Tagesblick – 19.6.2025 Donnerstag

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FAZIT DES TAGES – oder: Nachrichten aus dem irrwitzigen Weltzirkus

  • Israel-Iran-Hamas-Hisbollah-Krieg: die Kriegsparteien fügen sich gegenseitig schwere Schäden zu. Weiter bestehende Eskalationsgefahr. Trump kryptisch, aber die USA dürften eine Beteiligung am Israel-Iran-Krieg vorbereiten.  Weitere KOMMENTARE.
  • Ukraine-Krieg: Status quo.
  • ZENTRALBANKEN: FED hält Zinssatz stabil. ANALYSE. 
  • USA: Dollar-Crash – ist der unmöglich? Nein, meint eine Wirtschaftswissenschaftlerin. Und dies trotz dollarschwächender Vorgänge. Folge der Zauberschutzwirkung namens Welt-Reservewährung.
  • CHINA und Hongkong: Wie ein Staat durch Vermögenssperren die Bürger unterjocht und bestraft.
  • DEUTSCHLAND: Gemeinschaftssteuern für Bund und Länder bringen ein Aufteilungsproblem immer wieder aufs Neue aufs Tapet. Klare Steuerhoheiten sind ein Gewinn für die Länder, den Bund und die Bürger: Demokratie, besser lebbar.
  • ÖSTERREICH verschärft das Waffengesetz.
    Finanzgebarung einer Stadtgemeinde am Beispiel Bleiburgs – Auf und Ab im Zeitverlauf. Für 2023 erhält die Finanzgebarung der Grenz- und Kulturstadt nur einen Vierer.

  • Weitere COMMENTS vorhanden

MÄRKTE – Vermögen wieder gewachsen. Gefahr droht von der Milchmädchenhausse: Kleinanleger treiben Aktienkurse in den USA.

WIRTSCHAFTSMELDUNGEN IM ÜBERBLICK

Themenreigen – RELIGION: Islam wächst und wächst, und das vor allem schnell.

Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!

Apropos Weltzirkus: Zirkus ist was für Kinder und Junggebliebene, Staunen und Lachen über die Clowns! Im Weltzirkus tummeln sich viele Zauberkünstler und Clowns. Lachen wir also, Lachen ist die beste Medizin gegen Depressionen. 

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MÄRKTE

DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen

DX-Punktestand heute, 9:18

DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures

07:15EUREX/Bund-Future im Frühhandel unverändert256Dow Jones News
07:09MÄRKTE ASIEN/Börsen von möglicher Eskalation des Nahostkrieges belastet363Dow Jones News
07:09EUREX/DAX-Future im frühen Handel niedriger333Dow Jones News
MiNACHBÖRSE/XDAX -0,0% auf 23.310 Pkt – Medios fester1.024Dow Jones News
MiAktien New York Schluss: Signale der Fed lassen Kurse fast unbewegt713dpa-AFX
MiMÄRKTE EUROPA/Krieg im Nahen Osten sorgt weiter für Zurückhaltung633Dow Jones News
MiAktien Schweiz etwas leichter – Datendiebstahl belastet UBS676Dow Jones News
MiAktien Europa Schluss: Leichte Verluste kurz vor US-Zinsentscheidung470dpa-AFX
MiAktien Wien Schluss: Kursverluste496dpa-AFX
MiUS-Anleihen: Kursgewinne vor US-Zinsentscheidung438dpa-AFX
MiROUNDUP/Aktien Frankfurt Schluss: Im Minus – Nahost-Krieg und US-Zinsen im Blick538dpa-AFX
MiDax lässt nach – Anleger blicken gespannt auf Fed-Entscheidung476dts Nachrichtenagentur
MiDeutsche Anleihen legen vor US-Zinsentscheidung etwas zu428dpa-AFX

Weltweite Privatvermögen steigen – Deutschland liegt zurück

FRANKFURT (dpa-AFX) – Das Wachstum der weltweiten Privatvermögen hat sich einer Studie zufolge 2024 beschleunigt – Deutschland aber hinkt hinterher. Nach einem Anstieg von 4,2 Prozent im Jahr 2023 wuchsen die Privatvermögen 2024 um 4,6 Prozent auf rund 470 Billionen US-Dollar, wie der „Global Wealth Report“ der Schweizer Großbank UBS zeigt. Den größten Zuwachs verzeichnete Nordamerika mit mehr als 11 Prozent dank hoher Kursgewinne an den Börsen und einem damals starken Dollar.

In Europa, dem Nahen Osten und Afrika gab es dagegen lediglich ein Plus von 0,4 Prozent. In mehr als der Hälfte der untersuchten 56 Märkte schrumpfte der untersuchte Wert der Finanzanlagen und Immobilien, so die UBS.

Deutschland nur im oberen Mittelfeld

Das Reichtums-Ranking wird erneut von der Schweiz angeführt, die Vermögende traditionell als sicheren Hafen schätzen. Dort kam ein Erwachsener 2024 durchschnittlich auf ein Vermögen von gut 687.000 Dollar, gefolgt von den USA mit 620.654 Dollar und Hongkong mit rund 601.000 Dollar. Deutschland als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt erreicht mit rund 257.000 Dollar pro Erwachsenem lediglich Rang 19 und liegt damit deutlich hinter Großbritannien und Frankreich.

Vermögen in Deutschland wachsen nur moderat

Die Privatvermögen in Deutschland haben 2024 vergleichsweise wenig zugelegt, schreibt die UBS. Das in Euro gemessene Durchschnittsvermögen sei inflationsbereinigt um weniger als 2,5 Prozent zum Vorjahr gewachsen.

Weniger als die Hälfte des Brutto-Privatvermögens Deutschlands bestehe aus finanziellen Werten, erklärt die Bank. Damit haben die Bundesbürger relativ wenig von den starken Börsen profitiert. Über zwei Drittel des Vermögens komme dagegen aus nicht-finanziellen Bereichen wie Land und Immobilien.

Sparer in Deutschland legen ihr Geld traditionell in Bankeinlagen an und scheuen häufig die Börse. Nach Angaben der Bundesbank stieg das Geldvermögen der privaten Haushalte Ende 2024 zwar auf den Rekordwert von rund 9.050 Milliarden Euro. Mehr als ein Drittel entfiel demnach aber auf Bargeld und Sichteinlagen. Vor allem Haushalte mit geringerem Budget bevorzugen solche Geldparkplätze aus Vorsicht.

Weltweit werden die Vermögen pro Erwachsenen in den nächsten fünf Jahren weiter zulegen, prognostizierte die UBS. Am schnellsten sollen sie in den USA wachsen, die allein fast 40 Prozent der weltweiten Dollar-Millionäre stellen, gefolgt von China./als/DP/jha

© 2025 dpa-AFX

Die Amateure haben Angst, den Börsenboom zu verpassen – sie riskieren damit schmerzhafte Verluste – Neue Zürcher Zeitung, 18.6.2025

Die Aktienkurse steigen und steigen – allen globalen Turbulenzen zum Trotz. Dahinter stecken vor allem unbedarfte Kleinanleger. Sie könnten dafür teures Lehrgeld zahlen.

«Solange die Musik spielt, muss man aufstehen und tanzen.» Diesen legendären Spruch machte Chuck Prince, der frühere Chef der Citigroup, im Sommer 2007. Von da an ging es an der Börse nur noch bergab. Die Finanzkrise brach aus, und amerikanische Aktien verloren innert zwei Jahren die Hälfte ihres Werts. Derweil war Prince seinen Job wenig später los.

Auch heute wieder spielt die Musik fröhlich an der Börse, und die Anleger tanzen. Praktisch alle Aktienindizes haben seit Jahresbeginn deutlich zugelegt, angeführt vom deutschen DAX mit einem Gewinn von beinahe 20 Prozent. Da verblasst im Vergleich die Zunahme von 7 Prozent beim Börsenindex SPI in der Schweiz. Selbst die zeitweise gebeutelte amerikanische Börse hat seit dem Tiefpunkt im April 20 Prozent zugelegt und liegt gegenüber Jahresbeginn im Plus.

Doch ist dieser Enthusiasmus gerechtfertigt? Ist die Welt heute eine bessere als noch Anfang 2025? Zweifel sind angebracht. Erstens ist die bisherige Ära der Globalisierung vorbei. Wie die neue Weltordnung aussehen wird und wie stark der Protektionismus um sich greift, bleibt zwar offen. Doch der von Donald Trump losgetretene Zollstreit wird den Welthandel und die globale Wirtschaft bremsen.

Der Dollar verliert an Vertrauen

Zweitens hat sich der geopolitische Machtkampf verschärft – namentlich zwischen den USA und China. Dass die Weltlage unsicherer geworden ist, verdeutlicht ebenso die Eskalation zwischen Israel und Iran. Die Beschleunigung der Schuldenspirale bildet drittens eine neue Gefahrenquelle. Nachdem Deutschland im März seine Schuldenbremse sistiert hat, plant nun auch die Regierung Trump unter dem Titel «Big Beautiful Bill» eine massive Ausweitung der Staatsverschuldung.

Die Anleihenmärkte reagieren mit Skepsis. Das Vertrauen in den Dollar, welches seit dem Start des Zollkonflikts ohnehin angekratzt ist, könnte weiteren Schaden nehmen. Die internationalen Gläubiger könnten den USA vermehrt den Rücken kehren. Was, viertens, ebenfalls gegen steigende Aktienkurse spricht, sind die Bewertungen, die im historischen Vergleich beinahe wieder auf Rekordniveau liegen. Das bedeutet, dass die Anleger derzeit von weiteren starken Gewinnsteigerungen ausgehen. Effektiv aber beziffert etwa die Bank Goldman Sachs das Rezessionsrisiko in den USA auf 30 Prozent.

Bemerkenswert ist, wo die unverdrossene Zuversicht an der Börse herkommt. Besonders in den USA sind es die Kleinanleger, welche die Kurse nach oben treiben. Sie haben den Absturz nach dem «Liberation Day» im April genutzt, um zu günstigen Preisen zuzugreifen – «buy the dip» heisst die Methode im Börsenjargon. Statistiken zeigen, dass Kleinanleger rekordhohe Summen in amerikanische Aktien investiert haben. Für den Moment ist ihre Wette aufgegangen, und der Risikoappetit wurde belohnt.

Profis geisseln Selbstzufriedenheit

Die Gefahr besteht allerdings, dass es sich bei diesem Kursfeuerwerk lediglich um ein «sucker rally» handelt. In diesem Fall aber würden unerfahrene, leichtgläubige Anleger (die «suckers» oder zu Deutsch Dummköpfe) in eine Falle tappen, die sie dereinst mit schmerzhaften Verlusten bezahlen müssten.

Es fällt auf, wie sehr die Euphorie der Amateure mit dem Misstrauen der Profis kontrastiert. So warnte kürzlich der mächtigste Bankchef der Welt, Jamie Dimon von der amerikanischen Grossbank JP Morgan, vor einem «ausserordentlichen Mass an Selbstzufriedenheit» an den Märkten. Ray Dalio wiederum, der Gründer des weltgrössten Hedge-Fund Bridgewater, vergleicht die Lage mit einem Boot, das auf einen Felsen zusteuert, während die Insassen darüber debattieren, auf welche Seite sie wenden sollen.

Natürlich können die Pessimisten falschliegen. Doch der Test für all jene, die jetzt zugekauft haben, wird kommen. Wenn die nächste Erschütterung an den Märkten auftritt, wird sich zeigen, wer die Nerven bewahrt. Zu befürchten ist allerdings, dass just die heutigen Optimisten dann verschreckt ihre Aktienbestände auf den Markt werfen – und die Talfahrt damit noch beschleunigen. Obschon die Musik an der Börse vorerst weiterspielt: Es kann nicht schaden, schon jetzt die Misstöne ernst zu nehmen.

GESELLSCHAFTSSEISMOGRAPH BÖRSEN

findet sich am Ende des Tagesblicks

HELLMEYER (Märkte u.a.m.)

ZEITGEIST – ZEITDIAGNOSEN

KOMMENTAR: Die Regenbogenfahnen werden eingerollt. Das ist gut so – Birgit Schmid, Neue Zürcher Zeitung, 19.6.2025

Spätestens seit Trumps Wahl ist es nicht mehr populär, Diversität zu propagieren: Viele Firmen haben sich vom Pride-Monat abgemeldet. Vielfalt und Teilhabe sollten selbstverständlich sein, ohne dass dies ständig und überall betont werden muss.

Was wurde in den vergangenen Jahren nicht alles in das bunte Bekenntnis investiert. Jeden Juni war es wieder so weit. Die Unternehmen rollten die Regenbogenfahne über ihre Gebäudefassaden aus und färbten ihre Internet-Accounts damit ein. In ganzseitigen Zeitungsinseraten beteuerten die grossen Konzerne gemeinsam, dass «jede*r» willkommen sei bei ihnen – egal, wer sie seien, egal, wen sie liebten.

Hochschulen hissten die Fahne auf ihren Giebeln. Kosmetikfirmen gestalteten ihre Produkte in Regenbogendesign, Bäckereien steckten kleine farbige Papierflaggen auf Zahnstochern in ihre Brötchen. Fussballstadien wurden in den Farben des Regenbogens beleuchtet, so während der Fussball-Europameisterschaft letztes Jahr die Münchner Arena während zweier spielfreier Tage.

Die Medien boten ein Begleitprogramm, indem sie Transmenschen auf dem Weg ins gefühlte Geschlecht porträtierten oder auf die Hürden hinwiesen, die gleichgeschlechtliche Paare mit Kinderwunsch noch immer nehmen müssten.

Sponsoren springen ab

Nun sind die verbalen und nonverbalen Statements zu Diversität und Inklusion in diesen Tagen nicht komplett aus dem öffentlichen Raum verschwunden. Es ist Pride-Monat, in dem die queere Gemeinschaft weltweit ihre Vielfalt feiert und für mehr Sichtbarkeit demonstriert.

Doch dieses Jahr ist die Begeisterung der Wirtschaft verhalten bis inexistent. Das zeigt sich nicht nur am eingerollten Regenbogen. Zwei grosse langjährige Sponsoren der Zurich Pride, die dieses Wochenende stattfindet, sind abgesprungen. Dies bedeutet 150 000 Franken weniger für das Festival.

Auch die finanzielle Unterstützung von internationalen Firmen wie der UBS und Google steht offenbar auf dem Spiel. So befürchten es die Veranstalter. Auch habe es dieses Jahr auf Sponsorenanfragen viele Absagen gegeben. Dasselbe hört man von den Pride-Festivals von Berlin bis New York.

Die Stimmung hat gedreht, und auch wenn die einstigen Geldgeber es offiziell so nicht sagen: Mit ein Grund dafür ist die Politik von Donald Trump, der den woken Zeitgeist für beendet erklärt hat. Auf Druck von Trump streichen Firmen ihre Diversitätsprogramme. Da passt auch ein Auftritt an der schrillsten, buntesten und lautesten Party der Schweiz nicht mehr dazu.

Es brauchte nur einen Machtwechsel in den USA, um von Anliegen abzurücken, mit denen man sich bisher auszeichnete. In den letzten Jahren hat die Identitätspolitik dermassen den gesellschaftlichen Diskurs bestimmt, dass alle daran teilhaben wollten. Denn es war der Diskurs der Guten im Kampf für soziale Gerechtigkeit. Das hatte zur Folge, dass an Universitäten, in Firmen und in der Politik Identität mehr zählte als Exzellenz: Leistung wurde vielerorts zweitrangig, es reichte, die richtige Herkunft, Hautfarbe und das richtige Geschlecht zu haben.

Trump beendet Pinkwashing

Die Abkehr der Wirtschaft zeugt von Opportunismus. Dieser zeigte sich oft bereits darin, dass internationale Unternehmen genau darauf achteten, in welchen Ländern sie ihre Firmenlogos während des Pride-Monats in Regenbogenfarben abbildeten. Viele verzichteten wohlwissend darauf in Ländern, in denen sich Homosexuelle strafbar machen und gefoltert und getötet werden – das Engagement also umso nötiger wäre.

Im Westen hingegen brauchte es längst keinen Mut mehr, sich via Regenbogen mit der queeren Gemeinschaft zu solidarisieren. Eher gab es einen Zwang, bei der jährlichen Folklore mitzumachen. Als könnte man unter Verdacht geraten, etwas gegen Toleranz und Vielfalt zu haben, wenn man es nicht tat.

So verkam Diversität zum Selbstzweck und der Begriff zur Plattitüde, je demonstrativer ein Bekenntnis dazu gemacht wurde. Das Ende der «Verregenbogisierung», wie es der «TAZ»-Autor Jan Feddersen einmal genannt hat, ist deshalb zu begrüssen.

Das müsste im Grunde auch die LGBTQ-Community so sehen. Sie selber hat das sogenannte Pinkwashing immer kritisiert und das Engagement der Wirtschaft für queere Anliegen als reine PR zur Gewinnsteigerung abgetan: Man streiche einmal im Jahr die eigene Tugendhaftigkeit heraus, um sich dann zurückzulehnen und während elf Monaten wieder nichts für Inklusion und Gleichberechtigung zu tun.

Es hat eine gewisse Ironie: Trump ist es zu verdanken, dass er die Scheinheiligkeit der Wirtschaft beendet hat, an der sich die queere Gemeinschaft so störte.

Firmen halten Werte intern hoch

Doch dass die Firmen in der Schweiz, in Deutschland oder den USA sich nicht um Werte wie Vielfalt und Chancengleichheit scheren, stimmt gerade nicht. Viel eher muss man bei der jetzigen Abkehr vom Vorzeigen des Engagements für Homo- und Transsexuelle zu dem Schluss kommen: Gleichberechtigung und Inklusion sind in den allermeisten Unternehmen selbstverständlich. Deshalb war das Hissen der Regenbogenfahne in den letzten Jahren so paradox.

Selbst wenn sich Firmen an der Pride nicht mehr beteiligen als Sponsoren, heisst das nicht, dass sie Transpersonen künftig von Stellenbewerbungen ausschliessen oder Schwule am Arbeitsplatz Mobbing befürchten müssen.

Die Swisscom, eine der beiden bei der Zurich Pride abgesprungenen Sponsoren, betont: Ihr Entscheid habe nichts damit zu tun, dass sich die Werte der Firma verändert hätten. Auch die Pharmafirma Gilead sagte gegenüber der NZZ: Trotz Rückzug vom queeren Festival stehe man weiterhin für «Exzellenz, Inklusion, Integrität und Teamarbeit» ein. Alles andere hätte erstaunt.

Eine Kultur der Toleranz und des Respekts wird heute in Unternehmen und an Universitäten grossgeschrieben. Sie endet nicht, nur weil Trump fordert, kein Geld mehr für Schulungen auszugeben, in denen Angestellte wie Kinder behandelt werden, als hätten sie noch nie davon gehört, dass man Arbeitskollegen freundlich begegnen soll. Abgesehen davon bezweifeln selbst Fachleute, ob solche Sensibilisierungsprogramme tatsächlich wirken.

Bitte keine Ideologisierung der Bodylotion

So verhält es sich auch mit dem Regenbogen im öffentlichen Raum, der bei vielen Leuten Abwehrreflexe hervorruft. Es ist nicht an der Kosmetikfirma, den Konsumenten ihre Gesinnung in gesellschaftlichen Fragen aufzudrängen. Als Konsument will man bloss eine Gesichtscrème oder Bodylotion verwenden, die ihr Geld hoffentlich wert ist, und nicht darüber belehrt werden, wie man die Welt verbessern kann.

Die finanziellen Folgen des Anbiederns an die Wokeness-Ideologie bekamen Firmen schon vor Trump zu spüren. Die Kunden wehrten sich, indem sie die Produkte boykottierten. Der Umsatz des Unterwäsche-Labels Victoria’s Secret sank, als es auf Druck von LGBTQ-Aktivisten mehr dicke und Transgender-Models engagierte. Die Modefirma Calvin Klein warb 2022 mit einem schwangeren Transmann und kassierte einen Shitstorm. Der Verkauf der Biermarke Bud Light brach 2023 ein, als der Hersteller auf eine Transgender-Influencerin setzte.

Normalisierung jenseits des woken Dogmas

Der Höhepunkt einer Bewegung, die immer radikaler wurde, scheint überschritten. Vieles wirkt heute befremdlich am Hype um immer neue sexuelle Identitäten, an dem sich die Medien aktivistisch beteiligten. Nach dem ESC-Sieg von Nemo erstellten Journalisten Glossare, wie man eine nonbinäre Person anzusprechen habe. Nur ein Jahr ist es her.

Der Gender-Diskurs wurde dogmatisch: Die Forderung nach Toleranz zeichnete sich durch Intoleranz aus. Eine Minderheit verlangte von der Mehrheit, sich ihr anzupassen. So stiess man selbst Menschen ab, die den Gedanken hinter Diversität befürworten und für die selbstverständlich ist, dass jeder so leben soll, wie er will, solange er dadurch nicht die Freiheit und die Rechte anderer beschneidet.

Durch die Ideologisierung der Bewegung werden selbst queere Menschen abgehängt, die unauffällig und in Ruhe leben wollen. Valerie Wilms, die erste Transfrau im Deutschen Bundestag, ist deshalb aus der Partei der Grünen ausgetreten. In ihrer Autobiografie «Meine zwei Leben» rechnet sie mit dem woken Zeitgeist ab.

Dani Sophia, die junge Gitarristin des Rammstein-Sängers Till Lindemann, ist ebenfalls transsexuell und kritisierte kürzlich auf Instagram den Pride-Monat. Sie möchte «keine Flaggen in den Strassen schwenken», schrieb sie, sondern bloss «Gitarre spielen und mein Leben leben»: «Ich brauche keine Leute, die für mich Paraden abhalten. Ich brauche keine Capitol-Gebäude, an denen grosse Pride-Flaggen gehisst werden. Ich brauche keine Limited-Edition-Regenbogen-Apple-Watch-Armbänder oder Regenbogen-Schneekugeln.»

Beide sind sie besorgt mit Blick auf die USA und Trump, dass nach Jahren einer exzessiven Identitätspolitik die Stimmung in eine neue Feindlichkeit gegenüber Menschen wie ihnen kippen könnte. Dagegen würde auch das Schwenken der Regenbogenfahne wenig helfen.

Trotz abgeflauter Begeisterung von Politik, Wirtschaft und der Öffentlichkeit darf die bunte Party immer noch ausgelassen gefeiert werden, hier wie dort. An diesem Punkt zeigt sich, wie viel die queere Kultur erreicht hat und wie viele ihrer Werte sich durchgesetzt haben, ohne dass man sie sich bei jeder Gelegenheit aufs Banner schreiben muss. Jenseits des woken Dogmas findet eine Normalisierung statt.

ISRAEL-IRAN-HAMAS-HISBOLLAH-KRIEG

19.06.2025 08:34

Mindestens 32 Verletzte Israelische Klinik bei Raketenangriff getroffen

Der Iran nimmt in der Nacht gleich mehrere Regionen Israels ins Visier. Es kommt zu Raketeneinschlägen – auch zwei Kliniken werden beschädigt. Insgesamt werden mindestens 32 Menschen verletzt. Israels Streitkräfte fordern derweil zwei Ortschaften im Iran zur Evakuierung auf.

19.06.2025 07:30

Trump hat mögliches Ziel im Auge Insider: USA bereiten sich auf baldigen Angriff auf Iran vor

Greift Donald Trump im Nahost-Krieg ein? „Vielleicht tue ich es. Vielleicht tue ich es nicht“, sagt er erst distanziert. Doch jetzt werden Berichte bekannt, wonach US-Angriffspläne auf den Iran bereits von ihm abgesegnet seien. Der US-Präsident warte nur noch auf den richtigen Zeitpunkt.

19.06.2025 04:38

US-Präsident hält sich bedeckt Netanjahu dankt Trump für seine Unterstützung

Im Krieg Israels gegen das iranische Atomprogramm und „Ayatollah-Regime“ spielt Trump mit dem Gedanken, Netanjahu auch aktiv zu unterstützen. Der israelische Staatschef dankt dem US-Präsidenten in einer Fernsehansprache. Darin gibt er auch ein Update, welche Ziele getroffen wurden.

19.06.2025 03:40

Wadephul bei Maischberger Regime in Iran „Heimsuchung für das iranische Volk“

Bundesaußenminister Wadephul kritisiert bei Sandra Maischberger das Regime in Iran heftig. Dennoch will der CDU-Politiker mit dem iranischen Außenminister am Freitag über ein Ende des Krieges mit Israel verhandeln. An eine Einmischung aus den USA glaubt er derzeit eher nicht. Von Marko Schlichting

19.06.2025 02:30

„So gefreut, zu Hause zu sein“ Israel-Rückkehrer erleichtert in Frankfurt gelandet

Seitdem Israel mit dem Iran Krieg führt, gibt es keine Direktflüge nach Deutschland. Über Jordanien organisiert das Auswärtige Amt eine Rückkehrmöglichkeit für Reisende, die vielfach in Tel Aviv festsaßen. Nach der Landung ist die Erleichterung groß. Einige fühlten sich zu wenig betreut.

19.06.2025 00:13

Nahost-Krieg im Liveticker +++ 10:15 Hamas-Behörden: Israel tötet 15 Menschen an Ausgabestelle von Hilfsgütern +++

18.06.2025 23:49

„Müssen tun, was wir tun müssen“ Trump will „totalen, vollständigen Sieg“ über den Iran

Wie stark wollen sich die USA im Krieg zwischen Israel und dem Iran engagieren? US-Präsident Trump vermeidet dazu eine klare Aussage. Bei der Formulierung der Ziele geht er allerdings in die Vollen. Auch von einem erneuten Treffen im streng gesicherten „Situation Room“ ist die Rede.

18.06.2025 22:00

Nahost-Krieg im Liveticker +++ 21:40 „Schändliche Äußerungen“: Teheran bestellt deutschen Botschafter ein +++

18.06.2025 21:56

Regime kappt Netz und Telefon Irans Staats-TV zeigt plötzlich Protestbilder

Während die iranische Bevölkerung unter israelischem Beschuss besonders auf Informationen angewiesen ist, blockiert das Regime das Internet. Auch Telefonverbindungen sind gestört. Im Fernsehen erscheinen plötzlich Bilder der Proteste von 2022 – jene, die das Regime einst an den Rand des Sturzes brachten.

18.06.2025 17:58

Greifen die USA den Iran an? Trump: „Ich könnte es tun – ich könnte es nicht tun“

Donald Trump heizt mit seinen Äußerungen zum Nahost-Konflikt die Spekulationen über einen möglichen Kriegseintritt der USA weiter an. Der Präsident erneuert seine Drohungen – und behauptet, der Iran wolle mit ihm verhandeln. Teheran dementiert die „verabscheuungswürdigen Lügen“.

18.06.2025 17:20

Frieden nur mit Palästinensern Netanjahu verspricht Sicherheit – doch das ist ein Trugschluss

Mit dem Krieg gegen den Iran geht Netanjahu ein Risiko ein. Gut möglich, dass es sich für ihn auszahlt. Wer sich allerdings ernsthaft um Israels Sicherheit sorgt, sollte die Politik des Ministerpräsidenten nicht bedingungslos mittragen. Ein Kommentar von Marc Dimpfel

18.06.2025 16:57

Zentrale der Ordnungskräfte Israel: Hauptquartier für Innere Sicherheit in Teheran zerstört

Israels Angriffe auf den Iran gehen weiter – und treffen nun offenbar auch zentrale Sicherheitsorgane des Regimes. Nach israelischen Angaben wird das Hauptquartier für Innere Sicherheit zerstört – „das wichtigste Unterdrückungsorgan des Diktators Chamenei“.

18.06.2025 16:23

Sonderflüge aus Israel via Amman Für Ausreise aus Iran bleiben nur noch wenige Wege offen

Eine Entspannung im Israel-Iran-Krieg ist nicht in Sicht. In beiden Ländern sitzen Tausende Deutsche fest. Für Ausreisewillige in Israel organisiert das Auswärtige Amt nun Sonderflüge aus dem benachbarten Jordanien. Wer im Iran festsitzt, hat schlechtere Karten.

18.06.2025 15:59

„Skandal, Doppelmoral, Wortwahl“ Merz‘ Aussage zu Israels „Drecksarbeit“ löst scharfe Kritik aus

Kanzler Merz zollt in einem Interview Israel Repekt für das militärische Vorgehen gegen den Iran. Aus seiner Sicht mache Israel „die Drecksarbeit“ für den ganzen Westen. Dieses Zitat sorgt im Nachgang für mächtig Wirbel. Parteiübergreifend bekommt der CDU-Politiker dafür heftig Feuer.

18.06.2025 15:03

Enttäuschung in Teheran Lässt Putin den Iran im Nahost-Konflikt im Stich?

Vollmundig verkündete Kremlchef Putin eine offizielle strategische Partnerschaft mit dem Iran. Im Krieg gegen Israel könnte Teheran Russlands Hilfe gebrauchen, doch aus Moskau kommt bisher wenig.

18.06.2025 12:40

„Tod Chamenei“ „Dachproteste“ und angespannte Stimmung in Teheran

Seit Tagen beschießt Israel den Iran – und das Leben in Teheran steht weitgehend still. Viele versuchen noch, die Hauptstadt zu verlassen. Andere machen ihrem Ärger Luft.

18.06.2025 10:59

CDU-Politiker Throm im Frühstart „Kirchen stellen sich auf die falsche Seite“

Der Krieg zwischen Israel und dem Iran könnte eine neue Flüchtlingswelle in Bewegung setzen, fürchtet der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm. Das Kirchenasyl sieht Throm kritisch: Die Kirchen unterliefen europäisches Recht.

18.06.2025 10:38

Erste Rückholflüge gestartet Flugzeug mit gestrandeten Israelis landet in Tel Aviv

Israel bleibt im Kriegszustand. Seit Freitag sind alle Flüge von und nach Israel ausgesetzt. Doch heute landet erstmals wieder ein Flugzeug mit israelischen Staatsbürgern in Tel Aviv. Tausende Menschen müssen weiter auf ihre Rückkehr warten.

18.06.2025 10:36

US-Beamte besorgt Israel gehen „Arrow“-Abwehrraketen angeblich aus

Dank des Abwehrsystem „Arrow“ kann Israel anfliegende Raketen in bis zu über 100 Kilometern Höhe zerstören. Doch jetzt könnte es Probleme geben, wie ein US-Medienbericht nahelegt.

18.06.2025 08:17

Über 50 Jets fliegen Angriffe Israel trifft iranische Fertigungsanlagen für Zentrifugen und Waffen

Die Kämpfe zwischen dem Iran und Israel gehen unvermindert weiter. Bei verschiedenen Angriffen in der Nacht gelingen dem israelischen Militär Schläge gegen wichtige iranische Waffenproduktionsanlagen. Teheran reagiert entsprechend.

18.06.2025 06:58

Unklar, „was danach kommt“ Macron: „Militärischer Regimewechsel im Iran würde Chaos bedeuten“

Die Kämpfe zwischen Israel und dem Iran dauern weiter an. So bleibt es nicht aus, dass Forderungen nach einer neuen iranischen Staatsführung laut werden. Der französische Präsident Macron stellt sich dem entgegen.

ISRAEL-IRAN-KRIEG im n-tv Liveticker

+++ 10:15 Hamas-Behörden: Israel tötet 15 Menschen an Ausgabestelle von Hilfsgütern +++
Bei Angriffen der israelischen Armee im Gazastreifen werden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Zivilschutzes mindestens 18 Menschen getötet. 15 von ihnen seien ums Leben gekommen, während sie auf die Ausgabe von Hilfsgütern warteten, teilt die Zivilschutz-Behörde mit. Drei weitere Todesopfer habe es bei Angriffen nahe der Stadt Gaza gegeben. Die Hamas-Behörden im Gazastreifen haben der israelischen Armee schon mehrfach die Tötung von Menschen vorgeworfen, die sich in der Nähe von Verteilzentren für Hilfsgüter versammelt hatten.

