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FAZIT DES TAGES – oder: Nachrichten aus dem irrwitzigen Weltzirkus
- Israel-Hamas-Hisbollah-Krieg: Neues Geiselvideo von Hamas veröffentlicht.
- Ukraine-Krieg: Wechselseitige Vorwürfe: Energieanlagen-Angriffe.
Russlands jüngste fragliche Geländegewinne.
Geänderter Ressourcen-Deal sorgt für Staunen und Unverständnis, Kiew prüft. - USA: Das Leid mit der Zeitumstellung.
Covid-19-Forschung und andere Gebiete: Wissenschaft und Forschung in Gefahr.
KOMMENTARE & ANALYSEN: KI machts möglich: USA als Überwachungsstaat. - Myanmar: Hohe Zahl an Erdbebenopfern.
- Türkei: Großdemo gegen Imamoglu-Inhaftierung.
- Deutschland: Gefährdete Rechtsprechung: Richter fordern Milliarde für Justiz.
- Österreich: Österreich: Auch Ifo-Chef für Lohnzurückhaltung in Österreich.
Viele Kärntner Ski-Betriebe beenden Saison.
Stocker zum ÖVP-Chef gewählt. - Weitere COMMENTS vorhanden
MÄRKTE
WIRTSCHAFTSMELDUNGEN IM ÜBERBLICK —
Themenreigen – MEDIZIN: Krankenstände wegen psychischer Leiden angestiegen, ebenso haben Aufmerksamkeitsstörungen zugenommen. UMWELT: Bedrohte Pilze. Zunehmende Gefahr wegen Schimmelpilzgiften u.a.m. FORSCHUNG: Spiele spiegeln gesellschaftliche Strukturen wider. HOCHSCHULEN: Professorin kritisiert: Studenten sind zunehmend faul und arrogant. GESCHICHTE: Mythos Trümmerfrauen.
Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!
Apropos Weltzirkus: Zirkus ist was für Kinder und Junggebliebene, Staunen und Lachen über die Clowns! Im Weltzirkus tummeln sich viele Zauberkünstler und Clowns. Lachen wir also, Lachen ist die beste Medizin gegen Depressionen.
EMPFEHLUNG
INFORADIO als Nachrichtensender am laufenden Band ist mit einem DAB-fähigen Radio zu empfangen. Es wird betrieben von RTR – KommAustria.
Das INFORADIO ist eine wertvolle Ergänzung zu anderen Agenturmeldungen und zum ORF.
Dazu allerdings ca. 15 bis 20 Minuten Zeit für konzentriertes Zuhören einplanen.
MÄRKTE
DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen
DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
COMMENT: Charttechnisch sieht es für den DAX nicht gut aus. Die Widerstandslinie (rot) wurde deutlich nach unten durchbrochen. Auch die 21-Tage-Durchschnittslinie (hellblau) wurde gerade eben nach unten gekreuzt. Auch die zweite Widerstandslinie (grün) wurde knapp nach unten durchbrochen. Ein Rebound nach oben ist als technische Reaktion denkbar.
Insgesamt ist der DAX charttechnisch angeschlagen. Er nähert sich bereits von oben der 50-Tage-Durchschnittslinie (obere violett Linie), die 100- und erst recht die charttechnisch wichtige 200-Tage-Durchschnittslinie (mittlere und untere violette Linie) sind noch weit entfernt.
GESELLSCHAFTSSEISMOGRAPH BÖRSEN
AKTIENEMPFEHLUNGEN – BUY & SELL
Aktuell (Freitag, 28.3.2025): Es überwiegen die Kaufempfehlungen, darunter u.a. solche für RWE AG (Buy +27%)
Aktien um 10 Euro je Stück sind FETT hervorgehoben.
Die erwarteten stolzen Kursgewinne sind dem Übermut der tollen Analystenzunft zu verdanken! Hirn selbst einschalten und kritisch bewerten. MERKE: Klappern gehört zum Geschäft. Es geht letztlich nicht so sehr um die Beratung der Anleger, sondern um die spekulativ selbst gehaltenen Aktien der Häuser (Banken, Fonds, Anlagegesellschaften etc.), für die die Analysten tätig sind: wenn viele kaufen, steigen die Kurse, und 5% Plus sind zwar weniger als 15% oder 35%, aber besser als 5% Minus. Zudem lassen sich schnell noch eigentlich „schlechte“ Aktien im Portfolio des Hauses (Banken, Fonds, Anlagegesellschaft etc.) verkaufen, für die der Analyst tätig ist, sofern die werten privaten Anleger den Kaufempfehlungen folgen. So schaut’s aus im Schneckenhaus! Nochmals: Hirn selbst einschalten. Die Finanzbranche lebt vom Trübe-Machen des Wassers!
NICHT ZULETZT: Verkaufsempfehlungen werden ungern gegeben, da sie auf das Portfolio der Häuser (Banken, Fonds, Anlagegesellschaft etc.) rückschließen lassen, zu denen die Analysten gehören. Verkaufsempfehlungen werden aus zwei Gründen gegeben: a) es ist tatsächlich Feuer am Dach des analysierten Unternehmens, b) das Haus möchte die Aktien des zum Verkauf empfohlenen Unternehmens billiger zurückkaufen, sofern den Verkaufsempfehlungen gefolgt wird. Letztlich agieren an der Börse die Optimisten, und die wollen positive Nachrichten hören, also werden sie von den Häusern und ihren Analysten entsprechend bedient.
UND ZU ALLERLETZT: die Analysten bespiegeln sich untereinander: wer hat was empfohlen oder nicht empfohlen, es kommt zu herdenpsychologischen Erscheinungen derart: der Leithammel hat empfohlen, also machen wir das auch. Die jeweiligen Analysen werden entsprechend (um)formuliert. Das zweite Moment: die Konkurrenz, die u.U. zu skurrilen Interpretationen des analysierten Unternehmens führt.
FAZIT: was die Analystenzunft von sich gibt, kann aufschlussreich sein, muss es aber nicht, vermittelt einen zusätzlichen Eindruck zu einzelnen Aktiengesellschaften. Wichtig ist der Blick auf zweierlei: a) entscheidend: auf die volkswirtschaftliche Situation des Landes, der Welt; b) sekundär (!) auf das Unternehmen und seine Branche: Charakter des Managements, klare, gut durchschaubare Produktpalette, Langlebigkeit des Unternehmens und seine Stetigkeit im Gebaren.
Renten- und Aktienmärkte
Man halte sich vor Augen: Aktienmärkte sind die Pfützen in der Welt der Veranlagungsmöglichkeiten. Anleihenmärkte (Rentenmärkte, Kapitalmärkte) sind die großen Ozeane ebendort. Daher sind Aktienmärkte volatil und reagieren auf den leisesten Windhauch mit u.U. kräftigen Ausschlägen. Die Seelen der Anleger sind sehr verletzlich: Angst und Gier bestimmen hier jegliches Handeln, die vernünftige Veranlagungsentscheidung steht an zweiter Stelle. Das verursacht in den kleinen Geldpfützen der Aktienmärkte hohe Wellen. Aber dort stehen nach erster Erschütterung später die rationalen Kaufs- und Verkaufsentscheidungen felsenfest – bis zur nächsten Seelenerschütterung.
Anleiheanleger sind cooler und gezügelter im Gemüt. Hier geht es eher um Langfristperspektiven. Alles dreht sich um den Zins und wie er sich weiterentwickelt. Wer an der Zinsschraube dreht, dreht am Schicksal ganzer Volkswirtschaften. Da ist das aufgeregte Gegackere an den Aktienmärkten geradezu uninteressant.
Aber kommen Anleihemärkte einmal ins Rutschen – nach oben oder nach unten – dann ist Feuer am Dach. Schon 0,5 oder gar 1 Prozent Veränderung in einem Anleihenindex sind eine „Weltbewegung“ im Milliarden- oder Billionengeldmeere der Anleiheozeane.
Dazu kommt: Die Anleiherenditen konkurrenzieren mit den Aktienrenditen. Eine hohe Anleiherendite jenseits der 3 Prozent wirkt umso „giftiger“ auf die Aktienkursentwicklungen, je höher sie ist. Liegt sie unter 3 Prozent, begünstigt sie die Aktienkäufe, Je deutlicher sie unter 3 Prozent liegt, umso eher. Das ist die Regel. Die Ausnahme – so, wie wir sie gerade sehen – bestätigt diese Regel. Früher oder später wird sie ihre dominante Stellung als Regel wieder einnehmen.
Diese Verhältnisse sind es, die im Tagesblick in der Regel die Berichte zu den Anleihemärkten wiedergeben lassen, dass aufgeregte Geflattere und Gegackere an den Aktienmärkten im Detail interessiert in der Regel nicht die Bohne.
Zur Renditebestimmung bei Anleihen: notiert die Anleihe zu 100 Prozent, dann stimmen Anleihezinssatz (der Couponzins) und Anleiherendite überein. Sinkt der Anleihekurs unter 100 Prozent, steigt die Rendite, umgekehrt gilt: steigt der Anleihekurs, so sinkt die Rendite. So einfach ist das. Und so weltbewegend in der Tat.
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Allgemeine Empfehlungen: Es geht vornehmlich um die Zukunft der Energiegewinnung und die Energielieferanten. Renner bleiben Telekommunikations-Unternehmen, deren Dienstleistungen in einer digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft unabkömmlich sind. Unter den Logistik-Aktien sind in der Regel die Post-Aktien interessant. Diese Branchen sind weniger konjunkturabhängig als z.B. Konsumaktien, darunter die Post-Aktien noch am ehesten.
Hinzu kommt, dass die klassischen erdölverarbeitenden Energielieferanten (Up- und Downstream) mehr oder weniger energisch in großem Stil auf Alternativenergien umstellen. Es bleibt ihnen angesichts des Klimawandels, der öffentlichen Meinung und der in absehbarer Zeit erschöpften Welt-Erdölreserven auch nichts anderes übrig. Über das Kapital für den weltlebensnotwendigen Umbau verfügen sie dank ihrer Aktionäre. Es geht aus Sicht der Unternehmen um zukunftsträchtige Geschäftsmodelle in einer überschaubaren Branche – Energie – und aus Sicht der Aktionäre um steigende Unternehmenswerte / Aktienkurse als Inflationsschutz und sichere, möglichst stabil wachsende Dividenden, ebenfalls hinsichtlich des Inflationsschutzes.
Anti-Nachhaltigkeits-Bewegung in den USA als 180-Grad-Wendung in der Veranlagungsgebarung
Der aktuelle politische Druck in den USA zwingt eine Reihe großer Vermögensverwalter, darunter die weltgrößten wie Blackwater und Vanguard (verwaltetes Vermögen: 20 Billionen US-Dollar), nachhaltige Unternehmen potentiellen Anlegern nicht mehr zu empfehlen. Sie selbst verkaufen solche Unternehmen aus ihren Portfolios. Es gibt sogar seitens republikanisch regierter Bundesstaaten wie insbesondere Texas Kaufverbote für staatliche Pensions- u.a. Fonds.
Ausgestiegen sind bereits US-amerikanische Großbanken wie JP Morgan, Goldman Sachs, Wells Fargo, Bank of America, Citigroup (verwaltetes Vermögen: 9 Billionen). Ähnliches betrifft die Kreditvergabe. Offen bleibt, wie private und Unternehmensanleger (nicht-staatliche Fonds) künftig disponieren werden.
Unter den angebotenen Finanzanlagen kursieren seit geraumer Zeit besondere Nachhaltigkeitsprodukte in Form sog. ESG-Fonds (mehr dazu hier), die hohe Renditen versprachen und daher recht starken Zulauf hatten; die Renditen wurde seit Erhöhung der Kreditzinsen gebremst, da dadurch kreditfinanzierte Nachhaltigkeitsprojekte (Windparks, Solaranlagen etc.) weniger rentabel wurden.
In der Europäischen Union will man sich weiter an entsprechende Nachhaltigkeitsauflagen festhalten. Bislang wurden in europäische ESG-Fonds 9 Billionen Euro investiert, was 61 Prozent des gesamten Fondmarktvolumens entspricht. Der Zufluss hat sich 2024 allerdings um die Hälfte auf 37 Milliarden Euro reduziert. Zudem wurden mehr ESG-Fonds geschlossen als eröffnet. Nicht nur die hohen Zinsen, die die ESG-Fonds-Renditen beeinträchtigten, führten dazu, sondern auch „grüne Schönfärberei“: es stellte sich da und dort heraus, dass die versprochene Nachhaltigkeit mehr auf dem Papier als in der Wirklichkeit bestand. (Quelle: Wirtschaft vor Acht, ARD, 10.1.2025 (KURZVIDEO, bis 17.1.2025 verfügbar))
FAZIT: Es bleibt abzuwarten, was das für den Klimaschutz in den USA und weltweit künftig bedeutet. Für Österreich stellt sich die Frage, wie eine künftige Regierung sich in Sachen Klimaschutz verhalten wird.
Aktienkauf – der Erwerb einer Unternehmensbeteiligung – bedeutet Übernahme eines Risikos in Hinblick auf das künftige Unternehmensschicksal. Die Dividende stellt eine Risikoprämie dar.
Aktienanalytischer Blick auf Aktien im Euroraum und speziell Österreich (Stand: 24.2.2025):
ACHTUNG – STEUERVERÄNDERUNGEN ANTE PORTAS:
Ins Gerede kommen in absehbarer Zeit auf EU-Ebene und auf Österreich-Ebene vermutlich Aktienbesteuerung (Verkaufsgewinne, Dividenden) ebenso wie Vermögens- und Erbschaftssteuer. Diese Steuern sind in Veranlagungsüberlegungen mit einzubeziehen.
Im Folgenden sind Aktien um 10 Euro je Stück und darunter FETT hervorgehoben.
Neu aufgenommene Aktien werden mit ### gekennzeichnet.
Beobachtenswert ist der Umweltschutz- und Wasserwirtschaftswert Veolia
Ein Kaufsignal liefern weiterhin ENI, UNICREDIT und TOTAL ENERGIES, im Vergleich zum 3.2.2025 stabile Bewertung mit jeweils fünf Sternen bewertet.
Ein Kaufsignal liefern ENEL, PORR, SHELL, VERBUND, ### VIENNA INSURANCE GROUP mit jeweils vier Sternen bewertet.
Im Vergleich zum 3.2.2025 erweiterte stabile Bewertung mit jeweils vier Sternen bewertet.
Ein niedriges KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) zeichnet aus:
RWE, TOTAL ENERGIES, ### UNICREDIT SPA, PORR, OMV, ### UNIQA, EVN, ENEL, TELECOM AUSTRIA, ### STRABAG, WIENERBERGER, SHELL, PALFINGER.
Aufsteigende Reihenfolge: die erste Aktie RWE ist die mit dem niedrigsten KGV = 4,8, PALFINGER die mit dem höchsten KGV = 9,3.
Im Vergleich zum 3.2.2025 erweiterte stabile Bewertung.
Ein niedriges dynamisches KGV (PEG, Price-Earning-to-Growth) weisen u.a. auf:
ENI, UNICREDIT, ### KONTRON AG, OMV, SHELL, PORR, WIENERBERGER, PALFINGER,
Nicht mehr dazu gehören: VIENNA INSURANCE GROUP, TELECOM AUSTRIA.
Aufsteigende Reihenfolge: die erste Aktien ENI = 0,5 ist die mit dem niedrigsten, PALFINGER die mit dem höchsten PEG = 1,4.
Im Vergleich zum 3.2. 2025 ist die Auswahl verändert, einzelne Aktien kamen dazu, andere fehlen nun!
Als Aktien mit langfristigem Kurspotential werden u.a. gesehen:
TOTAL ENERGIES, ENI, VERBUND, E.ON.SE, EVN, RWE.
Aufsteigende Reihenfolge: am Anfang der Reihe steht jene mit der größten Langfristchance.
Im Vergleich zum 3.2.2025 bleibt die Auswahl stabil, die Reihenfolge hat sich geändert.
Als Aktien mit hoher Sicherheit werden u.a. bewertet VIENNA INSURANCE GROUP, VERBUND; die Bewertungen bleiben unverändert zum 3.2.2025.
Aufsteigende Reihenfolge: am Anfang der Reihe steht jene Aktie mit der größten Sicherheit.
Aktien mit hoher Dividendenrendite sind:
OMV, ORANGE, TELEFONICA, ENI, UNIQA, ENEL.
Aktien mit der größten Dividendenrendite stehen am Anfang der Reihe: OMV 12,6%, am Ende die mit der niedrigsten: Enel 6,7%, jeweils vor Steuer.
Im Vergleich zum 3.2.2025 bleibt die Auswahl gleich, die Reihenfolge hat sich geändert.
KAUFKRITERIEN neben den aktienanalytischen Kennzeichnungen sind der Reihe nach: WER? – Qualität und Charakter (Psychologie!) des Managements, Häufigkeit des Managementwechsels, Unternehmenskultur; WAS? – Produkteinfachheit: „einfach gestrickte“, leicht zu durchschauende/transparente Produkte oder Dienstleistungen, eher kleine Produktpalette bzw. enger umschriebenes Dienstleistungsangebot, Konstanz der Nachfrage; WIE? – Sicherheit, Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlichen Wechselfällen, finanzielle Stabilität des Unternehmens, Konkurrenzsituation; WO? – geographische und „politische“ Lage möglichst fern von Krisengebieten inkl. solchen mit politischer Unruhe oder in Ländern mit totalitären Systemen oder deutlich defekten Demokratien (illiberale Demokratien); WANN? – Lebensdauer bzw. Überlebensdauer (Weltkriege etc.) des Unternehmens bisher, Stetigkeit der Dividendenzahlungen.
FAZIT: vor dem Kauf einer Unternehmensbeteiligung sich zur Aktiengesellschaft schlau machen: WER, WAS, WIE, WO, WANN.
ZWEI DINGE sind zusätzlich zu beachten:
# Langfristanlage durch Erwerb von Defensiv-Aktien (u.a. Energie, Telekom),
# Verbleib in einem Währungsraum, das ist der Euroraum. Daher werden die allseits seit Jahren gehypten US-Aktien hier mit Absicht außen vor gelassen, um das Währungsrisiko klein zu halten. Gleiches gilt für den Erwerb von Schweizer Aktien, wie die Vergangenheit mit Blick auf das sehr wechselhafte Wechselkursverhältnis Schweizer Franken / Euro gezeigt hat.
Die Europäischen Union als Veranlagungsrisiko?
Das Staatssystem der Europäischen Union kommt einer defekten Demokratie gleich und erstreckt sich in den Währungsraum (Euroland), in dem gehandelt wird. Man spricht auch von einem Demokratie-Defizit der Europäischen Union. Risiken dieser defekten Demokratie, um einige zu nennen, sind: Regelungen „von oben herab“ auf nicht sehr transparente Weise und Steuervorgaben, die sich durch Negieren realer Alltagserfordernisse auszeichnen, Überwachungsbestrebungen, hoher Bürokratieaufwand für Unternehmen und Bürger. All dies markiert Abgehobenheit und Bürgerferne der EU-Politik.
Kennzeichnend für das Gebaren (Governance) der EU ist ein Ineinandergreifen von EU-Exekutive (Kommission mit ihren Kommissariaten) und einem nicht gut überschaubaren Geflecht zahlreicher, der EU nahestehenden und von ihr geförderten Institutionen, Organisationen und Einrichtungen, die auf vielen Ebenen EU-Kommissionsvorgaben umsetzen helfen. Sie helfen insbesondere dabei, die von EU-Rat- und EU-Kommission angedachten, aber für Bürger und Unternehmen noch nicht „akzeptablen“ Vorgaben „schmackhaft“ zu machen, um so zu einer ausreichend hohen Akzeptanz in der Bevölkerung zu führen, die eine politische Umsetzung ermöglicht.
Junker sagte 1999 dazu sehr verkürzt und sinngemäß: was wir heute als EU nicht durchsetzen, das werden wir dann schon später durchsetzen. Dem Lobbyismus Richtung EU-Exekutive (insbesondere seitens der Unternehmen) steht ein „Lobbyismus“ seitens der EU in Richtung auf die Einrichtungen der Mitgliedsländer sowie auf die Unternehmen und die Bevölkerung gegenüber, dessen Räderwerk für den Normalbürger praktisch nicht durchschaubar ist. Inwieweit kommt dies einem autokratischen Verhalten von der Maschek-Seite gleich?
Hauptziel der EU-Bestrebungen ist die Etablierung der Vereinigten Staaten von Europa, die den derzeit bestehenden Verbund der Mitgliedsstaaten ersetzen soll. Das deutet auch der Wechsel der Namensgebungen im Zeitverlauf an:
# Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, umgangssprachlich auch Montanunion, 1951)
# Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, 1957 inklusive EURATOM)
# Europäische Gemeinschaften (EG, 1965 ff., Fusion von EWG, EURATOM und einzelnen EG-Organen, Fusions- und Folgeverträge)
# Europäische Gemeinschaft (EG, seit 1993 ff., Maastricht- und Folgeverträge)
# Europäische Union (EU, 2007, Lissabon- und Folgeverträge)
1948 1948 Brüsseler Pakt | 1951 1952 Paris | 1954 1955 Pariser Verträge | 1957 1958 Rom | 1965 1967 Fusions- vertrag | 1986 1987 Einheitliche Europäische Akte | 1992 1993 Maastricht | 1997 1999 Amsterdam | 2001 2003 Nizza | 2007 2009 Lissabon | ||||||||||||||||||||||
Europäische Gemeinschaften | Drei Säulen der Europäischen Union | ||||||||||||||||||||||||||||||
Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) | → | ← | |||||||||||||||||||||||||||||
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) | Vertrag 2002 ausgelaufen | Europäische Union (EU) | |||||||||||||||||||||||||||||
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) | Europäische Gemeinschaft (EG) | ||||||||||||||||||||||||||||||
→ | Justiz und Inneres (JI) | ||||||||||||||||||||||||||||||
Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS) | ← | ||||||||||||||||||||||||||||||
Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) | → | Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) | ← | ||||||||||||||||||||||||||||
Westunion (WU) | Westeuropäische Union (WEU) | ||||||||||||||||||||||||||||||
aufgelöst zum 1. Juli 2011 | |||||||||||||||||||||||||||||||
Problematisch bleibt dabei: je größer die Zentralisation von Staatsmacht, umso größer die Machtfülle, die mit „eiserner Harke“ über berechtigte (!) Einzelinteressen der Mitgliedsstaaten und damit der Bürger drüberfährt. Das Prinzip der Subsidiarität bleibt dabei auf der Strecke, so wie dieses Prinzip z.B. Österreich 1994 anlässlich der Vorabstimmungskampagnen versprochen wurde. Wurde das Versprechen eingelöst?
