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COMMENT – FAZIT für die letzten 24 bis 48 Stunden
Nachrichten aus dem Weltzirkus – Kapriolen, Salti, wiehernde Pferde, brüllende Löwen und Clowns-Auftritte für das nur an starken Aufreizungen interessierte, sodann staunende Publikum …
In der Politik gibt es kein Recht zur Resignation.
Dr. Wolfgang Schäuble (1942-2023), deutscher Politiker (CDU), u.a. Innen- und Finanzminister, zuletzt Präsident des Deutschen Bundestages (2017-2021), dem er von 1972 bis 2023 angehörte. Seit einem Attentat 1990 querschnittsgelähmt.
MÄRKTE
DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen
DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
Der Zustand der Konjunktur ist entscheidend dafür, wie sich Zinssenkungen auf den Aktienmarkt auswirken.
HELLMEYER (Märkte u.a.m.)
- Märkte: Keine „Partystimmung“ trotz US-Zinssenkung um 0,50%
- Deutschland: Gute und schlechte Nachrichten bei Innovationskraft
- Habeck sagte, das russische Gas fehle nicht mehr
=> Kommentar: Europa und Deutschland haben keine Konkurrenzfähigkeit bei Energiepreisen. Das hängt kausal mit russischem Gas zusammen. Die Preislichkeit (Fünfjahresvergleich Europa +205%, USA -10%) definiert in diesem Sektor keine ansatzweise Konkurrenzfähigkeit. Ich widerspreche Habeck, das russische Gas fehlt via Direktimporte. [Schaubilder online] - Den Haag: Die Regierung der Niederlande beabsichtigt, aus dem EU-Asylsystem
auszusteigen. Sie hat bei der EU-Kommission eine Ausnahmeregelung beantragt. - New York: Die UN-Vollversammlung forderte von Israel die Beendigung der Besetzung des Westjordanlandes.
=> Mit welchen Konsequenzen? - Fed senkt Leitzins um 0,50%. Weiter datenabhängiger FED-Kurs, langfristige Projektion um 0,1 angehoben auf 2,9 Prozent Jahresteuerung.
=> Das Timing der Zinssenkungspolitik hat einen politischen Beigeschmack
COMMENT: was FED-Chef Powell sich beeilte, in seiner gestrigen Rede in Abrede zu stellen. Hony soit qui mal y pense; denn: neu ist dieses Vorgehen nicht nur für die FED, sondern praktisch für alle formalrechtlich politisch „unabhängigen“ Zentralbanken auf der Welt keinesfalls. - USA: Haushaltsnotstand vor der Wahl?
- Geopolitik: Zunahme der Stresszustände im Gaza-Konflikt. Eine Ausweitung der Kampfhandlungen in Richtung Libanon ist zunehmend wahrscheinlich.
- USA: Immobilienmarkt erholt sich dank niedrigerer Kapitalmarktzinsen – MBA Hypothekenmarktindex auf höchstem Stand seit August 2022, aber auf niedrigem Niveau.
- Russland: Mit 10,2% geringster Anstieg der Erzeugerpreise seit 07/2023, aber weiter „sportlich“!
- UK: Kernrate der Verbraucherpreise zieht stärker an
- Eurozone: Bauleistung enttäuschend.
- Deutsche Innovationskraft pfui, im internationalen Vergleich mäßig hui!
- Renditen: 10-jährige Bundesanleihe 2,19% (Vortag 2,15%), 10-jährige US-Staatsanleihe 3,73 % (Vortag 3,64%)
Hier den Hellmeyer Report lesen!
Es folgen die Meldungen zu den zwei Kriegen, zu Zentralbanken, Wirtschaft und zum Themenreigen
ISRAEL-HAMAS-HISBOLLAH-KRIEG
Nach den Explosionen elektronischer Kommunikationsgeräte im Libanon mit Dutzenden Toten und Tausenden Verletzten hat Israel ein verschärftes Vorgehen gegen die Hisbollah-Miliz in dem nördlichen Nachbarland signalisiert. Während Israel weiter gegen die mit der Hisbollah verbündete Hamas im Gazastreifen kämpft, kündigte Verteidigungsminister Yoav Galant nun eine „neue Phase“ des Kriegs an. „Der Schwerpunkt verlagert sich nach Norden“, sagte Galant nach Angaben seines Büros. …
TEL AVIV/BEIRUT (dpa-AFX) – Nach den Explosionen elektronischer Kommunikationsgeräte im Libanon mit Dutzenden Toten und Tausenden Verletzten hat Israel ein verschärftes Vorgehen gegen die Hisbollah-Miliz in dem nördlichen Nachbarland signalisiert. Während Israel weiter gegen die mit der Hisbollah verbündete Hamas im Gazastreifen kämpft, kündigte Verteidigungsminister Joav Galant nun eine „neue Phase“ des Kriegs an. „Der Schwerpunkt verlagert sich nach Norden“, sagte Galant nach Angaben seines Büros. Dort liefert sich Israels Armee seit Beginn des Gaza-Krieges vor fast einem Jahr Gefechte mit der Hisbollah. Es besteht die Sorge, dass ein ausgewachsener Krieg gegen die Miliz bevorstehen könnte.
Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah kündigte für den heutigen Nachmittag eine Rede an. Angesichts der brandgefährlichen Lage plant der UN-Sicherheitsrat eine Dringlichkeitssitzung. Das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen soll sich nach Angaben aus Diplomatenkreisen am Freitag um 21.00 Uhr MESZ treffen.
UN-Generalsekretär António Guterres sieht die „ernsthafte Gefahr einer dramatischen Eskalation“ in Nahost. „Die Logik hinter der Explosion all dieser Geräte besteht natürlich darin, dies als Präventivschlag vor einer größeren Militäroperation zu tun“, sagte Guterres bei einer Pressekonferenz in New York.
- Mehr als 3.000 Verletzte im Libanon
Während Guterres sprach, trafen die Nachrichten von einer zweiten Explosionswelle ein. Dabei wurden nach Behördenangaben am Mittwochnachmittag 20 Menschen getötet und mehr als 450 weitere verletzt. Wie am Vortag soll es wieder viele Mitglieder der Hisbollah getroffen haben, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen.
Bereits am Dienstag waren an mehreren Orten im Libanon gleichzeitig Hunderte sogenannte Pager explodiert. Dabei wurden rund 2.800 Menschen verletzt, mindestens zwölf starben.
Rettungsdienste aus dem Iran, der enge Bande zur Hisbollah im Libanon pflegt, wollen rund 100 Verletzte ausfliegen. Die meisten Explosionsopfer hätten Verletzungen an Händen und Augen, sagte der Leiter der Roter-Halbmond-Gesellschaft, Pirhussein Koliwand.
Die Hisbollah machte Israel für die Explosionen verantwortlich und schwor Vergeltung. Die israelische Seite äußerte sich selbst nicht zu den beiden Explosionswellen. Technisch derart anspruchsvolle Angriffe entsprechen aber der Handschrift von Israels Geheimdiensten, die mehrfach ähnlich komplexe Attacken durchgeführt haben, um ranghohe Feinde zu töten. Sollte Israels Führung die Explosionen in Auftrag gegeben haben, stellt sich die Frage, was sie damit bezweckte. Ehemalige israelische Militärs sagten dem „Wall Street Journal“, das Vorgehen ziele wahrscheinlich darauf ab, die Hisbollah zu zwingen, ihre grenzüberschreitenden Angriffe einzustellen.
- Experten: Israel will Hisbollah zum Rückzug zwingen
„Der Zweck einer solchen Operation war nicht, eine Eskalation herbeizuführen, sondern eine Einigung zu erzielen, die es den Menschen ermöglicht, in ihre Häuser zurückzukehren“, sagte Yossi Kuperwasser, ehemaliger Leiter der Forschungsabteilung des israelischen Militärgeheimdienstes, der US-Zeitung. Wegen der fast täglichen militärischen Konfrontationen zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär mussten Zehntausende Bewohner auf beiden Seiten der Landesgrenze ihre Wohnorte verlassen.
Der Angriff im Libanon signalisiere der Hisbollah, dass Israel sich nicht auf den seit Beginn des Gaza-Krieges andauernden Schlagabtausch entlang der nördlichen Landesgrenze beschränken werde, zitierte das „Wall Street Journal“ Amos Yadlin, ehemals Leiter des israelischen Militärgeheimdienstes. Die mit dem Iran verbündete Schiiten-Miliz müsse verstehen, dass „Israel die Spielregeln ändern kann“, sagte er.
Israel will durch militärischen und diplomatischen Druck erreichen, dass sich die Hisbollah wieder hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht – so wie es eine UN-Resolution vorsieht. Die mit der Hamas verbündete libanesische Miliz will die Angriffe gegen Israel erst bei Erreichen einer Waffenruhe in Gaza einstellen. Beide Islamistenorganisationen gehören zu Irans sogenannter „Achse des Widerstands“ – einer Allianz gegen den gemeinsamen Feind Israel.
- Israels Verteidigungsminister: Anfang neuer Kriegsphase
„Wir stehen am Anfang einer neuen Phase des Kriegs – sie erfordert Mut, Entschlossenheit und Durchhaltevermögen unsererseits“, sagte der israelische Verteidigungsminister Galant. Bei einem Besuch eines Luftwaffenstützpunkts erinnerte er an das kürzlich festgelegte Kriegsziel der Regierung: die Rückkehr Zehntausender geflüchteter israelischer Bürger in das nördliche Grenzgebiet. Auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bekräftigte dieses Versprechen in einer Videoansprache. „Wir stellen Kräfte, Ressourcen und Energie für den nördlichen Bereich bereit“, sagte Galant nach Angaben seines Büros weiter.
Israels Generalstabschef Herzi Halevi zufolge ist die Armee bereit, alles Nötige zu tun, um die Bedingungen für eine Rückkehr der israelischen Bewohner in ihre Häuser im Norden zu schaffen: „Wir haben noch viele Fähigkeiten, die wir bislang noch nicht eingesetzt haben.“ Experten schätzen die Angriffe auf die Kommunikationsgeräte vieler Hisbollah-Mitglieder als herben Schlag für die Schiiten-Miliz ein, der auch ihren Kampfgeist schwächen dürfte. Einige ihrer wichtigsten Kommunikationsmittel sind jetzt gestört oder nicht mehr brauchbar.
Das „Wall Street Journal“ zitierte mit der Angelegenheit vertraute Personen, nach deren Aussagen die Führung der Miliz nicht dazu neige, einen umfassenden Krieg mit Israel auszulösen. Die Hisbollah-Spitze glaube nicht, dass eine israelische Bodeninvasion unmittelbar bevorstehe – erwarte aber, dass es zu weiteren Angriffen mit großer Wirkung kommen werde.
- UN-Vollversammlung fordert Rückzug Israels
Mit einer deutlichen Mehrheit von 124 Stimmen forderte unterdessen die UN-Vollversammlung den Rückzug Israels aus besetzten Palästinensergebieten innerhalb eines Jahres. 43 Staaten – darunter Deutschland – enthielten sich bei der Abstimmung über eine entsprechende Resolution im größten UN-Gremium mit 193 Mitgliedsstaaten. Israel selbst sowie die Vereinigten Staaten stimmten zusammen mit zwölf weiteren Ländern gegen die Beschlussvorlage, deren Annahme keine völkerrechtlich bindenden Folgen hat. Einige Staaten stimmten nicht ab.
Die Resolution soll ein Rechtsgutachten des obersten UN-Gerichts zum Nahost-Konflikt durchsetzen. Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hatte im Juli in dem Rechtsgutachten festgestellt, dass die Besetzung der palästinensischen Gebiete illegal sei und so schnell wie möglich beendet werden müsse. Israel ignorierte dies – dasselbe Verhalten wird auch vor dem Hintergrund der nun angenommenen Resolution erwartet./ln/DP/stk © 2024 dpa-AFX
Offenbar gab es einen Hackerangriff auf die Hisbollah: Die Pager mit denen die Miliz-Mitglieder miteinander kommunizieren, explodierten. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministers wurden mind. 8 Menschen getötet und mehr als 2.700 verletzt.
Hackerangriff auf die Hisbollah im Libanon: Pager, der Mitglieder der Miliz explodierten in den Vororten von Beirut und mehreren anderen Gebieten. Der libanesische Gesundheitsminister erklärte, dass bei dem Angriff 8 Menschen getötet und mehr als 2700 weitere verletzt worden seien.
In den sozialen Medien zirkulieren Videos und Fotos, die offenbar Verwundete zeigen, die auf dem Boden saßen oder lagen, und andere, die in Krankenhäuser gebracht wurden. Es gibt auch Videos über Explosionen in Geschäften. Unter den Opfern sollen laut der nachrichtenagentur Reuters Hisbollah-Kämpfer, Sanitäter und Zivilisten sein.
Ein Hisbollah-Beamter, der seinen Namen nicht nennen wollte, gab an, die Detonation der Pager sei die „größte Sicherheitslücke“, der Gruppe seit Beginn des jüngsten Krieges gegen Israel vor knapp einem Jahr. Die Miliz nutzt die Pager zur Kommunikation.