Frieden nur mit Palästinensern Netanjahu verspricht Sicherheit – doch das ist ein Trugschluss

COMMENT: Dies ist nicht der erste Vorwurf, Israel töte Palästinenser an Lebensmittel-Ausgabestellen. Videos zeigen, dass es arabisch gekleidete Menschen sind, die auf die Menschen schießen, die an den Ausgabestellen der US-israelischen Stiftung stehen, nicht aber israelische Soldaten. Es sind die Hamas-Behörden, die solche Bluttaten vermelden. Alles klar?

Der mediale Krieg wird seit Jahren von der Hamas geführt, die die Schrecklichkeit Israels der Weltöffentlichkeit mit Bildern vor Augen führen soll. Das ist hier nicht anders.

Wer sich in Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern versteckt, um möglichst nicht angegriffen zu werden, das ist die Hamas. Der ist es egal, ob die in Gaza lebenden Menschen zu Schanden kommen, wenn sie an diesen Orten angegriffen werden.

+++ 09:53 Japaner sollen aus Israel und dem Iran ausgeflogen werden +++
Die japanische Regierung trifft Vorbereitungen, um japanische Staatsbürger in Israel und dem Iran in Sicherheit zu bringen. Angesichts der „zunehmend angespannten Situation im Nahen Osten“ seien Flugzeuge der Armee nach Dschibuti verlegt worden, sagt der japanische Regierungssprecher Yoshimasa Hayashi. Die japanischen Botschaften in Israel und dem Iran bereiten sich demnach darauf vor, Bürger mit Bussen in benachbarte Länder zu bringen. Flugzeuge würden „in Bereitschaft stehen, um sofort reagieren zu können, sollte der Transport japanischer Staatsbürger nötig werden“, sagt Hayashi. Nach Schätzungen des japanischen Außenministeriums befinden sich etwa tausend Japaner in Israel und etwa 280 im Iran.

+++ 09:28 US-Angriffsplan auf Iran steht +++
Sollte sich die USA in den aufflammenden Krieg in Nahost einmischen? ntv-Korrespondent Gordian Fritz unterstreicht, dass sich – anders als sonst üblich – viele Republikaner aktuell gegen Trump stellen. Selbst einer seiner größten Befürworter greift ihn nun an.

Fritz: Angriffsplan auf Iran steht Trump bekommt Gegenwind aus ungewohnter Richtung

+++ 09:15 Israel: „Hisbollah“-Kommandeur im Libanon eliminiert +++
Die israelische Armee tötet nach eigenen Angaben im Süden des Libanon einen Hisbollah-Kommandeur. Wie die Streitkräfte auf x berichten, soll Yassin Abdel Menam Ezz al-Din „eliminiert“ worden sein. Dessen Taten stellten einen „eklatanten Verstoß“ gegen die Vereinbarungen zwischen Israel und dem Libanon dar. Israell kündigt zugleich weitere Angriffe an: „Die israelischen Streitkräfte beobachten und vereiteln weiterhin die Versuche der Terrororganisation Hisbollah, unter dem Deckmantel des Krieges mit dem Iran die Bereitschaft zu fördern, dem Staat Israel Schaden zuzufügen, und werden weiterhin daran arbeiten, jegliche Bedrohung für die Bürger des Staates Israel auszuschließen.“

+++ 08:52 Israel: Auch Atomanlage in Natans angegriffen +++
Die israelische Armee bombardiert in der Nacht nach eigenen Angaben die Atomanlage in Natans. In Natans lässt die iranische Regierung Uran anreichern. Die israelische Armee hatte die Anlage bereits zum Beginn ihres Großangriffs auf den Iran bombardiert. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte am Sonntag gesagt, dass dabei die wichtigste Urananreicherungsanlage in der Atomanlage zerstört worden sei.

+++ 08:33 Iran seit über zwölf Stunden offline +++
Die Menschen im Iran sind wegen der Abschaltung des Internets weitestgehend von der globalen Kommunikation abgeschnitten. Der Iran sei nun seit über zwölf Stunden offline, berichtet die Organisation Netblocks, die vor allem für die Beobachtung von Internetsperren bekannt ist. „Die Maßnahme behindert weiterhin den Zugang der Bürger zu Informationen in einer kritischen Zeit“, so die Nichtregierungsorganisation. Die Nachrichtenagentur Mehr hatte am Mittwoch eine Mitteilung des Kommunikationsministeriums zitiert. Demnach erfolgt die Einschränkung „aufgrund des Missbrauchs des nationalen Kommunikationsnetzes durch den feindlichen Aggressor für militärische Zwecke und zur Gefährdung von Leben und Eigentum unschuldiger Menschen“.

+++ 08:12 Mindestens 32 Verletzte nach Raketenangriff auf israelische Klinik +++
Israels Außenministerium bestätigt einen „direkten Einschlag“ auf das Soroka-Krankenhaus im Süden des Landes. Ein Krankenhaus-Sprecher erklärt, der Angriff habe „in mehreren Bereichen schwere Schäden verursacht“. In dem Krankenhaus werden unter anderem viele beim israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen verwundete Soldaten behandelt. Mindestens 32 Menschen seien bei dem Angriff in Beerscheba verletzt worden, teilen Rettungskräfte mit.

+++ 07:51 US-Botschaft in Katar ruft zu erhöhter Wachsamkeit auf +++
Die US-Botschaft in Katar beschränkt aus Sicherheitsgründen für ihr Personal den Zugang zum größen amerikanischen Militärstützpunkt im Nahen Osten. Es handelt sich dabei um die Al Udeid Air Base in der Wüste bei Doha. Die Botschaft ruft ihre Mitarbeiter und US-Staatsangehörige in Katar angesichts anhaltender regionaler Feindseligkeiten zu erhöhter Wachsamkeit auf.

+++ 07:29 Iranische Rakete trifft Klinik im Süden Israels +++
Bei einem massiven iranischen Raketenangriff auf Israel wird nach Medienberichten auch ein Krankenhaus im Süden des Landes getroffen. In der Soroka-Klinik in der Wüstenstadt Beerscheva sei eine Rakete eingeschlagen, berichten mehrere Medien übereinstimmend. Auch in anderen Orten Israels, auch im Großraum Tel Aviv, gibt es demnach Einschläge. Insgesamt seien mindestens 25 Menschen verletzt worden. Zwei seien schwer verletzt aus Trümmern geborgen worden.

Siebenjährige Nastia hatte Krebs Iranische Rakete tötet Familie aus der Ukraine – der Vater kämpft an der Front

+++ 07:12 Iran meldet Angriff in Nähe von Schwerwasser-Forschungsreaktor +++
Israel greift nach iranischen Angaben ein Gebiet in der Nähe des Schwerwasser-Forschungsreaktors in Chondab an, der Teil des iranischen Atomprogramms ist. Die Anlage sei vor dem Angriff evakuiert worden und es bestehe kein Strahlungsrisiko, meldet die Nachrichtenagentur Insa unter Berufung auf offizielle Angaben. Der Forschungsreaktor war teilweise fertiggestellt und hieß zuvor Arak. Der Iran hatte der Atomaufsichtsbehörde der Vereinten Nationen mitgeteilt, dass die Anlage im kommenden Jahr in Betrieb gehen solle.

+++ 07:04 Luftalarm in mehreren Teilen Israels +++
In mehreren Teilen Israels wird am frühen Morgen Luftalarm ausgelöst worden. Grund dafür seien „Raketen aus dem Iran“, die in Richtung Israels abgefeuert worden seien, erklärt die israelische Armee bei Telegram. Reporter berichten von Explosionen, die in Tel Aviv und Jerusalem zu hören waren.

+++ 06:43 Bolton sieht 50:50-Wahrscheinlichkeit, dass Trump eingreift +++
Donald Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton glaubt nicht, dass der US-Präsident an den Plänen Israels zum Krieg gegen Iran beteiligt war. „Er wollte mit Iran verhandeln. Er wird den Israelis gesagt haben, dass er nicht will, dass sie angreifen. Und dann haben sie es trotzdem getan“, sagt Bolton dem „Spiegel“. Trump wolle sich nun selbst als Akteur inszenieren, glaubt Bolton. Er sieht die Wahrscheinlichkeit, dass Trump nun in den Krieg eingreift bei 50:50. „Vielleicht wird Trump noch einmal versuchen, seinen Sondergesandten Steve Witkoff mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi zusammenzuschalten“, so Bolton. „Aber ihm ist auch klar: Wenn das Ganze damit endet, dass das Regime in Iran fällt – was zumindest möglich ist –, dann würde das einen Epochenbruch im Nahen Osten bedeuten. Und das alles, ohne dass Donald Trump etwas damit zu tun hatte? Bibi Netanyahu auf dem Cover des ‚Time Magazine‘? Solche Gedanken sind unerträglich für Trump.“

+++ 06:15 Kritik an „Drecksarbeit“-Äußerung – Israels Botschafter nimmt Merz in Schutz +++
Israels Botschafter Ron Prosor begrüßt die von Bundeskanzler Friedrich Merz geäußerte Unterstützung für Israels Angriff auf die iranischen Atomanlagen und nimmt den CDU-Vorsitzenden gegen Kritik an seiner Wortwahl in Schutz. „Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Realitäten im Nahen Osten mit seiner Wortwahl klar beschrieben“, sagt Prosor. Merz hatte am Rande des G7-Gipfels in Kanada im ZDF gesagt: „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle.“ Er wurde dafür von Politikern der Opposition und der SPD scharf kritisiert.

COMMENT: Die ihn interviewende Journalistin hat den kräftigen Ausdruck verwendet, Merz hat darauf unbedacht zurückgegriffen. Das sollte man wissen. In der Sache zutreffend, ist dies keine der Diplomatensprache zugeordnete Vokabel. Israel lehnt sich bei diesem Krieg weit aus dem Fenster. Sollte die Zerstörung des Atomprogramms gelingen, dann ist das ein Faktum, dass der ganzen Welt nützte.

„Skandal, Doppelmoral, Wortwahl“ Merz‘ Aussage zu Israels „Drecksarbeit“ löst scharfe Kritik aus

+++ 05:44 Insider: USA planen Angriff auf Iran am Wochenende +++
Die USA bereiten sich einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge auf einen möglichen Angriff auf den Iran in den kommenden Tagen vor. Unter Berufung auf Insider heißt es, die Situation entwickle sich weiter und könnte sich noch verändern. Einige der Insider verweisen dem Bericht nach auf mögliche Pläne für einen Angriff am Wochenende. Am Mittwoch war US-Präsident Donald Trump Fragen von Reportern ausgewichen, ob ein Angriff der US-Armee auf den Iran geplant sei: „Niemand weiß, was ich tun werde.“

+++ 04:42 Kanzleramtschef nennt Irans Führung „Terrorregime“ +++
Kanzleramtschef Thorsten Frei verteidigt die von Kanzler Friedrich Merz geäußerte Unterstützung für die israelischen Angriffe auf den Iran. „Das, was der Bundeskanzler ausgedrückt hat mit seinen Worten war, dass es auch in unser aller Interesse nicht sein kann, dass ein Terrorregime wie das iranische Mullah-Regime in Besitz der Atomwaffe ist“, sagt der CDU-Politiker. Es gehe aber nicht nur um die Atomwaffen. „Auch die Raketentechnologie im Iran ist so, dass Mittelstreckenraketen eben sehr weitreichende Ziele auch in Europa erreichen können. Und deshalb können wir nicht so tun, als ginge uns das alles nichts an“, sagt Frei.

+++ 03:47 Netanjahu dankt Trump für die „Unterstützung“ +++
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu dankt US-Präsident Donald Trump für die „Unterstützung“ bei der Verteidigung seines Lands gegen den Iran. Trump sei ein „großer Freund des Staates Israel“, sagt Netanjahu in einer Fernsehansprache. „Ich danke ihm dafür, dass er uns zur Seite steht, und ich danke ihm für die Unterstützung, die die Vereinigten Staaten uns bei der Verteidigung des israelischen Luftraums gewähren.“ Israel schreite in seinem am 13. Juni begonnenen Vorgehen gegen den Iran „Schritt für Schritt“ hin zur Beseitigung der nuklearen Bedrohung des Iran und seiner ballistischen Raketen, sagt Netanjahu weiter. Die israelische Armee treffe das „Ayatollah-Regime“ im Iran mit „enormer Kraft“: Getroffen würden „ihr Atomprogramm, ihre Raketen, ihre Hauptquartiere, ihre Symbole der Macht“. Zugleich räumt Netanjahu ein, es seien „schwere und schmerzhafte Verluste“ für Israel zu beklagen.

US-Präsident hält sich bedeckt Netanjahu dankt Trump für seine Unterstützung

+++ 02:47 Irans Vizeaußenminister warnt USA vor Kriegseintritt +++
Irans Vizeaußenminister Madschid Tacht-Rawantschi droht den USA für den Fall eines Kriegseintritts an der Seite Israels mit Vergeltung. „Wenn die Amerikaner beschließen, sich militärisch einzumischen, haben wir keine andere Wahl, als Vergeltung zu üben, wo immer wir Ziele finden, auf die wir reagieren müssen“, sagt Tacht-Rawantschi in einem Interview des US-Senders CNN. Der Iran würde sich dann selbst verteidigen, betont er. Wenn sich die Amerikaner direkt einmischen würden, seien dem Iran nicht die Hände gebunden. „Wir werden alles tun, was nötig ist, um unser Volk und unsere Interessen zu schützen“, betont der Vizeaußenminister.

Gerlach zu Nahost-Pulverfass „Krieg würde Geschäftsmodell der Golfstaaten zerstören“

+++ 01:46 Wadephul will iranischen Außenminister treffen +++
Außenminister Johann Wadephul und seine Kollegen aus Frankreich und Großbritannien wollen am Freitag den iranischen Außenminister Abbas Araghtschi treffen. Es sei ein Gespräch in Genf geplant, heißt es aus Diplomatenkreisen in Berlin. Wadephul wolle eine konzertierte Aktion der sogenannten E3-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien, die seit Jahren mit Teheran über dessen Atomprogramm verhandeln, sowie arabischen Nachbarstaaten des Irans für eine diplomatische Lösung in dem Krieg erreichen.

„Wenn der Kanzler Kontakt sucht“ Putin macht Merz ein Gesprächsangebot

+++ 00:57 Putin würde Iran friedliche Atom-Nutzung zugestehen +++
Russland bietet nach Worten von Präsident Wladimir Putin an, die friedliche Nutzung von Atomkraft des Irans zu sichern. So solle Israel die Furcht vor einer nuklearen Bewaffnung des Irans genommen werden. Das sagt der Kremlchef vor Vertretern großer Nachrichtenagenturen in St. Petersburg. Dies habe er Israel und den USA vorgeschlagen. Es sei ein „möglicher Ausweg“, die Entscheidung liege aber bei Israel und dem Iran. Einen Sturz der iranischen Führung wegen der israelischen Luftangriffe befürchtet Putin nicht. „Die Gesellschaft schart sich doch um die politische Führung“, sagt er bei dem Treffen am Rande des St. Petersburger Wirtschaftsforums (SPIEF). Russland ist ein Verbündeter des Irans.

+++ 23:57 Bericht: Trump hat Angriffsplan auf Iran bewilligt +++
US-Präsident Donald Trump hat einem Medienbericht zufolge Angriffspläne gegen den Iran bewilligt, den Befehl zur Umsetzung jedoch bislang nicht erteilt. Wie das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf drei mit den Überlegungen vertraute Personen berichtet, habe Trump dies am Dienstagabend hochrangigen Beratern gesagt. Er wolle abwarten, ob die Regierung in Teheran zur Aufgabe ihres Atomprogramms bereit sei. Stellungnahmen der US-Regierung und des Irans liegen zunächst nicht vor.

+++ 23:15 Israel meldet neue Angriffswelle auf Teheran +++
Israels Armee schießt eigenen Angaben zufolge eine weitere Angriffswelle auf die iranische Hauptstadt Teheran ab. Die israelische Luftwaffe habe in den vergangenen Stunden auf mehr als 20 Stellungen gezielt, teilt das Militär mit. Darunter seien Fertigungsanlagen für Uran-Zentrifugen, „Standorte für Atomwaffenentwicklungsprojekte“ und Raketenfabriken gewesen.

+++ 22:08 Trump will „totalen, kompletten Sieg“ +++
US-Präsident Donald Trump kritisiert erneut den französischen Staatschef Emmanuel Macron. „Er sagte, ich würde nach Hause zurückkehren, um einen Waffenstillstand zu schließen. Wir sind schon lange über einen Waffenstillstand hinaus“, sagt Trump zu dem Krieg zwischen Israel und dem Iran. Das sei ein schlechter „Begriff“. „Wir wollen einen totalen, kompletten Sieg“, so der Republikaner.

„Müssen tun, was wir tun müssen“ Trump will „totalen, vollständigen Sieg“ über den Iran

+++ 21:40 „Schändliche Äußerungen“: Teheran bestellt deutschen Botschafter ein +++
Nach der Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz, wonach Israel im Iran für andere die „Drecksarbeit“ mache, bestellt der Iran den deutschen Botschafter in Teheran ein. „Nach den schändlichen Äußerungen des deutschen Kanzlers zur Unterstützung der Aggression Tel Avivs gegen unser Land, ist der Botschafter dieses Landes zum Außenministerium einbestellt worden“, berichtet das iranische Staatsfernsehen. Deutscher Botschafter im Iran ist der Diplomat Markus Potzel. Merz hatte am Dienstag am Rande des G7-Gipfels in Kanada Israels Militäreinsatz gegen den Iran gewürdigt. „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle“, sagt der Kanzler dem ZDF. „Ich kann nur sagen, größten Respekt davor, dass die israelische Armee, die israelische Staatsführung, den Mut dazu gehabt hat, das zu machen.“

+++ 21:18 Irans Luftabwehr am Kaspischen Meer im Einsatz +++
In der iranischen Stadt Rascht am Kaspischen Meer ist die Luftabwehr im Einsatz. Wie iranische Medien übereinstimmend berichten, werden nach Einbruch der Dunkelheit kleine Flugobjekte und Kampfdrohnen bekämpft. Rascht, auch bekannt als „Stadt des Regens“, liegt am Kaspischen Meer und ist eine beliebte Urlaubsregion. Sie liegt nur etwa vier Autostunden von der Hauptstadt Teheran entfernt. Nach Kriegsausbruch sind Tausende Iranerinnen und Iraner vor den israelischen Angriffen dorthin geflüchtet.

+++ 20:58 Iran meldet israelischen Angriff nahe Polizei-Hauptquartier in Teheran +++
Die iranischen Staatsmedien haben einen israelischen Angriff nahe dem Polizeihauptquartier in Teheran gemeldet. Mehrere Gebäude in der Nähe der Polizeizentrale in der iranischen Hauptstadt seien angegriffen worden, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur Irnaeine Polizei-Mitteilung. Mehrere Beamten seien dabei verletzt worden. Die israelische Armee meldete derweil erneute Angriffe auf Raketen-Abschussanlagen und Raketensilos im Westen des Iran. Kampfflugzeuge seien über den Anlagen im Einsatz, erklärte die Armee. Arbeiter, die versuchten, die bereits zuvor getroffenen Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen, würden angegriffen.

+++ 20:35 Israelischer Ex-Minister: „Nach USA sind wir die Besten“ +++
Einige von Irans zentralen Atomanlagen liegen tief unter der Erde. Dennoch hält es Israels Ex-Verteidigungsminister Benny Gantz für möglich, die Ziele seines Landes im Krieg gegen Teheran auch ohne militärische US-Hilfe zu erreichen. Im ntv-Interview äußert er zugleich Zweifel an einer möglichen diplomatischen Lösung.

Sieg über Iran ohne Trumps Hilfe? Israelischer Ex-Minister: „Nach USA sind wir die Besten“

+++ 20:23 Iran: Erstmals moderne „Sedschil“-Raketen eingesetzt +++
Irans Revolutionsgarden haben bei ihrem jüngsten Angriff auf Israel eigenen Angaben zufolge einen der modernsten Raketentypen aus ihrem Arsenal abgefeuert. Die Elitestreitmacht habe erstmals sogenannte „Sedschil“-Raketen mit einer Reichweite von mindestens 2000 Kilometern abgefeuert, heißt es in einer Erklärung der Revolutionsgarden, die iranische Medien verbreiteten. Der Raketentyp gehört zur modernsten Generation des iranischen Raketenarsenals. Wegen ihres Feststoffantriebs sind die Raketen deutlich schneller einsatzbereit und schwerer zu orten als flüssig betriebene Systeme. Sie können Gefechtsköpfe mit einem Gewicht von bis zu einer Tonne tragen.

+++ 19:57 Schumer fordert geheimes Briefing von Trump +++
Der Minderheitsführer im US-Senat, der Demokrat Chuck Schumer, hat nach eigenen Angaben Präsident Donald Trump um ein vertrauliches Briefing zum Konflikt zwischen dem Iran und Israel gebeten. Dabei sollten alle 100 Senatoren einbezogen werden, sagt er. Er gehe davon aus, dass Trump dem zustimmen werde. Eine Stellungnahme des Präsidenten liegt nicht vor.

+++ 19:33 Expertin: Trump und Netanjahu „führen eine Täuschungskampagne an“ +++
„Die Israelis sind taktisch brillant und stehen mit dem Rücken zur Wand“ – diese und andere Gründe sprechen dafür, dass die Ziele im Kampf gegen den Iran erreicht werden dürften, meint GIDS-Expertin Marie-Theres Sommerfeld. Die USA indes seien längst viel aktiver in den Konflikt involviert, als es den Anschein machen solle.

Expertin zu Israels Krieg im Iran Trump und Netanjahu „führen eine Täuschungskampagne an“

+++ 19:13 Iran stellt das Internet fast vollständig ab +++
Mitten im Krieg ist das Internet im Iran fast vollständig abgeschaltet. Echtzeitdaten bestätigten einen „fast vollständigen nationalen Internet-Blackout“, berichtet die Organisation Netblocks, die vor allem für die Beobachtung von Internetsperren bekannt ist. Bewohner der Hauptstadt Teheran bestätigen den Ausfall des Internets per Telefon. Die Nachrichtenagentur Mehr zitiert eine Mitteilung des Kommunikationsministeriums. Demnach erfolgt die Einschränkung „aufgrund des Missbrauchs des nationalen Kommunikationsnetzes durch den feindlichen Aggressor für militärische Zwecke und zur Gefährdung von Leben und Eigentum unschuldiger Menschen“. Der Zugang zur Kommunikation im Land bleibe bestehen. Fast drei Stunden nach der Einschränkung ist es international nicht mehr möglich, Menschen im Iran telefonisch zu erreichen.

+++ 19:00 Israel meldet neuen Raketenangriff aus dem Iran +++
Der Iran hat nach Angaben der israelischen Armee erneut Raketen auf Israel gefeuert. „Verteidigungssysteme sind in Betrieb, um die Bedrohung abzufangen“, heißt es in einer Mitteilung. Der Iran bestätigt den Angriff. In mehreren Gegenden des Landes, darunter im dicht besiedelten Großraum Tel Aviv, heulten Warnsirenen. Die Menschen in den betroffenen Regionen waren angewiesen, in Schutzräumen auszuharren. Zuletzt hatte es in der Nacht Raketenangriffe aus dem Iran gegeben. Seitdem attackiert die Islamische Republik Israel aber auch mit Drohnen. Israel greift zugleich weiter Ziele im Iran an.

+++ 18:42 Oppositionspolitikerin: „Regimewechsel“ im Iran muss vom Volk ausgehen +++
Die prominente iranische Regierungsgegnerin Marjam Radschawi hat vor dem Hintergrund des Israel-Iran-Konflikts zum Sturz der Führung in Teheran aufgerufen – aber betont, dass das iranische Volk diesen erreichen müsse. Der „Regimewechsel“ müsse vom „iranischen Volk und seinem Widerstand“ ausgehen, sagt die Vorsitzende des im Exil aktiven Nationalen Widerstandsrats des Iran (NCRI). Radschawi warnt davor, mit dem geistlichen Oberhaupt des Iran, Ayatollah Chamenei, erneut in Verhandlungen über das Atomprogramm einzutreten. Die Führung in Teheran werde „ihr Programm zur Urananreicherung niemals aufgeben“. Chamenei stürze die Menschen im Iran „in den Krieg und die Unsicherheit, um sein zerbrechliches und scheiterndes Regime zu erhalten“.

+++ 18:14 Israelischer Minister spricht von „Hetzrede“ Erdogans +++
Israels Außenminister Gideon Saar hat eine Äußerung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als „Hetzrede“ bezeichnet. „Es ist besonders ironisch, dass jemand, der aus seinen imperialistischen Ambitionen keinen Hehl macht, der in Nordsyrien einmarschiert ist und den Norden Zyperns unrechtmäßig besetzt hält, behauptet, im Namen der Moral und des Völkerrechts zu sprechen“, schreibt Saar auf X. Erdogan hatte es zuvor als völlig legitim bezeichnet, wenn der Iran sich gegen „Staatsterror“ verteidige. Demnach wird der Iran von einem „hemmungslosen Land angegriffen, das kein Recht und keine Regeln kennt und keine Prinzipien hat“.

+++ 18:06 Sonderflug bringt 171 Personen aus Jordanien nach Deutschland +++
Ein Sonderflug bringt Deutsche und Familienangehörige, die in Israel festsaßen, von der jordanischen Hauptstadt Amman aus nach Frankfurt. 171 Personen hätten die Region verlassen können, teilte das Auswärtige Amt auf X mit. Die Landung wird am Abend am Frankfurter Flughafen erwartet. Für Donnerstag ist demnach ein weiterer Flug geplant. Bis ins Nachbarland Jordanien müssen Deutsche, die aus Israel ausreisen wollen, selbstständig gelangen. Andere europäische Länder wie etwa Polen organisierten für ihre Landsleute einen Konvoi nach Jordanien. Das Auswärtige Amt ruft Deutsche auf, sich auf seiner Krisenvorsorgeliste Elefand zu registrieren. Ein Sprecher hatte zuvor gesagt, dass es sich nicht um eine Rückholaktion oder Evakuierung handele. Es seien „kommerzielle Sonderflüge“, weil Ausreisemöglichkeiten der Fluggesellschaften nicht ausreichten. Die Flüge werden demnach fortgesetzt, „wenn die Lage es weiter zulässt und der Bedarf da ist“.

+++ 17:51 Hegseth lehnt vor Senat Aussage zu etwaigen Iran-Optionen ab +++
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth erklärt vor dem Senat, er werde nicht bekanntgeben, ob er Präsident Donald Trump Optionen für einen Angriff auf den Iran vorgelegt hat. Dies werde er nicht in einem öffentlichen Forum preisgeben, sagt er vor dem Streitkräfte-Ausschuss der Kongresskammer. Das US-Militär stehe jedoch bereit, Trumps etwaige Entscheidungen umzusetzen.

+++ 17:32 Trump telefonierte mit Putin – und sprach über Vermittlung +++
US-Präsident Donald Trump hat am Dienstag mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin telefoniert. „Er hat angeboten zu vermitteln“, berichtet der Republikaner unter Bezug auf den Krieg zwischen Israel und dem Iran. „Tu mir einen Gefallen, vermittel in deinem eigenen [Krieg] zuerst.“

+++ 17:06 Iran: Trump lügt – „Iran verhandelt nicht unter Zwang“ +++
Der Iran dementiert, bei den USA um Verhandlungen über das eigene Atomprogramm gebeten zu haben. „Kein iranischer Beamter hat jemals darum gebeten, vor den Toren des Weißen Hauses zu kriechen. Das Einzige, was noch verabscheuungswürdiger ist als seine Lügen, ist seine feige Drohung, den Obersten Führer des Iran ‚auszuschalten‘, erklärt die iranische Vertretung bei den Vereinten Nationen auf X unter Bezug auf US-Präsident Donald Trump. „Der Iran verhandelt nicht unter Zwang, wird nicht unter Zwang Frieden akzeptieren, und schon gar nicht mit einem ehemaligen Kriegstreiber, der sich an seine Bedeutung klammert. Iran wird auf jede Drohung mit einer Gegendrohung und auf jede Aktion mit Gegenmaßnahmen reagieren.“

+++ 16:45 Trump gibt sich verschlossen: „Niemand weiß, was ich tun werde“ +++
US-Präsident Donald Trump will sich nicht auf einen klaren Kurs mit Blick auf den Iran festlegen. „Niemand weiß, was ich tun werde“, sagt der Republikaner vor dem Weißen Haus auf die Frage, ob er einen US-Schlag gegen iranische Nuklearanlagen erwäge. „Ich könnte es tun. Ich könnte es nicht tun“, sagt Trump – und wenn, dann werde er das auch nicht im Vorhinein verkünden. Der US-Präsident wiederholte einerseits seine bereits an den Iran gestellte Forderung einer „bedingungslosen Kapitulation“, schloss andererseits aber weitere Verhandlungen auch nicht komplett aus. Es sei noch nicht zu spät. Teheran habe „eine Menge Ärger“, so Trump. Er moniert, eine Lösung hätte bereits früher gefunden werden können. Es sei „ein großer Unterschied zwischen jetzt und vor einer Woche“, betonte Trump. Die iranische Seite habe sogar vorgeschlagen, ins Weiße Haus zu kommen, gab Trump an. „Das ist (…) mutig, (…) es war nicht leicht für sie, das zu tun“, sagt er.

+++ 16:29 Israels Armee rät besorgten Iranern zu Kontakt mit Mossad +++
Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge viele Nachrichten von besorgten Iranern erhalten und den Menschen empfohlen, den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad zu kontaktieren. „Vielleicht finden Sie dort einen neuen Weg, Ihre Situation zu verbessern“, heißt es in einer auf Persisch auf der Plattform X veröffentlichten Stellungnahme. Israels Militär verweist per Link auf die Webseite des Mossad. Israels Armee verstehe die schwierige Lage der Menschen im Iran, hieß es weiter. In den letzten Tagen habe Israels Militär viele Nachrichten von Menschen erhalten, die sich Sorgen um die ungewisse Zukunft ihres Landes machten. Selbst Mitglieder der Sicherheitsbehörden der iranischen Regierung hätten ihre Angst, Verzweiflung und Wut über die Geschehnisse im Iran zum Ausdruck gebracht und die Armee gebeten, israelische Behörden zu kontaktieren, damit dem Iran nicht das gleiche Schicksal wie dem Libanon und Gaza drohe. Die Armee sei aber nicht zuständig für derlei Anfragen.

+++ 16:06 Einzigartige Bombe kann sich dutzende Meter in den Boden rammen +++
Sollte US-Präsident Donald Trump sich entschließen, militärisch in den Konflikt zwischen Israel und dem Iran einzugreifen, wäre die GBU-57 die Waffe seiner Wahl. Diese bunkerbrechende Bombe ist die einzige strategische Waffe, welche die unterirdischen iranischen Atomanlagen zerstören könnte. Die US-Bombe ist einzigartig, weil sie laut US-Armee bis zu 61 Meter tief in Felsen und Beton eindringen kann. Anders als zahlreiche Raketen und Bomben, die ihre Sprengladung im Augenblick des Einschlags zünden, bohren sich die bunkerbrechenden Bomben zunächst ins Erdreich ein, um erst dann zu explodieren, wenn die unterirdische Einrichtung erreicht ist. Diese Waffen haben „eine sehr dicke Hülle aus gehärtetem Stahl“, die es ermöglicht, „die Felsschichten zu durchdringen“, sagt Masao Dahlgren, Rüstungsspezialist im Forschungszentrum CSIS in Washington. Dies erklärt ihr Gewicht. Mehr als 13 Tonnen bei einer Länge von 6,6 Metern.