Beispiele der Machtfülle durch Zentralisierung liefern alle großen Staaten, u.a. Russland und China, die geradezu Musterbeispiele dafür darstellen.
Ein Problem des Staates an sich ist das Machtmonopol, das bei ihm liegt und liegen muss, will er Gesellschaft – das Staatsvolk – und die Abläufe darin mit Erfolg, also: durchsetzungskräftig organisieren. Das Problem ergibt sich aus dem Spannungsfeld zwischen unbeschränkter Freiheit des Individuums (Libertarismus) und unbeschränkter Freiheit des Staates (Totalitarismus).
Wie dieses Machtmonopol ausgestaltet wird, unterliegt in Demokratien dem Willen des Wahlvolkes, in nicht-demokratischen Staaten dem Willen des autoritären, totalitären oder autokratischen Machthabers. In defekten Demokratien ist die Mitbestimmung des Volkes eingeschränkt. Defekte Demokratien existieren in einer Grauzone, deren Konstituenten und ihre gegenseitige Einflussnahme nicht leicht zu bestimmen sind. Somit ist auch der Defektheitsgrad einer defekten Demokratie nicht leicht zu bestimmen und unterliegt, je nach politischer resp. ideologischer Perspektive, unterschiedlichen Wertungen.
Die idealtypische Dreiteilung der Regierungsformen existiert in der Wirklichkeit nicht: keine Demokratie der Welt entspricht der idealen Form, weist also im Ansatz Eigenschaften einer defekten Demokratie auf, kein totalitärer Staat schränkt die individuellen Freiheiten vollständig ein, es verbleibt den Bürgern dort ein mehr oder weniger großer Freiheitsraum.
Hinsichtlich des staatlichen Machtmonopols, das zudem bei anwachsender Zentralisation der Staatsgewalt zur Zunahme neigt, ergibt sich die Erkenntnis: so wenig Staat wie möglich, so viel Staat wie nötig als einer Einrichtung, die mit einem mit Rechtsgewalt in das Leben seiner Bürger eingreifenden Machtmonopol versehen ist, das für das „Funktionieren“ einer Gesellschaft unaufgebbar ist.
Die dafür notwendigen rechtlichen Verregelungen des Alltagslebens durch Allgemeines Gesetzbuch, Strafgesetzbuch, Angestelltengesetz etc.etc. sind zahllos und gelten bei ausnahmslos jeder Handlung, werden aber – ebenso regelhaft – dem Bürger erst dann bewusst, wenn es zu schwerwiegenden Regelverstößen oder Regelbruch-Sanktionierungen kommt.
Rechtliche Verregelungen sind Ausdruck der jeweiligen Ausprägungen eines Rechtsstaates; dieser wird in einer idealen Demokratie nicht durch Willküreinwirkungen korrumpiert: das ist ein wesentliches Kennzeichen demokratischer Rechtsstaatlichkeit. Auf Rechtsstaatlichkeit pflegen sich auch autoritäre, totalitäre oder autokratische, kurz: diktatorische Systeme zu berufen, doch wird der Rechtsstaat dort durch Willküreingriffe korrumpiert: Rechtsbiegung als Kennzeichen von Autokratien etc. In einer defekten Demokratie wird die Rechtsstaatlichkeit (leicht) eingeschränkt, womit das Risiko entsteht, in eine Autokratie abzugleiten.
Nur in formalrechtlicher Hinsicht war zum Beispiel auch der NS-Staat ein Rechtsstaat, besaß er doch gemäß der NS-Grundsätze umgearbeitete Gesetze aus der Weimarer Republik und neue Gesetze im Sinne der NS-Ideologie, auf die er sich in der Rechtsprechung berief und von denen viele in einem „normalen“, d.h. hier NS-konformen Rechtssetzungsprozess entwickelt wurden. Daran ändert nichts die Gepflogenheit, den NS-Staat in inhaltlich-ethischer Hinsicht als Unrechtsstaat zu bezeichnen. Ein krasses Beispiel für einen NS-Rechtserlass im autokratischen Sinn ist unter diesem Link einsehbar.
Kennzeichnend für die Biegsamkeit des Rechts je nach Staatsraison ist die Tatsache, dass Juristen nach einem Regimewechsel ihre Posten in der Regel nicht verloren, sondern im neuen Regime weiter im Dienst des Rechts ihre berufliche Tätigkeit frei oder im öffentlichen Dienst ausübten. So wurden Juristen und Richter nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes ohne weiteres in den öffentlichen Dienst der entstehenden Bundesrepublik Deutschland übernommen. Vergleichbares geschah nach dem Fall der UdSSR oder DDR.
Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit bedeutet in einer Autokratie, im Autoritarismus und vor allem im Totalitarismus Ausgesetztheit vor rechtsbeugenden willkürlichen Staatseingriffen auf die ohnehin reduzierten Freiheitsmöglichkeiten des Individuums unter nicht selten unzureichenden wirtschaftlichen Gegebenheiten zu Gunsten der Machtbestrebungen des Staates mit dem Ziel, ein Höchstmaß an „Gemeinwohl“ resp. „sozialem Frieden“ in Unfreiheit zu erzwingen. Als Garant dafür dient die Einschränkung, womöglich Aufhebung der Gewaltenteilung sowie ein entsprechend stark ausgeprägter und mit gering regulierter Gewalt ausgestatteter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie eine allgegenwärtige Brachial-Propaganda unter Ausschaltung der Pressefreiheit. MOTTO: Kusch, sonst trifft dich der Polizeiknüppel und du landest im Gulag, folgst du nicht den Propaganda-vermittelten Staatszielen!
Das „Funktionieren“ einer Gesellschaft dank dafür sorgender Rechtsstaatlichkeit in einer defekten Demokratie gibt in (noch) geringem Ausmaß jene Prinzipien auf, die eine Demokratie hervorheben. Als Garant dafür dient eine Einschränkung der Gewaltenteilung und ein nicht allzu gestärkter und nicht allzu sehr mit herabgesetzter regulierter Gewalt ausgestatteter Polizei- und Geheimdienstapparat sowie eine verhältnismäßig subtil eingesetzte Propaganda und Beeinflussungsmaschinerie. MOTTO: Folge der politischen Verführung und glaube, es sei deine Entscheidung, sonst zwiebeln wir dich mit Exekutivmaßnahmen!
Eine solche Beeinflussungsmaschinerie hat die exekutiv im Grunde genommen schwach aufgestellte EU entwickelt, was zu eben der Ausbildung dieser „Schattenexekutive“ geführt hat. Sie trägt damit – nicht so ohne weiteres sichtbar für den Normalbürger – ein Kennzeichen einer defekten Demokratie. Damit steht die Gefahr im Raum, weiter an demokratischen Eigenschaften einzubüßen und zu einem politischen und wirtschaftlichen Risiko heranzureifen. In der Tat bemüht sich die EU um Stärkung ihrer Polizeigewalt (Frontex, 2004, weiterer Ausbau) und damit um Ausbildung eines weiteren Kennzeichens defekter Demokratien insofern der Vorwurf stimmte, dass Frontex auch innerhalb der EU eingesetzt werden könnte.
Was die Beeinflussungsmaschinerie der EU betrifft, hat 2011 der deutsche Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger (1929-2022) die Europäische Union als “sanftes Monster Brüssel“ bezeichnet und von der „Entmündigung Europas“ gesprochen. Er anerkennt segensreiche Folgen ihres Wirkens, macht aber zugleich auf die strukturellen Defizite dieser überstaatlichen Einrichtung aufmerksam, die durch massive Öffentlichkeitsarbeit, um nicht zu sagen: Propaganda – geschickt durch das vorbeschriebene Geflecht an Organisationen, Instituten, Einrichtungen etc. vermittelt –, übertüncht werden. Bezeichnend ist sein Ausspruch: „Je dünner die Legitimität [ihres politischen Handelns], umso dicker der Glibber der PR.“
Die geschilderte Gefahr liegt nicht darin, sich im Euro-Währungsraum zu bewegen. Sie liegt darin, dass infolge mangelnder demokratischer Kontrolle politisch einer Gesinnungsethik und nicht einer Verantwortungsethik gefolgt wird. Damit einher ginge eine Abgehobenheit von den Realitäten des täglichen Lebens der Bürger und Unternehmen. Das führte kurz über lang zu einer Schwächung des Euros im Währungskonzert. Ein Risiko erwüchse dann eher daraus, dass es nicht sicher ist, ob der Währungsraum „Euro“ eines Tages zerbricht, zum Beispiel dadurch, dass im Konzert mit anderen Währungen die derzeit ohnehin angekratzte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Europäischen Union noch weiter geschwächt würde und der Euro fortgesetzt an Wert verlöre. Letzteres erleichterte das Auseinanderbrechen der Europäischen Union, die Eigeninteressen der Mitgliedsländer träten wieder stärker hervor.
Dieses Auseinanderbrechen der Europäischen Union ist derzeit unwahrscheinlich, aber denkmöglich als Folge von: fortgesetzter Wirtschaftsschwäche; weiter zunehmender Unzufriedenheit der Bevölkerung mit Zunahme nationalkonservativer bis rechtsextremer Haltungen; fortgesetztem „Rütteln an den Ketten“ seitens ehemaliger UdSSR-Bruderstaaten; fortgesetzter Aufnahme neuer Mitgliedsländer speziell aus dem Balkan und dem ehemaligem UdSSR-Einflussbereich (Serbien, Ukraine); gravierenden, von den Bevölkerungen der Mitgliedsstaaten nicht mitgetragenen außen- und innenpolitischen Entscheidungen.
Bräche die EU, so bräche spätestens dann auch der Euro; im Übrigen weist die Geschichte der Währungsunionen auf deren Brüchigkeit hin: sie halten in der Regel nicht lange. Den Anleger zwingt unter anderem auch dies beizeiten zu überlegen, in welcher Währung er außerhalb des Euroraumes investieren soll. Angesichts des unsicheren Status des US-Dollars als Weltwährung ist dies eine herausfordernde Frage. Sie stellt sich glücklicherweise derzeit nicht, sondern taucht nur schemenhaft als Denkmöglichkeit am Horizont einer eher ferneren Zukunft auf. Aber: sie taucht auf und kann blitzesschnell elefantengroß im Raum stehen.
FAZIT: die Europäische Union birgt für den Anleger derzeit nur am Zukunftshorizont sich abzeichnende Risiken. Sie entspringen u.a. daraus, dass die EU weniger aus der Position der Stärke als eher aus der der Schwäche handelt. Im Vergleich zur Situation des Kalten Krieges und damit zur Gründerzeit der EU-Vorläufereinrichtungen, in der es nur einen wirtschaftsmächtigen geopolitischen Spieler und gleichzeitigen Verbündeten – die USA – gab, steht die Europäische Union heute zwischen zwei Wirtschaftsblöcken: dem des USA-geführten Westens und dem des sog. globalen Südens. Das erzeugt Druck, allzumal Zeitdruck, treibt die EU an und lässt sie, will sie nicht aufgerieben werden, nach Machtvergrößerung durch Zentralisierung streben – ein Demokratierisiko ersten Ranges, damit in der weiteren Folge ein Wirtschafts- und letztlich Veranlagungsrisiko.
Grundsätzliches zur Währungsspekulation
Währungs-Spekulation ist ein äußerst schwieriges, glitschiges, hochriskantes Geschäft, bedarf langjähriger Erfahrung, tagtäglicher Marktbeobachtung und eines guten Magens: Schocks und erratische Marktbewegungen müssen ausgehalten werden – psychisch und finanziell. Einer der bekanntesten und erfolgreichsten Währungsspekulanten im deutschsprachigen Raum ist Folker Hellmeyer (Hellmeyer-Website, Hellmeyer-Kurzportrait (Goldseiten), Hellmeyer auf Netfonds usf.).
Zweck der Währungsspekulation?
Wie bei den Warenoptionsmärkten dient auch der Währungsoptionsmarkt dazu, sehr starke Schwankungen im Wert einer Währung (Devise) zu verhindern: sehr starken Verteuerungen oder Verbilligungen einer Währung im Devisenmarkt (Währungs- oder FOREX-Markt) wird so gegengesteuert. Dafür sorgen die vielen Marktteilnehmer, von denen ein Teil den künftigen Wert einer Währung (Devise) höher, der andere diesen Wert tiefer einschätzt. Dies führt dazu, dass sich eine Art mittlerer Wert für diese Währung einstellt. Währungsoptionsmärkte sind rund um den Globus nahezu 24/7, also nahezu täglich rund um die Uhr, offen (Warenoptionsmarkt, Optionen im Freihandel).
Anders ausgedrückt: Die Spekulanten sichern sich mit ihrem Engagement gegen das Risiko eines Währungsverfalls oder eines Währungsanstiegs ab. Währungsanstiege sind ein Risiko für Käufer auf Warenmärkten, Währungsabwertungen sind ein Risiko für Verkäufer auf Warenmärkten. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Dienstleistungen im internationalen Dienstleistungsaustausch. Die gegenläufigen Interessen auf dem Währungsoptionsmarkt „mitteln“ sich aus.
Allgemein gesprochen handelt es sich bei den Geschäften auf Optionsmärkten um Absicherungsgeschäfte oder Hedging.
Nochmals anders ausgedrückt: Auf aggregiertem Niveau (Makroebene) sorgt der Währungsoptionsmarkt für die Stabilität einer bestimmten Währung im Konzert der anderen Währungen im Devisen- resp. Währungsmarkt (Kassa- oder Spot-Markt, das Pendant zum Optionsmarkt).
Eine stabile Währung ist für die Volkswirtschaft, in deren Bereich diese Währung als Zahlungsmittel dient, eine Lebensnotwendigkeit für das optimale Funktionieren der volkswirtschaftlichen Grundvorgänge Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen. Erratische Schwankungen im Währungs- oder Devisenmarkt erschweren auf der Ebene der Unternehmen (Mikroebene) innerhalb und außerhalb einer Volkswirtschaft erheblich Kalkulationen mit Sicht auf künftig geplante Käufe und Verkäufe. Erratische Schwankungen einer Währung schwächen die Wirtschaftsleistung der zugehörigen Volkswirtschaft, eine stabile Währung fördert sie. Dies gilt auch für Volkswirtschaften außerhalb des entsprechenden Währungsraumes, sofern sie mit dieser Volkswirtschaft handelnd in Verbindung stehen.
FAZIT: Währungsoptionsmärkte sind für das Wirtschaftsgeschehen im Konzert der verschiedenen Volkswirtschaften überlebenswichtig.
Die heilige Trias
Diese Zusammenhänge bleiben in der Regel für Otto Normalverbraucher genauso verborgen wie die Bedeutung der nicht-demokratisch agierenden Zentralbanken, die mit ihren Zinsentscheidungen tief in das Wirtschaftsleben und somit in das Alltagsgeschehen der Menschen eingreifen. Warenmärkte, Währungsmärkte und Zentralbanken sind in einem fortlaufenden Marktgeschehen untrennbar und maßgeblich untereinander verbunden. Dabei modulieren und moderieren die Zentralbanken über den Zinssatz die Abläufe in Waren- und Währungsmärkten und den zugehörigen Optionsmärkten.
Für Otto Normalverbraucher sind Spekulanten auf diesen Märkten in aller Regel ganz, ganz böse Subjekte, die sich mit ihren Spekulationsgewinnen die Taschen vollstopfen.
Wer sind diese Subjekte auf Währungsoptionsmärkten?
Auf Währungs- und Währungsoptionsmärkten agieren in großer Zahl Staatsstellen, staatliche und private Pensionsfonds, multinationale und andere Unternehmen, Finanzinstitute (Banken u.a.), Hedgefonds u.a.
Otto Normalverbraucher verkennt in aller Regel den Sinn dieser Märkte und die Rolle der Spekulanten dort; denn:
Die Währungsoptionsmärkte zeichnen für das Wohl und Wehe im höchstpersönlichen Alltagsleben des kleinen Mannes auf der Straße verantwortlich, indem sie für relative Währungsstabilität sorgen. Doch Märkte sind keine Subjekte. Somit sind präzise gesprochen nicht „die Märkte“, sondern die Teilnehmer an Währungsoptionsmärkten – also die risikoübernehmenden Spekulanten – für das Wohl und Wehe von Otto Normalverbrauchers alltäglichem Leben verantwortlich.
Daher lässt sich interpretieren: In der Erhaltung der Währungsstabilität liegt der soziale Sinn der Spekulation. Dabei dient der Spekulationsgewinn als Entgelt für die risikobehaftete Sorge um eine stabile Währung.
Die Umsätze in Devisen- und Währungsoptionsmärkten sind die größten weltweit und erreichen täglich Milliarden bis Billionen von Währungseinheiten. Im Jahr 2022 wurden allein im Devisenmarkt täglich durchschnittliche Umsätze in Höhe von 7,5 Billionen US-Dollar gehandelt. Zu beachten ist, dass dabei immer Währungspaare gehandelt werden und zudem die Umsätze „doppelt“ anfallen: als Verkaufs- und als Kaufpreis in Summe. Das plustert das tägliche Handelsvolumen ordentlich auf.
Was für die Währungsoptionsmärkte gilt, gilt ebenso für die Warenoptionsmärkte: es geht um die Stabilisierung von in großen Mengen gehandelten Waren wie Weizen, Schweinehälften Orangensaft, Kaffee und vieles andere mehr. Die aufgezählten Waren stehen für solche, die für die Bevölkerungen hohe Bedeutung haben.
Wozu Optionsmärkte gut sind
Aber es gibt doch nach wie vor Preissprünge auf den Warenmärkten, von erratischen Ausschlägen an den Devisenmärkten war auch schon die Rede: wie passt das ins Bild?
Ohne die Terminbörsen wären die Ausschläge um einiges stärker, die Preise höher.
#1 Hitler verbot die große Bremer Kaffeebörse. Daraufhin sicherte sich der Großhandel gegen Preisanstiege bei Kaffee ab, indem er von Haus aus deutlich höhere Preise für den Handel, die Geschäfte, einforderte. Resultat war der berühmt-berüchtigte Blümchenkaffee: die Konsumenten sparten am Kaffee, indem sie möglichst wenig davon zum Aufbrühen verwandten, also sah man durch den dünnen Kaffee das Blümchen am Grund der Kaffeetasse.
# 2 Waren, die nicht abgesichert werden können, weisen größere Preissprünge und höhere Preise auf; bremsend auf den Warenpreis (Aktienpreis, Devisenkurs) wirkt allein die Konkurrenz oder eine schwache Nachfrage oder ein überreichliches Angebot.
# 3 Die erste Warenoptionsbörse wurde 1848 in Chicago gegründet. Hintergrund war der bereits gewachsene Welthandel mit Waren, die großteils noch mit Segelschiffen über die Weltmeere transportiert wurden. Zwar befuhren die ersten Dampfschiffe Ende der 1830er Jahre den Atlantik, doch die eigentliche Verdrängung des Segelschiffs als Transportmittel setzte erst ab den 1870er Jahren ein.
Die Notwendigkeit, sich gegen den Verlust der Waren infolge Schiffuntergangs zu schützen oder sich überhaupt vor unerwarteten Preisveränderungen während der langen Schiffsfuhren abzusichern, führte zur Einrichtung der Chicagoer Warenbörse (Chicago Board of Trade), 1848 zunächst als Kassen- oder Spotmarkt, 1864 dann als Warenterminmarkt. Fortan konnten Käufer und Verkäufer Warenpreise vereinbaren für Warenlieferungen in ein, zwei, drei, sechs Monaten, was die Sicherheit der unternehmerischen Kalkulation erheblich erhöhte, da nun die Preisrisiken nicht von den Warenverkäufern und -käufern selbst, sondern von den Spekulanten übernommen wurden. Es entstand eine hochspezialisierte Zunft von Spekulanten, darunter viele Versicherungen.
Die Spekulanten hatten die Zeit und die Informationsmittel, sich über Warenpreisänderungen am Warenursprungsort und über Transportverzögerungen oder Schiffsunfälle zu informieren. Schlechte Kaffee- oder Kakao-Ernten, transportverzögernde Windflauten oder Schiffsunglücke blieben für sie kein Geheimnis, entsprechend diesen Informationen disponierten sie am Warenterminmarkt ihre Preisvorstellungen, doch in der Vergangenheit geschlossene Warenpreise für eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Termin blieben davon unberührt.
HELLMEYER (Märkte u.a.m.)
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ISRAEL-HAMAS-HISBOLLAH-KRIEG
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WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN
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URAINE-KRIEG im n-tv Liveticker
Detaillierte Meldungsübersicht. Daraus eine Auswahl:
+++ 06:27 Selenskyj: „Russland muss man zum Frieden zwingen“ +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert mehr Druck auf Russland, die Kampfhandlungen einzustellen. „Russland muss man zum Frieden zwingen, nur Zwang hilft“, so Selenskyj. „Zu lange schon liegt das amerikanische Angebot eines bedingungslosen Waffenstillstands auf dem Tisch, ohne dass Russland darauf angemessen reagiert. Das sagt eine Menge aus. Es könnte bereits einen Waffenstillstand geben, wenn wirklich Druck auf Russland ausgeübt würde“, so der Staatschef. Anders als die Ukraine hatte Russland einer von den USA am 11. März vorgeschlagenen Waffenruhe für 30 Tage zu Wasser, zu Land und in der Luft nicht zugestimmt. Kremlchef Wladimir Putin hatte sein Einverständnis dazu an zahlreiche Bedingungen geknüpft, darunter der rechtlich bindende Verzicht der Ukraine auf eine Nato-Mitgliedschaft und auf die von Russland annektierten Gebiete. Das wiederum lehnt Kiew ab.