Vor einem Jahr wurde sogar an alle Hisbollah-Mitglieder die Devise ausgegeben, auf Handys zu verzichten, um israelischen Angriffen auf das Kommunikationsystem zu vermeiden. Trotz dieser Vorsichtsmaßnahme ist es jetzt Israel offenbar gelungen in das Kommunikationsnetz der Hisbollah einzudringen. Das erklärte ein Mitglied der Miliz gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
Die irantreue Schiitenmiliz macht Israel für den Hackerangriff verantwortlich und kündigte bereits eine „gerechte Strafe“ an. Israel rechnet mit einem Militäreinsatz von Seiten der Hisbollah.
Seit dem Ausbruch des Gaza-Krieges im vergangenen Oktober ist die Situation zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Hisbollah eskaliert. Es kommt regelmäßig zu Kämpfen und Angriffen.
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Im Libanon sind am Mittwoch neuerlich hunderte Telekommunikationsgeräte explodiert. Laut dem Gesundheitsministerium wurden 14 Menschen getötet und 450 verletzt, als von der Hisbollah-Miliz benutzte Walkie-Talkies in die Luft gingen. Während UNO-Generalsekretär António Guterres von einem möglichen „Präventivschlag vor einer größeren Militäroperation“ sprach, gab Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant eine Truppenverlegung an die Grenze zum Libanon bekannt. …
BERLIN (dpa-AFX) – Die Bundesregierung dementiert einen Medienbericht, wonach Deutschland keine Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Israel mehr erteilt. „Es gibt keinen Genehmigungsstopp für Rüstungsexporte nach Israel, und es wird auch keinen Stopp geben“, teilte ein Sprecher des zuständigen Wirtschaftsministeriums der Deutschen Presse-Agentur am Abend auf Anfrage in Berlin mit. Auch ein Regierungssprecher sagte der dpa: „Es gibt keinerlei deutschen Waffenexport-Boykott gegenüber Israel.“ …
„Für Israel war es ein Coup. Aus dem Nichts heraus explodierten mitten am Nachmittag die Funkempfänger Tausender Hizbullah-Kader in Libanon. In Beirut herrschte Chaos, die von Iran gelenkte Schiitenmiliz war gedemütigt, fast 3000 ihrer Männer wurden verletzt und einige getötet. Israels Sicherheitsbehörden konnten genüsslich schweigen – denn jeder weiß, dass hinter einer so komplexen Aktion sie stehen mussten. (.) Die Hizbullah sinnt nun auf Rache, will einen massiven Krieg gegen Israels Militärmacht aber offenbar vermeiden. Nun bleibt zu hoffen, dass der Tiefschlag gegen die Milizionäre für Israel symbolischer Sieg genug war, um von einer weiteren Eskalation abzusehen. Taktisch gesehen war die Aktion ein Erfolg – am höllischen Zerstörungspotential der Hizbullah-Arsenale hat sie allerdings nichts geändert.“/DP/jha © 2024 dpa-AFX
Mainz (ots) – Am 7. Oktober 2024 jährt sich der Terrorangriff der Hamas auf Israel. „Tatort Israel“ nimmt den Jahrestag zum Anlass, den Überfall der Hamas, die Geschichten der Geiseln und das folgende Kriegsgeschehen im Gaza-Streifen in einer dreiteiligen Mediatheksreihe und einer TV-Doku zu rekonstruieren. „Tatort Israel“ von Daniela Völker und Shahida Tulaganova ist ab Freitag, 20. September 2024, 10.00 Uhr, in der ZDFmediathek verfügbar. Eine von Gert Anhalt bearbeitete Fassung, „Tatort Israel – Die Schatten des 7. Oktober“, zeigt das ZDF am Dienstag, 24. September 2024, 20.15 Uhr.
Israel ist unvorbereitet, als nach Schätzungen der israelischen Armee 3.000 Terroristen der Hamas und anderer Terrororganisationen am 7. Oktober 2023 den Grenzzaun nach Israel durchbrechen, ein Musikfestival überfallen und Siedlungen und Armeestützpunkte angreifen. Ganz Israel steht unter Schock. Es dauert Stunden bis israelische Sicherheitskräfte eintreffen und die Lage unter Kontrolle bringen. Fast 1.200 Menschen werden an diesem Tag durch die Angreifer getötet und mehr als 250 nach Gaza verschleppt – das größte Geiseldrama der modernen Geschichte. Israel antwortet mit einem verheerenden Bombenkrieg, um Hamas zu eliminieren und die Geiseln zu befreien. Im dichtbesiedelten und abgeriegelten Gazastreifen sterben dabei auch Zehntausende Zivilisten.
In „Tatort Israel“ berichten in den Folgen „Der Überfall“, „Die Geiseln“ und „Der Krieg“ Zeitzeugen und Betroffene offen über ihre zum Teil traumatischen Erlebnisse, sowohl in Israel als auch im Gazastreifen. Die Filme erzählen persönliche Schicksale und versuchen, beide Seiten des Konflikts zu beleuchten.
* Weitere Programmangebote zum Thema
Im Umfeld des Jahrestags gibt es weitere Programmangebote zum Thema. Einen Überblick findet sich in der Pressemappe (https://presseportal.zdf.de/pressemappe/tatort-israel) zu „Tatort Israel“.
- Antisemitismusdiskussion in Deutschland nach Resolutionsentwurf – Pragmatikus, 14.9.2024
Noch bevor sich das Massaker der Hamas am 7. Oktober jährt, will der Deutsche Bundestag eine Resolution verabschieden, die es ermöglichen würde, Organisationen, die „antisemitische Narrative bedienen“, staatliche Förderungen zu entziehen und diese Narrative gegebenenfalls auch strafrechtlich zu ahnden
- Wirkung auf Israel
Die Resolution, die seit April 2024 in unterschiedlichen Fassungen debattiert wird, hat bereits viel Kritik von Wissenschaftlern und Kulturschaffenden auf sich gezogen. Nun kommen auch aus Israel Bedenken: 15 Organisationen aus der israelischen Zivilgesellschaft haben gemeinsam in einem offenen Brief an die Bundesregierung vor dem Beschluss der Resolution gewarnt: In ihrer jetzigen Form werde sie das Verhältnis von Palästinensern und Israelis belasten, und durch den willkürlichen Vorwurf des Antisemitismus vor allem der Regierung Netanjahu in die Hände spielen, die damit bereits jetzt jegliche Kritik an ihrem Handeln unterbinde.
- Gründe, „Bibi“ zu hassen
Unsere Autorin Mirna Funk, die in Tel Aviv und Berlin lebt, würde diesen offenen Brief vermutlich als Ausdruck der Zerrissenheit der israelischen Gesellschaft sehen. Auch wenn die Häfte der Israelis gerade gegen Benjamin Netanjahu auf die Straße ginge (im Bild oben eine Demonstration am gestrigen Freitag in Tel Aviv), seien die dahinter liegenden Motive sehr unterschiedlich: „Sie hassen Bibi aus völlig unterschiedlichen Gründen. Die einen wollen den aktuellen Geiseldeal und keinen Krieg mehr. Die anderen wollen den aktuellen Geiseldeal, und dass danach der Krieg weitergeht. Die einen wollen einen Geiseldeal, aber eben nicht den aktuellen, und dass der Krieg endet. Die anderen wollen einen Geiseldeal, aber nicht den aktuellen, und dass danach der Krieg weitergeht. Die einen wollen überhaupt keinen Geiseldeal, finden Bibi hätte längst radikaler gegen den Terrorismus vorgehen müssen, und halten ihn deshalb für einen Schlappschwanz.“ Der derart Gehasste müsse Israel nun aber führen, eine Alternative zu ihm sieht Funk nicht. Eine Chance auf Frieden aber auch nicht: Für den Sieg über Nazi-Deutschland habe auch „halb Deutschland“ weggebombt werden müssen. Zum Beitrag von Mirna Funk bitte hier entlang.
URAINE-KRIEG
+++ 09:58 Kiew meldet Abschuss aller russischen Drohnen +++
+++ 09:30 Russland: Haben zwei Dörfer in Kursk zurückerobert +++
+++ 09:01 Trotz Kreml-Protesten: Indische Munition landet in der Ukraine +++
+++ 08:25 TASS berichtet über weiteren Korruptionsfall im russischen Verteidigungsministerium +++
Betrugsvorwürfe gegen General Schoigu-Vertrauter Popow in Russland festgenommen
+++ 07:52 Putin verlängert Lebensmittelembargo für gleich zwei Jahre +++
+++ 07:22 Russischer Dauerbeschuss in Saporischja +++
+++ 06:50 Kiew nennt Zahl der im Krieg getöteten Kinder +++
Tote und verletzte Soldaten Opferzahl Kiews und Moskaus soll eine Million übersteigen
+++ 05:44 Moskau sucht Annäherung an Pakistan +++
+++ 04:48 Generalstab in Kiew berichtet von massivem Druck an der Ostfront +++
+++ 23:25 Putins Truppenerhöhung: Militärdistrikte Moskau und Leningrad sollen verstärkt werden +++
+++ 22:24 Britischer Militärberater: Krieg ist „militärisches Desaster“ für Kreml +++
+++ 22:04 Selenskyj: Der „Siegesplan“ ist vollständig vorbereitet +++
+++ 20:37 Finnlands Präsident möchte Russland aus UN-Sicherheitsrat werfen +++
+++ 19:52 Mexikos künftige Präsidentin lehnt Selenskyj-Einladung ab +++
+++ 17:50 Ukraine bittet Rumänien um Abschuss russischer Drohnen +++
NATO mit Warnung an Moskau Russische Drohnen überfliegen Lettland und Rumänien
+++ 17:15 Bund will Russland in Arktis mit neuer Strategie Paroli bieten +++
+++ 14:43 Indien will weiter russisches Öl kaufen – außer es gibt Sanktionen +++
+++ 14:05 Munz: Wegen F-16 macht sich Kreml keine Sorgen +++
Die ersten F-16-Kampfjets aus dem Westen sind bereits in der Ukraine im Einsatz. Doch unter anderem wegen der fehlenden Erlaubnis, Raketen tief nach Russland zu schießen, macht sich der Kreml deswegen kaum Sorgen, erklärt ntv-Korrespondent Rainer Munz aus Moskau.
Kampfjets sollen Ukraine stärken Munz: Wegen F-16 macht sich Kreml keine Sorgen
+++ 13:45 Kreml: Stoltenberg-Äußerung zu Langstreckenwaffen gefährlich +++
+++ 12:41 Kreml warnt nach Pager-Explosionen vor „Eskalation der Spannungen“ in Nahost +++
+++ 12:24 Ukraine erhöht Haushalt um zehn Milliarden Euro, um Soldaten zu bezahlen +++
+++ 11:36 Sharma: F-16-Jets werden nicht die Wunderwaffe sein +++
Sharma zu fertigen Einsatzplänen „F-16-Kampfjets werden nicht die Wunderwaffe sein“
+++ 11:16 Ukrainischer Geheimdienst: Wir stecken hinter Angriff auf Munitionsdepot +++
+++ 10:27 Video zeigt Angriff auf russisches Munitionslager +++
Der Kreml bestätigt es nicht offiziell, aber der Gouverneur der Region Twer hatte schon früh auf Telegram gemeldet, dass ein ukrainischer Drohnenangriff einen Brand verursacht hätte. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um ein großes Waffen- und Munitionslager. Anwohner wurden evakuiert, im Internet kursieren Videos des Brandes.
ZENTRALBANKEN
This conference, jointly organized by the OeNB, SUERF, JVI, and the Yale Program on Financial Stability, takes stock of key risks to financial stability and focuses on increasing the resilience of the financial system as well as on successful and less successful financial crisis intervention strategies. Topics include (i) how to bolster financial sector resilience and address vulnerabilities, (ii) how to contain financial stress and bank runs in a world of digital banking and social media, (iii) how to manage trade-offs involved in crisis interventions and (iv) how to best address a crisis-related surge in distressed assets. The conference brings together speakers with extensive experience in policy making, crisis management or policy-oriented research in the respective areas.
Scientific coordination: Maximilian Fandl, JVI; Ernest Gnan, SUERF; Christian McNamara, Yale School of Management; Markus Schwaiger, OeNB.
Termin
18. September 2024, 9.00 bis 17.15 Uhr
Downloads
Präsentationen
- Livio Stracca – Strengthening resilience and addressing vulnerabilities (PDF, 992 kB)
- June Rhee – A balance sheet perspective to crisis intervention: capital injections and guarantees (PDF, 260 kB)
- Alexandra Habeler-Drabek – Dealing with NPLs in Times of Crisis (PDF, 281 kB)
- Miguel A. Otero – State-sponsored AMCs in Banking Crises (PDF, 1,3 MB)
WIRTSCHAFTSMELDUNGEN IM ÜBERBLICK
WEITERE MELDUNGEN
134 Länder prüfen aktuell eigene staatliche Kryptodevisen. Ziel ist, bei der aktuell sinkenden Bargeldnutzung den digitalen Zahlungsverkehr nicht komplett dem privaten Sektor zu überlassen.
