Tagesblick – 6.1.2024 Samstag

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FAZIT DES TAGES

Israel HAMAS-Krieg
* Heftiger Streit und „totale Anarchie“ bei Kabinettssitzung von Israels Regierung
* Rechtsgerichtete Minister der Likud-Partei griffen Generalstabschef Herzi Halevi scharf an. Dieser will eine Kommission einsetzen, um mögliche Fehler der Armee rund um den Überraschungsangriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober auf Israel aufzudecken. Ursache der scharfen Angriffe ist die Angst vor Aufdeckung von Fehlern Netanjahus.
* Berufung des früheren Verteidigungsministers Schaul Mofas an die Spitze der Untersuchungskommission ist auf scharfen Protest rechter Minister gestoßen.
* Hilfsorganisationen warnen erneut vor der katastrophalen humanitären Lage im Gaza-Streifen.
* Mediziner berichten von grausigen Zuständen in Gaza: Chirurg: „Wir sehen Verletzungen… durch Explosionen und Splitter verursacht … viele Erwachsene, Kinder und Babys werden mit traumatischen Amputationen von Armen und Beinen eingeliefert. Wir haben kleine Kinder mit den furchtbarsten Verbrennungen im Gesicht gesehen“
* Weltgesundheitsorganisation (WHO): nur noch 13 der ursprünglich 36 Krankenhäuser teilweise funktionsfähig, völlig überbelegt, es fehlt an Treibstoff, Medikamenten, Narkosemitteln, Lebensmitteln und Trinkwasser.
* UN-Nothilfebüro: vier Tage kein Zugang zum Norden Gazas wegen anhaltender Kämpfe
* Die meisten Kinder im Gazastreifen sind unzureichend ernährt: 90 Prozent von 1,1 Mio. junger Menschen betroffen.
* Augenzeugen berichten von schweren Gefechte im Süden Gazas um Chan Junis
* Bewohner mit Eselskarren auf Flucht zu sicheren Orten laut Israels Armee
* Große Not: knappe Lebensmittel, prekäre Unterkünfte aus Plastikplanen bei niedrigen Temperaturen
* Eskalation befürchtet: Hisbollah-Chef kündigt Reaktion auf Al-Aruris Tötung an: „Die Ermordung Al-Aruris (…) wird sicherlich nicht ohne Reaktion und Strafe bleiben“, der Libanon würde bloßgestellt, wenn die Tötung ohne Reaktion bliebe. Al-Aruri wurde am Dienstag in der libanesischen Hauptstadt mutmaßlich von Israel getötet.

Ukraine-Krieg
* Großbritannien: Bodenkämpfe bringen kaum Veränderungen an Front in Ukraine
* Jüngste Bodenkämpfe entweder durch eine statische Frontlinie oder allmähliche, lokale Vorstöße Russlands an wichtigen Frontabschnitten gekennzeichnet
* Im Nordosten bei Kupjansk hätten russische Truppen in der Nähe eine „große, aber nicht schlüssige Offensive“ fortgesetzt
* Ukraine habe ihre Frontlinie trotz kleinerer Angriffe um Bachmut gehalten
* Die Stadt Awdijiwka sei weiterhin stark umkämpft
* Russen konnten in der Kleinstadt Marjinka ihre Ende Dezember erzielten Gewinne konsolidieren
* Russische Luftlandetruppen erzielten In der Südukraine minimalen Fortschritt beim erneuten Versuch erzielt, einen ukrainischen Brückenkopf am Fluss Dnipro abzutrennen.

INTERNATIONAL
* Volkswirte erwarten Rückgang der Inflation bis inkl. 2027 weltweit, aber Inflation bleibt vergleichsweise hoch (Wdhlg.)
* COP29: Baku will Ex-Vertreter von staatlichem Ölkonzern für Vorsitz – Aserbaidschan nominiert Ex-Mitarbeiter des staatlichen Ölkonzerns für Vorsitz der COP29
* Indische Marine beendet Entführung von Handelsschiff vor Somalia

AMERIKA
* USA: Stimmung unter Dienstleistern trübt sich unerwartet stark ein
* Auftragseingang der US-Industrie im November gestiegen
* US-Arbeitsmarkt im Dezember stärker als erwartet
* Chef von US-Waffenlobby NRA tritt zurück

ASIEN
* Verschärfte Handelsspannungen EU-China: China leitet Anti-Dumping-Verfahren gegen Weinbrand aus der EU ein
* Großpleite: Chinesischer Finanzkonzern Zhongzhi meldet Insolvenz an
* Schießübungen verschärfen Spannungen zwischen Süd- und Nordkorea
* KOMMENTAR: Insulaner fliehen in Schutzräume Beschuss durch Nordkorea – macht Kim jetzt Ernst?

NAH- und MITTELOST
* Irak: Ruf nach Ende von US-geführter Militärkoalition
* Nach IS-Anschlag: Iranische Führung droht mit Vergeltung

EUROPA
* Ukrainische Währungsreserven stiegen 2023 trotz Krieges um 42 Prozent
* Serbien und Kosovo legen Streit über Kennzeichen bei
* Euroraum-Inflation steigt Dezember – Kernteuerung fällt
* Euroraum-Erzeugerpreise sinken im November um 0,3 Prozent
* Italien: Inflation schwächt sich erneut ab

DEUTSCHLAND
* Schwieriges Jahr 2023 für viele Einzelhändler – Erneuter Umsatzrückgang
* Beamtenbund: GDL-Streiks bei der Bahn frühestens ab Mittwoch
* Bahn unterbreitet Lokführergewerkschaft neues Angebot
* ROUNDUP: Bauern tragen Frust auf die Straße – Verkehrsbehinderungen ab Montag
* Kutter- und Küstenfischer erklären sich mit Bauern solidarisch
* Netzagentur: Leistung bei Erneuerbaren 2023 stärker gestiegen als im Vorjahr
* Netzagentur: Installierte Leistung von Ökostrom-Anlagen steigt 2023 um 12%
* Netzagentur hält 100 Prozent Erneuerbare bis 2030 für möglich – Gaskraftwerke sollen Dunkelflauten überbrücken und später auf Wasserstoff umgestellt werden – Stromleitungsausbau schreitet schneller voran
* Mehr unerlaubte Einreisen im vergangenen Jahr als 2016
* Buschmann lehnt Aussetzen der Schuldenbremse wegen Flutschäden ab – COMMENT
* INNENPOLITIK: Buschmann äußert Bedenken zu möglichem AfD-Verbotsverfahren
* INNENPOLITIK: Politikwissenschaftler sehen geringe Erfolgschancen für Maaßen-Partei
* REPORTAGE – HINTERGRUND: Deutschland: Rechte springen auf Bauerndemos auf – Rechtsextreme rufen zum „Generealstreik“ auf

ÖSTERREICH
* Schnellschätzung: Inflation auf 5,6 Prozent gestiegen
* Teuerung und unerschwingliche Pellets: Heizungshersteller Windhager beantragt Insolvenz
* Tausende Anfragen in 2023 zu überhöhten Mieten in Wien
* Strom: Anteil der Erneuerbaren schon bei 87 Prozent – Zunehmender Ausbau von Photovoltaik und Windräder
* Sängerknaben in akuter Geldnot: „Immer durchgewurschtelt“
* INNENPOLITIK – REPORTAGE: Grüne, NEOS: Signa-Pleite schlägt politisch weiter Wellen
* UNTERNEHMEN: STRABAG gewinnt Prozess gegen Oligarchen Deripaska
* KOMMENTAR: SZ Österreich: Ukrainer in Österreich: In der staatlichen Inaktivitätsfalle | Vorfreude auf 2024 | Sargnagels Kreativität

MEDIZIN
* Mehr als 400.000 Dosen Paxlovid drohen zu verfallen
* MYKKE-Register: Myokarditis nach Coronaimpfung verläuft meist milde – Vorwiegend männliche Jugendliche betroffen

UMWELT
* Treibhausgase in Österreich sanken laut Prognose 2023

MEDIEN – IT
* ORF weist Verlegervorwürfe zu ORF.at zurück
* Eltern überwachen Kinder zunehmend mit AirTags

RELIGION – ETHOLOGIE
* Erzbischof: Mehr zu Segnung Homosexueller erhofft
* Reziproker Altruismus: Ratten praktizieren „wie du mir, so ich dir“

Viel Stoff – nutze die Suchfunktion!

HELLMEYER

ÜBERSICHT

DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen

DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures

DAX-Schlussstand um 0,14 Prozent tiefer bei 16.594 Punkten. Mittlere Umsätze.

Der DAX ist noch weit entfernt vom gleitenden Durchschnitt für 100 Tage (rote Linie) bei 15.948 Zählern, erst recht für den für 200 Tage (grüne Linie) bei 15.867 Zählern.

Geordneter Rückzug oder schärfere Baisse? Siehe sehenswerte sentix Einblicke (04.01.2024, 11:5-min-Video).

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NACHBÖRSE/XDAX -0,0% auf 16.590 Punkte

Aktien New York Schluss: Anleger nach Wirtschaftsdaten verunsichert

US-Anleihen geben etwas nach – Auf und Ab nach Wirtschaftsdaten

NEW YORK (dpa-AFX) – Die Kurse von US-Staatsanleihen haben am Freitag etwas schwächer tendiert. Der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) sank zuletzt um 0,20 Prozent auf 111,77 Punkte. Die Rendite für zehnjährige Staatspapiere legte im Gegenzug auf knapp über vier Prozent zu. …

ROUNDUP/Aktien Europa Schluss: Verluste deutlich eingegrenzt nach US-Daten

PARIS/LONDON (dpa-AFX) – Positive Reaktionen auf US-Wirtschaftsdaten haben am Freitag die Verluste an den europäischen Börsen verringert. Beim EuroStoxx 50 blieb am Ende noch ein Minus von 0,23 Prozent auf 4463,51 Punkte. Für die erste Handelswoche des Jahres 2024 ergibt sich für den Leitindex der Eurozone somit ein Minus von 1,3 Prozent. Im Jahr 2023 hatte er um über 16 Prozent zugelegt.

Der französische Cac 40 schloss am Freitag mit einem Abschlag von 0,40 Prozent auf 7420,69 Zähler. Der britische FTSE 100 büßte 0,43 Prozent auf 7689,61 Zähler ein.

Eine unerwartet starke Stimmungseintrübung im US-Dienstleistungssektor hatte den Kursen am Nachmittag etwas Auftrieb gegeben. Die Hoffnung auf bald sinkende Zinsen, die in den vergangenen Tagen deutlich gedämpft wurde, könnte nun wieder genährt werden. Zuvor hatte ein starker US-Arbeitsmarktbericht die Kurse nicht unter Druck setzen können.

Es scheint nach dem schwachen Jahresstart an den Börsen derzeit etwas mehr Realismus in den Kursen eingepreist zu sein. Die Euphorie bezüglich möglicher Zinssenkungen sei nun auf ein normales Maß gesenkt worden, betonte Analyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets.

Im Sektor der Nahrungs- und Getränkehersteller belasteten hohe Verluste von Pernod Ricard und Remy Cointreau . Das chinesische Wirtschaftsministerium hatte am Freitag eine Anti-Dumping-Untersuchung von Spirituosen aus der Europäischen Union angekündigt. Diese soll sich auf Weinbranderzeugnisse in Liefergrößen von unter 200 Litern konzentrieren. Sie erfolgt auf Antrag eines chinesischen Spirituosenverbandes. Hintergrund sind wachsende Handelsspannungen zwischen der EU und China. Pernod Ricard verloren 3,6 Prozent, Remy Cointreau brachen um zwölf Prozent ein.

Im Rohstoffsektor fielen Endeavour Mining mit einem Minus von 6,9 Prozent auf. Der Goldproduzent hatte sich von seinem Unternehmenschef getrennt und dies mit dessen Fehlverhalten begründet.

In der Schweiz zogen Docmorris um 12,7 Prozent an. Die Privatbank Berenberg hatte die Aktien von „Hold“ auf „Buy“ hochgestuft und das Kursziel von 60 auf 100 Franken angehoben. Für das deutsche Geschäft des Medikamentenversands erwartet Analyst Gerhard Orgonas im vierten Quartal nur eine kleine Umsatzerholung, ab 2024 jedoch ein jährliches E-Rezept-Wachstum von 100 Prozent./ajx/he

Aktien Frankfurt Schluss: Dax begrenzt Verluste dank US-Börsengewinnen

Deutsche Anleihen: Leichte Kursverluste

FRANKFURT (dpa-AFX) – Die Kurse deutscher Bundesanleihen sind am Freitag etwas gefallen. Der richtungweisende Terminkontrakt Euro-Bund-Future fiel bis zum späten Nachmittag um 0,14 Prozent auf 136,02 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen stieg auf 2,13 Prozent. In fast allen Ländern der Eurozone legten die Renditen zu.

Die Anleihen machten am Nachmittag anfängliche deutliche Verluste größtenteils wett. Die Stimmung im US-Dienstleistungssektor hatte sich im Dezember deutlich stärker als erwartet eingetrübt. Der entsprechende Einkaufsmanagerindex ISM liegt mit 50,6 Punkten nur noch knapp über der Wachstumsschwelle. Anthony Nieves vom Marktforschungsinstitut ISM verwies auf die wirtschaftliche Unsicherheit, geopolitische Ereignisse und Engpässe auf dem Arbeitsmarkt. Erwartungen für bald sinkende Leitzinsen in den USA wurden gestärkt.

Zuvor hatten der robuste US-Arbeitsmarktbericht den Bund-Future kurz auf ein Tagestief von 135,06 Punkten gedrückt. So stieg die Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft im Dezember stärker als erwartet. Allerdings wurde der Aufbau in den beiden Vormonaten deutlich nach unten revidiert.

Die Inflation in der Eurozone hatte sich Ende des vergangenen Jahres erstmals seit September wieder beschleunigt. Die Verbraucherpreise lagen im Dezember 2,9 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Im November war die Inflation noch auf 2,4 Prozent gefallen. Allerdings hatten Volkswirte die Entwicklung erwartet. Hier spielten auch Sondereffekte in Deutschland eine Rolle./jsl/he

Aktien Wien Schluss: ATX schließt nach schwächerem Verlauf im Plus

WIEN (dpa-AFX) – Die Wiener Börse hat den Handel am Freitag nach einem schwächeren Verlauf mit Kursgewinnen beendet. Der österreichische Leitindex ATX verbuchte vor dem Wochenende ein Plus von 0,29 Prozent auf 3430,08 Punkte. Der breiter gefasste ATX Prime kletterte um 0,21 Prozent auf 1722,73 Einheiten. Einige Konjunkturdatenveröffentlichungen dies- und jenseits des Atlantiks standen im Fokus. Von Unternehmensseite blieb es zum Wochenausklang still.

Robuste Arbeitsmarktdaten aus den USA dämpften am Nachmittag die Erwartung möglicher Zinssenkungen. In den USA wurden im Dezember außerhalb der Landwirtschaft mehr Jobs geschaffen als erwartet, wenn auch der Beschäftigungsaufbau in den beiden Vormonaten nach unten revidiert wurde. Die Arbeitslosenquote stagnierte mit 3,7 Prozent gegenüber dem Vormonat – Ökonomen hatten einen Anstieg auf 3,8 Prozent erwartet.

„Letztlich zeigt sich der Arbeitsmarkt noch recht robust, was unsere Einschätzung stützt, dass die US-Notenbank die Leitzinsen nicht so früh senken wird, wie der Markt es eingepreist hat“, schreiben die Experten der Commerzbank . Sie rechnen mit einer ersten Zinssenkung durch die US-Notenbank Fed im Mai.

Eingetrübt hat sich die Stimmung im US-Dienstleistungssektor. Der Einkaufsmanagerindex fiel im Dezember um 2,1 auf 50,6 Punkte, Analysten hatten nur mit einem leichten Rückgang auf 52,6 Punkte gerechnet. Das Barometer liegt damit nur noch knapp über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten.

In der Eurozone wurde am Vormittag bekannt, dass sich die Inflation im Dezember wieder beschleunigt hat. Die Kernteuerung, bei der schwankungsanfällige Preise für Energie und Nahrungsmittel herausgerechnet werden, ging allerdings weiter zurück. Nach Ansicht der Ökonomen der Commerzbank wäre verfrüht, den Sieg über die Inflation zu verkünden.

„Die EZB dürfte ihre Leitzinsen nur zögerlich senken. Wir halten die Markterwartungen von Leitzinssenkungen um insgesamt 150 Basispunkte bis Ende des Jahres für deutlich übertrieben. Wir rechnen nur mit Zinssenkungen von zusammen 75 Basispunkten“, so die Experten.

Von Unternehmensnachrichtenseite kamen am Freitag keine Impulse, auch von Analystenseite blieb es still. Am Wiener Markt gehörten Bankaktien zu den größeren Kursgewinnern: Bawag kletterten um 1,2 Prozent, Erste Group gewannen 0,8 Prozent, und Raiffeisen Bank International verteuerten sich um 0,3 Prozent.

Auch Ölwerte schlossen sehr fest. OMV stiegen um 0,8 Prozent und Aktien des Ölfeldausrüsters Schoeller-Bleckmann gewannen 1,9 Prozent. Daneben verbuchte auch ATX-Schwergewicht Verbund ein Kursplus von 1,3 Prozent.

Einige Industriewerte gaben hingegen nach. RHI Magnesita rutschten um 3,5 Prozent nach unten, Wienerberger (minus 1,1 Prozent) und Voestalpine (minus 0,7 Prozent) beendeten die Sitzung ebenfalls tiefer./kat/spa/APA/stw

Einschätzungen

BARCLAYS stuft Totalenergies auf ‚Overweight‘

Termine

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Marktumfeld

Zentralbanken

INTERNATIONAL

Ifo-Institut: Wirtschaftsexperten erwarten bis inkl. 2027 weltweiten Inflationsrückgang, aber Inflation bleibt vergleichsweise hoch (Wdhlg.)

Von Andreas Kißler

München – Volkswirte erwarten weltweit einen Rückgang der Inflationsraten in den kommenden drei Jahren. Das geht aus dem am Freitag veröffentlichten „Economic Experts Survey“ (EES) hervor, einer vierteljährlichen Umfrage des Ifo-Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik.

Demnach wird die Inflationsrate im Jahre 2024 weltweit 5,0 Prozent erreichen, im kommenden Jahr dann 4,4 Prozent und 2027 noch 3,6 Prozent.

In Deutschland werden für dieses Jahr 3,4 Prozent erwartet, in Österreich 4,8 und in der Schweiz 2,0 Prozent. „Im Vergleich zum vorherigen Jahr sind die Inflationserwartungen für dieses Jahr deutlich geringer“, sagte Ifo-Forscher Niklas Potrafke.

In Westeuropa (3,1 Prozent) und Nordamerika (3,2 Prozent) liegen die Inflationserwartungen für 2024 deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt.

Weltweit sind die Inflationserwartungen für 2024 im Vergleich zur Umfrage im letzten Quartal um 0,2 und 0,1 Prozentpunkte gesunken.

Für das Jahr 2027 erwarten die Experten noch 2,1 Prozent Inflation für Westeuropa und 2,4 Prozent für Nordamerika. Zu den Regionen mit besonders hohen Inflationserwartungen zählen Südamerika (29,1 Prozent) und weite Teile Afrikas.

An der Umfrage vom 7. bis zum 21. Dezember nahmen 1.431 Experten aus 124 Ländern teil

COP29: Baku will Ex-Vertreter von staatlichem Ölkonzern für Vorsitz – Aserbaidschan nominiert Ex-Mitarbeiter des staatlichen Ölkonzerns für Vorsitz der COP29

Zum zweiten Mal in Folge findet heuer eine UNO-Klimakonferenz unter dem Vorsitz eines Vertreters der Ölindustrie statt. Aserbaidschan nominierte seinen Umweltminister und ehemals ranghohen Mitarbeiter des staatlichen Energiekonzerns Socar, Muchtar Babajew, zum Präsidenten der im November in Baku stattfindenden COP29, wie ein Ministeriumsvertreter gestern mitteilte.

Babajew arbeitete von 1994 bis 2003 in der Abteilung für Außenwirtschaftsbeziehungen des staatlichen Ölkonzerns Socar. Nach einem Wechsel ins Marketing war er von 2007 bis 2010 Vizepräsident für den Bereich Ökologie des Unternehmens. Seit 2018 ist Babajew Minister für Umwelt und natürliche Ressourcen.

Auch der Präsident der Klimakonferenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten (COP28) im vergangenen Jahr, Sultan Ahmed al-Dschaber, war nicht nur Industrieminister des Golfstaats, sondern auch Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc, was für heftige Kritik gesorgt hatte.