+++ 15:41 Israelischer Minister: Hauptquartier für innere Sicherheit im Iran zerstört +++
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hat erklärt, dass die Luftwaffe des Landes das iranische Hauptquartier für innere Sicherheit zerstört habe. Dabei handle es sich um den „Hauptarm der Unterdrückung des iranischen Diktators“, so Katz. „Wie wir versprochen haben, werden wir weiterhin Symbole der Herrschaft ins Visier nehmen und das Ayatollah-Regime angreifen, wo auch immer es sich befindet“, fügt er hinzu.

+++ 15:25 Zahlreiche Explosionen in Teheran +++
In der iranischen Hauptstadt Teheran hat es erneut zahlreiche Explosionen gegeben. AFP-Reporter berichteten am Nachmittag von zahlreichen Detonationen, im Osten und Südosten der Hauptstadt stiegen schwarze Rauchsäulen auf.

+++ 15:00 Tief im Berg: Das ist das Herzstück von Irans Atomanlagen +++
Israels Angriffe nehmen gezielt die Anlagen des iranischen Atomprogramms ins Visier. Experten sind seit Jahren sicher, das Regime will dort eine Atombombe bauen. Um das Programm ganz lahmzulegen, müsste auch das Herzstück, die Anlage in Fordo zerstört werden. Das ist mit herkömmlichen Mitteln jedoch kaum möglich.

Zerstörung braucht spezielle Bombe Tief im Berg: Das ist das Herzstück von Irans Atomanlagen

+++ 14:37 Erdogan: Iran hat das Recht auf Selbstverteidigung +++
Der Iran hat nach Ansicht des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein klares Recht auf Selbstverteidigung im Konflikt mit Israel. Es sei völlig natürlich, legitim und ein Recht, dass sich der Iran angesichts dieses „Staatsterrors“ verteidigt, sagt Erdogan in Ankara. Demnach wird der Iran von einem „hemmungslosen Land angegriffen, das kein Recht und keine Regeln kennt und keine Prinzipien hat“.

+++ 14:14 Wadephul ruft Iran zur Rückkehr an Verhandlungstisch auf +++
Bundesaußenminister Johann Wadephul ruft den Iran dazu auf, die Verhandlungen über sein Atomprogramm wieder aufzunehmen. Die E3-Länder Deutschland, Frankreich und Großbritannien seien dazu bereit, sagt Wadephul bei einer Pressekonferenz mit dem jordanischen Außenminister Ayman Safadi in Berlin. Erforderlich dafür seien jetzt vertrauensbildende Maßnahmen der iranischen Führung. „Es ist nie zu spät, an den Verhandlungstisch zu kommen, wenn man in ehrlicher Absicht kommt“, sagt der Minister.

+++ 13:55 Israel räumt Abschuss einer seiner Drohnen über dem Iran ein +++
Die israelische Armee bestätigt mit eher ungewöhnlicher Offenheit den Abschuss einer ihrer Drohnen durch die iranische Luftabwehr. „Während eines Einsatzes wurde eine Boden-Luft-Rakete auf eine Drohne der israelischen Luftwaffe abgefeuert. Die Drohne stürzte im Iran ab“, teilt die Armee mit. Es ist das erste Mal seit Beginn der israelischen Luftangriffe am vergangenen Freitag, dass die Armee den Abschuss einer ihrer Drohnen bestätigt.

+++ 13:33 Experte: „Regime-Change im Iran ist gefährliche Luftnummer“ +++
Ein Ende des Mullah-Regimes im Iran könnte laut Klemens Fischer unvorhersehbare Folgen haben. Der Experte in Außenpolitik unterstreicht, dass ähnliche Stürze unter Einfluss der USA andere Staaten massiv destabilisiert hätten.

Experte sieht nur einen Gewinner „Regime-Change im Iran ist gefährliche Luftnummer“

+++ 13:12 Chamenei: Iran wird niemals aufgeben +++
Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei weist Aufrufe zur Kapitulation scharf zurück und warnt die USA vor einem militärischen Eingreifen in den Konflikt mit Israel. „Das iranische Volk ist entschlossen und wird sowohl gegen einen auferzwungenen Krieg als auch gegen einen auferzwungenen Frieden Widerstand leisten“, sagt Chamenei in einer Fernsehansprache. Er warnt zudem, eine Intervention der USA werde „irreparablen Schaden“ verursachen. Gezeigt wurde Chamenei nicht, auch seine Stimme war nicht zu hören. Nach Einschätzung von Beobachtern dürfte das die Spekulationen über eine mögliche bevorstehende Ablösung des Ayatollahs an der Spitze des Landes befeuern.

+++ 12:57 Russland rät USA von militärischer Unterstützung Israels ab +++
Russland warnt für den Fall einer direkten US-Militärhilfe für Israel vor einer radikalen Destabilisierung der Lage in Nahost. Er rate den USA daher davon ab, Israel solche Hilfe zu leisten oder auch nur in Erwägung zu ziehen, sagt Vize-Außenminister Sergej Rjabkow laut der Nachrichtenagentur Interfax. Russland stehe sowohl mit Israel als auch mit dem Iran in Kontakt, fügt Rjabkow hinzu.

+++ 12:43 Israels Armee will schon über 1100 Ziele im Iran angegriffen haben +++
Israels Armee hat seit Beginn ihrer Offensive nach eigenen Angaben mehr als 1100 Ziele im Iran attackiert. Die Luftwaffe habe seit Freitag Hunderte Angriffe geflogen, sagt Armeesprecher Effie Defrin. „Wir agieren systematisch, um die nukleare Bedrohung zu neutralisieren.“ Defrin fügt hinzu, die Angriffe hätten auch einen „bedeutenden Schaden“ an der Infrastruktur ballistischer Raketen angerichtet. Der Iran feuerte seinerseits täglich mehrere Raketen in Wellen in Richtung Israel ab. In der vergangenen Nacht seien es etwa 30 ballistische Raketen in zwei Salven gewesen, sagt Defrin. Die meisten Geschosse seien abgefangen worden, und es habe keine Verletzten gegeben. Seit Beginn des Krieges sind nach israelischen Angaben 24 Menschen durch die Angriffe ums Leben gekommen sowie mehr als 800 verletzt worden.

+++ 12:12 Iran warnt USA deutlich vor Kriegsbeteiligung +++
Der Iran warnt die USA vor einer direkten Kriegsbeteiligung an der Seite Israels. Die Regierung in Teheran würde in einem solchen Fall entschlossen reagieren, sagt der iranische Botschafter bei den Vereinten Nationen in Genf, Ali Bahreini. „Wir werden nicht zögern, unser Volk, unsere Sicherheit und unser Land zu verteidigen – wir werden ernsthaft und stark reagieren, ohne Zurückhaltung“, sagt Bahreini vor Journalisten. Er bezeichnet die USA zudem als „mitschuldig an Israels Handlungen“.

+++ 11:53 Kiesewetter: Deutschland ist im Nahost-Krieg „kein Zuschauer“ +++
„Wir waren nicht Iran-kritisch genug“, konstatiert Roderich Kiesewetter mit Blick auf den Krieg im Nahen Osten. Der CDU-Außenpolitiker sieht in Israels Angriff auf den Iran auch ein Versagen der deutschen Außenpolitik, die entschiedener gegen das Mullah-Regime hätte vorgehen sollen.

Kiesewetter sieht Verfehlungen Deutschland ist im Nahost-Krieg „kein Zuschauer“

+++ 11:22 Russen und Chinesen verlassen Israel und Iran +++
Seit Beginn des israelischen Großangriffs auf den Iran sind 791 chinesische Staatsbürger vom Iran in sichere Regionen gebracht worden, sagt der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Guo Jiakun. Mehr als tausend weitere Menschen bereiteten sich auf die Evakuierung vor. Auch aus Israel seien Chinesen evakuiert worden. Unterdessen sagt der russische Botschafter in Tel Aviv, Anatoli Wiktorow, dass die Familien russischer Diplomaten Israel verlassen hätten. „Fast alle Ehefrauen und Kinder der Mitarbeiter der Botschaft in Israel“ seien am Dienstag ausgereist. Sie seien über Ägypten in ihre Heimat zurückgekehrt, fügt er hinzu.

+++ 10:51 ntv-Reporterin beobachtet vor Ort: „Könnte sein, dass Israel die Lufthoheit erlangt hat“ +++
Der Iran will unter anderem eine Hyperschallrakete des Typs Fattah 3 auf Israel abgeschossen haben, Tel Aviv bestätigt das bisher nicht. ntv-Reporterin Alexandra Callenius berichtet vor Ort über die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten und die Drohung Donald Trumps.

Weniger Angriffe aus dem Iran „Könnte sein, dass Israel die Lufthoheit erlangt hat“

+++ 10:24 Israel gehen wohl „Arrow“-Abfangraketen aus +++
Israel gehen einem Medienbericht zufolge die Abfangraketen für das Abwehrsystem „Arrow“ aus. Der Bestand der Geschosse gehe zur Neige, meldete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf einen US-Insider. Der Bericht ließ sich bisher nicht bestätigen. Lesen Sie hier mehr dazu.

+++ 09:41 Trump schlagen „offene Kriegsaufforderungen“ entgegen +++
Zieht der Israel-Iran-Konflikt die USA in einen neuen Krieg? Nordamerika-Korrespondent Gordian Fritz erklärt, Trump sei einem Eingriff in das Geschehen „nicht abgeneigt“. Mit einem US-Waffentyp könne das iranische Atomprogramm komplett zerstört werden.

US-Waffen gegen Irans-Atombunker? Trump schlagen „offene Kriegsaufforderungen“ entgegen

+++ 09:23 Israel startet Rückflüge für im Ausland gestrandete Bürger +++
Israel beginnt mit dem Rückflug von Bürgern, die im Zuge des Kriegs mit dem Iran im Ausland festsitzen. Der erste Flug landete am frühen Morgen auf dem Flughafen Ben Gurion. An Bord der Maschine der Fluggesellschaft El Al waren Passagiere aus Larnaka auf Zypern. Nach Angaben von Israels Verkehrsministerin Miri Regev sitzen zwischen 100.000 und 150.000 Israelis im Ausland fest. Die Rückholaktion soll schrittweise ablaufen, je nachdem, wie hoch das Risiko eingeschätzt wird. Lesen Sie hier mehr dazu.

+++ 08:54 Trump fordert Kapitulation des Iran und droht +++
Menschen in Teheran und Tel Aviv müssen eine weitere Nacht in Angst ausharren, denn der gegenseitige Beschuss zwischen den israelischen und iranischen Streitkräften geht unvermindert weiter. US-Präsident Trump spricht eine Drohung aus.

„Drei Stunden, drei Wellen“ Israel meldet Angriff auf Helis und Zentrifugenanlage im Iran

+++ 08:33 USA schließen Botschaft in Jerusalem +++
Am fünften Tag der militärischen Konfrontation zwischen Israel und dem Iran kündigen die USA an, ihre Botschaft in Jerusalem vorerst zu schließen. Aufgrund der „aktuellen Sicherheitslage im anhaltenden Konflikt zwischen Israel und dem Iran“ werde die US-Botschaft ab heute und bis Freitag geschlossen, erklärt die Botschaft auf ihrer Website.

+++ 08:18 Röttgen hat „keinen Zweifel, dass Iran unumkehrbar entschlossen ist, Atommacht zu werden“ +++
CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen zeigt sich überzeugt, dass das iranische Regime gezielt auf den Status einer Atommacht hinarbeite: „Ich habe keinen Zweifel daran, dass das iranische Regime unumkehrbar entschlossen ist, Atommacht zu werden“, sagte er bei Markus Lanz im ZDF. „Die wollen die Waffe nicht einsetzen, wollen sie aber haben, weil es eine enorme Macht gibt.“ Röttgen hat deshalb Verständnis für Israels Vorgehen zum aktuellen Zeitpunkt. „Für Israel wiederum ist es eine große Frage, aber auch in der völkerrechtlichen Bewertung: ‚Muss ich jetzt warten, bis der Zeitpunkt der Unumkehrbarkeit da ist?‘ Dann habe ich zwar Klarheit, aber dann ist es eben zu spät.“

+++ 07:50 Exil-Iraner zum Israel-Konflikt: „Für Iran ist es wichtig, dass das jetzt aufhört“ +++
Seit Tagen beschießen sich Israel und der Iran. Der Konflikt bewegt nicht nur die Einwohner der Länder. Auch der Exil-Iraner Babak Kazemifard blickt mit „gemischten Gefühlen“ auf die Eskalation. Er selbst ist mit 15 Jahren aus dem Iran geflüchtet. Nun versucht ein Teil seiner Familie dem aktuellen Krieg zu entkommen.

Exil-Iraner zum Israel-Konflikt „Für Iran ist es wichtig, dass das jetzt aufhört“

WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN

07:50Armeesender: Israel greift Schwerwasserreaktor im Iran an234dpa-AFX
07:13Berichte: Klinik in Israel bei iranischem Angriff getroffen211dpa-AFX
06:12Rüstungsexporte für knapp vier Millionen Euro nach Israel142dpa-AFX
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ANALYSE: Massive Verlegung von US-Militärjets: Steht ein Schlag gegen den Iran bevor? – Sasha Vakulina, Euronews, 17.6.2025

US-Militärbewegungen im Mittelmeer deuten darauf hin, dass Washington sich Israel bei einem Angriff auf den Iran anschließen könnte. Trump warnte die Einwohner Teherans, die Stadt zu evakuieren – und signalisierte damit eine Verlagerung von Verhandlungen zu möglichen Militäraktionen.

Mehrere Tankflugzeuge des US-Militärs und US-Kampfjets bewegten sich Berichten zufolge am Dienstagnachmittag über das Mittelmeer in Richtung Osten. Es wird befürchtet, dass Washington sich Israel bei Militärschlägen gegen iranische Raketen- und Atomanlagen anschließen könnte.

„Der Iran darf keine Atomwaffen haben“, schrieb Trump am Montagabend, bevor er vom G7-Gipfel in Kanada vorzeitig nach Washington zurückkehrte. „Jeder sollte Teheran sofort evakuieren“, fügte er hinzu.

Trumps ominöse Warnung an die Bewohner der iranischen Hauptstadt markiert eine plötzliche Abkehr von der bisherigen US-Position, sich nicht direkt militärisch in den Konflikt einzumischen und stattdessen eine Verhandlungslösung für „Frieden“ zu suchen.

Euronews‘ Beobachtungen des Echtzeit-Luftfahrtüberwachungsportals Flightradar, die von Euronews‘ militärischen Quellen sowie von offenen Berichten von Militärbeobachtern in den sozialen Medien bestätigt werden, deuten auf eine intensive Flugbewegung hin, die eine Verstärkung der militärischen Schlagkraft der USA im Mittelmeerraum und mögliche Vorbereitungen für militärische Aktionen signalisiert.

Wohin bewegen sich US-Militärflugzeuge derzeit?

Einige der Tankflugzeuge der USAF, die am Sonntag zu den in Europa gelegenen US-Stützpunkten RAF Mildenhall im Vereinigten Königreich und dem US-Luftwaffenstützpunkt Morón de la Frontera in Spanien geflogen sind, wie von Minister Hegseth angekündigt, wurden am Dienstagnachmittag über dem Mittelmeer in Richtung Osten gesehen.

Militärische Beobachter fotografierten das Flugzeug von Royal Air Foirce Station (RAF) Mildenhall aus, als es US-Kampfjets von RAF Lakenheath nachzog.

Euronews beobachtete am Dienstagnachmittag KC-135 Stratotanker der USAF, die von der RAF Mildenhall und dem US-Luftwaffenstützpunkt Morón de la Frontera aus nach Osten in Richtung Italien flogen.

Bei dem von Boeing hergestellten KC-135 Stratotanker handelt es sich um ein Tankflugzeug zur Luftbetankung. Weitere Tankflugzeuge dieser Art befinden sich auf den US-Luftwaffenstützpunkten Ramstein in Deutschland, Aviano in Italien und der griechischen Chania-Souda-Bucht auf Kreta, um die Präsenz und die Fähigkeiten der US-Kampfflugzeuge im Nahen Osten zu stärken.

Euronews observations on FlightRadar24 on afternoon Tuesday, 17 June 2025FlightRadar

Euronews Beobachtungen auf FlightRadar24 am Dienstag Nachmittag, 17. Juni 2025FlightRadar24

Flugbewegungen am Dienstagnachmittag, 17. Juni 2025“Evergreen Intel” on X

Flugbewegungen am Dienstagnachmittag, 17. Juni 2025″Evergreen Intel“ on X

Nach Angaben der Militär-Quellen von Euronews sind die am Sonntagabend auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Morón de la Frontera eingetroffenen Tankflugzeuge am Dienstagnachmittag wieder abgeflogen, und auch die Verlegung der Kampfjets von RAF Lakenheath, Spangdahlem und Aviano war im Gange.

Nach denselben Quellen, die mit anderen verfügbaren Informationen übereinstimmen, wurden von Lakenheath aus F-15E und F-35 eingesetzt, während von Spangdahlem aus mehrere F-16CJ/DJ und von Aviano aus F-16C/D in Richtung Naher Osten starteten.

Nicht in der Stimmung zu verhandeln

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth kündigte am Montag in einem Beitrag auf der Social-Media-Plattform X an, die USA würden „zusätzliche Fähigkeiten“ einsetzen, um „unsere Verteidigungsposition in der Region zu stärken“.

Nur wenige Stunden später kündigte Trump jedoch abrupt an, dass er den G7-Gipfel in Kanada vorzeitig verlassen werde, und erklärte, der Grund für seine Abreise sei „viel größer“ und habe nichts mit den Bemühungen um einen Waffenstillstand zu tun.

Er sagte Reportern, er sei „nicht in der Stimmung, jetzt zu verhandeln“ und dass „wir etwas Besseres als einen Waffenstillstand im Auge haben“. Auf die Frage, was er damit meine, fügte der Präsident hinzu: „Ein Ende, ein wirkliches Ende. Ganz aufgeben – das ist auch in Ordnung.“

Trumps plötzlicher Positionswechsel fiel mit dem wiederholten Aufruf des israelischen Verteidigungsministers Katz zur sofortigen Evakuierung der Bewohner Teherans zusammen, der vor bevorstehenden groß angelegten israelischen Schlägen warnte, die auf die von ihm als nuklear und mit dem Regime verbundene Infrastruktur abzielten. Insbesondere die unterirdische Nuklearanlage Fordo erwähnte er als „ein Problem, das sicherlich angesprochen werden wird“.

Unterdessen erklärte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu am Montag gegenüber ABC News, er schließe ein Attentat auf den Obersten Führer des Iran, Ali Chamenei, nicht aus.

Netanjahu sagte, dass dies „den Konflikt nicht eskalieren, sondern beenden“ würde, eine Aussage, die von Trump am Dienstag aufgegriffen wurde, als er ebenfalls das Wort „Ende“ in seiner Erklärung verwendete.

Unterdessen sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Dienstag, dass ein mögliches militärisches Engagement der USA den gesamten Nahen Osten „definitiv“ in einen größeren, gefährlicheren Konflikt hineinziehen würde.

„Wenn sich die Vereinigten Staaten einmischen, dann wird das die Region definitiv in einen größeren Konflikt hineinziehen. Und das ist in niemandes Interesse“, sagte Kallas nach einer koordinierten Videokonferenz mit den 27 EU-Außenministern.

Die iranische Hauptstadt Teheran, in der rund zehn Millionen Menschen leben und die eine der größten Städte des Nahen Ostens ist, erlebt angesichts der Verschärfung des Konflikts mit Israel eine Massenflucht.

Auf den Straßen, die aus der Stadt hinausführen, bildeten sich kilometerlange Staus, und viele Menschen bewegen sich in Richtung Kaspisches Meer.

Angriffe auf Israel: Das wissen wir über die iranischen Hyperschallraketen – Euronews, 18.6.2025

Iran greift Israel mit Hyperschallraketen an. Was macht diese Waffen so gefährlich und welche Länder besitzen sie?

Der Iran soll in den Angriffen auf Israel Hyperschallraketen verwendet haben. Das erklärten die iranischen Revolutionswächter in einem staatlichen iranischen Sender. Israel hat bisher noch keine Angaben dazu gemacht. Eine unabhängige Prüfung der Informationen ist derzeit nicht möglich.

Dabei handelt es sich um die Hyperschallrakete des Typs Fattah. Der Name bedeutet im Arabischen „Sieger“, der „in die Festungen der Feinde einbricht und sie im Krieg besiegt“. Der iranische Machthaber Ali Khamenei hat ihr diesen Namen gegeben.

Im Jahr 2022 kündigte der Iran die Entwicklung dieser Raketen an, im Juni 2023 wurde sie in einer Zeremonie vorgestellt. Einen Tag nach der Enthüllung der Fattah-Hyperschallrakete wurde im Zentrum von Teheran ein Transparent augehängt mit der Aufschrift: „400 Sekunden bis Tel Aviv“ .

Nun sollen die Waffen zum Einsatz gekommen sein. Ziel dieser Raketen sind stark verteidigte oder mobile operativ-hochwertige Einrichtungen. Sie könnten innerhalb kürzester Zeit zerstört werden.

Was sind Hyperschallraketen?

Hyperschallwaffen fliegen mindestens fünfmal so schnell wie der Schall und bleiben dabei manövrierfähig. Sie bewegen sich mit mehr als 6.000 Kilometer pro Stunde. Die Geschwindigkeit und eine komplexe Flugbahn ermöglichen ihnen, Flugabwehrsysteme zu überwinden.

Hyperschall-Gleitflugkörper bestehen aus zwei Teilen: einer Interkontinentalrakete mit einem sogenannten Gleitflugkörper. Interkontinentalraketen steigen normalerweise bis zu 1.000 Kilometer hoch in die Luft. Sie setzen allerdings in deutlich geringerer Höhe den Gleitflugkörper ab. Dieser taucht in die Atmosphäre zurück und fliegt wellenförmig zum Ziel.

Er kann eine Geschwindigkeit von zwanzigfachem Schall erreichen und mehrere tausend Kilometer zurücklegen. Gleichzeitig kann der Gleitflugkörper durch Steuerklappen seine Flugbahn stark verändern. Ballistische Raketen können dies nicht.

Andere Hyperschallflugkörper haben einen Eigenantrieb. Mit einem luftatmendem Staustrahltriebwerk – auch Scramjet genannt – ist diese Art ein extrem schneller Marschflugkörper. Sie fliegen nicht über die Atmosphäre hinaus, sind langsamer als Gleitflugkörper und haben auch kürzere Reichweiten.

Die große Reichweite hat jedoch ihren Preis. Die Forschung und Herstellung dieser Waffen ist kostspielig und beläuft sich meist auf mehrere Millionen Euro. Einer Schätzung des amerikanischen Congressional Budget Office (CBO) zufolge würden die Stückkosten sich auf mindestens 18 Millionen Dollar pro Rakete betragen.

Warum sind Hyperschallraketen so gefährlich?

Hyperschallraketen sind so schnell, dass sie oftmals von Flugabwehrsystemen nicht abgeschossen werden können. Auch ihre Flugbahn ist deutlich tiefer als die von ballistischen Raketen. Deshalb ist es schwieriger, sie zu erfassen. Das macht sie gefährlich.

Durch eine Eigensteuerung können Hyperschallraketen außerdem ihre Flugbahn verändern. Ihre Flugbahn lässt sich also nicht im Vorhinein berechnen. Aber auch Interkontinentalraketen lassen sich nur schwer von Abwehrsystemen abfangen.

Hyperschallraketen können im Gleitflug Tausende Kilometer zurücklegen – dabei tauchen sie erst spät hinter dem gegnerischen Radarhorizont auf.

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Welche Länder besitzen Hyperschallraketen?

Weltweit sind mehrere Länder im Besitz solcher Hyperschallwaffen. Russland hat Ende 2019 seinen Hyperschall-Gleitflugkörper Avangard für einsatzfähig erklärt. Laut russischen Angaben ist die Avangard 20fach so schnell wie Schall und hat eine Reichweite von etwa 1.000 Kilometern.

Die einzige Hyperschallwaffe, die bislang im Gefecht eingesetzt wurde, ist das flugzeuggestützte ballistische Kinschal-System. Ein von einer MiG-31 abgefeuerter Flugkörper zerstörte am 18. März 2022 ein unterirdisches ukrainisches Munitionslager.

Auch China hat seit 2019 den Gleitflugkörper DF-ZF mit einer Reichweite von 2.500 Kilometern im Dienst.

Das Pentagon bestätigte 2021, dass China im Vorjahr die zur Führung von Hyperschallgleitflugkörpern ausgerichtete mobile Mittelstreckenrakete Dongfeng 17 (geschätzte Reichweite 1.500 bis 2.500 Kilometer) in Dienst stellte. Ein spezieller Gleitflugkörper DF-ZF hat ebenso 1.900 Kilometer Reichweite.

Die USA, Frankreich, Indien, Japan und Nordkorea entwickeln ihrerseits Gleitflugkörper, die jedoch nach bisherigem Kenntnisstand nicht einsatzfähig sind. Auch in Deutschland wird zu Hyperschallraketen geforscht.

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INTERVIEW: «Israels grösste Bedrohung ist nicht Iran, sondern die innere Spaltung», sagt der ehemalige Mossad-Chef – Peter A. Fischer, Georg Häsler, Neue Zürcher Zeitung, 19.6.2025

Tamir Pardo leitete während sechs Jahren den israelischen Geheimdienst. Im Gespräch mit der NZZ warnt er vor einer Implosion des jüdischen Staates. Israel brauche endlich eindeutige Grenzen.

Als Tamir Pardo am 5. Juni in Interlaken am Swiss Economic Forum (SEF) auftrat, sah der Nahe Osten deutlich anders aus als heute, nicht einmal vierzehn Tage später. Pardo, Chef des israelischen Geheimdiensts Mossad von 2010 bis 2015 und ein pointierter Kritiker des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu, sprach über die moderne Kriegsführung und die Folgen des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023. Diese Themen vertiefte die NZZ mit Pardo in einem längeren Gespräch.

Jetzt kämpft Israel offen gegen das Regime in Teheran. Netanyahu will die Bedrohung ein für alle Mal ausschalten. «Was die derzeitige Lage angeht», schreibt uns Pardo diese Woche, «würde das Interview jetzt ganz anders aussehen.» Trotzdem autorisiert er die Aussagen ohne jeden Änderungswunsch. Falls wir wollten, könnten wir noch einen Satz anfügen – den Satz, den er damals, vor vierzehn Tagen bei unserem Gespräch im Berner Oberland, vielleicht noch gesagt hätte: «Israel war und ist die stärkste Macht im Nahen Osten. Ich hoffe, wir müssen das nicht beweisen.»

Die israelische Operation «Aufstrebender Löwe» kombiniert nun ausgereifte Geheimdienstmethoden mit einem konventionellen Luftkrieg. Zuvor schwächten die Israeli Schritt für Schritt die iranische «Achse des Widerstands»: die Hamas in Gaza, den Hizbullah in Libanon oder die Huthi in Jemen. Die direkte Konfrontation mit Iran soll so kurz wie möglich gehalten werden.

Pardos Aussagen über den Krieg des 21. Jahrhunderts beschreiben die weniger offensichtlichen Operationslinien der gegenwärtigen Eskalation im Nahen Osten – und sie weisen auf die Herausforderungen hin, die Israel auch nach einem Ende der Kämpfe zu bewältigen hat.

Herr Pardo, die Welt erlebt eine dramatische Umwälzung – technologisch, gesellschaftlich, geopolitisch. Wie verändert sich die Kriegsführung?

Wir stehen inmitten einer Revolution, vergleichbar mit der industriellen Revolution vor über hundert Jahren. Nur dass die Transformation, deren Auswirkungen wir heute erleben, bereits vor 30 oder 35 Jahren begonnen hat – mit der Digitalisierung, der Vernetzung, der Globalisierung. Der Krieg der Zukunft findet nicht nur auf dem Gefechtsfeld statt. Er geschieht simultan in der Datenwelt, in den Köpfen und Gesellschaften. Wir erleben den Zerfall der klassischen Trennung zwischen Krieg und Frieden. Ein Ereignis in Taiwan kann binnen Minuten Auswirkungen in Berlin oder Bern haben. Doch viele politische Entscheidungsträger, die ihre Karriere lange vor dieser Entwicklung begonnen haben, verstehen die Tragweite nicht. Für sie ist «Cyber» ein schwammiger Begriff. Aber was ist Cyber überhaupt? Ist es Technik? Software? Informationsraum? Propaganda? Die Begriffe sind nicht mehr klar definiert – und genau das macht die Entwicklung so gefährlich.

Bei Ihrem Auftritt am SEF haben Sie von einer Auflösung der Realität gesprochen.

Ja. Wahrheit und Lüge sind nicht mehr klar zu trennen. Wenn Menschen sich auf verschiedene «Wahrheiten» berufen, verliert die Debatte ihren Boden. Diese Mehrdeutigkeit wird gezielt genutzt. Narrative, Deepfakes, subtile psychologische Beeinflussung – das sind heute strategische Waffen. Wir sehen erste Formen kognitiver Kriegsführung. Es geht nicht mehr nur darum, Ziele zu zerstören, sondern auch um die Kontrolle über die Wahrnehmung.

Erleben wir das Vorgeplänkel zu einem Weltkrieg?

Es ist bereits Krieg. Nur dass er anders aussieht als der klassische Panzerkrieg. Wir haben lange in einer relativ friedlichen Welt gelebt, weil es eine klare Ordnungsmacht gab: die USA. Diese Ordnung schwindet. Und mit ihr die Gewissheiten. Machtvakuen entstehen. Die Zahl der Akteure, die bereit sind, Regeln zu brechen, wächst.

Sie haben den Arabischen Frühling als Wendepunkt bezeichnet.

Der war kein religiöser Aufstand. Es ging um ökonomische Not, um enttäuschte Erwartungen. Die Jugend hatte keine Perspektive. Und diese Unzufriedenheit hat in der Region bis heute nicht aufgehört – im Gegenteil. Sie hat Europa erreicht. Migrationswellen, demografische Verschiebungen, gesellschaftliche Spannungen: Wir sehen die Nachbeben bis heute. Der Westen hat das unterschätzt. Und unterschätzt noch immer, was gesellschaftlicher Zerfall bedeutet.

Auch die israelische Gesellschaft ist im Umbruch. Das Israel von heute ist nicht mehr das Israel der Oslo-Zeit.

Darum geht es im Kern. Israel hat – anders als fast alle anderen Staaten – keine international anerkannten, festen Grenzen. Seit dem Sechstagekrieg 1967 leben wir mit einer faktischen Kontrolle vom Mittelmeer bis zum Jordan. Das heisst: In dem Gebiet, das wir effektiv kontrollieren, lebt heute eine Bevölkerung, die zur Hälfte nicht jüdisch ist. Wenn wir eines Tages das Westjordanland und Gaza annektieren, würden rund 7,5 Millionen Nichtjuden Teil Israels. Mit vollem Bürgerrecht?

Was würde das bedeuten?

Dann wäre Israel kein jüdischer Staat mehr. Die politische und gesellschaftliche Identität würde sich fundamental wandeln. Deshalb ist mein Standpunkt klar: Wir müssen Grenzen ziehen. Wir müssen als jüdischer Staat überleben – aber nicht auf Kosten der Demokratie. Wenn wir beides verlieren, haben wir die Idee unseres Landes verloren. Die Entscheidung ist unangenehm, aber unausweichlich.

Ist Israels Existenz also gefährdet – durch innere Spannungen, nicht durch Iran?