Immer mehr Staaten loten einer Untersuchung zufolge digitale Versionen ihrer Landeswährung aus. Mittlerweile prüfen 134 Länder und Ländergemeinschaften staatliche Digitalwährungen, wie aus einer Untersuchung der US-Denkfabrik Atlantic Council hervorgeht, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Noch vor vier Jahren seien es lediglich 35 Länder gewesen. In fast der Hälfte der Staaten befänden sich diese Untersuchungen zudem bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. In allen 20 führenden Industrie- und Schwellenländern (G20) werde aktuell die Ausgabe von staatlichen Digitalwährungen ausgelotet.
Rund um den Globus reagieren Notenbanken mit der Prüfung staatlicher Digitalwährungen auf die zunehmende Konkurrenz im digitalen Zahlungsverkehr durch Unternehmen wie Paypal oder Apple Pay und den Vormarsch von Kryptodevisen wie Bitcoin und Ethereum. Mit der Ausgabe von digitalem Zentralbankgeld – in der Fachwelt „CBDC“ genannt – wollen sie verhindern, dass angesichts des zunehmenden Rückgangs der Bargeldnutzung der digitale Zahlungsverkehr ganz dem privaten Sektor überlassen wird.
Der Inselstaat Bahamas war 2020 weltweit das erste Land, das mit dem „Sand Dollar“ offiziell eine Digitalversion seiner Währung einführte. Dem Atlantic Council zufolge haben neben den Bahamas inzwischen auch Jamaika und Nigeria CBDCs in Umlauf gebracht. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte im Herbst 2023 grünes Licht für eine Vorbereitungsphase hin zu einem digitalen Euro gegeben. Darin soll das Regelwerk fertiggestellt und Anbieter für die Entwicklung von Plattform und Infrastruktur ausgewählt werden. Diese Phase ist zunächst auf zwei Jahre angelegt.
Das weltweit größte Pilotprojekt mit einer Digitalwährung läuft derzeit in China. Nach offiziellen Angaben hat sich dort die Nutzung des e-CNY genannten Prototyps inzwischen fast vervierfacht auf umgerechnet 987 Milliarden Dollar. Das Atlantic Council rechnet damit, dass Chinas Zentralbank in etwa einem Jahr startbereit für eine Digitalwährung sein wird. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hatte im vergangenen Jahr Ergebnisse einer Umfrage vorgestellt, wonach bis 2030 rund um den Globus etwa zwei Dutzend staatliche Digitalwährungen im Umlauf sein könnten. Quelle: Reuters / fne.
US-WAHLKAMPF – Predict it
Tokio – In Japan ist die Zahl der Menschen, die 100 Jahre oder älter sind, auf einen Rekordwert von mehr als 95.000 gestiegen. Fast 90 Prozent der Hochbetagten sind Frauen, wie das Gesundheitsministerium gestern mitteilte.
Am 1. September gab es in Japan der Statistik zufolge exakt 95.119 Menschen, die mindestens 100 Jahre alt waren – 2.980 mehr als ein Jahr zuvor. Unter ihnen waren demnach 83.958 Frauen und nur 11.161 Männer.
In Japan lebt auch der älteste Mensch der Welt: Nach dem Tod der Spanierin María Branyas Morera, die im August im Alter von 117 Jahren gestorben war, ist laut US-Gerontologen nun die 116-jährige Japanerin Tomiko Itooka der älteste lebende Mensch der Welt.
Die Überalterung und die abnehmende Bevölkerung sind in Japan seit Jahren ein Problem. Die Regierung versucht mit verschiedenen Programmen dagegen anzukämpfen – bisher ohne messbaren Erfolg.Erst am vergangenen Sonntag hatte die Regierung mitgeteilt, dass die Zahl der über 65-Jährigen einen Rekordwert von 36,25 Millionen erreicht hat – was 29,3 Prozent der japanischen Bevölkerung entspricht. Japan führt damit die Liste der Staaten mit dem höchsten Anteil alter Menschen an der Gesamtbevölkerung an. © afp/aerzteblatt.de
- Explodierende Pager u.a.m.
In der Rangfolge der Vizepräsidenten stehen die Kandidaten aus Frankreich, Finnland, Estland, Lettland, Rumänien und Spanien.
Ursula von der Leyen hat ihr nominiertes Team von EU-Kommissaren und die Politikbereiche oder „Portfolios“ vorgestellt, die sie in den nächsten fünf Jahren leiten soll. Damit endeten wochenlange Spekulationen.
In einer Rede vor Reportern in Straßburg am Dienstag beschrieb die Kommissionschefin ihr neu vorgestelltes „Kollegium“ von Kommissaren als eine „schlankere“ und „interaktivere und vernetztere Struktur“.
Die Kommissionschefin hat sechs Vizepräsidenten der Exekutive ernannt – vier Frauen und zwei Männer -, die mehr Einfluss auf die Geschäfte der Exekutive erhalten und die Arbeit einer Gruppe von Kommissaren koordinieren sollen.
Zu ihnen gehören die Spanierin Teresa Ribera, der Franzose Stéphane Séjourné und der Italiener Raffaele Fitto, obwohl die europäischen Sozialdemokraten von der Leyen kürzlich davor gewarnt hatten, einem Vertreter der rechtsextremen Fratelli d’Italia von Giorgia Meloni das Amt des Vizepräsidenten zu übertragen.
Die schwindende Wettbewerbsfähigkeit Europas gegenüber Weltmächten wie den USA und China ist der rote Faden, der die Vizepräsidentenämter miteinander verbindet.
Die Liste der Ressorts umfasst auch neu geschaffene Funktionen wie die eines EU-Kommissars für Verteidigung und Sicherheit (Litauens ehemaliger Premierminister Andrius Kubilius), für den Mittelmeerraum (Kroatiens Dubravka Šuica) sowie für Wohnungsbau und Energie (Dänemarks Dan Jørgensen).
Hier die von der Leyen vorgeschlagene Aufteilung ihrer Ressorts im Überblick:
Österreich – Magnus Brunner – Kommissar für innere Angelegenheiten und Migration
Belgien – Hadja Lahbib – Kommissarin für Abwehrbereitschaft und Krisenmanagement
Bulgarien – Ekaterina Zaharieva – Kommissarin für Startups, Forschung und Innovation
Kroatien – Dubravka Šuica – Kommissarin für den Mittelmeerraum
Zypern – Costas Kadis – Kommissar für Fischerei und Ozeane
Tschechische Republik – Jozef Sikela – Kommissar für internationale Partnerschaften
Dänemark – Dan Jørgensen – Kommissar für Energie und Wohnungswesen
Estland – Kaja Kallas – Exekutivvizepräsidentin für Außen- und Sicherheitspolitik und Hohe Vertreterin für Außen- und Verteidigungspolitik
Finnland – Henna Virkkunen – Exekutivvizepräsidentin für technische Souveränität, Sicherheit und Demokratie, Kommissarin für digitale und Grenztechnologien
Frankreich – Stéphane Séjourné – Exekutivvizepräsident für Wohlstand und Industriestrategie, Kommissar für Industrie, KMU und den Binnenmarkt
Deutschland – Ursula von der Leyen – Präsidentin der Europäischen Kommission
Griechenland – Apostolos Tzitzikostas – Kommissar für nachhaltigen Verkehr und Tourismus
Ungarn – Olivér Várhelyi – Kommissar für Gesundheit und Tierschutz
Irland – Michael McGrath- Kommissar für Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit
Italien – Raffaele Fitto – Exekutivvizepräsident für Kohäsion und Reformen, Kommissar für Kohäsionspolitik, Regionalentwicklung und Städte
Lettland – Valdis Dombrovskis – Kommissar für Wirtschaft und Produktivität, Umsetzung und Vereinfachung
Litauen – Andrius Kubilius – Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt
Luxemburg – Christophe Hansen – Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung
Malta – Glenn Micallef – Kommissar für Generationengerechtigkeit, Kultur, Jugend und Sport.
Niederlande – Wopke Hoekstra – Kommissar für Klima, Netto-Null und sauberes Wachstum, auch zuständig für Steuern
Polen – Piotr Serafin – Kommissar für Haushalt, Betrugsbekämpfung und öffentliche Verwaltung
Portugal – Maria Luis Alburquerque – Kommissarin für Finanzdienstleistungen und die Spar- und Investitionsunion
Rumänien – Roxana Mînzatu – Exekutivvizepräsidentin für Menschen, Qualifikationen und Vorsorge, Kommissarin für Qualifikationen, Bildung, hochwertige Arbeitsplätze und soziale Rechte
Slowakei – Maroš Šefčovič – Kommissar für Handel und wirtschaftliche Sicherheit; Interinstitutionelle Beziehungen und Transparenz
Slowenien – Marta Kos – Kommissarin für Erweiterung, auch zuständig für die östliche Nachbarschaft und den Wiederaufbau der Ukraine
Spanien – Teresa Ribera – Exekutiv-Vizepräsidentin für einen sauberen, gerechten und wettbewerbsfähigen Übergang, Kommissarin für Wettbewerb
Schweden – Jessika Roswall – Kommissarin für Umwelt, Wasserresistenz und eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft
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DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN
Wiesbaden (pte015/18.09.2024/13:59) – Die anhaltende Krise des Bausektors in Deutschland spiegelt sich in der Zahl der Genehmigungen für den Neubau von Wohnungen wider. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) wurden im Juli 2024 rund 17.000 Wohnungen genehmigt. Das waren 19,2 Prozent oder 4.000 Baugenehmigungen weniger als im Juli 2023.
- Rückläufige Entwicklung
Im Vergleich zum Juli 2022 sank die Zahl der Genehmigungen um 44,6 Prozent oder 13.700 Wohnungen. Im Zeitraum von Januar bis Juli 2024 wurden 123.600 Wohnungen genehmigt. Das waren 20,8 Prozent oder 32.500 Wohnungen weniger als im Vorjahreszeitraum. In diesen Ergebnissen sind sowohl Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Wohn- und Nichtwohngebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten.
In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden im Juli 2024 in Summe 13.400 Wohnungen genehmigt. Das waren 20,3 Prozent oder 3.400 Wohnungen weniger als im Vorjahresmonat. Von Januar bis Juli 2024 wurden 98.700 Neubauwohnungen genehmigt und damit 23,1 Prozent oder 29.600 Wohnungen weniger als im Vorjahreszeitraum.
- Teure Einfamilienhäuser
Dabei ging die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser um 28,4 Prozent (minus 8.800) auf 22.100 zurück. Bei den Zweifamilienhäusern sank die Zahl genehmigter Wohnungen um 14,7 Prozent (minus 1.300) auf 7.600. Auch bei der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart, den Mehrfamilienhäusern, verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen deutlich um 21,6 Prozent (minus 18.000) auf 65.600 Wohnungen. (Ende)
Wiesbaden – Mehr als die Hälfte aller über Hundertjährigen in Deutschland lebt im eigenen Zuhause. 2022 betraf das 59 Prozent, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Menschen dieser Altersgruppe leben damit häufiger im eigenen Zuhause als früher. 2011 war der Anteil noch um zehn Prozentpunkte kleiner gewesen.
Am Stichtag 15. Mai 2022 gab es rund 16.800 Menschen in Deutschland, die mindestens hundert Jahre alt waren. 46 Prozent aller Hundertjährigen und älteren Menschen wohnten im selbst genutzten Eigentum, 54 Prozent in Mietwohnungen.
In 67 Prozent der Fälle handelte es sich um Singlehaushalte, weitere 16 Prozent lebten zu zweit. 42 Prozent waren in Gemeinschaftsunterkünften wie Alten- oder Pflegeheimen untergebracht. Zwischen 2011 und 2022 stieg die Zahl der über Hundertjährigen um 25 Prozent an.
Gründe dafür sind laut den Statistikern verbesserte Lebensumstände, steigender Wohlstand und medizinischer Fortschritt. Frauen machten 2011 und 2022 den Großteil der Altersgruppe aus. Ihr Anteil sank binnen elf Jahren von 88 Prozent auf 85 Prozent.
Den höchsten Anteil der über Hundertjährigen bezogen auf kreisfreie Städte hatte Würzburg mit 4,6 Menschen pro 10.000 Einwohner. Im Ländervergleich war der Anteil der mindestens Hundertjährigen in Hamburg und Schleswig-Holstein mit 2,5 beziehungsweise 2,4 Menschen pro 10.000 Einwohner am größten.
Neun von zehn der mindestens Hundertjährigen lebten 2022 in Städten ab 5.000 Einwohnern. Mehr als ein Drittel lebte in Großstädten. Mit 36 Prozent waren das vier Prozentpunkte mehr als die Gesamtbevölkerung.