Unter seinem Vorsitz wurde jedoch eine historische Vereinbarung erzielt, in der zum ersten Mal zu einem „Übergang“ weg von fossilen Energieträgern aufgerufen wurde.

Auf X (Twitter) gratulierte die Präsidentschaft der COP28 Babajew zu seiner Nominierung. Die ehemalige Sowjetrepublik Aserbaidschan hat durch ihren Öl- und Gassektor international an Einfluss gewonnen. Dieser macht rund 90 Prozent der Exporteinnahmen des Landes aus.

ROUNDUP: Indische Marine beendet Entführung von Handelsschiff vor Somalia

NEU DELHI/MOGADISCHU (dpa-AFX) – Die indische Marine hat die Entführung eines Handelsschiffes vor der Küste Somalias beendet. Alle 21 Besatzungsmitglieder an Bord der „MV Lila Norfolk“, darunter 15 aus Indien, waren wieder frei, wie die Marine am Freitag auf der Plattform X, früher Twitter, mitteilte.

Indische Einsatzkommandos hätten zudem bestätigt, dass keine Entführer mehr an Bord gewesen seien. „Der Entführungsversuch durch Piraten war wahrscheinlich wegen der starken Warnung eines indischen Marine-Patrouille-Flugzeugs und der Überwachung eines indischen Kriegsschiffs abgebrochen worden“, hieß es weiter.

Die britische Beobachtungsstelle für die Seefahrt (UKTMO) hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass fünf bis sechs bewaffnete Personen das unter liberianischer Flagge fahrende Schiff etwa 460 Seemeilen östlich der somalischen Stadt Eyl geentert hätten. Die Besatzung habe sich nach Angaben des Kapitäns nach dem Angriff in der Zitadelle des Schiffs verschanzt, hieß es weiter.

Umgehend schickte die indische Marine das Kriegsschiff „INS Chennai“ zu dem Frachter, um möglichst einzugreifen und für die Sicherheit der Crew zu sorgen. Die indische Marine hatte erst im Dezember nach einem mutmaßlichen Drohnenangriff seine Präsenz in der Region verstärkt und Kriegsschiffe ins Arabische Meer geschickt.

Die Küste vor dem Krisenstaat Somalia war einst Schauplatz wiederholter Piratenangriffe. Im Zuge der seit 2008 laufenden EU-Mission „Atalanta“ zur Bekämpfung der Piraterie dort gingen die Attacken aber deutlich zurück. Zuletzt kam es nach Angaben des IMB-Meldezentrums für Piraterie aber am 14. Dezember wieder zu einer Entführung, als ein Frachter gekapert und nach Somalia gesteuert wurde.

Somalia liegt am Horn von Afrika auf der anderen Seite des Golfs von Aden gegenüber des Jemens. Die Gefahren in der Region haben stark zugenommen. Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen greifen seit dem Ausbruch des Gaza-Krieges immer wieder Schiffe im Roten Meer an, um sie an einer Durchfahrt in Richtung Israel zu hindern. Für den Welthandel gilt das Rote Meer als einer der wichtigsten Schifffahrtswege, weil es das Mittelmeer über den Suezkanal in Ägypten mit dem Indischen Ozean verbindet./asg/DP/stw

AMERIKA: USA, VENEZUELA, u.a.

USA: Stimmung unter Dienstleistern trübt sich unerwartet stark ein

TEMPE (dpa-AFX) – Die Stimmung im US-Dienstleistungssektor hat sich im Dezember deutlich stärker als erwartet eingetrübt. Der Einkaufsmanagerindex des Instituts for Supply Management (ISM) fiel zum Vormonat um 2,1 Punkte auf 50,6 Punkte, wie das Institut am Freitag in Tempe mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt lediglich mit einem leichten Rückgang auf 52,5 Punkte gerechnet. Der Stimmungsindikator liegt mit mehr als 50 Punkten aber immer noch knapp über der Wachstumsschwelle.

Rückgänge verzeichneten alle drei Unterindikatoren, also die Indizes für die bezahlten Preise, die Beschäftigung und die neuen Aufträge. Anthony Nieves vom ISM verwies auf Bedenken der Befragten im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Unsicherheit, geopolitischen Ereignissen und Engpässen auf dem Arbeitsmarkt. /la/jsl/he

Auftragseingang der US-Industrie im November gestiegen

WASHINGTON (Dow Jones)–Der Auftragseingang der US-Industrie hat sich im November um 2,6 Prozent gegenüber dem Vormonat erhöht. Volkswirte hatten dagegen mit einem Anstieg von 2,5 Prozent gerechnet.

Für den Vormonat ergab sich ein Minus von 3,4 Prozent, wie das US-Handelsministerium weiter mitteilte. Vorläufig war eine Abnahme von 3,6 Prozent berichtet worden.

Beim Bestelleingang für langlebige Wirtschaftsgüter meldete das Ministerium für November einen Anstieg von 5,4 Prozent nach vorläufig plus 5,4 Prozent.

Der Auftragseingang ohne Berücksichtigung des Rüstungssektors stieg um 3,0 Prozent. Die Order ohne Transportbereich nahmen um 0,1 Prozent zu.

Die Bestellungen für zivile Investitionsgüter ohne Flugzeuge, die als wichtige Messgröße für die Unternehmensausgaben gelten, kletterten um 0,8 Prozent. Im Vormonat war ein Minus von 0,6 Prozent registriert worden.

US-Arbeitsmarkt im Dezember stärker als erwartet

Von Hans Bentzien

WASHINGTON (Dow Jones)–Der US-Arbeitsmarkt hat sich im Dezember stärker als erwartet präsentiert. Wie das US-Arbeitsministerium berichtete, entstanden in der Privatwirtschaft und beim Staat 216.000 zusätzliche Stellen. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten einen Zuwachs um nur 170.000 erwartet. Allerdings wurden die Angaben für die beiden Vormonate kumuliert um 71.000 Jobs nach unten revidiert: Das Ministerium meldete für Oktober nun ein Stellenplus von 105.000 (vorläufig: 150.000) und für November von 173.000 (vorläufig: 199.000).

Die separat erhobene Arbeitslosenquote verharrte im Dezember bei 3,7 Prozent, während Ökonomen einen Anstieg auf 3,8 Prozent erwartet hatten. Für diese Statistik werden private Haushalte befragt, für die Beschäftigtenzahl hingegen Unternehmen und Behörden. Die so genannte Erwerbsquote – also der Anteil der Erwerbspersonen an der Gesamtheit der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter – sank zugleich auf 62,5 (62,8) Prozent.

Die US-Stundenlöhne stiegen gegenüber dem Vormonat um 0,4 Prozent bzw. 0,15 US-Dollar auf 34,27 Dollar und lagen damit im Jahresvergleich um 4,1 (4,0) Prozent höher. Ökonomen hatten ein monatliches Plus von 0,3 Prozent und eine Jahresrate von 3,9 Prozent erwartet.

dpa-AFX: … Aktuell klagen viele US-Unternehmen über einen Mangel an Arbeitskräften, weshalb die Löhne seit längerem deutlich steigen. Für die Notenbank bedeutet das zusätzliche Inflationsrisiken, weil die Lohnentwicklung auf die Preise durchschlagen kann./la/jsl/jha/

Chef von US-Waffenlobby NRA tritt zurück

Der oberste Waffenlobbyist in den USA, Wayne LaPierre, legt zum Ende des Monats nach gut 30 Jahren an der Spitze der einflussreichen National Rifle Association (NRA) sein Amt nieder. Die Entscheidung habe gesundheitliche Gründe, aber er werde die NRA in „ihrem Kampf zur Verteidigung der Freiheit“ weiterhin leidenschaftlich unterstützen, erklärte der 74-Jährige gestern.

Im Bundesstaat New York hatte die dortige Generalstaatsanwältin Letitia James bereits 2020 Anklage gegen sie erhoben. LaPierre wird unter anderem vorgeworfen, Gelder für Luxusreisen veruntreut zu haben. Die NRA besitzt in den USA gemeinnützigen Status und unterliegt daher besonderen Auflagen für Verwendung der Spenden, Wohltätigkeit und Rechnungslegung. Sie gilt als sehr konservative Organisation mit sehr großem politischen Einfluss. LaPierre leitete die NRA seit 1991.

ASIEN: CHINA, JAPAN u.a.

China leitet Anti-Dumping-Verfahren gegen Weinbrand aus der EU ein

Von Sherry Qin

SINGAPUR (Dow Jones)–China hat eine Antidumping-Untersuchung gegen aus der EU importierten Weinbrand eingeleitet und damit die Handelsspannungen nach der Antisubventionsuntersuchung der EU gegen chinesische Elektroautohersteller verschärft. Die Untersuchung wird sich auf Weinbrandprodukte konzentrieren, die in kleineren als 200-Liter-Behältern aus der EU kommen, wie das chinesische Handelsministerium mitteilte.

Die Untersuchung gehe auf eine Beschwerde zurück, die von der China Alcoholic Beverages Association im Namen der einheimischen Weinbrandindustrie eingereicht wurde, hieß es weiter. „Der Antrag erfüllt die Bedingungen für die Einleitung einer Antidumpinguntersuchung“, sagte ein Sprecher des Ministeriums.

Im September hatte die EU eine Antisubventionsuntersuchung gegen chinesische Hersteller von Elektrofahrzeugen eingeleitet, weil sie sich Sorgen über die Auswirkungen von Niedrigpreisprodukten aus China auf die heimische Industrie machte.

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Chinesischer Finanzkonzern Zhongzhi meldet Insolvenz an

Der chinesische Finanzkonzern Zhongzhi Enterprise hat Insolvenz angemeldet. Ein Gericht in Peking akzeptierte am Freitag den Insolvenz- und Liquidationsantrag von Zhongzhi und zementierte damit eine der größten Firmenpleiten in der jüngeren Geschichte Chinas. Die Tochtergesellschaft Zhongrong International Trust verfügte Ende 2022 über ein verwaltetes Vermögen von rund 108 Milliarden US-Dollar. Im vergangenen Jahr kam es jedoch bei einer Reihe von Anlageprodukten zu Zahlungsausfällen. Im November teilte die Muttergesellschaft den Anlegern mit, dass ihre Verbindlichkeiten die Vermögenswerte um mindestens 31 Milliarden Dollar überstiegen.

ROUNDUP: Schießübungen verschärfen Spannungen zwischen Süd- und Nordkorea

SEOUL (dpa-AFX) – Inmitten bedrohlich wachsender Spannungen haben Süd- und Nordkorea jeweils Schießübungen nahe ihrer umstrittenen Seegrenze abgehalten. Nordkoreas Militär habe am Freitag an der Westküste mehr als 200 Granaten ins Gelbe Meer abgefeuert, teilte der Generalstab in Seoul mit. Sie seien nördlich der Seegrenzlinie in einer militärischen Pufferzone ins Wasser gefallen. Die Schüsse lösten auf grenznahen südkoreanischen Inseln Alarm aus. Südkoreas Militär reagierte unter Einsatz von Panzerhaubitzen und anderer Geschütze mit eigenen Schießübungen auf zwei der Inseln.

Die Lage auf der koreanischen Halbinsel ist so angespannt wie seit Jahren nicht mehr. Die selbst ernannte Atommacht Nordkorea hat nach einer beispiellosen Raketentestserie 2022 auch im vergangenen Jahr wieder mehrfach unter Verstoß von UN-Verbotsbeschlüssen atomwaffenfähige Raketen getestet. Die USA und Südkorea bauten ihre gemeinsamen Militärmanöver aus. Beide Länder versteht das kommunistisch regierte Nordkorea als Feindstaaten.

Die neuen Schießübungen Nordkoreas wurden auch als Antwort auf ein gemeinsames Artillerietraining der Streitkräfte der USA und Südkoreas nahe der Landesgrenze gesehen. Das Training hatte nach Berichten der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap am Donnerstag begonnen und sollte am Freitag fortgesetzt werden.

Nach Berichten südkoreanischer Sender rief Südkoreas Militär die Bewohner der grenznahen Inseln Yeonpyeong und Baengnyeong auf, sich wegen der Schießübungen Nordkoreas in Schutzräume zu begeben. Yeonpyeong war 2010 Ziel eines Angriffs der nordkoreanischen Artillerie gewesen. Vier Menschen wurden damals getötet.

Wegen des nordkoreanischen Starts eines Spionagesatelliten vor zwei Monaten hatte Südkorea ein bilaterales Militärabkommen von 2018 über Entspannungsmaßnahmen an der Grenze in Teilen ausgesetzt. Nordkorea kündigte daraufhin an, sich an das komplette Abkommen nicht mehr halten zu wollen.

Das Gebiet um die Seegrenze ist in der Vergangenheit wiederholt Schauplatz von Gefechten zwischen Kriegsschiffen beider Länder gewesen. Die sogenannte Nördliche Grenzlinie (NLL) wird von Nordkorea nicht anerkannt. Sie wurde nach dem Korea-Krieg (1950-53) einseitig von einem UN-Kommando gezogen.

Die staatlich kontrollierten Medien Nordkoreas berichteten am Freitag, Machthaber Kim Jong Un habe beim Besuch einer Rüstungsfabrik dazu aufgerufen, die Produktion mobiler Raketenstartrampen auszubauen. Die Verteidigungsfähigkeiten müssten gestärkt werden, „um für eine militärische Machtprobe mit dem Feind“ vorbereitet zu sein, wurde Kim zitiert.

Solche Rampen können für den Abschuss ballistischer Raketen einschließlich Interkontinentalraketen (ICBM) benutzt werden. Die ICBM in seinem Arsenal können nach Angaben Nordkoreas auch Atomsprengköpfe bis in die USA befördern. Jüngst hatte Kim das Militär und die Rüstungsindustrie zu verstärkten Vorbereitungen für den Fall eines Kriegs aufgerufen./dg/DP/mis

KOMMENTAR – HINTERGRUND  

Insulaner fliehen in Schutzräume Beschuss durch Nordkorea – macht Kim jetzt Ernst? – Robin Grützmacher, n-tv, 5.1.2024

Drohgebärden und Waffentests durch Nordkorea sind nicht ungewöhnlich. Dass Machthaber Kim Jong Un keine Aussöhnung mit dem Süden mehr anstrebt und es zu Evakuierungen auf zwei südkoreanischen Inseln kommt, ist dennoch eine neue Eskalationsstufe. Auch der Süden hält sich mit markigen Worten nicht zurück.

Dass die Beziehungen zwischen Nordkorea und Südkorea auf einem Tiefpunkt angelangt sind, ist seit Jahren immer wieder zu hören. Stetige Drohungen, Waffentests und Militärmanöver erwecken den Eindruck, dass es tiefer eigentlich kaum mehr geht. Dennoch hat sich die Lage auf der Halbinsel in den vergangenen Tagen nochmals besonders zugespitzt. Nordkoreas Diktator Kim Jong Un ließ die Eskalationsspirale selbst für seine Verhältnisse weit voranschreiten.

Nach Angaben des südkoreanischen Verteidigungsministeriums feuerte Nordkorea kürzlich mehr als 200 Granaten in die Nähe der beiden südkoreanischen Inseln Yeonpyeong und Baengnyeongdo. Die Bewohner wurden aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. Pjöngjang erklärte, es habe sich um Marineartillerie-Übungen als „natürliche Reaktion“ auf vorherige südkoreanische Manöver gehandelt.

Leif-Eric Easley, Professor für internationale Studien an der Ewha-Universität in Seoul, sagte, es sei nicht ungewöhnlich, dass Nordkorea während der Winterübungen in der Gegend Artilleriefeuer abfeuere. „Was dieses Jahr anders ist, ist, dass Kim Jong Un sich öffentlich von der Versöhnung und Vereinigung mit dem Süden distanziert.“

Einen noch schwerwiegenderen Beschuss in dem Gebiet hatte es 2010 gegeben. Damals gingen mehrere Dutzend nordkoreanische Granaten direkt auf Yeongpyeong nieder. Zwei südkoreanische Soldaten und zwei Zivilisten starben, Seoul versetzte seine Armee in höchste Alarmbereitschaft, Staatschef Lee Myung Bak beriet sich mit seinem Stab in einem Bunker. Auf der Welt herrschte tagelang Angst vor einem Krieg – den es letztlich nicht gab. Südkoreas Verteidigungsminister reichte nach Kritik, er habe zu spät und lasch auf den Angriff reagiert, seinen Rücktritt ein.

„Es ist kein neuer Krieg ausgebrochen, Leute“

Brisant ist, dass dieses Mal die politischen Gegebenheiten andere sind, worauf Experte Easley hinweist. Kim Jong Un hat wenige Tage vor dem Beschuss öffentlich bekannt gegeben, dass sein Land nicht mehr die Vereinigung mit dem südlichen Nachbarn anstrebe. Die Menschen seien nicht mehr „des gleichen Volkes“, sagte der Diktator. Eine Negativ-Überraschung.

Denn trotz aller Spannungen, Provokationen und der Tatsache, dass sich beide Seiten mangels Friedensvertrag aus dem Korea-Krieg völkerrechtlich noch im Kriegszustand befinden: Der Norden strebte ursprünglich immer eine Vereinigung mit dem Süden an und betrachtete beide Seiten als „ein Volk“. Manche Familien durften einst sogar im Zuge von Familienzusammenführungen in das abgeschottete Land reisen.

Ob der jetzige Kurswechsel dazu führt, dass sich Nordkorea fortan noch aggressiver gegenüber dem Süden verhält, bleibt abzuwarten. Die Journalistin und Nordkorea-Expertin Jeongmin Kim von „NK News“ schrieb nach dem kürzlichen Beschuss bei auf der Plattform X, die Lage sei „ernst“. Sie ärgerte sich aber auch über ihrer Meinung nach „unverantwortliche Schlagzeilen“ in Südkorea. „Es ist nicht so, dass ein neuer Krieg ausgebrochen ist, Leute“.

Scharfe Reaktion aus Südkorea

Das südkoreanische Militär sprach davon, maritime Übungen wiederaufgenommen zu haben und reagierte mit deutlichen Worten. „Es ist ein provokativer Akt, der die Spannungen erhöht“, hieß es in einer Mitteilung. „Provokationen werden mit überwältigender Härte und Aggressivität nach dem Prinzip ’sofort, stark und endgültig‘ geahndet“. Verteidigungsminister Shin Won-sik sprach zudem von „Vergeltung“, damit der „Feind sich nicht wieder zu provozieren traut“.

Laut der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap reagierte das Militär mit Übungen auf Yeonpyeong und Baengnyeongdo und feuerte 400 Schüsse in die maritime Pufferzone ab – doppelt so viele wie der Norden. Bereits am Donnerstag hatte die südkoreanische Armee erklärt, man habe mit den USA nahe der Grenze zu Nordkorea eine gemeinsame Übung abgehalten.

Südkoreanische Regierungsvertreter haben ihre Tonlage gegenüber dem Norden seit der Amtsübernahme von Präsident Yoon Suk Yeol 2022 deutlich verschärft. Im Wahlkampf sagte dieser einst, Südkorea zur Not auch mit einem Präventivschlag vor nordkoreanischen Raketen schützen zu wollen.

Provokationen wegen Wahlen

Was die Angst vor einer Eskalation aktuell weiter schürt: Nordkorea-Diktator Kim Jong Un hatte zuletzt seiner Armee befohlen, Vorbereitungen auf einen Krieg zu treffen. Ein solcher könne jederzeit ausbrechen. Auch zu einer Ausweitung der Produktion von Raketenwerfern wurde in Vorbereitung einer „militärischen Machtprobe“ mit Südkorea und den USA aufgerufen.

Dennoch ist dies eine Rhetorik, die es, anders als die Aussagen zur nicht mehr angestrebten Vereinigung mit Südkorea, in ähnlicher Form auch in der Vergangenheit schon gegeben hat. Ebenso wie die jüngsten Warnungen aus Nordkorea vor einem Atomkrieg. Korea-Experte Easley deutete die Aussagen von Kim mit dem Schwerpunkt auf militärische Kapazitäten auch so, dass dadurch von der schlechten Wirtschaftslage in dem Land abgelenkt werden solle.

Der südkoreanische Spionagedienst teilte vergangenen Monat mit, dass Pjöngjang höchstwahrscheinlich Anfang 2024 vor den südkoreanischen Parlamentswahlen im April und den US-Präsidentschaftswahlen im November militärische Provokationen oder Cyberangriffe durchführen werde. Darauf weist auch eine Analyse der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations mit einer Umfrage unter 550 US-Beamten, Experten und Akademikern hin.

Quelle: ntv.de, mit rts

AUSTRALIEN

AFRIKA

ZENTRALASIEN

NAH-/MITTELOST: ISRAEL u.a.