Ganz genau. Nicht Teheran bedroht unseren Fortbestand, sondern Tel Aviv – im übertragenen Sinn. Die tiefe Spaltung der Gesellschaft, das ungelöste Verhältnis zu den Palästinensern, die politische Radikalisierung: Das sind die realen Risiken. Iran ist gefährlich. Aber es ist nicht unsere Existenzfrage. Wenn wir uns selbst nicht einigen können, implodieren wir viel eher, als dass wir von aussen zerstört werden.

Die Mehrheit der Israeli sieht das anders – besonders seit dem 7. Oktober.

Sicher. Der Angriff der Hamas war ein Schock. Aber wir müssen ehrlich sein: Die Hamas war nie eine militärische Bedrohung im klassischen Sinn. Keine Panzer, keine Luftwaffe. Wir haben F-35, Satelliten, Raketenabwehrsysteme. Das war ein asymmetrisches Kräfteverhältnis – Elefant gegen Ameise. Und doch konnte diese Ameise wüten, weil der Elefant sich schlafen gelegt hatte.

Der Anschlag hat in Israel alte Traumata geweckt.

Das war kein normaler Terroranschlag. Es war ein Pogrom. Frauen, Kinder, Alte – sie wurden verbrannt, geschändet, erschossen. Ich habe selbst die Orte besucht. Ich kann es kaum in Worte fassen. Es war eine Grenzüberschreitung, die unsere Gesellschaft gezeichnet hat. Mein Schwiegersohn war einer der Ersten, die nach dem Angriff freiwillig zu Hilfe eilten. Er evakuierte mit seinem Revolver in der Hand Familien und wurde schwer verletzt.

Und doch hat sich in Europa der Eindruck festgesetzt, Israel nehme in Gaza auf zivile Opfer wenig Rücksicht.

Ich widerspreche. Die Hamas hat bewusst ihre militärischen Infrastrukturen unter Schulen, Moscheen, Spitälern angelegt. 700 Kilometer Tunnel – mehr als das New Yorker U-Bahn-Netz – mit dem Ziel, aus der Tiefe zu kämpfen und die eigene Bevölkerung als Schutzschild zu missbrauchen. Jeder europäische Staat hätte in dieser Lage härter reagiert – oder hilfloser. Aber niemand hätte ein sauberes Gefecht liefern können. Und viele derjenigen, die uns jetzt kritisieren, hätten in der gleichen Lage deutlich weniger Skrupel gezeigt.

Aber Israel ist durch diese Reaktion international zunehmend isoliert.

Das ist richtig. Und das war vermutlich Teil der Strategie von Sinwar, dem Hamas-Anführer. Er wollte den Nahostkonflikt zurück auf die globale Agenda zwingen. Und er war damit erfolgreich – auf brutale Weise. Selbst wenn er längst tot ist, hat er sein Ziel erreicht. Er hat Israel gezwungen, sich zu rechtfertigen – damit hat es die strategische Initiative verloren.

Sie waren Mossad-Direktor. Sie waren auch Teil des Friedensprozesses. Warum ist er gescheitert?

Weil es Zeit braucht. Der Konflikt ist nicht nur politisch. Er ist religiös, identitär, existenziell. Denken Sie an Irland: Protestanten gegen Katholiken, auf engstem Raum, mit der gleichen Sprache – und dennoch gab es Jahrzehnte des Blutvergiessens. Unser Konflikt ist noch viel komplexer. Und er wird uns weiter begleiten. Frieden entsteht nicht mit einem Handschlag. Er muss wachsen, durch Generationen hindurch.

Woher nehmen Sie trotzdem die Zuversicht für Israel?

Ich bin Israeli. Ich muss Optimist sein. Ohne diesen Glauben kann man hier nicht leben – und schon gar nicht Geheimdienstchef werden. Ich glaube, dass die Mehrheit der Menschen in Israel Frieden will. Die meisten Menschen in der Region wollen das. Aber wir müssen definieren, was unser Staat sein soll. Und wir müssen bereit sein, auf Teile des Landes zu verzichten, wenn wir den jüdischen Charakter wahren wollen. Das ist keine Schwäche. Das ist strategische Weitsicht.

Dazu braucht es aber einen minimalen Respekt vor der anderen Seite. Der 7. Oktober hat diesen nachhaltig zerstört.

Frieden wird es nur geben, wenn die anderen unsere Existenz akzeptieren. Solange das nicht geschieht – und es gab bis heute immer wieder Wellen des Terrors –, wird es keine Lösung geben. Aber ich glaube: Es ist möglich. Für meine Enkel. Für eine Zukunft, in der man Israel nicht mehr nur mit Krieg verbindet. In der wir nicht mehr in Angst, sondern mit einer Perspektive leben.

Es könnte noch schlimmer kommen: In Iran wächst die Angst vor der Zeit danach – Anne Allmeling, Neue Zürcher Zeitung, 19.06.2025

Die israelischen Angriffe erschüttern die Islamische Republik. Doch viele Iraner lehnen einen Umsturz von aussen ab – obwohl sie seit Jahrzehnten für mehr Freiheit auf die Strasse gehen.

Wer in Iran persönliche Freiheit und politische Mitbestimmung fordert, lebt gefährlich: Kritiker des iranischen Regimes müssen mit Festnahmen, Folter und im schlimmsten Fall mit dem eigenen Tod rechnen. Ein beträchtlicher Teil der iranischen Bevölkerung wagt es trotzdem immer wieder, gegen strenge Kleidervorschriften, die desolate Wirtschaftslage, politische Willkür und Polizeigewalt zu demonstrieren – etwa nach dem gewaltsamen Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini im September 2022. Unter dem Motto «Frau, Leben, Freiheit» sorgten vor allem die Iranerinnen weltweit für Aufmerksamkeit.

Das iranische Regime, das sich nach eigener Auffassung auf Prinzipien des Islams stützt, wird schon lange nur noch von einer Minderheit der Bevölkerung unterstützt. Dennoch ist es alles andere als ausgemacht, dass die Bevölkerung die mittlerweile offensichtliche Schwäche der Machtelite für einen Volksaufstand nutzt. Im Angesicht des Krieges sehen viele Iraner Israel als ihren grössten Feind. Das könnte dem Regime zugutekommen: Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Bevölkerung eines Landes wegen einer externen Bedrohung hinter ihre vielkritisierte Führung schart. Die wenigsten Iraner wünschen sich einen Umsturz, der von aussen herbeigeführt wird.

Vor allem die Mitglieder der Armee, der Revolutionswächter oder der Basij-Milizen, deren Aufgabe die Kontrolle der Gesellschaft ist, haben ein persönliches und materielles Interesse am Erhalt des Systems. Hinzu kommt, dass viele Iraner – besonders aus der bildungsarmen und einkommensschwachen Landbevölkerung – sehr religiös und konservativ sind. Obwohl auch sie unter der weitverbreiteten Korruption, der Misswirtschaft und dem Mangel an Freiheit in Iran leiden, identifizieren sie sich mit dem Regime.

Die Opposition ist schlecht organisiert

Die Mehrheit der 90 Millionen Iraner ist allerdings nach der Islamischen Revolution von 1979 zur Welt gekommen und damit mindestens 45 Jahre jünger als der Revolutionsführer Ali Khamenei. Dieser zählt wie sein Vorgänger Ruhollah Khomeiny zur Gründergeneration der Islamischen Republik. Unter Khameneis mehr als drei Jahrzehnte langer Herrschaft hat sich das politische System Irans kaum verändert – im Gegenteil: Der Revolutionsführer befürchtet offenbar, dass Zugeständnisse an die Opposition zu neuen Forderungen führen würden, die die strengen Sitten der Islamischen Republik untergraben und das System schwächen.

Der heute 86-jährige Khamenei war kurz nach dem Ende des iranisch-irakischen Krieges 1989 zum Revolutionsführer gewählt worden. Mit einem Netzwerk verbündeter Milizen wie dem Hizbullah in Libanon, der Hamas im Gazastreifen und den Huthi in Jemen gelang es ihm, trotz seiner aggressiven Rhetorik vor allem gegen die USA und Israel einen Krieg auf iranischem Territorium zu vermeiden – bis jetzt. Doch nun spüren auch Khameneis Anhänger, dass er sie nicht einmal vor den israelischen Bomben schützen kann.

Unklar ist, was auf einen Zusammenbruch des Regimes folgen könnte. In Iran gibt es keine organisierte Opposition mit einer klaren Vision für eine Zeit nach der Islamischen Republik. Liberale und linke Gruppierungen sind jeweils untereinander zerstritten. Die Anhänger von Reza Pahlavi fordern dessen Rückkehr an die Macht. Der älteste Sohn des 1979 gestürzten Shah von Persien lebt im amerikanischen Exil. Doch auch die Monarchisten sind zersplittert. Die unterschiedlichen politischen Gruppen haben bei weitem nicht genügend Anhänger, um nach einem Umsturz die Führung zu übernehmen oder eine einigende Rolle zu spielen – zumal die iranische Bevölkerung trotz ausgeprägtem Nationalsinn und unverhohlenem Stolz auf ihre Geschichte, ihre Sprache und ihre Kultur ein Vielvölkerstaat bleibt.

Proteste sind bislang ausgeblieben

Die Kurden im Nordwesten, die Belutschen im Südosten und die iranischen Araber, die vor allem in Khuzestan an der Grenze zum Irak leben, verfolgen teilweise separatistische Bestrebungen. Gut möglich, dass ein Zusammenbruch der Islamischen Republik auch das Ende der territorialen Einheit Irans bedeuten würde.

COMMENT: Ganz ähnliches gilt auch für die Russische Föderation.

Die arabischen Nachbarstaaten verfolgen die Entwicklungen in Iran jedenfalls gebannt: Sie wissen, dass die Folgen des Krieges im gesamten Nahen Osten zu spüren sein werden. Seit der Islamischen Revolution 1979 versucht das Regime in Teheran, das aus seiner Sicht erfolgreiche Projekt in die arabischen Nachbarstaaten zu exportieren.

Als im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings 2011 in Tunesien, Ägypten und Jemen Hunderttausende Menschen auf die Strasse gingen und gegen ihre Herrscher demonstrierten, beobachtete auch die Machtelite in Teheran mit grossem Interesse, was in ihrer Nachbarschaft vor sich ging. Einige Wochen lang fanden die Repräsentanten des Regimes sogar Gefallen an dem Volksaufstand in Ägypten und bezeichneten ihn als «islamisches Erwachen». Doch als offensichtlich wurde, dass die Menschen in den arabischen Ländern kein Regime nach iranischem Vorbild, sondern politische Mitbestimmung forderten, schwenkte die Führung in Teheran um: Ihre Euphorie für die Revolutionen in der Region verflog.

Im eigenen Land wussten Khamenei und seine Entourage einen radikalen Umsturz stets zu verhindern. Jetzt scheint das Regime zu wanken. Doch grosse Proteste gegen die Machtelite sind bislang ausgeblieben. Viele Iraner sehen sich und ihre Familien von den Angriffen der Israeli existenziell bedroht – und blicken in eine unsichere Zukunft. In der grössten Krise der Islamischen Republik wächst die Angst vor der Zeit danach.

PORTRÄT: Der einsame Ayatollah: Die Macht von Ali Khamenei in Iran bröckelt – Jonas Roth, Neue Zürcher Zeitung. 18.06.2025

Der greise Revolutionsführer hat in den vergangenen Tagen manche seiner engsten Berater und Freunde verloren. Ist sein Machtapparat noch genügend resilient, um die gegenwärtige Krise zu überstehen?

Im Jahr 1989 wurde Ali Khamenei zum Revolutionsführer gewählt. In den vergangenen Jahren hat er zahlreiche Krisen überstanden. AP

In gleich drei Sprachen hat Ayatollah Ali Khamenei am Mittwoch Israel gedroht: «Wir werden gegenüber den Zionisten keine Gnade zeigen», schrieb das Staatsoberhaupt der Islamischen Republik auf Farsi, Hebräisch und Englisch auf X. Später drohte er Donald Trump, dass Angriffe der USA auf Iran «irreparable Konsequenzen» haben würden. Der 86-jährige Kleriker mit dem schwarzen Turban gibt sich weiterhin wehrhaft. Doch der Krieg gegen den jüdischen Staat stellt die grösste Bedrohung für seine Macht dar, seit er nach dem Tod seines Vorgängers Ruhollah Khomeiny 1989 zum «Revolutionsführer» gewählt wurde.

Wo sich Khamenei derzeit befindet, ist nicht öffentlich bekannt. Donald Trump jedenfalls gibt an, es zu wissen – auch wenn er am Dienstag betonte, dass er ihn am Leben lassen wolle, zumindest vorderhand. Allerdings spielen israelische Politiker ebenso öffentlich mit dem Gedanken, Khamenei zu töten und einen Regimewechsel in Iran herbeizuführen. Der Ayatollah steht zunehmend alleine da: Zahlreiche seiner engsten Vertrauten und Berater wurden getötet, unter ihnen die Generäle der Revolutionswächter und der Armee.

In den vergangenen Jahrzehnten hat Khamenei so manche Krise überdauert. Die Proteste nach dem Tod der jungen Iranerin Mahsa Amini liess er brutal niederschlagen. Die Wirtschaftskrise, die das Land seit Jahren lähmt, sitzt er aus. Doch gelingt es ihm auch dieses Mal, sich an der Macht zu halten? Und was passiert, wenn nicht?

Der Ayatollah ist nicht allmächtig

Im komplizierten politischen System Irans, in dem nicht nur Politiker, sondern auch Geistliche und Militärs an Schaltstellen der Macht sitzen, laufen alle Fäden beim Revolutionsführer zusammen. Er ist der Staatschef und der Oberkommandierende der Streitkräfte und kann wichtige Posten im Sicherheitsapparat, in den Medien oder in der Justiz besetzen. Dass mit Masud Pezeshkian im vergangenen Jahr ein sogenannter Reformer zum Präsidenten gewählt wurde, hat auch damit zu tun, dass Khamenei dies überhaupt zuliess.

Dennoch ist auch der Ayatollah nicht allmächtig. Er trifft zwar jeweils die endgültigen Entscheidungen, doch verlässt er sich stets auf einen engen Kreis von 15 bis 20 Vertrauten aus dem Klerus, der Armee und der Politik. Er hört auf ihre Meinungen und versucht, die verschiedenen Interessen auszubalancieren. Manchmal knickt er auch ein.

Als Donald Trump Khamenei Anfang März in einem Brief aufforderte, über das iranische Atomprogramm zu verhandeln, wollte der Ayatollah zunächst nichts davon wissen. In aller Öffentlichkeit bezeichnete er solche Gespräche als sinnlos und idiotisch. In seinem Weltbild war dies nur konsequent: Auch mehr als vier Jahrzehnte nach der Islamischen Revolution von 1979 bleibt Khameneis Ideologie im antiamerikanischen und antiimperialistischen Gedankengut des damaligen Umschwungs verhaftet.

Doch seine Berater sollen ihn regelrecht dazu gezwungen haben, seine Meinung zu ändern. Laut der «New York Times» warnten sie ihn davor, dass sein Regime gefährdet sein könnte, sollte er Trumps Angebot ausschlagen. Und wenn Khamenei etwas fürchtet, ist es der Zusammenbruch des Systems der Islamischen Republik. Er liess sich also überreden und schickte Verhandler zu den Gesprächen mit den verhassten Amerikanern. Genützt hat es ihm nichts: Israel griff trotzdem an.

Ein Klima der Angst

Jetzt sind zahlreiche seiner wichtigsten Vertrauten tot, unter ihnen mehrere Vertreter der mächtigen Revolutionswächter: Hossein Salami, deren oberster Kommandant, Amir Ali Hajizadeh, der Chef der Luftwaffe und des Raketenprogramms, sowie der Geheimdienstchef Mohammad Kazemi. Unter der schützenden Hand des Ayatollahs sind die Revolutionswächter zum wichtigsten innen- und aussenpolitischen Machtinstrument des Systems herangewachsen. Laut Experten liegt die eigentliche Macht im Staat ohnehin bei den Militärs, die sich auch grosse Teile der Wirtschaft unter den Nagel gerissen haben.

Welche Konsequenzen ihr Tod haben wird, lässt sich noch nicht abschätzen. Klar ist, dass das Misstrauen im Militärapparat gigantisch ist. Israels Geheimdienste sind offensichtlich bis ins Zentrum der Macht vorgedrungen und scheinen überall über Spitzel zu verfügen. Niemand weiss, wem er noch vertrauen kann. Vertrauliche Absprachen sind unter diesen Umständen kaum möglich. Auch die nachrückenden Kommandanten können sich nicht mehr sicher fühlen: Am Dienstag wurde auch der neue Generalstabschef Ali Shademani nur wenige Tage nach seiner Ernennung getötet.

Doch wenn es darum geht, die Bevölkerung des Landes unter Kontrolle zu halten, kann Ali Khamenei nach wie vor auf einen riesigen Repressionsapparat zurückgreifen. Den sogenannten Basij-Milizen etwa gehören mehrere Millionen Iraner an, unter ihnen bezahlte Milizionäre und freiwillige Mitglieder, die unter anderem zur Niederschlagung von Protesten eingesetzt werden können. Dazu kommen die gefürchtete Moralpolizei, mehrere Geheimdienste sowie die sogenannten Hizbullahi – informelle Schlägertrupps, die mit Moscheen verbunden sind und zur Einschüchterung von Gegnern eingesetzt werden. Sie alle sind dazu da, für ein Klima der Angst unter Regimekritikern zu sorgen.

Ein Nachfolger steht nicht bereit

Gleichzeitig hat der Sturz des Asad-Regimes in Syrien gezeigt, wie ein vermeintlich für die Ewigkeit gemachtes System der Repression urplötzlich in sich zusammenfallen kann. Im Fall von Iran dürfte es entscheidend sein, ob die Anhänger des Regimes noch daran glauben, dass es sich lohnt, für dessen Erhalt zu kämpfen. Das Potenzial für innere Unruhen und Rufe nach Wandel sind jedenfalls längst vorhanden. Weite Teile der Bevölkerung stehen der Regierung ablehnend gegenüber. Nicht nur der Krieg, sondern auch die Wirtschaftskrise lastet schwer auf ihnen. Trotz den riesigen Öl- und Gasvorkommen kam es im Winter immer wieder zu stundenlangen Stromausfällen. Verschlechtert sich die Lage der Iraner weiter, könnte die Stimmung kippen.

Unklar ist, was passieren würde, sollte der greise Revolutionsführer getötet werden oder eines natürlichen Todes sterben – laut Gerüchten leidet er an Prostatakrebs. Einen Nachfolger hat Khamenei nie aufgebaut. Immer wieder wird sein Sohn Mojtaba als Kandidat gehandelt, der längst zu einem zentralen Rädchen im Machtapparat geworden ist. Die Entscheidung liegt ohnehin bei den Klerikern des sogenannten Expertenrats. Sie haben schon einmal einen Revolutionsführer gewählt, mit dem niemand gerechnet hatte: Ali Khamenei.

Für die USA und Israel stellt sich also die Frage, ob sie mit einer Tötung von Khamenei einen Prozess mit unabsehbaren Konsequenzen in Gang setzen wollen – oder ob es vorderhand nicht besser wäre, den berechenbaren, ideologisch erstarrten Ayatollah Ali Khamenei weiter unter Druck zu setzen.

KOMMENTAR: Trump verlässt überhastet den G-7-Gipfel und fordert ein «wirkliches Ende» des Kriegs gegen Iran – was hat er vor? – Isabelle Jacobi, Neue Zürcher Zeitung, 17.06.2025

Der amerikanische Präsident setzt in der Eskalation zwischen Israel und Iran bis anhin auf Verhandlungen. Nun befeuert er Spekulationen, dass die USA militärisch in den Krieg eingreifen würden.

Die Staats- und Regierungschefs Giorgia Meloni, Emmanuel Macron, Mark Carney und Donald Trump am G-7-Gipfel in Kananaskis. Amber Bracken / Reuters

Die Signale, die derzeit aus Washington dringen, sind verwirrlich. So setzt die Trump-Regierung weiterhin auf Verhandlungen mit Iran, wie amerikanische Medien am Montag berichteten. Das Ziel sind ein Atomabkommen und eine Waffenruhe zwischen Israel und Iran. Und das Gerücht hält sich, dass ein Treffen zwischen dem amerikanischen Nahostbeauftragten Steve Witkoff und dem iranischen Aussenminister Abbas Araghchi noch diese Woche stattfinden soll. Die Iraner drängen nach den anhaltenden israelischen Luftangriffen auf diplomatische Gespräche.

Doch in den letzten 24 Stunden hat sich die Tonalität geändert. Während Trump am Montag am Gipfel der G-7 in der kanadischen Provinz Alberta weilte, postete er eine aufschreckende Nachricht auf Truth Social: Er forderte die Bewohner von Teheran auf, die Stadt sofort zu «evakuieren». «Iran hätte den Deal unterschreiben sollen, wie ich es ihnen gesagt habe», meinte er in Bezug auf die geplatzten Gespräche der vergangenen Wochen. Iran könne unter keinen Umständen eine Atombombe entwickeln. Kurz danach verliess er das Treffen überraschend wegen der Nahostkrise.

Zuvor hatte er am G-7-Treffen in Kananaskis nach anfänglichem Widerstand eingewilligt, eine gemeinsame Erklärung zur Eskalation im Nahen Osten zu unterschreiben. Im Text wird Iran als «die Hauptquelle regionaler Instabilität und des Terrors» bezeichnet und Israels Recht auf Selbstverteidigung betont. Auch wird festgehalten, dass Iran keine Nuklearmacht werden dürfe.

Das G-7-Treffen noch in kompletter Besetzung, bevor Präsident Trump abreiste. Chigi Palace Press Office via Imago

Später, auf dem Flug zurück nach Washington, wies er den französischen Präsidenten Emmanuel Macron zurecht, der vor Medien erklärt hatte, Trump sei abgereist, um an einem Friedensabkommen zwischen Israel und Iran zu arbeiten. Dem widersprach der amerikanische Präsident. Es gehe ganz sicher nicht um ein Friedensabkommen, sondern um etwas viel «Grösseres», und er endete mit der Aufforderung «stay tuned» – bleibt eingeschaltet! Gegenüber Journalisten in der Air Force One sagte er, es gehe nun ums Endspiel: «Ein wirkliches Ende, nicht um einen Waffenstillstand.»

Damit befeuerte er Spekulationen, dass die USA nun doch in die Kriegshandlungen zwischen Israel und Iran eingreifen würden. Der israelische Präsident Benjamin Netanyahu hatte die USA laut Berichten aufgefordert, die Offensive gegen Irans Nuklearprogramm aktiv zu unterstützen. Israels Armee verfügt nicht über die bunkerbrechenden Bomben, die nötig wären, um Irans tief unter der Erde liegende wichtigste Atomanlage in Fordo zu zerstören.

Angesprochen auf die Gründe von Trumps frühzeitiger Rückkehr, gab sich die Sprecherin des Weissen Hauses, Karoline Leavitt, am Montagabend wortkarg und meinte bloss: «Wegen der Ereignisse im Nahen Osten.» Der stellvertretende Kommunikationschef Alex Pfeiffer dementierte Medienberichte, die USA seien in den Krieg eingetreten: «Amerikanische Kräfte bleiben in Verteidigungshaltung.»

Kurz nach Präsident Trump machte sich auch Aussenminister Rubio auf den Weg.

Reuters

Der selbsternannte Friedensstifter

Die widersprüchlich wirkenden Aussagen spiegeln das Dilemma wider, in dem sich die Trump-Regierung befindet. Die Republikanische Partei, aber auch die Regierung Trump ist sicherheitspolitisch gespalten: Isolationisten sehen sich aussenpolitischen Falken gegenüber.

Im Wahlkampf hatte der America-first-Kandidat seinen Wählern fest versprochen, die USA aus «fremden Kriegen» herauszuhalten. Er gab sich überzeugt, mit seinen Verhandlungskünsten den Krieg in der Ukraine und in Gaza innerhalb kürzester Zeit beenden zu können. In seiner Inaugurationsrede sagte Trump, seine stolzeste Leistung werde diejenige als Friedensstifter und Einiger sein. Wiederholt äusserte er den Wunsch, als Krönung seiner Karriere den Friedensnobelpreis zu erhalten.

Doch im Amt holte Trump schnell die Realität ein. Die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland scheiterten, weil schlicht eine Basis für eine ernsthafte Friedensbemühung fehlte – sowie der Wille des Aggressors, des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Enttäuscht über die Entwicklung, schob Trump Selenski und Putin die Schuld zu. Während des Besuchs des deutschen Kanzlers Friedrich Merz Anfang Juni hatte Trump Russland und die Ukraine mit Kindern im Park verglichen und gesagt: «Man muss sie manchmal eine Weile kämpfen lassen.» Eine ähnliche Formulierung wählte er am Sonntag im Zusammenhang mit der Nahostkrise.

Auf der Zuschauerbank

Die Offensive von Israel gegen Iran könnte die USA nun doch in Kriegshandlungen verwickeln. Als am Freitag die Angriffe begannen, sprach die Regierung in Washington von einer «unilateralen Aktion» Israels. Die USA unterstützten den Verbündeten im Nahen Osten, iranische Gegenschläge abzuwehren, wie schon Präsident Biden 2023. Allerdings verzichtet Trump darauf, Benjamin Netanyahu zur Mässigung aufzufordern wie sein Vorgänger, sondern beharrt stattdessen weiterhin auf Verhandlungen. Derweil schafft Benjamin Netanyahu neue Fakten im Nahen Osten – das iranische Regime steht nach massiven Raketenangriffen mit dem Rücken an der Wand.

Trump schien sich in seiner selbstgewählten Zuschauerrolle zunehmend unwohl zu fühlen. Noch am Sonntag forderte er die Iraner und die Israeli dazu auf, eine diplomatische Lösung zu finden. Gleichzeitig beklagte er sich, dass seine diplomatischen Leistungen zu wenig geschätzt würden. «Ich mache viel», schrieb er. Am Montag wechselte der Tonfall seiner Nachrichten auf Social Media.

Eine Entscheidung naht

Verteidigungsminister Pete Hegseth hatte am Montagmorgen angekündigt, dass er zusätzliche Kräfte in den Nahen Osten schicke, allerdings prioritär, um amerikanische Truppen zu beschützen. Zuvor gab es Berichte, dass der Flugzeugträger USS «Nimitz» den südostasiatischen Raum verlassen habe und Dutzende Militärflugzeuge der USA auf dem Weg über den Atlantik seien.

Es wird sich vielleicht schon heute zeigen, ob die USA offensiv in den Iran-Krieg eintreten. Trump würde in den USA viele politische Gesinnungsgenossen vor den Kopf stossen. Andererseits könnte der militärische Erfolg Israels seine Kosten-Nutzen-Rechnung verändert haben. Präsident Trump könnte zum Schluss gekommen sein, dass er mit einem zerstörerischen Schlag gegen Irans Atomanlagen und das iranische Regime einen historischen Sieg feiern würde. Als Trump im Jahr 2020 den hochrangigen Revolutionswächter Kassem Soleimani ausschalten liess, ertönte aus den eigenen Reihen kaum Kritik.

Präsident Donald Trump verlässt am 16. Juni den G-7-Gipfel frühzeitig wegen des Iran-Kriegs.

URAINE-KRIEG im n-tv Liveticker

Detaillierte Meldungsübersicht. Daraus eine Auswahl:

+++ 09:38 Viele tote Zivilisten in Kiew – Putin behauptet: Russland „zielt nicht auf Wohngebiete“ +++
Russland „zielt nicht auf Wohngebiete“, behauptet der russische Präsident auf einer Pressekonferenz vor ausländischen Journalisten. Er antwortet damit auf die Frage eines Journalisten von Associated Press nach dem Raketenangriff auf Kiew zwei Tage zuvor, bei dem 28 Menschen getötet und mehr als 140 verletzt wurden. In einem von russischen Kanälen verbreiteten Video des Interviews behauptet Putin, dass AP-Journalisten nicht Zeuge des Einschlags einer russischen Rakete in ein Wohnhaus gewesen sein können, weil sie sonst „wahrscheinlich nicht überlebt hätten“. Er behauptet, dass der russische Angriff auf Kiew „nicht auf Wohngebiete, sondern auf Einrichtungen des verteidigungsindustriellen Komplexes, auf Fabriken, die militärische Ausrüstung herstellen, gerichtet war“. Er konnte jedoch nicht erklären, wie bei einem Angriff auf „militärische Ziele“ Dutzende Zivilisten in der Hauptstadt getötet und verletzt wurden.

+++ 09:04 Russland schießt mehr als 100 Drohnen auf die Ukraine – 28 Menschen werden verletzt +++
Russische Drohnen- und Artillerieeinschläge haben in den vergangenen 24 Stunden in der Ukraine mindestens 28 Zivilisten verletzt, berichten regionale Beamte. Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe haben die russischen Streitkräfte allein in der Nacht 104 Drohnen vom Typ Shahed und unbemannte Täuschungskörper (UAVs) gestartet. Die ukrainische Luftabwehr kann 40 Drohnen davon abfangen, 48 verschwinden vom Radar oder werden von der elektronischen Kampfführung abgefangen.

+++ 08:23 Propaganda für den Westen: Putin plant Gespräche mit Journalisten „unfreundlicher Länder“ +++
Neben dem Versuch, der eigenen Bevölkerung Optimismus zu vermitteln, soll der Kreml das Internationale Wirtschaftsforum in St. Petersburg auch dazu nutzen, seine Propaganda in westlichen Medien unterzubringen. Das berichtet das „Institute for the Study of War“ (ISW) unter Berufung auf Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Der erklärt, dass Präsident Putin sich während der Veranstaltung mit zahlreichen Journalisten treffen werde, darunter auch solche aus „unfreundlichen Ländern“ und dem Globalen Süden. Dort wolle er dem westlichen Publikum den russischen Standpunkt vermitteln. Welche Medienvertreter das sein werden, wird nicht mitgeteilt. Wahrscheinlich, so die ISW-Einschätzung, will Putin dieses Treffen nutzen, um Kreml-Narrative zu verbreiten und so die Ziele der russischen Außenpolitik zu unterstützen, einschließlich der Abschreckung westlicher Unterstützung für die Ukraine und der Unterstützung russischer Bemühungen um eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten.

+++ 07:39 Generalstab zieht Bilanz: Gestern mehr als 1000 russische Soldaten tot oder verwundet +++
Wieder vierstellig: Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs auf Facebook werden binnen 24 Stunden erneut mehr als 1000 russische Soldaten in der Ukraine getötet oder verwundet. Seit Kriegsbeginn soll die Zahl damit bei insgesamt 1.008.240 liegen. Zudem seien zwar nur wenige weitere Panzer (vier) zerstört worden, allerdings jeweils mehr als 60 russische Artilleriesysteme und Drohnen, so der Generalstab weiter. Die Zahlen lassen sich schwer überprüfen. Das in den Niederlanden ansässige unabhängige Militärgeräteportal Oryx zählt nur anhand von Fotos oder Videos belegte Verluste. Auch die sind auf russischer Seite enorm, reichen aber an die ukrainischen Angaben nicht heran. Allerdings erfasst Oryx die Zahlen teils mit einiger Verzögerung.