+++ 05:45 Ukraine: Soldaten bei russischem Angriff auf Militärkrankenhaus in Charkiw verletzt +++
Die Ukraine wirft Russland einen Angriff auf ein Militärkrankenhaus in der Stadt Charkiw im Nordosten des Landes vor. Mehrere Soldaten seien verletzt worden, teilt die ukrainische Armee mit. Das Krankenhaus und ein benachbartes Wohngebäude seien bei dem Drohnenangriff beschädigt worden. Zur Zahl der Verletzten macht die ukrainische Armee keine Angaben. Sie wirft Russland vor, ein „Kriegsverbrechen“ begangen und gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen zu haben.
+++ 04:47 Polen erwägt Wiedereinführung der Wehrpflicht +++
Polen erwägt als Reaktion auf die zunehmende Bedrohung durch Russland und Weißrussland die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Polen liegt an der Ostflanke der Nato und grenzt an Weißrussland und die stark militarisierte Exklave Kaliningrad. Seit Beginn der groß angelegten russischen Invasion in der Ukraine hat das Land mehrere Schritte zum Ausbau und zur Stärkung seiner Streitkräfte unternommen. Die Rückkehr zur Wehrpflicht sei „unvermeidlich“, sagt Generalmajor Maciej Klisz, der operative Befehlshaber der polnischen Streitkräfte, laut „Kyiv Independent“. Klisz nennt Finnland als Vorbild und weist darauf hin, dass das Land bei einer Bevölkerung von 5,5 Millionen fast eine Million Reservisten habe. Um dieses Verhältnis zu erreichen, bräuchte Polen sieben Millionen Reservisten, sagt Klisz. Derzeit verfügt das Land über etwas mehr als 300.000 Reservisten.
+++ 03:46 Finnlands Präsident spricht mit Trump beim Golf über die Ukraine +++
Der finnische Präsident Alexander Stubb hat bei einem Besuch in Mar-a-Lago in Florida mit US-Präsident Donald Trump über den Krieg in der Ukraine und andere politische Fragen gesprochen. Laut einer Pressemitteilung der finnischen Regierung war Stubbs Besuch „inoffiziell“. Er beinhaltete Frühstück, Mittagessen und eine Runde Golf. „Während des Besuchs diskutierten die Präsidenten unter anderem über die Beziehungen zwischen Finnland und den Vereinigten Staaten sowie über aktuelle außen- und sicherheitspolitische Fragen, darunter auch die Ukraine“, heißt es in der Pressemitteilung. Die Erklärung enthält keine inhaltlichen Details zu den politischen Diskussionen der beiden Staatschefs. In einem Interview mit France 24 lobte Stubb Trumps Bemühungen um einen Waffenstillstand in der Ukraine, äußerte sich jedoch skeptisch gegenüber Russland.
+++ 01:45 Bericht: Kiew dringt auf Änderungen bei Rohstoff-Deal +++
+++ 23:58 Selenskyj fordert von USA Reaktion auf russische Luftschläge +++
Angesichts massiver russischer Drohnenschläge jede Nacht gegen die Ukraine hat Präsident Wolodymyr Selenskyj die USA zum Handeln aufgerufen. Es brauche eine scharfe Reaktion Amerikas, Europas und all jener, die sich um ein Ende des Kriegs bemühen, sagt Selenskyj in seiner in Kiew verbreiteten allabendlichen Videobotschaft. Allein in der Nacht zum Samstag habe es mehr 172 Drohnenangriffe auf das Land gegeben, unter anderem in der Großstadt Dnipro, wo 4 Menschen starben und 24 weitere verletzt wurden, in den Regionen Charkiw und Sumy.
+++ 22:38 Russland überzieht Charkiw mit Drohnenangriffen +++
Bei einem russischen Drohnenangriff werden mindestens zwei Menschen getötet und 15 verletzt, berichtet der Gouverneur der Oblast Charkiw, Oleg Syniegubow. Mehrere Explosionen waren in der ganzen Stadt zu hören. Eine Rettungsaktion zur Bergung einer Person aus den Trümmern läuft noch, teilt der Bürgermeister von Charkiw bei Telegram mit. Demnach trafen und beschädigten die Angriffe ein Einkaufszentrum, mehrere Wohngebäude, eine medizinische Einrichtung und ein Bürogebäude. Zudem seien mehrere Brände ausgebrochen.
+++ 22:03 Selenskyj fordert für Waffenruhe „echten Druck“ auf Russland +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert mehr Druck auf Russland um Moskau zur Zustimmung zu einer bedingungslosen Waffenruhe zu bewegen. „Der amerikanische Vorschlag (..) liegt nun schon zu lange auf dem Tisch, ohne dass Russland angemessen darauf reagiert hätte“, sagt Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. „Es könnte bereits eine Waffenruhe geben, wenn echter Druck auf Russland ausgeübt würde“, fügte er hinzu. Er dankte den Ländern, „die das verstehen“ und Sanktionen ausgeweitet hätten. Der russische Verhandlungsführer sagte am Freitag, er erwarte für dieses Jahr keine allgemeine Waffenruhe. Auf dieses Risiko haben Kiew und seine Verbündeten angesichts der US-amerikanischen Bemühungen immer wieder kritisch hingewiesen: Dass Russland die Verhandlungen absichtlich in die Länge ziehen könne, während es an der Front weiter vorrückt und Fakten schafft.
+++ 21:22 Ukraines Vizeaußenministerin: Russland ist nicht zu trauen und sollte für Kriegsverbrechen bestraft werden +++
Russland sei nicht vertrauenswürdig und müsse für seine Kriegsverbrechen und den anhaltenden Völkermord zur Rechenschaft gezogen werden, sagt die stellvertretende ukrainische Außenministerin Mariana Betsa in einem Interview mit der britischen Zeitung „The Sun“. „Aggressoren sollten nicht beschwichtigt, Aggression nicht belohnt werden (..) Wir können nicht in einer Welt leben, in der Straflosigkeit über Rechtsstaatlichkeit siegt“, wird Betsa zitiert. „Russland (..) begeht weiterhin Völkermord im industriellen Maßstab, jeden Tag, jede Minute“, so die Vizeministerin. Zudem verschleppe es noch immer ukrainische Kinder, nach Russland und „löscht ihre Identität aus“. Die dortigen Behörden änderten die Namen der Kinder, stellten ihnen russische Pässe aus und versuchten, sie zu russifizieren. Bei möglichen Gesprächen über einen allgemeinen Waffenstillstand seien die Verschleppten eines der wichtigsten Anliegen Kiews.
+++ 20:48 Bericht: Kiew wird Washington Gegenvorschlag für Rohstoffabkommen machen +++
In einer Videokonferenz haben sich Vertreter der USA und der Ukraine über das geplante Rohstoffabkommen für das osteuropäische Land ausgetauscht, berichtet „Bloomberg“. Demnach gibt es Hinweise darauf, dass Washington offen für Änderungen am Entwurf ist. Die Ukraine werde Modifikationen von den USA fordern, darunter erhöhte Investitionen. Kiew hat Bedenken über die Vereinbarkeit des Abkommens mit einer möglichen zukünftigen EU-Mitgliedschaft. Der derzeitige Vorschlag der US-Seite besagt, dass sich die Ukraine verpflichtet, die Vereinigten Staaten für die Kosten aller finanziellen, militärischen und humanitären Hilfeleistungen seit Februar 2022 zu entschädigen. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Freitag, Kiew sei nicht bereit, diese Zahlungen als Schulden anzuerkennen.
+++ 20:06 Ungarns Regierung verschickt Anti-Ukraine-Pamphlete mit Umfrage zur EU +++
Die ungarische Regierung verschickt Umfragebögen über eine mögliche EU-Mitgliedschaft der Ukraine, berichtet das Nachrichtenmedium „European Pravda“. Einem Regierungssprecher Ungarns zufolge werden die Bögen von „Infoblättern“ zum Thema begleitet. Darauf werden „sieben Risiken“ aus Sicht der ungarischen Regierung präsentiert, schreibt „European Pravda“. Das erste „Risiko“ sei, dass Ungarn seine EU-Gelder verlöre, weil „das ganze Geld“ stattdessen an die Ukraine gezahlt würde. Derzeit zahlt die EU wegen autokratischer Orientierung Ungarns viele Gelder nicht an das Mitglied. Unter anderem ist auf dem Papier zu lesen, die EU wolle gemeinsame Schulden für die Ukraine aufnehmen. Zudem sollten ukrainische Bauern finanziert werden, die dann mit niederwertigen, genmodifizierten Produkten auf den Markt drängen würden. Das stimmt nicht, die ukrainischen Bauern müssten den EU-Regelungen folgen. Der ungarische Sprecher behauptete auch, die Ukraine sei „das Zentrum des Drogenschmuggels und des organisierten Verbrechens“ geworden. Die dortige Mafia bekäme bei einer EU-Mitgliedschaft Kiews auch Zugang nach Ungarn.
+++ 19:10 US-Außenminister: Daten entführter ukrainischer Kinder sind sicher +++
Das US-Außenministerium hat die Informationen über ukrainische Kinder, die von der russischen Regierung während des Krieges in der Ukraine entführt wurden, nicht gelöscht. „Die Daten sind sicher“, sagt US-Außenminister Marco Rubio bereits am Donnerstag. Die Datenbank werde an die „zuständige Stelle“ übergeben, so Rubio, ohne zu spezifizieren, welche das sei. Forscher der Yale University speicherten darin die Angaben über Zehntausende entführte ukrainische Kinder. Die neue US-Regierung kürzte jedoch die Gelder für das Programm. Yale zählte seit Beginn des russischen Großangriffs mehr als 30.000 Kinder, die aus der Ukraine nach Russland und Belarus verschleppt wurden. Im Jahr 2023 erließ der Internationale Strafgerichtshof deshalb einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Kreml weist die Vorwürfe von Kriegsverbrechen zurück, macht aber kein Geheimnis aus der Überstellung ukrainischer Kinder nach Russland.
+++ 18:22 WSJ: Pentagon-Chef Hegseth nahm seine Frau zu Beratungen mit Nato-Staaten mit +++
Verteidigungsminister Pete Hegseth hat seine Frau Jennifer, eine ehemalige Produzentin des US-Fernsehsenders „Fox News“, zu zwei Treffen mit ausländischen Militärs mitgenommen, schreibt das „Wall Street Journal“. Dabei sind möglicherweise geheime Informationen besprochen worden. Eines der Treffen fand dem Bericht zufolge am 6. März im Pentagon zwischen Hegseth und dem britischen Verteidigungsminister John Healey sowie dem Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte, Tony Radakin, statt. Dabei sei es um die künftige militärische Zusammenarbeit sowie die Gründe für gekappte US-Unterstützung der Ukraine gegangen. Auch bei einem hochrangigen Nato-Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe im Februar sei Hegseths Frau dabei gewesen. Aufgrund der heiklen Inhalte solcher Gespräche müssen Teilnehmer üblicherweise eine Sicherheitsfreigabe vorweisen. Es ist unklar, ob Jennifer darüber verfügt.
+++ 17:40 Russland meldet Erfolg im Oblast Sumy, Ukraine dementiert Grenzdurchbruch +++
Das russische Verteidigungsministerium gibt an, seine Truppen hätten Weseliwka, ein Dorf in der ukrainischen Oblast Sumy an der Grenze zu Russland, eingenommen. Russische Truppen versuchen immer wieder, in kleinen Gruppen die Grenze zu überqueren und in der nordöstlichen Ukraine Fuß zu fassen. Für einen breiten russischen Durchbruch an der dortigen Landesgrenze gebe es keine Belege, sagt zugleich der ukrainische Grenzschutzchef Andriy Demchenko. Zwar habe Russland seine Kräfte im angrenzenden russischen Gebiet Kursk konzentriert, um das von der Ukraine besetzte Gelände zurückzuerobern. In Sumy versuche der Feind, mit kleinen Kampfeinheiten vorzugehen.
+++ 16:57 Russland: Kein allgemeiner Waffenstillstand in diesem Jahr +++
Der russische Unterhändler Grigori Karasin äußert Zweifel an einem schnellen, umfassenden Waffenstillstand in der Ukraine. Die Gespräche mit den USA könnten in diesem Jahr keine entscheidenden Ergebnisse bringen, sagt er am Freitag in einem Interview im staatlichen Fernsehsender Russland 24. Auf eine entsprechende Frage antwortet er: „Nicht in diesem Jahr oder Ende dieses Jahres“. Karasin leitete die russische Delegation, die am 24. März in Riad die zwölfstündigen Beratungen mit den USA abhielt. Die Gespräche führten zu einer Einigung über einen teilweisen Waffenstillstand im Energiebereich und möglicherweise im Schwarzen Meer. Das Weiße Haus sieht das wesentlich optimistischer. „Sobald wir (den Waffenstillstand im Schwarzen Meer erreicht haben) werden wir an der nächsten Phase des Waffenstillstands arbeiten“, sagte US-Vizepräsident J.D. Vance ebenfalls am Freitag.
+++ 16:12 Ukraine: Können in diesem Jahr mehrere Millionen FPV-Drohnen bauen +++
Ukraines Regierung gibt an, die eigene Rüstungsindustrie könne inzwischen mehr als fünf Millionen FPV-Drohnen pro Jahr herstellen. Dies sagt der präsidentielle Berater für strategische Industrien, Oleksandr Kamyschin. FPV steht für „First Person View“, so können Piloten aus der Ferne über eine eingebaute Kamera sehen, wohin sie die Drohne steuern. Mehr als 150 Unternehmen unterschiedlicher Größenordnung produzieren in der Ukraine solche Drohnen. Wegen der unkalkulierbar gewordenen Waffenlieferungen der Verbündeten plant Kiew, insgesamt 4,5 Millionen Exemplare zu kaufen. Laut Ukraines Oberbefehlshaber Oleksandr Syrsky zerstörten Kiews Streitkräfte im Januar die Hälfte der feindlichen Ausrüstung mithilfe solcher Drohnen.
+++ 15:29 Vereinbarter Waffenstillstand im Energiebereich ist brüchig +++
Seit dem 25. März gilt ein Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland für Angriffe auf die Energieinfrastruktur. Es liegen unterschiedliche Aussagen dazu vor, ob er hält. Russland wirft der Ukraine vor, das Moratorium verletzt zu haben: In den vergangenen 24 Stunden seien mehrfach Stromnetze in der Region Belgorod ins Visier genommen worden, erklärt das Verteidigungsministerium in Moskau. Laut Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj griffen russische Streitkräfte am Donnerstag die Energieinfrastruktur in der Stadt Cherson an. Auch der ukrainische staatliche Energiekonzern Naftogaz meldete Angriffe auf seine Infrastruktur. Selenskyj forderte „eine Reaktion der Vereinigten Staaten“. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, Russland halte sich an den Waffenstillstand im Energiebereich.
+++ 14:45 Video: Dnipro steht nach Drohnenbeschuss in Brand +++
Die russische Armee greift die ukrainische Stadt Dnipro mit einer Vielzahl von Drohnen an. Dabei geraten nach Angaben des Gouverneurs etliche Gebäude in Brand, darunter auch ein Hotel-Restaurant-Komplex. Mehrere Menschen sterben bei der Luftattacke, weitere werden verletzt.
Mehrere Tote bei Luftangriff Dnipro steht nach Drohnenbeschuss in Brand
+++ 14:21 Russland soll neue Offensive für die kommenden Wochen planen +++
Die russischen Truppen bereiten sich einem Medienbericht zufolge auf eine neue Offensive in den kommenden Wochen vor, um den Druck auf die Ukraine zu erhöhen und die Position des Kreml bei den Waffenstillstandsverhandlungen zu stärken. Analysten zufolge könnte die neue Offensive zwischen sechs und neun Monaten dauern, berichtet die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf namentlich nicht genannte ukrainische Offizielle. Analysten und militärische Befehlshaber erklären, dass der Kreml im Frühjahr eine Offensive in mehreren Bereichen entlang der 1000 Kilometer langen Kontaktlinie vorbereitet. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt unter Berufung auf Geheimdienstinformationen, dass Russland neue Angriffe in den Oblasten Sumy, Charkiw und Saporischschja vorbereitet.
+++ 13:48 Sieben Verletzte durch russischen Raketenangriff in Kryvyi Rih +++
Bei einem russischen Raketenangriff auf die Stadt Kryvyi Rih im Oblast Dnipropetrovsk sind mindestens sieben Menschen verletzt. Das teilt der Gouverneur der Region Serhiy Lysak auf Telegram mit. Seinem Bericht zufolge wurden mehrere Hochhäuser, eine Schule und eine Autowaschanlage bei dem Angriff beschädigt.
+++ 13:12 Russland behauptet, weitere Orte in der Ukraine eingenommen zu haben +++
Russland hat eigenen Angaben zufolge die Ortschaft Pantelejmoniwka in der Region Donezk sowie den Ort Scherbaky in der Region Saporischschja eingenommen. Das meldet die staatliche Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium. Die Militärbloggergruppe „Deepstate“ führt Scherbaky auf ihrer Karte jedoch noch als umkämpftes und teils von ukrainischen Streitkräften besetztes Gebiet. Die Ortschaft Pantelejmoniwka wird als teils umkämpft und teils von Russland besetztes Gebiet geführt.
+++ 12:41 Selenskyj: Russland verhöhnt die Friedensbemühungen der Welt +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den fehlenden Druck auf Russland kritisiert, um das Land zum Frieden zu bewegen. „Russland verhöhnt die Friedensbemühungen der Welt – es zieht den Krieg in die Länge und begeht diese Terrorakte, weil es noch immer keinen wirklichen Druck verspürt“, schrieb der Staatschef auf X. „Die Diplomatie kann funktionieren, aber nur, wenn sie durch Aktionen unterstützt wird, die unsere Krieger stärken und den Besatzern die Mittel entziehen, um Krieg zu führen“, so Selenskyj. „Unsere Partner wissen, was helfen kann, welche Art von Druck, und es hängt von Amerika, von Europa, von jedem in der Welt ab, der wirksame Diplomatie will.“
+++ 12:09 Russischer Unterhändler rechnet mit Ukraine-Verhandlungen mindestens bis Jahresende +++
Die Verhandlungen zwischen Russland und den USA haben nach Angaben eines Unterhändlers bisher keine „signifikanten Fortschritte“ erreicht. Die Diskussionen „haben noch nicht zu einem radikalen Durchbruch geführt, aber die Möglichkeiten sind da“, sagt der russische Unterhändler Grigory Karasin bei Rossiya 24. „Es wäre naiv gewesen, irgendwelche Durchbrüche zu erwarten.“ Karasin rechnet mit keinem schnellen Ende der bilateralen Verhandlungen zur Ukraine. Er erwartet, dass diese mindestens bis Ende des Jahres oder sogar darüber hinaus andauern könnten. Putin und Russland hatten zuletzt neue Forderungen hinsichtlich der Aufhebung von Sanktionen oder auch einer UN-Verwaltung für die Ukraine ins Spiel gebracht, die darauf hindeuten, dass Russland kein Interesse an einem schnellen Abschluss der Verhandlungen hat.
+++ 11:41 Ukraine kann fast 100 russische Drohnen abschießen +++
In der vergangenen Nacht hat Russland die Ukraine mit 172 Drohnen angegriffen. Davon konnte die ukrainische Luftabwehr insgesamt 94 der unbemannten Flugobjekte abschießen, teilte die Armee mit. 69 weitere Drohnen seien „vom Radar verschwunden“. Dies ist oftmals ein Hinweis auf den Einfluss von elektronischen Drohnenabwehrsystemen. Die Luftwaffe gab nicht an, in welchen Oblasten die Drohnen abgeschossen wurden, erwähnte aber, dass es sich um „den Norden und das Zentrum des Landes“ gehandelt habe. Bei einem der Angriffe auf die Stadt Dnipro wurden vier Menschen getötet.
+++ 11:07 Weichert: „Russland hat Taktik bei Drohnenangriffen geändert“ +++
Das Verhandlungskarussell im Ukraine-Krieg dreht sich weiter. Auf Moskaus Vorschlag, die Ukraine übergangsweise unter UN-Verwaltung zu stellen, reagiert Kiew mit einem Gegenvorschlag. Derweil schlägt Russland militärisch einen neuen Kurs ein, berichtet ntv-Reporter Jürgen Weichert.
Weichert zu Kreml-Kurs „Russland hat Taktik bei Drohnenangriffen geändert“
+++ 10:38 Ukraine meldet über 60 zerstörte Artilleriesysteme +++
Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben im Laufe des vergangenen Tages insgesamt 64 russische Artilleriesysteme zerstört. Das meldet der Generalstab der Armee. Darüber hinaus seien 1740 Soldaten Moskaus „eliminiert“ worden. Die Ukraine differenziert hierbei nicht zwischen Getöteten und Verletzten. Ferner konnten Kiews Truppen dem Bericht zufolge 23 Panzer, 34 Schützenpanzer und drei Flugabwehrsysteme ausschalten.
+++ 10:09 Restaurantkomplex mit „Piratenschiff“ geht bei Dnipro-Drohnenangriff in Flammen auf +++
Bei dem russischen Drohnenangriff auf die Stadt Dnipro ist auch ein Restaurant in einem Hotelkomplex zerstört worden. Videoaufnahmen zeigen einen zum Restaurant gehörenden hölzernen Nachbau eines „Piratenschiffs“, welcher in Flammen steht. Darüber hinaus wurden auch weitere zivile Ziele in der Stadt attackiert. Mindestens vier Menschen starben bei den Angriffen der Putin-Truppen.