84 Prozent der über Hundertjährigen waren zum Befragungszeitpunkt bereits verwitwet, oder der Lebenspartner war bereits verstorben. Nur vier Prozent waren noch verheiratet. Ledig waren sieben Prozent. © afp/aerzteblatt.de
HANNOVER (dpa-AFX) – Wer verreisen möchte, lässt sich von Plattformen wie Instagram und Tiktok inspirieren. Das geht aus einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Appinio im Auftrag des Reisekonzerns Tui hervor. Demnach gaben 69,3 Prozent der Befragten an, in sozialen Netzwerken nach Ideen für den nächsten Urlaub zu suchen. Beliebteste Plattform bei 21,2 Prozent der Befragten sei Youtube.
Welche Reisetrends im nächsten Reisejahr angesagt sind. Ein Überblick:
Mit der ganzen Familie: 71,1 Prozent der Deutschen verreisen der Umfrage zufolge mit der Kernfamilie. Einem Teil der Befragten (16,3 Prozent) ist deshalb Familienfreundlichkeit wichtig. 17,8 Prozent nehmen auch die Großeltern mit.
Für sich: Auch Alleinreisen wird laut Tui immer beliebter. 17,2 Prozent der Deutschen verreisten allein – am liebsten nach Europa (42 Prozent), innerhalb Deutschlands (19,5 Prozent) oder nach Asien (10.5 Prozent). Rund ein Drittel der Befragten lege auf Sicherheit besonderen Wert.
- Heimaturlaub angesagt – Ostsee am beliebtesten
- Astrologie spielt für viele Rolle bei Urlaubsplanung
- Tui profitiert von Reiselust
ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN
WAHLKABINE – INFO ZU ANSICHTEN DER PARTEIEN
SMARTVOTE (von der Universität Wien entwickelt)
Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) erwartet in ihrer September-Interimsprognose für Österreich im Jahr 2024 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,7 %. Damit verzeichnet die österreichische Wirtschaft zwei Rezessionsjahre in Folge. Auch für 2025 revidiert die Nationalbank das erwartete Wirtschaftswachstum auf 1,0 % deutlich nach unten.
Die Inflationsprognose erwartet für das Jahr 2024 ein rascheres Absinken der am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessenen Inflationsrate auf nunmehr 2,9 %. 2025 und 2026 sinkt die Inflation weiter, auf knapp über 2 %. Die Schwächephase führt zu einem Anstieg der AMS-Arbeitslosenquote 2025 auf 7,5 %.
Österreichs Wirtschaft seit zwei Jahren nahezu durchgängig in einer Rezession
Die Wirtschaftsleistung schrumpfte seit ihrem Höhepunkt im zweiten Quartal 2022 bis zum zweiten Quartal 2024 um insgesamt 2,1 %. Für diese Entwicklung gibt es zwei wesentliche Ursachen: die Industrierezession und eine ausgeprägte Konsumzurückhaltung. Die Industrie leidet vor allem unter der Schwäche der internationalen Konjunktur. In Deutschland ist die Konjunkturschwäche besonders ausgeprägt, wovon die österreichische Industrie aufgrund der engen Verflechtungen mit dem Nachbarland stark betroffen ist. Neben der schwachen Auslandsnachfrage entwickelt sich die inländische Nachfrage für viele Sektoren ungünstig. Vor allem Hersteller von Investitionsgütern sowie baunahe Sektoren sind davon betroffen. Die OeNB-Interimsprognose zeigt, dass vor allem die energieintensiven und baunahen Industriebereiche die Industrierezession erklären. Trotz starker Einkommenszuwächse blieb die Konsumentwicklung zuletzt unter den Erwartungen. Ursache dafür ist eine anhaltend schlechte Stimmungslage bei den Konsument:innen. Diese Verunsicherung geht mit einem signifikanten Anstieg der Sparquote einher. Der OeNB-Konjunkturindikator vom September 2024 signalisiert für das dritte Quartal 2024 einen weiteren Rückgang des realen BIP um 0,2 % und für das vierte Quartal eine Stagnation. Aufgrund dieser veränderten Wachstumsaussichten für das zweite Halbjahr wird die Prognose für das reale BIP-Wachstum im Jahr 2024 um einen Prozentpunkt auf –0,7 % und für 2025 um 0,8 Prozentpunkte auf 1,0 % gesenkt. Aufgrund der schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung wird auch mit einer höheren Arbeitslosenquote von 7,1 % für 2024 und 7,5 % für 2025 gerechnet.
Inflationsschock läuft aus, HVPI-Inflation sinkt bereits 2024 auf unter 3 %
Die HVPI-Inflation erreichte im Jänner 2023 mit 11,6 % ihren Spitzenwert. Seither bildete sich die Teuerung stetig zurück und erreichte im August 2024 laut Schnellschätzung von Statistik Austria 2,5 %. Damit befindet sich die HVPI-Inflation aktuell auf dem niedrigsten Stand seit Mitte 2021. Der Rückgang der HVPI-Inflationsrate von 2023 auf 2024 geht auf alle Hauptkomponenten des HVPI zurück, vor allem aber auf Industriegüter ohne Energie sowie Energie und Nahrungsmittel. Die schwache Nachfrage, aber auch rückläufige Produzentenpreise sind dafür ausschlaggebend. Zudem wird in der zweiten Jahreshälfte 2024 mit weiteren Preissenkungen bei Haushaltsenergiepreisen gerechnet. Bei den Dienstleistungen verhindert jedoch die dynamische Lohnkostenentwicklung einen rascheren Rückgang der Inflationsrate. Die Kerninflation erreichte im April 2023 den Spitzenwert von 8,3 % und verringerte sich bis Juli 2024 auf 3,7 %. Laut der aktuellen Inflationsprognose wird die HVPI-Inflationsrate im Jahresdurchschnitt 2024 auf 2,9 % sinken (2023: 7,7 %). Dafür sind sowohl die schwache Konjunkturentwicklung als auch die zurückgehende Kostenentwicklung auf Erzeugerebene verantwortlich. In den Folgejahren ist auch aufgrund auslaufender Fiskalmaßnahmen im Energiesektor mit einem langsameren Rückgang der Teuerung zu rechnen. Für 2025 erwartet die OeNB eine HVPI-Inflationsrate von 2,3 % und für 2026 einen Wert von 2,2 %.
Inflationsdifferenz zum Euroraum beinahe verschwunden
Die österreichische HVPI-Inflationsrate betrug im Jahr 2022 7,7 % und lag damit um 2,3 Prozentpunkte über jener des Euroraums (2022: 5,4 %). Seither ist der Inflationsabstand kontinuierlich zurückgegangen. Im Juli und August 2024 lag die österreichische Inflationsrate nur mehr 0,3 Prozentpunkte über dem Euroraum-Durchschnitt. Damit liegt der Inflationsabstand derzeit unter dem langfristigen Durchschnittswert von 0,6 Prozentpunkten. Der zuletzt beobachtete deutliche Rückgang des Inflationsabstands lässt sich mehrheitlich auf den Energiebereich zurückführen. In einem geringeren Ausmaß haben aber auch Industriegüter ohne Energie und Dienstleistungen zu einer Verringerung des Inflationsabstands beigetragen. Nahrungsmittel dämpften den Inflationsabstand zuletzt ebenfalls, allerdings in einem geringeren Ausmaß als im Vorjahr.
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Weiterführende Links
- Report 2024/17: Österreichische Wirtschaft verharrt in Rezession, Inflationsschock kommt zu einem Ende (HTML-Version)
- Konjunkturindikator
Seit einigen Wochen steigen die CoV-Zahlen wieder, das zeigt sich auch beim Abwassermonitoring. Testen lassen sich aber nur wenige Menschen. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte kritisieren die Kosten der Tests.
Ein CoV-Test oder ein Dreifachtest für Zuhause, der auch die Grippe und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) abdeckt, kostet durchschnittlich drei Euro, ein laborbasierter Test bis zu 60 Euro.
Der Ärztekammer-Obmann der Sektion Allgemeinmedizin, Alexander Moussa, fordert nun wieder flächendeckend Gratis-Testungen: Es sei kontraproduktiv, dass man derzeit privat dafür aufkommen müsse. „Wir kritisieren das heftig, weil wir glauben, dass eine adäquate Diagnostik eine entsprechende Therapie nach sich zieht, und wir fordern das ein, dass wir wieder flächendeckend auch alle Personengruppen testen können.“
- Gratistests für Risikozielgruppe
Ab 1. Oktober werde es jedenfalls für Risikopatientinnen und Risikopatienten wieder möglich sein, sich gratis testen zu lassen: Das gelte für übergewichtige oder chronisch kranke Menschen, aber auch für über 60-Jährige. Bereits im Frühjahr forderten Ärztinnen und Ärzte den Erhalt der Gratistests – mehr dazu in Ärzte gegen Aus für gratis CoV-Tests (27.3.2024).
Für Alexander Moussa ist das ein kleiner Schritt, es brauche aber umfassende Testmöglichkeiten. „Wir sehen, dass wir wieder vermehrt CoV-Infektionen haben, die auch wieder auf der Lunge schwerwiegende Beschwerden auslösen können und empfehlen, deswegen natürlich rechtzeitig zum Arzt oder zu Ärzten zu gehen, um hier eine adäquate Therapie zu bekommen“, so Moussa.
- Empfehlung, Maske aufzusetzen
Gegen Gebühr testen derweil zwar Apotheken, aber auch nicht flächendeckend. Für den Impfstoff gegen Corona und gegen Influenza fällt heuer kein Selbstbehalt und keine Impfgebühr an. Mehr Bereitschaft zum Maskentragen wünscht sich die Präsidentin der Apothekerkammer, Alexandra Fuchsbichler.
Denke man, positiv zu sein, sei es empfehlenswert, eine Maske aufzusetzen, „aber das kommt eher selten vor. Die meisten sagen, sie möchten einfach wissen, bevor irgendein Familientreffen oder irgendwas ist, ob die Erkältung, die sie jetzt haben, jetzt wirklich auch wieder hochansteckend ist“. Unterdessen haben einige Pflegeheime wieder die Maskenpflicht für Erkrankte bzw. deren Angehörige eingeführt. red, steiermark.ORF.at
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Im ÖREK 2030 => www.oerek2030.at wird im 10-Punkte-Programm „Flächeninanspruchnahme und Bodenversiegelung reduzieren“ als dringlicher Auftrag zur Umsetzung bis 2030 angeführt. Dem folgend haben sich Bund, Länder, Städte und Gemeinden im Rahmen der Österreichischen Raumordnungskonferenz zum Ziel gesetzt, die Zunahme der Flächeninanspruchnahme und das Ausmaß neu versiegelter Flächen bis 2030 substanziell zu verringern.
Österreich weit und Bundesländervergleich
Versiegelung im Sinne des Monitorings umfasst ausschließlich Flächen, die durchgehend mit einer gänzlich wasser- und luftundurchlässigen Schicht abgedeckt sind (Versiegelungsgrad von 100 %). Da die Versiegelung von Flächen immer mit einer baulichen Änderung einhergeht, bilden versiegelte Flächen eine Teilmenge der Flächeninanspruchnahme.
In Österreich beträgt die gesamte versiegelte Fläche 2.964 km² (Referenzjahr 2022). Das entspricht einem Anteil von 52,5 % an der gesamten Flächeninanspruchnahme.
Dieser Wert ist in der Bundeshauptstadt Wien mit 62,5 % am höchsten, gefolgt von den westlichen Bundesländern Tirol (60,5 %), Vorarlberg (58,5 %) und Salzburg (57,3 %). Im Burgenland (45,8 %), in der Steiermark (46,8 %) und in Kärnten (48,6 %) sind weniger der in Anspruch genommenen Flächen zur Gänze versiegelt. Niederösterreich (52,4 %) bewegt sich dabei etwa im Durchschnitt, Oberösterreich (54,9 %) etwas darüber.
Niederösterreich und seine Bezirke
Von der gesamten in Anspruch genommenen Fläche sind in Niederösterreich durchschnittlich rund 52 % versiegelt, das sind 854 km².
Für die Siedlungsflächen innerhalb der Baulandwidmung liegt dieser Wert bei rund 47 %, für jener außerhalb der Widmungen bei rund 42 %. Verkehrsflächen sind zu rund 73 % versiegelt, Freizeit- und Erholungsflächen zu 14 %, Ver- und Entsorgungsflächen zu 11 %.
Bei der Betrachtung der Versiegelung insgesamt zeigt sich, dass diese zu 42,2 % auf die Siedlungsfläche innerhalb und 8,1 % auf die Siedlungsfläche außerhalb der Baulandwidmung entfällt und zu 47,6 % auf die Verkehrsflächen. Freizeit- und Erholungsflächen (1,5 %) bzw. Ver- und Entsorgungsflächen (0,7 %) haben anteilsmäßig eine untergeordnete Bedeutung.
Faktencheck. In der ZiB2 am Dienstagabend hat Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner behauptet, dass „94 Prozent der Landesfläche nicht verbaut“ seien. Stimmt das?