Irak: Ruf nach Ende von US-geführter Militärkoalition

Nach der Tötung eines proiranischen Kommandeurs in Bagdad bei einem Luftangriff des US-Militärs zeigt sich der irakische Regierungschef Mohammed Schia al-Sudani entschlossen, das Ende der von den USA angeführten internationalen Militärkoalition in seinem Land herbeizuführen.

Die Rechtfertigung für die Existenz der Koalition sei erloschen, hieß es heute in einer von Sudanis Büro veröffentlichten Erklärung. Ein bald stattfindender „Dialog“ werde „das Verfahren für das Ende der Präsenz“ festlegen, hieß es weiter.

USA: „Akt der Selbstverteidigung“

Gestern war bei einem US-Luftangriff ein proiranischer Kommandeur der Miliz Harakat al-Nudschaba getötet worden, der nach Angaben aus Washington an Angriffen auf US-Soldaten beteiligt war. Die USA bezeichneten den Angriff als „Akt der Selbstverteidigung“, Sudanis Regierung, die von proiranischen Parteien unterstützt wird, sprach hingegen von einer „Aggression“ seitens der US-geführten Militärkoalition.

Seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas am 7. Oktober hatten die Angriffe auf von der US-Armee genutzte Stützpunkte im Irak und in Syrien deutlich zugenommen. Das US-Militär registrierte seit Mitte Oktober mehr als hundert solcher Angriffe.

Zu den meisten Angriffen bekannte sich eine Gruppe mit dem Namen „Islamischer Widerstand im Irak“, die laut Washington mit dem Iran in Verbindung steht. Im Irak sind rund 2.500 US-Soldaten stationiert, im Nachbarland Syrien 900. Die von den USA angeführte internationale Militärkoalition in diesen Ländern wurde 2014 gegründet, um die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zurückzudrängen.

red, ORF.at/Agenturen

Nach IS-Anschlag: Iranische Führung droht mit Vergeltung

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi und der Kommandeur der Revolutionsgarden drohen nach dem Anschlag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mit Vergeltung. „Wir werden euch finden, wo immer ihr seid“, sagte Generalmajor Hussein Salami am Freitag bei der Beisetzung von Opfern des Bombenanschlags in Kerman, zu dem der radikalislamische IS sich bekannt hatte. Einmal mehr wiesen sie den USA und Israel die Verantwortung für den Anschlag zu.

Der IS, der den Anschlag vom Mittwoch mit mindestens 89 Toten für sich reklamiert hatte, „ist heutzutage verschwunden“, sagte Salami während der Trauerzeremonie. Er hob hervor, Dschihadisten würden „nur als Söldner“ der USA und Israels agieren. Die Regierung in Teheran hat den USA und Israel wiederholt vorgeworfen, militante Gruppen bei Anschlägen in der Islamischen Republik zu unterstützen.

Innenminister Ahmad Wahidi sagte im Staatsfernsehen, es sei eine Anzahl Verdächtiger festgenommen worden, nannte aber vorerst keine Details. Der iranische Geheimdienst meldete wenig später, neun Menschen in sechs Provinzen festgenommen zu haben. Die Personen seien Teil eines Netzwerkes von Unterstützern der Attentäter gewesen, so die staatliche Nachrichtenagentur Irna am Freitag unter Berufung auf eine Mitteilung des Geheimdienstes.

Bei einer Razzia der Unterkunft der beiden Selbstmordattentäter in Kerman seien weitere Sprengstoffgürtel gefunden worden, hieß es weiter. Einer der beiden Attentäter habe die tadschikische Staatsbürgerschaft gehabt. Unabhängig überprüfen lassen sich Informationen des iranischen Geheimdienstes nicht.

Trauernde fordern Rache

Das Staatsfernsehen berichtete von der Trauerfeier für die Anschlagsopfer in Kerman. Es zeigte Bilder von einem religiösen Zentrum, wo sich eine dichte Menschenmenge versammelt hatte. Familienangehörige weinten über den mit der iranischen Flagge bedeckten Särgen der Getöteten. Unter den Toten sollen laut übereinstimmenden iranischen Medienberichten auch ein Dutzend Kinder unter 15 Jahren gewesen sein.

„Rache, Rache“, forderten Trauernde. Sie skandierten „Tod für Amerika“ und „Tod für Israel“ und hielten auch gelbe Fahnen der proiranischen Hisbollah im Libanon und Porträts des vor vier Jahren vom US-Militär getöteten iranischen Generals Kassem Soleimani, auf dessen Trauerfeier der Anschlag passiert war, in die Höhe.

Präsident Raisi sagte, die IS-Miliz sei von Israel „ausgebildet“ worden. Die Vergeltung für den Anschlag werde kommen – „zu der Zeit und an dem Platz, der von unseren Kräften bestimmt wird“. In seiner Ansprache würdigte er auch die radikalislamische Hamas, die am 7. Oktober bei einem brutalen Überfall auf Israel 1.400 Menschen getötet und 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt hatte.

Tödlichster Anschlag in Geschichte des Iran

Fast hundert Menschen waren am Mittwoch bei einer Gedenkfeier anlässlich des vierten Todestages des Spitzenkommandeurs der Revolutionsgarden, Soleimani, in dessen Heimatort Kerman getötet worden. Rund 300 Menschen wurden verletzt. Der IS hatte am Donnerstag erklärt, zwei seiner Angehörigen hätten inmitten der Menschenmenge mit Sprengstoffgürteln einen Selbstmordanschlag verübt. Der Anschlag war der tödlichste in der rund 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik.

Schon früher IS-Angriffe im Iran

Vor mehr als einem Jahr hatte der IS bereits einen Anschlag auf ein schiitisches Heiligtum in der Kulturmetropole Schiras für sich reklamiert. Bei der Attacke im Oktober 2022 kamen mehr als ein Dutzend Menschen ums Leben. Die Justiz ließ daraufhin zwei Männer mit afghanischer Staatsbürgerschaft öffentlich hinrichten, die der Iran für die Attacke verantwortlich gemacht hatte. Die IS-Miliz reklamierte auch zwei Bombenanschläge im Jahr 2017 auf das iranische Parlament und das Grab des Gründers der Islamischen Republik, Ajatollah Ruhollah Chomeini, für sich.

Der IS betrachtet die im Iran vorherrschende schiitische Bevölkerungsmehrheit als Abtrünnige des Islam und verachtet sie. Die Schia, die kleinere der beiden großen Strömungen im Islam, ist Staatsreligion der Islamischen Republik. Ein regionaler Ableger des IS ist im Nachbarland Afghanistan aktiv, wo die Gruppe nahe Pakistan eine „Provinz“ namens IS-Chorasan errichten will.

Der IS rief unterdessen zu weltweiten Angriffen gegen Juden und Christen auf. Explizit genannt wurden in der heute über die Propagandawege veröffentlichten Audiobotschaft der Islamisten Europa und die USA. Der Sprecher der Dschihadisten, Abu Hudhaifa al-Ansari, warnte auch die Hamas davor, mit schiitischen Gruppen zu kooperieren.

red, ORF.at/Agenturen

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EUROPA

Ukrainische Währungsreserven stiegen 2023 trotz Krieges um 42 Prozent

KIEW (dpa-AFX) – Trotz des laufenden russischen Angriffskrieges sind die Währungsreserven der von ausländischen Geldern abhängigen Ukraine 2023 um 42 Prozent gestiegen. Ende Dezember verfügte die Zentralbank über umgerechnet mehr als 36,8 Milliarden Euro, teilte die Behörde am Freitag mit. Mit den Reserven seien Importe von mehr als fünf Monaten finanzierbar, hieß es. Eine Abdeckung von drei Monaten gilt als Minimum für finanzielle Stabilität.

Gleichzeitig hob die Zentralbank hervor, dass Kiew im vergangenen Jahr internationale Finanzhilfen im Wert von umgerechnet über 38,8 Milliarden Euro erhalten habe. Die Bank nannte die Unterstützung beispiellos. Den Angaben aus Kiew zufolge trugen die Staaten der Europäischen Union beinahe die Hälfte bei.

Für 2024 hat Regierungschef Denys Schmyhal einen Bedarf von 33 Milliarden Euro aus dem Ausland veranschlagt, was weniger ist als 2023. Die weitere finanzielle Unterstützung des angeschlagenen Landes durch die EU und die USA ist jedoch noch in der Schwebe.

Die Ukraine wehrt seit über 22 Monaten mit massiver westlicher Hilfe eine russische Invasion ab./ast/DP/jsl

Serbien und Kosovo legen Streit über Kennzeichen bei

Serbien und der Kosovo haben ihren jahrelangen erbitterten Streit über Autokennzeichen beigelegt: Künftig gilt für serbische und kosovarische Autos freie Fahrt zwischen den Hauptstädten Belgrad und Prishtina. Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti erklärte heute auf Facebook, seine Regierung habe „die Entscheidung getroffen, die Einreise von Fahrzeugen mit serbischen Nummernschildern über die Grenze zuzulassen“.

Ende Dezember hatte bereits Belgrad beschlossen, dass im Kosovo zugelassene Autos ab dem 1. Jänner nach Serbien einreisen dürfen, ohne ihr Nummernschild verdecken zu müssen. Kurti teilte weiter mit, die serbische Seite habe das „vollständig“ umgesetzt, somit sei auch seine Regierung dazu bereit. Das Ganze basiere „auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit als Prämisse für die Regelung der Beziehungen zwischen unabhängigen Staaten“.

Bisher mussten in Serbien zugelassene Autos bei der Einreise in den Kosovo serbische Symbole auf ihren Kennzeichen verdeckt haben. Umgekehrt mussten auch die kosovarischen Symbole bei der Einreise nach Serbien verdeckt werden. Mit der Aufhebung dieser Vorschriften legten die Regierungen in Prishtina und Belgrad einen seit Jahren ausgetragenen Streit bei.

Der Kosovo-Beauftragte der serbischen Regierung, Petar Petkovic, erklärte allerdings Anfang der Woche, die Zulassung aller Fahrzeuge sei „eine rein praktische Entscheidung“ und könne „nicht als Anerkennung der einseitig erklärten Unabhängigkeit des sogenannten Kosovo interpretiert werden“.

Euroraum-Inflation steigt Dezember – Kernteuerung fällt

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)–Die Verbraucherpreise im Euroraum sind im Dezember wie erwartet gestiegen, wobei die Kernteuerung unerwartet deutlich zurückging. Wie Eurostat mitteilte, erhöhten sich die Verbraucherpreise gegenüber dem Vormonat um 0,2 Prozent und lagen um 2,9 (November: 2,4) Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten einen monatlichen Preisanstieg um 0,2 Prozent und eine Jahresteuerung von 3,0 Prozent prognostiziert.

Die Verbraucherpreise ohne Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak stiegen um 0,4 Prozent auf Monats- und um 3,4 (3,6) Prozent auf Jahressicht. Volkswirte hatten Raten von plus 0,4 und plus 3,5 Prozent erwartet.

Lebensmittel, Alkohol und Tabak verteuerten sich auf Jahressicht um 6,1 (6,9) Prozent, darunter unverarbeitete Lebensmittel um 6,7 (6,3) Prozent. Energie kostete 6,7 (11,5) Prozent weniger als vor Jahresfrist. Die Teuerung von Industriegütern ohne Energie fiel auf 2,5 (2,9) Prozent, während die von Dienstleistungen bei 4,0 Prozent verharrte.

TABELLE/EU-Verbraucherpreise Dezember nach Ländern (Vorabschätzung)

Euroraum-Erzeugerpreise sinken im November um 0,3 Prozent

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)–Im Euroraum hat es auch im November im Durchschnitt keinen Preisdruck von der Produzentenebene gegeben. Wie Eurostat mitteilte, sanken die Erzeugerpreise gegenüber dem Vormonat um 0,3 Prozent und lagen um 8,8 (Oktober: 9,4) Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Von Dow Jones Newswires befragte Analysten hatten Raten von minus 0,4 und minus 8,9 Prozent prognostiziert.

Die Erzeugerpreise von Energie sanken auf Monatssicht um 0,8 Prozent, die von Vorleistungsgütern um 0,5 Prozent, sowie die von Investitionsgütern und Gebrauchsgütern um 0,1 Prozent. Dagegen blieben die Erzeugerpreise von Verbrauchsgütern unverändert. Die Erzeugerpreise in der Industrie insgesamt ohne Energie sanken um 0,2 Prozent.

Auf Jahressicht zeigten sich gegenläufige Entwicklungen. So lagen die Erzeugerpreise von Energie um 23,7 Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats und die Erzeugerpreise von Vorleistungsgütern um 5,2 Prozent. Ihr Vorjahresniveau überstiegen dagegen die Erzeugerpreise von Investitionsgütern (plus 3,0 Prozent), Gebrauchsgütern (plus 3,4 Prozent) und Verbrauchsgütern (plus 3,6 Prozent). Die Erzeugerpreise ohne Energie sanken um 0,5 Prozent.

Italien: Inflation schwächt sich erneut ab

ROM (dpa-AFX) – In Italien ist die Inflationsrate im Dezember erneut gesunken. Die nach europäischer Methode erfassten Verbraucherpreise (HVPI) stiegen gegenüber dem Vorjahresmonat um 0,5 Prozent, wie das Statistikamt Istat am Freitag in Rom mitteilte. Im November hatte die Inflation noch bei 0,6 Prozent gelegen. Volkswirte hatten im Schnitt diesen Rückgang der Inflationsrate erwartet.

Italien hat mit Belgien derzeit die niedrigste Inflationsrate in der Eurozone. Im gesamten Währungsraum lag die Inflation im Dezember bei 2,9 Prozent. Die Europäische Zentralbank strebt mittelfristig eine Rate von zwei Prozent an.

Im Monatsvergleich stiegen die Preise in Italien im Dezember um 0,2 Prozent. Dies war von Volkswirten ebenfalls erwartet worden./jsl/la/jha/

DEUTSCHLAND

WAHLUMFRAGEN

WEITERE MELDUNGEN

ROUNDUP: Schwieriges Jahr 2023 für viele Einzelhändler – Erneuter Umsatzrückgang

WIESBADEN (dpa-AFX) – Die Konsumzurückhaltung der Menschen angesichts der hohen Inflation hat dem Einzelhandel in Deutschland das zweite Jahr in Folge zu schaffen gemacht. Sie verloren einer ersten amtlichen Schätzung zufolge auch 2023 an Umsatz. Bereinigt um Preissteigerungen (real) hatten die Händler 3,1 Prozent weniger in den Kassen als im Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden berichtete. Einschließlich Preiserhöhungen setzen sie allerdings 2,4 Prozent mehr um als 2022.

Auch wenn es sich um eine Schätzung handele, „zeigen die Zahlen, dass es ein schwieriges Jahr war für viele Einzelhändler“, sagte HDE-Sprecher Stefan Hertel. „Es bleibt die Hoffnung, dass es 2024 besser läuft. Viele Experten gehen davon aus, dass wir bei den Inflationsraten den Höhepunkt überschritten haben.“

Der HDE hatte zuletzt für 2023 einen Umsatz von 649 Milliarden Euro prognostiziert. Das sind nominal zwar drei Prozent mehr als im Vorjahr, entspricht preisbereinigt aber einem Minus von vier Prozent.

Besonders wichtig für die Einzelhändler ist traditionell das Weihnachtsgeschäft. Laut HDE waren viele Unternehmen jedoch unzufrieden mit den Umsätzen im November und Dezember. Demzufolge verlief das Geschäft sogar schlechter als 2022. Einer Umfrage des HDE zufolge war nur jeder sechste Händler zufrieden.

Nach vorläufigen Zahlen der Statistiker lagen die realen Umsätze im November um 2,4 Prozent unter dem Vergleichswert aus dem Vorjahr. Nominal, einschließlich der Preisentwicklung, waren die Erlöse 0,1 Prozent höher als im November 2022.

Weniger Umsatz mit Einrichtungen und im Internethandel

Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, diese können sich für einen Euro weniger leisten. Der finanzielle Spielraum der Menschen schrumpft und sie setzen den Rotstift an.

Besonders groß war der reale Umsatzrückgang den vorläufigen Daten zufolge mit 7,3 Prozent zwischen Januar und November bei Einrichtungsgegenständen, Haushaltsgeräten und Baubedarf.

Der Internet- und Versandhandel, der während der Corona-Pandemie geboomt hatte, verzeichnete ein Minus von 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Bei Lebensmitteln bewegten sich die realen Umsätze den Angaben zufolge im Jahresverlauf in etwa auf dem im Vergleich zu den Corona-Jahren niedrigen Niveau des Jahres 2015. Deutlich besser lief es dagegen für Textilien, Bekleidung, Schuhe und Lederwaren mit einem realen Umsatzplus von 3,6 Prozent von Januar bis November.

Das vergangene Jahr war das zweite Jahr in Folge mit realen Umsatzverlusten für den Einzelhandel. Zwar schwächte sich die Inflation im Jahresverlauf ab. Allerdings erreichte die Teuerungsrate mit durchschnittlich 5,9 Prozent den zweithöchsten Wert in einem Gesamtjahr im wiedervereinigten Deutschland. Ein stärkerer Preisanstieg war 2022 mit damals 6,9 Prozent verzeichnet worden./mar/ceb/cr/DP/jsl

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Beamtenbund: GDL-Streiks bei der Bahn frühestens ab Mittwoch

Die Lokführergewerkschaft (GDL) wird frühestens ab kommenden Mittwoch mit den lange angekündigten Streiks bei der Deutschen Bahn beginnen. Grund ist die zweitägige Jahrestagung des Beamtenbundes (dbb) in Köln, die am Montag beginnt. Die GDL gehört zu den Mitgliedsgesellschaften des dbb. Er habe mit GDL-Chef Claus Weselsky bereits vor Weihnachten verabredet, „dass während der Tagung in Köln keine Streiks stattfinden werden“, sagte der dbb-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach dem Kölner Stadt-Anzeiger. „Die An- und Abreise ist sichergestellt. Was danach passiert, liegt nicht mehr in meiner Hand“, sagte er.

Bahn unterbreitet Lokführergewerkschaft neues Angebot

BERLIN (dpa-AFX) – Im Tarifkonflikt mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat die Deutsche Bahn ein neues Angebot ins Spiel gebracht, das als Wahlmodell auch eine 35-Stundenwoche für Schichtarbeiter vorsieht. „Wir wollen jetzt über zusätzliche Wahlmodelle für Schichtarbeiter verhandeln“, sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag). „Die können dann statt 38 nur noch 35 Stunden arbeiten – oder auch 40 Stunden. Jeder wählt aus, wie in einer Cafeteria.“

Wer sich für kürzere Arbeitszeiten entscheidet, müsse dafür Abstriche bei einer tariflich vereinbarten Lohnerhöhung machen. „Das ist heute schon so, wenn sich die Mitarbeitenden für zusätzlichen Urlaub entscheiden“, sagte Seiler.

Das neue Angebot liege der GDL bereits vor, teilte die Bahn am Freitag mit. Der Konzern ist damit erstmals bereit, über eine Kernforderung der GDL zu reden, an der die Verhandlungen zuletzt gescheitert waren. Die Gewerkschaft unter ihrem Chef Claus Weselsky fordert unter anderem eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich.

Bereits jetzt gibt es verschiedene Arbeitszeit-Wahlmodelle bei der Deutschen Bahn, bei denen sich Beschäftigte etwa zwischen mehr Urlaub, weniger Arbeitstagen oder höheren Löhnen und Gehältern entscheiden können. Das Angebot der Bahn sieht nun vor, diese Optionen zu erweitern./maa/nif/ast/DP/mis

ROUNDUP: Bauern tragen Frust auf die Straße – Verkehrsbehinderungen ab Montag

BERLIN (dpa-AFX) – Die Landwirte in Deutschland werden ab Montag bundesweit ihren Frust über die Regierungspolitik vor allem mit Verkehrsstörungen spürbar machen. Pendlerinnen und Pendler müssen sich daher regional auf Beeinträchtigungen im Straßenverkehr einstellen. Bei der Aktionswoche gegen geplante Subventionskürzungen stehen vor allem Blockaden von Autobahnauffahrten, Sternfahrten in größere Städte und langsamfahrende Kolonnen auf dem Programm, wie die Landesbauernverbände mitteilten. Die tatsächlichen Auswirkungen dürften dabei regional sehr unterschiedlich ausfallen. Der Bauernverband wird bei der Aktionswoche vom Spediteursverband BGL unterstützt.