+++ 07:02 Russland nutzt Wirtschaftsforum, um Bevölkerung auf langen Krieg einzustellen und abzulenken +++
Vom 18. Bis 21. Juni findet das Internationale Wirtschaftsforum in St. Petersburger statt. Wie das russische Exilmedium Meduza berichtet, soll dieses auch dazu genutzt werden, die russische Gesellschaft auf einen langwierigen Krieg vorzubereiten. Demnach kursiere rund um die Veranstaltung ein Dokument, in dem kremlnahe Medien angewiesen werden, über welche Themen sie berichten sollen. Da ist etwa die Rede von der Präsentation eines neuen Fahrzeugs eines russischen Automobilherstellers, Flaggenhissungszeremonien für Fischereifahrzeuge, Zeremonien zum Anschluss eines Dorfes und einer Fabrik im Gebiet Tambow an das Gasnetz sowie Veranstaltungen, die von der Präsidialverwaltung unterstellten Organisationen ausgerichtet werden. Ein ehemaliger Mitarbeiter der russischen Präsidialverwaltung sagte Medzua, dass sich die Veranstaltung früher an ausländische Investoren und hochkarätige Gäste aus aller Welt richtete – nun aber soll sie vor allem nach innen wirken. Sie solle der russischen Bevölkerung Optimismus vermitteln und den „Anschein zu erwecken, dass sich alles vorwärts bewegt“. Der Internetzugang rund um die Veranstaltung soll teils eingeschränkt sein. Es wird spekuliert, dass dies aktiv geschieht, um den Informationsraum besser kontrollieren zu können.

+++ 06:22 Putin: Nächste Istanbul-Gesprächsrunde nach dem 22. Juni +++
Die in diesem Jahr zweimal in Istanbul unter Vermittlung der türkischen Regierung geführten Gespräche sollten nach dem 22. Juni fortgesetzt werden. Das kündigt der russische Präsident Wladimir Putin an. In humanitärem Fragen hätten die Treffen Ergebnisse gebracht, darunter den Austausch von Gefangenen und toten Soldaten.

+++ 05:45 Behörden: Acht Verletzte nach russischen Angriffen auf Cherson +++
Bei russischen Angriffen auf die Oblast Cherson sind acht Menschen verletzt worden, berichte der „Kyiv Independent“ mit Verweis auf örtliche Strafverfolgungsbehörden. Den Behörden zufolge hat das russische Militär mehrere Siedlungen in der Region mit Artillerie und Drohnen angegriffen. Bis zum frühen Abend wurden demnach acht verletzte Zivilisten gemeldet, darunter zwei Männer in Komyshany und Romashkovo sowie sechs weitere in Bilozerka, Beryslav, Antonivka und der Regionalhauptstadt Cherson. Auch zivile Infrastruktur, darunter Privathäuser und Wohngebäude, seien bei den Angriffen beschädigt worden.

+++ 04:45 Putin warnt Bundesregierung vor Taurus-Lieferung +++
Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Bundesrepublik vor Konsequenzen bei einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gewarnt: Dies würde die deutsch-russischen Beziehungen „komplett ruinieren“ und hätte gleichzeitig „keinerlei Auswirkungen“ auf Moskaus Offensive gegen Kiew, sagte der Kreml-Chef bei einem Gespräch mit Vertretern ausländischer Medien in Sankt Petersburg. Die Bundesregierung hatte bislang keine Lieferungen von Taurus-Marschflugkörper mit einer Reichweite von über 500 Kilometern an die Ukraine zugesagt.

+++ 03:48 Daten auf russischen Servern: Moskau nennt Bedingung für Unternehmen +++
Moskau will die Speicherung aller Daten auf russischen Servern zur Bedingung für die Rückkehr ausländischer Unternehmen nach Russland machen. Das sagt der russische Wirtschaftsminister Maxim Reshetnikov laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass auf dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg. „Die Technologien sollten [hier] sein, die Daten sollten auf unseren Servern gespeichert werden“, wird der Minister von Tass zitiert.

+++ 02:43 Putin gibt sich gelassen gegenüber Nato-Aufrüstung +++
Russlands Präsident Wladimir Putin betont angesichts eines Nato-Vorstoßes zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben die Stärke der russischen Streitkräfte: „Wir betrachten jegliche Aufrüstung der Nato nicht als Bedrohung für die Russische Föderation, da wir unsere eigene Sicherheit gewährleisten können“, sagt Putin bei einem Gespräch mit Vertretern ausländischer Medien in Sankt Petersburg. Zwar räumt der Kreml-Chef ein, dass eine Aufrüstung der Nato-Staaten Russland vor „spezifische“ Herausforderungen stellen würde. Putin erklärt jedoch, dass die russischen „Streitkräfte und Verteidigungsfähigkeiten ständig modernisiert“ würden. Es bestehe kein Zweifel daran, dass Russland allen Bedrohungslagen begegnen könne.

+++ 01:25 EU-Staaten einigen sich auf Rüstungsprogramm +++
Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben sich auf ein 1,5 Milliarden Euro schweres Programm zur Finanzierung von Verteidigungsausgaben geeinigt. Das teilen Diplomaten am Abend mit. Es werde erwartet, dass die Botschafter der 27 EU-Länder dem Abkommen am kommenden Montag zustimmen werden. Danach müsse es das Europäische Parlament passieren, um in Kraft treten zu können. Die Diplomaten rechnen damit, dass die Mittel für das Programm in Zukunft aufgestockt werden.

+++ 00:20 Putin würde auch Selenskyj treffen +++
Russlands Präsident Wladimir Putin erklärt sich bereit, sich im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg mit jedem zu treffen. Dazu gehöre auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, sagt Putin in St. Petersburg. Er könne das ukrainische Staatsoberhaupt in der Endphase von Verhandlungen treffen. Wichtig sei dabei, wer von ukrainischer Seite die Dokumente unterzeichne und dass der nächste Präsident des Landes ein solches Abkommen nicht in Frage stelle. Eine Stellungnahme der Ukraine liegt zunächst nicht vor.

+++ 23:09 Putin: Bin bereit zu Gespräch mit Kanzler Merz +++
Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich zu einem Gespräch mit Kanzler Friedrich Merz bereiterklärt. Wenn Merz anrufe und reden wolle, dann sei Russland immer offen für Kontakte, sagt Putin in St. Petersburg der Deutschen Presse-Agentur. Mit Blick auf seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine sagt der Präsident, dass Russland Deutschland nicht als neutral und deshalb nicht als Vermittler in dem Konflikt sehe. Deutschland stehe auf der Seite der Ukraine, liefere Panzer an das Land und sei so an den Kampfhandlungen beteiligt. Der Kremlchef äußert sich bei dem Treffen mit Vertretern großer internationaler Nachrichtenagenturen erstmals öffentlich zum Kanzler seit dessen Wahl im Mai.

Gesprächsangebot, Taurus-Drohung Putin äußert sich erstmals über Kanzler Merz

+++ 22:14 Identifizierung aller übergebener Leichen könnte über ein Jahr dauern +++
Bis alle 6000 Leichen identifiziert sind, die Russland der Ukraine übergeben hat, könnte es bis zu 14 Monate dauern. Das teilt der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko im ukrainischen Fernsehen mit. Um die Arbeit so schnell wie möglich abzuschließen, würden Forensiker und Ermittler in drei Schichten arbeiten, sagt Klymenko laut dem Nachrichtenportal „Ukrajinska Prawda“ in der nationalen Nachrichtensendung. Der Minister wirft Russland vor, die Identifizierung der Soldaten absichtlich zu erschweren. Bei ersten Untersuchungen seien die Körperteile einer Person in mehreren Leichensäcken gefunden worden. „Jeder Leichensack kann Körperteile von einer, zwei oder drei Personen enthalten.“

+++ 21:32 Bericht: Kiews „unumkehrbarer Weg“ zur Nato soll nicht in Gipfelerklärung +++
Werden die Bestrebungen der Ukraine, zukünftig der Nato beizutreten, im Abschlusscommuniqué des anstehenden Gipfels des Militärbündnisses erwähnt? Die britische „Times“ schreibt, dass Russland in dem Kommuniqué zwar weiterhin als „direkte Bedrohung“ bezeichnet werden solle, jedoch frühere Erklärungen, wonach die Ukraine einen „unumkehrbaren Weg“ zur NATO-Mitgliedschaft eingeschlagen habe, nicht wiederholt werden sollen.

+++ 20:34 „Short and sweet“: Nato-Gipfel angeblich auf Trump zugeschnitten +++
US-Präsident Donald Trump wird eine Abneigung gegen lange Sitzungen nachgesagt. Dies wurde angeblich bei der Planung für den Nato-Gipfel, der kommende Woche Dienstag und Mittwoch in Den Haag stattfindet, berücksichtigt. Das schreibt die britische Zeitung „The Times“ und beruft sich auf Diplomaten, die sagen, dass nur eine zweieinhalbstündige Sitzung geplant sei. Üblicherweise seien es drei Sitzungen à zweieinhalb Stunden bei einem Nato-Gipfel, so die „Times“. Der Plan für diesen Gipfel laute den Diplomaten zufolge „short and sweet“ – zu deutsch also etwa „kurz und bündig“ oder auch „kurz und schmerzlos“. Dies solle außerdem helfen, mögliche Ausbrüche und Fauxpas zu vermeiden.

+++ 20:00 Ukraine meldet Festnahmen wegen Sabotagevorwürfen +++
Ukrainische Ermittler haben eigenen Angaben zufolge fünf Personen festgenommen, denen Sabotageakte im Auftrag Russlands vorgeworfen werden. Ein Mann aus Kiew habe Vorbereitungen getroffen, um einen Güterzug entgleisen zu lassen, schreibt der Inlandsgeheimdienst. Ein anderer Verdächtiger soll in der Region Saporischschja drei Geländewagen der ukrainischen Armee in Brand gesetzt haben. Zuvor sollen die Verdächtigen über Telegram-Kanäle für „schnelles Geld“ angeworben worden sein.

+++ 19:16 Diplomaten: EU-Länder einigen sich bei Verteidigungsausgaben +++
Nach Angaben von Diplomaten einigen sich die EU-Mitglieder auf ein 1,5 Milliarden Euro schweres Programm zur Finanzierung von Verteidigungsausgaben. Es werde erwartet, dass die Botschafter der 27 EU-Länder dem Abkommen am Montag zustimmen werden. Danach müsse es das Europäische Parlament passieren, um in Kraft treten zu können. Die Diplomaten rechnen damit, dass die Mittel für das Programm in Zukunft aufgestockt werden. Über ein Jahr lang haben die EU-Staaten um den Vorschlag der Europäischen Kommission für ein Europäisches Programm für die Verteidigungsindustrie (EDIP) gestritten. Dabei ging es vor allem um die Frage, welche Anschaffungen gefördert werden sollten. Der jetzt gefundene Kompromiss sieht vor, dass mindestens 65 Prozent der Kosten für die Komponenten eines im Rahmen des Programms finanzierten Gegenstands aus der EU oder bestimmten assoziierten Ländern stammen müssen.

+++ 18:42 London: Ausgabe von Prothesen in Russland nimmt zu +++
Das britische Verteidigungsministerium geht von einem deutlichen Anstieg bei der Zahl der in Russland ausgegebenen Prothesen aus. Darauf würden Open-Source-Daten hinweisen, heißt es im Londoner Geheimdienst-Update. Laut vom russischen Arbeitsministerium zitierten Daten sollen im Jahr 2024 rund 152.500 Prothesen ausgegeben worden sein. Dies entspreche einem Anstieg von 53 Prozent gegenüber 2023, heißt es in der Mitteilung aus London. Das unabhängige russische Medienunternehmen Verstka berichtete zuvor, dass verletzte russische Soldaten mit amputierten Gliedmaßen lange Zeit auf die benötigten Prothesen hätten warten müssen. London schreibt, „Russland versäumt es mit ziemlicher Sicherheit, an der Front die notwendige medizinische Versorgung zu gewährleisten, was wiederum zu einer höheren Zahl schwerer Langzeitverletzungen unter russischen Soldaten beiträgt“.

+++ 17:51 Ukrainischer Soldat soll eigene Einheit verraten haben +++
Ein ukrainischer Soldat soll die Koordinaten mehrerer Einheiten an Russlands Armee weitergegeben haben – auch die von seiner eigenen Einheit. Inlandsgeheimdienst und Staatsanwaltschaft verkünden die Festnahme des Mannes in der Region Tscherkassy. Ihm wird vorgeworfen, per Messenger die Standorte von Einheiten und militärischer Ausrüstung in vier Regionen sowie Namen und Telefonnummern von Soldaten verraten zu haben. In einem Fall soll es unmittelbar nach der Übermittlung von Daten zu einem russischen Raketenangriff auf eine Einheit gekommen sein. Der Soldat selbst habe sich zu diesem Zeitpunkt in einer anderen Region befunden, schreiben die Ermittler. Sein Handeln habe er damit begründet, die Ideologie Russlands zu unterstützen. Die Angaben lassen sich allerdings unabhängig nicht überprüfen. Dem Festgenommenen droht eine lebenslange Haftstrafe wegen Hochverrats.

+++ 17:06 Noch mehr Tote in Kiew geborgen +++
In Kiew ist die Zahl der bei den massiven russischen Angriffen getöteten Menschen nach Behördenangaben auf 28 gestiegen. „23 der Umgekommenen sind Bewohner eines zerstörten Hauseingangs“, teilt die Staatsanwaltschaft nach dem Abschluss der Sucharbeiten in Kiew mit. Insgesamt seien mehr als 140 Menschen verletzt worden. Innenminister Ihor Klymenko hatte erklärt, dass ein Marschflugkörper direkt in das neungeschossige Hochhaus eingeschlagen sei.

+++ 16:34 Präsidentschaftskreise: Selenskyj will zum Nato-Gipfel reisen +++
Aus Kiew verlautet, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine persönliche Teilnahme am Nato-Gipfel in Den Haag am kommenden Dienstag und Mittwoch plant. „Der Präsident plant, dorthin zu reisen“, heißt es aus dem Präsidialbüro. Demnach soll die Reise dazu dienen, die „Idee eines Waffenstillstands“ mit Russland voranzutreiben. Bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Militärallianz sollen unter anderem neue Ziele für die Verteidigungsausgaben beschlossen werden. Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2032 mindestens 3,5 Prozent ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung für Verteidigungsausgaben und 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Infrastruktur aufwenden.

+++ 16:19 Zeitung zitiert ukrainischen Offiziellen: „Permanente Gefahr, dass Ukraine Opfer von Trumps kurzer Aufmerksamkeitsspanne wird“ +++
In ukrainischen Diplomatenkreisen bestehen einem Bericht zufolge Unsicherheiten mit Blick auf den anstehenden Nato-Gipfel in Den Haag und ein mögliches Gespräch zwischen Präsident Selenskyj und US-Präsident Trump. Sie seien sich nicht mehr sicher, ob es sich für Selenskyj lohne, nächste Woche am Nato-Gipfel teilzunehmen, da es keine Garantie für Trumps Anwesenheit gebe, sagen mehrere ukrainische Offizielle dem britischen „Guardian“ zufolge. „Es besteht eine permanente Gefahr, dass die Ukraine Opfer der Ereignisse und Trumps kurzer Aufmerksamkeitsspanne wird“, wird einer von ihnen von der Zeitung zitiert. Die Quelle fügt demnach hinzu, dass es „alle möglichen Versprechungen“ für den G7-Gipfel in Kanada gegeben habe, darunter neue US-Waffenlieferungen. Trump hatte den G7-Gipfel vorzeitig verlassen und dies mit der eskalierten Lage im Nahen Osten begründet. Ein geplantes Treffen mit Selenskyj fand deshalb nicht statt. Selenskyj war eigenes nach Kanada gereist, um gemeinsam mit den europäischen G7-Staaten auf Trump einzuwirken, damit er den Druck auf Moskau erhöht und neue US-Sanktionen billigt.

+++ 15:36 Ukraine und USA besprechen Unterstützung von Verteidigungsprojekten durch Fonds +++
Ranghohe Vertreter der Ukraine und der USA haben Möglichkeiten sondiert, Verteidigungsprojekte in dem von Russland angegriffenen Land über einen im vergangenen Monat eingerichteten gemeinsamen Investitionsfonds zu unterstützen. Dies teilt die erste stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine, Julia Swyrydenko, mit. Die Gespräche, an denen den Angaben zufolge auch US-Finanzminister Scott Bessent teilnahm, hätten während des G7-Gipfels in Kanada stattgefunden.

+++ 14:56 Moskaus Generalstabschef an Front – aus Unzufriedenheit? +++
Der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow inspiziert nach Angaben aus Moskau den Vormarsch der eigenen Besatzungstruppen im Osten der Ukraine. Das russische Verteidigungsministerium veröffentlicht ein Video, das den General bei einem Hubschrauberflug ins Frontgebiet und in einem Kommandopunkt bei einer Lagebesprechung der Heeresgruppe Zentrum zeigen soll. Gerassimow habe die Erfüllung der Kampfaufgaben von Truppen im Raum Pokrowsk kontrolliert, teilt das Ministerium mit. Der Besuch Gerassimows könnte nach Einschätzung von Beobachtern darauf hindeuten, dass Moskau unzufrieden mit dem Vorankommen der eigenen Einheiten in der Region ist. Pokrowsk ist seit Monaten schwer umkämpft. Die Ukrainer konnten den Vormarsch der russischen Besatzer auf die Stadt bremsen. Allerdings ist es den von Moskau kontrollierten Truppen gelungen, im Norden und vor allem im Süden der Stadt vorzurücken, sodass der Stadt eine Einkreisung droht.

+++ 14:27 Berichte: Russland verstärkt Militärpräsenz nahe Finnland +++
Rund zwei Jahre nach dem Nato-Beitritt von Finnland arbeitet Russland Medienberichten zufolge daran, seine militärische Präsenz in der Nähe der russisch-finnischen Grenze zu verstärken. Wie der finnische Rundfunksender Yle anhand von neuen Satellitenaufnahmen veranschaulicht, hat Russland in Kandalakscha in der Oblast Murmansk mit Bauarbeiten für eine Garnison für eine Artilleriebrigade begonnen. Die Lokalbehörden in Murmansk gaben demnach an, an dem Ort rund 150 Kilometer östlich der Grenze eine neue Militärstadt zu errichten zu renovieren. Die Aufnahmen zeigen nach Yle-Angaben auch in anderen russischen Militärstandorten unweit der Grenze Veränderungen. Der schwedische Sender SVT hatte zuletzt ebenfalls Satellitenbilder ausgewertet, die erste Anzeichen für eine vereinzelte russische Aufrüstung in der Nähe der Grenze zu Finnland zeigen sollen. So hieß es etwa, die russische Armee habe in Petrosawodsk rund 175 Kilometer von der Grenze entfernt drei Lagerhallen errichtet. Mehr dazu lesen Sie hier.

Russische Aktivitäten nahe Grenze Diese Satellitenfotos bereiten der Nato Sorgen

+++ 13:59 Sprecher des ukrainischen Außenministers reagiert auf Moskaus irrwitzige Forderung +++
Heorhii Tychyi, Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, erklärt, die Forderung Moskaus, alle vom Westen gelieferten Waffen, die Kiew zur Verfügung stehen, zu demontieren und zu zerstören, zeige eine völlige Missachtung der Bemühungen der USA um eine Beendigung des Krieges. Zuvor hatte der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko erklärt, die Ukraine müsse alle vom Westen gelieferten Waffen, die sich in ihrem Besitz befinden, zerstören. In seiner Antwort stellt Tychyi fest, dass russische Beamte weiterhin fast täglich absurde Forderungen stellen. „Völlig unangemessen. Moskau missachtet die Bemühungen der Vereinigten Staaten um eine Beendigung des Krieges völlig“, so Tychyi auf X.

+++ 13:19 Mit großer Verspätung: US-Außenministerium verurteilt russischen Drohnenangriff auf Kiew +++
Das US-Außenministerium verurteilt einen groß angelegten kombinierten russischen Angriff auf Kiew in der Nacht auf den 17. Juni, bei dem mehr als 20 Menschen getötet wurden. Das erklärt die Sprecherin des Außenministeriums, Tammy Bruce. Sie sagt: „Wir verurteilen diese Angriffe und sprechen den Opfern und den Familien aller Betroffenen unser tiefstes Beileid aus. Der Präsident hat in der jüngsten Vergangenheit seine Meinung über Angriffe auf zivile Gebiete in dieser Hinsicht deutlich gemacht“, betont sie. Die Sprecherin des Außenministeriums bestätigt außerdem, dass bei dem Angriff auf Kiew ein US-Bürger getötet worden sei. „Wir können den Tod eines US-Bürgers in der Ukraine bestätigen und sind bereit, jede mögliche konsularische Hilfe zu leisten. Und aus Respekt vor der Familie in dieser offensichtlich schrecklichen Zeit können wir keine weiteren Details dazu anbieten“. Zwischenzeitlich wurde Kritik an US-Präsident Trump laut, weil dieser auch Stunden nach dem Angriff, der seinerseits Stunden andauerte, keinerlei Reaktion zeigte. Als er auf dem Rückflug vom G7-Gipfel dazu befragt wurde, wusste er offenbar nichts von dem Angriff. Er fand im Flugzeug auch keinerlei tröstende Worte gen Kiew oder kritische gegenüber Moskau.

+++ 12:47 Krieg in Nahost bereitet Ukrainern „große Sorge“ +++
Der beendete G7-Gipfel bringt der Ukraine nicht die gewünschten Ergebnisse, wie ntv-Reporterin Kavita Sharma die Stimmung vor Ort in Kiew wahrnimmt. Gleichzeitig bereitet die Eskalation im Nahen Osten den Ukrainern große Sorgen.

Sharma zu Angriffen und G7 Krieg in Nahost bereitet Ukrainern „große Sorge“

+++ 12:09 Russische Drohnen treffen Krankenwagen in Cherson – Zwei Sanitäter verletzt +++
Russische Drohnen treffen in der Nacht einen Krankenwagen und einen Zivilisten in der Stadt Cherson und verletzen drei Personen, darunter zwei medizinische Mitarbeiter. „Russen haben gegen Mitternacht im Bezirk Korabelnyi in Cherson einen Krankenwagen mit einer Drohne angegriffen. Ein 34-jähriger Sanitäter und ein 42-jähriger Rettungssanitäter wurden verletzt. Sie erlitten Gehirnerschütterungen, Explosionsverletzungen und geschlossene Kopfverletzungen“, schreibt die Militärverwaltung der Region auf Telegram. Die Verletzten werden versorgt. Zudem wird am frühen Morgen ein Zivilist in einem anderen Stadtbezirk verletzt. „Ein 69-jähriger Mann suchte medizinische Hilfe. Er wurde gegen 04.30 Uhr von einer feindlichen Drohne im Bezirk Dniprovskyi angegriffen. Er erlitt eine Explosionsverletzung und Schrapnellwunden“, schreibt die Militärführung auf Telegram.

+++ 11:35 „Putin-Tochter spricht über technologische Repatriierung“ +++
Der Krieg im Nahen Osten mischt die Karten in der internationalen Politik neu. Am Ende könnte Moskau kurzzeitig profitieren, erklärt auch Korrespondent Rainer Munz. Mit Blick auf den Wirtschaftsgipfel in Sankt Petersburg steht laut dem Russland-Experten auch das Thema Sanktionen im Fokus.

Munz zu Russland-Wirtschaftsgipfel „Putin-Tochter spricht über technologische Repatriierung“

+++ 11:04 Kallas redet Nato gegenüber Moskau stark – Russland hätte keine Chance +++
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas betont vor dem Hintergrund der Bedrohung aus Russland die Stärke der westlichen Bündnisse gegenüber Moskau. „Russland hat gegen die Nato und die EU keine Chance“, sagt Kallas bei einer Rede vor dem Europäischen Parlament. „Aber wir müssen zusammenhalten“, fügt die EU-Außenbeauftragte hinzu. Kallas sprach anlässlich des Nato-Gipfels in Den Haag nächste Woche vor den Europa-Abgeordneten. „Die Wahrung der Einheit des Bündnisses ist ebenso wichtig wie die Erhöhung der Verteidigungsausgaben“, so die EU-Außenbeauftragte. „Ich glaube nicht, dass es eine Bedrohung gibt, die wir nicht überwinden können, wenn wir gemeinsam und mit unseren Nato-Verbündeten handeln“, verdeutlicht sie. Bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Militärallianz sollen unter anderem neue Ziele für die Verteidigungsausgaben beschlossen werden.

+++ 10:27 OSKAR hilft der Ukraine – neue Kleindrohne fliegt 25 Kilometer weit +++
Die ukrainischen Truppen erhalten die neue Drohne MV-25 OSKAR, die von der französischen Firma KNDS France in Zusammenarbeit mit DELAIR und EOS Technologie entwickelt wurde. Diese Drohne ist Teil der MATARIS-Produktlinie, die mehrere Modelle mit unterschiedlichen Flugbereichen und Einsatzzwecken umfasst. Die Entwickler weisen darauf hin, dass der MV-25 OSKAR bei den ukrainischen Streitkräften auf positive Resonanz gestoßen ist. Ihre Entwicklung und Einführung dauerte nur zwei Jahre, während die ersten Kampfversuche im Juni 2024 stattfanden. Diese Drohne ist für den Einsatz gegen Infanterie und leicht gepanzerte Fahrzeuge konzipiert. Sie ist mit einem hochexplosiven 550-Gramm-Splittergefechtskopf ausgestattet und kann in einer Entfernung von bis zu 25 Kilometer operieren und bis zu 45 Minuten in der Luft bleiben. Der MV-25 OSKAR lässt sich leicht einsetzen und benötigt weder eine Landebahn noch ein vorbereitetes Gelände. Das Gerät hat eine geringe Radarsichtbarkeit und nutzt einen störungsresistenten Datenübertragungskanal, der die Navigation in Abwesenheit von Satellitensignalen ermöglicht.

+++ 09:46 Bericht: EU-Delegierte in Wladiwostok zusammengeschlagen – Sicherheitsbehörden in Verdacht +++
Nach Informationen des „Spiegel“ ist eine Vertreterin der Delegation der Europäischen Union (EU) in Russland körperlich angegriffen worden, offenbar von Beamten der russischen Sicherheitsbehörden. Die Attacke ereignete sich Ende Mai in Wladiwostok. Dort hielt sich die Diplomatin für eine Dienstreise auf. Anitta Hipper, Sprecherin der EU-Kommission, bestätigt dem „Spiegel“ den Vorfall. Wie es aus EU-Diplomatenkreisen heißt, hatte die Mitarbeiterin der EU-Vertretung am 26. Mai morgens gegen sieben Uhr Ortszeit in Wladiwostok einen Spaziergang machen wollen, weil sie nicht mehr schlafen konnte. Nachdem sie das Hotel verlassen habe, habe ein Auto neben ihr gehalten und zwei Männer seien ausgestiegen, die sie dann bedroht und zusammengeschlagen hätten. Man wisse nicht genau, ob es sich bei den Angreifern um Mitarbeiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB handele, heißt es in EU-Diplomatenkreisen, man gehe aber sehr stark davon aus. Die betroffene Frau aus Rumänien wurde außer Landes gebracht. Wie es der Frau inzwischen geht, ist unklar. Mitglieder diplomatischer Missionen genießen nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen in ihren Gastländern besonderen Schutz. Dies gilt auch für russische Diplomaten in der EU.

+++ 09:18 Nach G7-Gipfel: Geldregen für Kiew und Sanktionen für Moskau aus Kanada +++
Der kanadische Premierminister Mark Carney kündigt ein neues Militärhilfepaket für die Ukraine in Höhe von 2 Milliarden kanadischen Dollar (1,27 Mrd. Euro) an, berichtet die Deutsche Welle. Die Mittel werden für den Kauf von Drohnen, Munition und gepanzerten Fahrzeugen für die ukrainischen Streitkräfte verwendet. Außerdem sagte er ein neues Darlehen in Höhe von 2,3 Milliarden Dollar (1,46 Mrd. Euro) zu, um den Wiederaufbau der Infrastruktur in der Ukraine zu unterstützen. Der kanadische Premierminister betont, dass es „wichtig ist, maximalen Druck auf Russland auszuüben, das sich weigert, an den Verhandlungstisch zu kommen“. Zuvor war berichtet worden, dass Kanada Sanktionen gegen 44 russische Personen, darunter Putins Ex-Frau und seinen Neffen, verhängt hat. Auch Unternehmen und die sogenannte „Schattenflotte“ sollen sanktioniert werden.

+++ 08:41 Kampfhandlungen doch nicht eingestellt? Russische Truppen rücken in Sumy wieder vor +++
Die russischen Streitkräfte sind in der Nähe von Junakiwka in der Region Sumy vorgerückt. Das meldet das dem ukrainischen Militär nahestehende Militärblog DeepState. Am 13. Juni gab Präsident Selenskyj noch bekannt, dass die russischen Truppen auf der Sumy-Achse gestoppt worden seien. Zu diesem Zeitpunkt seien sie maximal sieben Kilometer in ukrainisches Territorium vorgedrungen, hieß es. Tags darauf verkündete Selenskyj gar die Befreiung des Dorfes Andriivka in Sumy, das angeblich seit dem 4. Juni besetzt war. Am 16. Juni meldete der Sprecher des ukrainischen Grenzschutzdienstes, Andrii Demtschenko, einen Rückgang der russischen Militäraktivitäten in der Nähe der Grenze in Richtung Sumy. Vor Wochen berichtete das ukrainische Militär, dass Russland etwa 50.000 Soldaten nördlich der Region Sumy zusammengezogen habe, um dort eine große Offensive zu starten. Es ist unklar, ob die sogenannte Sommeroffensive bereits begonnen hat.

+++ 08:08 Jetzt auch Australien: „Down under“ sanktioniert erstmals russische „Schattenflotte“ +++
Australien verhängt erstmals Sanktionen gegen Schiffe der sogenannten russischen Schattenflotte. „Russland nutzt diese Schiffe, um internationale Sanktionen zu umgehen und seinen illegalen und unmoralischen Krieg gegen die Ukraine fortzusetzen“, erklärt das australische Außenministerium. Die Sanktionen richten sich gegen 60 verdächtige Schiffe. Die betroffenen Öltanker operieren laut Außenministerium mit „irreführenden Methoden“, etwa das häufige Wechseln der Flaggen, das Abschalten von Ortungssystemen sowie mangelhaftem Versicherungsschutz. Die „Schattenflotte“ ermögliche Moskau den illegalen Handel mit russischem Öl und anderen sanktionierten Gütern, heißt es weiter.

WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN

05:59Putin warnt Bundesregierung vor Taurus-Lieferung an Ukraine229dpa-AFX
DiKanada kündigt bei G7-Gipfel weitere Hilfe für Ukraine an190dpa-AFX
DiG7-Abschluss ohne Trump – Ukraine-Krieg im Fokus192dts Nachrichtenagentur
DiG7-Gipfel berät mit Selenskyj über Ukraine-Krieg305dpa-AFX

ZENTRALBANKEN

Die US-Notenbank trotzt Trump und verzichtet auf eine Zinssenkung – Thomas Fuster, Neue Zürcher Zeitung, 18.06.2025

Der Fed-Vorsitzende Powell zeigt sich geduldig. Da die Wirtschaftslage derzeit von hoher Unsicherheit geprägt ist, lässt er den Leitzins unverändert – und ignoriert die Kritik des Weissen Hauses.

Donald Trump mag noch so laut schimpfen – die amerikanische Zentralbank zeigt sich unbeeindruckt. Ungeachtet der seit Monaten anhaltenden Forderungen des Präsidenten, die Zinsen rasch zu senken, sieht das Federal Reserve keinen Grund zur Eile. Nach zweitägigen Beratungen hat die Währungsbehörde entschieden, den Leitzins im Bereich von 4,25 bis 4,5 Prozent zu lassen. In diesem Korridor liegen die Kreditkosten schon seit vergangenem Dezember.

Zwei Zinssenkungen für 2025 erwartet

Die Zinspause kommt wenig überraschend. Am Finanzmarkt rechneten fast alle Beobachter damit. Im Statement zum Entscheid schreibt das Fed, die Unsicherheit zu den wirtschaftlichen Aussichten habe zwar abgenommen, bleibe aber hoch. Die Notenbank kam daher zu dem Schluss, mit einer Zinsänderung zu warten, bis die Sicht klarer ist. Schwer prognostizierbar sind derzeit vor allem Trumps Zollpolitik und ihre Auswirkung auf die Inflation. Auch der Krieg Israels gegen Iran trägt zur Verunsicherung bei.