+++ 09:44 Münkler: „Die Russen werden die USA sowieso hereinlegen“ +++
Der Politologe Herfried Münkler erwartet, dass Trumps Strategie, Russland aus dem engen Bündnis mit China zu lösen, nicht aufgeht. „Die Russen werden die USA sowieso hereinlegen. Die Russen werden die enge Bindung an China nicht aufgeben“, sagt Münkler im Interview mit ntv.de. „Jetzt versuchen Vance und Rubio, Russland aus der engen Bindung an China herauszuholen, weil China für die Vereinigten Staaten die Hauptherausforderung der hegemonialen Position der USA ist. Aber die USA werden dadurch die Europäer verlieren, denn die werden Kontakte zu China intensivieren, um eine Gegenkoalition zu bilden.“ Der Politologe rechnet für die Zukunft mit einem „politischen Spiel“ zwischen fünf Mächten: den USA, China, Europa, Russland und Indien. „Dieses Spiel wird nicht mehr in einer regelbasierten, sondern in einer machtbasierten Ordnung ablaufen.“
Münkler über Trumps Launen „Die Russen werden die USA sowieso hereinlegen“
+++ 09:12 Denison: Trumps „neuer Entwurf des Ukraine-Deals verwirrt alle“ +++
Nach der Eskalation zwischen Trump und Selenskyj im Weißen Haus sehen Beobachter Anlass zur Hoffnung auf eine neuerliche Annäherung. Nun aber legt Trumps Team einen neuen Entwurf für einen Rohstoff-Deal vor, der laut Transatlantik-Experte Andrew Denison „Verwirrung und Verzweiflung“ auslöst.
„Achterbahn“ um Ukraine-Deal Denison: Trumps „neuer Entwurf verwirrt alle“
+++ 08:46 Ukrainische Luftwaffe attackiert russischen Drohnen-Startplatz +++
Die ukrainische Luftwaffe hat den Grenzkontrollpunkt Pogar in der Nähe von Sluchovsk in der russischen Region Bryansk angegriffen. Der Angriff führte zur Zerstörung wichtiger militärischer Infrastruktur, einschließlich Kommunikations- und elektronischer Kriegsführungssysteme, Überwachungsausrüstung und anderer technischer Anlagen, berichtet der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte. Nach deren Angaben wurden bei dem Angriff 15 bis 40 russische Soldaten getötet. Der Kontrollpunkt Pogar ist als Startplatz für russische Drohnenangriffe bekannt.
+++ 08:15 BBC: Zahl der identifizierten russischen Toten steigt auf über 100.000 +++
Im Krieg gegen die Ukraine sind seit Februar 2022 mindestens 100.001 russische Kämpfer getötet worden. Dies berichtet der russischsprachige Dienst der BBC und stützt sich dabei auf öffentlich zugängliche Daten, die die Journalisten gemeinsam mit Freiwilligen und dem oppositionellen russischen Portal „Mediazona“ ausgewertet haben. Die Journalisten weisen darauf hin, dass die tatsächlichen Zahlen wahrscheinlich wesentlich höher sind, da ihre überprüften Informationen aus öffentlichen Quellen wie Nachrufen, Beiträgen von Angehörigen, regionalen Medienberichten und Erklärungen der örtlichen Behörden stammen.
+++ 07:46 Selenskyj will eigene Flugabwehrsysteme produzieren +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Rüstungsbetriebe der Ukraine aufgefordert, ihre Produktion neuartiger und schlagkräftiger Drohnen und auch von Raketen hochzufahren. „Unsere Aufgabe ist es, die Lieferung an die Armee deutlich zu erhöhen und die technologischen Vorteile unserer ukrainischen Drohnen zu maximieren“, sagt er. Die Soldaten bräuchten ausreichend Nachschub. Zudem arbeite die Ukraine daran, ihre eigene Produktion von Flugabwehrraketensystemen und allen notwendigen Luftabwehrsystemen aufzubauen. Dazu habe es in den vergangenen Tagen auch bei Treffen in Europa Gespräche gegeben. Es gehe dabei um die gemeinsame und langfristige Sicherheit für ganz Europa.
WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN
Gegenseitige Vorwürfe von Angriffen auf Energieanlagen – ORF, Samstag, 29.3.2025
Nach entsprechenden Vorwürfen der Ukraine hat Russland seinerseits Kiew vorgeworfen, die Attacken auf russische Energieanlagen noch verstärkt zu haben – ungeachtet der dafür vereinbarten Feuerpause. Die Zahl entsprechender Angriffe in den Gebieten Kursk und Belgorod habe sich erhöht, erklärte gestern das Verteidigungsministerium in Moskau. Nach Treffern auf Hochspannungsleitungen und Umspannwerke sei es zu Stromausfällen gekommen.
Das stehe im Widerspruch zu den Beteuerungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über ein Ende solcher Angriffe, hieß es aus Moskau. Zuvor hatte Selenskyj seinerseits Russland vorgeworfen, die Angriffe auf ukrainische Energieinfrastruktur fortzusetzen. Seit Tagen halten einander die Kriegsparteien Verstöße gegen die Vereinbarung vor.
Von USA vermittelte Vereinbarung hält nicht
US-Vermittler hatten mit Russland und der Ukraine in getrennten Gesprächen vereinbart, dass keine Energieinfrastruktur mehr bombardiert wird. Russlands Präsident Wladimir Putin gab nach Kreml-Angaben dafür am 18. März den Befehl – nach einem Telefonat mit seinem US-Amtskollegen Donald Trump.
Überprüfbar sind die Angaben der Kriegsparteien zu den Schäden nicht. Auffällig ist aber, dass beide Seiten nun erstmals ganze Listen mit den Schäden und Verstößen veröffentlichen, nachdem es solche Mitteilungen in der Vergangenheit nicht oder kaum gegeben hatte.
red, ORF.at/Agenturen
Gegen Russland: Estland rechtfertigt Ausstieg aus Minen-Abkommen – Samstag, 29.3.2025
Tallinn – Der estnische Außenminister, Margus Tsahkna, hat die Entscheidung seines Landes gerechtfertigt, aus dem internationalen Abkommen gegen Anti-Personen-Minen auszutreten. „Wenn Russland kommt, dann müssen wir zurückschlagen“, sagte Tsahkna der „Welt am Sonntag“.
„Wir können nicht mit einer Hand hinter dem Rücken kämpfen. Das erklären wir auch unseren Partnern und anderen Mitgliedern dieser Konvention“, so Tsahkna weiter. Man sei bereit für Kritik. „Aber wir fordern auch Verständnis für unsere Situation: Wir müssen Europa schützen.“
Die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland sowie Polen hatten erst kürzlich erklärt, aus dem Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Anti-Personen-Minen und über deren Vernichtung, besser bekannt als Ottawa-Abkommen, auszutreten. Die Sprengkraft von Antipersonenminen ist in der Regel zu gering, um Fahrzeuge zu zerstören. Die Minen sollen Personen töten oder so stark verletzten, dass Kräfte des Gegners für ihre Versorgung gebunden werden.
Da die Mine meist von der betroffenen Person selbst ausgelöst wird, kann sie Soldaten wie Zivilisten treffen. Daher ist die Waffe weitgehend geächtet. Die Großmächte Russland und die USA haben das Ottawa-Abkommen nie unterzeichnet.
Die baltischen Staaten und Polen sehen durch den Einsatz von Antipersonenminen eine Möglichkeit, sich potenziell gegen Russland zu verteidigen. „Das ist eine sehr klare Botschaft an Putin, dass wir bereit sind, unsere Grenzen zu schützen, koste es, was es wolle“, sagte Außenminister Tsahkna.
© 2025 dts Nachrichtenagentur
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WEITERE MELDUNGEN
ORF MELDUNGBÜNDEL WELT
USA fordern französische Firmen zu Diversitätsverbot auf
Hamas veröffentlicht neues Geiselvideo
Syriens Übergangspräsident bildet neue Regierung
Dänische Regierungschefin reist nach Grönland
USA
Zeitumstellung: Golflobby befeuert US-Debatte- ORF, Samstag, 29.3.2025
Am Sonntag um 2.00 Uhr wird in Mitteleuropa die Zeit eine Stunde nach vorn auf 3.00 Uhr gestellt – und damit von der Normal- auf die Sommerzeit. Die Debatte über Sinn und Unsinn der Uhrenumstellung ist aber kein europäisches Phänomen, auch in den USA sorgt das Thema für politische Kontroversen. Maßgeblich beteiligt ist dort die Golflobby, die schon seit Jahrzehnten bei dem Thema mitmischt.
Anders als in Europa wurden die Uhren bereits Mitte März umgestellt, zur Normalzeit kehrt man dort am ersten Sonntag im November zurück. Eine Abschaffung wird, wie auch in der EU, seit Jahren in Erwägung gezogen und wird vor allem aus wirtschaftlichen Gründen immer wieder aufs Tapet gebracht.
Im März 2022 stimmte der US-Senat für die dauerhafte Einführung der Sommerzeit, doch im Repräsentantenhaus kam das Vorhaben ins Stocken, nachdem die Gesetzgeber keinen Konsens erzielen konnten. Zu den härtesten – und einflussreichsten – Befürwortern der permanenten Beibehaltung gehört laut AP die Golfindustrie.
Abendgolf füllt die Kassen
Die Rechnung ist einfach: Je länger es hell ist, desto mehr Zeit verbringen Golferinnen und Golfer auf dem Platz, wo sie auch in den Clubhäusern gern viel Geld für Essen und Trinken ausgeben. Hundert Besucherinnen und Besucher würden im Schnitt pro Tag weniger auf den Platz kommen, würde die Sommerzeit abgeschafft, argumentierte Connor Farrell, Geschäftsführer des Stone Creek Golf Course in Omaha gegenüber der AP. Das würde sich zu einem finanziellen Verlust von 500.000 Dollar pro Jahr summieren.
Einer Studie der World Golf Foundation aus dem Jahr 2018 zufolge bringt der Golfsport in den USA jährlich 84,1 Milliarden Dollar. Dass man in den 1980er Jahren die Umstellung im Frühling von Ende auf Anfang April vorverlegte und 2007 auf Mitte März, heftet sich die Golflobby bis heute auf die Fahnen.
„Erfinder der Zeitumstellung“ war laut Legende ein Golfer
Einen Mythos, den die Fans des Sports in den USA auch gern aufrechterhalten, ist jener, dass dem gemeinhin als „Erfinder der Zeitumstellung“ gehandelten Briten William Willett die Idee Anfang des 20. Jahrhunderts unter anderem wegen seiner Liebe zum Golfen gekommen sein soll. Der Bauunternehmer veröffentlichte 1907 ein Pamphlet mit dem Titel „The Waste of Daylight“ („Die Verschwendung des Tageslichts“), in dem er beklagte, dass man im Sommer bei Normalzeit viele wertvolle Tageslichtstunden verliere, in denen man erholsamen Freizeitbeschäftigungen nachgehen könnte.
Willet – Ururgroßvater von Coldplay-Sänger Chris Martin – war wohlhabend und durchaus einflussreich. In seinem Pamphlet zählte er Dutzende britische Abgeordnete als Unterstützer auf, auch der damals junge Winston Churchill soll von seiner Idee begeistert gewesen sein. Die tatsächliche Einführung der Zeitumstellung in seiner Heimat 1916 erlebte Willett nicht: Er starb 1915 an Influenza.
Golfplatzbetreiber mehrheitlich für permanente Sommerzeit
Die Vereinigung von Golfplatzbetreibern in den USA (National Golf Course Owners Association, NGCOA) erhob heuer in einer Umfrage die Position ihrer Mitglieder. 66 Prozent sprachen sich für die permanente Sommerzeit aus, 25 Prozent für die Beibehaltung der Umstellung. Nur ein Bruchteil würde ständige Normalzeit befürworten.
Dass es in den USA 2022 fast zu einer Umstellung auf permanente Sommerzeit gekommen wäre, geht auf das Konto des jetzigen Außenministers und damaligen Senators Marco Rubio aus Florida – jenem Bundesstaat mit den US-weit meisten Golfplätzen. Er hatte den „Sunshine Protection Act“ im Senat in Washington eingebracht, wo er auch einstimmig angenommen wurde – bevor er im Kongress scheiterte.
Auch andere Wirtschaftszweige mit Interessen
Die Golfindustrie ist aber nicht der einzige Wirtschaftszweig, der in den USA bei der Zeitumstellungsdebatte versucht, seine Interessen zu vertreten. So sollen etwa die großen Süßwarenhersteller jahrzehntelang dafür lobbyiert haben, dass die Umstellung auf Normalzeit im Herbst nach hinten verschoben wird, berichtete das Onlinemagazin Quartz.
Weil die Süßigkeitenjagd zu Halloween immer genau nach der Umstellung Ende Oktober stattfand, hätte das die Zeit begrenzt, in der Kinder am Abend um die Häuser ziehen konnten, so die Argumentation. Als 2005 eine Verschiebung des Normalzeitbeginns von Oktober auf November zur Abstimmung kam, hätten Lobbyisten mit Süßigkeiten gefüllte Kürbisse im Senat verteilt. Stimmung machten auch andere Branchen, die von mehr Freizeit im Tageslicht profitieren: Sportartikel- und Einzelhandel etwa. Das Gesetz wurde angenommen, seit 2007 werden die Uhren in den USA erst im November umgestellt.
Halbherzige Konsultationen in EU
In der EU scheitert die vor Jahren losgetretene Abschaffungsdebatte an einer Einigung der Mitgliedsstaaten. Seit 2018 liegt ein Vorschlag der EU-Kommission auf dem Tisch. Polen – das zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat – sondiert derzeit, wie die anderen EU-Staaten zu dem Vorschlag stehen. Große Hoffnung auf eine baldige Lösung hat man aber nicht.
Angedacht wäre, dass die Länder individuell entscheiden können, ob sie ganzjährig auf Sommer- oder Normalzeit umstellen wollen. Das könnte zu einem Fleckerlteppich führen, was vielfach Bedenken auslöst. Müsste man sich entscheiden, würde das offizielle Österreich eine ständige Sommerzeit als Standardzeit bevorzugen.
sofe, ORF.at
Links:
- AP-Artikel
- Quartz-Artikel
- „The Waste of Daylight“
- National Golf Course Owners Association
- World Golf Foundation
- EU-Kommission
- Daylight saving time in the US (Wikipedia)
US-Wissenschaft: Nun auch Covid-19-Forschung in Gefahr – ORF, Freitag, 28.3.2025
Die Kürzungen der US-Wissenschaft unter Donald Trump werden zunehmend drastischer. Nun werden auch mit vielen US-Dollar-Milliarden dotierte Forschungsprojekte, die sich mit Covid-19 beschäftigen, gestrichen.
Die Subventionen seien für die Zeit der Pandemie gedacht gewesen. „Da die Pandemie nun vorbei ist, sind diese Subventionen nicht mehr notwendig“, heißt es in einem Dokument der Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH), über das die Fachzeitschrift „Nature“ berichtet.
Cancel-Liste:
Die Liste der Themen, die die NIH nicht mehr finanzieren wollen, ist mittlerweile lang: Sie umfasst neben Covid-19 auch Forschung in Zusammenhang mit China oder Südafrika, Klimaerwärmung, Diversität und Inklusion, Transgender und Impfskepsis.
Die NIH gelten als weltweit größte Finanzierungsagentur der Biomedizin. Aktuell beschäftigen sich rund 600 ihrer Projekte mit Covid-19, das Finanzierungvolumen beträgt rund 850 Mio. US-Dollar. Die US-Gesundheitsbehörde CDC will zudem rund elf Mrd. US-Dollar einsparen, die für Covid-19-Forschung gedacht waren, wie der Nachrichtensender NBC berichtet.
“Sinnloser, unkluger Schritt“
Wie viele Projekte genau betroffen sind, ist noch unklar. Eines, das mit Sicherheit gecancelt wird, gehört in den Bereich des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten (NIAID): Das 577-Millionen Programm erforscht antivirale Medikamente gegen SARS-CoV-2 und sechs weitere Virenarten – darunter jene, die Erkältung, Masern und Ebolafieber auslösen. Die Beendigung des Programms sei ein „sinnloser, unkluger Schritt, der der US-Wissenschaft und der Pandemiebereitschaft schaden wird“, sagt Charles Rice, Nobelpreisträger und Virologe an der Rockefeller University, gegenüber der Fachzeitschrift „Science“.
Auch Long-Covid-Forschung betroffen?
Unklar ist, ob und wie sich die Kürzungen auf Forschung zu Long-Covid auswirken – etwa auf die mit 1,6 Mrd. US-Dollar dotierte Recover-Initiative, die Ursachen und Behandlungsmethoden der Langzeiterkrankung sucht. Schon diese Woche aber wird laut „Nature“ das Long-Covid-Büro im Gesundheitsministerium geschlossen, das bisher die Maßnahmen der US-Regierung koordiniert hat.
Das Beenden von Covid-19-Forschung sei ein „Schlag ins Gesicht von den vielen Patientinnen und Patienten, die mit den Langzeitfolgen einer CoV-Infektion kämpfen“, kommentiert die Epidemiologin Jennifer Nuzzo vom Pandemiezentrum der Brown University in Providence, Rhode Island.
“Amerika wieder gesund machen“
“Das Gesundheitsministerium wird nicht mehr länger Milliarden von Steuergeldern verschwenden, um auf eine nicht existierende Pandemie zu reagieren, die die Amerikaner vor Jahren hinter sich gelassen haben“, heißt es in einer Mail des US-Gesundheitsministeriums, aus der „Science“ zitiert. „Wir priorisieren die Finanzierung von Projekten, die Präsident Trumps Mandat erfüllen, unsere Epidemie chronischer Krankheiten zu bekämpfen und Amerika wieder gesund zu machen“, heißt es darin weiter.
Ob dies mit der Kürzung oder Einstellung von Covid-19-Forschung gelingen wird, bezweifeln viele Fachleute. Akiko Iwasaki, Immunologin an der Yale School of Medicine in New Haven, Connecticut, etwa untersucht die Immunreaktionen bei Menschen mit Long-Covid und anderen postviralen Erkrankungen. Sie sagt: „Wenn wir das jetzt mit dieser Pandemie nicht herausfinden, fürchte ich, dass wir viel weniger auf zukünftige Pandemien vorbereitet sein werden.“
luwi, ORF Wissen
- US-Wissenschaft: Verunsicherung und Auswandergedanken
- Kampf gegen Diversität und Co
- Wissenschaft in den USA: „Trump setzt die Kettensäge an“
- „Science“ fordert Widerstand gegen Trump
KOMMENTARE & ANALYSEN ZU DEN USA
Heute gehen die USA mit Überwachungstechnologien gegen unliebsame Ausländer vor. Sind morgen jene dran, die Trump kritisieren? – Andreas Mink (New York), NZZ, Samstag, 29.3.2025
Die Verhaftung und geplante Ausschaffung ausländischer Studenten und Lehrbeauftragter ist vielleicht nur der Anfang. Der ¨Zugang zu Datenbanken und KI mache heute die Überwachung aller Amerikaner zu einem Kinderspiel, sagen Experten. Der Anreiz zum Missbrauch ist gross.
Die Szene wirkt wie aus einem Krimi. Eine Frau läuft am helllichten Tag nichtsahnend durch ein Wohngebiet in Somerville, einem Vorort von Boston. Sie ist unterwegs zu Freunden, als ihr ein Mann in dunkler Kleidung mit Baseballmütze und übergestülpter Kapuze näher kommt und sie überwältigt. Er packt ihre Handgelenke, sie schreit. Darauf nähern sich ihr weitere Männer und Frauen mit Sonnenbrillen, mit Masken oder Schals im Gesicht, umringen sie, nehmen ihr das Smartphone ab, den Rucksack, legen sie in Handschellen.
«Ist das eine Entführung?», ruft ein Mann, der die Szene beobachtet. «Wir sind die Polizei», schallt es zurück. «Ihr seht nicht so aus», entgegnet der Mann. «Wieso versteckt ihr eure Gesichter?» Antwort erhält er keine. Die Frau wird zu einem Wagen geführt und weggebracht. Heute befindet sie sich in einem Ausschaffungszentrum in Louisiana, 2500 Kilometer von Boston entfernt.
Bei der Frau handelt es sich um die unbescholtene 30-jährige Türkin Rümesa Öztürk. Die Doktorandin in Psychologie kam über das prestigereiche Fulbright-Stipendium in die USA und schaffte es nach dem Master an die renommierte Tuft University. Angehörige der Grenzpolizei ICE nahmen sie fest, weil sie unter Verdacht steht, die Hamas unterstützt zu haben und involviert gewesen zu sein bei Studentenprotesten. Die Frau war aber offenbar nie an den Demonstrationen.
Zum Verhängnis geworden sein könnte ihr allerdings ein Text in der Studentenzeitung «The Tufts Daily», leicht im Netz abrufbar. Dort hat sie ihre Meinung zum Gaza-Krieg geäussert. Sie kritisiert die Unileitung, weil diese der Forderung der Studenten, sämtliche Kooperationen mit Israel zu kappen, nicht Folge geleistet habe. Im Text, den sie mit drei anderen Studierenden verfasste, schrieb Öztürk, es gebe glaubwürdige Vorwürfe, dass Israel einen Völkermord in Gaza begehe.
Öztürk ist nicht der erste solche Fall. Es wurden schon zahlreiche ausländische Studierende und Lehrbeauftragte mit einer Aufenthaltsbewilligung inhaftiert und zum Teil ausgeschafft oder nicht mehr ins Land gelassen, weil ihnen die Nähe zur Terrororganisation Hamas oder zum libanesischen Hizbullah vorgeworfen wird. Posts auf Social Media oder die Untersuchung ihrer Smartphones brachten die Polizei auf ihre Spur.