In Rheinland-Pfalz rechnen die Polizei und zahlreiche Kommunen mit erheblichen Verkehrsbehinderungen, hier könnte einer der regionalen Schwerpunkte der Proteste entstehen. In Erfurt werden 900 Traktoren zu einem zentralen Protest der Thüringer Landwirte erwartet. Die Stadt Hamburg warnte vorab vor einem Verkehrschaos, weil aus mehreren Richtungen Bauern aus Schleswig-Holstein zu einer Kundgebung in die Stadt fahren wollen.

Die niedersächsischen Landwirte wollen sich in einer Sternfahrt auf den Weg nach Bremen machen. In Berlin ist wegen einer angemeldeten Demonstration den ganzen Tag über die Straße zwischen Großem Stern und Brandenburger Tor gesperrt. Auch in München und Ravensburg sind für Montag Kundgebungen angekündigt.

Nach dem Auftakt am Montag dürfte die Intensität der Proteste in den meisten Regionen zurückgehen. Die Aktionswoche gipfelt dann mit einem Protest in Berlin am 15. Januar, zu dem laut Polizei 10 000 Teilnehmer angemeldet wurden. Auch Tausende Traktoren werden dann in der Hauptstadt erwartet.

Bauern wollen Erhalt der Agrardiesel-Subvention

Der Bauernverband will mit den Aktionen dafür sorgen, dass die Bundesregierung geplante Streichungen von Subventionen vollständig zurücknimmt. Die Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP hatte am Donnerstag angekündigt, sie wolle einen Teil der angedachten Kürzungen doch nicht umsetzen. Dem Bauernverband reicht das aber nicht aus. Konkret geht es um Subventionen beim Agrardiesel, die laut den aktuellen Regierungsplänen schrittweise abgeschafft werden sollen. Die ursprünglich geplante Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaft und Forst ist kein Thema mehr.

Die amtierende Vorsitzende der Agrarministerkonferenz begrüßte dies am Freitag nach einer Sitzung mit ihren Ressortkolleginnen und -kollegen der Länder und dem Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne). „Das ist überdies ein wichtiges Signal an die ländlichen Räume, die erst vor kurzem mit der Streichung von Fördermitteln Einschnitte verkraften mussten“, sagte Susanna Karawanskij (Linke).

Sie kritisierte aber, dass die nun geplante schrittweise Abschaffung der Agrardiesel-Vergütung den Berufsstand gerade mit Blick auf den Wettbewerb in der EU trotzdem treffe. Die Agrarministerkonferenz erwarte vom Bundesministerium daher mehr Einsatz für alternativen Biodiesel. „Stellen wir in Deutschland einseitig die Agrardiesel-Vergütung ein, würden wir unseren einheimischen Agrarbetrieben einen großen Wettbewerbsnachteil aufbürden, wenn in den anderen EU-Ländern die Förderung beibehalten wird“, sagte Karawanskij.

Innenministerium warnt vor Unterwanderung durch Rechtsextreme

Die Vorbereitungen auf die Aktionswoche wurden in den vergangenen Tagen vor allem in sozialen Netzwerken von Aufrufen zu einem Generalstreik begleitet, der in Deutschland rein rechtlich so gut wie unmöglich ist. Am Donnerstag hinderten Landwirte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck an der Nordseeküste am Verlassen einer Fähre. Habeck hatte sich anschließend beunruhigt über die Stimmung in Deutschland gezeigt.

Das Bundesinnenministerium warnte nun vor Versuchen von extremen Kräften, die Bauernproteste zu missbrauchen. Ein Sprecher von Ministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, es sei davon auszugehen, dass insbesondere Akteure aus dem rechtsextremistischen Spektrum wie auch aus dem Spektrum derjenigen, die den Staat delegitimieren wollten, im Verlauf der Protestwoche versuchen würden, Veranstaltungen für eigene Interessen zu instrumentalisieren. „Hier geht es darum, durch deutliche Distanzierung der Initiatoren dafür zu sorgen, dass solche Instrumentalisierungsversuche durch Extremisten nicht verfangen.“

Der Bauernverband hat sich vor einigen Tagen via Instagram von solchen Akteuren distanziert. „Der Deutsche Bauernverband distanziert sich aufs Schärfste von Schwachköpfen mit Umsturzfantasien, Radikalen sowie anderen extremen Randgruppe, die unsere Aktionswoche kapern und unseren Protest für ihre Anliegen vereinnahmen wollen“, hieß es. Auch der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), der sich an der Aktionswoche beteiligen will, distanzierte sich von Generalstreik-Aufrufen./nif/DP/jha

Kutter- und Küstenfischer erklären sich mit Bauern solidarisch

HAMBURG (dpa-AFX) – Die Kutter- und Küstenfischer haben sich mit den Bauern und Spediteuren in ihrem Protest gegen Kürzungspläne der Bundesregierung solidarisch erklärt. Auf örtlicher Ebene würden die Landwirte bei der Planung ihrer Protestaktionen in der kommenden Woche unterstützt, teilte der Branchenverband am Freitag mit. „Die Fischerei hat den Wegfall des Agrardiesel und der Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge abgelehnt.“ Gleiches gelte für die Mauterhöhung.

„Die Fischer werden sich vielfältig an den Aktionen beteiligen. Sie werden unter anderem an der großen Abschlussdemonstration in Berlin am 15. Januar teilnehmen“, teilte der Verband mit. Die Bundesregierung habe zwar angekündigt, einen Teil der Subventionskürzungen im Agrarbereich zurückzunehmen. „Die Haushaltslücke soll stattdessen mit den Mitteln geschlossen werden, die für die Fischerei vorgesehen waren“, kritisierte er.

Dabei gehe es um Ausgleichszahlungen, die gemäß Windenergie-auf-See-Gesetz aus der Auktion von Nordsee- und Ostsee-Flächen stammen, die für den Bau von Windparks genutzt werden sollen und damit für die Fischerei als Fanggebiete verloren gehen, erklärte der Verbandsvorsitzende Dirk Sander. „Jetzt soll das Geld für die Entschädigung und Anpassung zum Stopfen von Haushaltslöchern der Bundesregierung zweckentfremdet werden.“/fi/DP/stw

Leistung bei Erneuerbaren 2023 stärker gestiegen als im Vorjahr

BONN (dpa-AFX) – Der Ausbau der Erneuerbaren Energien gewinnt an Fahrt. Die installierte Leistung in Deutschland stieg nach Angaben der Bundesnetzagentur 2023 um 17 auf knapp 170 Gigawatt. Das teilte die Behörde am Freitag in Bonn mit. Die Leistung lag demnach 12 Prozent höher als 2022. Die Steigerung fiel damit noch größer aus als vor einem Jahr, als das Plus 7,5 Prozent betragen hatte.

Der Hauptanteil des Zubaus im vergangenen Jahr geht auf Solar- und Windenergie zurück. So hat sich allein die neu installierte Solarleistung mit 14,1 Gigawatt im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt.

Nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) wurden 2023 in Deutschland so viele neue Solaranlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung errichtet wie nie zuvor. Mehr als eine Million neue Anlagen seien installiert worden. Einen großen Anteil daran haben demnach die sogenannten Balkonkraftwerke, also kleine Solaranlagen. Etwa 260 000 wurden im vergangenen Jahr registriert, das sind dreimal so viele wie im Vorjahr. Dabei ist davon auszugehen, dass die Zahl der Anlagen noch höher ist, da vermutlich nicht alle registriert wurden.

Laut Bundesnetzagentur wurde in Bayern 2023 mit 3,5 Gigawatt die meiste Solarleistung installiert. Am Jahresende lag die installierte Gesamtleistung in Deutschland bei 81,7 Gigawatt. Das Ausbauziel für Solar liegt bei 215 Gigawatt im Jahr 2030.

„Diese Investitionen bringen die Energiewende weiter voran – Deutschland hat letztes Jahr erstmals mehr als die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen“, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.

Der Zubau der Windenergie an Land lag 2023 der Behörde zufolge mit 2,9 Gigawatt über dem Vorjahresniveau, zudem seien 80 Prozent mehr Genehmigungen für neue Anlagen als im Vorjahr erteilt worden. „Das wird sich in steigenden Zubauzahlen auszahlen“, sagte Müller.

Auf See wurde durch den neu in Betrieb gegangenen Windpark Arcadis Ost I mit einer Leistung von 0,3 Gigawatt in etwa so viel Leistung zugebaut wie 2022. Der Zubau der Biomasseanlagen hat sich im vergangenen Jahr mit 0,12 Gigawatt im Vergleich zum Vorjahr auf niedrigem Niveau verdoppelt.

Die Bundesnetzagentur ermittelt die Daten auf Basis der Registrierungen im Marktstammdatenregister. Für den Monat Dezember wurde eine Schätzung vorgenommen. Die endgültigen Zahlen werden Ende Januar 2024 veröffentlicht./cr/DP/mis

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Netzagentur: Installierte Leistung von Ökostrom-Anlagen steigt 2023 um 12%

Die in Deutschland installierte Leistung von Ökostromanlagen ist 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent gestiegen. Nach Angaben der Bundesnetzagentur nahm die installierte Leistung von Erneuerbare-Energien-Anlagen um 17 Gigawatt auf eine Gesamtleistung von knapp 170 Gigawatt zu. Hauptanteil an dieser Entwicklung hatten die Energieträger Solar und Wind. In beiden Bereichen muss der Behörde zufolge der Zubau deutlich gesteigert werden, damit die Ausbauziele der Bundesregierung für 2030 erreicht werden. Zuvor war bereits bekanntgeworden, dass Deutschland vergangenes Jahr erstmals mehr als die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen hat.

Netzagentur hält 100 Prozent Erneuerbare bis 2030 für möglich – Gaskraftwerke sollen Dunkelflauten überbrücken und später auf Wasserstoff umgestellt werden – Stromleitungsausbau schreitet schneller voran

Bonn – Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hält es für möglich, dass Deutschland seinen Energiebedarf 2030 zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien deckt. „Im vergangenen Jahr haben wir erstmals über 50 Prozent Strom aus Erneuerbaren produziert. Das ist ein guter Ansporn, die Anstrengungen fortzusetzen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben).

„Bis 2030 wollen wir 80 Prozent erreichen. Dafür muss der Windausbau beschleunigt werden. Auch 100 Prozent halte ich für möglich.“

Bei der Windkraft habe Deutschland seine Ziele noch nicht erreicht. Vor allem in den südlichen Bundesländern komme der Ausbau nicht schnell genug voran. „Diese Defizite müssen dringend ausgeglichen werden“, forderte Müller. „Wir brauchen mehr Tempo in den Genehmigungsbehörden der Länder. Es geht um mehr Personal und weniger Bürokratie – auch bei Windparks in Wäldern und anderen geschützten Gebieten.“

Zur Wahrheit gehöre aber, dass es in Deutschland immer Dunkelflauten ohne Wind und Sonne geben werde – was neue Gaskraftwerke erforderlich mache. Müller rief die Bundesregierung dazu auf, zeitnah die geplante Kraftwerksstrategie vorzulegen. „Die Energieversorger warten dringend darauf, um die Gaskraftwerke, die langfristig dann auf Wasserstoff umgestellt werden sollen, bis 2030 fertigstellen zu können“, sagte er.

Müller ließ erkennen, dass andernfalls der Kohleausstieg 2030 infrage steht. „Ich halte die Formulierung im Koalitionsvertrag für schlau, den Kohleausstieg idealerweise bis 2030 hinzubekommen. Wir krempeln die Ärmel hoch und tun alles dafür, dass es möglich wird“, sagte er. „Priorität hat, dass in Deutschland nicht die Lichter ausgehen.“

Zufrieden zeigte sich Müller über den Stromnetz-Ausbau. Deutschland sei viel schneller als in der Vergangenheit. „Wir können zukünftig Genehmigungen in drei bis vier statt in sechs Jahren erteilen“, sagte er. „2023 ist die Zahl der genehmigten Leitungskilometer deutlich angestiegen. Wir gehen davon aus, dass wir in den kommenden Jahren noch größere Fortschritte sehen werden. Bis Ende 2025 wollen wir insgesamt 4.400 Kilometer Leitungen genehmigt haben, aktuell sind es 1.300.“

Mehr unerlaubte Einreisen im vergangenen Jahr als 2016

Berlin – Die Bundespolizei hat im Jahr 2023 insgesamt 127.088 unerlaubte Einreisen nach Deutschland festgestellt. Diese Zahl nennt die Bundespolizei in einem internen Behördenbericht, über den die „Welt“ berichtet.

Die Zahl der unerlaubt eingereisten Personen stieg somit im Vergleich zum Jahr 2022 um rund 38 Prozent. Damals hatte die Bundespolizei knapp 92.000 unerlaubte Einreisen festgestellt. Die Zahl der illegalen Einreisen überstieg im Jahr 2023 die Zahl aus dem Jahr 2016, als die Bundespolizei fast 112.000 illegal eingereiste Personen aufgegriffen hatte. Höher lag der Wert nur im Rekordjahr 2015. Damals hatte die Bundespolizei nach eigenen Angaben etwas mehr als 217.000 irreguläre Grenzübertritte festgestellt.

Im abgelaufenen Jahr griff die Bundespolizei zusätzlich zu den illegalen Grenzübertritten im Inland weitere 48.930 Personen auf, die sich illegal in Deutschland aufhielten, weil sie keine Aufenthaltserlaubnis hatten oder ausreisepflichtig waren. Im Jahr 2022 hatte die Bundespolizei die Zahl der im Inland illegal aufgegriffenen Personen mit rund 43.500 Personen angegeben. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Heiko Teggatz, sagte der „Welt“, dass es trotz des Rückgangs der Aufgriffszahlen seit der Einführung der Grenzkontrollen „keine Entwarnung“ gebe. „Dass immer noch Menschen an den deutschen Landgrenzen ankommen, die auf ihrer Reise mehrere Schengenvertragsstaaten offensichtlich unkontrolliert durchqueren konnten, ist ein Beleg dafür, dass Schengen nicht mehr funktioniert“, sagte Teggatz weiter.

Es bleibe „sicherheitspolitisch keine andere Wahl“, als die Schengenkontrollen an den Binnengrenzen „nachzuholen“, bis Schengen „an den europäischen Außengrenzen wieder“ funktioniere. „Das kann Jahre dauern“, prognostiziert er. Seit 2015 finden feste Grenzkontrollen von Bayern zu Österreich statt. Am 16. Oktober 2023 führte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) weitere stationäre Grenzkontrollen temporär zu Polen, Tschechien und zur Schweiz ein.
Seitdem ging die Zahl illegaler Zuwanderung nach Deutschland deutlich zurück.

Der Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries (CDU) bezeichnete das „Rekord-Niveau“ bei den illegalen Einreisen seit 2015 als „Ausdruck der völlig verfehlten Asylpolitik der Ampel und des Kontrollverlustes, den wir seit knapp zwei Jahren an unseren Grenzen erleben“. Innenministerin Faeser sei „durch ihre langwierige Blockade“ nationaler Grenzkontrollen für die Überlastung in den Städten und Kommunen „maßgeblich verantwortlich“. Auf die nationalen Grenzkontrollen werde man in absehbarer Zeit nicht verzichten können.

Zusätzlich müsse die Regierung auf europäischer Ebene „auf rechtliche Veränderungen drängen, die auch Zurückweisungen von Personen an der deutschen Grenze ermöglichen, die in einem anderen EU-Staat bereits registriert“ seien. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Lars Castellucci sagte der Zeitung: „Die hohen Zahlen beweisen vor allem, wie gut unsere Sicherheitsbehörden arbeiten, nachdem die Bundesregierung die Kontrollen an den Grenzen massiv erhöht hat.“ Um von diesen Zahlen herunterzukommen, müsse „vor allem die organisierte Kriminalität“ bekämpft werden. „Wer wirklich auf der Flucht ist, kann nicht ohne Hilfe fliehen, aber hier wird auch viel Geld mit Schleppung verdient, bei der es nicht um die Menschen, sondern nur um den Profit geht“, so der Vorsitzende des Innenausschusses.

Buschmann lehnt Aussetzen der Schuldenbremse wegen Flutschäden ab

Berlin – Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat Forderungen nach einer Aussetzung der Schuldenbremse zur Beseitigung aktueller Flutschäden zurückgewiesen. „Es scheint mir dem Ernst der Lage nicht angemessen, dass manche sie nutzen, um für ihre politischen Evergreens zu werben“, sagte Buschmann der „Welt am Sonntag“.

Man könne noch gar nicht absehen, wie hoch der Schaden am Ende sein werde. „Das hilft niemandem und ist auch verfassungsrechtlich nicht seriös. Erste Priorität muss sein, Schäden zu verhindern und den Betroffenen das Signal zu geben, dass man sie nicht alleine lässt“, erklärte der Minister weiter. Auch die Hilfen für die Beseitigung der Ahrtal-Katastrophe sind laut Buschmann eher kein Grund, die Schuldenbremse auszusetzen. „In Anbetracht der finanziellen Größenordnung, um die es geht, darf ich sagen: Ich bin skeptisch. Die Vorgaben, die uns das Bundesverfassungsgericht gemacht hat, sind streng. Wir dürfen hier keine rechtlichen Risiken eingehen“, so der Minister. Ob eine Aussetzung gerechtfertigt sein könne, werde aber derzeit in der Bundesregierung geprüft. Die Politik müsse grundsätzlich lernen mit dem Geld auszukommen, das ihr zur Verfügung steht, so Buschmann. Sie könne nicht beliebig finanzielle Lasten in die Zukunft verschieben, um sie künftigen Generationen aufzubürden. „Es geht also nicht um Knauserigkeit oder Geiz. Es geht um Generationengerechtigkeit“, sagte der FDP-Politiker.

Nur solide Haushaltsführung führe dazu, dass man in außergewöhnlichen Zeiten der Herausforderungen wie in der Energie-, der Corona- oder die Eurokrise handlungsfähig bleibe. Nur mit einem kontrollierten Schuldenstand könne sich der Staat in einer akuten Krisensituation am Kapital kurzfristig viel Geld zu vertretbaren Konditionen leihen. „Deshalb ist die Schuldenbremse kein Ausdruck von Engstirnigkeit, sondern von nachhaltiger Risikovorsorge“, sagte der Minister.

INNENPOLITIK

Buschmann äußert Bedenken zu möglichem AfD-Verbotsverfahren

Berlin – Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat Bedenken zu einem möglichen Parteiverbotsverfahren gegen die AfD geäußert. „Die Hürden für ein Parteiverbot hat das Bundesverfassungsgericht sehr hoch gesetzt“, sagte Buschmann der „Welt am Sonntag“.

„Ein Verbotsverfahren wäre aus meiner Sicht mit großen Risiken verbunden. Würde ein solches Verfahren vor dem Verfassungsgericht scheitern, wäre dies ein gewaltiger PR-Sieg für die Partei.“ Zwar sei die AfD laut verschiedener Landesverfassungsschutzämter in weiten Teilen gesichert rechtsextrem. Nach den bisherigen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts müsse darüber hinaus aber eine aggressiv kämpferische Haltung der AfD „beweisfest“ nachgewiesen werden.

„Das bedeutet, dass das Bestreben dieser Partei muss klar sein, die freiheitliche demokratische Grundordnung zumindest spürbar zu gefährden“, so Buschmann. Zudem müsse es konkrete Anhaltspunkte dafür geben, dass eine tatsächliche Umsetzung möglich erscheint. „Wenn sich nicht beweisen lässt, dass von der AfD die reale Gefahr ausgeht, dass sie die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen oder zumindest beeinträchtigen könnte, würde das Verbotsverfahren scheitern.“ Das demokratische Gemeinwesen dürfe nie in die Hände von Rechtsextremen fallen, sagte Buschmann.

„Um das sicherzustellen, müssen wir die AfD im demokratischen Wettbewerb schlagen.“ Für die Prüfung eines Verbotsverfahrens haben sich bislang unter anderem SPD-Chefin Saskia Esken, Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckart (Grüne) und der Ost-Beauftragte der vorherigen Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), ausgesprochen. Gegen ein AfD-Verbot sind zum aktuellen Zeitpunkt beispielsweise Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) und der aktuelle Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD).

Politikwissenschaftler sehen geringe Erfolgschancen für Maaßen-Partei

Kassel – Wolfgang Schroeder, Politikwissenschaftler an der Uni Kassel, hat die Chancen für die geplante Partei der „Werteunion“ des ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen als gering eingestuft. „Ich sehe nicht mehr Potenzial als 0,5 Prozent bis zwei Prozent“, sagte Schroeder der „Rheinischen Post“ am Freitag.