In der ZiB2 von Dienstagabend befragte Moderator Armin Wolf Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zu den Folgen des schweren Hochwassers. Dabei konfrontierte er sie mit der Kritik der Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb, wonach in Österreich immer noch zu viel Boden versiegelt, zu wenig renaturiert und Klimaschutz ganz generell zu wenig ernst genommen werde. Diese Kritik konterte Mikl-Leitner mit der Aussage, dass „94 Prozent der Landesfläche nicht verbaut“ seien. Stimmt das?
Generell gilt: Niederösterreich ist mit 19.180 km2 das
größte österreichische Bundesland. 11.616 km2 oder über 60 Prozent davon sind als Dauersiedlungsraum anzusehen. In den vergangenen 50 Jahren hat die Bevölkerung um fast 20 Prozent zugenommen, die Anzahl der Gebäude wurde in diesem Zeitraum allerdings sogar verdoppelt.
- Versiegelt oder verbaut?
Laut Auskunft des Umweltbundesamts und des Monitors der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) sind 4,5 Prozent der Landesfläche Niederösterreichs versiegelt. Insgesamt beträgt die Flächeninanspruchnahme im Land unter der Enns 8,5 Prozent (das sind jene Flächen, die Land- und Forstwirtschaft sowie der natürlichen Nutzung nicht zur Verfügung stehen), beim Dauersiedlungsraum 14 Prozent. Pro Einwohner werden in Niederösterreich demnach 960 qm2 in Anspruch genommen, im bundesweiten Durchschnitt sind es 629 qm2.
Fazit: Mikl-Leitner spricht von „verbaut“, die Kategorien der offiziellen Daten sprechen dagegen entweder von „versiegelt“ beziehungsweise von „durch menschliche Eingriffe verändert oder bebaut“. Sollte die Landeshauptfrau versiegelt gemeint haben, hat sie die Fläche sogar überschätzt: statt 94 sind nämlich sogar 95,5 Prozent unversiegelt. Sollte sie die gesamthaft nicht in Anspruch genommene Fläche gemeint haben, wären es dagegen nur 91,5 Prozent.
COMMENT: Interessant. Siehe dazu den oben angeführten Umweltbericht zu Österreich der Österreichischen Raumordnungskonferenz (2022). Achtung: Vergleich von Birnen und Äpfeln … So lassen sich mit korrekter Statistik zwar korrekte, aber letztlich beschönigende Aussagen treffen. Public Relation, Öffentlichkeitsarbeit: lüge nicht und erreiche trotzdem deine Ziele durch geschickte Verpackung des Inhalts. Schlag nach bei Franz M. Bogner (*1944), Das neue PR-Denken, 1999.
LH-Stv. Pernkopf: Bundesland mit niedrigster Versiegelung, Wende geschafft – Baulandfläche pro Kopf sinkt
Rechtzeitig zum Tag des Bodens am 5. Dezember hat die Österreichische Raumordnungskonferenz neue Zahlen zur Bodennutzung und –versiegelung für alle Bundesländer veröffentlicht. Dabei sticht heraus: „Niederösterreich ist das Land mit der geringsten Flächeninanspruchnahme und der geringsten Versiegelung.
7,36 Prozent des Dauersiedlungsraums sind versiegelt, damit liegt unser Bundesland gemeinsam mit dem Burgenland an der Spitze,“ so LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf.
Der Österreich-Schnitt liegt bei 9,1 Prozent, hinter dem Burgenland (7 Prozent) und Niederösterreich kommen Oberösterreich (8,5 Prozent) und die Steiermark (9 Prozent), Schlusslicht sind Vorarlberg (17 Prozent) und Wien (46 Prozent). Weitere Details: Niederösterreich besteht zu 94,3 Prozent aus Äckern, Wäldern, Gärten, Gewässern und Bergen, während 2,2 Prozent der Landesfläche für Gebäude und Betriebsanlagen und 3,3 Prozent für Schienen und Straßen genutzt werden.
Pro Kopf [nicht: Quadratkilometer je Landesfläche in km2, welches ein Verhältnis darstellt, in der Regel als Prozentsatz ausgedrückt] sind in Niederösterreich 503 Quadratmeter versiegelt, dieser Wert liegt naturgemäß im wesentlich dichter besiedelten Wien niedriger. „Schon historisch bedingt wurde in Wien und anderen Großstädten immer in die Höhe und sehr dicht gebaut, während man am weiten Land auch Platz für Bauernhöfe, produzierende Wirtschaft und Industrie findet. Anders gesagt: Das Land versorgt die Stadt mit Lebensmitteln und täglichen Gütern. Das braucht Platz und schlägt sich in der Statistik nieder,“ erklärt Werner Pracherstorfer, Leiter der Gruppe Raumordnung, Umwelt und Verkehr beim Amt der NÖ Landesregierung. Doch auch in dieser Statistik wurde die Wende geschafft: Die Baulandfläche pro Kopf geht mittlerweile zurück und ist im Vergleich der letzten zehn Jahre um 15 Quadratmeter gesunken. Und das, obwohl die Wohnfläche pro Person im gleichen Zeitraum um zehn Prozent gestiegen ist.
Entscheidend dafür ist eine strenge Raumordnung. Täglich werden 0,5 Hektar neu als Bauland gewidmet. Davon werden 47 Prozent versiegelt, denn in diesen 0,5 Hektar sind auch Hausgärten etc. enthalten. Gleichzeitig werden auch die Baulandreserven abgebaut, das heißt, alte Bauland-Widmungen genutzt statt neue auszuweisen. „Damit werden Baulücken bebaut und Orte nach innen verdichtet, statt nach außen zersiedelt,“ so Pernkopf. In den letzten fünf Jahren wurden die Baulandreserven um 1.300 Hektar reduziert.
„Wir gehen sparsam mit Grund und Boden um, denn wir brauchen ihn für die Produktion von Lebensmitteln, für Wohnraum, Arbeitsplätze und natürlich als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Deshalb sind bei uns neue Fachmarktzentren verboten und neue Parkplätze bei Supermärkten eingeschränkt worden. Mit dem blau-gelben Bodenbonus wiederum werden versiegelte Flächen wieder entsiegelt und renaturiert“, erklärt der LH-Stellvertreter weiter. Als nächste Maßnahme werden nun neue Betriebsgebiete auf maximal zwei Hektar beschränkt oder müssen interkommunal gewidmet und betrieben werden, das heißt die Steuereinnahmen müssen aufgeteilt werden. „Es soll keine Konkurrenz zwischen Nachbargemeinden um neue Betriebsgebiete entstehen, denn das bewirkt auch eine Konkurrenz um Grundstücke und Bodenverbrauch. Damit hilft diese Regelung nicht nur dem Bodenschutz, sondern auch kleinen Gemeinden ohne eigenen Wirtschaftsparks,“ skizziert Pernkopf die weiteren Schritte.
Weitere Informationen: DI Jürgen Maier, Pressesprecher LH-Stv. Dr. Stephan Pernkopf, T: +43 2742 9005 – 12704, M: +43 676 812 15283, E: lhstv.pernkopf@noel.gv.at
MEDIZIN
Exeter – Menschen mit Übergewicht oder Adipositas haben ein erhöhtes Risiko, wegen schwerer Infektionen im Krankenhaus behandelt zu werden. Besonders gefährdet sind nach den Ergebnissen einer Mendelschen Randomisierung Menschen mit erhöhten Blutzuckerwerten. Dies zeigt eine Analyse der UK Biobank, deren Ergebnisse auf der Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Madrid vorgestellt wurden.
Eine langjährige Diabeteserkrankung erhöht das Risiko auf Infektionen. Tatsächlich ist fast jeder dritte Krankenhausaufenthalt bei Menschen mit Diabetes auf Infektionen zurückzuführen, erklärt Rhian Hopkins von der University of Exeter.
Die Wahrscheinlichkeit von Menschen mit Diabetes, wegen Infektionen ins Krankenhaus eingeliefert zu werden, sei doppelt so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung. Außerdem bestehe für die Patienten ein erhöhtes Risiko einer Wiedereinweisung in die Klinik. …
Die Studie ergab, dass Teilnehmer mit einem erhöhten BMI häufiger wegen Infektionen im Krankenhaus behandelt wurden. Die Wahrscheinlichkeit, mit einer bakteriellen Infektion ins Krankenhaus eingeliefert zu werden, stieg mit jedem Anstieg des BMI um 5 Punkte (etwa einem Anstieg des BMI von 30 kg/m2 auf 35 kg/m2) um 30 %. Ebenso war jeder Anstieg des BMI um fünf Punkte mit einem 32-prozentigen Anstieg der Wahrscheinlichkeit einer schweren Virusinfektion verbunden. … © dpa/aerzteblatt.de
Seattle – Bis zum Jahr 2050 könnten weltweit mehr als 39 Millionen Menschen an Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen sterben. Bei weiteren 169 Millionen Todesfällen könnten solche Erreger zumindest eine Rolle spielen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie (Lancet, DOI: 10.1016/S0140-6736(24)01885-3 ) zu antimikrobiellen Wirkstoffen.
Eine entscheidende Ursache für die Zunahme von Resistenzen ist der übermäßige und unsachgemäße Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin. Jede Anwendung kann zur Vermehrung resistenter Bakterien führen, da diese dann einen Überlebensvorteil haben.
Von 1990 bis 2021 sind demnach jedes Jahr weltweit mehr als eine Million Menschen aufgrund antimikrobieller Resistenzen gestorben. Die Gesamtzahl stieg leicht, von 1,06 Millionen im Jahr 1990 auf 1,14 Millionen im Jahr 2021. Berücksichtigt man das Bevölkerungswachstum, sank die Todesrate pro 100.000 Menschen von 19,8 (1990) auf 14,5 (2021).
Allerdings ist die Entwicklung nach Altersgruppen sehr unterschiedlich: Während die Anzahl der resistenzbedingten Sterbefälle bei Kindern unter fünf Jahren um 50 Prozent gesenkt werden konnte, ist die Anzahl bei Menschen im Alter von 70 oder mehr Jahren um 80 Prozent gestiegen.
Den Anstieg der Fälle bei älteren Menschen führen die Forscher auf eine oft geringere Wirksamkeit oder Unverträglichkeit von Impfstoffen und Arzneimitteln bei Älteren sowie mehr Grunderkrankungen zurück.
Die Antibiotikakrise betrifft nicht nur Staaten mit einem niedrigen oder mittleren Durchschnittseinkommen. So gehörten die USA und Kanada zu den fünf Weltregionen, in denen die resistenzbedingten Todesfälle zwischen 1990 und 2021 am stärksten gestiegen sind. Die weiteren Regionen sind das tropische Lateinamerika, Westafrika sowie Südasien und Südostasien. © dpa/aerzteblatt.de
Oxford (pte002/18.09.2024/06:05) – Über 70-Jährige profitieren gesundheitlich von der regelmäßigen Einnahme von Statinen, die zur Cholesterin- beziehungsweise Lipidsenkung eingesetzt werden. Das gilt auch für diejenigen, die keine Herzprobleme haben, sagen Forscher um Borislava Mihaylova von der University of Oxford. Allerdings sei die Reduzierung des Risikos bei Personen, die keine kardiovaskuläre Vorgeschichte haben, deutlich geringer als das der bereits Geschädigten. Statine werden in großem Umfang zur Vorbeugung von Herzinfarkten und Schlaganfällen bei Menschen mittleren Alters eingesetzt.
- Ältere nehmen weniger Statine
Beispiel Großbritannien: Weil die Menschen immer älter werden, liegt der Anteil der über 70-Jährigen mittlerweile bei 30 Prozent der über 40-Jährigen. Obwohl das kardiovaskuläre Risiko mit zunehmendem Alter steigt, ist die Statin-Einnahme bei den über 70-Jährigen geringer.
Die Forscher modellierten daher die lebenslangen Auswirkungen und die Kosteneffizienz einer Statintherapie für Menschen ab 70 Jahren unter Verwendung der neuesten Erkenntnisse über die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Medikamente bei Älteren. Sie beobachteten kardiovaskuläre Risiken, Überlebensraten, in guter Gesundheit gelebte Jahre (QALYs) und Kosten der Statinverwendung bei 5.103 Menschen mit früheren kardiovaskulären Erkrankungen und bei 15.019 Menschen ohne diese.
- Gesundes Leben dauert länger
Laut den Berechnungen erhöht die lebenslange Einnahme eines Standard-Statins, das das „schlechte“ Cholesterin niedriger Dichte um 35 bis 45 Prozent senkt, die QALYs um 0,24 bis 0,70 Jahre. Eine intensivere Statintherapie mit einer Senkung um 45 Prozent und mehr erhöht die QALYs um weitere 0,04 bis 0,13, heißt es. Die Kosten pro gewonnenem QALY langen unter 3.502 Pfund (4.155 Euro) für die Standardtherapie und unter umgerechnet 13.975 Euro für die Therapie mit höherer Intensität.
