interview:
Frau Ebner, Sie sind als Wissenschaftlerin dadurch bekannt geworden, dass Sie sich zu Forschungszwecken undercover in Gruppen der sogenannten Neuen Rechten eingeschleust haben, unter anderem in die „Identitäre Bewegung“ um den Österreicher Martin Sellner. Gibt es aktuell eine rechte Bewegung, die Sie besonders gern mal unerkannt von innen erleben würden?
Tatsächlich würden mich derzeit vor allem politische Gruppen interessieren, die eher versuchen, den Mainstream anzusprechen, und sich dabei auch an Strategien und Taktiken der Neuen Rechten orientieren. Das wären für mich zum Beispiel die deutsche AfD oder die FPÖ in Österreich.
Was wir im Moment erleben, ist eine Welle der Beliebtheit von rechtspopulistischen Bewegungen bei jungen Wählerinnen und Wählern fast überall in Europa. Nun steckt ja nicht in jedem jungen Wähler der AfD oder des Rassemblement National gleich ein Rechtsextremist, oder?
Es gibt natürlich auch viele junge Menschen, die aus Protest rechts wählen und ideologisch gar nicht so stark motiviert sind. Sie empfinden eine diffuse Ungerechtigkeit oder Abstiegsangst, für die Rechtspopulisten ihnen eine Erklärung anbieten. Diese Protestwähler laufen aber dann Gefahr, sich schrittweise zu radikalisieren.
Wer rechts wählt, sieht sich von der Gesellschaft oft in eine Schublade gesteckt, stößt auf Ablehnung in seiner Umgebung. Dass kann dazu führen, dass man zunehmend nur noch mit Gleichgesinnten verkehrt, sich gegenseitig in seinem Weltbild bestärkt und sich dadurch nach und nach radikalisiert. Rechte Gruppen arbeiten sehr bewusst mit dem Anreiz: Bei uns kriegst du die Anerkennung, die dir anderswo versagt bleibt. Das ist fast wie ein Lock-in-Effekt, aus dem man nur schwer wieder herauskommt, weil man emotional schon so viel investiert hat.
Die Bedingungen für die junge Generation sind in Europa sehr unterschiedlich. In Spanien zum Beispiel herrscht hohe Jugendarbeitslosigkeit, in Deutschland nahezu Vollbeschäftigung. Trotzdem wählen junge Menschen überall in Europa verstärkt rechts. Reichen Ungerechtigkeit und Abstiegsangst wirklich als Erklärung aus?
Es gibt reale ökonomische Ungerechtigkeiten, keine Frage, etwa der wachsende Gegensatz zwischen Arm und Reich in vielen europäischen Ländern. Andere fühlen sich eher in soziokultureller Hinsicht benachteiligt, etwa durch die zunehmende Anerkennung von Minderheiten. Sie merken daran schon: Für den Erfolg von rechten Bewegungen ist es nicht entscheidend, ob eine Ungerechtigkeit objektiv besteht oder nur subjektiv empfunden wird. In der rechten Kommunikation werden daher bewusst häufig Beispiele aus anderen Ländern verwendet, um Ängste auszulösen und zu fragen: Wird es bei uns bald auch so aussehen?
Welche Rolle spielen dabei soziale Medien?
Eine sehr große. Viele rechte Bewegungen sind sehr gut darin, mit eigenen Accounts bei Tiktok oder anderen Plattformen und eigens kreierten Memes junge Zielgruppen anzusprechen. Die Rechten bieten im Netz Entertainment und Gamification, sie gelten bei vielen jungen Menschen als cool. So wie in früheren jungen Generationen linke Bewegungen cool waren.
Bundeskanzler Olaf Scholz ist jetzt auch auf Tiktok. Hilft das?
Prinzipiell ist es zumindest keine schlechte Idee, junge Wähler auch außerhalb der traditionellen Medienformate zu erreichen. Leider beziehen ja viele in der jüngsten Generationen ihre Informationen hauptsächlich von Social Media.
Haben Sie sonst noch Handlungsempfehlungen für die etablierte Politik?
Ein ganz wichtiger Punkt wäre es, im Bildungsbereich die Schnittstelle zwischen Psychologie und Digitalkompetenz zu behandeln. Junge Menschen müssen wissen: Wie wirken digitale Räume auf mich, was machen sie mit meiner Identität? Wie lassen sich diese Mechanismen missbrauchen, um mich zu manipulieren?
Dann gilt es, die Sprache zurückzuerobern. Ursprünglich positiv besetzte Begriffe wie „Globalisierung“ oder „Diversität“ sind von den Rechten ins Negative gedreht worden. Umgekehrt haben sie Begriffe wie „Freiheit“ oder „Demokratie“ für sich gekapert. Sie nehmen zum Beispiel Meinungsfreiheit für sich in Anspruch, hetzen aber gegen Journalisten, die ihr Recht auf unabhängige Berichterstattung wahrnehmen. Sie geben sich demokratisch, untergraben mit ihrer Propaganda aber demokratische Institutionen.
Sie haben auch zu islamistischen Bewegungen geforscht, die für viele Rechtsextreme ein Feindbild sind …
… die tatsächlich aber viele Parallelen in den Narrativen und Weltbildern aufweisen. Etwa die Idee eines unvermeidbaren Konflikts auf Ebene der Religionen oder Kulturen; dann der Traum von einer religiös beziehungsweise ethnisch homogenen Gesellschaft, die sich nicht wandelt; der Glaube an antisemitische Verschwörungstheorien; und natürlich die Verklärung heterosexueller Männlichkeit gepaart mit der Abwertung von Frauen und sexuellen Minderheiten. Islamisten und Rechtsextreme sind sich ähnlicher, als beide Gruppen wahrhaben wollen.
Haben Sie bei Ihren Undercover-Recherchen im rechtsextremen Milieu eigentlich jemals Angst um Ihr Leben gehabt?
Nicht bei meinen Treffen mit der Identitären Bewegung selbst. Die ist zu sehr auf ihre Reputation bedacht, als dass man dort gewalttätig geworden wäre, wenn meine Identität herausgekommen wäre. Angst hatte ich eher nach der Veröffentlichung meiner Arbeit vor dem Kreis der Fans und Sympathisanten, in dem es durchaus Gewaltbereitschaft gibt. Das sieht man zum Beispiel an den Verbindungen des Attentäters von Neuseeland zur Identitären Bewegung.
Frau Ebner, vielen Dank für das Interview.
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