Eine Konkurrenz für die Partei Sahra Wagenknechts bedeute die „Werteunion“ laut Schroeder nicht, beide Zusammenschlüsse würden jeweils andere Milieus ansprechen. Stimmen für die neue Partei Maaßens seien eher von Unions-, vor allem aber von AfD-Wählern zu erwarten. Auch der Politikwissenschaftler Constantin Wurthmann von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vermutet für die „Werteunion“ kein großes Wählerpotenzial. In der Ecke, in der sich die Maaßen-Partei befinde, sei „das Potenzial ausgeschöpft“, sagte der Politikwissenschaftler der Zeitung.

Er glaube, die „Werteunion“ werde „allenfalls ein One-Hit-Wonder“, so Wurthmann. „Die schaffen es vielleicht, einen Abgeordneten ins Europaparlament zu entsenden, aber dann war es das.“ Bislang ist die „Werteunion“ nur ein Verein. Maaßen hatte am Donnerstag mitgeteilt, bei einer Mitgliederversammlung im Januar über erste Schritte zu einer Parteigründung entscheiden zu wollen.

REPORTAGE – HINTERGRUND

Deutschland: Rechte springen auf Bauerndemos auf – ORF, 5.1.2024, 19:11

Obwohl die „Ampelregierung“ am Donnerstag zugesagt hat, auf die geplante Abschaffung von Subventionen für die Landwirtschaft zumindest teilweise zu verzichten, ebben die Bauernproteste in Deutschland nicht ab. Zuletzt konnte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine Fähre wegen einer wütenden Menge nicht verlassen. Die aufgeheizte Stimmung dürfte rechten Akteuren, die die Proteste im Sinne eines „Generalstreiks“ gegen das System instrumentalisieren wollen, in die Hände spielen.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) distanzierte sich am Freitag von der Blockadeaktion von rund 100 Traktorfahrern gegen den deutschen Vizekanzler und Wirtschaftsminister Habeck. „Persönliche Angriffe, Beleidigungen, Bedrohungen, Nötigung oder Gewalt gehen gar nicht. Bei allem Unmut respektieren wir selbstverständlich die Privatsphäre von Politikern“, teilte der Präsident des Bauernverbands, Joachim Rukwied, zuletzt mit.

„Bei allem Verständnis für eine lebendige Protestkultur: Eine solche Verrohung der politischen Sitten sollte keinem egal sein“, schrieb auch der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in der Früh. „Gewalt und Nötigung sind verachtenswert und schaden auch dem Anliegen“, kritisierte der deutsche Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich gegenüber der „Bild“-Zeitung (Samstag-Ausgabe) „schockiert“. „Das dürfen wir nicht hinnehmen“, so Steinmeier.

Aufgebrachte Landwirte hatten Habeck am Verlassen der Fähre gehindert, als er vom Urlaub auf Hallig Hooge zurückkehren wollte – später konnte dieser das Festland erreichen. Eine Sprecherin Habecks sagte der dpa am Donnerstag zu dem Vorfall am Fähranleger, der Minister sei für Gespräche bereit gewesen, die Sicherheitslage habe das aber nicht zugelassen. Die Staatsanwaltschaft Flensburg leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Nötigung ein.

Landwirte fordern mehr Zugeständnisse

Hintergrund des Protests ist der Streit über die Sparmaßnahmen der deutschen Regierung zur Kürzung der Subventionen zum Agrardiesel, die nur teilweise modifiziert wurden. Man wolle auf die Abschaffung des Kfz-Steuerprivilegs in der Landwirtschaft verzichten, um den „zum Teil erheblichen bürokratischen Aufwand“ für betroffene Unternehmen zu vermeiden, ruderte Berlin zuletzt zurück.

Zudem soll die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel zeitlich ausgedehnt und in mehreren Schritten vollzogen werden. Den Landwirten sind die neuen Zugeständnisse aber nach wie vor nicht genug. Mit der Abschaffung des Steuerprivilegs für Forst- und Landwirtschaft hätten Mehreinnahmen von 480 Millionen Euro entstehen sollen, so der Westdeutsche Rundfunk (WDR). Durch die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel möchte die deutsche Regierung Mehreinnahmen von bis zu 440 Millionen Euro lukrieren.

Die zusätzlichen Kosten würden die Landwirte zwar nicht „die Existenz kosten“, sagte ein Bauer aus Saerbeck-Sinningen gegenüber dem WDR. „Aber es ist eine kleine Schraube, ein kleines Rädchen: Ausgaben steigen und Erlöse sinken.“ Der Protest richte sich „gegen den ganzen Strauß an Gesetzen, Verordnungen, der uns in letzter Zeit auferlegt worden ist“.

Weitere Proteste angekündigt

Bauernverbandspräsident Rukwied kündigte trotz der Korrekturen Proteste für kommende Woche an. „Wir fordern die komplette Rücknahme dieser Steuererhöhungen ohne Wenn und Aber. Ich rechne damit, dass Zehntausende Trecker zu unseren Sternfahrten in ganz Deutschland kommen werden“, sagte er der „Bild“. Rukwied kündigte an, dass das Verkehrsbeeinträchtigungen auslösen werde.

Zum Auftakt der Proteste am Montag wollen die Landwirte mit ihren Traktoren Kreuzungen und Auffahrten blockieren und an vielen Stellen im Land den Verkehr lahmlegen, berichtet der WDR. Als Höhepunkt der Proteste sei am 15. Jänner eine Großdemonstration in Berlin geplant.

Rechte wollen Proteste vereinnahmen

Und auch andere politische Akteure machen für Demonstrationen und Kundgebungen mobil – allerdings mit eigenen Interessen, so der Tenor in deutschen Medien. Die teilweise als rechtsextrem eingestufte AfD sowie rechtsextreme Gruppen wie die Freien Sachsen riefen bereits dazu auf, sich den Protesten anzuschließen.

Die Partei, die aus den Protesten gegen die CoV-Maßnahmen hervorgegangen war, wolle die Bauernproteste mit eigenen Kundgebungen für sich vereinnahmen, schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Auf Social Media kursieren zudem diverse Videos, die die Proteste der Bauern zum Anlass für einen Aufruf zu einer Art „Generalstreik“ nehmen.

„Es reicht! Am 8. Januar müssen alle Bürger Seite an Seite auf die Straße“ heißt es in einem der Videos, das mit Deutschland-Flaggen hinterlegt ist und „völkische Narrative“ bedient, berichtet der WDR. Manche würden sich nicht nur nach dem Ende der Bundesregierung, sondern nach einem Umsturz sehnen, schreibt auch das RND.

Bauernverband distanziert sich von „Generalstreik“

Der Bauernverband distanzierte sich zwar von derartigen Aufrufen und erklärte auf X (Twitter): „Für uns ist dabei klar: Rechtsextreme Gruppierungen, Verschwörungstheoretiker und andere Radikale haben bei uns keinen Platz.“ Reichsbürger und „Umsturzpropagandisten“ seien bei den Demos und Kundgebungen „unerwünscht“.

Dass die Bauernproteste vielen rechtsextremen Akteuren als willkommene Gelegenheit für „Umsturzfantasien“ erscheinen, habe aber durchaus auch mit dem öffentlichen Auftreten mancher Bauernvereinigungen zu tun, so das RND. An mehreren Orten in Deutschland wurden zuletzt von Bauern Galgen aufgestellt, an denen eine Ampel hängt.

Warnung von deutschem Innenministerium

Das deutsche Innenministerium warnte am Freitag vor Versuchen von extremen Kräften, die Bauernproteste zu missbrauchen. Ein Sprecher der deutschen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, es sei davon auszugehen, dass insbesondere Akteure aus dem rechtsextremistischen Spektrum und aus dem Spektrum derjenigen, die den Staat delegitimieren wollten, im Verlauf der Protestwoche versuchen würden, Veranstaltungen für eigene Interessen zu instrumentalisieren.

„Die Bauernproteste, die in den kommenden Tagen über das Land schwappen, sind wahrscheinlich erst der Anfang einer riesigen Protestwelle, die in diesem Jahr auf uns zurollen wird“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, dem Berliner „Tagesspiegel“. In diesem Jahr wird ohnehin mit einer aufgeheizten Stimmung im Land gerechnet, weil etwa in Ostdeutschland drei Landtagswahlen anstehen, bei denen die AfD in Umfragen derzeit stärkste Kraft ist.

moha, ORF.at/Agenturen

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ÖSTERREICH

STATISTIK AUSTRIA

WAHLUMFRAGEN

WEITERE MELDUNGEN

Schnellschätzung: Inflation auf 5,6 Prozent gestiegen

Nach einem kontinuierlichen Rückgang ist die Inflationsrate zum Jahresende wieder leicht gestiegen. Laut Schnellschätzung der Statistik Austria am Freitag erhöhte sich die Inflation im Dezember 2023 gegenüber dem Vorjahresmonat auf 5,6 Prozent.

Im November hatte der Preisauftrieb im Jahresabstand noch 5,3 Prozent betragen. „Vor allem Strom, der im Dezember vor einem Jahr durch die Strompreisbremse günstiger geworden war, wirkt nun im Jahresvergleich nicht mehr preisdämpfend“, hieß es in einer Aussendung der Statistik Austria. „Außerdem schwächten die Treibstoffpreise die Inflation deutlich weniger ab als in den Monaten zuvor.“

Die Großhandelspreise, die als Vorläufer der Inflation gelten, waren laut Statistik Austria 2023 im Schnitt um 1,7 Prozent niedriger als im Jahr davor. Allerdings hatten die Preise im Großhandel und auch die allgemeine Teuerung im Vergleichsjahr 2022 kräftig zugelegt. Damals ergab sich im Großhandel eine Steigerung von 20,9 Prozent im Jahresschnitt.

Brunner: Trend zeigt weiter nach unten

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) betonte in seiner Reaktion den positiven Aspekt. So zeige der Inflationstrend weiterhin nach unten – für 2024 werde eine Halbierung der Inflation im Vergleich zum Jahr 2023 erwartet. „Lohnabschlüsse in Kombination mit strukturellen Reformen wie der Abschaffung der kalten Progression entlasten die Menschen Monat für Monat und sorgen dafür, dass die Kaufkraft heuer deutlich steigen wird“, so der Minister.

Ähnlich beurteilt der Ökonom Josef Baumgartner vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) die Entwicklung der Inflation: Nach einer durchschnittlichen Inflation von 7,8 Prozent im Vorjahr werde diese heuer auf vier Prozent und 2025 auf rund drei Prozent zurückgehen, sagte der Ökonom im Ö1-Mittagsjournal. In den nächsten Monaten sei bei der Inflationsrate mit einer Seitwärtsbewegung zu rechnen.

Inflationstreibend wirke sich die höhere Normverbrauchsabgabe sowie die höhere CO2-Besteuerung aus, während die niedrigere ORF-Gebühr und die Preisbremse vor allem bei Genossenschaftswohnungen dämpfend wirken, so der Ökonom. Um die Inflation rascher zu senken, könnte die Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel ausgesetzt werden. Allerdings handle es sich dabei um eine nicht sehr treffsichere Maßnahme, da Besserverdienende deutlich stärker profitieren würden als Personen mit geringem Einkommen.

Spielraum gebe es beim Gaspreis, ergänzte Baumgartner. So lag der Gaspreis in Österreich im November um 23 Prozent über dem Vorjahreswert – im Euro-Raum lag er hingegen um 25 Prozent unter dem Vorjahreswert. Das belaste auch die energieintensive Industrie. Die Gaslieferanten seien mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand, daher gebe es durchaus die Möglichkeit, hier einzugreifen.

Kritik der Oppositionsparteien

Kritischer fallen naturgemäß die Kommentare der Oppositionsparteien aus. SPÖ, FPÖ und NEOS nahmen den Anstieg der Inflation zum Anlass, die Regierung zu kritisieren. Die österreichische Regierung betreibe „ungeschlagen die schlechteste Inflationsbekämpfung in Westeuropa“, kritisierte SPÖ-Klubobmann Philip Kucher in einer Aussendung. Sie gieße „Benzin ins Inflationsfeuer“, indem sie Maßnahmen wie die Abschöpfung von Übergewinnen mit Jahresende auslaufen lasse und stattdessen „die Massen-CO2-Steuer“ erhöhe. Die SPÖ forderte preissenkende Maßnahmen bei Mieten, Energiekosten und Lebensmittelpreisen.

Auch die FPÖ identifizierte die Regierung als „Teuerungstreiber“, der den Menschen in Österreich „die Luft zum Atmen“ nehme. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch forderte in einer Aussendung die Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Energie und Treibstoffe sowie die Mineralölsteuer. Zudem sprach sie sich für die Abschaffung der CO2-Steuer aus. Die CO2-Bepreisung, die von Fachleuten zur Erreichung der Klimaziele als dringend notwendig erachtet wird, sei ein Auswuchs der „ökokommunistischen Klimahysterie“.

NEOS kritisierte unterdessen die „Gießkannenpolitik“ der Regierung, die durch das „ziellose Verteilen von Steuergeld“ die Teuerung weiter anheize. Um die hohe Inflation zu bekämpfen und den Wirtschaftsstandort zu stärken, schlägt NEOS-Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker die Senkung von Abgaben und bürokratischen Hürden vor.

Reaktionen von ÖGB und Momentum Institut

Auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) sieht die Regierung in der Pflicht. ÖGB-Chefökonomin Helene Schuberth richtete per Aussendung Handlungsempfehlungen an Schwarz-Grün aus: „Erstens ein echter Mietenstopp, zweitens ein Wärmepaket, das Preisregulierung umfasst, drittens eine Antiteuerungskommission mit einer Preisdatenbank und viertens Schluss mit Beobachten und Abwarten.“ Für „gute Neujahrsvorsätze“ sei es noch nicht zu spät.

Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut empfiehlt der Wirtschaft „Gewinnzurückhaltung“. Sie solle die Preise niedrig halten oder senken, um auch künftige Lohnanpassungen gering und so die Inflation im Zaum zu halten. Die Regierung könne sie dabei mit Preisbremsen unterstützen. Der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria warnte in einer Aussendung vor Markteingriffen und vor „Wahlzuckerln“, die die Inflation wieder anheizen könnten. Stattdessen solle die Politik Maßnahmen setzen, die die Produktion und das Angebot erhöhen, damit die Preise sinken. Das sei etwa durch den Abbau von Bürokratie und Regulierungen möglich.

Eurostat: Österreich mit zweithöchster Euro-Inflationsrate

Auch die Inflation im Euro-Raum stieg im Dezember erstmals seit Monaten wieder. Laut am Freitag veröffentlichten ersten Eurostat-Schätzungen erhöhten sich die Verbraucherpreise um 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, im November waren es noch 2,4 Prozent gewesen. In Österreich lag die Eurostat-Rate mit 5,7 Prozent deutlich über dem Durchschnitt, Österreich weist damit nach der Slowakei die zweithöchste Euro-Inflationsrate auf. Die niedrigsten Raten weisen mit 0,5 Prozent Belgien und Italien aus.

Die Kernrate für die Euro-Zone, in der die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise sowie Alkohol und Tabak ausgeklammert sind, dürfte im Dezember leicht auf 3,4 Prozent gesunken sein, nach 3,6 Prozent im November. Der Rückgang der Energiepreise verlangsamte sich mit 6,7 Prozent deutlich gegenüber 11,5 Prozent im Monat davor. Bei Lebensmitteln, Alkohol und Tabak ging die Teuerung auf 6,1 Prozent weiter leicht zurück, nach 6,9 Prozent im November.

Damit entfernt sich die Inflation erstmals seit Monaten wieder vom Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent. Nach einer beispiellosen Serie von zehn Zinsanhebungen in Folge im Kampf gegen die hohe Inflation hatten die Euro-Währungshüter seit Oktober 2023 die Zinsschraube nicht weiter angezogen und den Leitzinssatz unverändert bei 4,5 Prozent belassen. Zinssenkungen wurden dabei nicht in Aussicht gestellt. Expertinnen und Experten rechnen damit frühestens im März oder April 2024.

red, oesterreich.ORF.at/Agenturen

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Heizungshersteller Windhager beantragt Insolvenz

Der Heizungshersteller Windhager aus Seekirchen (Flachgau) hat am Freitag überraschend einen Insolvenzantrag beim Landesgericht Salzburg eingebracht. Ein massiver Auftragseinbruch und hohe Kosten für ein neues Werk machen den Schritt unausweichlich, sagt Geschäftsführer Stefan Gubi.

In den beiden betroffenen Firmen – der Windhager Zentralheizung Technik GmbH (Produktion) und der Windhager Zentralheizung GmbH (Vertrieb, Service) – sind zusammen mehr als 400 Mitarbeiter tätig. Die Passiva dürften bei mehr als 86 Mio. Euro liegen. Das Unternehmen strebt ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung an.

„Wir gehen davon aus, dass das Insolvenzgericht am kommenden Montag die Verfahren eröffnen wird“, sagte Windhager-Geschäftsführer Stefan Gubi Freitagnachmittag zur APA. Nicht vom Antrag betroffen seien die Windhager-Auslandsbeteiligungen in der Schweiz, Deutschland und Italien, es sei aber mit einem Folgeantrag des sich in Errichtung befindenden Werks für Wärmepumpen samt Logistikzentrum in Pinsdorf (OÖ, Bezirk Gmunden) zu rechnen. „Wir haben darum mit heutigem Tag alles gestoppt, was im Zusammenhang mit Pinsdorf steht.“ Nun gelte es mit dem Insolvenzverwalter die nächsten Schritte zu besprechen.

Wie der KSV1870 informierte, sollen die Passiva (Liquidationswert) des Traditionsbetriebs bei 78,2 Millionen Euro (Zentralheizung Technik GmbH) bzw. 8,2 Millionen Euro (Zentralheizung GmbH) und die Aktiva bei rund 21,4 Millionen Euro bzw. 2,2 Millionen Euro liegen.

Die Zahl der betroffenen Gläubiger beträgt laut KSV rund 354 in der Produktionsgesellschaft und rund 150 in der Vertriebs- und Servicegesellschaft. Windhager stellt Heizkessel für sämtliche Energiearten her, hat sich aber in den vergangenen Jahren vor allem als Produzent von Pelletheizungen einen Namen gemacht.

Fatale Preisexplosion bei Holzpellets

Als Ursache für die finanziellen Probleme nannte Gubi die „extrem negative“ Marktentwicklung der vergangenen eineinhalb Jahre. Diese hätte ihren Ursprung in den exorbitant angestiegenen Pelletspreisen durch die vom Ukraine-Konflikt ausgelöste Energiepreiskrise. Sei der Preis für eine Tonne Pellets Anfang 2022 noch unter 300 Euro gelegen, erreichte er später teilweise ein Niveau von über 700 Euro pro Tonne. „Das hat zu Unsicherheiten bei den Kunden geführt.“

Wirklich dramatisch sei die Situation für das Unternehmen dann aber im Sommer 2022 geworden. Damals wurde durch die deutsche Politik die Diskussion geführt, ob Holz als nachhaltiger Energieträger noch förderwürdig sei oder nicht.

„Die Märkte gerieten in den freien Fall. Wir hatten teilweise Phasen mit 60 bis 70 Prozent Auftragsrückgang und entsprechende Umsatzeinbußen“, erklärte Gubi. Doppelt kritisch sei gewesen, dass das Unternehmen zeitgleich hohen Finanzbedarf wegen des Neubaus der Fabrik in Pinsdorf hatte. Bereits im Sommer 2023 schickte Windhager 179 der knapp über 400 Österreich-Mitarbeiter für drei Monate in Kurzarbeit, nachdem das Arbeitsmarktservice (AMS) einen entsprechenden Antrag bewilligt hatte. Eine Verlängerung der Regelung sei dann aber nicht mehr genehmigt worden, sagte Gubi.

Geschäftsführung setzt große Hoffnung in Investoren

„Wir möchten nun die Möglichkeiten einer Sanierung gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter ausloten und vorantreiben“, verwies der Geschäftsführer auf die nächsten Schritte. Bereits laufende Verhandlungen mit Investoren hätten bis zum heutigen Tag nicht erfolgreich abgeschlossen werden können. „Wir setzen die Gespräche fort, um damit die Weiterführung der Unternehmen zu sichern. Wir bemühen uns, den weiteren Betrieb in bestmöglicher Qualität und im bestmöglichen Zeitrahmen sicherzustellen“, betonte Gubi und kündigte an, laufend über die weiteren Entwicklungen zu informieren.

Tausende Anfragen zu überhöhten Mieten in Wien

Über 2,5 Millionen Euro hat die Wiener Mietervereinigung im vergangenen Jahr für ihre Mitglieder zurückgeholt. Bei einem Großteil der Beratungen ging es um überhöhte Mieten und und Fragen zur Betriebskostenabrechnung.