„Obwohl weitere randomisierte Belege hilfreich wären, deutet die Robustheit dieser Ergebnisse darauf hin, dass die meisten älteren Menschen wahrscheinlich kostengünstig von einer Statintherapie profitieren und für eine Behandlung in Betracht gezogen werden sollten“, schreiben die Forscher abschließend. (Ende)
Barcelona – Die Therapie von Hirntumoren, insbesondere des Glioblastoms, sowie von Hirnmetastasen anderer solider Tumoren stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Die Rolle des Immunsystems bei der Entstehung beziehungsweise Ausbreitung steht in den vergangenen Jahren verstärkt im Fokus. Bei der Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO) in Barcelona wurde über innovative Ansätze dazu berichtet (Abstract #449MO, Abstract #450MO).
Das Glioblastoma multiforme ist der aggressivste von allen Hirntumoren und bislang unheilbar. Patientinnen und Patienten mit der ungünstigen Konstellation eines Glioblastoms mit nicht methyliertem MGMT-Promotor überleben ab der Diagnose im Median 12,7 Monate. Nach 2 Jahren sind weniger als 15 % am Leben. Immuntherapien, die bei vielen anderen Tumorentitäten deutliche Fortschritte brachten, konnten bisher das Überleben dieser Patienten nicht nennenswert verlängern.
Mit Hirnmetastasen anderer Tumoren befasst sich eine Studie, die Markus Kleinberger von der Medizinischen Universität in Wien vorstellte (Abstract #450MO). Darin sollte die Hypothese überprüft werden, dass tumorassoziierte Makrophagen und tumorinfiltrierende Lymphozyten die Aussaat von Metastasen solider Tumoren im Hirn beeinflussen.
In den Primärtumoren fanden sich höhere Konzentrationen von Lymphozyten, während in den Hirnfiliae die Makrophagen überwogen. Eine höhere Dichte sowohl von T-Zellen als auch von Makrophagen im Primärtumor war mit einer kürzeren Zeit bis zum Auftreten erster Hirnmetastasen assoziiert.
Offenbar, so Kleinberger, spielen das angeborene und das adaptive Immunsystem bei der Aussaat von Hirnmetastasen unterschiedliche Rollen. Tiefergehende Analysen der Verhältnisse sind erforderlich, um eine potenzielle therapeutische Nutzbarkeit dieser Verhältnisse zu untersuchen. © jfg/aerzteblatt.de
Mit steigenden Infektionszahlen und angepassten Impfstoffen ist auch das Thema Covid-19 zurück im Fokus der Öffentlichkeit. Ein kürzlich publiziertes Papier aus Jordanien lässt nun mit unglaublichen Zahlen aufhorchen: 2,9 Prozent aller gegen Covid-19 geimpften Personen aus einer breit angelegten Testreihe sollen an den Folgen der Impfung verstorben sein. Impfkritische Webseiten stürzten sich auf die Ergebnisse der Publikation (1). Können diese Daten stimmen? Eine Einordnung.
Einschätzung: Grundlage für die Datenanalyse sind Zahlen aus der US-amerikanischen VAERS-Datenbank, über die jede vermutete Impfnebenwirkung eingetragen werden kann. Zudem greifen die Autoren beim Hersteller Merck auf Daten zu Arzneimitteln zurück, die nichts mit Covid-19 zu tun haben. Die Zahlen aus dem Papier sind daher nicht belastbar, die Schlussfolgerungen als unseriös einzustufen.
Überprüfung: Das jordanische Papier mit dem Namen „Evaluation of the effects of MERCK, MODERNA, PFIZER/BioNTech, and JANSSEN COVID-19 vaccines on vaccinated people: A metadata analysis“ wurde im niederländischen Wissenschaftsverlag Elsevier veröffentlicht und über dessen Website sciencedirect.com ausgespielt (2). Verfasst haben es Nadia Al-Rousan von der German Jordanian University und Hazem Al-Najjar von der Universität von Petra, beide in Amman.
- Datenanalyse ohne medizinisches Hintergrundwissen
Auffällig daran ist, dass beide Forschenden nicht Medizin studiert haben, sondern ausgewiesene IT-Experten sind. Sowohl Al-Rousan als auch Al-Najjar haben ihre Doktortitel an einer malaysischen Universität erlangt (3,4,5). Ihre Expertise auf medizinischem Gebiet beschränkt sich auf die Auswertung und Aufarbeitung von Daten.
Experten in der Einschätzung medizinischer Zusammenhänge sind die Faktenchecker von „Medizin-transparent“ der Donau-Universität in Krems, die das vorliegende Papier in Kooperation mit APA-Faktencheck unter die Lupe genommen (6) haben. Ihr Fazit: Die Studie weise „grobe Fehler bei der Berechnung“ der Daten auf, die Ergebnisse seien „verwirrend und widersprüchlich“ und „äußerst unseriös“.
So wurden etwa auch Daten zu einem angeblichen Covid-Impfstoff der Firma Merck erhoben – ein solcher wurde jedoch nie zugelassen (7). Von APA-Faktencheck mit dieser Einschätzung konfrontiert, antwortete Studienautorin Al-Rousan, Merck hätte sich trotz fehlender Zulassung an der frühen Entwicklung von Impfstoffen beteiligt. Das rechtfertige demnach die Aufnahme in die Studie. Die verwendeten Merck-Daten stammen allerdings laut einer Überprüfung durch „Medizin-transparent“ von Impfstoffen gegen andere Krankheiten.
- Autorin verteidigt kontroversielle Ergebnisse
Zusätzlich verwies Al-Rousan darauf, dass die Daten aus ihrer Analyse aus einem sehr frühen Stadium der Pandemie stammten, als auch die Impfstoffe noch neu waren. Die Studienautoren seien daher der festen Überzeugung, die errechnete Sterblichkeitsrate von knapp drei Prozent sei „akzeptabel“. Mit den Ergebnissen ihrer Berechnungen wolle Al-Rousan das Bewusstsein der Öffentlichkeit „in Bezug auf lebenswichtige Fragen“ erhöhen.
Die in ihrem Paper errechneten Daten zu Impffolgen weichen stark von den offiziell kommunizierten Werten, etwa aus Österreich (8), ab. „Medizin-transparent“ verweist dazu auf eine groß angelegte Übersichtsstudie, derzufolge 0,04 Prozent der Geimpften (und damit weniger als in einer parallel ausgewerteten Placebo-Gruppe) zwei bis sechs Monate nach, aber nicht an der Impfung verstarben (9).
Die Übersichtsstudie durchlief ein Peer Review (10). Dass dies auch bei dem Papier aus Jordanien passierte, überrascht die Mediziner der Donau-Universität aufgrund der zahlreichen Ungereimtheiten, auch wenn das entsprechende Journal von Elsevier darauf hinweist (11) und dessen Chefredakteur das auch gegenüber APA-Faktencheck bestätigte. Die Pressestelle von Elsevier erklärte, man wolle sich das Papier noch einmal ansehen. Eine weitere Reaktion blieb bis Redaktionsschluss ausständig.
- Datenquelle für Berechnungen ungeeignet
Dass die in Amman errechneten Zahlen viel höher sind, liegt vor allem an der verwendeten Datenquelle: VAERS. Das US-amerikanische „Vaccine Adverse Event Reporting System“ ermöglicht allen Bürgern die Meldung von Impfnebenwirkungen (12).
Viele Falschbehauptungen rund um Impfungen basieren auf den Daten aus VAERS. In der Datenbank finden sich allerdings nur gemeldete „Folgeschäden“ (von „weinen“ bis zum Tod), keine bestätigten. APA-Faktencheck hat bereits mehrere Falschbehauptungen, die auf VAERS-Daten als scheinbar gesicherter Quelle beruhen, überführt (13).
- Veröffentlichungen als vermeintliche Legitimation
Problematisch ist vor allem, dass solche Analysen durch die Veröffentlichung in mehr oder weniger renommierten Publikationen eine gewisse Legitimation vorgeben können. 2023 tauchte etwa ein „Forschungsergebnis“ zu Übersterblichkeitsraten in Europa in einer bulgarischen Medizinzeitschrift auf (14).
Dessen australischer Autor ist Doktor der Religionswissenschaft und Pharmazie-Bachelor und betreibt einen Substack-Account, auf dem er seit geraumer Zeit neben anderen klassischen Desinformations-Thematiken (etwa Migration, Geschlechteridentitäten, Trump) hauptsächlich impfkritische Beiträge veröffentlicht (15). Diese werden oft und gerne von einschlägigen Portalen weiterverbreitet (16).
Ähnlich gelagerte Fälle gibt es auch in anderen Wissenschaftszweigen. So werteten etwa 2023 zwei norwegische Statistiker Klimadaten aus und zogen daraus Rückschlüsse, die nachweislich irreführend waren (17). Durch die Publikation des Diskussionspapiers auf der Seite des norwegischen Statistikamts bekam der Text eine vermeintliche Gravitas und wurde von zahlreichen Klimawandel-kritischen Portalen als Beleg aufgegriffen.
Quellen:
(1) Report24-Artikel zum Papier: https://go.apa.at/tfJfvXaZ (https://perma.cc/9GRW-NNZK)
(2) Das veröffentlichte Papier: https://go.apa.at/6UDIYJc6 (archiviert: https://perma.cc/U62Y-CRZB)
(3) Übersichtsseite zu Al-Rousan: https://go.apa.at/ZMZGByPu (archiviert: https://perma.cc/5LM4-6FQ5)
(4) Übersichtsseite zu al Najjar: https://go.apa.at/FYd8AZUm (archiviert: https://perma.cc/3JN4-4XM4)
(5) Webseite der Universität: https://www.usm.my/ (archiviert: https://perma.cc/3C7Z-EQH4)
(6) Faktencheck von „Medizin transparent“: https://go.apa.at/dFO8KuGP
(7) Aussendung von Merck aus 2021: https://go.apa.at/WI6Ldpcd (archiviert: https://archive.ph/stPHR)
(8) Parlamentskorrespondenz Nr. 326: https://go.apa.at/Qu5KQeb6 (archiviert: https://perma.cc/2YT9-TD5D)
(9) Übersichtsstudie in der Cochrane Library: https://go.apa.at/1iA8ZT5a (archiviert: https://perma.cc/CU4L-X5RX)
(10) Erklärung „Peer Review“-Verfahren: https://go.apa.at/g0Osk6pC (https://perma.cc/QX7W-DW8E)
(11) Peer-Review-Regeln des Journals: https://go.apa.at/ARlgXT9G (archiviert: https://perma.cc/7CGZ-7X2P)
(12) VAERS-Meldeseite: https://go.apa.at/UsmydZSc (archiviert: https://vaers.hhs.gov/reportevent.html)
(13) Liste aller APA-Faktenchecks: https://go.apa.at/vlU6PvXK
(14) Bulgarische Zeitschrift: https://go.apa.at/8Rz9vzfm (archiviert: https://perma.cc/5C73-4RVG)
(15) Substack-Kanal: https://go.apa.at/vTXDBf5f (archiviert: https://perma.cc/V9TC-LC6N)
(16) Meinungsblog mit Verweis: https://go.apa.at/83GoZvXP (archivert: https://perma.cc/6U8Y-RQGF)
(17) APA-Faktencheck zu norwegischem Papier: https://go.apa.at/QKaVU6QU
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GESUNDHEITSSYSTEM & LEHRE
Das Gesundheitsministerium hat die Medizinische Universität Wien mit dem Betrieb eines Nationalen Referenzzentrums für postvirale Syndrome beauftragt. Die MedUni hatte im Rahmen eines EU-weiten Vergabeverfahrens den Zuschlag dafür erhalten. Die auf Erkrankungen wie ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis /Chronisches Fatigue Syndrom) oder Long-Covid spezialisierte Einrichtung soll in den kommenden Wochen die Arbeit aufnehmen. Rund eine Million Euro steht zur Verfügung. …
Innsbrucker Anatomie setzt stark auf Sezierfortbildungen für Ärzte
Das Institut für Anatomie an der Medizinischen Universität Innsbruck legt weiter einen Schwerpunkt auf Sezierfortbildungen für Ärzte. Seit 2023 hatten bereits – neben jährlich rund 840 Studierenden – etwa 2.000 Mediziner aus 30 Ländern an entsprechenden Kursen teilgenommen. Für diese arbeite man eng mit der Innsbrucker Klinik, aber auch internationalen Universitätskliniken zusammen und setze dabei vorrangig auf Körperspenden, hieß es am Dienstag vor Journalisten in Innsbruck. …
COMMENT: Anatomie und dreidimensionale Verhältnisse am und im Körper kann man nur am Menschen, hier: am Leichnam, erfahren. Und dies trotz aller digitalen dreidimensionalen Modelle, die es inzwischen zuhauf in der medizinischen Ausbildung gibt. Digitale Trockenübung versus begreifender und sehender analoger Erfahrung – ein immenser Unterschied.