Für mehr Spannung als der Zinsentscheid sorgte in den vergangenen Tagen die Frage, wie die Mitglieder des Offenmarktausschusses die Zinsentwicklung einschätzen. Die Projektionen zeigen, dass bis Ende Jahr mit einem Leitzins von 3,9 Prozent (Median) gerechnet wird, was zwei Zinssenkungen entspricht. Das ist ein gleich hoher Wert wie bei der Schätzung im März, als Trumps Zollpläne noch nicht bekannt waren. Jedoch rechnet eine wachsende Zahl von Fed-Vertretern damit, dass dieses Jahr keine Zinssenkung mehr stattfinden wird.

Beim Wirtschaftswachstum korrigiert das Fed die Prognose für das laufende Jahr von 1,7 Prozent auf 1,4 Prozent nach unten. Die Notenbanker rechnen für 2025 ausserdem mit einer höheren Inflationsrate von 3,0 Prozent, nachdem man im März noch eine Teuerungsrate von 2,7 Prozent geschätzt hatte. Im Vergleich mit der derzeit bei 2,4 Prozent liegenden Inflation erwartet das Fed somit steigenden Teuerungsdruck bei schwächerer Konjunktur.

Zölle noch kaum in Teuerung erkennbar

Das Fed befindet sich somit im Dilemma. Denn die zwei Ziele ihres Mandats – Preisstabilität und Vollbeschäftigung – stehen im Konflikt zueinander. Die über dem Zielwert von 2 Prozent liegende Inflation und die potenziell preistreibende Wirkung der US-Zölle sprächen eher für steigende Zinsen. Die leichte Eintrübung der Konjunktur und die moderat steigende Zahl von Neuanträgen für Arbeitslosengelder würden demgegenüber eine Zinssenkung nahelegen.

Die gute Nachricht: Amerikas Zollpolitik sorgt zwar seit Monaten für viel politischen Streit. In den Inflationsdaten ist sie aber noch kaum erkennbar. Im Mai fiel die Inflation abermals schwächer aus als erwartet. Grund zur Entwarnung ist dies aber nicht. Erstens haben vor Inkrafttreten der Zölle viele US-Unternehmen ihre Lager noch aufgefüllt; diese günstigen Waren dürften aber bald aufgebraucht sein. Zweitens dauert es eine gewisse Zeit, bis höhere Zölle beim Konsumenten ankommen.

«Irgendjemand muss für die Zölle bezahlen», sagte der Fed-Chef Jerome Powell an der Medienkonferenz. Zwar versuche jeder in der langen Kette zwischen Hersteller, Exporteur, Importeur, Einzelhändler und Konsument, selber die Kosten nicht tragen zu müssen. Doch letztlich habe jemand die Rechnung zu begleichen. Und ein Teil davon werde beim Endverbraucher landen. Wie viel das sein werde, sei unklar. Daher wolle das Fed zunächst abwarten, um nicht voreilige Urteile zu fällen.

Trump sieht das anders. Nach der Veröffentlichung der jüngsten Inflationsdaten forderte er kürzlich eine Zinssenkung um einen vollen Prozentpunkt. Doch die Forderung fusst auf einem vorschnellen Urteil zur Inflationsentwicklung. So berichten Amerikas Firmen in Umfragen von steigenden Einkaufskosten und geben an, die höheren Kosten in den kommenden Monaten teilweise auch auf die Kunden überwälzen zu wollen.

Höhere Inflation im späteren Jahresverlauf

Ökonomen erwarten daher, dass die Zölle ab dem zweiten Halbjahr verstärkt auf die Preise durchschlagen werden. Diesen Schluss legen auch die rekordhohen Zolleinnahmen nahe. Ungeachtet der vielen Rückzieher und Wendungen im erratischen Zollstreit betragen diese Einnahmen schon knapp 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Noch Anfang Jahr hatte der Wert bei 0,3 Prozent und vor Trumps erster Präsidentschaft sogar bei weniger als 0,2 Prozent gelegen.

Die Daten zeigen, dass die Zölle überwiegend von den amerikanischen Importeuren getragen werden, nicht aber von den ausländischen Exporteuren, wie dies Trump stets in Aussicht gestellt hatte. Blickt man nämlich auf die Importpreise unter Ausklammerung der Zölle, haben sich diese bisher nicht gross verändert. Die ausländischen Exporteure haben ihre Verkaufspreise also kaum gesenkt und reichen die Last der Zölle an die amerikanischen Einkäufer weiter.

Auch wenn das Zinsniveau über dem neutralen Niveau liegt und laut Powell «leicht restriktiv» wirkt: Das Fed kann sich die Zinspause leisten, da sich die Wirtschaft besser entwickelt, als dies vor einigen Monaten aufgrund der eingetrübten Stimmungsindikatoren zu erwarten war. Allein im Mai sind 139 000 Jobs geschaffen worden. Und die Abkühlung des Arbeitsmarktes erfolgt bei einer noch immer tiefen Arbeitslosenquote von 4,2 Prozent. «Es ist eine gute Wirtschaft mit ordentlichem Wachstum», sagte Powell. Nach baldigen Zinssenkungen klang das nicht.

WIRTSCHAFTSMELDUNGEN IM ÜBERBLICK

MiÜBERBLICK am Abend/Konjunktur, Zentralbanken, PolitikDow Jones News
MiUS-Rohöllagerbestände fallen stärker als erwartetDow Jones News
MiErstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe gesunkenDow Jones News
MiUSA: Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fallen leichtdpa-AFX
MiÜBERBLICK am Mittwoch/Konjunktur, Zentralbanken, PolitikDow Jones News
MiEZB teilt bei siebentägigem Dollar-Tender 13 Millionen zuDow Jones News
MiEurostat bestätigt Rückgang der Inflation im Mai auf 1,9 ProzentDow Jones News
MiTABELLE/EU-Verbraucherpreise Mai nach LändernDow Jones News
MiEZB: Euroraum-Leistungsbilanzüberschuss im April mehr als halbiertDow Jones News
MiÜBERBLICK am Morgen/Konjunktur, Zentralbanken, PolitikDow Jones News
MiEisen- und Stahlexporte in die USA sinkenDow Jones News
MiZahl der Wohnbaugenehmigungen in Deutschland nimmt im April zuDow Jones News
MiGroßbritannien: Inflation sinkt im Mai nur etwasdpa-AFX
MiPRESSESPIEGEL/Zinsen, Konjunktur, Kapitalmärkte, BranchenDow Jones News

WEITERE MELDUNGEN

ORF MELDUNGBÜNDEL WELT

Ukraine: Ein Toter nach nächtlichen Drohnenangriffen

Putin würde sich mit Selenskyj treffen

Ausreise von Österreichern aus Iran und aus Israel läuft

Auch Finnland fixiert Ausstieg aus Vertrag zu Antipersonenminen

Europarat mahnt Deutschland wegen Vorgehen bei Gaza-Demos

USA verlangen für Studentenvisa Einsicht in Social-Media-Profile

Israel meldet Tötung von Hisbollah-Kommandanten im Libanon

Schweiz senkt Zinsen wegen Deflationssorgen auf null

Vodafone holt sich neue Finanzchefin von Microsoft

USA

Der Dollar schwächelt – das kann harmlos sein oder der Vorbote eines Crashs – André Müller (New York), Neue Zürcher Zeitung, 18.06.2025

Trumps Zoll-Spektakel und verantwortungslose Budgetpolitik lassen Anleger daran zweifeln, ob der Dollar die Reservewährung der Welt bleibt. Doch die jüngsten Daten geben den Optimisten Auftrieb.

Mit dem Dollar stimmt etwas nicht. Das fiel allen Finanzmarktteilnehmern auf, als Trump Anfang April fast alle Handelspartner mit enormen Zolldrohungen schockierte. Gemäss Lehrbuch hätte der Dollar in einem solchen Fall erstarken müssen: Die hohen Zölle würden für mehr Inflation sorgen, welche die Notenbank Fed dann mit höheren Leitzinsen bekämpfen würde. Hohe Zinsen wiederum versprechen bessere Renditen und locken mehr Anleger in den Dollarraum, was den Greenback nach oben drückt.

Doch nach Trumps «Tag der Befreiung» passierte das Gegenteil. Der Dollar gab nach – und gleichzeitig auch der Wert von US-Staatsanleihen und -Aktien. Es schien, als ob die ausländischen Investoren Reissaus nahmen und alles verkauften, was mit den USA zu tun hatte. Manche Kommentatoren sahen das Ende des Dollars als weltweite Reservewährung nahen. Dass Trump und die republikanische Mehrheit im Kongress das riesige Haushaltsdefizit nicht verkleinern wollen, vergrösserte diese Sorge im Mai abermals.

Doch machte Trump in seiner Handelspolitik seither mehrere Rückzieher. Die Märkte glauben, vielleicht etwas gar optimistisch, dass das Schlimmste an der Zollfront überstanden ist. Der amerikanische Aktienmarkt hat sich von seinem Tiefstand im April daher erholt – nicht allerdings der Dollar.

Nicht mehr aussergewöhnlich, aber solide

Bloss: Was hat diese Schwäche zu bedeuten? Die US-Optimisten sehen darin bloss das Ende einer Ausnahmesituation, die Pessimisten warnen weiterhin vor einem bevorstehenden Kollaps. Dazwischen liegt ein weites Feld – mit valablen Argumenten für beide Theorien.

«Händler, Investoren und die Medien nehmen stets die Position ein, dass bei einer kräftigen Bewegung das Ende der Welt bevorsteht», sagt Steven Blitz, US-Chefökonom beim Wirtschaftsanalyse-Unternehmen GlobalData TS Lombard. «Dabei beobachten wir bis jetzt eher die Korrektur eines zu starken Dollars, eine Rückkehr zum langjährigen Mittel.»

Tatsächlich ist der Dollar gegenüber dem Euro nur wenige Prozente schwächer als im Herbst 2024. Von 2003 bis 2014, oder erneut 2022, war der Euro sogar noch deutlich stärker als heute. Ähnlich sieht das Bild aus, wenn man dem Dollar einen handelsgewichteten Währungskorb gegenüberstellt.

Ab Oktober 2024 war der Dollar tatsächlich auf einem Höhenflug: Der amerikanische Aktienmarkt entwickelte sich damals sehr gut. Die Anleger erwarteten, dass die USA auf absehbare Zeit die Lokomotive der Weltwirtschaft bleiben würden. Ihre starke Technologiebranche würde die Zukunft der Menschheit gestalten, während China mit hausgemachten Problemen wie seiner Immobilienkrise beschäftigt wäre und ein wachstumsschwaches, führungsloses Europa sich weiter mehr schlecht als recht durchwursteln würde.

Seither hat Deutschland ein grosses Investitionspaket aufgelegt, was das Wirtschaftswachstum befeuern könnte. Die Stimmung gerade unter professionellen Anlegern ist europafreundlicher und US-kritischer geworden. Man erwartet wegen Trumps Handelspolitik plötzlich weniger Wachstum in den USA. Hinzu kommt, dass die Bewertungen von amerikanischen Unternehmen schon Anfang 2025 enorm hoch waren, gemessen am Verhältnis von realisierten und erwarteten Gewinnen gegenüber ihrem Aktienkurs.

All das untermauert die These der Optimisten: Der Dollar war bis vor wenigen Monaten viel zu stark, weshalb sein Rückgang verständlich und ungefährlich ist.

Der alte Konsens wackelt

Die zweite, besorgniserregendere Variante ist, dass die Anleger die Unabhängigkeit des Fed hinterfragen: Weil die Verschuldung der USA derart stark angestiegen ist, könne sich das Land schlicht keine Hochzinsphasen mehr leisten. Bevor Amerika bankrottgeht, würde daher das Fed entweder die Staatsschulden aufkaufen oder anderweitig für künstlich tiefe Zinsen sorgen.

Robin Brooks, Ökonom und Währungsspezialist bei der Denkfabrik Brookings Institute, zählt in seinem Blog Daten auf, mit denen sich diese Theorie testen lässt. Von Interesse sei insbesondere die Reaktion des Dollars auf unerwartete Wirtschaftsdaten aus den USA. Gemäss Brooks ist der Dollar in den vergangenen Jahren stets erstarkt, wenn gute Wirtschaftsdaten vorlagen. Ganz wie es das Lehrbuch vorhersagen würde: Starke Daten motivieren das Fed zu einer straffen Geldpolitik, was den Dollar stärkt.

Zuletzt haben die Märkte nicht immer so reagiert wie erwartet, wobei die neusten Daten wieder den Optimisten in die Hände spielen. Als am 6. Juni erstaunlich gute Daten vom US-Arbeitsmarkt publiziert wurden, erstarkte der Greenback. Brooks wertet das als gutes Zeichen, dass der Ausnahmestatus des Dollars trotz einer «unvernünftigen Fiskalpolitik» noch nicht gefährdet ist.

Keine Alternative in Sicht

Und dennoch ist das Horrorszenario nicht verschwunden: Trump könnte das Ende des Dollars einläuten, falls er die Wirtschaft weiter mit enormen Zolldrohungen verunsichert und schwächt, die Unabhängigkeit der Notenbank infrage stellt und das riesige Haushaltsdefizit nicht unter Kontrolle bringt.

Die Anleger würden sich in Panik und ruckartig vom Greenback abwenden. Der Dollar verlöre seinen Status als Reservewährung, und die Schuldzinsen in den USA stiegen stark an, was wiederum die Wirtschaft abwürgen würde. Dieses Szenario hatte von April bis Mai Hochkonjunktur – bevor sich die Finanzmärkte davon überzeugten, dass Trump im Handelsstreit vor allem leere Drohungen ausstösst, aber einknickt, wenn es hart auf hart kommt.

Das stärkste Argument gegen einen solchen Zerfall des Dollars bleibt, dass sich die Welt derzeit schlicht nicht auf eine alternative Reservewährung einigen könnte. China kontrolliert den Yuan viel zu eng, und der Euro leidet darunter, dass die EU noch immer keine Kapitalmarktunion zustande bringt.

Auch die Marktbewegung am vergangenen Freitag – kurz nach den ersten israelischen Luftangriffen auf Iran – lassen sich entsprechend interpretieren. Der Dollar erstarkte umgehend, was darauf hindeutet, dass er seine Rolle als sicherer Hafen in Krisenzeiten behalten hat.

Der Konsens bröckelt

Doch auch ohne Zusammenbruch ist es denkbar, dass sich die Währungsordnung in den kommenden Jahren verschiebt. Seit 1987 hätten die USA einen starken, stabilen Dollar aufrechterhalten und ausländischen Investoren ihre Vermögenswerte verkauft, sagt Steven Blitz.

«Die Ausländer haben diese Anlagen gerne getätigt, und im Gegenzug profitierten die USA von günstigeren Zinsen, als sie andernfalls erhalten hätten.» Für die amerikanische Industrie war der Dollar eigentlich zu stark. Aber sie arrangierte sich, indem sie zusehends im Ausland produzierte, was dank stabilem Dollar problemlos möglich war.

Für die US-Konsumenten, für die Arbeitgeber und für ausländische Investoren ging der Deal auf. Die Einzigen, denen das Arrangement schadete, waren die amerikanischen Industriearbeiter. Sie wurden daher zu einer wichtigen Basis von Trumps Wählerschaft.

Trump attackiert nun diesen Konsens, der den aussergewöhnlichen Status des Dollars über Jahrzehnte unterlegt hat. Das führt zu höheren Anleihenrenditen und einem schwächeren Dollar sowie dazu, dass Investitionen in amerikanische Vermögenswerte weniger attraktiv sind.

Das System war allerdings schon vor Trump aus der Balance geraten. «Der Dollar war in den vergangenen Jahren sehr stark, obwohl andere Länder grosse Handelsbilanzüberschüsse aufwiesen», sagt Blitz. Die Wirtschaftstheorie besage, dass in solchen Fällen die Währung des Defizitlandes an Wert verliere. Dass dies in den USA nicht geschah, hat mit dem Status des Dollars als Reservewährung zu tun. Doch hätten zugleich China, Japan und Europa ihre Währungen schwach gehalten, «was es ihnen erlaubte, die einheimischen Wachstumsprobleme nicht anzugehen».

An einem gewissen Punkt sei eine Korrektur nötig geworden. «Ich unterstütze weder Trumps verrückte Zölle noch die Art, wie er Probleme anpackt», sagt Blitz. «Aber auf seine ungeschickte Art zieht Trump die Welt dafür zur Rechenschaft.»

INTERVIEW: «Ein Dollar-Crash ist absolut möglich», sagt Harvard-Professorin Carmen Reinhart – Albert Steck, Neue Zürcher Zeitung, 17.06.2025

Finanzkrisen sind das Spezialgebiet von Carmen Reinhart. Sie rechnet mit einer Häufung wirtschaftlicher Schocks. Als Grund sieht sie die gefährlich hohe Verschuldung. Auch die Schweizerische Nationalbank könnte dabei viel Geld verlieren.

Schuldenkrisen sind ihr Spezialgebiet

sal. Die 1955 geborene Carmen Reinhart hat eine lange akademische Karriere hinter sich und zählt zu den einflussreichsten Ökonominnen. Ihr bekanntestes Buch mit dem Titel «This Time Is Different» publizierte sie zusammen mit Kenneth Rogoff. Darin untersuchen die beiden die Geschichte von Finanzkrisen. Von 2020 bis 2022 war die Harvard-Professorin zudem Chefökonomin der Weltbank. Reinhart gilt seit Jahren als Anwärterin auf den Wirtschaftsnobelpreis.

COMMENT: Die Schlussfolgerungen in diesem Buch liefen – plakativ formuliert – darauf hinaus: je höher die Staatsschulden, umso niedriger das Wirtschaftswachstum. Problematisch an der Studie war, dass sie einem Rechenfehler unterlag. Ein Student deckte den unsachgemäßen Umgang mit EXCEL-Tabellen auf, die das Studienergebnis relativierte. Es lebe die digitale Welt mit ihren Instrumenten. In der Tat ist der Einsatz von EXCEL als Statistik-Werkzeug heikel, wenn man nicht genau aufpasst.

Das gegenwärtige Umfeld sei prädestiniert für Unfälle und wirtschaftliche Schocks, sagt Carmen Reinhart. Martha Stewart / Harvard University

Frau Reinhart, Sie haben sich auf globale Finanzkrisen spezialisiert. Derzeit erleben wir massive Umbrüche in der Welt, die sehr chaotisch wirken. Können Sie ein Muster dahinter erkennen?

Das zentrale Thema für mich ist die Zunahme der Unsicherheit. In einer Phase mit Umbrüchen wirkt vieles plötzlich instabil. In einer solchen Welt wissen die Menschen nicht mehr, woran sie sich orientieren sollen. Eine ähnliche Lage herrschte in den 1970er Jahren, als die hohe Inflation zu einem starken Vertrauensverlust führte. Doch ein Punkt war damals anders: Die Verschuldung erreichte nur einen Bruchteil von heute.

Die Schulden sind explodiert, und zugleich hat sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt. Somit wird es immer schwieriger, aus den Schulden herauszuwachsen.

Was die heutige Verschuldung so gefährlich macht: Die Welt hat in den letzten Dekaden von der Great Moderation profitiert. Nicht nur die Konjunkturschwankungen fielen moderater aus. Parallel dazu sind vor allem auch die Zinsen massiv gesunken. Was dazu geführt hat, dass uns die Schulden immer weniger gekostet haben.

Von diesem Rückenwind können wir künftig nicht mehr profitieren?

In den frühen 1980er Jahren erlebten wir zunächst eine Ära mit einer hoher Volatilität an den Märkten und tiefen Schulden. Danach sind wir in eine Phase mit sinkender Volatilität, aber steigenden Schulden übergetreten. Doch jetzt steigt neben den Schulden auch die Volatilität: Eine solche Kombination ist prädestiniert für Unfälle und wirtschaftliche Schocks. Hinzu kommt die zunehmende Feindseligkeit auf geopolitischer Ebene, die mich sehr beunruhigt.

Donald Trump heizt die Verschuldung mit der «Big Beautiful Bill» weiter an. Das Steuergesetz dürfte zu einem konstanten Haushaltsdefizit von mehr als 6 Prozent führen.

Das ist höchst problematisch. Eigentlich sollte sich die Regierung ja darum kümmern, wie sie die Schuldenlast verringern kann. Doch davon ist sie weit entfernt: Das Gesetz anerkennt nicht einmal die dringende Notwendigkeit, die Verschuldung wenigstens zu stabilisieren. Bedenklich ist ebenso, dass die Regierung die Zolleinnahmen als substanzielle Quelle zur Finanzierung des Staatshaushalts einkalkuliert, obwohl noch völlig unklar ist, wie hoch diese Erträge überhaupt ausfallen.

Die USA gehören zu den reichsten Ländern und haben eine starke Wirtschaft. Folglich kann sich das Land eine höhere Verschuldung leisten.

Trotzdem kosten uns die Schulden enorm viel Geld: Der amerikanische Staat gab im letzten Jahr 12 Prozent seines Haushalts für Zinszahlungen aus. Das ist mit Abstand der höchste Anteil unter den westlichen Ländern. Um eine ähnlich hohe Belastung für den Schuldendienst zu finden, müssen wir die Verhältnisse in Griechenland vor zehn Jahren heranziehen. Auch wenn die USA einen höheren Wohlstand geniessen: Diese Entwicklung ist nicht gratis – am Ende muss jemand dafür zahlen.

Wer bezahlt die Zeche: Sind es primär die Sparer?

In der Geschichte gab es lediglich vier Perioden mit negativen realen Zinssätzen: während der beiden Weltkriege, in den 1970er Jahren wegen der hohen Inflation sowie seit der Finanzkrise von 2008. Historisch betrachtet stellt die heutige Situation also einen Sonderfall dar. Die Gefahr besteht, dass sich dieser schleichende Sparverlust zur dauerhaften finanziellen Repression ausweitet. Dies hängt zum Beispiel auch davon ab, ob die Zentralbanken in Zukunft ihre Unabhängigkeit bewahren können oder ob sie durch den Staat instrumentalisiert werden.

Lässt sich das tiefe Zinsniveau aber nicht ebenso durch natürliche Faktoren erklären, etwa die demografische Alterung und die geringeren Fortschritte bei der Produktivität? Manche Ökonomen sprechen von einer Ära der «säkularen Stagnation».

Ich bestreite nicht, dass diese Kräfte einen Einfluss haben. Daneben aber gibt es einen weiteren wichtigen Faktor: Nach der Finanzkrise hatten es die Zentralbanken explizit darauf abgesehen, ein tiefes Zinsniveau zu erreichen. Zu diesem Zweck haben sie zu ausserordentlichen Massnahmen wie dem Erwerb von Staatsanleihen gegriffen. Daher ist die Unabhängigkeit der Notenbanken ein so zentraler Aspekt.

Besteht das Risiko, dass die Märkte plötzlich gegen die steigenden Staatsschulden rebellieren? Grossbritannien erlebte dies im Jahr 2022 mit dem «Liz-Truss-Moment»: Als die damalige Premierministerin Steuersenkungen ankündigte, schossen die Zinssätze für Staatsanleihen unkontrolliert nach oben, worauf Truss zurücktreten musste. Könnte so etwas auch in den USA passieren?

Absolut. Die Rebellion der Märkte kann ausserdem zu einer abrupten Abwertung der Währung führen. Nehmen wir Japan: Die Abschwächung des Yen im Jahr 2022 erfüllte die Reinhart-Rogoff-Definition für einen Währungs-Crash: Der Verlust innert Jahresfrist lag über 15 Prozent. Die Reaktion der Märkte auf Trumps Zollpläne im April fiel ähnlich aus: Normalerweise fliessen den USA Gelder zu, wenn Unsicherheit aufkommt. Stattdessen haben die Investoren ihr Kapital abgezogen. Im heutigen Umfeld müssen wir mit einer Häufung von solchen Unfällen rechnen.

Kann sich die jüngste Flucht aus dem Dollar zu einem noch grösseren Absturz ausweiten?

Ist ein Dollar-Crash möglich? Absolut. Würde ein solcher Kurssturz bedeuten, dass der Dollar auch seinen Status als globale Reservewährung verliert? Klar nein. Nehmen wir den Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems: Die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene Währungsordnung mit dem Dollar als Ankerwährung und dem Goldstandard fiel Anfang der 1970er Jahre abrupt auseinander. Auch damals litten die USA unter einem hohen Leistungsbilanzdefizit. Der Dollarkurs verlor in wenigen Jahren die Hälfte an Wert. Doch an dessen globaler Dominanz hat sich nichts geändert, weil keine andere Währung eine annähernd vergleichbare Liquidität bieten kann.

Wenn es zu einem erneuten Dollar-Crash kommt, hätte dies verheerende Folgen für die ausländischen Besitzer von Währungsreserven. Allein die Schweizerische Nationalbank hält US-Anlagen im Wert von 300 Milliarden Dollar. Somit könnte sie im Extremfall über 100 Milliarden verlieren.

Nun, Sie haben danach gefragt, wie man Schulden abbauen kann. Die einfache Antwort lautet: indem man ihren Wert erodieren lässt. Für die inländische Bevölkerung kann dies via Inflation erfolgen. Für die ausländischen Gläubiger dagegen ist die Abwertung der Währung ein bewährtes Mittel. Oft geschieht beides Hand in Hand.

In der Trump-Regierung herrscht ohnehin die Meinung vor, der Dollar sei überbewertet. Nach dieser Lesart hat der Status als Reservewährung den Kurs nach oben getrieben, was die Wettbewerbsfähigkeit geschädigt und die Industrie zerstört hat. Sehen Sie das ebenso?

Im Prinzip bin ich damit einverstanden. Die ausländischen Reserven sind effektiv ein Problem für die USA. Die Schweiz kennt das ja ebenfalls: Auch Ihr Land stemmt sich gegen die Aufwertung, weshalb die Nationalbank mit Devisenkäufen reagiert hat.

Also sind die USA ein Opfer der Globalisierung? Und die Zölle sind ein berechtigtes Gegenmittel?

So einfach ist es nicht: Denn das Problem der USA ist das Zwillingsdefizit, das schon seit vielen Jahren besteht, jüngst aber stark zugenommen hat. Dazu gehört neben dem Leistungsbilanzdefizit mit dem Ausland ebenso das Defizit beim staatlichen Haushalt. Hier sind wir wieder bei der «Big Beautiful Bill»: Der direkteste Weg, um die Leistungsbilanz wieder ins Lot zu bringen, wäre ein ausgeglichener Staatshaushalt. Denn die USA müssen ihre Sparquote erhöhen, und dazu könnte der Staat wesentlich beitragen. Stattdessen will Donald Trump jetzt noch mehr Schulden machen. Daher werden auch höhere Zölle nicht viel bewirken, um das Leistungsbilanzdefizit zu verringern. Es sei denn, sie würden eine globale Finanzkrise herbeiführen. Dies hätte ebenfalls einen Importrückgang zur Folge.

Auch wenn Sie Trumps Zollpläne ablehnen: Die Feststellung, dass die Globalisierung aus dem Ruder gelaufen ist, unterstützen Sie. Darauf haben Sie in Ihren wissenschaftlichen Arbeiten schon vor langem hingewiesen. Was ist falsch gelaufen?

Bei der Beurteilung der Globalisierung haben viele Ökonomen wirklich schlechte Arbeit geleistet. Sie fokussierten sich einseitig darauf, dass durch den Handel die Preise für Konsumgüter sanken. Weitgehend ignoriert wurde dagegen die Tatsache, dass die Globalisierung auch Verlierer produziert hat. Der Backlash zeichnete sich daher schon länger ab. Mit Trump hat sich dieser jetzt aber stark beschleunigt.

Ist es denkbar, dass der Übergang zu einer neuen Ordnung gelingt, ohne dass es zu einer Finanzkrise kommt?

Das ist schwierig zu sagen. Aus meiner Sicht hat die Phase der Deglobalisierung bereits mit der letzten Finanzkrise von 2008 begonnen. Doch der Trend zu mehr Protektionismus wird zunehmen. Dies führt zweifellos zu Disruptionen und Schocks. Die entscheidende Frage ist für mich, ob es gelingt, das erwähnte Zwillingsdefizit kontinuierlich zu senken, oder ob es zu einer abrupten Anpassung kommt, wie etwa im Fall von Griechenland.

Statt dass die Staatsdefizite zurückgehen, erleben wir im Gegenteil einen ungebremsten Anstieg. Das spricht gegen eine graduelle Lösung des Problems.

Politiker geben gerne Geld aus. Es ist viel einfacher, Schulden anzuhäufen, als sie abzubauen. Und es gibt keine Patentrezepte, um sie loszuwerden. In einer idealen Welt könnten die Staaten aus ihren Schulden herauswachsen. Realistischer ist dagegen, dass es zu einem Mix aus Sparmassnahmen, Inflation, finanzieller Repression sowie Umschuldungsprogrammen kommt. Das bedeutet aber, dass wir uns auf unsichere Zeiten einstellen müssen.

FERNER OSTEN

Pekings langer Arm: Wie die chinesische Regierung die HSBC für ihre politischen Ziele einspannt – Matthias Kamp (Hongkong), Neue Zürcher Zeitung, 17.06.2025

Zahlreiche Demokratieaktivisten und Regierungskritiker aus Hongkong haben keinen Zugriff mehr auf ihre Ersparnisse. Die internationale Grossbank mit Sitz in London hat die Konten eingefroren – mutmasslich auf Geheiss der chinesischen Behörden.

(Die Zentrale der HSBC in Hongkong. Der grösste Anteilseigner, der staatliche chinesische Versicherer Ping An, drängte in der Vergangenheit auf eine Abspaltung des Asiengeschäfts.)

Im Februar dieses Jahres schickte Chung Kim-wah einen Antrag an den britischen Finanzdienstleister Fidelity. Der Hongkonger Wissenschafter forderte die Freigabe seiner Ersparnisse für den Ruhestand. Chung war im Januar 65 Jahre alt geworden und hatte damit das gesetzliche Rentenalter erreicht.

Etwa vier Wochen später bekam er einen Brief der Bank HSBC in Hongkong, in dessen Auftrag Fidelity Chungs Vermögen, den sogenannten Mandatory Provident Fund, verwaltet. Die Bank teilte Chung mit, aufgrund geltender Gesetze in der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong könne man Chung sein Vermögen nicht auszahlen.

Bereits im Januar hatte die Hongkonger Behörde für nationale Sicherheit dem Wissenschafter, der seit gut drei Jahren in London lebt, in einem vierseitigen Schreiben eröffnet, ihm müsse der Zugriff auf seine Ersparnisse wegen «Verstössen gegen die Gesetze für die nationale Sicherheit» verwehrt werden. Das Schreiben liegt der NZZ vor.

Vermögen von 420 000 Franken eingefroren

Neben Chungs Konten bei der HSBC wurden auch seine Konten bei der Bank of China in Hongkong sowie bei der HSBC-Tochter Hang Seng Bank gesperrt. Als der Hongkonger das letzte Mal online auf den von Fidelity verwalteten Fonds zugreifen konnte, befanden sich darin rund vier Millionen Hongkong-Dollar, umgerechnet fast 420 000 Franken. «Ich bin traurig», sagt Chung im Gespräch, «ich brauche das Geld doch für meinen Ruhestand.»

So wie Chung geht es auch anderen Hongkonger Bürgerinnen und Bürgern. Vielen Hongkongern, die sich in der Vergangenheit kritisch zu den von der chinesischen Zentralregierung und der Verwaltung Hongkongs eingeführten Gesetzen für die nationale Sicherheit äusserten oder öffentlich für mehr Demokratie und Freiheitsrechte eintraten, sperrten die HSBC aber auch andere Banken, die Konten.