20.000 Mal waren die Experten und Expertinnen von der Wiener Mietervereinigung im vergangenen Jahr gefragt. Die meisten Beratungen wurden per Telefon durchgeführt, 7.000 Mal gab es auch persönlichen Kontakt.

Bei mehr als einem Drittel der Beratungen ging es um überhöhte Mieten, erklärte Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Wiener Mietervereinigung: „Im vergangenen Jahr waren die größten Probleme der Mieterinnen und Mieter der Hauptmietzins, die Betriebskostenabrechnungen und die Durchsetzung von Erhaltungs- und Reparaturarbeiten.“ Nach wie vor werden im preisgeregelten Altbau zu hohe Mieten verlangt, so Hanel-Torsch.“Es lohnt sich daher, die Miethöhe genau prüfen zu lassen.“

130.000 Haushalten droht Mieterhöhung

Durch die Welle an Mieterhöhungen im Frühjahr sei die Nachfrage nach Überprüfungen von Indexierungen stark gestiegen. Beratungstermine waren schnell ausgebucht, das Team wurde in der Folge aufgestockt.

Für einen Teil der Mieter gibt es heuer eine kleine Verschnaufpause. Richtwert- und Kategoriemieten werden auf Grund des im Nationalrat beschlossenen Mietpreisdeckel erst 2025 wieder erhöht. Im gänzlich ungeregelten Bereich drohen laut Mietervereinigung aber weiterhin kräftige Erhöhungen. Betroffen davon sind allein in Wien etwa 130.000 Haushalte.

red, wien.ORF.at

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Strom: Anteil der Erneuerbaren schon bei 87 Prozent

Der Photovoltaikboom sowie ein Plus bei der Windkraft bei gleichzeitig sinkender fossiler Erzeugung haben den Anteil erneuerbarer Energie an der Stromerzeugung im vergangenen Jahr auf 87 Prozent (2022: 78 Prozent) steigen lassen.

Das teilte das Umweltministerium … mit Verweis auf Hochrechnungen des Fraunhofer Instituts mit.

Im EU-Vergleich rangiere Österreich 2023 auf Rang zwei hinter Luxemburg (89,6 Prozent). Dahinter folgen Litauen und Dänemark.

Starker Anstieg bei Photovoltaik

Das Plus ist nach Ministeriumsangaben vor allem auf den deutlichen Anstieg bei der Photovoltaik zurückzuführen. Deren Anteil an der Stromerzeugung habe sich von 0,98 Terawattstunden (TWh) 2022 auf 2,35 TWh im Jahr 2023 mehr als verdoppelt. Damit trage Photovoltaik nun 4,4 Prozent zur österreichischen Stromerzeugung bei. Zu einem großen Teil werde sich der jüngste Photovoltaikzubau aber erst heuer zeigen.

Zugenommen hat den Angaben zufolge auch der Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung: Er stieg von 7,19 TWh im Jahr 2022 auf 8,26 TWh im vergangenen Jahr. Die Windkraft habe damit erstmals zu mehr als 15 Prozent zur österreichischen Stromerzeugung beigetragen.

Demgegenüber hat sich laut Ministeriumsangaben die Stromerzeugung aus nicht erneuerbaren Quellen verringert: 2023 wurden rund 7,01 TWh aus nicht erneuerbaren Quellen erzeugt, während es 2022 noch rund 10,78 TWh waren. Vor allem die Stromgewinnung aus Erdgas sei stark reduziert worden: von 10,15 TWh im Jahr 2022 auf 6,38 TWh 2023.

2023 war Rekordjahr für PV-Ausbau in Niederösterreich

Im Vorjahr sind bei Netz Niederösterreich 43.561 Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) angemeldet worden. Das entspricht laut dem Unternehmen einer Verdopplung im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2022. Ein Ende des Booms sei nicht in Sicht.

Knapp 98.000 PV-Anlagen würden mittlerweile bei Netz NÖ einspeisen. Das seien etwa 25 Prozent der in Österreich befindlichen Sonnenkraftwerke, berichtet die EVN-Tochter Netz Niederösterreich in einer Aussendung. Ein Ende des Photovoltaik-Booms sei nicht abzusehen, heißt es.

„Die Anzahl der Netzanträge ist aktuell ähnlich hoch wie im vergangenen Jahr, das heißt wir rechnen auch 2024 mit vielen neuen Anlagen. Nicht zuletzt das Aussetzen der Umsatzsteuer bei Photovoltaik-Anlagen wird hier verstärkend wirken“, sagte EVN-Vorstandsdirektor Franz Mittermayer in einer Aussendung – mehr dazu in 2024 werden Photovoltaik-Anlagen steuerfrei (noe.ORF.at; 30.12.2023).

Monatlich würden derzeit 3.000 bis 4.000 Anlagen in Niederösterreich neu hinzukommen. Die meisten Anlagen, nämlich 3.112, wurden in den Bezirken Gänserndorf und Neunkirchen fertig gemeldet. Platz 3 geht mit 3.029 Fertigmeldungen nach Melk. Angesichts der steigenden Zahl privater Einspeisungen stelle der Netzausbau Netz Niederösterreich vor „gewaltige Herausforderungen“, heißt es. Mehrere tausend Projekte würden aktuell umgesetzt, um die Ortsnetze zu verstärken.

Sängerknaben in akuter Geldnot: „Immer durchgewurschtelt“

Die Wiener Sängerknaben sind in finanziellen Schwierigkeiten. Ein Grund sind auch abgesagte Konzerte, vor allem pandemiebedingt. Doch schon früher war es schwierig: „Wir haben uns eigentlich immer so quasi durchgewurschtelt“, so der Präsident.

Die Auftrittseinnahmen der Sängerknaben könnten die allgemein gestiegenen Kosten nicht mehr decken, schlug der Verein der Wiener Sängerknaben kurz vor dem Jahreswechsel Alarm. Die Teuerung mache dem Chor ordentlich zu schaffen.

Zudem scheint der Konzertbetrieb zumindest teilweise zu stottern. Ein großer Auftritt in der Stadthalle Anfang Dezember – gedacht als Krönung des 525. Jubiläumsjahres – wurde vom deutschen Veranstalter kurzfristig abgesagt, weil der Vorverkauf sehr schlecht gelaufen sei.

Das sei „sicherlich eine Enttäuschung“ gewesen, sagte Erich Arthold, Präsident der Wiener Sängerknaben in „Wien heute“ am Freitag. „Wir hatten das mit deutschen Partnern geplant. Und Deutschland ist ein Land, das uns momentan große Sorgen macht.“

„Haben immer in Mangelwirtschaft gearbeitet“

Über 700 Konzerte der Sängerknaben mussten seit 2020, hauptsächlich pandemiebedingt, abgesagt werden. Wirtschaftlich schwierig sei es aber schon vor der Pandemie gewesen, schilderte Arthold: „Wir haben uns eigentlich immer so quasi durchgewurschtelt. Wir haben immer in Mangelwirtschaft gearbeitet und gelebt.“ Basissubventionen habe es bisher nicht gegeben, die Konzerteinnahmen würden normalerweise zwei Drittel bis 70 Prozent des Budgets ausmachen.

Trotz der Schwierigkeiten: Die Sängerknaben würden ziehen wie eh und je, wird versichert, vor allem in Übersee. „Das Interesse ist auf jeden Fall gleich groß. Das zeigt sich auch darin, dass wir jetzt mit allen Partnern in diesen Ländern langfristige neue Verträge abgeschlossen haben, also sowohl in den USA als auch in Japan.“ Auch mit China und Taiwan gebe es langfristige Pläne. In Europa sei es „unterschiedlich“, so Arthold. Manche Konzerte seien sehr gut besucht und ausverkauft, auch in Österreich.

Konzerte im MuTh großteils gut besucht

Detaillierte Zahlen zum Kartenverkauf werden noch nicht vorgelegt. Auskunft über die Nachfrage zumindest in Wien kann das MuTh im Augarten geben, seit zwölf Jahren der Konzertsaal der Sängerknaben. Im Vorjahr geriet das MuTh nach dem Rückzug des langjährigen Hauptsponsors, der Pühringer Privatstiftung, selbst in finanzielle Schieflage.

Auswirkungen auf die Sängerknaben gebe es dadurch aber nicht, betonte MuTh-Leiterin Elke Hesse: „Es gibt da überhaupt keinen unmittelbaren Zusammenhang, da der Sponsor schon zugesichert hat, dass die Wiener Sängerknaben hier quasi kostenfrei im MuTh auftreten können.“ 55 Auftritte der Sängerknaben gab es im MuTh im Vorjahr. Zum größten Teil seien diese sehr gut besucht, so Hesse: „Das ist immer auch sehr abhängig von der Situation, wie viele Touristen sind in Wien?“

„Wollen die Kinder nicht zu sehr belasten“

Insgesamt zeigt man sich bei den Wiener Sängerknaben mit der Auslastung „sehr zufrieden“. „Wir haben ja auch einen absoluten Deckel eingezogen. Wir wollen die Kinder nicht zu sehr belasten. Es soll ja nicht heißen, dass das Kinderarbeit ist“, betonte Sängerknaben-Präsident Arthold. „Es ist ein Teil der Ausbildung, es ist ein Teil der Persönlichkeitsbildung.“ Einen Mangel an Konzerten gebe es jedenfalls nicht.

Kurz vor Silvester sagte der Bund den Sängerknaben 800.000 Euro Akuthilfe als Überbrückung zu. Ein paar Monate davor half die Stadt Wien bereits zum zweiten Mal mit einer halben Million Euro aus. Ziel der Sängerknaben ist es nun, langfristige Subventionen vom Bund zu bekommen.

red, wien.ORF.at

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„Das MuTh – Konzertsaal, Bühne & Programm“ wird betrieben von der Wiener Sängerknaben Konzertsaal Betriebs- GmbH.

INNENPOLITIK – REPORTAGE

Grüne, NEOS: Signa-Pleite schlägt politisch weiter Wellen

Die Insolvenz des Signa-Konzerns des Tiroler Immobilieninvestors Rene Benko beschäftigt nicht nur die Gläubiger, sondern auch die Politik. Die Grünen etwa stellten eine parlamentarische Anfrage zur „Steueroptimierungsstrategie“ Benkos an Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Während der Sanierer mehr Geld von den Investoren will, werden erste Einrichtungsteile der Signa-Büros versteigert, darunter Klobürstenhalter.

Die Grünen fordern von Brunner die Einleitung einer Untersuchung. Das Finanzamt Innsbruck habe „steuerliche Trickserei allem Anschein nach anfänglich akzeptiert“, heißt es in der Anfrage. Grund sind angeblich nicht geleistete Umsatzsteuerzahlungen und die Pfandrechtseintragung für Benkos Villa bei Innsbruck. NEOS kündigte ebenfalls Anfragen auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene an.

Grüne und NEOS vermuten Umsatzsteuertricksereien – Benko habe die Villa, für die Grünen ein „Palazzo Protzo“, nicht widmungskonform genutzt, so der Vorwurf. Der grüne Bürgermeister von Innsbruck, Georg Willi, stellte das erst am Mittwoch in Abrede: Es habe sich um eine rechtskonforme Widmung und Verwendung gehandelt – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Ab wann wusste Brunner Bescheid?

Die Grünen im Bund gehen davon aus, dass eine Gesellschaft gegründet wurde, die die Vorsteuer geltend machte – ob die Umsatzsteuer je in der gleichen Höhe vom Staat eingenommen werden kann, sei aber fraglich. „Am Ende des Tages gibt es vor allem einen Begünstigten: Rene Benko selber“, heißt es in der Anfrage. Das wurde unternehmensseitig in Abrede gestellt. Der vorliegende Fall lege jedenfalls „die Dringlichkeit offen, das zögerliche Tun der Finanz genauer zu untersuchen“, so die Grüne Nina Tomaselli.

Grundsätzlich wird hinterfragt, wann und wie oft Betriebs- und Steuerprüfungen erfolgt sind und welche Stellen des Finanzamts und des Finanzministeriums involviert waren. Auch ab wann Brunner Bescheid wusste, dass die „Steuerschuld einer einzigen privat genutzten Villa von zwölf Mio. Euro“ existiert, will der kleine Koalitionspartner wissen. Dazu stellen sie 14 Fragen mit weiteren Unterfragen an Brunner. In der Anfrage wird auch das Nichthinterlegen von Bilanzen von Signa-Gesellschaften kritisiert und thematisiert.

NEOS sieht „deutlich größeren Betrug“

NEOS ortete zuletzt einen „vermutlich deutlich größeren Betrug an den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern“, wie die Innsbrucker Gemeinderätin und Spitzenkandidatin für die kommende Gemeinderatswahl, Julia Seidl, erklärte. „Hätte Benko diese Villa privat finanziert, hätte er dafür von ihm versteuerte Einnahmen einsetzen müssen. Da er das Ganze aber über ein dubioses Firmenkonstrukt organisierte, steht jetzt im Raum, dass es sich dabei um eine verdeckte Ausschüttung an Benko handelt“, so Seidl.

Jürgen Sykora, Berufsgruppenobmann der Steuerberater, erinnerte im Ö1-Morgenjournal daran, dass es ein grundlegendes Recht eines jeden Unternehmens auf einen Vorsteuerabzug gibt. Ob es sich bei der Benko-Villa um ein dubioses Konstrukt handle, wollte er mit Verweis auf einen nicht hinlänglich bekannten Sachverhalt nicht einschätzen. Schließlich sei in nächster Instanz wohl ein Gericht am Zug. Der Gesetzgeber habe im Umsatzsteuerrecht jedenfalls keinen Handlungsbedarf. Das sei zwar sehr komplex, aber „der Rechtsstaat funktioniert“, meinte Sykora.

Sanierer bittet Gläubiger um frisches Geld

Im Sanierungsverfahren wurden unterdessen die bisherigen Geldgeber von Signa aufgefordert, nochmals Geld „nachzuschießen“, um ein Verfahren in Eigenverwaltung sicherzustellen und Notverkäufe zu vermeiden. Das geht aus einem Brief des Sanierungsvorstands der beiden Signa-Töchter Prime und Development, Erhard Grossnigg, an Signa-Investoren hervor, aus dem am Donnerstag die Magazine „profil“ und „Spiegel“ zitierten.

Dem Brief zufolge geht es um 350 Mio. Euro, die Grossnig versucht, bis 15. Jänner aufzustellen. Die Summe soll die beiden insolventen Aktiengesellschaften Signa Prime und Signa Development durch die nächsten drei bis vier Monate tragen, zitieren „profil“ und „Spiegel“ aus dem Rundschreiben des im Dezember an Bord geholten Sanierers Grossnigg.

„Wahren Wert erhalten, anstatt Vermögen zu vernichten“

Die Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren könne „nur funktionieren, wenn ‚wir‘ Liquidität erhalten, um unsere wesentlich werthaltigen Bauprojekte fortzusetzen und den wahren Wert erhalten, anstatt Vermögen zu vernichten“, heißt laut Bericht in dem Schreiben. Die Kapitalspritze solle helfen, eine Zerschlagung und damit einen höheren Schaden für die Investoren abzuwenden.

Auch in den Insolvenzanträgen von Prime und Development ist laut „profil“ von einer Überbrückungsfinanzierung „durch Emission eines Substanzgenussrechts/Massekredits“ die Rede. Allerdings ist das neuerliche Investment mit einem deutlichen Risiko verbunden. Es sei, so heißt es im Brief, „nur für professionelle Anleger geeignet, die das Risiko eines erheblichen Verlusts oder sogar eines Totalverlusts ihres Investments akzeptieren können“.

Grossnig zeigt sich „optimistisch“

Laut Grossnig war die erste Resonanz positiv, er zeigt sich „optimistisch“, fixe Zusagen gebe es aber noch nicht. Laut „Spiegel“ stößt das Vorhaben auf große Skepsis. Ein Kernproblem sei, dass unklar sei, wie viel Kapital nötig sein werde, wenn die 350 Mio. Euro in drei Monaten aufgebraucht sind. Die Geldspritze soll mittels Genussscheinen erfolgen, mit neun Prozent Zinsen pro Jahr, einer halbjährlichen Zinszahlung sowie einer Beteiligung am Mehrertrag.

Am Freitag bestätigte die deutsche RAG Stiftung den Erhalt eines entsprechenden Briefs. Die Stiftung, sie ist an Signa Prime und Signa Development beteiligt, prüfe das Schreiben. Signa-Gesellschafter Hans Peter Haselsteiner denkt über eine Finanzspritze für Signa Prime nach, sagte er gegenüber dem „Handelsblatt“. Grundsätzliche Bereitschaft für ein Darlehen signalisierte er vor dem Jahreswechsel gegenüber den „Oberösterreichischen Nachrichten“. Das sei „möglich, wenn alle zustimmen“, so der Investor.

Am Freitag gingen nach der Auflösung des mondänen Signa-Firmensitzes im Palais Harrach die ersten Teile der Büroeinrichtung in die Versteigerung. Unter den Hammer kommen in den ersten drei Auktionen mehr als 460 Objekte aus den Büroräumlichkeiten von Benko. Gestartet wird am 19. Jänner, mitbieten ist ab sofort möglich. Bis Anfang März soll das Palais geräumt sein. Ersteigert werden können Marmor-Raumteiler, bronzene Klobürsten sowie der Nachlass der österreichischen Schauspielerin Hedy Lamarr.

Steuerberater warnt vor „Sanierungsspiel“

Der Steuerberater Johann Neuner warnte gegenüber der „Kleinen Zeitung“ davor, dass die bisherigen Eigentümer zulasten der Gläubiger von der Verwertung stark profitieren könnten. Wenn nach dem Schuldenschnitt Immobilien in Bestlagen wertvoller als während der Sanierung dargestellt würden, könne es Dividenden sowie Provisionen für den Sanierer geben.

Damit die Sanierung nicht ausschließlich zulasten der Gläubiger erfolgt, forderte er, dass diese von den insolventen Signa-Gesellschaften eine Zusatzquote erhalten. „Eine Besserungsklausel für den Fall, dass in den nächsten Jahren der Verkehrswert der Liegenschaften wieder steigt.“ Das werde, so der Steuerberater, schon allein aufgrund erwarteter Zinssenkungen der Fall sein. Ein Vorschlag wäre die Aufteilung eines möglichen Gewinns.

Bei der Abwicklung der Kärntner Hypo Alpe Adria hätten die internationalen Gläubiger eine Besserungsklausel zur Bedingung gemacht – sie bekommen letztlich eine Quote von fast 100 Prozent. „Sie durchschauten das Sanierungsspiel.“ Eine Besserungsklausel müsse bei Signa zur „Conditio sine qua non“ für die Zustimmung zum Sanierungsplan werden, so Neuner.

Wer muss für den Schaden geradestehen?

Laut „Standard“ wird unterdessen geprüft, inwieweit Benko bzw. Geschäftsführer der Signa-Gruppe zur Verantwortung gezogen werden können. Das sei möglich, wenn Geschäftsführer einen Schaden verschuldet haben, heißt es im Bericht – sie könnten von den Gläubigern geklagt werden. Sollten die Juristen zum Schluss kommen, dass Benko eine „faktische Geschäftsführung“ innehatte, würde er für ein etwaiges Fehlverhalten persönlich haften.

Benko war zuletzt im Vorsitz des Signa-Beirats. Auch die Aufsichtsräte könnten, wenn durch sie Schaden entstanden ist, haftbar gemacht werden. Auch strafrechtliche Konsequenzen seien schließlich möglich, wie auch Finanzprokuratur-Chef Wolfgang Peschorn zuletzt in der ZIB2 sagte. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

red, ORF.at/Agenturen

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STRABAG gewinnt Prozess gegen Oligarchen Deripaska

KOMMENTARE – REPORTAGEN

SZ Österreich: Ukrainer in Österreich: In der staatlichen Inaktivitätsfalle | Vorfreude auf 2024 | Sargnagels Kreativität . Cathrin Kahlweit, Süddeutsche Zeitung, 5.1.2024

MEDIZIN – PSYCHOLOGIE – FORSCHUNG

Mehr als 400.000 Dosen Paxlovid drohen zu verfallen

Berlin – Fast die Hälfte der vom Bund beschafften Dosen des COVID-19-Medikaments Paxlovid (Nirmatrelvir/Ritonavir) droht ungenutzt zu verfallen und vernichtet zu werden. Das Bundes­gesundheitsministerium (BMG) prüft nach eigenen Angaben derzeit, ob es für sie eine weitere Verwendung gibt.

Anfang 2022 hatte das BMG insgesamt eine Million Therapieeinheiten Paxlovid zentral beschafft. 427.000 von ihnen sind nach wie vor eingelagert, wie das Ministerium auf Anfrage mitteilt. Ihre Haltbarkeit läuft demnach Ende Januar beziehungsweise Ende Februar ab. Zuerst hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet.