UMWELTTECHNOLOGIEN
Autofahren bringt Mobilität und ist oft nötig für die Arbeit. Zugleich belastet der CO2-Ausstoß beim Verbrennen von Treibstoff im Motor die Umwelt. Neben dem Umstieg auf Strom läuft die Suche nach alternativen Treibstoffen für Verbrennermotoren mit weniger CO2-Ausstoß auf Hochtouren. Eine Alternative ist der Kraftstoff HVO, der den CO2-Ausstoß m Vergleich zu Diesel um 90 Prozent senkt und ohne Anpassungen verwendbar ist. Eine breite und dauerhafte Lösung ist das aber nicht.
Die Abkürzung HVO steht für „Hydrotreated Vegetable Oils“ (mit Wasserstoff behandelte Pflanzenöle), eine irreführende Bezeichnung, wie Michael Stuefer, Geschäftsführer von Biofuel Express, sagt. Denn das Produkt werde inzwischen auch aus tierischen Fetten und verschiedenen Altstoffen gewonnen, nicht nur aus pflanzlichen Ölen.
- Haken: Nur sehr beschränkte Mengen stehen zur Verfügung
HVO100, also reines HVO, ist in Österreich bereits an einigen Tankstellen verfügbar und kostet an der Zapfsäule kaum mehr als Diesel. Zugleich spart die Verwendung gegenüber Diesel rund 90 Prozent des CO2 ein – ohne die grundlegende Infrastruktur erneuern oder neue Fahrzeuge kaufen zu müssen. „Das Ist ein Drop-In-Treibstoff. Sie brauchen nichts in die Infrastruktur stecken“, sagt Stuefer, dessen Unternehmen neben Shell und Eni eine der drei großen Firmen ist, die den österreichischen Markt bedienen. Das Fahrzeug laufe damit ruhiger und leiser als mit Diesel bei einem praktisch gleichen Verbrauch, es wird weniger Feinstaub und Stickoxid freigesetzt. Was zu gut klingt, um wahr zu sein, hat aber gravierende Haken, die einen generellen Umstieg unrealistisch machen.
Das beginnt damit, dass nur sehr beschränkte Mengen zur Verfügung stehen. In ganz Europa werden derzeit rund 6 Mio. Tonnen HVO produziert – das entspricht Österreichs jährlichen Diesel-Importen und ist weniger als Österreich im Jahr an Diesel braucht. „Die europaweite Produktion von HVO genügt gerade mal eben, um den Import-Anteil von Diesel in Österreich zu decken“, so Stuefer.
Er schätzt, dass zuletzt bei rund 7 Mrd. Liter Dieselbedarf in Österreich 150 Mio. Liter, also zwei Prozent der Gesamtmenge, auf HVO entfielen. Offizielle Zahlen für 2024 werden erst Ende 2025 vorliegen, für 2022 weist der Biokraftstoffbericht des Klimaministeriums überhaupt erst rund 9 Mio. Liter (7.000 Tonnen) HVO-Verbrauch aus.
- Dramatische Steigerung der HVO-Produktion nicht zu erwarten
Eine dramatische Steigerung der HVO-Produktion ist auch nicht zu erwarten. Realistischerweise könne die europaweite Produktion bis 2030 bestenfalls verdoppelt werden. Das gelte auch für die weltweite Erzeugung von derzeit 22 bis 24 Mio. Tonnen HVO, davon die Hälfte in den USA, der Rest in Südostasien, sagt Stuefer. Von einem großflächigen Umstieg könne also keine Rede sein.
Auch der derzeit scheinbar günstige Preis täuscht. Es fängt damit an, dass das Produkt mit 0 Euro Mineralölsteuer belegt ist. Wäre die Belastung gleich wie bei Diesel, dann würde es pro Liter an der Zapfsäule 2,50 Euro kosten – also fast einen Euro mehr als Diesel. Dass HVO aber derzeit zu konkurrenzfähigen Preisen verkauft werden kann, hat in Österreich einen ganz anderen Grund, erläuterte Stuefer im Gespräch mit der APA.
Denn je Tonne CO2-Ersparnis im Vergleich zu Diesel gibt es ein Zertifikat im Wert von 600 Euro dazu. 1.000 l HVO bedeuten knapp 2,4 Tonnen CO2-Ersparnis und damit Zertifikate im Wert von 1.400 Euro. Daher können die Händler das Produkt unter den Gestehungskosten abgeben – Stuefer spricht von 1,30 Euro netto – und zugleich einen satten Gewinn einstreifen.
Allerdings können Mineralölhändler nur bis zu einer Verringerung ihres CO2-Ausstoßes um 7 Prozent für Zertifikate 600 Euro geltend machen. Sobald die Quote erfüllt ist, lohnt sich der HVO-Verkauf nicht mehr und es habe auch schon Fälle gegeben, wo Firmen die Lieferung eingestellt hätten, so Stuefer.
- „Brückenprodukt“ für die kommenden 15 – 20 Jahre
Angesichts der Einschränkungen spricht Stuefer von einem „Brückenprodukt“ für die kommenden 15 – 20 Jahre. „Bis wir in Wien nur mehr Elektro- und Wasserstoffbusse sehen, können wir die Zeit nutzen“, sagt er. Denn die 90-prozentige CO2-Einsparung im Vergleich zu Diesel könne unmittelbar und sofort realisiert werden, ohne dass die Nutzer groß investieren müssen. Derzeit werde in Österreich an 46 der 3.500 Tankstellen reines HVO angeboten, teils vor allem für Lkw. Teilweise wird HVO auch statt Biodiesel dem Diesel beigemischt. Die OMV nimmt demnächst eine Anlage in Betrieb, in der bei der Dieselproduktion zugleich auch HVO beigemischt wird.
Umweltverbände stellen allerdings auch die Umweltfreundlichkeit des HVO in Frage. In einem neunseitigen „Faktencheck“ (https://go.apa.at/4QUVqAIv) kritisieren sechs deutsche Umweltverbände, dass HVO oft nicht aus Abfällen sondern doch aus eigens angebauten Pflanzen gewonnen werde und das Betrugsrisiko bei einigen Ausgangsstoffen hoch sei (https://go.apa.at/XOUggCsn). Auch eine Analyse von Stratas Advisors im Auftrag der Umweltorganisation Transport&Environment (https://go.apa.at/5qcqtJE7) wirft Zweifel auf, ob aus Asien importierter Biodiesel richtig zertifiziert ist.
- Altstoffe wie Speiseöl gefragte Ausgangsstoffe
Schon jetzt verwendet Europa acht Mal so viel altes Speiseöl wie am Kontinent eingesammelt wird, vermerkt Transport&Environment. Außerdem seien Altstoffe wie Speiseöl ohnehin gefragte Ausgangsstoffe für verschiedene Prozesse und keineswegs Müll – werden sie für HVO verwendet, dann müssen die anderen Industrien auf frisch erzeugte Fette ausweichen, dieser Effekt werde aber nicht dem HVO zugerechnet, heißt es im Bericht der deutschen Umweltorganisationen.
Biofuel Express kauft HVO bei der finnischen Neste ein, mit 1,4 Mio. Tonnen dem weltweit größten Produzenten. Das finnische Unternehmen habe langfristige Verträge für den Ankauf von Altölen und sei bei der Forschung den anderen Unternehmen 20 Jahre voraus, so Stuefer. Damit könne es Versorgungssicherheit für seine Mengen garantieren. Auch die Problematik mit den Zertifikaten stelle sich nicht. Auch bei HVO mit Palmölinhalten gibt Stuefer zu bedenken, dass das Ziel ist, den Rohstoff aus dem Abwässern der Palmölmühlen zu gewinnen – und damit auch unkontrollierte Abfallberge zu vermeiden. Und inzwischen werde HVO aus Plastikabfällen oder Altreifen hergestellt – auch das verringere Müll und spare im Vergleich zu klassischem Diesel 90 Prozent des CO2-Ausstoßes.
UMWELT
Mit sinkenden Pegelständen und beginnenden Aufräumarbeiten stellt sich die Frage nach notwendigen Maßnahmen, um die zerstörerischen Auswirkungen zukünftiger Hochwasser abzufangen. Experten sprechen von passivem Hochwasserschutz – und dabei spielt ausgerechnet der vieldiskutierte Begriff „Renaturierung“ eine große Rolle. Meist sei das Thema aber schon „drei Tage nach einem Hochwasser“ politisch wieder vom Tisch.
„Hochwasserschutz und Ökologie liegen da immer zu 100 Prozent auf derselben Linie, weil wir die gleichen Interessen haben“, sagt Stefan Schmutz, Professor für Hydroökologie an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien. Und sein Kollege Helmut Habersack, Professor am BOKU-Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung, sagt: „Es geht nicht um ein Zurückgehen in ein voriges Jahrhundert, sondern um die möglichste Optimierung – in Richtung Schutz des Menschen und Integration der nachhaltigen Nutzung und des Schutzes der Flüsse.“
Die Rede ist von möglichen baulichen und raumplanerischen Maßnahmen, um die Auswirkungen von extremen Niederschlägen und resultierenden Hochwassern zu lindern. „Hochwasser hat es immer gegeben und wird es auch immer geben“, so Schmutz, und gerade deswegen brauche es „auch bei den Entscheidungsträgern einen Schulterschluss zwischen Hochwasserschutz und Ökologie“. …
Wienfluss während und vor dem Unwetter
Während man vielerorts voraussichtlich noch lange mit den Auswirkungen des Extremregens der vergangenen Tage zu tun haben wird, ist die Ursache der Verheerungen vorerst „überstanden“, so der Meteorologe Leopold Haimberger zur APA.
Erreichen aber die Meere um Europa weiter Rekordwerte in den Sommern, steigt das Potenzial für derartige Kapriolen. Letztlich müsse man den Klimawandel verstärkt in der Planung berücksichtigen. Ein „Kleinreden“ helfe niemandem, so der Experte.
In den kommenden Tagen sind keine nennenswerten Niederschläge in den heimischen Hochwassergebieten zu erwarten, so der Wissenschafter vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien. Alles in allem hätten die meteorologischen Prognosen zur sich schon ein paar Tage vor dem vergangenen Wochenende anbahnenden Extremsituation „bemerkenswert“ genau gepasst. Dass es in den Voralpen und im Wienerwald bis zu 400 Millimeter Niederschlag pro Quadratmeter werden könnten, haben manche Modelle schon fast eine Woche davor vorhergesagt.
- Überraschend: Niederschläge in Tulln oder St. Pölten
„Überraschend war, dass es im Flach- oder Hügelland – also in Tulln oder St. Pölten – die maximalen Niederschläge gegeben hat. Man würde das eher in den Voralpen erwarten, wo Stauniederschläge in der Regel stärker sind“, sagte Haimberger. Leider auch gut vorhergesagt wurden „die enormen Niederschläge in Tschechien und Polen“.
Der Mit-Verursacher dieser Entwicklung waren die teils im Vergleich zu den Vorjahren um bis zu fünf Grad Celsius wärmeren Meere um Europa.
Die Temperaturen in der Adria „haben jetzt tatsächlich beachtlich abgenommen“, Ähnliches gilt auch für das westliche Mittelmeer und die Ostsee – nicht aber für das Schwarze Meer. Das heißt, dass durch die starken Winde und die Verdunstung dort enorm viel Energie entnommen wurde, „und diese dann zum Starkregen bei uns beigetragen hat“. Das ähnle mittlerweile der Situation vor und nach einem Hurrikan in der Karibik.
- Ereignisse werden tendenziell stärker
Dieses Übermaß an Energie in den Meeren, das von stärkeren Wettersystemen, wie dem aktuellen Tief abgezapft und woanders abgeladen werden kann, zeige, dass „das Potenzial für Starkniederschläge steigt. Das führt letztlich dazu, dass Hochwasserereignisse, die früher alle 100 Jahre aufgetreten sind, möglicherweise alle 20 bis 30 Jahre auftreten“, so Haimberger: „Die Ereignisse werden eben tendenziell stärker. Darauf müssen wir uns einstellen.“
Sehe man sich an, welche Immobilien nun geflutet werden, dann stehen diese dort meistens schon seit 50 bis 200 Jahren. Damals lagen die Raumplaner richtig, wenn solche Bereiche mit Dämmen geschützt und zur Besiedelung freigegeben wurden. Wenn sich jetzt das Klima so stark verändert, wird man andere Maßstäbe anlegen und stärkere Hochwässer mitbedenken müssen, so der Meteorologe: „Wenn man Bauvorhaben plant, sollte man wirklich den Klimawandel mitberücksichtigen, so gut es geht. Alles andere ist fahrlässig.“
Mit einem „Kleinreden“ könne man „vielleicht Wahlen gewinnen“, letztlich schade man aber der Gesellschaft damit.
In der aktuellen Situation mit Extremniederschlägen über mehrere Tage hinweg in großen Teilen des Landes spielt der Klimawandel zwar nicht die Haupt-, aber eine nicht unerhebliche Nebenrolle.
So ist zwar die Ausgangssituation mit der Vb-Wetterlage bzw. dem „Italientief“ mehr oder weniger altbekannt. Zu dessen diesmal enormer Größe und Sättigung mit Feuchtigkeit trägt der menschgemachte Klimawandel aber sehr wohl bei.