Marco Rubio, der Aussenminister, hat jüngst die «Catch and Revoke»-Kampagne lanciert. Dabei werden Social-Media-Aktivitäten und andere Daten der insgesamt rund 1,5 Millionen Ausländer an amerikanischen Universitäten mithilfe von künstlicher Intelligenz erfasst und auf Stichworte wie Hamas oder Terror durchkämmt. Bei Verdachtsmomenten folgen die Aufhebung des Visums – und die Fahndung, Verhaftung, Ausschaffung.
«Wir können Sie nicht beschützen»
Nach der Verhaftung des prominenten propalästinensischen Aktivisten Mahmud Khalil versammelte die Columbia University ihre Studierenden und Lehrkräfte der Journalistenschule und sprach eine Warnung aus. Ausländische Studenten sollten keine Texte mehr über Gaza, die Ukraine oder die Verhaftung Khalils veröffentlichen, forderte Stuart Karle, ein Experte für Grundrechte in den USA. Sie riskierten ihre Freiheit. Als ein palästinensischer Student Einspruch erhob, doppelte sogar der Dekan der Journalistenschule, Jelani Cobb, nach. «Niemand kann Sie schützen. Es sind gefährliche Zeiten.»
Laut Aussenminister Marco Rubio wurden bisher über dreihundert Visa widerrufen. «Wir machen es jeden Tag.» Wie bei Öztürk beruft sich die Polizei jeweils auf ein Gesetz aus der McCarthy-Ära, als im ganzen Land Jagd auf Kommunisten gemacht wurde und viele zu Unrecht beschuldigt und diffamiert wurden. In der Folge verloren Tausende ihren Job, ihre Existenzen. Die Immigration National Act aus dem Jahr 1952 erlaubt es der Regierung, Einwanderer oder auch eingebürgerte Amerikaner auszuweisen oder an der Grenze abzuweisen, die in «subversive» Aktivitäten involviert sind oder auch nur dessen verdächtigt werden.
Subversiv sei heute, wer pro-Hamas, pro-Terrorismus oder antisemitisch sei, argumentiert das Weisse Haus. Allerdings reiche es auch aus, so argumentieren Kritiker, dass man propalästinensisch sei oder Israel-kritisch, um in diese Kategorie zu fallen. Die Übergänge seien fliessend und KI-Programme, die eigentlichen Fahnder heute, suchten nach bestimmten Schlüsselwörtern. «Eine breite Schicht von Leuten könne heute einer KI ins Netz gehen», mahnt Faiza Patel in einer Analyse. Sie leitet das «Liberty and National Security»-Programm am Brennan Center for Justice in New York und ist Expertin für Überwachung. Sie befürchtet, dass sich die Bemühungen der Trump-Regierung bald auch auf Äusserungen ausdehnen könnten, die die Administration als «antiamerikanisch» ansieht. Die Meinungsfreiheit stehe auf dem Spiel.
Kürzlich wurde einem französischen Wissenschafter die Einreise in die USA verwehrt, weil Grenzbeamte auf einem seiner elektronischen Geräte Nachrichten gefunden hatten, in denen er seine persönliche Meinung über Trumps Umgang mit der Wissenschaft äusserte, wie der französische Minister für höhere Bildung gegenüber der «New York Times» sagte. Zudem wurden gleich mehrere Touristen, unter anderem Deutsche und Kanadier, bei der Einreise gehindert. Eine Berliner Tattoo-Künstlerin, die mit ihrem Werkzeug reiste, wurde 46 Tage in Gewahrsam genommen. Was ihr vorgeworfen wurde, wusste sie nicht.
Grenzbeamte haben zwar schon länger das Recht, Smartphones, Computer und dergleichen zu durchsuchen, bisher wurde dies jedoch eher selten gemacht. Ein präsidiales Dekret von Trump fordert nun, die Einreisenden maximal zu durchsuchen. Ausserdem sollen auch bei legalen Migranten im Land die Social-Media-Profile überprüft werden.
Ist das der Beginn einer Massenüberwachung in den USA? Vielleicht sind es bald nicht mehr nur Touristen oder Ausländer, die überwacht werden sollen, sondern auch Leute, die gegen die Sparmassnahmen bei der Bundesverwaltung demonstrieren oder sich für die Rechte von LGBTQ einsetzen. Technisch wäre es möglich.
«Die Nervosität der Menschen, die Proteste gegen die US-Regierung organisieren, ist enorm», bestätigt Albert Fox Cahn, Gründer des Surveillance Technology Oversight Projects (STOP). Man müsse sich auf das Schlimmste vorbereiten. «Nie zuvor gab es auch so viele Daten, die wir ständig in irgendwelche Geräte eintippen, nie zuvor konnte man so viele Daten abschöpfen und auswerten. Diese Daten, diese Informationen könnten mithilfe von Surveillance-Technik in regelrechte Waffen verwandelt werden. Nie zuvor waren die Möglichkeiten, diese Techniken zu missbrauchen, grösser.»
Wird sie die derzeitige US-Regierung nutzen?
Amerikanische Regierungen haben ihre technischen Möglichkeiten bisher meistens genutzt. «US-Sicherheitsbehörden haben über Jahrzehnte ein System mit enormen Kapazitäten zur Abschöpfung und Auswertung von Daten geschaffen, das kaum von unabhängigen Stellen kontrolliert wird», gibt Cahn zu bedenken. Dazu gehört die auf das späte 19. Jahrhundert zurückgehende Bundespolizei FBI, der nach 1945 gegründete Auslandsgeheimdienst CIA sowie die seit der Snowden-Affäre 2013 als «Datenkrake» verrufene NSA, die National Security Agency mit Zehntausenden Mitarbeitern. Ihre Agenten fingen heimlich Briefe ab, hörten Telefone ab, später schöpften sie in den USA und weltweit umfassend elektronische Daten ab.
«Heute erleichtert KI dieses Geschäft – für die Datenanalyse braucht es keine grosse Behörden mehr», sagt Cahn. Kleine Teams reichten aus, um enorme Informationsmengen zu sammeln und auszuwerten. Zudem verfügen viele Geheimdienste seit Jahren über Spionage-Software etwa der israelischen NSO Group, die allein schon durch einen Anruf ein Smartphone hacken können.
Echte Macht ist Angst
Angesichts der kolossalen Bedeutung von Daten, verwundert es nicht, dass Elon Musks Doge-Truppe – Doge ist die Abkürzung für Department of Government Efficiency –, die vorgibt, den amerikanischen Staat effizienter machen zu wollen, auf den Zugang von Daten der Steuerverwaltung IRS, der Rentenversicherung Social Security oder der Krankenkassen drängt. Hier liegen heikelste Informationen über fast jeden erwachsenen Bürger in den USA.
Trump hat die Führungsetagen der Behörden mit Loyalisten besetzt und die unabhängigen, internen Aufsichtsgremien weitgehend abgeschafft. Schon heute gibt der IRS Informationen über papierlose Migranten – die häufig Steuern zahlen, weil sie hoffen, irgendwann legal im Land leben zu können – an ICE weiter, um Fahndungen im grossen Stil aufzugleisen.
Es braucht nicht viel Phantasie, um sich die weiteren Möglichkeiten auszumalen. Fahnder könnten heute schon Teilnehmer an Demonstrationen über Software zur Gesichtserkennung identifizieren und dann prüfen, was sie in den Datenbanken über die Demonstranten finden und wie sie ihnen Probleme bereiten können. Elon Musk droht in einem Interview mit dem TV-Sender Fox News bereits jenen mit staatlicher Verfolgung, die gegen seine Autofirma Tesla im Netz Stimmung machen. «Wir werden sie aufspüren», sagte er und machte eine Handbewegung, als schiesse er auf sie.
Einschüchterungen gehörten schon immer zu Trumps Methoden. Auch im Netz. Heute setzt er oft auch auf Doxxing. Dabei werden zum Beispiel die Identität und persönliche Daten von Leuten publiziert, die online quasi zum Abschuss freigegeben werden. So wurde eine regelrechte Hetzjagd gegen zwei Wahlhelferinnen in Georgia veranstaltet, weil Trumps damaliger Anwalt Rudy Giuliani behauptet hatte, die beiden Frauen hätten bei der Auszählung betrogen. Den staatlichen Möglichkeiten zur Angstmacherei und Einschüchterung sind keine Grenzen gesetzt. «Echte Macht ist – ich will das Wort nicht benutzen – Angst», sagte Trump in einem Interview mit der «Washington Post».
Obwohl längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, herrscht in den USA schon jetzt ein Klima der Angst. Zielscheibe sind neben den ausländischen Studenten und Universitäten auch Anwaltskanzleien, die sich für Bürgerrechtsorganisationen einsetzen, oder Bundesbeamte, die wegen Doge um ihren Job fürchten. Einer Kanzlei drohte der US-Präsident, den Anwälten die «security clearances» zu entziehen und ihnen damit den Zutritt zu Regierungsgebäuden zu verwehren. Der Columbia University in New York drohte er, Fördergelder zu streichen, sollten sie nicht machen, was er möchte. Die amtierende Präsidentin der Uni gab nach, trat dann angesichts des Drucks am Freitag zurück.
Angst ist das definierende Markenzeichen von Gesellschaften unter autoritären Regimen. «Es ist eine verbreitete Taktik autoritärer Regime, dass man Leute oder Institutionen dazu bringt, ihre eigenen Prinzipien zu verletzen, und sie damit weniger wirksam werden», sagt Lee Bollinger dem Magazin «The Atlantic». Er ist ein Anwalt und Rechtswissenschafter, der mehr als zwanzig Jahre lang Präsident der Columbia University und davor Präsident der University of Michigan war.
Trotz den düsteren Aussichten mahnt der Überwachungsexperte Cahn vor Hysterie. Mut geben ihm die Bürgerproteste an lokalen Versammlungen gerade republikanischer Politiker: «So leicht lassen sich Amerikaner ihr Recht, Kritik zu üben, nicht verbieten.» Auch dem jüngsten Skandal um einen Chat im Weissen Haus gewinnt er positive Seiten ab.
Loyal statt fähig
Mitte März wurde der Journalist Jeffrey Goldberg versehentlich Teil dieses Gruppen-Chats mit Ministern und Beratern und wurde Zeuge, wie im lockeren Ton und vielen Emojis Militärschläge auf jemenitische Huthi-Rebellen geplant wurden. Die Affäre zeige, so Cahn, wie inkompetent und chaotisch die Regierung sei. Trump habe sein Personal nach ihrem Aussehen und ihrer Loyalität rekrutiert – nicht nach Fachwissen und Fähigkeiten: «Ich sehe bisher noch keine Strategie oder intellektuelle Kohärenz in der Regierungsarbeit.»
Wenig deute darauf hin, dass dahinter eine grössere Strategie stehe. Allerdings scheint sich Cahn nicht ganz sicher. Auch er fragt sich, was da noch kommen mag. Die Trump-Regierung ist kaum drei Monate im Amt. «Wird das die amerikanische Demokratie überstehen?»
FERNER OSTEN
Über 1.600 Tote nach Erdbeben in Myanmar bestätigt – APA, Samstag, 29.3.2025
Die Zahl der offiziell bestätigten Todesopfer nach dem Erdbeben in Myanmar ist auf 1.644 gestiegen. In einer Erklärung der Junta vom Samstag war zudem von 3.408 Verletzten und 139 Vermissten die Rede. Myanmar war am Freitag von einem Erdbeben der Stärke 7,7 erschüttert worden. Das Rote Kreuz in Myanmar sprach von verheerenden Schäden. Es bestehe große Sorge, dass Dämme am Fluss Irrawaddy brechen könnten. Die Lage in Myanmar bleibt unübersichtlich.
Seit einem Militärputsch im Februar 2021 versinkt das Land ohnehin in Gewalt und Chaos, verschiedene Rebellengruppen kämpfen teils erfolgreich gegen die Armee. Aus dem Land dringen nur wenige Informationen nach außen. Die Militärjunta informiert über bestätigte Todesfälle. Detailliertere Listen würden noch erarbeitet, hieß es.
Das Beben vom Freitag brachte laut „Myanmar Now“ unter anderem den Flugverkehrskontrollturm auf dem internationalen Flughafen der Hauptstadt Naypyitaw zum Einsturz. Dabei seien mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen, berichtete die Nachrichtenseite unter Berufung auf eigene Quellen. Der Flughafenbetrieb sei gesperrt worden, hieß es. Auf Satellitenbildern des Unternehmens Planet Labs PBC war der umgestürzte Tower zu erkennen.
Im Bundesstaat Shan stürzte Berichten zufolge zudem ein Krankenhaus ein. Einzelheiten dazu waren zunächst nicht bekannt.
Laut einer Schätzung der US-Erdbebenwarte USGS könnte die Opferzahl in die Tausende gehen. Das Institut befürchtet, dass in Myanmar und den anderen betroffenen Regionen insgesamt mehr als 10.000 Menschen ums Leben gekommen sein könnten.
Die Europäische Kommission teilte am Freitagabend mit, den Copernicus-Satellitendienst zu aktivieren, um die Folgen des Erdbebens besser beurteilten zu können. Die EU stellt auch erste 2,5 Millionen Euro für Soforthilfe bereit. Russland teilte mit, dass es 120 erfahrene Retter sowie Ärzte und Suchhunde entsenden werde, wie die staatliche Nachrichtenagentur TASS berichtete. US-Präsident Donald Trump sagte am Freitag, er habe mit Regierungsvertretern in Myanmar gesprochen. Auch seine Regierung werde Hilfe leisten.
Die Volksrepublik China, einer der wenigen Verbündeten Myanmars, schickte nach Angaben staatlicher Medien ein kleines Team des Katastrophenschutzes mit Spezialgeräten über die Grenze nach Myanmar. Zudem sagte das chinesische Außenamt weitere Hilfe zu. Staats- und Parteichef Xi Jinping sprach Junta-Chef Min Aung Hlaing sein Mitgefühl aus.
Indien schickte indes erste Hilfsgüter in das Nachbarland Myanmar. Ein Flugzeug der indischen Luftstreitkräfte sei mit einer 15 Tonnen schweren Ladung mit Hilfsmaterialien wie etwa Zelte, Decken, Generatoren und Arzneien in der Stadt Yangon gelandet, teilte das Außenministerium in Neu-Delhi auf der Plattform X mit.
Begleitet wurde die Lieferung demnach von einer Gruppe von Such- und Rettungskräften sowie von einem medizinischen Team. Indien beobachte weiter die Entwicklungen nach dem Erdbeben und es werde mehr Hilfe folgen, kündigte Außenminister Subrahmanyam Jaishankar an.
In Thailand wurden bisher drei Todesfälle offiziell bestätigt. Medienberichten zufolge sollen inzwischen allerdings bis zu zehn Tote geborgen worden sein. Hinzu kommen demnach allein 101 Vermisste in der Millionenstadt Bangkok.
Die thailändische Wetterbehörde verzeichnete einen Tag nach dem schweren Erdbeben außerdem weitere Erdstöße. Von den 77 gemessenen Erdstößen, die sich hauptsächlich auf dem Gebiet des im Norden angrenzenden Myanmars ereigneten, waren allerdings die meisten deutlich schwächer und mitunter kaum zu spüren, wie es hieß.
In Bangkok war am Freitag ein im Bau befindliches Hochhaus in sich zusammengestürzt. Die Suche nach Vermissten in den Trümmern läuft weiter, wie auf Fotos zu sehen war. Unterdessen kehrte wieder etwas Alltag in die thailändische Hauptstadt zurück. Im öffentlichen Nahverkehr nahmen einige U-Bahnlinien wieder den Betrieb auf. Andere wurden noch weiter auf Schäden überprüft.
NAHER OSTEN – MENA WATCH (Mena-Watch auf Wikipedia)
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EUROPA
Großdemo in Istanbul: Hunderttausende gegen Erdogan – ORF, Samstag, 29.3.2025
In der Türkei haben sich am Samstag zu den Protesten der Opposition in Istanbul gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan Hunderttausende Menschen versammelt. Die Menschen kamen auf der asiatischen Seite der Bosporus-Metropole zusammen, um nach der Inhaftierung des Bürgermeisters Ekrem Imamoglu für den Erhalt der Demokratie in der Türkei zu demonstrieren.
Der Chef der größten Oppositionspartei CHP, Özgür Özel, sprach sogar von mehr als zwei Millionen Teilnehmern. Unter dem Jubel der Demonstrantinnen und Demonstranten wurde ein Brief von Imamoglu vorgelesen. „Ich habe keine Angst, ihr steht hinter mir und an meiner Seite“, hieß es darin. „Ich habe keine Angst, weil die Nation vereint ist. Die Nation ist vereint gegen den Unterdrücker.“
Jeder Schritt Erdogans zeige, dass er „vor Wahlen davonläuft und Angst vor seinem Gegner hat“, schrieb Imamoglu weiter. Er gilt als der wichtigste Herausforderer Erdogans bei der für 2028 geplanten Präsidentschaftswahl. Er wurde am 19. März in Zusammenhang mit Korruptions- und Terrorvorwürfen festgenommen, später wegen Ersterer in Untersuchungshaft genommen und als Bürgermeister abgesetzt.
„Wir stehen hinter Imamoglu“
„Taksim ist überall, Widerstand ist überall“, riefen die Regierungsgegner in Anspielung an die regierungskritischen Massenproteste auf dem gleichnamigen Platz in Istanbul im Jahr 2013. Sie sei heute auf der Straße, um für ihre Heimat zu kämpfen, sagte die 17-jährige Demonstrantin Melis Basak Ergun. „Wir, das Volk, wählen unsere Herrscher“, fügte sie hinzu.
Die Protestierenden würden sich niemals von „Gewalt oder Tränengas“ abhalten lassen. „Wir stehen hinter unserem Bürgermeister, Imamoglu“, so die 17-Jährige. Auch Imamoglus Ehefrau Dilek, die Kinder des Paares und die Eltern des Politikers waren unter den Demonstranten in Istanbul.
Die Führung der CHP will die Proteste so lange fortsetzen, bis eine vorgezogene Präsidentschaftswahl angesetzt wird oder Imamoglu freikommt. Präsident Erdogan hat die Proteste als „Show“ abgetan, vor rechtlichen Konsequenzen gewarnt und die CHP aufgefordert, die Türken nicht weiter zu provozieren.
CHP-Chef Özel warnt vor Abschaffung der Demokratie
Am Freitag gab es bereits den zehnten Abend in Folge Demonstrationen in etlichen Städten. CHP-Chef Özel warnte vor der Abschaffung der Demokratie in der Türkei. Er sei bereit, „acht, zehn Jahre im Gefängnis zu verbringen“, sagte er im Interview mit der französischen Zeitung „Le Monde“.
Denn sollten die Proteste jetzt nicht fortgesetzt werden, werde Erdogan dafür sorgen, dass es bald keine ernstzunehmenden Wahlen mehr in der Türkei gebe, warnte Özel. Er kündigte regelmäßige Proteste an – „jeden Samstag in einer türkischen Stadt“ und jeden Mittwoch in Istanbul.
„Republik der Angst“
Imamoglu selbst schrieb in einem Gastbeitrag für die „New York Times“, unter Erdogan habe sich die Türkei in eine „Republik der Angst“ verwandelt. Doch trotz – oder gerade wegen – der Repressionen gegen Regierungskritiker leisteten die Menschen auf den Straßen beharrlich Widerstand. „Ich bin auf der Seite unserer jungen Leute und bewundere ihren Mut. Sie sind im Begriff, Geschichte zu schreiben“, schrieb Imamoglu.
Der 53-Jährige wird zurzeit im bekannten Marmara-Gefängnis in Silivri nahe Istanbul festgehalten. Der beliebte Oppositionspolitiker war am 19. März unter Verweis auf Korruptionsvorwürfe inhaftiert und später als Bürgermeister abgesetzt worden. Parallel laufen Ermittlungen wegen angeblicher Terrorunterstützung gegen ihn.
Demonstranten kritisierten in den letzten Tagen wiederholt das weitgehende Schweigen der USA und Europas zum Vorgehen Erdogans gegen Imamoglu. Österreichs Außenministerium schrieb in sozialen Netzwerken, man mache sich „große Sorgen“ über die Inhaftierung Imamoglus, und forderte: „Respekt vor dem Rechtsstaat und einer starken Zivilgesellschaft sind lebensnotwendig für die Beziehung der Türkei mit Europa!“
red, ORF.at/Agenturen
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Dänischer Außenminister verbittet sich Ton von J.D. Vance – APA, Samstag, 29.3.2025
„So redet man nicht mit engen Verbündeten“. Der dänische Außenminister Lars Løkke Rasmussen hat US-Vizepräsident J.D. Vance am Samstag harsch zurechtgewiesen. Dänemark sei offen für Kritik, so Rasmussen. „Aber um ganz ehrlich zu sein: Wir schätzen den Ton, in dem das vorgetragen wird, überhaupt nicht.“ Vance hatte zuvor auf dem US-Stützpunkt Pituffik erklärt: „Unsere Botschaft an Dänemark ist einfach: Sie haben keine gute Arbeit für die Menschen in Grönland geleistet“.
„So redet man nicht mit engen Verbündeten – und ich betrachte Dänemark und die USA immer noch als enge Verbündete“, meinte der dänische Chefdiplomat daraufhin in einem Video auf der Plattform X, das nur Stunden nach Vances Besuch auf Grönland hochgeladen wurde. Obwohl er seine Worte an „unsere amerikanischen Freunde und alle anderen, die zuhören“ adressierte, bezog er sich eindeutig auf Vances Rede. Der Getreue von US-Präsident Donald Trump hatte kritisiert, Kopenhagen tue angesichts der Bedrohungen durch Russland und China zu wenig für die Sicherheit Grönlands.