560.000 Therapieeinheiten seien vom pharmazeutischen Großhandel an Apotheken ausgeliefert worden, wei­tere rund 12.500 seien gespendet worden. Was aus den Restbeständen wird, ist noch nicht klar. Der Ablauf­zeitpunkt sei der „derzeitige Stand“, wie es das BMG formuliert. In der Vergangenheit war die Haltbarkeit be­reits mehrfach verlängert worden, zuletzt auf 24 Monate.

Angaben zur Summe, die die Bundesregierung für den Erwerb des Arzneimittels ausgegeben hat, macht das BMG nicht. Einem Bericht der Tageszeitung Die Welt zufolge waren es zwischen 500 und 660 Millionen Euro, der Einkaufswert der verfallenden Dosen liege demnach bei mindestens 280 Millionen Euro.

Das Problem des Verfalls von Paxlovid-Beständen betrifft nicht Deutschland allein. Erst am vergangenen Montag hatte die britische Agentur Airfinity eine Analyse veröffentlicht, wonach in der Europäischen Union (EU) allein bis Ende November 1,5 Millionen Dosen Paxlovid ungenutzt verfallen sind.

Bis Ende Februar werde die Zahl auf 3,1 Millionen Dosen steigen, was einem Einkaufspreis von 2,2 Milliarden US-Dollar (2,01 Milliarden Euro) entspreche. Allerdings geht Airfinity in der Analyse noch von 644.000 ver­bleibenden Dosen hierzulande aus.

Noch weit vor Deutschland liegt demnach Großbritannien: Von insgesamt 2,5 Million gekauften Therapieein­heiten sind demnach noch 1,38 Millionen eingelagert, mehr als eine Million seien bereits verfallen. Nur ge­schätzt 69.000 Dosen seien verwendet worden. In Deutschland liege diese Zahl bei schätzungsweise 305.000.

Frankreich und Italien hatten 500.000 beziehungsweise 600.000 Dosen gekauft, von denen 96.000 bezieh­ungs­weise 86.000 bereits verfallen sind. Beide Ländern haben beinahe gleich viele Dosen verwendet (167.000 und 168.000), sodass in Frankreich Restbestände von 237.000 Dosen lagern und in Italien von 346.000 Dosen.

Die hohen Zahlen resultieren auch wesentlich aus der Tatsache, dass Paxlovid deutlich weniger verordnet wurde als zuvor angenommen worden war. Um die Verwendung zu steigern, hatte das BMG im August 2022 per Allgemeinverfügung Ärzten das Dispensierrecht für Paxlovid gewährt.

Die geringen Anwendungszahlen sind nicht nur in Deutschland und Europa ein Problem, sondern laut einem aktuellen Bericht der New York Times auch in den USA.

Demnach haben einer Studie der National Institutes of Health (NIH) zufolge nur 15 Prozent der COVID-19-Patientinnen und -Patienten, für die Paxlovid angezeigt war, das Mittel auch erhalten. Wären es 50 Prozent gewesen, hätten der Studie zufolge schätzungsweise 48.000 Todesfälle vermieden werden können. © lau/aerzteblatt.de

MYKKE-Register: Myokarditis nach Coronaimpfung verläuft meist milde

Berlin – Eine impfstoffassoziierte Myokarditis bei Kindern und Jugendlichen, die zu Beginn der Impfkampagne gegen COVID-19 für Schlagzeilen gesorgt hatte, ist insgesamt selten geblieben, und sie verlief wesentlich milder als Myokarditiden aus anderen Ursachen, die dem MYKKE-Register gemeldet wurden. Dies zeigen die kürzlich im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit vorgestellten und jetzt im American Heart Journal (2024; DOI: 10.1016/j.ahj.2023.11.006 ) publizierten Ergebnisse.

Dem Paul-Ehrlich-Institut, das in Deutschland für die Überwachung von Impfstoffen zuständig ist, wurden bis Ende Oktober 2023 279 Verdachtsfälle bei Kindern und Jugendlichen (Alter von 12 bis 17 Jahren) gemeldet, bei denen nach einer Impfung mit einer mRNA-Vakzine eine Myokarditis diagnostiziert wurde. Dem Paul-Ehrlich-Institut gelang es nur in wenigen Fällen, durch Nachfrage weitere Details zur Diagnostik und/oder Therapie oder den Krankheitsverlauf zu ermitteln.

Wesentlich genauer sind die Angaben im MYKKE-Register, das seit 2013 die Myokarditis im Kindesalter erforscht. Bisher wurden mehr als 750 Fälle gemeldet. Nach den ersten Berichten über Myokarditiden nach der COVID-19-Impfung wurde eine PedMYCVAC-Kohorte begonnen. Bis Ende 2022 meldeten 15 Zentren 56 Patienten, deren Daten Nele Rolfs vom Deutschen Herzzentrum an der Berliner Charité und Mitarbeiter ausgewertet haben.

Die im Durchschnitt 16,3 Jahre alten Patienten waren zu 91 % männlich. Bis auf einen hatten alle den mRNA-Impfstoff BNT162b2 (Comirnaty) von Biontech-Pfizer erhalten. Nach einer Impfung mit mRNA-1273 (Spike­vax) von Moderna war nur ein Fall gemeldet worden.

Bei 29 Patienten wurde die Myokarditis nach der zweiten Dosis des mRNA-Impfstoffs beobachtet. Bei 17 Pa­tienten traten Symptome nach der dritten Dosis und bei zehn Patienten nach der ersten Dosis auf. Bis zum Beginn der Symptome vergingen median drei Tage.

Sechs Patienten hatten eine medizinische Vorerkrankung einschließlich Wolff-Parkinson-White-Syndrom, Area-Postrema-Syndrom, Typ-1-Diabetes, Ventrikelseptumdefekt mit chirurgischem Verschluss in der frühen Kindheit, arterieller Hypertonie und Asthma bronchiale bei jeweils einem Patienten. Bei zwei Patienten handelte es sich um eineiige Zwillinge.

Die meisten Patienten klagten bei der Erstaufnahme über Brustschmerzen (89 %), Müdigkeit (66 %), Kurz­atmig­keit (29 %) und Fieber (29 %). Acht Patienten (14 %) berichteten über Herzklopfen. 89 % der Patienten wurden ins Krankenhaus eingeliefert und nach median fünf Tagen wieder entlassen.

Elf Patienten (20 %) hatten eine leicht reduzierte linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) von 45 % bis 54 %. Es wurden laut Rolfs keine Fälle von schwerer Herzinsuffizienz beobachtet. Es gab keinen Todesfall und kein Patient benötigte eine Herztransplantation.

Nach drei Monaten hatten nur noch 14 von 49 Patienten (24 %), die nachverfolgt werden konnten, Symptome. Am häufigsten handelte es sich dabei um atypische intermittierende Brustschmerzen und Müdigkeit. Diagnos­ti­sche Auffälligkeiten blieben bei 23 der 49 Patienten (47%) bestehen, dies waren vor allem residuelle Ver­änderungen in der kardialen Magnetresonanztomografie.

Nach neun Monaten klagte nur noch einer von 21 Patienten über Beschwerden (intermittierende Palpitatio­nen). Bei neun Patienten wurden Auffälligkeiten in der Diagnostik festgestellt, darunter eine leicht reduzierte linksventrikuläre Funktion im Echokardiogramm oder in der kardialen Magnetresonanztomografie in drei Fällen.

Der milde Verlauf steht in einem Gegensatz zu den Erfahrungen, die das MYKKE-Register mit anderen Patien­ten gemacht hat. Diese haben häufiger Symptome einer Herzinsuffizienz und eine niedrigere LVEF in der Echokardiografie sowie eine Vergrößerung der linken Herzkammer: Von 108 Patienten, deren Daten Rolfs zum Vergleich ausgewertet hat, benötigten fünf eine mechanische Kreislaufunterstützung, vier eine Herztransplan­tation, und es gab zwei Todesfälle. Bei Patienten mit einer Myokarditis nach COVID-19-Impfung traten keine derart schwerwiegenden Ereignisse auf. © rme/aerzteblatt.de

UMWELT

Treibhausgase in Österreich sanken laut Prognose 2023

Die Treibhausgasemissionen in Österreich dürften sich 2023 erneut deutlich reduziert haben. Das ging aus einem „Nowcasting“ des Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz (WEGC) hervor, das Ende Dezember publiziert wurde. Es basiert auf den bei Erstellung verfügbaren monatlichen Verbrauchsdaten für Erdgas, Erdölprodukte und Elektrizität bis Oktober. Die Reduktion wird demnach auf 6,9 Prozent geschätzt, was rund 67,6 Tonnen CO2-Äquivalenten entspricht.

„Bereits 2022 war ein deutlicher Rückgang der Emissionen zu verzeichnen, der heuer noch übertroffen werden dürfte. Die Jahre seit 2021 weisen erstmals einen Trend aus, der die für 2030 vorgesehenen Reduktionen gemäß den EU-Klimazielen erreichbar erscheinen lässt, wenn diese Abbaurate fortlaufend anhält“, wurde Gottfried Kirchengast, WEGC-Klimaforscher auf der Online-Präsenz der Universität Graz zitiert. Laut den Angaben wird die Genauigkeit dieser Vorhersage auf rund zwei Prozent geschätzt.

Teilerfolge durch Sondereinflüsse

Kirchengast nannte als Ursachen für diesen „Teilerfolg“ überwiegend Sondereinflüsse, wie etwa den Preisdruck bei Energie und die aus dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) abgeleitete stagnierende wirtschaftliche Aktivität, jedoch sei auch die Zunahme an erneuerbare Energie und Effizienz beim sinkenden Verbrauch mitwirkend. In Zukunft gelte es durch „langfristig wirksame Neustrukturierungen die Klimaziele tatsächlich zu erreichen“, hielt der Forscher fest.

Bereits 2022 sind Treibhausgasemissionen in Österreich auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1990 gesunken. Nach den vorläufigen Zahlen des Umweltbundesamts vom August 2023 wurden im Jahr 2022 demnach rund 72,6 Millionen Tonnen Treibhausgase emittiert, was einem Rückgang von rund 6,4 Prozent entspricht bzw. einem Minus von fünf Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.

Im Mittelpunkt des 2015 beschlossenen historischen UNO-Klimaschutz-Vertrags von Paris steht das Ziel, die durch Treibhausgase verursachte Erderhitzung auf klar unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Die Bemühungen sollten zudem dahin gehend verstärkt werden, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Experten und Klimaschützer sehen das Erreichen der Pariser Klimaziele aber aktuell selbst bei optimistischen Szenarien als kaum erreichbar.

Service: Monitoring-Daten der Uni Graz unter: https://gcci.uni-graz.at/de/austria/gem/

BILDUNG

MEDIEN – IT

ORF weist Verlegervorwürfe zu ORF.at zurück

Der ORF weist Vorwürfe des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), das neu aufgestellte Angebot von ORF.at wäre eine „Mogelpackung“ und der ORF würde dabei mit „Tricks“ vorgehen, entschieden zurück. „Die Neuaufstellung von ORF.at entspricht in allen Belangen den gesetzlichen Vorgaben und ist gleichzeitig jenen Millionen Userinnen und Usern verpflichtet, die von einem ‚ORF für alle‘ zu Recht verlangen, weiterhin bestmöglich informiert zu werden“, so ORF-Generaldirektor Roland Weißmann.

Konkret geht es um die im neuen ORF-Gesetz vorgeschriebene Limitierung von 350 Textmeldungen auf ORF.at pro Woche. Vom VÖZ und in diversen Print- und Onlinemedien wird kritisiert, dass reine Links auf oesterreich.ORF.at, science.ORF.at, help.ORF.at, religion.ORF.at und topos.ORF.at darin nicht enthalten sind.

„Ein gesunder Konkurrenzkampf ist das eine, die Unterstellung, unlauter vorzugehen, das andere. Dann ist die Grenze dessen, was man sich gefallen lassen muss, erreicht“, so Weißmann. „Leider werden im Rahmen dieser Kampagne gegen den Onlineauftritt des ORF wie schon in den vergangenen Monaten Berichterstattung mit Eigentümerinteressen vermischt.“ Weißmann drohte auch mit gerichtlichen Schritten: „Wir scheuen uns daher auch nicht davor, den Klagsweg zu bestreiten, sollten weiterhin kreditschädigende Anschuldigungen erhoben werden.“

Eltern überwachen Kinder zunehmend mit AirTags – Die Presse, 3.8.2023

Die GPS-Tracker von Apple, AirTags, erfreuen sich in den USA unter Eltern zunehmender Beliebtheit: Um jederzeit den Standort ihrer Kinder kontrollieren zu können.

Zwischen Schule, Freizeitaktivitäten und Heimweg sorgen sich manche Eltern jede Minute um ihr Kind. Dass es sich verletzen könnte, dass es gar entführt werden könnte, und welche Horrorszenarien sich sonst noch vor dem geistigen Auge abspielen. Ängste, die sich seit Jahrhunderten nicht geändert haben. Sehr wohl aber die Lösungen. In den USA sorgten bereits die Leinen für die Kleinen in Vergnügungsparks für Aufregung. Doch einmal mehr treiben es die Amerikaner auf die Spitze. Immer mehr Eltern verpassen ihren Kindern AirTags, um sie jederzeit tracken zu können.

Ein Blick aufs Smartphone reicht, und schon wissen Chin und ihr Mann aus Maryland, wo ihr achtjähriges Kind sich gerade befindet. „Für manche mag es übertrieben sein. Aber ich mache mir viele Sorgen, weil sie mein einziges Kind ist“, sagt Chin gegenüber der „Washington Post“ und fügt hinzu, dass sie einfach auf Nummer sicher gehen wolle. Damit ist sie auch nicht allein.

Die Drittanbieter haben längst erkannt, dass die Ortungsgeräte von Apple auch nicht im Sinne des Erfinders verwendet werden. Eigentlich sind die AirTags von Apple oder auch jene von Samsung, die Galaxy Tags, als Suchhilfe für verlegte Schlüssel, sich auf Irrwegen befindliche Gepäckstücke oder einen vergessenen Rucksack gedacht.

Doch mittlerweile gibt es eben auch bunte Anhänger oder Halterungen in Form von Stecknadeln. Manche Eltern gehen sogar noch weiter und nähen die Tracker in Kleidung ein.

Unabhängig davon, dass Apple bei der Präsentation des Produkts 2021 direkt dazusagte, dass die Tracker nicht für Kinder oder Hunde gedacht sind. Doch so wie sie auch dazu genutzt werden, um Menschen zu verfolgen und zu stalken (mittlerweile hat Apple hier per Software Schutzmechanismen eingezogen), werden besorgte Eltern immer neue Wege finden, um ihre Kinder zu überwachen.

Die „Washington Post“ schreibt, dass viele Eltern angaben, dass sie die AirTags als Alternative zum Smartphone sehen. Aus Angst vor Cybermobbing, Internetsucht und generell dem zu frühen Zugang zu sozialen Netzwerken versuchten sie über die GPS-Tracker das Unvermeidliche länger hinauszuzögern.

Ein Schritt in die Selbstständigkeit

„In den vergangenen vier oder fünf Jahrzehnten ist die Freiheit von Kindern, Dinge selbst zu tun, enorm zurückgegangen“, sagt Peter Gray, Forschungsprofessor für Psychologie und Neurowissenschaften am Boston College, der sich mit Kinderspielen befasst, zur „Washington Post“. „Dinge wie allein zur Schule zu gehen, öffentliche Verkehrsmittel ohne Begleitung eines Erwachsenen zu nutzen, sogar, einem Teilzeitjob nachzugehen oder im Park zu spielen, ohne ständig von Erwachsenen überwacht zu werden.“

Fest steht: Ist das Kind nicht zum vereinbarten Zeitpunkt zu Hause, wünschten sich wohl alle Eltern sofort, dass sie seinen Standort nachverfolgen könnten; wenn auch vielleicht nur für eine Sekunde. Dennoch, keine Technologie bietet 100-prozentige Sicherheit, es kann immer zu Störungen kommen. Auch in den GPS-Trackern kommen Batterien zum Einsatz, die können leer werden; meist zum ungünstigsten Zeitpunkt. Die Geräte können verloren gehen oder absichtlich entfernt werden. Und nicht zu vergessen: Die Kinder total zu überwachen fördert langfristig nicht das Vertrauen zwischen Kindern und Eltern. Zudem vermittelt der GPS-Tracker beiden vielleicht ein falsches Sicherheitsgefühl.

RECHT

GESELLSCHAFT RELIGION – ETHOLOGIE

Erzbischof: Mehr zu Segnung Homosexueller erhofft

Der designierte Erzbischof von Bamberg, Herwig Gössl (56), hätte sich nach eigenem Bekunden eine eindeutigere Äußerung aus Rom zu Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare innerhalb der katholischen Kirche gewünscht.

„Ich dachte, wenn wir solche Partnerschaften segnen, müsste sich die Lehre so weiterentwickeln, dass homosexuelle Handlungen nicht mehr als schwere Sünde gesehen werden“, sagte Gössl der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag-Ausgabe). Nun habe der Papst die Lehre nicht geändert, Seelsorgende sollten Homosexuelle dennoch segnen können.

Nach Einschätzung des künftigen Bamberger Erzbischofs wäre auch Betroffenen selber eine eindeutigere Aussage lieber gewesen. „Ich denke, das ist noch nicht das Ende der Debatte“, fügte er hinzu. An seiner eigenen Überzeugung ändere das Schreiben aus Rom nichts, an der Praxis vermutlich schon.Segnung grundsätzlich möglich

Mitte Dezember hatte Gössl das Vatikan-Dokument „Fiducia Supplicans“ begrüßt. Darin war erstmals klargestellt worden, dass eine Segnung homosexueller und wiederverheirateter Paare auch in der katholischen Kirche grundsätzlich möglich ist. Damit werde ein wichtiger Wunsch vieler Gläubiger aufgegriffen, sagte er damals. Die Ankündigung hatte zu gemischten Reaktionen in der katholischen Weltkirche geführt – mehr dazu in Homosexuellensegnung: Bandbreite an Reaktionen in Weltkirche.

Gössl war am 9. Dezember von Papst Franziskus zum Nachfolger des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick ernannt worden. Die Amtseinführung ist am 2. März.

red, religion.ORF.at/KAP/KNA

Ratten praktizieren „wie du mir, so ich dir“

Wanderratten (Rattus norvegicus) handeln oft uneigennützig, berichtet der österreichische Verhaltensforscher Michael Taborsky. „Sie helfen einander regelmäßig, Futter zu beschaffen, an das sie selber nicht herankommen“, erklärte er der APA. Dieses selbstlose Verhalten nach dem Motto „wie du mir, so ich dir“ zeigen sie allen Artgenossen gegenüber, und nicht nur bei engen Verwandten. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Fachjournal „Ethology“ veröffentlicht.

Michael Taborsky, der bis vor kurzem am Wissenschaftskolleg in Berlin arbeitete, wertete mit Sacha Engelhardt (Universität Göttingen, Deutschland) 107 Experimente aus 24 Studien neu aus, in denen das kooperative Verhalten der Tiere getestet worden war. „Diese Analyse zeigt sehr deutlich, dass sich Wanderratten konsistent nach dem Prinzip des reziproken Altruismus verhalten“, so Taborsky. Das heißt, dass sie eine gute Tat mit einer guten Tat selbstlos vergelten.

Weibchen helfen mehr als Männchen

Weibliche Tiere fassen dies sogar noch breiter auf und helfen allen, wenn ihnen irgendeine Freundin geholfen hat. Solche „generalisierte Gegenseitigkeit“ war bei den Männchen nicht zu beobachten. „Das könnte an geschlechtsspezifischen Unterschieden im Sozialsystem liegen“, erklärte der Verhaltensexperte: „Wanderratten-Weibchen haben untereinander sehr viel mehr Kontakte als Männchen.“ Bei Männchen gäbe es zudem wenig „friedliche“ Aufeinandertreffen, sondern sie handeln eher Rivalitäten um den Zugang zu Weibchen aus.

Die Ergebnisse zeigen, dass gegenseitige, uneigennützige Hilfe (reziproker Altruismus) bei nicht miteinander verwandten Tieren in einer Vielzahl von Studien beobachtet wurde, so die Forscher.

Sie ist demnach ein nachgewiesener Mechanismus, wie in der Evolution Altruismus unabhängig von der „Verwandtenselektion“ entstehen konnte, wo Hilfe an überdurchschnittlich enge Verwandtschaft zwischen den Beteiligten gekoppelt ist. Dies bestätige die Theorie zur Evolution des reziproken Altruismus, die vor über 50 Jahren vom Evolutionsbiologen Robert Trivers aufgestellt wurde.