Seit der Rückgabe Hongkongs an China im Jahr 1997 hat Peking Schritt für Schritt die politischen Freiheiten eingeschränkt und die einst offene Stadt immer stärker unter ihre Kontrolle gebracht.

Die HSBC – nach der Bilanzsumme gerechnet die siebtgrösste Bank der Welt – sitzt auf Vermögen im Umfang von 978 Millionen Pfund. Sie gehören Zehntausenden Hongkongern, die grösstenteils mit britischen Pässen inzwischen in Grossbritannien leben. Viele von ihnen haben der ehemaligen britischen Kronkolonie nach den monatelangen Protesten im Jahr 2019 gegen die Zentralregierung den Rücken gekehrt. Sie fürchten sich vor Strafverfolgung.

Kritik aus dem britischen Unterhaus

Mehrere Abgeordnete des britischen Parlaments haben den HSBC-CEO Georges Elhedery für das Verhalten der Bank in Hongkong die Praxis der Bank scharf kritisiert. Blair McDougall, Mitglied des aussenpolitischen Komitees des Parlaments, sagte etwa, es sei nicht genug, dass die Bank einfach mit den Schultern zucke und sage, sie könne nichts machen.

Die HSBC berief sich bislang darauf, sich an Hongkonger Gesetze zu halten «Wir müssen uns an Gesetze und Verordnungen der Jurisdiktion halten, in der wir operieren», teilt die HSBC auf Anfrage mit.

Der Sozialwissenschafter Chung lehrte unter anderem an der Hongkong Polytechnic University. Später arbeitete er als stellvertretender CEO des Umfrageinstituts Hong Kong Public Opinion Research Institute. «Ich habe regelmässig auf soziale Missstände in Hongkong hingewiesen», sagt Chung. Auch hat der Wissenschafter sich in Zeitungsbeiträgen über Ungerechtigkeiten des politischen Systems Hongkongs beklagt.

Die Hongkonger Behörden werfen Chung dagegen eine «Verschwörung mit ausländischen Kräften» vor. Ausserdem sei er für die Unabhängigkeit Hongkongs eingetreten. Chung bestreitet dies. «Jeder, der mich kennt, weiss, dass ich nie die Unabhängigkeit Hongkongs gefordert habe», sagt Chung.

Flucht nach London

Im April 2022 floh der Sozialwissenschafter aus Furcht um seine Sicherheit nach London. Im Dezember 2024 setzte die Hongkonger Strafverfolgungsbehörde eine Belohnung von einer Million Hongkong-Dollar für seine Ergreifung aus. Chungs Frau und einer seiner Söhne leben noch in Hongkong. Sie bekommen regelmässig Besuch von der Polizei. Einschüchterungsversuche seien das, vermutet Chung.

Es hat den Anschein, dass die Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong, mutmasslich auf Geheiss der chinesischen Zentralregierung, gezielt den Finanzsektor, vor allem aber die HSBC, nutzen, um Kritiker der politischen Verhältnisse zu bestrafen oder mundtot zu machen. Der Reputation Hongkongs als internationaler Finanzplatz ist dies sicherlich nicht zuträglich.

Die Sperrung von Vermögen kritischer Stimmen ist Teil einer Repressionskampagne der chinesischen Regierung, die im Sommer 2020 ihren Anfang nahm. Peking führte damals ein sehr vage formuliertes und weit gefasstes Gesetz für die nationale Sicherheit ein. Vor einem Jahr verabschiedete das Hongkonger Parlament zudem ein eigenes Gesetz für die nationale Sicherheit. Die Regelwerke haben bei vielen Hongkongern, aber auch ausländischen Wirtschaftsvertretern für heftige Kritik gesorgt.

Die Bank HSBC spielt dabei eine zentrale Rolle. Im Februar 2023 schloss sie die Konten der Oppositionspartei League of Social Democrats (LSD). In einem Schreiben, das der NZZ vorliegt, informierte die Bank die Partei darüber, dass sie «nach Prüfung der Bankbeziehung und aller verfügbaren Informationen» die Konten der LSD zum 30. März 2023 schliessen werde.

Keine Antwort auf Briefe an den CEO

Die Partei versuchte sich zu wehren – vergeblich. «Wir haben Briefe an den CEO der HSBC geschrieben», sagt Dickson Chau, stellvertretender Vorsitzender der LSD, im Gespräch, «aber nie eine Antwort bekommen.» Die HSBC wehrt sich. «Alle Banken, auch die HSBC, überprüfen regelmässig die Kontoaktivitäten ihrer Kunden sowie die Kundenbeziehungen», teilte die HSBC auf Anfrage der NZZ mit. Auf der Grundlage dieser Prüfungen könne die HSBC entscheiden, die Bank-Beziehungen zu einzelnen Kunden zu beenden.

Die LSD ist nach dem harten Durchgreifen Pekings in Hongkong nur noch ein Schatten ihrer selbst. Doch Chau protestiert nach wie vor an manchen Sonntagnachmittagen im Stadtteil Causeway Bay gegen die Gesetze für die nationale Sicherheit.

Nicht viel besser erging es Ted Hui, einem ehemaligen Abgeordneten des Hongkonger Legco, dem Parlament der früheren britischen Kronkolonie. Der Hongkonger Jurist setzte sich offen für Demokratie und Menschenrechte ein. Treffen mit politischen Vertretern Pekings boykottierte Hui schon mal. Im Sommer 2019 beteiligte Hui sich ausserdem an den Peking-kritischen Protesten.

Im August 2020 erliessen die örtlichen Behörden Haftbefehl gegen den Politiker. Die Vorwürfe: Hui habe versucht, die Justiz irrezuführen und sich in «böser Absicht» Zugang zu einem Computer verschafft. Später beschuldigten die Strafverfolgungsbehörden ihn ausserdem der «Verschwörung mit ausländischen Kräften, mit dem Ziel, die nationale Sicherheit zu beschädigen». Es ist inzwischen die Standardformel, um Kritiker zu abzustrafen.

Am 1. Dezember 202o floh Hui nach Dänemark; einen Tag später musste er feststellen, dass seine Konten bei der HSBC und der Hang Seng Bank, genauso wie die Konten seiner Frau und seiner Eltern, eingefroren waren. «Ich habe einen riesigen Schrecken bekommen», sagt Hui im Gespräch.

In drei Stunden 80 Prozent des Vermögens ins Ausland transferiert

Doch Hui hatte Glück. Die Sperrung von Bankkonten politischer Kritiker sorgte zu der Zeit für grosse Aufregung in Hongkong. Unter dem Druck der Öffentlichkeit gaben die Banken viele Konten wieder frei, auch jenes von Hui – allerdings nur für drei Stunden. Hui schaffte es immerhin, 80 Prozent seiner Ersparnisse ins Ausland zu transferieren, wie er im Gespräch erzählt. «Den Rest des Geldes haben die Hongkonger Behörden konfisziert.»

Heute lebt Hui mit seiner Frau, den beiden Kindern und den Eltern in Adelaide in Australien. Die Hongkonger Justiz hat auf seine Ergreifung eine Belohnung ausgesetzt. Andere Mitglieder seiner Familie, die noch in Hongkong leben, bekommen regelmässig Besuch von der Polizei. Hui sagt: «Die Behördenvertreter benehmen sich wie Gangster.»

Für die HSBC ist der Umgang mit den Ersparnissen gebürtiger Hongkonger ein politischer Drahtseilakt. Hongkong und Asien sind für die internationale Grossbank ein wichtiger Markt. Gleichzeitig nimmt der politische Druck der Zentralregierung in Peking zu.

Im Oktober vergangenen Jahres forderte Pekings Statthalter in Hongkong, Xia Baolong, gegenüber Chris Tucker, dem Group Chairman der HSBC, offen, die Bank solle sich an Chinas Politik der «Entwicklung mit hoher Qualität» beteiligen und zu Hongkongs Prosperität beitragen – eine unverhohlene Aufforderung, den politischen Leitlinien der Zentralregierung zu folgen. Die Formel von der Entwicklung mit hoher Qualität, die Chinas wirtschaftliche Entwicklung für die nächsten Jahre beschreibt, wurde von Staats- und Parteichef Xi Jinping persönlich geprägt.

Nicht einfacher macht es das Geschäft für die HSBC, dass mit dem Versicherer Ping An einer der grössten chinesischen Staatskonzerne Anteilseigner der britischen Bank ist. Ping An hält acht Prozent an der HSBC. Im Jahr 2023 forderte der chinesische Versicherer erneut, die HSBC solle ihr Asiengeschäft abspalten. Die Bank versicherte, dies nicht zu tun.

COMMENT: Was lernen wir daraus? Das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Daher: so wenig Staat wie möglich, so viel Staat wie unbedingt nötig. Das gilt für alle Regierungssysteme, auch für die demokratischen. Heute demokratisch, morgen autokratisch. Das geht im Handumdrehen, über Nacht, gerne mal übers Wochenende und über Feiertage. Wenn alle schlafen, das Alltagsleben im Ruhezustand ist.

Wir lernen zweitens daraus: kein Vermögen ist sicher! Keines. Daher: diversifizieren. Das könnte im Eventualfall helfen. Die Sicherheit von Vermögen ist relativ.

NAHER OSTEN – MENA WATCH (Mena-Watch auf Wikipedia)

DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN

UMFRAGEN

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KOMMENTAR: Der Streit um das Wachstumspaket zeigt: Deutschlands Steuer-und Finanzsystem bedarf einer Generalrevision – Neue Zürcher Zeitung, 18.6.2025

Die Ministerpräsidenten der Länder wollen dem Wachstumspaket der Bundesregierung nur zustimmen, wenn sie einen Ausgleich für die wegfallenden Steuereinnahmen erhalten. Doch ihre Forderung kann nicht überzeugen.

Viel Zeit, seinen Jetlag zu verdauen, hat Bundeskanzler Friedrich Merz nicht, wenn er an diesem Mittwoch vom G-7-Treffen in Kanada nach Berlin zurückkehrt. Am Vormittag tagt das Kabinett, mittags empfängt Merz die Ministerpräsidenten der Bundesländer.

Bei dem Treffen mit den Länderchefs geht es zuvörderst um das Vorhaben der Regierung, der maladen deutschen Wirtschaft mit einem «Wachstumsbooster» neues Leben einzuhauchen. So sollen die Unternehmen von Juli an die Möglichkeit erhalten, neue Maschinen in den ersten drei Jahren mit jeweils 30 Prozent abzuschreiben. Ab 2028 soll zudem die Körperschaftsteuer schrittweise von derzeit 15 auf 10 Prozent sinken. Dazu kommen bessere Abschreibungsbedingungen für betrieblich genutzte E-Autos sowie der Ausbau der Forschungszulage für Unternehmen.

Weniger Einnahmen für den Staat

Zwar begrüssen die Ministerpräsidenten der Länder die Massnahmen als Teil der ökonomischen Revitalisierungsstrategie der Regierung. Doch die Mindereinnahmen, die dadurch auch bei ihnen anfallen, lehnen sie ab. In Deutschland teilen sich Bund, Länder und Gemeinden die Einnahmen aus der Einkommen-, der Körperschaft- und der Umsatzsteuer. Gemäss Berechnungen des Finanzministeriums reisst der Wachstumsbooster bis 2029 ein Loch von insgesamt 46 Milliarden Euro in das Staatsbudget. Der Löwenanteil davon (30 Milliarden Euro) entfällt auf die Länder und die Kommunen.

Die Länderchefs verlangen deshalb einen Ausgleich vom Bund. Dieser habe den Wachstumsbooster auf den Weg gebracht und müsse deshalb die Zeche zahlen, argumentieren sie. Die Ministerpräsidenten der Länder dürften darauf drängen, einen höheren Anteil am Aufkommen der Umsatzsteuer zu erhalten. Ihre Verhandlungsposition ist gut, denn die Regierung benötigt die Zustimmung der Länderkammer für ihren Wachstumsbooster.

Dennoch können die Forderungen der Länder nicht überzeugen. Denn auch die Länderhaushalte profitieren davon, wenn die Wirtschaft wieder wächst und die Steuerquellen stärker sprudeln. Zudem will die Bundesregierung den Ländern 100 Milliarden Euro aus dem Schuldenfonds für die Infrastruktur zur Verfügung stellen, ohne dass die Länder darauf Zinsen zahlen müssen. Der Geldregen aus Berlin gleicht die befürchteten Einnahmeverluste durch den Wachstumsbooster mehr als aus.

Problematische Gemeinschaftssteuern

Der Verteilungskonflikt zwischen Bund und Ländern lenkt den Blick auf ein basales Problem des deutschen Finanzsystems. Gemeinschaftssteuern, die sich die Gebietskörperschaften teilen und denen deshalb auch die Länder zustimmen müssen, lassen sich für die Blockade politischer Entscheidungen missbrauchen und verhindern so wichtige Reformen. Es kommt häufig zum politischen Kuhhandel, der die Verantwortlichkeiten verschleiert und die demokratische Kontrolle der Regierung durch den Souverän erschwert.

Die Bundesregierung täte daher gut daran, das deutsche Steuer- und Finanzsystem einer Generalrevision zu unterziehen. Dabei sollten die Steuerquellen zwischen den Gebietskörperschaften aufgeteilt werden. Eigene Einnahmen stärken die Steuerautonomie der Gebietskörperschaften, fördern deren Ausgabendisziplin, mindern die Verteilungskonflikte und erleichtern es den Bürgern, die Verantwortungsträger bei politischen Entscheidungen zu identifizieren.

COMMENT: Eine ganz ähnliche Problematik gilt auch für Österreich.

ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGENAPA-WAHLTREND

Nach Amoklauf in Graz: So will Österreich das Waffenrecht verschärfen – Euronews, 18.6.2025

Insgesamt zehn Menschen tötete und dann sich selbst, will die österreichische Bundesregierung das Waffenrecht verschärfen.

Es sind die ersten politischen Konsequenzen einer Bluttat, die vor etwas mehr als einer Woche ganz Europa schockierte: Am 10. Juni 2025 endete der Schultag im BORG Dreierschützengasse in Graz, der zweitgrößten Stadt Österreichs, im Horror.

Ein 21-jähriger ehemaliger Schüler betrat das Gebäude mit legal erworbenen Waffen – einer Pistole und einer Schrotflinte – und eröffnete anschließend das Feuer. Zehn Menschen, darunter neun Schüler und eine Lehrperson, wurden getötet. Der Schütze nahm sich im Anschluss an seine Tat selbst das Leben. Sein Motiv ist nach wie vor unbekannt.

Der Vorfall traf das gesamte Land mitten ins Herz. Wie hatte so etwas nur passieren können? Und vor allem: Wie konnte ein 21-jähriger so einfach an schwere Schusswaffen kommen?

Für weitere Bestürzung sorgte zudem, dass der Täter bei der pflichtmäßigen Wehrdienstuntersuchung für „untauglich“ befunden wurde – aufgrund seines instabilen psychischen Zustands. Eine Waffe durfte er allerdings trotzdem erwerben, weil das Bundesheer Informationen zu seiner Verfassung aus Datenschutzgründen nicht weitergeben konnte.

Zum Vergleich: Menschen, die den Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen bewusst ablehnen, werden mit einem Besitzverbot von 15 Jahren belegt, auch wenn sie tauglich und psychisch gesund sind.

Umfangreiche Verschärfung geplant

Bundespräsident Alexander Van der Bellen versprach bereits bald nach der Tat „lückenlose und zweifelsfreie Aufklärung“. Wenn es eine Verschärfung des Waffengesetzes brauche, werde man eine solche auch umsetzen. Auch die Vertreter der Regierungskoalition, bestehend aus der konservativen Volkspartei, der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen Neos kündigten Maßnahmen an.

Nun sind die Details der Reform publik geworden: Das Mindestalter für den Kauf der Waffen soll von 21 auf 25 Jahre angehoben werden, zudem werden psychologische Eignungstests eine wichtigere Rolle einnehmen, so Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP).

Allgemein soll das Maßnahmenpaket verschiedenste Bereiche betreffen, von einem Waffenverbot bei erwiesener häuslicher Gewalt bis zu zehnjährigen Sperren im Fall von psychischen Auffälligkeiten. Im Bildungssektor soll die Anzahl der Schulpsychologen verdoppelt werden, laut Stocker solle ihre Verfügbarkeit künftig „nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellen“.

Einen weiteren Kritikpunkt stellte die Berichterstattung zum Amoklauf von Graz dar: Vizekanzler und Medienminister Andreas Babler (SPÖ) bemängelte eine „in einigen Fällen pietätlose, in manchen Fällen schlicht skandalöse“ Arbeitsweise. Unter anderem hatte die „Kronen Zeitung“ Videos vom Vorfall verbreitet, auch das Alternativmedium „AUF1“, bei dem zum Beispiel der rechtsextreme AfD-Politiker Björn Höcke oder auch FPÖ-Chef Herbert Kickl zu Wort kommen, schockierte mit laut Eigenaussage „exklusivem“ Bildmaterial. Babler will die Kriterien für Förderungen im Bereich nun prüfen.

Aus der Opposition gab es jedoch auch Kritik am Waffen-Paket. Grünen-Politiker Werner Kogler sieht lediglich „Anpassungen“. Außerdem sind in anderen Bereichen keine Veränderungen geplant. So soll der Erwerb einer Waffe für Jäger beispielsweise nicht erschwert werden.

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Finanzierungshaushalt der Gemeinde Bleiburg

COMMENT: Verlauf seit 2001: Die großen Verlustbringer sind Kosten für die Vertretungskörper und Verwaltung, Kosten für soziale Wohlfahrt, Straßen- und Wasserbau.

Die Einnahmen aus der öffentlichen Finanzwirtschaft (Steuern und Gebühren u.a.m.) steigen seit 2001 stetig.

Einen Überblick über die Gebarung findet sich hier als Jahresabschluss 2023. Die Vorjahre in der Pandemie brachten ein Minus, für das Jahr 2022 verbesserte sich die Finanzsituation der Stadtgemeinde Bleiburg wieder und liefert für 2023 abermals ein negatives Ergebnis.

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Ausreichendes Ergebnis – es könnte besser sein. Der Verlauf der Gesamtnote zeigt, dass nach 2001 die besten Noten um 1 erzielt wurden (beste Note 1,24 im Jahr 2019). Danach pendelte die Note um 3,5, erreichte 2022 eine sehr gute Note mit 1,51 und fällt danach auf 2023 Note 4,26 ab (u.a. wohl Hochwasser-bedingte Kosten).

ÖSTERREICHISCHES PARLAMENT

ORF-MELDUNGSBÜNDEL ÖSTERREICH

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RELIGION

Keine Religion wächst so schnell wie der Islam: 2070 könnte es gleich viele Muslime wie Christen geben, Renato Schaz, Neue Zürcher Zeitung, 18.6.2025

Eine Analyse des Pew Research Center zeigt: Das Christentum ist zwar noch immer die Weltreligion Nummer eins. Doch die Industrialisierung macht ihr zu schaffen.

Die katholische Kirche läuft Gefahr, in den nächsten Jahrzehnten als Weltreligion Nummer eins abgelöst zu werden. Das zeigt eine Studie des amerikanischen Pew Research Center. Dieses hat weltweit über 2700 Volkszählungen und Umfragen analysiert.

Das Christentum war zwar 2020 noch die meistverbreitete Religion. Die insgesamt 2,3 Milliarden Gläubigen bedeuteten gar eine Zunahme von 122 Millionen gegenüber 2010. Dafür verantwortlich ist vor allem Afrika. In den Ländern südlich der Sahara stieg die Zahl der Christen von gut 530 Millionen im Jahr 2010 auf fast 700 Millionen im Jahr 2020. Auch deshalb forderten viele Katholiken bei der jüngsten Papstwahl ein afrikanisches Kirchenoberhaupt.

Gleichzeitig ist der Anteil Christen an der Weltbevölkerung im selben Zeitraum um 1,8 Prozentpunkte auf 28,8 Prozent gesunken. Denn die Weltbevölkerung wächst schneller als die Anhängerschaft des Christentums. Das liegt vor allem an den industrialisierten Ländern, wo Religionen und damit auch das Christentum zunehmend einen schweren Stand haben.

Europa verzeichnet fast 50 Millionen weniger Christen

Jörg Stolz ist Religionssoziologe an der Universität Lausanne. Er sagt, je industrialisierter ein Land sei, desto mehr Konkurrenz habe die Religion. Als Beispiel nennt er die Gesundheit: «In jeder Religion geht es um das Heilen. Wenn die Medizin in einem Land stark entwickelt ist, nimmt die religiöse Bedeutung des Heilens ab.»

In solchen Ländern beobachtet Stolz häufig einen «Traditionsabbruch zwischen den Generationen». Will heissen: Die traditionsbewussten Eltern gehen noch in die Kirche, die Kinder aber treten früher oder später aus.

Für Stolz ist es kein Zufall, dass die katholische Kirche in den USA oder Deutschland viele Austritte zu verzeichnet hat. «Das sind hochindustrialisierte Länder», sagt Stolz. In den USA reduzierte sich der Anteil Christen von 78,3 Prozent im Jahr 2010 auf 64 Prozent im Jahr 2020. In Deutschland sank der Wert von 62,2 Prozent auf 56,2. In derselben Zeitspanne verlor Europa fast 50 Millionen Christinnen und Christen, obschon sich die Bevölkerungszahl des Kontinents gleichzeitig erhöhte.

Dasselbe Bild zeigt sich in der Schweiz: Laut dem Bundesamt für Statistik machten die Christen in den Volkskirchen, also die Katholiken und die Reformierten, im Jahr 2010 noch 66,6 Prozent der Schweizer Bevölkerung aus. Inzwischen haben die Konfessionslosen die Katholiken überholt. Über 3 Millionen Menschen in der Schweiz gehören keiner Religion an. Eine Studie, die vor zwei Jahren zahlreiche Missbrauchsfälle zutage förderte, beschleunigte den Prozess. Zeitweise verdoppelten sich die Austritte.

2070 soll es mehr Muslime als Christen geben

Demgegenüber verzeichnet der Islam das grösste Wachstum aller Weltreligionen. Er legte weltweit um 347 Millionen Musliminnen und Muslime beziehungsweise 1,8 Prozent zu und zählte 2020 2 Milliarden Gläubige. Damit gehören 25,6 Prozent der Weltbevölkerung dem Islam an.

Der Islam gewinnt an Anhängerinnen und Anhängern, weil er in vielen Ländern stark vertreten ist, die ein hohes Bevölkerungswachstum aufweisen. In Somalia etwa, wo über 99 Prozent der Menschen den Islam praktizieren, bekommt eine Frau im Durchschnitt rund 6 Kinder. Als Vergleich: In Deutschland beträgt die Geburtenrate etwa 1,3 Kinder pro Frau.

Dazu kommt, dass der Islam mehrheitlich in Ländern verbreitet ist, die in Sachen Industrialisierung teilweise nicht weit fortgeschritten sind. Die Zahl der Musliminnen und Muslime dürfte deshalb weiter wachsen. Das Pew Research Center rechnet vor, dass die Muslime ab dem Jahr 2070 mit den Christen gleichziehen könnten.

Sollten sich in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten aber auch bisher wenig entwickelte Länder industrialisieren, könnte auch die Anhängerschaft des Islams schrumpfen. «Dann könnte der Planet religiös auskühlen», sagt Stolz. Erste Anzeichen gibt es bereits: Zwischen 2010 und 2020 überstieg das Wachstum bei den Konfessionslosen das Wachstum der Weltbevölkerung.

UNTERNEHMEN

GESELLSCHAFTSSEISMOGRAPH BÖRSEN

*** nicht aktualisiert ***

AKTIENEMPFEHLUNGEN – BUY & SELL

Aktuell (—): 
Aktien um 10 Euro je Stück sind FETT hervorgehoben.

Die erwarteten stolzen Kursgewinne sind dem Übermut der tollen Analystenzunft zu verdanken! Hirn selbst einschalten und kritisch bewerten. MERKE: Klappern gehört zum Geschäft. Es geht letztlich nicht so sehr um die Beratung der Anleger, sondern um die spekulativ selbst gehaltenen Aktien der Häuser (Banken, Fonds, Anlagegesellschaften etc.), für die die Analysten tätig sind: wenn viele kaufen, steigen die Kurse, und 5% Plus sind zwar weniger als 15% oder 35%, aber besser als 5% Minus. Zudem lassen sich schnell noch eigentlich „schlechte“ Aktien im Portfolio des Hauses (Banken, Fonds, Anlagegesellschaft etc.) verkaufen, für die der Analyst tätig ist, sofern die werten privaten Anleger den Kaufempfehlungen folgen. So schaut’s aus im Schneckenhaus! Nochmals: Hirn selbst einschalten. Die Finanzbranche lebt vom Trübe-Machen des Wassers!

NICHT ZULETZT: Verkaufsempfehlungen werden ungern gegeben, da sie auf das Portfolio der Häuser (Banken, Fonds, Anlagegesellschaft etc.) rückschließen lassen, zu denen die Analysten gehören. Verkaufsempfehlungen werden aus zwei Gründen gegeben: a) es ist tatsächlich Feuer am Dach des analysierten Unternehmens, b) das Haus möchte die Aktien des zum Verkauf empfohlenen Unternehmens billiger zurückkaufen, sofern den Verkaufsempfehlungen gefolgt wird. Letztlich agieren an der Börse die Optimisten, und die wollen positive Nachrichten hören, also werden sie von den Häusern und ihren Analysten entsprechend bedient.

UND ZU ALLERLETZT: die Analysten bespiegeln sich untereinander: wer hat was empfohlen oder nicht empfohlen, es kommt zu herdenpsychologischen Erscheinungen derart: der Leithammel hat empfohlen, also machen wir das auch. Die jeweiligen Analysen werden entsprechend (um)formuliert. Das zweite Moment: die Konkurrenz, die u.U. zu skurrilen Interpretationen des analysierten Unternehmens führt.

FAZIT: was die Analystenzunft von sich gibt, kann aufschlussreich sein, muss es aber nicht, vermittelt einen zusätzlichen Eindruck zu einzelnen Aktiengesellschaften. Wichtig ist der Blick auf zweierlei: a) entscheidend: auf die volkswirtschaftliche Situation des Landes, der Welt; b) sekundär (!) auf das Unternehmen und seine Branche: Charakter des Managements, klare, gut durchschaubare Produktpalette, Langlebigkeit des Unternehmens und seine Stetigkeit im Gebaren.

Renten- und Aktienmärkte

Man halte sich vor Augen: Aktienmärkte sind die Pfützen in der Welt der Veranlagungsmöglichkeiten. Anleihenmärkte (Rentenmärkte, Kapitalmärkte) sind die großen Ozeane ebendort. Daher sind Aktienmärkte volatil und reagieren auf den leisesten Windhauch mit u.U. kräftigen Ausschlägen. Die Seelen der Anleger sind sehr verletzlich: Angst und Gier bestimmen hier jegliches Handeln, die vernünftige Veranlagungsentscheidung steht an zweiter Stelle. Das verursacht in den kleinen Geldpfützen der Aktienmärkte hohe Wellen. Aber dort stehen nach erster Erschütterung später die rationalen Kaufs- und Verkaufsentscheidungen felsenfest – bis zur nächsten Seelenerschütterung.

Anleiheanleger sind cooler und gezügelter im Gemüt. Hier geht es eher um Langfristperspektiven. Alles dreht sich um den Zins und wie er sich weiterentwickelt. Wer an der Zinsschraube dreht, dreht am Schicksal ganzer Volkswirtschaften. Da ist das aufgeregte Gegackere an den Aktienmärkten geradezu uninteressant.

Aber kommen Anleihemärkte einmal ins Rutschen – nach oben oder nach unten – dann ist Feuer am Dach. Schon 0,5 oder gar 1 Prozent Veränderung in einem Anleihenindex sind eine „Weltbewegung“ im Milliarden- oder Billionengeldmeere der Anleiheozeane.

Dazu kommt: Die Anleiherenditen konkurrenzieren mit den Aktienrenditen. Eine hohe Anleiherendite jenseits der 3 Prozent wirkt umso „giftiger“ auf die Aktienkursentwicklungen, je höher sie ist. Liegt sie unter 3 Prozent, begünstigt sie die Aktienkäufe, Je deutlicher sie unter 3 Prozent liegt, umso eher. Das ist die Regel. Die Ausnahme – so, wie wir sie gerade sehen – bestätigt diese Regel. Früher oder später wird sie ihre dominante Stellung als Regel wieder einnehmen.

Diese Verhältnisse sind es, die im Tagesblick in der Regel die Berichte zu den Anleihemärkten wiedergeben lassen, dass aufgeregte Geflattere und Gegackere an den Aktienmärkten im Detail interessiert in der Regel nicht die Bohne.

Zur Renditebestimmung bei Anleihen: notiert die Anleihe zu 100 Prozent, dann stimmen Anleihezinssatz (der Couponzins) und Anleiherendite überein. Sinkt der Anleihekurs unter 100 Prozent, steigt die Rendite, umgekehrt gilt: steigt der Anleihekurs, so sinkt die Rendite. So einfach ist das. Und so weltbewegend in der Tat.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Allgemeine Empfehlungen: Es geht vornehmlich um die Zukunft der Energiegewinnung und die Energielieferanten. Renner bleiben Telekommunikations-Unternehmen, deren Dienstleistungen in einer digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft unabkömmlich sind. Unter den Logistik-Aktien sind in der Regel die Post-Aktien interessant. Diese Branchen sind weniger konjunkturabhängig als z.B. Konsumaktien, darunter die Post-Aktien noch am ehesten.

Hinzu kommt, dass die klassischen erdölverarbeitenden Energielieferanten (Up- und Downstream) mehr oder weniger energisch in großem Stil auf Alternativenergien umstellen. Es bleibt ihnen angesichts des Klimawandels, der öffentlichen Meinung und der in absehbarer Zeit erschöpften Welt-Erdölreserven auch nichts anderes übrig. Über das Kapital für den weltlebensnotwendigen Umbau verfügen sie dank ihrer Aktionäre. Es geht aus Sicht der Unternehmen um zukunftsträchtige Geschäftsmodelle in einer überschaubaren Branche – Energie – und aus Sicht der Aktionäre um steigende Unternehmenswerte / Aktienkurse als Inflationsschutz und sichere, möglichst stabil wachsende Dividenden, ebenfalls hinsichtlich des Inflationsschutzes.

Anti-Nachhaltigkeits-Bewegung in den USA als 180-Grad-Wendung in der Veranlagungsgebarung

Der aktuelle politische Druck in den USA zwingt eine Reihe großer Vermögensverwalter, darunter die weltgrößten wie Blackwater und Vanguard (verwaltetes Vermögen: 20 Billionen US-Dollar), nachhaltige Unternehmen potentiellen Anlegern nicht mehr zu empfehlen. Sie selbst verkaufen solche Unternehmen aus ihren Portfolios. Es gibt sogar seitens republikanisch regierter Bundesstaaten wie insbesondere Texas Kaufverbote für staatliche Pensions- u.a. Fonds.

Ausgestiegen sind bereits US-amerikanische Großbanken wie JP Morgan, Goldman Sachs, Wells Fargo, Bank of America, Citigroup (verwaltetes Vermögen: 9 Billionen). Ähnliches betrifft die Kreditvergabe. Offen bleibt, wie private und Unternehmensanleger (nicht-staatliche Fonds) künftig disponieren werden.

Unter den angebotenen Finanzanlagen kursieren seit geraumer Zeit besondere Nachhaltigkeitsprodukte in Form sog. ESG-Fonds (mehr dazu hier), die hohe Renditen versprachen und daher recht starken Zulauf hatten; die Renditen wurde seit Erhöhung der Kreditzinsen gebremst, da dadurch kreditfinanzierte Nachhaltigkeitsprojekte (Windparks, Solaranlagen etc.) weniger rentabel wurden.