Rasmussen bot Gespräche über eine stärkere US-Militärpräsenz auf Grönland an. Das gemeinsame Verteidigungsabkommen von 1951 biete dafür reichhaltige Möglichkeiten. „Wenn es das ist, was ihr wollt, lasst uns darüber reden“, so der liberale dänische Politiker. Er führte aus, wie die USA ihre Militärpräsenz auf der zu Dänemark gehörenden Insel seit 1945 drastisch verringert haben. „Wir können innerhalb der Vereinbarung, die wir haben, viel mehr tun“, sagte Rasmussen.
Konkret auf Vances Kritik an Kopenhagen entgegnete er: „(…) Fakt ist, dass wir alle vom Frieden profitiert haben. Wir haben alle in der Annahme gehandelt, dass die Arktis eine Region niedriger Spannungen war und sein sollte. Doch diese Zeiten sind vorbei. Der Status quo ist keine Option.“ Dänemark habe daher bereits eine Milliarde US-Dollar (926,18 Mio. Euro) an Investitionen in die Sicherheit der Arktis beschlossen. Es dürfe auch nicht vergessen werden, dass Grönland Teil der NATO sei, fügte Rasmussen hinzu.
Vance war am Freitag am späten Nachmittag (MEZ) auf dem amerikanischen Militärstützpunkt Pituffik gelandet. Die Basis, die bis vor zwei Jahren Thule Air Base hieß, gilt als weltweit nördlichste Militäreinrichtung der USA. Sie liegt etwa 1.500 Kilometer nördlich der grönländischen Hauptstadt Nuuk und hat große Bedeutung für die globale Raketenabwehr und die Weltraumüberwachung. Offiziell standen dort für Vance ein Briefing über die Sicherheitslage in der Arktis und eine Begegnung mit den stationierten US-Soldaten an.
Vance sagte auf dem US-Stützpunkt in Richtung Dänemark: „Sie haben zu wenig in die Menschen in Grönland investiert und Sie haben zu wenig in die Sicherheitsarchitektur dieser unglaublichen, wunderschönen Landmasse investiert.“ Zugleich sagte Vance hinsichtlich der US-Pläne in Grönland: „Wir glauben nicht, dass militärische Gewalt jemals notwendig sein wird.“ Stattdessen werde US-Präsident Donald Trump in der Lage sein, ein Abkommen mit Grönland auszuhandeln.
Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen wies die Kritik zurück. Die Bemerkungen des US-Vizepräsidenten träfen nicht zu, erklärte sie am Abend. Dänemark sei bereit, beim Thema arktische Sicherheit „Tag und Nacht mit den Amerikanern zu kooperieren“. Sie betonte zudem: „Viele Jahre lang haben wir den Amerikanern in sehr schwierigen Situationen zur Seite gestanden“. Dabei bezog sie sich auf die dänischen Kampfeinsätze an der Seite der US-Truppen im Irak und in Afghanistan. Vance ist der bisher ranghöchste Vertreter des Trump-Lagers, der Grönland besucht.
Die grönländische Politik hat sich immer wieder deutlich gegen die Avancen Trumps ausgesprochen. Auch eine breite Mehrheit der Inselbevölkerung selbst ist einer Umfrage zufolge dagegen, wie von Trump angeboten, ein Teil der USA zu werden.
Grönlands neuer Ministerpräsident Jens-Frederik Nielsen sagte am Freitag, der US-Besuch signalisiere einen „Mangel an Respekt“. Die Regierungsparteien hatten nur Stunden vor der Ankunft von Vance erklärt, mit Dänemark über den künftigen Status der Insel sprechen zu wollen. Dänemarks König Frederik gab im Internet eine Unterstützungserklärung ab: „Wir leben in einer veränderten Realität. Es sollte keinen Zweifel daran geben, dass meine Liebe zu Grönland und meine Verbundenheit mit den Menschen in Grönland ungebrochen sind.“
Vor der US-Botschaft in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen versammelten sich unterdessen Hunderte, um gegen die US-Fantasien von einer Übernahme Grönlands zu demonstrieren. Mit Slogans wie „Grönland steht nicht zum Verkauf“ und „Zurück, USA!“ brachten sie ihren Unmut zum Ausdruck.
US-Präsident Donald Trump hatte bereits zuvor bekräftigt, dass er seine Idee einer Einverleibung Grönlands durch Amerika ernst meint. „Wir brauchen Grönland“, sagte Trump am Freitag in Washington. „Wir haben keine andere Wahl.“ Für die internationale Sicherheit und den Weltfrieden sei es sehr wichtig, „dass wir Grönland haben“. Trump meinte: „Es geht nicht um die Frage: Können wir darauf verzichten? Das können wir nicht.“ Auf den Wasserstraßen rund um die Insel im Nordatlantik seien „überall chinesische und russische Schiffe“ unterwegs. Man könne sich nicht auf Dänemark verlassen, sich darum zu kümmern.
Die weitgehend autonome Insel Grönland gehört zum Königreich Dänemark. Grönland ist die größte Insel der Erde. Sie liegt geografisch betrachtet auf dem nordamerikanischen Kontinent und reicht bis in die Arktis. Die Insel hat eine große Bedeutung für das Weltklima und für die militärische Kontrolle der Arktis, sie ist zudem reich an Rohstoffen wie seltenen Erden. Außerdem verlaufen in der Region wichtige Schifffahrtsrouten.
DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN
Richterbund will eine Milliarde Euro für innere Sicherheit – Sonntag, 30.3.2025
Berlin – Zum Endspurt der Koalitionsverhandlungen hat der Deutsche Richterbund CDU/CSU und SPD zu massiven Investitionen in die Strafjustiz aufgerufen, um die innere Sicherheit zu verbessern. „Union und SPD versprechen in den Koalitionspapieren eine Sicherheitsoffensive mit mehr Personal, mehr Ermittlungsbefugnissen und schärferen Gesetzen im Kampf gegen Kriminalität“, sagte der Geschäftsführer des Richterbunds, Sven Rebehn, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Sonntagausgaben).
„Soll das kein leeres Versprechen bleiben, darf die Strafjustiz nicht zum Flaschenhals werden.“ Nötig sei deshalb eine „Rechtsstaatsmilliarde, mit der Schwarz-Rot bis 2028 eine Investitionsoffensive der Länder für die Justiz anschiebt“, forderte er.
Das drängendste Problem seien nicht zu milde Gesetze oder mangelnde Überwachungsmöglichkeiten, sondern fehlendes Personal und Geld im Justizwesen. So seien bei den Staatsanwaltschaften derzeit fast eine Million Fälle unerledigt, sodass nur noch jeder 15. Fall zu einer Anklage führe, kritisierte Rebehn.
Jedes Jahr müsse eine dreistellige Zahl dringend Tatverdächtiger wegen zu langsamer Strafverfahren aus der Untersuchungshaft entlassen werden. „Die Koalitionspapiere von Union und SPD schlagen deshalb zu Recht einen neuen Bund-Länder-Pakt vor“, erklärte der Chef des Richterbunds. „Mit 2.000 neuen Stellen vor allem für die chronisch unterbesetzten Staatsanwaltschaften und einem Digitalisierungsschub für die Behörden und Gerichte käme die Justiz endlich wieder vor die Welle ihrer stetig wachsenden Aufgaben“, sagte Rebehn dem RND.
Die Innenpolitiker von CDU/CSU und SPD hatten sich in ihrer Arbeitsgruppe auf eine Stärkung der Polizei und der Nachrichtendienste verständigt. Angesichts der „multiplen Bedrohungen“ müssten die Sicherheitsbehörden „zeitgemäße digitale Befugnisse, neue Fähigkeiten und ausreichend Personal“ bekommen, heißt es in dem Papier.
Die Rede ist von einer „Sicherheitsoffensive“, bei der alle „europa- und verfassungsrechtlichen Spielräume“ ausgenutzt werden sollen. Unter anderem soll eine Speicherpflicht für IP-Adressen im Internet eingeführt werden. Die Forderung der Union, an Bahnhöfen, Flughäfen und „Kriminalitäts-Hotspots“ automatische Gesichtserkennung einzuführen, lehnt die SPD bislang ab.
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ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN – APA-WAHLTREND
Austro-Rezession: Auch Ifo-Chef empfiehlt Lohnzurückhaltung – APA, Samstag, 29.3.2025
Der Chef des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo), Clemens Fuest, sieht insgesamt eine große Reihe an Problemen in der österreichischen, deutschen und europäischen Wirtschaft, die zuletzt medial schon ausführlich beleuchtet wurden. Zur neuen Debatte rund um die von Wifo und IHS geforderte Lohnzurückhaltung in KV-Verhandlungen sagte Fuest im Ö1-„Mittagsjournal“: „Es ist so, dass in einer stagnierenden Wirtschaft Löhne nicht steigen können dauerhaft.“
Löhne und Gehälter sollten nur dort steigen, wo es eine Arbeitskräfteknappheit gebe. „Aber gesamtwirtschaftlich ist es klar, auf Dauer ist es nicht möglich, in einer stagnierenden Wirtschaft Löhne auszudehnen“, sagte Fuest im am Samstag ausgestrahlten Interview.
Das etwa von der Gewerkschaft vorgebrachte Argument, wonach die Löhne auch nun in der tiefen Krise steigen müssten, um die Kaufkraft zu halten bzw. zu steigern und mögliches Wachstum nicht abzuwürgen, teilt der Wirtschaftswissenschafter so nicht. Denn die Kaufkraft sei „derzeit nicht das Problem“. Das Problem sei die Stagnation – wobei die Wirtschaft in Österreich laut Prognosen sogar ein drittes Jahr in Folge schrumpft – gepaart mit einer „ziemlich hohen“ Inflation.
Die hohe Teuerung zeige, dass nicht mangelnde Nachfrage sondern mangelndes Angebot das Problem sei. „Da ist es eben so, dass Lohnerhöhungen, die weitergehen, obwohl die Unternehmen eben nicht höhere Umsätze haben oder die Erträge nicht haben, die führen dann einfach nur dazu, dass man beschleunigt Arbeitsplätze abbaut.“ Das war in der schrumpfenden Industrie in Österreich zuletzt auch der Fall.
Die gestiegenen Löhne führten in Österreich zuletzt nicht zu einem Schwung für die Wirtschaft durch gesteigerte Ausgaben sondern zu einer höheren Sparquote. Das ist den allgemein als unsicher empfundenen Zeiten mit ihren vielen Krisen bis hin zum russischen Krieg in der Ukraine praktisch ums Eck geschuldet. „Die Reallöhne sind gestiegen, aber die Menschen machen sich Sorgen und sparen deshalb mehr. Daran kann man schon erkennen, dass jetzt weitere Lohnsteigerungen nicht zu mehr Konsum führen. Um mehr Konsumnachfrage zu kriegen, brauchen wir Vertrauen. Das heißt wir brauchen eine vernünftige Wirtschaftsentwicklung. Einfach nur die Löhne zu erhöhen, das ist der falsche Weg.“
Zum Megadefizit im Austro-Budget, Milliarden-Sparzwängen und einem möglichen EU-Defizitverfahren sagte Fuest, dass Österreich etwa die Infrastruktur und die staatliche Verwaltung verbessern müsse. „Es gibt öffentliche Aufgaben, die sind wichtig fürs Wachstum.“ Steuererhöhungen drückten das Wachstum. Ausgaben, die für das Wachstum nicht so wichtig sind, müssten gesenkt werden. Das könnten Pensionen sein, mit politischen Widerständen sei zu rechnen. Das müssten die politisch Verantwortlichen abwägen, sagte der Ökonom „im Journal zu Gast“.
Wirtschaft: Mehrheit der Skigebiete beendet Saison –
Die Skigebiete Turrach und auch das Nassfeld wollten noch bis Ostern in drei Wochen offenhalten. Für Heiligenblut und den Katschberg ist bereits dieses Wochenende Schluss. In Bad Kleinkirchheim und auf der Gerlitzen schließen die Lifte nächste Woche. Selbst dort, wo die Lifte noch in Betrieb sind, lassen die Buchungen deutlich nach.
Im größten Skigebiet Kärntens, auf dem Nassfeld, halten nur noch wenige Hotels die Stellung bis zum 21. April, dem Ostermontag. Roland Sint, der Tourismusmanager der Region Nassfeld-Pressegger See, sagte, man habe gute Verhältnisse, die Bahn fahre bis zum 21. April.
„Zusätzlich kann man im Tal unten schon mit dem Rad fahren. Die Rahmenbedingungen sind sehr gut, und die Betriebe verfolgen zwei Strategien. Es gibt einen Teil der Betriebe, der sagt, sie lassen jetzt bis Ostern offen, sie nehmen das Geschäft noch mit und schauen, was man tatsächlich im Skibereich noch machen kann.“ Ein anderer Teil der Betriebe sperre jetzt zu, um zu Ostern in die neue Saison zu starten, sagte Sint.
„Man muss an das Produkt glauben“
An diesem Wochenende schließen die meisten Hotels auf dem Nassfeld wie das Hotel Wulfenia und das Falkensteiner Hotel Sonnenalpe. Das Hotel Gartnerkofel in unmittelbarer Nähe hält aber durch bis zum Ostermontag. Es sei der beste Winter der Unternehmensgeschichte, bilanzierte Familie Waldner. Hotelier Martin Waldner lässt sich auch etwas für die Gäste einfallen wie einen gemeinsamen Skitag in aller Früh, um die Pisten für sich alleine zu haben. Er will auch die anderen Hoteliers überzeugen, offen zu halten, solange die Lifte fahren. Man müsse an das Produkt glauben und auch daran arbeiten, so Waldner.
Betriebe brauchen auch Pausen
Andere, vor allem unten im Tal, hätten zu Ostern so gut wie überhaupt keine Buchungen mehr und beenden die Saison, sagte Sint. Es sei für die Betriebe eine Rechenaufgabe. Die Region habe zwei Saisonen, und Betriebe brauchen auch eine Pause. Da gehe es um die Mitarbeiter, um Stundenabbau, um Urlaube, die zu konsumieren seien, aber auch um Arbeiten in den Häusern. Wann die terminiert werden, sei Sache der Betriebe, so Sint.
Die Bergbahnen Nassfeld wollen jedenfalls auch deshalb bis zum Ende der Osterferien weitermachen, weil sie sich auch dem heimischen Gast verpflichtet fühlen. Bei den Zahlen liege man schon jetzt über denen des Vorjahres.
red, kaernten.ORF.at
Stocker mit 98,42 Prozent offiziell zum ÖVP-Chef gewählt – APA, Samstag, 29.3.2025
Knapp drei Monate nach der geschäftsführenden Übernahme des Parteivorsitzes ist Bundeskanzler Christian Stocker nun auch offiziell ÖVP-Chef. Bei einem ordentlichen Bundesparteitag der ÖVP am Samstag in seiner Heimatstadt Wiener Neustadt wurde Stocker mit 98,42 Prozent der Stimmen zum Bundesparteiobmann gewählt. Nach den turbulenten Monaten seit der Nationalratswahl bemühte sich die Volkspartei bei dem Parteitag, Geschlossenheit zu demonstrieren.
Ausgedrückt wurde dies schon mit der prominenten Riege an Teilnehmern: Alle Parteichefs der letzten drei Jahrzehnte – mit Ausnahme Reinhold Mitterlehners – saßen in der ersten Reihe der mit schwarzem Stoff ausgekleideten und türkis beleuchteten Arena Nova in Wiener Neustadt, allen voran die Altkanzler Wolfgang Schüssel, Sebastian Kurz und Karl Nehammer. Letzterem wurde die Gelegenheit für eine emotionale Abschiedsrede gegeben. Eine seiner besten Entscheidungen sei es gewesen, Stocker zum Generalsekretär zu ernennen, so Nehammer.
Dieser zeigte sich über sein Wahlergebnis zufrieden, auch wenn er nicht das Ergebnis seines Vorgängers Nehammer erreicht hatte. Das war freilich eine hohe Latte, war dieser doch 2022 bei einem außerordentlichen Parteitag mit 100 Prozent der Stimmen zum Parteichef gewählt worden. Die Ergebnisse für ÖVP-Chefs sind ihren ersten Obmann-Wahlen traditionell eher hoch. Stockers Zustimmung lag mit 98,42 Prozent knapp unter jener von Kurz, der bei seiner ersten Wahl 2017 98,72 Prozent erhalten hatte.
Der einstige Generalsekretär zeigte sich in seiner Parteitagsrede routiniert und gemäß seiner neuen Kanzler-Rolle unaufgeregt und verbindend. Er betonte, dass er seine Wahl wie auch die meisten anderen im Saal vor wenigen Wochen noch nicht für möglich gehalten hätten. Als seine Vision für die Zukunft skizzierte Stocker „ein Land, in dem Leistung, Fleiß und Engagement geschätzt und respektiert werden“, in dem man aufeinander schaue, aber sich nicht ausnütze, „ein Land der Wissenschaft und nicht der Verschwörungstheorie“ und „ein Land, in dem das Recht vom Volk ausgeht und nicht von der Religion“.
Eine klare Abgrenzung zog er zur FPÖ und dessen Chef Herbert Kickl. Vorbild für Kickl sei der US-Präsident Donald Trump. „Aber ich bin kein Partner für ein Österreich, das vertrumpt“, erklärte er das Scheitern der Koalitionsverhandlungen mit den Freiheitlichen. Das was Kickl nicht geschafft habe, nämlich „sich neu zu erfinden“, hätten „die NEOS, die SPÖ und auch wir geschafft“. Man gebe einander in der Koalition Raum und gönne sich gegenseitig Erfolge.
Der neue Generalsekretär Nico Marchetti gab das Ziel aus, dass „die ÖVP bei der nächsten Nationalratswahl wieder Nummer Eins wird“. Dazu müsse man auch „Veränderung zulassen“, appellierte er an die Delegierten, dass die Unterstützung für die ÖVP-Führung auch nach dem Parteitag „eine belastbare und nachhaltige sein“ müsse. Denn „der Zauber des Anfangs währt nicht ewig“, warnte Marchetti.
ÖVP-Klubobmann August Wöginger sorgte für Stimmung mit launigen Bonmots aus den Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ. Diese habe etwa keine englischen Wörter zugelassen, weshalb man die Community Nurses als Gemeindeschwestern habe bezeichnen müssen. Über die nunmehrige Dreierkoalition meinte Wöginger: „Das Kind lebt, es entwickelt sich gut. Es passen drei darauf auf, vielleicht ist das auch ein Vorteil.“
Der ordentliche 41. Parteitag stand im Zeichen des 80. Jubiläums der im Jahr 1945 gegründeten Volkspartei. Mit lebensgroßen Pappfiguren wurde an die bisherigen 18 Parteiobmänner seit 1945 erinnert. Beliebtestes Fotomotiv war dabei Stocker. Aber auch mit Ex-Kanzler Kurz ließen sich zahlreiche offenbar nach wie vor in der Partei vorhandene Fans beim Eintreffen ablichten.
Gewählt wurden neben Stocker auch seine vier Stellvertreter: Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer mit 97,52 Prozent, die Vorarlberger Klubobfrau Veronika Marte mit 97,74 Prozent – beide waren bereits bisher in dieser Rolle -, sowie neu die künftige Salzburger Landeshauptfrau Karoline Edtstadler mit 98,19 Prozent und EU-Parlamentarierin Sophia Kircher mit 97,52 Prozent.
Vonseiten der FPÖ kam erwartungsgemäß Kritik. Der blaue Generalsekretär Christian Hafenecker sprach in einer Aussendung von einer „skurrilen Show aus einem von der Realität und der Bevölkerung abgekoppelten Paralleluniversum“. Was die ÖVP als „Neue Wege. Richtige Entscheidungen“ für sich abgefeiert habe, bedeutet für die Österreicher ein „Weiter wie bisher – nur noch schlechter“.
Kür mit 98,42 Prozent: Kanzler Stocker nun auch offiziell ÖVP-Chef – ORF, Samstag, 29.3.2025
Bundeskanzler Christian Stocker ist nun auch offiziell ÖVP-Chef. An einem ordentlichen Bundesparteitag am Samstag in seiner Heimatstadt Wiener Neustadt wurde Stocker mit 98,42 Prozent zum Bundesparteiobmann der Volkspartei gewählt. Vor seiner Kür hatte der 65-Jährige, der die Partei seit dem Rückzug Karl Nehammers im Jänner geschäftsführend führte, in einer Rede vor 2.000 Parteianhängern und -anhängerinnen die Einigkeit der Volkspartei beschworen und den Kompromiss in der Politik gelobt.
Stocker sprach von einem „besonderen Tag“ für ihn, dass er sich in seiner Heimatstadt für die Obmannschaft bewerbe, obwohl er und die meisten anderen in der Partei das vor wenigen Wochen noch nicht für möglich gehalten hätten. Als seine Vision gab Stocker aus: „Ein Land, in dem Leistung, Fleiß und Engagement geschätzt und respektiert werden“, in dem man aufeinander schaue, aber sich nicht ausnütze, „ein Land der Wissenschaft und nicht der Verschwörungstheorie“ und „ein Land, in dem das Recht vom Volk ausgeht und nicht von der Religion“.
Zuvor hatte sich der Kanzler einmal mehr an der FPÖ und deren Chef Herbert Kickl abgearbeitet. Vorbild für Kickl sei der US-Präsident Donald Trump. „Aber ich bin kein Partner für ein Österreich, das vertrumpt“, sagte er und erklärte damit das Scheitern der Koalitionsverhandlungen mit den Freiheitlichen. Was Kickl nicht geschafft habe, nämlich „sich neu zu erfinden“, hätten „NEOS, die SPÖ und auch wir geschafft“. Man gebe einander in der Koalition Raum und gönne sich gegenseitig Erfolge.
Nach den turbulenten Monaten seit der Nationalratswahl bemühte sich die Volkspartei an dem Parteitag, Geschlossenheit zu demonstrieren. Ausgedrückt wurde das schon mit der prominenten Riege an Teilnehmern: Alle Parteichefs der letzten drei Jahrzehnte – mit Ausnahme Reinhold Mitterlehners – saßen in der ersten Reihe der mit schwarzem Stoff ausgekleideten und türkis beleuchteten Arena Nova in Wiener Neustadt, allen voran die Altkanzler Wolfgang Schüssel, Sebastian Kurz und Nehammer.