Service: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/eth.13418

RUSSLAND – UKRAINE

Newsticker

DIE NACHT IM ÜBERBLICK – Ukraine

Nicht eingelangt

Finanznachrichten – Ukraine


Großbritannien: Bodenkämpfe bringen kaum Veränderungen an Front in Ukraine

LONDON (dpa-AFX) – Die Kämpfe in der Ukraine bringen nach britischer Einschätzung weiterhin kaum Veränderungen beim Frontverlauf, auch wenn die Russen stellenweise kleinere Fortschritte erzielen. „In der vergangenen Woche waren die Bodenkämpfe entweder durch eine statische Frontlinie oder allmähliche, lokale Vorstöße Russlands an wichtigen Frontabschnitten gekennzeichnet“, teilte das britische Verteidigungsministerium am Freitag mit.

Im Nordosten hätten russische Truppen in der Nähe von Kupjansk eine „große, aber nicht schlüssige Offensive“ fortgesetzt, schrieben die Briten auf der Plattform X (früher Twitter). Im Norden des ostukrainischen Gebiets Donezk habe die Ukraine ihre Frontlinie trotz kleinerer Angriffe um Bachmut gehalten.

Die Stadt Awdijiwka sei weiterhin stark umkämpft, während die Russen in der Kleinstadt Marjinka ihre Ende Dezember erzielten Gewinne konsolidiert hätten, teilte das Ministerium in London mit. In der Südukraine hätten russische Luftlandetruppen höchstwahrscheinlich minimalen Fortschritt beim erneuten Versuch erzielt, einen ukrainischen Brückenkopf am Fluss Dnipro abzutrennen.

Die Ukraine verteidigt sich seit fast zwei Jahren gegen einen Angriffskrieg Russlands. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seitdem regelmäßig Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor./kil/DP/mis

Weitere Meldungen – Ukraine

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GESAMT-ROUNDUP: Streit in Israels Regierung – Humanitäre Katastrophe in Gaza – 5.1.2024, 16:06

TEL AVIV/GAZA (dpa-AFX) – Rund drei Monate nach Beginn des Gaza-Kriegs ist bei einer Sitzung des israelischen Kabinetts Medienberichten zufolge ein heftiger Streit entbrannt. Rechtsgerichtete Minister hätten den Generalstabschef Herzi Halevi scharf angegriffen, der eine Kommission einsetzen will, um mögliche Fehler der Armee rund um den Überraschungsangriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober auf Israel aufzudecken. Unterdessen warnen Hilfsorganisationen erneut vor der katastrophalen humanitären Lage im Gaza-Streifen.

Auslöser des Gaza-Kriegs war die grausame Terrorattacke der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Palästinensergruppen am 7. Oktober. Sie ermordeten mehr als 1200 Menschen. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Nach Angaben der von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden im Gazastreifen seit Kriegsbeginn 22 600 Menschen getötet und fast 58 000 verletzt.

„Totale Anarchie“ – wütender Streit bei Kabinettssitzung

Bei der Kabinettssitzung in der Nacht zu Freitag sei es zu einem „lauten und wütenden Streit“ gekommen, berichteten der staatliche Sender Kan und die Zeitungen „Times of Israel“ und „Jerusalem Post“. Kan zitierte einen Teilnehmer mit den Worten, es sei „totale Anarchie“ ausgebrochen. Regierungschef Benjamin Netanjahu habe die Sitzung, bei der es eigentlich um die Zukunft des Gazastreifens nach dem Krieg gehen sollte, schließlich vertagt. Zuvor hätten schon mehrere Militärvertreter erbost den Raum verlassen, hieß es in den Berichten. Die Regierung bestätigte den Streit zunächst nicht.

Auch die Berufung des früheren Verteidigungsministers Schaul Mofas an die Spitze der Untersuchungskommission sei auf scharfen Protest rechter Minister gestoßen, hieß es in israelischen Medien. Mofas hatte als Verteidigungsminister den Rückzug Israels aus dem Gazastreifen 2005 überwacht. Rechtsextreme Minister fordern nun jedoch eine Wiederbesiedlung des Gazastreifens nach dem Krieg und eine dauerhafte Militärpräsenz. Das lehnt Verteidigungsminister Joav Galant ab, dessen Plan für den „Tag danach“ vorsieht, die Palästinenser für den Gazastreifen in der Verantwortung zu nehmen.

Mediziner berichten von grausigen Zuständen in Gaza

Ausländische Hilfsorganisationen berichteten über grausige Zustände in den wenigen noch im Gazastreifen arbeitenden Krankenhäusern. „Wir sehen Verletzungen, die überwiegend durch Explosionen und Splitter verursacht wurden“, wurde der Leitende Chirurg des Universitätskrankenhauses Oxford und Klinische Leiter des Medizinischen Notfallteams, Nick Maynard, in einer Mitteilung der privaten Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) mit Sitz in New York zitiert. „Viele Erwachsene, Kinder und Babys werden mit traumatischen Amputationen von Armen und Beinen eingeliefert. Wir haben kleine Kinder mit den furchtbarsten Verbrennungen im Gesicht gesehen“, fügte Maynard hinzu.

Beim Kampf der israelischen Armee gegen die Hamas wurden immense Schäden an Wohngebäuden sowie der zivilen Infrastruktur wie etwa Krankenhäuser angerichtet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte kurz nach Weihnachten mit, es seien nur noch 13 der ursprünglich 36 Krankenhäuser teilweise funktionsfähig. Sie seien völlig überbelegt und es fehle ihnen an Treibstoff, Medikamenten, Narkosemitteln, Lebensmitteln und Trinkwasser.

UN-Nothilfebüro: Tagelang kein Zugang zum Norden Gazas

Hilfsorganisationen können nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA seit Tagen keine dringend benötigte lebensrettende Hilfe in den Norden Gazas liefern. Wie OCHA mitteilte, seien UN- und ihre Partnerorganisationen vier Tage lang nicht in der Lage gewesen, humanitäre Hilfe nördlich des Flusses Wadi Gaza zu liefern, da der Zugang verzögert oder verweigert worden sei und in dem Gebiet weiter gekämpft werde. Zu den dringend benötigten Hilfslieferungen gehörten auch Medikamente. Es werde ein sicherer und ungehinderter Zugang zu den Gebieten nördlich des Wadi Gaza gefordert, die seit mehr als einem Monat vom Süden abgeschnitten seien.

Die meisten Kinder im Gazastreifen unzureichend ernährt

Auch die Lage für Minderjährige im Gazastreifen spitzt sich nach Angaben des UN-Kinderhilfswerk Unicef weiter zu. 90 Prozent aller 1,1 Millionen junger Menschen in dem Küstenstreifen seien Ende Dezember einer Untersuchung zufolge nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt gewesen. Die Zahl der Durchfallerkrankungen sei extrem gestiegen.

Augenzeugen berichten von schweren Gefechte im Süden Gazas

Augenzeugen im südlichen Gazastreifen berichteten am Freitag von schweren Gefechten in der Gegend der Stadt Chan Junis. Ständig seien schwere Detonationen und Schüsse zu hören, berichtete ein dpa-Mitarbeiter. Die israelischen Truppen würden weiter in die Flüchtlingslager Nuseirat, Bureidsch und Maghasi vordringen. Bewohner seien mit Eselskarren auf der Flucht Richtung Rafah und in andere Teile von Chan Junis sowie nach Deir al-Balah, hauptsächlich zu Orten, die von der israelischen Armee als sichere Gebiete angegeben worden waren. Lebensmittel seien knapp. Viele Menschen hätte nur noch prekäre Unterkünfte aus Plastikplanen.

Hisbollah-Chef kündigt Reaktion auf Al-Aruris Tötung an

Nach der Tötung des Hamas-Anführers Saleh al-Aruri in Beirut kündigte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah erneut Vergeltung an. „Die Ermordung Al-Aruris (…) wird sicherlich nicht ohne Reaktion und Strafe bleiben“, sagte der Generalsekretär der proiranischen Schiitenorganisation in einer Rede. Der Libanon würde bloßgestellt, wenn die Tötung ohne Reaktion bliebe. Al-Aruri wurde am Dienstag in der libanesischen Hauptstadt mutmaßlich von Israel getötet.

Sein Tod hatte Befürchtungen neuen Auftrieb gegeben, dass der Gaza-Krieg auch den Libanon erfassen könnte. Seit Beginn der israelischen Offensive in dem Küstenstreifen kommt es in der Grenzregion fast täglich zu Konfrontationen zwischen Israels Armee und der mit der Hamas verbündeten Hisbollah. Die israelische Armee griff auch am Freitag wieder Stellungen im Südlibanon an./ro/ln/str/DP/stw

Konflikt mit Israel: Schon mehr als 76 000 Vertriebene im Libanon

GENF (dpa-AFX) – In Israels nördlichem Nachbarland Libanon sind nach Angaben der Organisation für Migration (IOM) wegen wachsender Spannungen seit Oktober mehr als 76 000 Menschen vertrieben worden. Stand 2. Januar waren es nach den Zahlen des IOM-Nahostbüros 76 018 Menschen, die wegen „bewaffneter Konfrontationen“ ihre Häuser und Wohnungen verlassen haben, wie das Büro am Freitag auf der Online-Plattform X (früher Twitter) schrieb.

In der letzten Woche des Jahres 2023 seien gut 3000 Menschen neu vertrieben worden. 94 Prozent der Vertriebenen stammten aus drei Distrikten direkt an der Grenze zu Israel. Nur gut 1000 von ihnen kamen nach diesen Angaben in Notunterkünften unter, die anderen leben bei Verwandten und Freunden.

Aus dem Libanon werden seit der Eskalation in Folge des palästinensischen Terrorüberfalls auf Israel am 7. Oktober vermehrt Geschosse nach Israel gefeuert. Israel reagiert mit Angriffen auf Stellungen der Schiitenmiliz Hisbollah. Die israelische Armee berichtete am Freitag, Einrichtungen der mit dem Iran verbündeten Miliz seien bombardiert worden. Es habe sich um militärische Posten der Hisbollah und Orte gehandelt, von denen aus Terroristen ihre Angriffe vorbereitet hätten./oe/DP/stw

Hisbollah-Chef Nasrallah: Al-Aruris Tötung bleibt nicht ohne Reaktion

BEIRUT (dpa-AFX) – Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat zum wiederholten Mal Vergeltung für die Tötung des Hamas-Anführers Saleh al-Aruri angekündigt. „Die Ermordung Al-Aruris (…) wird sicherlich nicht ohne Reaktion und Strafe bleiben“, sagte der Generalsekretär der proiranischen Schiitenorganisation am Freitag in einer Ansprache. Der Libanon würde bloßgestellt, wenn die Tötung ohne Reaktion bliebe. Die Antwort werde zwangsläufig kommen.

Al-Aruri wurde am Dienstag in der libanesischen Hauptstadt Beirut mutmaßlich von Israel getötet. Seine Tötung hatte Befürchtungen neuen Auftrieb gegeben, dass der Gaza-Krieg auch den Libanon erfassen könnte. Seit Beginn der israelischen Offensive in dem Küstenstreifen nach dem Massaker von Hamas-Terroristen und anderen Extremisten in Israel am 7. Oktober kommt es in der Grenzregion fast täglich zu Konfrontationen zwischen Israels Armee und der Hisbollah./arj/DP/stw

Weitere Meldungen – Israel  

Israels Armee: Hinreichend Nahrungsmittel im Gazastreifen – ORF, 6.1.2024, 3:35

Während Hilfsorganisationen im Gazastreifen von einer drohenden Hungersnot sprechen, stellt Israels Armee die Situation anders dar. „Nach unserer Einschätzung, die auf unseren Gesprächen mit den UN- und anderen humanitären Organisationen beruht, gibt es im Gazastreifen hinlänglich Nahrungsmittel“, sagte Elad Goren von der zuständigen COGAT-Behörde.

„Wir sehen auch einen verbesserten Zugang zu Wasser und Nahrung“. Damit aber mehr Hilfe in das von Israel abgeriegelte Küstengebiet gelangen könne, müssten die UN- und andere Hilfsorganisationen „dringend“ ihre eigenen Kapazitäten zum Empfang und zur Verteilung der Hilfsgüter aufstocken.

Der Chef des UN-Nothilfebüros OCHA, Martin Griffiths, hatte am selben Tag die Situation in Gaza als immer dramatischer beschrieben. „Gaza ist zu einem Ort des Todes und der Verzweiflung geworden“, sagte er. „Vor allem für Kinder waren die letzten 12 Wochen traumatisch“, so der UN-Nothilfekoordinator. „Kein Essen. Kein Wasser. Keine Schule. Nichts als die schrecklichen Geräusche des Krieges, Tag für Tag.“ Der Gazastreifen sei schlicht „unbewohnbar“ geworden, erklärte Griffith.

Dagegen sagte der zuständige Vertreter der israelischen COGAT-Behörde: „Wir haben die humanitäre Situation vor Ort stabilisiert“. Auch gebe es eine „Stabilisierung des medizinischen Systems“ in Gaza. Er wies zugleich Vorwürfe zurück, Israel behindere die Lieferung humanitärer Hilfe. „Wir haben keine einzige Lieferung von Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten oder Notunterkünften abgelehnt“, sagte Goren. „Israel hat und wird den Menschen in Gaza, die nicht zum Terror gehören, keine menschliche Hilfe verweigern“.

Auslöser des Gaza-Kriegs war die grausame Terrorattacke der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Palästinensergruppen am 7. Oktober. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden in Gaza seither 22.600 Menschen getötet.

Israels Regierung: Interner Streit bringt Netanjahu unter Druck – ORF, 5.1.2024, 22:02

Der Konflikt zwischen Israel und der Hamas dauert schon fast drei Monate und weitet sich stetig aus. Nun gab es offenbar einen bitteren Streit im Kriegskabinett, das Premier Benjamin Netanjahu anführt. Das Kabinett war im Sinne eines nationalen Schulterschlusses eingerichtet worden. Doch die politische Konkurrenz scheint intern stärker zu werden.

Der heftige Streit soll Medienberichten zufolge bei einer Sitzung des israelischen Kabinetts in der Nacht auf Freitag entbrannt sein. Rechtsgerichtete Minister hätten den Generalstabschef Herzi Halevi scharf angegriffen, der eine Kommission einsetzen will, um mögliche Fehler der Armee rund um den Überraschungsangriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober auf Israel aufzudecken. Das berichteten unter anderem der öffentlich-rechtliche Sender Kan und die Zeitungen Times of Israel und „Jerusalem Post“. Kan zitierte einen Teilnehmer mit den Worten, es sei „totale Anarchie“ ausgebrochen.

Halevi sei verbal persönlich angegriffen worden. Die rechten Kabinettsmitglieder hätten vor allem den Zeitpunkt der angekündigten Untersuchung kritisiert, während die Kämpfe noch andauerten.

Netanjahu habe die Sitzung, bei der es eigentlich um die Zukunft des Gazastreifens nach dem Krieg gehen sollte, schließlich vertagt. Zuvor hätten schon mehrere Militärvertreter erbost den Raum verlassen, hieß es. Die Regierung bestätigte den Streit nicht.

Auf Konfrontationskurs

Benni Ganz, Minister im Kriegskabinett und politischer Rivale Netanjahus, machte den Berichten zufolge den Regierungschef selbst für den „politisch motivierten Angriff“ der Minister „mitten im Krieg“ verantwortlich. Ein solches Verhalten habe er noch nie bei einer Kabinettssitzung gesehen. Die Likud-Partei Netanjahus wies seine Kritik zurück.

Ganz, dessen Partei jüngsten Umfragen zufolge gegenwärtig mit Abstand stärkste Fraktion in Israel werden würde, verteidigte Medien zufolge zugleich Halevis Entscheidung, eine Kommission einzusetzen. Es sei gut und auch die Pflicht des Generalstabschefs, nach der Katastrophe vom 7. Oktober Verantwortung übernehmen zu wollen.

Auch das israelische Militär verteidigt die geplante Untersuchung. Es müsse aus seinen Fehlern lernen, sagte Sprecher Daniel Hagari am Freitagabend. Die Ergebnisse der Aufarbeitung sollen Hagari zufolge öffentlich bekanntgegeben werden.

Die Times of Israel mutmaßte, die Auseinandersetzung der Armee mit eigenen Fehlern könne auch die Regierung unter Druck setzen, ihr eigenes Versagen in der Angelegenheit thematisieren zu müssen, was die Kritik der Minister motiviert haben dürfte. Netanjahu, gegen den schon seit Längerem ein Korruptionsprozess läuft, will eine Untersuchung erst nach dem Krieg. Kritiker werfen ihm vor, er zögere das Ende des Krieges hinaus, um sich an der Macht zu halten.

Pläne für Zeit nach dem Krieg

Auch die Berufung des früheren Verteidigungsministers Schaul Mofas an die Spitze der Untersuchungskommission sei auf scharfen Protest rechter Minister gestoßen, hieß es in israelischen Medien. Mofas hatte als Verteidigungsminister den Rückzug Israels aus dem Gazastreifen 2005 überwacht. Rechtsextreme Minister fordern nun jedoch eine Wiederbesiedlung des Gazastreifens nach dem Krieg und eine dauerhafte Militärpräsenz. Das lehnt Verteidigungsminister Joav Galant ab, dessen Plan für den „Tag danach“ vorsieht, die Palästinenser für den Gazastreifen in die Verantwortung zu nehmen.

Schwere Gefechte im Süden Gazas

Augenzeugen im südlichen Gazastreifen berichteten am Freitag indes von schweren Gefechten in der Gegend der Stadt Chan Junis. Ständig seien schwere Detonationen und Schüsse zu hören, berichtete ein dpa-Mitarbeiter. Die israelischen Truppen würden weiter in die Flüchtlingslager Nuseirat, Bureidsch und Maghasi vordringen. Bewohner seien mit Eselskarren auf der Flucht in Richtung Rafah und anderer Teile von Chan Junis sowie nach Deir al-Balah, hauptsächlich zu Orten, die von der israelischen Armee als sichere Gebiete angegeben worden waren. Lebensmittel seien knapp. Viele Menschen hätten nur noch prekäre Unterkünfte aus Plastikplanen.

Schreckliche Zustände

Ausländische Hilfsorganisationen berichteten über grausige Zustände in den wenigen noch im Gazastreifen arbeitenden Krankenhäusern. „Wir sehen Verletzungen, die überwiegend durch Explosionen und Splitter verursacht wurden“, wurde der leitende Chirurg des Universitätskrankenhauses Oxford und klinische Leiter des medizinischen Notfallteams, Nick Maynard, in einer Mitteilung der privaten Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) mit Sitz in New York zitiert. „Viele Erwachsene, Kinder und Babys werden mit traumatischen Amputationen von Armen und Beinen eingeliefert. Wir haben kleine Kinder mit den furchtbarsten Verbrennungen im Gesicht gesehen“, fügte Maynard hinzu.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte kurz nach Weihnachten mit, es seien nur noch 13 der ursprünglich 36 Krankenhäuser teilweise funktionsfähig. Sie seien völlig überbelegt und es fehle ihnen an Treibstoff, Medikamenten, Narkosemitteln, Lebensmitteln und Trinkwasser. Kleine Abhilfe schaffen Lieferungen aus dem Ausland.
Am Freitag warfen Flugzeuge der französischen und jordanischen Luftstreitkräfte sieben Tonnen humanitärer Hilfen und Medikamente für ein Feldlazarett in Chan Junis ab.

Die meisten Kinder unzureichend ernährt

Hilfsorganisationen können nach Angaben des UNO-Nothilfebüros (OCHA) seit Tagen keine dringend benötigte lebensrettende Hilfe in den Norden Gazas liefern. Wie OCHA mitteilte, seien die UNO und ihre Partnerorganisationen vier Tage lang nicht in der Lage gewesen, humanitäre Hilfe nördlich des Flusses Wadi Gaza zu liefern, da der Zugang verzögert oder verweigert worden sei und in dem Gebiet weiter gekämpft werde. Zu den dringend benötigten Hilfslieferungen gehörten auch Medikamente.

Auch die Lage für Minderjährige im Gazastreifen spitzt sich nach Angaben des UNO-Kinderhilfswerks (UNICEF) weiter zu. 90 Prozent aller 1,1 Millionen jungen Menschen in dem Küstenstreifen seien Ende Dezember einer Untersuchung zufolge nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt gewesen. Die Zahl der Durchfallerkrankungen sei extrem gestiegen.

red, ORF.at/Agenturen

Links:

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Hamas (Wikipedia)

WHO

UNO

ORF – Israel

BAHA NEWS – Israel

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