In der Europäischen Union will man sich weiter an entsprechende Nachhaltigkeitsauflagen festhalten. Bislang wurden in europäische ESG-Fonds 9 Billionen Euro investiert, was 61 Prozent des gesamten Fondmarktvolumens entspricht. Der Zufluss hat sich 2024 allerdings um die Hälfte auf 37 Milliarden Euro reduziert. Zudem wurden mehr ESG-Fonds geschlossen als eröffnet. Nicht nur die hohen Zinsen, die die ESG-Fonds-Renditen beeinträchtigten, führten dazu, sondern auch „grüne Schönfärberei“: es stellte sich da und dort heraus, dass die versprochene Nachhaltigkeit mehr auf dem Papier als in der Wirklichkeit bestand. (Quelle: Wirtschaft vor Acht, ARD, 10.1.2025 (KURZVIDEO, bis 17.1.2025 verfügbar))

FAZIT: Es bleibt abzuwarten, was das für den Klimaschutz in den USA und weltweit künftig bedeutet. Für Österreich stellt sich die Frage, wie eine künftige Regierung sich in Sachen Klimaschutz verhalten wird.

Aktienkauf – der Erwerb einer Unternehmensbeteiligung – bedeutet Übernahme eines Risikos in Hinblick auf das künftige Unternehmensschicksal. Die Dividende stellt eine Risikoprämie dar.

Aktienanalytischer Blick auf Aktien im Euroraum und speziell Österreich (Stand: 24.2.2025):

ACHTUNG – STEUERVERÄNDERUNGEN ANTE PORTAS:
Ins Gerede kommen in absehbarer Zeit auf EU-Ebene und auf Österreich-Ebene vermutlich Aktienbesteuerung (Verkaufsgewinne, Dividenden) ebenso wie Vermögens- und Erbschaftssteuer. Diese Steuern sind in Veranlagungsüberlegungen mit einzubeziehen.

Im Folgenden sind Aktien um 10 Euro je Stück und darunter FETT hervorgehoben.
Neu aufgenommene Aktien werden mit ### gekennzeichnet.

Beobachtenswert ist der Umweltschutz- und Wasserwirtschaftswert Veolia

Ein Kaufsignal liefern weiterhin ENI, UNICREDIT und TOTAL ENERGIES, im Vergleich zum 3.2.2025 stabile Bewertung mit jeweils fünf Sternen bewertet.

Ein Kaufsignal liefern ENEL, PORR, SHELL, VERBUND, ### VIENNA INSURANCE GROUP mit jeweils vier Sternen bewertet.
Im Vergleich zum 3.2.2025 erweiterte stabile Bewertung mit jeweils vier Sternen bewertet.

Ein niedriges KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) zeichnet aus:
RWE, TOTAL ENERGIES, ### UNICREDIT SPA, PORR, OMV, ### UNIQA, EVN, ENEL, TELECOM AUSTRIA, ### STRABAG, WIENERBERGER, SHELL, PALFINGER.

Aufsteigende Reihenfolge: die erste Aktie RWE ist die mit dem niedrigsten KGV = 4,8, PALFINGER die mit dem höchsten KGV = 9,3.
Im Vergleich zum 3.2.2025 erweiterte stabile Bewertung.

Ein niedriges dynamisches KGV (PEG, Price-Earning-to-Growth) weisen u.a. auf:

ENI, UNICREDIT, ### KONTRON AG, OMV, SHELL, PORR, WIENERBERGER, PALFINGER,

Nicht mehr dazu gehören: VIENNA INSURANCE GROUP, TELECOM AUSTRIA.
Aufsteigende Reihenfolge: die erste Aktien ENI = 0,5 ist die mit dem niedrigsten, PALFINGER die mit dem höchsten PEG = 1,4.
Im Vergleich zum 3.2. 2025 ist die Auswahl verändert, einzelne Aktien kamen dazu, andere fehlen nun!

Als Aktien mit langfristigem Kurspotential werden u.a. gesehen:
TOTAL ENERGIES, ENI, VERBUND, E.ON.SE, EVN, RWE.

Aufsteigende Reihenfolge: am Anfang der Reihe steht jene mit der größten Langfristchance.
Im Vergleich zum 3.2.2025 bleibt die Auswahl stabil, die Reihenfolge hat sich geändert.

Als Aktien mit hoher Sicherheit werden u.a. bewertet VIENNA INSURANCE GROUP, VERBUND; die Bewertungen bleiben unverändert zum 3.2.2025.
Aufsteigende Reihenfolge: am Anfang der Reihe steht jene Aktie mit der größten Sicherheit.

Aktien mit hoher Dividendenrendite sind:
OMV, ORANGE, TELEFONICA, ENI, UNIQA, ENEL.


Aktien mit der größten Dividendenrendite stehen am Anfang der Reihe: OMV 12,6%, am Ende die mit der niedrigsten: Enel 6,7%, jeweils vor Steuer.
Im Vergleich zum 3.2.2025 bleibt die Auswahl gleich, die Reihenfolge hat sich geändert.

KAUFKRITERIEN neben den aktienanalytischen Kennzeichnungen sind der Reihe nach: WER? – Qualität und Charakter (Psychologie!) des Managements, Häufigkeit des Managementwechsels, Unternehmenskultur; WAS? – Produkteinfachheit: „einfach gestrickte“, leicht zu durchschauende/transparente Produkte oder Dienstleistungen, eher kleine Produktpalette bzw. enger umschriebenes Dienstleistungsangebot, Konstanz der Nachfrage; WIE? – Sicherheit, Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlichen Wechselfällen, finanzielle Stabilität des Unternehmens, Konkurrenzsituation; WO? – geographische und „politische“ Lage möglichst fern von Krisengebieten inkl. solchen mit politischer Unruhe oder in Ländern mit totalitären Systemen oder deutlich defekten Demokratien (illiberale Demokratien); WANN? – Lebensdauer bzw. Überlebensdauer (Weltkriege etc.) des Unternehmens bisher, Stetigkeit der Dividendenzahlungen.

FAZIT: vor dem Kauf einer Unternehmensbeteiligung sich zur Aktiengesellschaft schlau machen: WER, WAS, WIE, WO, WANN.

ZWEI DINGE sind zusätzlich zu beachten:

# Langfristanlage durch Erwerb von Defensiv-Aktien (u.a. Energie, Telekom),

# Verbleib in einem Währungsraum, das ist der Euroraum. Daher werden die allseits seit Jahren gehypten US-Aktien hier mit Absicht außen vor gelassen, um das Währungsrisiko klein zu halten. Gleiches gilt für den Erwerb von Schweizer Aktien, wie die Vergangenheit mit Blick auf das sehr wechselhafte Wechselkursverhältnis Schweizer Franken / Euro gezeigt hat. 

Die Europäischen Union als Veranlagungsrisiko?

Das Staatssystem der Europäischen Union kommt einer defekten Demokratie gleich und erstreckt sich in den Währungsraum (Euroland), in dem gehandelt wird. Man spricht auch von einem Demokratie-Defizit der Europäischen Union. Risiken dieser defekten Demokratie, um einige zu nennen, sind: Regelungen „von oben herab“ auf nicht sehr transparente Weise und Steuervorgaben, die sich durch Negieren realer Alltagserfordernisse auszeichnen, Überwachungsbestrebungen, hoher Bürokratieaufwand für Unternehmen und Bürger. All dies markiert Abgehobenheit und Bürgerferne der EU-Politik.

Kennzeichnend für das Gebaren (Governance) der EU ist ein Ineinandergreifen von EU-Exekutive (Kommission mit ihren Kommissariaten) und einem nicht gut überschaubaren Geflecht zahlreicher, der EU nahestehenden und von ihr geförderten Institutionen, Organisationen und Einrichtungen, die auf vielen Ebenen EU-Kommissionsvorgaben umsetzen helfen. Sie helfen insbesondere dabei, die von EU-Rat- und EU-Kommission angedachten, aber für Bürger und Unternehmen noch nicht „akzeptablen“ Vorgaben „schmackhaft“ zu machen, um so zu einer ausreichend hohen Akzeptanz in der Bevölkerung zu führen, die eine politische Umsetzung ermöglicht.

Junker sagte 1999 dazu sehr verkürzt und sinngemäß: was wir heute als EU nicht durchsetzen, das werden wir dann schon später durchsetzen. Dem Lobbyismus Richtung EU-Exekutive (insbesondere seitens der Unternehmen) steht ein „Lobbyismus“ seitens der EU in Richtung auf die Einrichtungen der Mitgliedsländer sowie auf die Unternehmen und die Bevölkerung gegenüber, dessen Räderwerk für den Normalbürger praktisch nicht durchschaubar ist. Inwieweit kommt dies einem autokratischen Verhalten von der Maschek-Seite gleich?

Hauptziel der EU-Bestrebungen ist die Etablierung der Vereinigten Staaten von Europa, die den derzeit bestehenden Verbund der Mitgliedsstaaten ersetzen soll. Das deutet auch der Wechsel der Namensgebungen im Zeitverlauf an:

# Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, umgangssprachlich auch Montanunion, 1951)

# Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, 1957 inklusive EURATOM)

# Europäische Gemeinschaften (EG, 1965 ff., Fusion von EWG, EURATOM und einzelnen EG-Organen, Fusions- und Folgeverträge)

# Europäische Gemeinschaft (EG, seit 1993 ff., Maastricht- und Folgeverträge)

# Europäische Union (EU, 2007, Lissabon- und Folgeverträge)

1948
1948
Brüsseler
Pakt
1951
1952
Paris
1954
1955
Pariser
Verträge
1957
1958
Rom
1965
1967
Fusions-
vertrag
1986
1987
Einheitliche
Europäische Akte
1992
1993
Maastricht
1997
1999
Amsterdam
2001
2003
Nizza
2007
2009
Lissabon
Europäische GemeinschaftenDrei Säulen der Europäischen Union
Europäische Atomgemeinschaft (Euratom)
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)Vertrag 2002 ausgelaufenEuropäische Union (EU)
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)Europäische Gemeinschaft (EG)
Justiz und Inneres (JI)
Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS)
Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ)Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
Westunion (WU)Westeuropäische Union (WEU)
aufgelöst zum 1. Juli 2011

Problematisch bleibt dabei: je größer die Zentralisation von Staatsmacht, umso größer die Machtfülle, die mit „eiserner Harke“ über berechtigte (!) Einzelinteressen der Mitgliedsstaaten und damit der Bürger drüberfährt. Das Prinzip der Subsidiarität bleibt dabei auf der Strecke, so wie dieses Prinzip z.B. Österreich 1994 anlässlich der Vorabstimmungskampagnen versprochen wurde. Wurde das Versprechen eingelöst?

Beispiele der Machtfülle durch Zentralisierung liefern alle großen Staaten, u.a. Russland und China, die geradezu Musterbeispiele dafür darstellen.

Ein Problem des Staates an sich ist das Machtmonopol, das bei ihm liegt und liegen muss, will er Gesellschaft – das Staatsvolk – und die Abläufe darin mit Erfolg, also: durchsetzungskräftig organisieren. Das Problem ergibt sich aus dem Spannungsfeld zwischen unbeschränkter Freiheit des Individuums (Libertarismus) und unbeschränkter Freiheit des Staates (Totalitarismus).

Wie dieses Machtmonopol ausgestaltet wird, unterliegt in Demokratien dem Willen des Wahlvolkes, in nicht-demokratischen Staaten dem Willen des autoritären, totalitären oder autokratischen Machthabers. In defekten Demokratien ist die Mitbestimmung des Volkes eingeschränkt. Defekte Demokratien existieren in einer Grauzone, deren Konstituenten und ihre gegenseitige Einflussnahme nicht leicht zu bestimmen sind. Somit ist auch der Defektheitsgrad einer defekten Demokratie nicht leicht zu bestimmen und unterliegt, je nach politischer resp. ideologischer Perspektive, unterschiedlichen Wertungen.

Die idealtypische Dreiteilung der Regierungsformen existiert in der Wirklichkeit nicht: keine Demokratie der Welt entspricht der idealen Form, weist also im Ansatz Eigenschaften einer defekten Demokratie auf, kein totalitärer Staat schränkt die individuellen Freiheiten vollständig ein, es verbleibt den Bürgern dort ein mehr oder weniger großer Freiheitsraum.

Hinsichtlich des staatlichen Machtmonopols, das zudem bei anwachsender  Zentralisation der Staatsgewalt zur Zunahme neigt, ergibt sich die Erkenntnis: so wenig Staat wie möglich, so viel Staat wie nötig als einer Einrichtung, die mit einem mit Rechtsgewalt in das Leben seiner Bürger eingreifenden Machtmonopol versehen ist, das für das „Funktionieren“ einer Gesellschaft unaufgebbar ist.

Die dafür notwendigen rechtlichen Verregelungen des Alltagslebens durch Allgemeines Gesetzbuch, Strafgesetzbuch, Angestelltengesetz etc.etc. sind zahllos und gelten bei ausnahmslos jeder Handlung, werden aber – ebenso regelhaft – dem Bürger erst dann bewusst, wenn es zu schwerwiegenden Regelverstößen oder Regelbruch-Sanktionierungen kommt. 

Rechtliche Verregelungen sind Ausdruck der jeweiligen Ausprägungen eines Rechtsstaates; dieser wird in einer idealen Demokratie nicht durch Willküreinwirkungen korrumpiert: das ist ein wesentliches Kennzeichen demokratischer Rechtsstaatlichkeit. Auf Rechtsstaatlichkeit pflegen sich auch autoritäre, totalitäre oder autokratische, kurz: diktatorische Systeme zu berufen, doch wird der Rechtsstaat dort durch Willküreingriffe korrumpiert: Rechtsbiegung als Kennzeichen von Autokratien etc. In einer defekten Demokratie wird die Rechtsstaatlichkeit (leicht) eingeschränkt, womit das Risiko entsteht, in eine Autokratie abzugleiten.

Nur in formalrechtlicher Hinsicht war zum Beispiel auch der NS-Staat ein Rechtsstaat, besaß er doch gemäß der NS-Grundsätze umgearbeitete Gesetze aus der Weimarer Republik und neue Gesetze im Sinne der NS-Ideologie, auf die er sich in der Rechtsprechung berief und von denen viele in einem „normalen“, d.h. hier NS-konformen Rechtssetzungsprozess entwickelt wurden. Daran ändert nichts die Gepflogenheit, den NS-Staat in inhaltlich-ethischer Hinsicht als Unrechtsstaat zu bezeichnen. Ein krasses Beispiel für einen NS-Rechtserlass im autokratischen Sinn ist unter diesem Link einsehbar.

Kennzeichnend für die Biegsamkeit des Rechts je nach Staatsraison ist die Tatsache, dass Juristen nach einem Regimewechsel ihre Posten in der Regel nicht verloren, sondern im neuen Regime weiter im Dienst des Rechts ihre berufliche Tätigkeit frei oder im öffentlichen Dienst ausübten. So wurden Juristen und Richter nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes ohne weiteres in den öffentlichen Dienst der entstehenden Bundesrepublik Deutschland übernommen. Vergleichbares geschah nach dem Fall der UdSSR oder DDR.

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit bedeutet in einer Demokratie das Herstellen eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen einerseits den rechtsstaatlich gesicherten Freiheitsbedürfnissen des Individuums unter für ihn zureichenden wirtschaftlichen Gegebenheiten und andererseits den „Freiheitsbestrebungen“, somit Machtbestrebungen des Staates, mit dem Ziel, ein Höchstmaß an Gemeinwohl resp. Sozialfrieden in Freiheit herzustellen. Als Garant dafür dient die Gewaltenteilung und ein entsprechend stark regulierter und damit gewaltgebändigter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie als vierte Gewalt die Sicherstellung einer freien Presse. MOTTO: Nimm Freiheitsbeschränkungen mit Blick auf das Gemeinwohl aus Überzeugung an, wir helfen dir dabei durch politische Aufklärung und sachliche Bildungsarbeit!

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit bedeutet in einer Autokratie, im Autoritarismus und vor allem im Totalitarismus Ausgesetztheit vor rechtsbeugenden willkürlichen Staatseingriffen auf die ohnehin reduzierten Freiheitsmöglichkeiten des Individuums unter nicht selten unzureichenden wirtschaftlichen Gegebenheiten zu Gunsten der Machtbestrebungen des Staates mit dem Ziel, ein Höchstmaß an „Gemeinwohl“ resp. „sozialem Frieden“ in Unfreiheit zu erzwingen. Als Garant dafür dient die Einschränkung, womöglich Aufhebung der Gewaltenteilung sowie ein entsprechend stark ausgeprägter und mit gering regulierter Gewalt ausgestatteter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie eine allgegenwärtige Brachial-Propaganda unter Ausschaltung der Pressefreiheit. MOTTO: Kusch, sonst trifft dich der Polizeiknüppel und du landest im Gulag, folgst du nicht den Propaganda-vermittelten Staatszielen!

Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit in einer defekten Demokratie gibt in (noch) geringem Ausmaß jene Prinzipien auf, die eine Demokratie hervorheben. Als Garant dafür dient eine Einschränkung der Gewaltenteilung und ein nicht allzu gestärkter und nicht allzu sehr mit herabgesetzter regulierter Gewalt ausgestatteter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie eine verhältnismäßig subtil eingesetzte Propaganda und Beeinflussungsmaschinerie. MOTTO: Folge der politischen Verführung und glaube, es sei deine Entscheidung, sonst zwiebeln wir dich mit Exekutivmaßnahmen!

Eine solche Beeinflussungsmaschinerie hat die exekutiv im Grunde genommen schwach aufgestellte EU entwickelt, was zu eben der Ausbildung dieser „Schattenexekutive“ geführt hat. Sie trägt damit – nicht so ohne weiteres sichtbar für den Normalbürger – ein Kennzeichen einer defekten Demokratie. Damit steht die Gefahr im Raum, weiter an demokratischen Eigenschaften einzubüßen und zu einem politischen und wirtschaftlichen Risiko heranzureifen. In der Tat bemüht sich die EU um Stärkung ihrer Polizeigewalt (Frontex, 2004, weiterer Ausbau) und damit um Ausbildung eines weiteren Kennzeichens defekter Demokratien insofern der Vorwurf stimmte, dass Frontex auch innerhalb der EU eingesetzt werden könnte.

Was die Beeinflussungsmaschinerie der EU betrifft, hat 2011 der deutsche Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger (1929-2022) die Europäische Union als “sanftes Monster Brüssel“ bezeichnet und von der „Entmündigung Europas“ gesprochen. Er anerkennt segensreiche Folgen ihres Wirkens, macht aber zugleich auf die strukturellen Defizite dieser überstaatlichen Einrichtung aufmerksam, die durch massive Öffentlichkeitsarbeit, um nicht zu sagen: Propaganda – geschickt durch das vorbeschriebene Geflecht an Organisationen, Instituten, Einrichtungen etc. vermittelt –, übertüncht werden. Bezeichnend ist sein Ausspruch: „Je dünner die Legitimität [ihres politischen Handelns], umso dicker der Glibber der PR.“

Die geschilderte Gefahr liegt nicht darin, sich im Euro-Währungsraum zu bewegen. Sie liegt darin, dass infolge mangelnder demokratischer Kontrolle politisch einer Gesinnungsethik und nicht einer Verantwortungsethik gefolgt wird. Damit einher ginge eine Abgehobenheit von den Realitäten des täglichen Lebens der Bürger und Unternehmen. Das führte kurz über lang zu einer Schwächung des Euros im Währungskonzert. Ein Risiko erwüchse dann eher daraus, dass es nicht sicher ist, ob der Währungsraum „Euro“ eines Tages zerbricht, zum Beispiel dadurch, dass im Konzert mit anderen Währungen die derzeit ohnehin angekratzte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Europäischen Union noch weiter geschwächt würde und der Euro fortgesetzt an Wert verlöre. Letzteres erleichterte das Auseinanderbrechen der Europäischen Union, die Eigeninteressen der Mitgliedsländer träten wieder stärker hervor.

Dieses Auseinanderbrechen der Europäischen Union ist derzeit unwahrscheinlich, aber denkmöglich als Folge von: fortgesetzter Wirtschaftsschwäche; weiter zunehmender Unzufriedenheit der Bevölkerung mit Zunahme nationalkonservativer bis rechtsextremer Haltungen; fortgesetztem „Rütteln an den Ketten“ seitens ehemaliger UdSSR-Bruderstaaten; fortgesetzter Aufnahme neuer Mitgliedsländer speziell aus dem Balkan und dem ehemaligem UdSSR-Einflussbereich (Serbien, Ukraine); gravierenden, von den Bevölkerungen der Mitgliedsstaaten nicht mitgetragenen außen- und innenpolitischen Entscheidungen. 

Bräche die EU, so bräche spätestens dann auch der Euro; im Übrigen weist die Geschichte der Währungsunionen auf deren Brüchigkeit hin: sie halten in der Regel nicht lange. Den Anleger zwingt unter anderem auch dies beizeiten zu überlegen, in welcher Währung er außerhalb des Euroraumes investieren soll. Angesichts des unsicheren Status des US-Dollars als Weltwährung ist dies eine herausfordernde Frage. Sie stellt sich glücklicherweise derzeit nicht, sondern taucht nur schemenhaft als Denkmöglichkeit am Horizont einer eher ferneren Zukunft auf. Aber: sie taucht auf und kann blitzesschnell elefantengroß im Raum stehen.  

FAZIT: die Europäische Union birgt für den Anleger derzeit nur am Zukunftshorizont sich abzeichnende Risiken. Sie entspringen u.a. daraus, dass die EU weniger aus der Position der Stärke als eher aus der der Schwäche handelt. Im Vergleich zur Situation des Kalten Krieges und damit zur Gründerzeit der EU-Vorläufereinrichtungen, in der es nur einen wirtschaftsmächtigen geopolitischen Spieler und gleichzeitigen Verbündeten – die USA – gab, steht die Europäische Union heute zwischen zwei Wirtschaftsblöcken: dem des USA-geführten Westens und dem des sog. globalen Südens. Das erzeugt Druck, allzumal Zeitdruck, treibt die EU an und lässt sie, will sie nicht aufgerieben werden, nach Machtvergrößerung durch Zentralisierung streben – ein Demokratierisiko ersten Ranges, damit in der weiteren Folge ein Wirtschafts- und letztlich Veranlagungsrisiko. 

Grundsätzliches zur Währungsspekulation

Währungs-Spekulation ist ein äußerst schwieriges, glitschiges, hochriskantes Geschäft, bedarf langjähriger Erfahrung, tagtäglicher Marktbeobachtung und eines guten Magens: Schocks und erratische Marktbewegungen müssen ausgehalten werden – psychisch und finanziell. Einer der bekanntesten und erfolgreichsten Währungsspekulanten im deutschsprachigen Raum ist Folker Hellmeyer (Hellmeyer-Website, Hellmeyer-Kurzportrait (Goldseiten), Hellmeyer auf Netfonds usf.).

Zweck der Währungsspekulation?

Wie bei den Warenoptionsmärkten dient auch der Währungsoptionsmarkt dazu, sehr starke Schwankungen im Wert einer Währung (Devise) zu verhindern: sehr starken Verteuerungen oder Verbilligungen einer Währung im Devisenmarkt (Währungs- oder FOREX-Markt) wird so gegengesteuert. Dafür sorgen die vielen Marktteilnehmer, von denen ein Teil den künftigen Wert einer Währung (Devise) höher, der andere diesen Wert tiefer einschätzt. Dies führt dazu, dass sich eine Art mittlerer Wert für diese Währung einstellt. Währungsoptionsmärkte sind rund um den Globus nahezu 24/7, also nahezu täglich rund um die Uhr, offen (Warenoptionsmarkt, Optionen im Freihandel).

Anders ausgedrückt: Die Spekulanten sichern sich mit ihrem Engagement gegen das Risiko eines Währungsverfalls oder eines Währungsanstiegs ab. Währungsanstiege sind ein Risiko für Käufer auf Warenmärkten, Währungsabwertungen sind ein Risiko für Verkäufer auf Warenmärkten. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Dienstleistungen im internationalen Dienstleistungsaustausch. Die gegenläufigen Interessen auf dem Währungsoptionsmarkt „mitteln“ sich aus.

Allgemein gesprochen handelt es sich bei den Geschäften auf Optionsmärkten um Absicherungsgeschäfte oder Hedging.

Nochmals anders ausgedrückt: Auf aggregiertem Niveau (Makroebene) sorgt der Währungsoptionsmarkt für die Stabilität einer bestimmten Währung im Konzert der anderen Währungen im Devisen- resp. Währungsmarkt (Kassa- oder Spot-Markt, das Pendant zum Optionsmarkt).

Eine stabile Währung ist für die Volkswirtschaft, in deren Bereich diese Währung als Zahlungsmittel dient, eine Lebensnotwendigkeit für das optimale Funktionieren der volkswirtschaftlichen Grundvorgänge Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen. Erratische Schwankungen im Währungs- oder Devisenmarkt erschweren auf der Ebene der Unternehmen (Mikroebene) innerhalb und außerhalb einer Volkswirtschaft erheblich Kalkulationen mit Sicht auf künftig geplante Käufe und Verkäufe. Erratische Schwankungen einer Währung schwächen die Wirtschaftsleistung der zugehörigen Volkswirtschaft, eine stabile Währung fördert sie. Dies gilt auch für Volkswirtschaften außerhalb des entsprechenden Währungsraumes, sofern sie mit dieser Volkswirtschaft handelnd in Verbindung stehen.

FAZIT: Währungsoptionsmärkte sind für das Wirtschaftsgeschehen im Konzert der verschiedenen Volkswirtschaften überlebenswichtig.

Die heilige Trias

Diese Zusammenhänge bleiben in der Regel für Otto Normalverbraucher genauso verborgen wie die Bedeutung der nicht-demokratisch agierenden Zentralbanken, die mit ihren Zinsentscheidungen tief in das Wirtschaftsleben und somit in das Alltagsgeschehen der Menschen eingreifen. Warenmärkte, Währungsmärkte und Zentralbanken sind in einem fortlaufenden Marktgeschehen untrennbar und maßgeblich untereinander verbunden. Dabei modulieren und moderieren die Zentralbanken über den Zinssatz die Abläufe in Waren- und Währungsmärkten und den zugehörigen Optionsmärkten.

Für Otto Normalverbraucher sind Spekulanten auf diesen Märkten in aller Regel ganz, ganz böse Subjekte, die sich mit ihren Spekulationsgewinnen die Taschen vollstopfen.

Wer sind diese Subjekte auf Währungsoptionsmärkten?

Auf Währungs- und Währungsoptionsmärkten agieren in großer Zahl Staatsstellen, staatliche und private Pensionsfonds, multinationale und andere Unternehmen, Finanzinstitute (Banken u.a.), Hedgefonds u.a.

Otto Normalverbraucher verkennt in aller Regel den Sinn dieser Märkte und die Rolle der Spekulanten dort; denn:

Die Währungsoptionsmärkte zeichnen für das Wohl und Wehe im höchstpersönlichen Alltagsleben des kleinen Mannes auf der Straße verantwortlich, indem sie für relative Währungsstabilität sorgen. Doch Märkte sind keine Subjekte. Somit sind präzise gesprochen nicht „die Märkte“, sondern die Teilnehmer an Währungsoptionsmärkten – also die risikoübernehmenden Spekulanten – für das Wohl und Wehe von Otto Normalverbrauchers alltäglichem Leben verantwortlich.

Daher lässt sich interpretieren: In der Erhaltung der Währungsstabilität liegt der soziale Sinn der Spekulation. Dabei dient der Spekulationsgewinn als Entgelt für die risikobehaftete Sorge um eine stabile Währung.

Es kommt zu einem „paradoxen“ Effekt: die Befriedung der Einzelinteressen der Subjekte, den Spekulanten, trägt vermittels des Marktgeschehens zur Optimierung des Gemeinwohls bei.

Die Umsätze in Devisen- und Währungsoptionsmärkten sind die größten weltweit und erreichen täglich Milliarden bis Billionen von Währungseinheiten. Im Jahr 2022 wurden allein im Devisenmarkt täglich durchschnittliche Umsätze in Höhe von 7,5 Billionen US-Dollar gehandelt. Zu beachten ist, dass dabei immer Währungspaare gehandelt werden und zudem die Umsätze „doppelt“ anfallen: als Verkaufs- und als Kaufpreis in Summe. Das plustert das tägliche Handelsvolumen ordentlich auf.

Was für die Währungsoptionsmärkte gilt, gilt ebenso für die Warenoptionsmärkte: es geht um die Stabilisierung von in großen Mengen gehandelten Waren wie Weizen, Schweinehälften Orangensaft, Kaffee und vieles andere mehr. Die aufgezählten Waren stehen für solche, die für die Bevölkerungen hohe Bedeutung haben.

Wozu Optionsmärkte gut sind

Aber es gibt doch nach wie vor Preissprünge auf den Warenmärkten, von erratischen Ausschlägen an den Devisenmärkten war auch schon die Rede: wie passt das ins Bild?

Ohne die Terminbörsen wären die Ausschläge um einiges stärker, die Preise höher.

Drei Beispiele dazu:

#1 Hitler verbot die große Bremer Kaffeebörse. Daraufhin sicherte sich der Großhandel gegen Preisanstiege bei Kaffee ab, indem er von Haus aus deutlich höhere Preise für den Handel, die Geschäfte, einforderte. Resultat war der berühmt-berüchtigte Blümchenkaffee: die Konsumenten sparten am Kaffee, indem sie möglichst wenig davon zum Aufbrühen verwandten, also sah man durch den dünnen Kaffee das Blümchen am Grund der Kaffeetasse.

# 2 Waren, die nicht abgesichert werden können, weisen größere Preissprünge und höhere Preise auf; bremsend auf den Warenpreis (Aktienpreis, Devisenkurs) wirkt allein die Konkurrenz oder eine schwache Nachfrage oder ein überreichliches Angebot.

# 3 Die erste Warenoptionsbörse wurde 1848 in Chicago gegründet. Hintergrund war der bereits gewachsene Welthandel mit Waren, die großteils noch mit Segelschiffen über die Weltmeere transportiert wurden. Zwar befuhren die ersten Dampfschiffe Ende der 1830er Jahre den Atlantik, doch die eigentliche Verdrängung des Segelschiffs als Transportmittel setzte erst ab den 1870er Jahren ein.

Die Notwendigkeit, sich gegen den Verlust der Waren infolge Schiffuntergangs zu schützen oder sich überhaupt vor unerwarteten Preisveränderungen während der langen Schiffsfuhren abzusichern, führte zur Einrichtung der Chicagoer Warenbörse (Chicago Board of Trade), 1848 zunächst als Kassen- oder Spotmarkt, 1864 dann als Warenterminmarkt. Fortan konnten Käufer und Verkäufer Warenpreise vereinbaren für Warenlieferungen in ein, zwei, drei, sechs Monaten, was die Sicherheit der unternehmerischen Kalkulation erheblich erhöhte, da nun die Preisrisiken nicht von den Warenverkäufern und -käufern selbst, sondern von den Spekulanten übernommen wurden. Es entstand eine hochspezialisierte Zunft von Spekulanten, darunter viele Versicherungen.

Die Spekulanten hatten die Zeit und die Informationsmittel, sich über Warenpreisänderungen am Warenursprungsort und über Transportverzögerungen oder Schiffsunfälle zu informieren. Schlechte Kaffee- oder Kakao-Ernten, transportverzögernde Windflauten oder Schiffsunglücke blieben für sie kein Geheimnis, entsprechend diesen Informationen disponierten sie am Warenterminmarkt ihre Preisvorstellungen, doch in der Vergangenheit geschlossene Warenpreise für eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Termin blieben davon unberührt.