Stocker „als Schild und Schwert der Partei“
Letzterem wurde die Gelegenheit für eine emotionale Abschiedsrede gegeben. Der im Jänner infolge der gescheiterten ersten Runde der Dreierkoalitionsverhandlungen zurückgetretene Parteichef ließ die Stationen seiner politischen Laufbahn Revue passieren und dankte seinen Weggefährten.
Eine seiner besten Entscheidungen sei es gewesen, Stocker zum Generalsekretär zu ernennen, „als Schild und Schwert der Partei“, pries er seinen Nachfolger an. Als Team sei es gelungen, zahlreiche Krisen zu bewältigen, sagte Nehammer und nannte insbesondere den ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss, mit dem versucht worden sei, „die Volkspartei zu zerstören“.
Das Ergebnis seines Vorgängers konnte Stocker am Samstag übrigens nicht überflügeln. Nehammer war 2022 an einem außerordentlichen Parteitag mit 100 Prozent der Stimmen zum Parteichef gewählt worden. Die ÖVP-Chefs erhalten bei ihren ersten Obmannwahlen traditionell eher hohe Ergebnisse. Sebastian Kurz wurde 2017 mit 98,7 Prozent gewählt, Mitterlehner 2014 mit 99,1 Prozent.
Zuvor hatte bereits die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner betont, dass man geschlossen hinter Stocker stehe. „Und Tag für Tag wird die Unterstützung auch unter unseren Landsleuten mehr“, so Mikl-Leitner.
„Zauber des Anfangs währt nicht ewig“
Der neue Generalsekretär Nico Marchetti gab das Ziel aus, dass „die ÖVP bei der nächsten Nationalratswahl wieder Nummer eins wird“. Dazu müsse man auch „Veränderung zulassen“, appellierte er an die Delegierten, dass die Unterstützung für die ÖVP-Führung auch nach dem Parteitag „eine belastbare und nachhaltige sein“ müsse. Denn „der Zauber des Anfangs währt nicht ewig“, so Marchetti.
ÖVP-Klubobmann August Wöginger sorgte für Stimmung mit Bonmots aus den Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ. Diese habe etwa keine englischen Wörter zugelassen, weshalb man die Community Nurses als Gemeindeschwestern habe bezeichnen müssen. Über die nunmehrige Dreierkoalition meinte Wöginger: „Das Kind lebt, es entwickelt sich gut. Es passen drei darauf auf, vielleicht ist das auch ein Vorteil.“
Auch Stellvertretung wurde gewählt
Der ordentlichen 41. Parteitag stand im Zeichen des 80-Jahre-Jubiläums der im Jahr 1945 gegründeten Volkspartei. Mit lebensgroßen Pappfiguren wurde an die bisherigen 18 Parteiobmänner seit 1945 erinnert. Beliebtestes Fotomotiv war dabei Stocker. Aber auch mit Ex-Kanzler Kurz ließen sich zahlreiche offenbar nach wie vor in der Partei vorhandene Fans beim Eintreffen ablichten.
Gewählt wurden neben Stocker auch seine vier Stellvertreter: Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer mit 97,52 Prozent, die Vorarlberger Klubobfrau Veronika Marte mit 97,74 Prozent – beide waren bereits bisher in dieser Rolle – sowie neu die künftige Salzburger Landeshauptfrau Karoline Edtstadler mit 98,19 Prozent und EU-Parlamentarierin Sophia Kircher mit 97,52 Prozent.
Von der Regionalpolitik an die ÖVP-Spitze
Stocker kommt ursprünglich aus der Regionalpolitik. 2000 wurde er in seiner Heimatgemeinde Wiener Neustadt Stadtparteiobmann und Vizebürgermeister – damals war die zweitgrößte Stadt Niederösterreichs noch fest in SPÖ-Hand. Als der ÖVP 2015 eine Koalition gegen die Sozialdemokraten gelang und sie die Macht in der Stadt übernahm, überließ Stocker allerdings das Bürgermeisteramt dem ÖVP-Klubchef im Landtag, Klaus Schneeberger.
In den Nationalrat zog Stocker dann 2019 ein. 2022 machte Nehammer Stocker zum Generalsekretär. Nun steht er an der Spitze des Landes – damit hatte vor wenigen Monaten wohl niemand gerechnet.
red, ORF.at/Agenturen
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ÖSTERREICHISCHES PARLAMENT
ORF-MELDUNGSBÜNDEL ÖSTERREICH
Vorarlberg: Stichwahlen in sieben Gemeinden
Wien-Wahl: Politologe Filzmaier zur Ausgangslage
MEDIZIN
Wie verbreitet sind psychischer Erkrankungen? – Mathias Brandt , Statista, Montag, 24.3.2025
Rund 323 Arbeitsunfähigkeitstage je 100 Versicherte aufgrund psychischer Erkrankungen zählt der DAK-Psychreport 2025 – bei Frauen sind es 431, bei Männern 266 Fehltage. Damit hat sich die Anzahl der AU-Tage seit der Jahrtausendwende fast verdreifacht, wie der Blick auf die Statista-Grafik zeigt.
In den Top 10 der Erkrankungen mit den meisten Fehltagen liegen psychische Leiden – hinter Krankheiten des Atmungs- (382 Fehltage je 100 Versicherte) und des Muskel-Skelett-Systems (350) – auf dem dritten Rang. Am weitesten verbreitet sind affektive Störungen (zum Beispiel Depressionen) sowie neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen wie (zum Beispiel Ängste und Anpassungsstörungen) die zusammengenommen für rund 91 Prozent der Fehltage verantwortlich sind.
„Die hohe Zahl psychischer Erkrankungen ist für die betroffenen Beschäftigten und ihre Arbeitgeber oft mit langen Fehlzeiten und einer Stigmatisierung verbunden“, so DAK-Vorstandschef Andreas Storm. Und Storm weiter: „Wir brauchen eine verstärkte Aufklärung über die Ursachen und tabulose Informationen zu Depressionen und Angststörungen sowie unterstützende Angebote zur Stärkung der mentalen Gesundheit.“
Aufmerksamkeitsstörung: Zunehmend mehr ADHS bei Erwachsenen – ORF, Freitag, 28.3.2025
Immer häufiger wird die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen diagnostiziert. In Österreich ist ein deutlicher Anstieg der Diagnosen und Behandlungen zu spüren, sagte ein Facharzt. Die Therapie müsse sehr individuell erfolgen.
Andreas Heydwolff ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin in Wien und Mitglied der Fortbildungsgesellschaft ADHS Austria. In seiner Ordination spezialisiert er sich seit vielen Jahren auf die Diagnose und Behandlung von ADHS bei Erwachsenen. Anfragen gibt es genug. „Wir bekommen jeden Tag Anrufe von Menschen, die für Diagnostik oder auch gleich zur Behandlung von ADHS zu uns kommen wollen. Diese Zahl ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, es können durchaus auch mal 15 bis 20 Personen am Tag sein“, erzählte er im Gespräch mit science.ORF.at.
Eine Entwicklung, die nicht nur in Österreich zu beobachten ist: Erst vor Kurzem zeigte eine britische Studie, dass in England die Zahl der ADHS-Medikamentenverschreibungen jährlich um rund 18 Prozent steigt. „Dass ADHS heute häufiger diagnostiziert wird als noch vor einigen Jahren ist ein globaler Trend“, so Heydwolff.
Mehr Bewusstsein in der Bevölkerung
Aber gibt es heute tatsächlich mehr Menschen mit ADHS als noch vor einigen Jahrzehnten? „Diese Frage wird oft gestellt, und in Fachkreisen beantworten wir sie überwiegend so, dass die Zahl der Betroffenen wahrscheinlich relativ gleich geblieben ist. Es gibt aber mehrere Faktoren, die dazu beitragen, dass die Nachfrage steigt.“
Einerseits gibt es laut Heydwolff heute ein größeres Bewusstsein für ADHS in der Bevölkerung – Menschen, die früher einfach als dumm oder faul abgestempelt worden wären, erkennen heute eher, dass ihre Probleme möglicherweise auf ADHS zurückzuführen sind. „Das öffentliche Bewusstsein hat sich stark verändert. Viele Betroffene machen sich auch gegenseitig darauf aufmerksam, dass sie vielleicht ADHS haben könnten, und ermutigen sich, das abklären zu lassen.“
Andererseits seien auch die Anforderungen an die Gesellschaft heute ganz andere als noch vor einigen Jahrzehnten. „In der Arbeitswelt wird heute viel mehr Genauigkeit verlangt als früher. Betroffene, die sich nicht so gut konzentrieren können, finden heute kaum noch Arbeit, die für sie geeignet ist, und da kommen viele ADHS-Patientinnen und -Patienten dann an ihre Grenzen“, sagte der Wiener Kassenfacharzt.
Schwierige Diagnosen
ADHS bei Erwachsenen zu erkennen ist oft schwierig, da sich die Störung ganz unterschiedlich und mit verschiedenen Symptomen äußert. Manche Betroffene haben Konzentrationsschwierigkeiten und lassen sich leicht ablenken, andere sind hyperaktiv oder impulsiv. Obwohl Hyperaktivität bei Erwachsenen mit ADHS oft weniger stark ausgeprägt ist als bei Kindern, fühlen sich viele Betroffene innerlich unruhig und/oder haben einen starken Bewegungsdrang.
ADHS tritt auch oft zusammen mit anderen psychiatrischen Erkrankungen auf. „ADHS-Betroffene erfüllen zu 75 bis 80 Prozent auch die Diagnosekriterien von mindestens einer weiteren psychiatrischen Erkrankung“, erklärte Heydwolff. Die Diagnose wird dadurch oft noch weiter erschwert.
Gestörter Dopaminhaushalt
Wenn jemand schon viele Jahre mit Konzentrationsproblemen oder anderen ADHS-Symptomen zu kämpfen hat, sei eine Diagnostik in einer klinisch-psychologischen bzw. bei medikamentösem Behandlungswunsch auch fachärztlichen Praxis sinnvoll. „Erwachsene, auch junge Erwachsene, haben meistens schon alles probiert, was man selber so machen kann, um ihre Schwächen zu kompensieren. Eine medikamentöse Behandlung ist da oft ein großer Schritt, der vieles erleichtern kann.“
Doch wie helfen die Medikamente den Betroffenen? Ein zentraler Aspekt bei ADHS ist der Botenstoff Dopamin. „Das Frontalhirn ist eine sehr wichtige Schaltstelle, wo viele Dinge stattfinden, die wir im Alltag brauchen, wie das Fokussieren, die Daueraufmerksamkeit und die Impulskontrolle. Bei ADHS wird Dopamin aus hauptsächlich genetischen Gründen schneller abgebaut als bei der Durchschnittsbevölkerung. Das führt zu den typischen Symptomen wie Konzentrationsproblemen und Hyperaktivität.“ Die medikamentöse Behandlung zielt darauf ab, diesen schnellen Abbau zu verlangsamen und so die Symptome zu lindern. „Wenn man die richtige Dosis findet, kann man im Idealfall so ‚funktionieren‘ wie Menschen ohne ADHS“, so Heydwolff.
Individuelle Behandlungsansätze
Nicht alle Erwachsenen mit ADHS sind aber auf eine medikamentöse Behandlung angewiesen. Neben Medikamenten gibt es auch andere Ansätze, die helfen können – abhängig davon, wie stark ADHS in den Patientinnen und Patienten ausgeprägt ist. Verhaltenstherapien oder Coachings können etwa dazu beitragen, mehr Struktur in den Alltag zu bekommen und Herausforderungen so besser zu meistern. „Welcher Ansatz der richtige ist, unterscheidet sich von Patient zu Patient und sollte vorab mit Fachleuten abgeklärt werden.“
Das Alter der Betroffenen spiele dabei keine Rolle. Auch jene Personen, die erst mit der Pensionierung zu dem Entschluss kommen, sich diagnostizieren zu lassen, können von einer Behandlung profitieren. „Es ist für viele eine große Entlastung, wenn bisher nicht der Diagnose zugeordnete Eigenheiten plötzlich einen Sinn ergeben und man merkt, dass man eben nicht einfach nur faul oder unkonzentriert ist.“
Versorgungsengpässe problematisch
In Österreich gibt es laut Heydwolff aber auch nach wie vor eine starke Unterversorgung an Fachpersonal, das ADHS sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern diagnostizieren und behandeln kann. Wichtig wären mehr Ausbildungen in dem Bereich und spezialisierte Einrichtungen, um die Versorgung zu verbessern. „Ideal wäre, wenn wir in jedem Bundesland mindestens ein großes Behandlungszentrum hätten, um dort unter anderem auch die nicht medikamentösen Behandlungsangebote auszuweiten.“
Eines sei klar: Mit individuell angepassten Behandlungen kann sich die Lebensqualität der Betroffenen oft stark verbessern. „Für mich als Behandler ist es wirklich ein Vergnügen zu sehen, wie schön sich Menschen entwickeln können, die ein Leben lang mit geknicktem Selbstbewusstsein und dem Gefühl durchs Leben gegangen sind, kein vollwertiger Teil der Gesellschaft zu sein“, sagte der Wiener Kassenfacharzt Heydwolff.
Raphael Krapscha, ORF Wissen
Dieser Beitrag begleitet die Sendung Ö1-Morgenjournal, 28. März 2025.
UMWELT
Weltnaturschutzunion: Hunderte Pilzarten vom Aussterben bedroht – ORF, Donnerstag, 27.3.2025
Durch den Verlust an Waldflächen droht laut Weltnaturschutzunion (IUCN) der Verlust hunderter Pilzarten, die wiederum für die Pflanzenwelt von großer Bedeutung sind. Von den 1300 Pilzarten, deren Bestand genau dokumentiert sei, seien mindestens 411 vom Aussterben bedroht, so die IUCN anlässlich einer Aktualisierung ihrer Roten Liste zu bedrohten Arten.
Die Auswertung betrifft nur einen Bruchteil der bislang etwa 150.000 bekannten Pilzarten. Dieser Ausschnitt zeigt laut der International Union for Conservation of Nature aber, wie sich Aktivitäten des Menschen wie die Vernichtung von Wäldern, die Ausweitung landwirtschaftlicher Aktivitäten und des Städtebaus sowie der menschengemachte Klimawandel auf den Erhalt der Pilze auswirke.
Pilze sind Lebewesen, die weder den Pflanzen noch den Tieren zugerechnet werden können. „Obwohl Pilze vor allem versteckt unter der Erde leben (…). hat ihr Verschwinden Auswirkungen auf das Leben an der Oberfläche, das von ihnen abhängt“, erklärte der schwedische Mykobiologe Anders Dahlberg, der die Auswertung für die IUCN leitete.
„Königreich der Pilze erhalten“
Pilze seien vergleichbar mit dem Mikrobiom, also Bakterien im menschlichen Verdauungstrakt, führte Dahlberg aus. Zwischen Pilzen und anderen Lebewesen bestehe eine „sehr alte, seit mehr als 400 Millionen Jahren entstandene Symbiose“, die zur heutigen Artenvielfalt beigetragen habe.
Mit Pilzen gingen wichtige Akteure in Ökosystemen verloren, die die Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit und Krankheitserreger bei Agrarpflanzen und Bäumen erhöhten und zur Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid im Boden beitrügen. „Pilze sind die verkannten Helden auf der Erde“, schloss IUCN-Direktorin Grethel Aguilar. Es sei nun „an der Zeit“, „das außerordentliche Königreich der Pilze zu erhalten“.
red, science.ORF.at/Agenturen
Behörde warnt: Aktuelle Klimanews: Immer mehr Schimmelgifte in unseren Lebensmitteln – Klimawandel und Extremwetter – Überwärmte Meerestiefen – CO2-neutrale Baustellen – APA / GMX, Freitag, 21.3.2025
Die Europäische Umweltagentur warnt, dass der Klimawandel die Ausbreitung von Schimmelpilzen fördert. Dadurch könnte die Belastung von Lebensmitteln wie Mais, Weizen und Gerste mit gesundheitsschädlichen Schimmelpilzgiften deutlich zunehmen. Durch den Klimawandel könnten Lebensmittel künftig stärker durch krebserregende Schimmelpilzgifte belastet sein. Ein Forschungsteam hat den Einfluss des Klimawandels auf Starkregenfälle und Hochwasser untersucht und die Stadt Wien startet ein Pilotprojekt „CO2-neutrale Baustelle“. Das sind die aktuellen Klimanews.
2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – und die Auswirkungen der Klimakrise werden spürbarer: Extremwetterereignisse nehmen weltweit zu, ein Negativrekord jagt den nächsten.
Die globale Erwärmung zu bremsen und die Folgen beherrschbar zu halten, ist eine der zentralen Herausforderungen für die Menschheit. In dieser Serie halten wir Sie über die aktuellen News und Entwicklungen rund ums Klima auf dem Laufenden.
EU-Umweltagentur warnt: Schimmelgifte in Lebensmitteln nehmen durch Klimakrise zu
Pilze gedeihen besonders gut in warmem und feuchtem Klima – das gilt nicht nur für Speisepilze wie Champignons, sondern auch für Schimmelpilze. In einem aktuellen Bericht warnt die Europäische Umweltagentur (EEA), dass der Klimawandel die Ausbreitung von Schimmelpilzen fördert. Dadurch könnte die Belastung von Lebensmitteln wie Mais, Weizen und Gerste mit gesundheitsschädlichen Schimmelpilzgiften (Mykotoxinen) deutlich zunehmen, was eine Bedrohung für die Ernährungssicherheit in Europa darstelle.
Eine globale Erwärmung um zwei Grad könnte demnach insbesondere in Südeuropa zu einem starken Anstieg der Lebensmittelkontamination mit Aflatoxinen – einer Gruppe von Mykotoxinen – führen. Zudem könnten sich diese Gifte vermehrt über Wasserwege ausbreiten und so auch die Qualität des Trinkwassers beeinträchtigen.
Mykotoxine sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen und können weder durch Abkochen noch durch Erhitzen unschädlich gemacht werden. Sie stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar: Sie können das Immunsystem schwächen, bestehende Erkrankungen wie Allergien oder Asthma verschlimmern und stehen im Verdacht, krebserregend zu sein.
Laut dem Bericht sind bereits heute 14 Prozent der erwachsenen Bevölkerung Europas gesundheitsschädlichen Konzentrationen von Mykotoxinen ausgesetzt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) fordert daher eine umfassende Strategie, um die Belastung zu reduzieren. Dazu gehören verbesserte Überwachungsprogramme, strengere Lebensmittelkontrollen und der Anbau pilzresistenter Nutzpflanzen.
Studie: Wie sich der Klimawandel auf Regenfälle und Hochwasser auswirkt
Der Klimawandel macht Extremwetterereignisse wahrscheinlicher. Neben Dürren trifft das auch auf Starkregenfälle und Überschwemmungen zu. Eine aktuelle Studie eines österreichischen Forschungsteams zeigt nun, dass sich der Klimawandel unterschiedlich auf verschiedene Niederschlags- und Hochwasserereignisse auswirkt.
Während kurzzeitige, nur wenige Stunden andauernde Regenfälle stark von steigenden Temperaturen beeinflusst werden, ist der Zusammenhang bei lang anhaltenden Niederschlägen komplizierter.
Das Forschungsteam konnte erstmals nachweisen, dass kurze Regenfälle in den letzten 30 bis 40 Jahren in Österreich um etwa 15 Prozent zugenommen haben – unabhängig von der geografischen Lage beiderseits der Alpen, obwohl sich diese Regionen wettertechnisch stark unterscheiden. Dies deutet nach Ansicht der Forschenden darauf hin, dass in erster Linie die Klimaerwärmung für die kurzzeitigen Starkregenfälle verantwortlich ist.
Länger anhaltender Regen wird dagegen stark von globalen Klimaphänomenen wie El Niño oder La Niña beeinflusst, wodurch die Veränderungen regional sehr unterschiedlich ausfallen können. Während dadurch in manchen Gebieten längere Niederschlagsperioden häufiger werden, können sie andernorts sogar seltener auftreten.
Auch die Hochwassergefahr variiert je nach Flusstyp: Kleinere Gewässer reagieren empfindlich auf kurze, intensive Niederschläge, während große Flüsse wie die Donau eher durch längerfristige Wetterlagen beeinflusst werden. Die Erkenntnisse stützen sich auf 100 Jahre österreichische Wetterdaten, lassen sich nach Angaben der Forschenden aber auch auf andere Weltregionen übertragen.
Tiefen der Ozeane so warm wie nie
Die Erderwärmung schreitet weiter voran – nicht nur an Land, sondern auch in den Meeren. Besonders alarmierend ist, dass mittlerweile nicht nur die Meeresoberfläche Rekordtemperaturen erreicht, sondern auch die Tiefen der Ozeane.
Ein internationales Forschungsteam hat in einer Studie unter anderem die Wassertemperaturen der obersten 2.000 Meter der Meere untersucht. Das Ergebnis: Auch die Wassertemperaturen unter der Oberfläche sind so hoch wie nie zuvor.
Von 2023 bis 2024 erhöhte sich der Wärmegehalt in den oberen 2.000 Metern um 16 Zettajoule. Das entspricht den Studienautoren zufolge etwa dem 140-Fachen der gesamten Stromerzeugung der Welt im Jahr 2023. Daran könne man sehen, welche großen Mengen Wärme die Ozeane in den vergangenen Jahren aufgenommen haben.
Die Weltmeere speichern enorme Mengen Wärme und CO2 und dämpfen dadurch die globale Erderwärmung. Rund 90 Prozent der überschüssigen Wärme durch menschengemachte Emissionen wird in den Meeren gespeichert – ohne sie wäre die globale Klimaerwärmung bereits viel weiter fortgeschritten.
Dass sich nun auch die Tiefen der Meere zunehmend erwärmen, hat weitreichende Folgen: Wärmeres Wasser dehnt sich aus und trägt maßgeblich zum Anstieg des Meeresspiegels bei, wodurch das Leben von Millionen Menschen in Küstenregionen bedroht wird. Zudem begünstigt die Erwärmung der Meere die Entstehung von Wirbelstürmen und marinen Hitzewellen.
Letztere setzen Meeresökosysteme massiv unter Stress. Warmes Wasser kann weniger gelöste Gase wie Sauerstoff halten – dadurch geht Fischen und anderen Meeresbewohnern buchstäblich die Luft aus. Sogenannte „Todeszonen“, in denen es kaum Sauerstoff gibt und in denen kaum Leben möglich ist, könnten sich in den Weltmeeren durch den Klimawandel weiter ausbreiten. Insbesondere Korallenriffe leiden unter der zunehmenden Hitze und drohen abzusterben.
Wien testet in Pilotprojekt CO2-neutrale Baustellen
Bagger, Planierraupen und weiteres Gerät auf Baustellen werden üblicherweise mit Verbrennungsmotoren betrieben. Nicht so im 14. Gemeindebezirk der Stadt Wien: Im Stadtteil Penzing soll der Austausch von Wasserleitungen auf einer Strecke von 400 Metern laut ORF erstmals ausschließlich mit elektrisch betriebenen Maschinen durchgeführt werden.
Die Stadt Wien setzt gemeinsam mit der Baufirma PORR auf emissionsfreie Technik, um den Klimaschutz in der Stadt weiter zu fördern. Zum Einsatz kommen neben einem Elektrobagger auch eine Tandem-Vibrationswalze, ein Asphaltfertiger und weitere E-Fahrzeuge. Dadurch soll nicht nur der CO2-Ausstoß der Baustelle gesenkt, sondern auch die Lärmbelastung für Anwohnerinnen und Anwohner reduziert werden.Vorerst bleibt das innovative Projekt ein Einzelfall. Es soll jedoch als Testfeld für zukünftige Bauvorhaben dienen. Die Technische Universität Wien begleitet das Vorhaben wissenschaftlich, um daraus technische und wirtschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen und Strategien für den verstärkten Einsatz emissionsfreier Baumaschinen zu entwickeln.
Verwendete Quellen
- Europäische Umweltagentur: „Mycotoxin exposure in a changing European climate”
- Studie im Fachmagazin Nature, Haslinger et al., 2025: „Increasing hourly heavy rainfall in Austria reflected in flood changes”
- Technische Universität Wien: „Nachgewiesen: So wirkt der Klimawandel auf Regen und Hochwasser“
- Studie im Fachmagazin Springer Nature, Cheng et al., 2025: „Record High Temperatures in the Ocean in 2024”
- ORF.at: „Umwelt & Klima: CO2-neutrale Baustelle als Pilotprojekt“
WISSENSCHAFT – FORSCHUNG
Spieleforschung: „Gesellschaftsspiele politisch aufgeladen“ – ORF, Samstag, 29.3.2025
Ehrlich und fair soll es bei einem Spiel zugehen, und es soll vor allem Spaß machen. Bei genauerem Hinsehen sind Gesellschaftsspiele aber keineswegs nur unschuldige Unterhaltung. Sie transportieren politische Botschaften, die spielenden Personen, aber auch jenen, die ein Spiel entwickeln, oft nicht bewusst sind.
„Spiele basieren natürlich immer auf einer langen Geschichte, sie sind nicht im luftleeren Raum entstanden“, sagt die Kulturwissenschaftlerin und kritische Spieleforscherin Sabine Harrer, die an der schwedischen Universität Uppsala lehrt und im Rahmen des Hertha Firnberg-Stipendiums – einem Postdoc-Programm zur Förderung von Frauen – an der Universität Wien tätig ist.
Im Gegensatz zu Menschen, die bei einem geselligen Spieleabend den Spaß und wohl auch das Fairplay im Blick haben, schaut die kritische Spieleforscherin auf die politischen Machtverhältnisse – die Inhalte und Themen – die in einem Spiel transportiert werden. „In meiner Arbeit geht es viel um die europäische Kolonialgeschichte und um das Herausbilden einer weißen Identität“, erklärt Harrer im Gespräch mit science.ORF.at.
Kolonialgeschichtliches Erbe
Über Spiele lassen sich politische Ideologien subtil kommunizieren, Spielerinnen und Spielern fällt das meist nicht auf. Selbst Designerinnen und Designer verfolgen in den meisten Fällen keine politischen Absichten, wenn sie ein neues Spiel entwickeln, ist Harrer überzeugt, trotzdem schwingen diese Botschaften in jedem Gesellschaftsspiel mit.
Um zu bewerten, wie fair es in einem Spiel aus gesellschaftspolitischer Sicht zugeht, schaut sie in ihrer Forschung genau hin: „Weil es Stereotypen in Spielen gibt, die genau auf dieser europäischen Kolonialgeschichte aufbauen. Zum Beispiel Heldinnen – oder meistens Helden -, die sich eine Art Imperium erschaffen, eine Art Herrschaft über Land und Leute. Gängige Brettspiele haben ja sehr oft Besiedelung und Wettkampf zum Thema. Und da stellt sich natürlich die Frage, woher das kommt.“
Viele Menschen finden jedoch gerade mit solchen Spielen großes Vergnügen, und das will ihnen Harrer auch gar nicht nehmen. „Niemand ist schuld daran, dass ein Spiel, problematische Inhalte hat. Mir geht es nicht darum zu verteufeln, sondern darum zu erkennen, wo haben Spiele eine gesellschaftspolitische Funktion, wo gibt es einen Diskurs mit anderen politischen Entwicklungen.“
Von der Realität überholt
Oft würden Spieleideen von der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung auch sehr schnell eingeholt. Ein von ihr vor einigen Jahren selbst konzipiertes Umweltsatirespiel, in dem Spielerinnen und Spieler in die Rolle von Politikerinnen und Politikern schlüpfen, die an einer Klimakonferenz teilnehmen und Wirtschaftsinteressen ihres Landes gegen Maßnahmen zum Schutz des Planeten ausbalancieren sollen, sei keine Satire mehr, sondern längst Realität geworden, schildert Harrer. „Man wird von der Geschichte überholt, oder die Gesellschaft macht nicht mit, weil es anderen Konsens gibt.“
Letzteres passierte etwa mit „Monopoly“ : Eigentlich wollte Elizabeth Magie Phillips , die die Grundlage für das Brettspiel lieferte, mit ihrer Idee Kritik am Kapitalismus üben und aufzeigen, wie schädlich Marktmonopole sein können. „Interessanterweise wurde das dann aber in der kapitalistischen Industrie, die wir jetzt haben, im Spielesektor umgedeutet und wird nun als Spiel und Spaß für die ganze Familie verkauft. Das heißt, die kritische Satirefunktion von dem ursprünglichen Spiel, ist verloren gegangen, weil es für viele gesellschaftlich Common Sense geworden ist, dass es Spaß macht, so haushoch zu gewinnen“, erzählt die Wissenschaftlerin.
Alternative Ideen
In ihrer Forschung geht es deshalb auch darum, Alternativen zu solchen Spielregeln und zu über viele Generationen tradierten Figurenstereotypen zu finden, und so mehr Fairness ins Spiel zu bringen. Statt sich allein im direkten Wettkampf mit anderen zum Sieger zu küren, könnten Spielende zur Kooperation angehalten werden, um ans Ziel zu kommen.
„In den vergangenen zehn Jahren ist dieser kooperative Ansatz schon viel stärker geworden. Aber auch in diesen Video- und Brettspielen sind die Regelwerke nicht wirklich neutral, auch da ist eine politische Komponente drinnen.“ Etwa, wie und bei welchen Aufgaben Spielerinnen und Spieler miteinander kooperieren sollen.
In einer sich derart verändernden Spielewelt hätten Spielerinnen und Spieler aber zunehmend mehr Gestaltungsspielräume, meint Harrer. Sie sind nicht mehr „nur“ Spielende, die sich an einmal festgelegte Regeln halten müssen, sondern sie erschaffen durch ihr gemeinsames kreatives Agieren spielend immer neue Realitäten.
Probleme „spielend meistern“
So gesehen erfüllen Brett- und Kartenspiele, aber auch Videogames – bei aller berechtigten Kritik daran – aus gesellschaftspolitischer Sicht jedenfalls eine wesentliche Funktion, denn: „Spiel kann ein Tool sein, um sich flexibel zu halten, um mit verschiedenen Lebensrealitäten und Konflikten umzugehen. Wenn ich als Spielende an ein Problem herangehe, kann ich es spielend meistern – oder ich gebe mir zumindest die Möglichkeit dafür.“
Deshalb sei Spielen nicht nur für Kinder wichtig, auch Erwachsene sollten verspielt bleiben, betont Harrer, denn: „Gesellschaftsspiele sollen der Gesellschaft ja auch ein bisschen helfen.“
Christine Linduska, ORF Wissen
Dieser Beitrag begleitet die Sendungen „Guten Morgen mit Ö1“ und „Wissen aktuell“, Ö1, 28.3.2025.
BILDUNG – HOCHSCHULEN
INTERVIEW – Wie „akadämlich“ ist die Jugend? „Vor zehn Jahren waren Studierende deutlich leistungsbereiter“ – n-tv, Samstag, 29.3.2025.
Das Studium ist in Deutschland zur Regelausbildung geworden, aber viele Studierende nehmen das nicht ernst, wie die Professorin für Wirtschaftsrecht Zümrüt Gülbay-Peischard sagt. Ein großer Teil sei faul und arrogant, klagt die Autorin in ihrem Buch „Akadämlich“. Im Interview mit ntv.de erklärt sie, was in Deutschland passieren wird, wenn wir so weitermachen. Ihre Forderung: „Wir brauchen weniger Akademiker“.
ntv.de: Sie lehren seit 30 Jahren an Universitäten. Jetzt rechnen Sie mit den heutigen Studierenden in Deutschland ab in Ihrem Buch „Akadämlich“. Was stört Sie denn?
Zümrüt Gülbay-Peischard: Zunächst rechne ich nicht mit allen Studierenden ab. Ein Drittel ist gut und ein Drittel hat Potenzial, aber das letzte Drittel gehört eben eigentlich nicht an die Hochschule. Diese Studierenden sind nicht bereit, während ihrer Zeit an der Uni an sich zu arbeiten. Das Studium soll mit dem geringstmöglichen Aufwand erledigt werden, damit sie dann so schnell wie möglich in den Job und die Karriere starten können. Da wundern sie sich dann, wenn sie versagen, weil ihnen bestimmte Fähigkeiten fehlen.
Welche Fähigkeiten fehlen ihnen denn?
Erstens selbstverständliche Umgangsformen und Tugenden wie Pünktlichkeit. Jugendliche wachsen zunehmend in einem Umfeld auf, in dem Nachlässigkeiten einfach akzeptiert oder sogar verteidigt werden und in dem ihnen die Eltern alle Probleme aus dem Weg räumen. Auf der Uni müssten die Kinder eigentlich anfangen, sich durchzubeißen und auch mit Frustrationen klarkommen. Aber wir erleben junge Erwachsene an der Hochschule, die nie gelernt haben, dass falsches Verhalten Konsequenzen hat. Zweitens fehlen Studierenden teils die fachlichen Fähigkeiten und Grundlegendes wie Sprachkenntnisse. Klausurtexte sind teilweise schwierig zu verstehen, weil sie so schlecht aufgebaut sind. Dazu sind sie voller Rechtschreibfehler. Drittens sind Studierende heute wenig leidensfähig. Wenn mir Studenten sagen, sie seien nicht in der Lage, in zweieinhalb Monaten Semesterferien 30 Seiten Hausarbeit zu schreiben, dann denke ich mir: Dann müssen sie eben mal die Zähne zusammenbeißen.
Sie beschreiben die Studierenden in Ihrem Buch als faul, arrogant und selbstüberschätzt. Ist das nicht etwas hart?
Es trifft nicht auf alle zu, aber auf einen Teil eben schon. Eine typische Situation ist, dass ich darum bitte, dass alle ihre Handys weglegen und sich 90 Minuten auf die Vorlesung und mich konzentrieren und bestenfalls sogar mitarbeiten. Das sollte ich gar nicht erst ansagen müssen. Es funktioniert auch trotzdem oft nicht. Ich habe das Gefühl, das Studium soll für die jungen Leute funktionieren, aber das eigene Leben sonst nicht stören. Aber wir Dozenten sind keine Dienstleister. Ich bin nicht dafür da, Netflix zu ersetzen. Das Studium ist nun mal anstrengend.
Waren die Studierenden früher denn fleißiger?
Was ich beurteilen kann, ist, wie hoch die Leistungsbereitschaft von Studierenden ist, und vor zehn Jahren waren Studierende deutlich leistungsbereiter. Vor 15 bis 20 Jahren haben sich Studierende auch wirklich noch als Bildungselite verstanden. Heute sind Akademiker etwas Selbstverständliches. Trotzdem kostet selbst das kürzeste BWL-Studium den Steuerzahler mehrere 10.000 Euro pro Semester. Ich finde, da kann man mit Respekt und einer gewissen Ernsthaftigkeit an das Studium rangehen.
Und diesen Respekt erleben Sie nicht?
Bei einem Teil nicht, nein. Die haben das Motto, ich studiere jetzt mal und dann gucke ich, und wenn ich zwölf Semester studiere, ist es auch nicht so schlimm. Das ist für mich kein respektvoller Umgang mit Ressourcen. An vielen anderen Orten auf der Welt können sich die Leute gar kein Studium leisten. Es ist toll, dass wir in Deutschland die Möglichkeit haben, kostenlos zu studieren. Aber dieses Selbstverständnis muss meiner Ansicht nach mit einer Achtung für das System einhergehen.
Sie glauben, dass wir in einer Bildungsmisere enden werden, wenn wir mit der akademischen Ausbildung als Regelausbildung weitermachen.
Ja, denn wir bilden immer mehr durchschnittlich gebildete Akademiker aus und die wirklich guten werden immer seltener. Am Ende führt das dazu, dass wir keine Topkräfte mehr auf den Arbeitsmarkt bringen, dass weniger Arbeitskräfte innovativ und kreativ sind. Durch die Uni können sich viele noch durchlavieren, aber spätestens am Arbeitsplatz kommt dann nicht die Persönlichkeit an, die man erwartet. Studien aus den vergangenen Jahren zeigen, dass Studienabsolventen immer schneller von ihrem ersten und zweiten Arbeitsplatz gekündigt werden, weil ihnen persönliche und fachliche Fähigkeiten fehlen.
Wie können wir das Ruder noch rumreißen?
Da muss man an verschiedenen Stellen ansetzen. Im Moment bemisst sich der Finanzhaushalt der Hochschulen an der Anzahl ihrer Studierenden. Deshalb wird keine Hochschule anfangen, darüber nachzudenken, weniger Studenten aufzunehmen. Ich denke aber, wir sollten uns genauer überlegen, wen wir wollen und vielleicht auch mit Eingangstests arbeiten, um sicherzustellen, dass Studierende bestimmte Fähigkeiten schon von vornherein haben. Außerdem glaube ich, dass wir weniger Akademiker brauchen. Das ist allerdings eine gesellschaftliche Entwicklung, die damit anfängt, dass wir die Ausbildungsberufe ernst nehmen und ihnen den Respekt entgegenbringen, den sie verdienen. Es geht nicht um Studium oder kein Studium, sondern die Qualität der Ausbildung muss stimmen.
Zümrüt Gülbay-Peischard lehrt an der Hochschule Anhalt in Sachsen-Anhalt unter anderem im Bereich Wirtschaftsrecht. Im Laufe ihrer Karriere hatte sie Lehrämter an verschiedenen Hochschulen und Universitäten inne, war Mitglied der Islamkonferenz und im Beraterkreis des Bundesfinanzministers Peer Steinbrück. Ihr Buch „Akadämlich – Warum die angebliche Bildungselite unsere Zukunft verspielt“ erscheint am 28.3.2025 im Quadriga Verlag.
Mit Zümrüt Gülbay-Peischard sprach Victoria Robertz
Quelle: ntv.de
GESCHICHTE
Wien nach 2. Weltkrieg: „Trümmerfrauen“ nur ein Mythos – Ex-Nazis räumten Schutt weg – APA, Freitag, 28.3.2025
Historiker haben herausgefunden: die „Trümmerfrauen“ von Wien sind ein Mythos. Vielmehr waren es Ex-Nazis, die den Schutt beseitigten.
Die „Trümmerfrauen“, die in Wien nach dem Zweiten Weltkrieg selbstlos Schutt beseitigten, sind ein Mythos. Wie Historikerinnen und Historiker der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) anhand bisher kaum beachteter Quellen zeigen, wurden vor allem ehemalige NSDAP-Mitglieder für die Aufräumarbeiten verpflichtet. Der im Fachjournal „Austrian History Yearbook“ erschienenen Studie zufolge entstand erst ab den 1990er-Jahren die mystifizierende Erzählung der „Trümmerfrauen“.
Das Bild des selbstlosen Einsatzes von Frauen, die in den ersten Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs dessen Spuren in Wien wegräumten und damit den Weg für den Wiederaufbau freimachten, ist in vielen Köpfen fest verankert, wird aber von Expertinnen und Experten schon lange kritisch hinterfragt. Zuletzt entzündete sich die Debatte 2018, als der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) ein auf Initiative des FPÖ-nahen Cajetan-Felder-Instituts geschaffenes „Trümmerfrauen“-Denkmal auf der Mölker-Bastei in Wien-Innere Stadt enthüllte.
Thematik mangels Quellen nebulös
„Die Trümmerfrauen-Thematik in Österreich ist recht nebulös, weil es sehr wenige Quellen gibt“, erklärte Martin Tschiggerl vom Institut für Kulturwissenschaften der ÖAW gegenüber der APA. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen Lea von der Hude und Patricia Seifner hat er bisher kaum ausgewertete Akten aus dem Wiener Stadt- und Landesarchiv analysiert, um die Nebel um die angebliche freiwillige Frauenarbeit zu lichten.
Untersucht haben die Historikerinnen und Historiker rund 7.000 Ansuchen um Entschädigung von zwangsverpflichteten Nationalsozialisten. Hintergrund dieser Ansuchen war ein im August 1945 von der provisorischen österreichischen Bundesregierung verabschiedetes Gesetz, das ehemalige NSDAP-Mitglieder zu Sühnemaßnahmen im Wiederaufbau verpflichtete. „In der unmittelbaren Nachkriegszeit gab es nicht nur einen Mangel an potenziellen Arbeitskräften, sondern auch einen Mangel an Bereitschaft in der Bevölkerung, sich überhaupt an den Aufräumungsarbeiten in der zerstörten Stadt zu beteiligen“, so Tschiggerl. Die gesetzliche Arbeitspflicht sollte da Abhilfe schaffen.
67 Groschen für Frauen und 84 Groschen für Männer
Nachdem in Folge von derart verpflichteten Arbeiterinnen und Arbeitern eine Reihe von Klagen auf Entschädigung eingebracht wurden, entschied der Oberste Gerichtshof 1951, dass ihnen eine Bezahlung für die geleisteten Arbeitsstunden zustehe: und zwar 67 Groschen pro Stunde für Frauen und 84 Groschen für Männer.
„In diesen Ansuchen um Entschädigung finden sich teilweise sehr umfangreiche Schreiben mit Schilderungen der Antragsteller, wann, wo und was sie gearbeitet haben“, so der Historiker. „Als ehemaliger Nationalsozialist … habe ich am schwersten gelitten“, zitieren die Forscherinnen und Forscher im Titel ihrer Arbeit ein Beispiel aus den Ansuchen.
Entschädigung für Millionen Arbeitsstunden
Auf Basis dieses sehr umfangreichen Bestands schätzt Tschiggerl, dass Millionen an Arbeitsstunden entschädigt wurden. Wie viele ehemalige NSDAP-Mitglieder tatsächlich im Arbeitseinsatz waren, sei schwer zu sagen, die Ansuchen dürften aber nur die Spitze des Eisbergs darstellen: „Wir gehen davon aus, dass maximal zehn bis 20 Prozent der Sühnearbeiter um Entschädigung angesucht haben. Angesichts dieser Indizienkette bleibt nicht mehr viel über für freiwillige Arbeit selbstloser Frauen.“
Von den rund 7.000 dokumentierten Ansuchen stammten rund 55 Prozent von Männern und 45 Prozent von Frauen. „Das ist ein Ungleichgewicht, wenn man bedenkt, dass 1945/46 deutlich mehr Frauen in Wien waren als Männer, von denen viele noch in Gefangenschaft oder am Rückweg von der Front waren“, sagte Tschiggerl. Unklar sei aber, wer um Entschädigung angesucht habe – waren es eher Männer, weil sie mehr Mut dazu hatten, oder eher Frauen, die vielleicht das Geld dringender benötigt haben?
Mystifizierende Erzählung
Der mit der historischen Realität wenig zu tun habende Mythos der „Trümmerfrauen“ sei in Österreich erst später entstanden. So sei Ende der 1980er-Jahre eine große Debatte in Westdeutschland über die Schlechterstellung von Frauen im Rentengesetz nach Österreich geschwappt. „Ab den 1990er-Jahren ist dann mit der Erosion der These von Österreich als Opfer das Trümmerfrauen-Narrativ als neue Opfererzählung aufgekommen: Wenn schon nicht alle Österreicher Opfer waren, dann sollten es zumindest alle Frauen gewesen sein“, so Tschiggerl über die „vor allem von politisch rechter und konservativer Seite aufgenommene mystifizierende Erzählung“.
Neben der im „Austrian History Yearbook“ (Cambridge University Press) erschienenen Publikation wird im Sommer bei Böhlau eine Monographie Tschiggerls zu dem Thema erscheinen. Ihr Titel: „Ruinen der Erinnerung. Die Suche nach der österreichischen Trümmerfrau“. (apa/bearbeitet von nap)
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