Über den Sommer – erneut ein Rekordsommer in vielen Teilen Europas – haben sich im Mittel- und Schwarzen Meer enorm hohe Wassertemperaturen aufgebaut. Am Ende der vergangenen Woche lag man dort drei bis fünf Grad über dem langjährigen Schnitt. Das sich aufbauende große Tiefdruckgebiet sorgte wiederum für starke Winde – auch über den großen und stark erwärmten Wasserflächen. Sind diese auch noch mehr in Bewegung, erhöht das die so und so stärkere Verdunstung weiter, erklärte der Meteorologe Leopold Haimberger kürzlich der APA.
Rund sieben Prozent mehr Feuchtigkeit kann die Luft pro zusätzlichem Grad Celsius aufnehmen, wenn die Voraussetzungen da sind, dass dieses zusätzliche Potenzial auch ausgeschöpft wird. Die Erderhitzung erhöht somit also einerseits die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Luft mit mehr Wasser anreichert, und andererseits schafft sie bessere Voraussetzungen, dass die Feuchtigkeit auch noch in der warmen Luft über große Distanzen transportiert wird.
- Europa: Hotspot der beschleunigten Temperaturzunahme
Durch die insgesamt gestiegenen Temperaturen – Europa ist laut den Berichten des Weltklimarates (IPCC) einer der Hotspots der beschleunigten Temperaturzunahme – sind also die Voraussetzungen besser, dass sich bei derartigen Wetterlagen, die Österreich von jeher starke Niederschläge bescheren, noch mehr Feuchtigkeit über Mitteleuropa ergießt. Ebenda trifft bei einer Vb-Zugbahn eines „Italientiefs“ die warme, feuchte Luft auf jene kalten Luftschichten, die das Tief ursprünglich zum Ausweichen in Richtung Süden genötigt haben. Passiert das, regnet es massiv ab.
………………
EXKURS: Vb-Wetterlage – Vb-Tiefs sind Tiefdruckgebiete, die üblicherweise von der Adria nordwärts über Österreich und Ungarn nach Tschechien und Polen ziehen. Sie sind oft mit markanten Wettererscheinungen verbunden, insbesondere mit kräftigem Dauerregen im Sommer beziehungsweise Schneefall im Winter.
………………
Im aktuellen Fall hatte man es mit einem besonders ausladenden Tief zu tun, das laut Haimberger auch noch durch die sehr warme Ostsee von Norden her mitversorgt wurde. Ein Faktor, der neben der schieren Größe für Österreich und seine Nachbarländer in den vergangenen Tagen große Probleme verursachte – und das auch noch weiter tut -, ist die Langsamkeit, mit der sich das Tief fortbewegt. Zieht es nämlich so wie dieses Mal sehr gemächlich in Richtung Norden und Nordosten, verharrt es dementsprechend lange über unseren Breiten. Dann regnet es sich über mehrere Tage hinweg richtig ein. Was sich leider hinlänglich beobachten ließ und noch lässt.
- Die Zahl der Vb-Wetterlagen schwankt stark
Zusammenfassend beschreibt der Leiter der Klima-Folgen-Forschung an der Geosphere Austria, Marc Olefs, den Zusammenhang zwischen Vb-Wetterlagen und der Klimaerwärmung in einem aktuellen Factsheet: „Die Zahl der Vb-Wetterlagen schwankt stark, in den letzten Jahrzehnten gibt es keinen eindeutigen Trend in der Häufigkeit. Aber: Die 50 stärksten Niederschlagsereignisse in Zusammenhang mit Vb-Wetterlagen in den letzten Jahrzehnten zeigen einen Anstieg der Niederschlagssumme am Alpennordrand von rund 20 Prozent bei einer Zunahme der Häufigkeit von 13 Prozent.“ Alles in allem schiebe der menschengemachte Klimawandel die durchschnittliche Position des Polarjets zwar „weiter in Richtung Norden“, was die Bildung von Vb-Wetterlagen langfristig eher unwahrscheinlicher macht. „Andererseits erhöht sich in einer wärmeren Atmosphäre das Wasserhaltevermögen, dadurch können die einzelnen Ereignisse intensiver ausfallen“, so der Experte.
Ob und wie sehr nach den teils starken Schneefällen in den Alpen Schmelzwasser die Lage in den ostösterreichischen Hochwassergebieten noch beeinflussen kann, lässt sich – Stand Mittwoch – ein Stück weit abschätzen. Die von der APA gesammelten Informationen der Hydrographischen Dienste der Länder deuten eher auf weitere Entspannung hin. Das Phänomen der „trockenen Hochwasser“ habe in den vergangenen Jahren aber insgesamt zugenommen, so die Gletscherforscherin Andrea Fischer.
Auch angetrieben durch die klimatischen Veränderungen sind im Alpenraum zuletzt immer wieder relativ große Schneemengen und in der Folge rasch einsetzende relativ hohe Temperaturen aufeinandergetroffen, was letztlich zu regionalen Überflutungen ohne akute Niederschläge führen kann. Im Gespräch mit der APA hielt die stellvertretende Leiterin des Instituts für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Innsbruck fest, dass in den vergangenen Tagen etwa im Westen Tirols gar nicht so viel Schnee gefallen ist. Anders ist die Lage weiter östlich: In Salzburg oder der Steiermark kam man in alpinen Regionen auf deutlich mehr Neuschnee.
- Bei spätsommerlichen Temperaturen könnte es problematisch werden
Wenn jetzt quasi wieder spätsommerliche Temperaturen ins Land ziehen, könnte es vor allem regional problematisch werden. Zum Vergleich: Es sei etwa wenig bekannt, dass der Inn einige Male im heurigen Frühjahr und Sommer aufgrund der Schneeschmelze und der Eisschmelze der zurückgehenden Gletscher ein „Ein-Jahres-Hochwasser“ führte, so Fischer – ein Ereignis, das im Mittel nur einmal und nicht mehrmals im Jahr auftritt. So ein Ereignis lässt aber nach der Einmündung in die Donau in der Regel die Pegel dort nicht wesentlich ansteigen, „weil im Einzugsgebiet der Donau auch sehr viele niedrig gelegene Flächen sind, wo kein Schnee ist. Damit geht das Plus aus dem Inn-Hochwasser in der Gesamtabflussmenge unter.“
Dementsprechend brauche es „ganz spezielle Situationen“, damit Schnee- und Eisschmelze weit im Osten „einen signifikanten Unterschied“ machen, so die Glaziologin: „Das ist eher für die Städte Innsbruck, Salzburg oder Kufstein relevant.“
- „Glacier Outlet Floods“
Wiederum mehr für Dörfer in verschiedenen Talbereichen sind sogenannte „Glacier Outlet Floods“ gefährlich. Sammelt sich nämlich viel Schmelzwasser in neu entstandenen Gletscherseen oder unsichtbar in oder unter Gletschern und bricht dann sehr rasch aus, kann das „sehr schnelle, sehr hohe Wellen Richtung Tal“ verursachen, die viel Schotter mitführen. „Solche Ereignisse gab es bereits in der Schweiz, besonders gehäuft auch im Himalaya. Das kann sehr große Zerstörungskraft bei sehr kurzen Vorwarnzeiten haben“, so Fischer.
Abseits von Hochwasser und Co könnten die Schneefälle der vergangenen Tage für die zuletzt unglaublich unter Druck geratenen heimischen Gletscher bzw. Gletscherreste zumindest eine winzige Verschnaufpause bedeuten: Die teils dicken Schneedecken könnten zumindest bei den östlichen Gletschern Österreichs die in den vergangenen Jahren oft bis in den Oktober reichende Schmelzsaison vorzeitig beenden, meint Fischer: „Im Westen wird das Eis vermutlich wieder zu tauen beginnen, weil eben die Temperaturen so ansteigen.“
Seit der „Jahrhundertflut 2002“ hat sich beim Hochwasserschutz viel getan und damit wurde aktuell einiges verhindert, beurteilte Hydrologe Helmut Habersack von der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien gegenüber der APA die derzeitige Lage: Trotz aller Schäden „sind wir mit einem blauen Auge davongekommen“. Aber, da sei sich die Wissenschaft einig: „Es zeigt sich auch, dass der Klimawandel nun durchschlägt.“ Der Flächenverbrauch wirke obendrein als Beschleuniger.
Der Hydrologe rät zu einer „gründlichen Evaluierung und Aufnahme von Schäden und Mängeln“, die durch die aktuellen Starkregenereignisse und hochwasserführenden Flüsse in Österreich entstanden und evident geworden sind, um für künftige Ereignisse zu lernen. „Und auch wenn es schon oft gesagt wurde, aber wir müssen den Flächenverbrauch drastisch verringern. Mit einem täglichen Verbrauch von 12,5 Hektar, die sich großteils an den Flüssen befinden, schaden wir uns doppelt: Wir beschleunigen und erhöhen wissenschaftlich nachweislich die Hochwasserwelle. Und wir vernachlässigen den Bodenschutz und die Bodenerhaltung, die in Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz stehen.“
- „Überlastfall“
Zudem führe der Klimawandel zu Wetterlagen mit größerem Anteil von Wasser in der Atmosphäre, was per se die Gefahr für Hochwasserereignisse erhöht. „Unser Flächenverbrauch wirkt hier dann nochmals als Beschleuniger“, so der Experte. Gleichzeitig steige das Ausmaß des Schadens: „Es hat sich gezeigt, dass Maßnahmen des Hochwasserschutzes sehr gut wirken, aber hinter den technischen Maßnahmen wägen sich Menschen auch schnell in Sicherheit. Sie siedeln sich z.B. gleich hinter der Verbauung an.“ Sind die durch den Klimawandel mitgeprägten Hochwasserereignisse dann so stark, dass die meist auf ein hundertjährliches Ereignis ausgelegten Maßnahmen nicht ausreichen – Fachleute sprechen vom „Überlastfall“ -, dann sei das Ausmaß des Schadens, trotz vorher getätigter hoher Investitionen in den Hochwasserschutz, gleich deutlich höher, erläuterte Habersack mit Verweis auf entsprechende Studien von Rückversicherungsunternehmen aus globaler Sicht.
„Hochwasserschutz hat also viel Positives gebracht, es gibt aber auch Entwicklungen, die das konterkarieren“, meinte Habersack. Ein Beispiel: Man müsse bei einer Dammführung künftig noch stärker darauf achten, was passiert, wenn der Überlastfall auftritt und etwa der Damm bricht. Es brauche mitunter, wie schon bei neuen Dämmen vorgesehen, gesicherte Überströmstrecken und sekundäre Präventionsmaßnahmen. „Man muss eventuell auch Flächen freihalten, die eigentlich durch primäre Maßnahmen geschützt sind.“ Hier brauche es mehr öffentliche Bewusstseinsbildung und eine angepasste Raumplanung.
- Flüsse nach dem 2. Weltkrieg aus dem Gleichgewicht gekommen
„Wir müssen systematisch überprüfen, ob unsere Flüsse in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zu steil und eng reguliert worden sind.“ Die Flüsse seien großteils aus dem Gleichgewicht gekommen – aber es gehe weniger um „Rückbau“, also ein Zurück ins 19. Jahrhundert, sondern um Planungsmaßnahmen, die aktiv und zukunftsweisend verschiedene Nutzungsinteressen, darunter auch die Landwirtschaft und Ökologie, mit Schutzaspekten kombinieren. Wichtig sei, die Flüsse resilienter gegen Hochwasser und Dürre zu entwickeln, sagte Habersack. So hofft der Forscher bei diesem Thema auf ein überparteiliches Vorgehen nach der Nationalratswahl und eventuell die Bildung einer Expertinnen- und Experten-Gruppe, die über die Weiterentwicklung integrativer, nachhaltiger Konzepte des Hochwasserrisikomanagements nachdenkt.
Auch künftig gehe es darum, Überflutungsflächen für den Fall einer Überschwemmung bereitzustellen. Zudem brauche es vermehrt Sicherheitskorridore, die im Fall von Überlastfällen Menschen und Infrastruktur schützen. „Man sollte hier zumindest die ein- bis dreifache Flussbreite, die man links und rechts vom Fluss ansetzt, veranschlagen. Hier sollten keine neuen Häuser stehen, keine neuen Straßen verlaufen, die Brückenbreiten bei Planungen entsprechend angepasst sein.“ Dort, wo dies einzuhalten möglich ist bzw. eine entsprechende künftige Flächenwidmung oder Bebauungsplanung dies zulässt, sei dieser Sicherheitsabstand jedenfalls einzuhalten, so Habersack.
Das Konzept einer Stadt, in der die wichtigen, alltäglichen Wege in rund 15 Minuten erledigt werden können, ohne etwa ins Auto steigen zu müssen, zieht seit einiger Zeit Aufmerksamkeit auf sich. Wie es um die Umsetzbarkeit der 15-Minuten-Stadt bestellt ist, hat ein italienisches Forschungsteam, an dem auch ein am Complexity Science Hub (CSH) Vienna tätiger Wissenschafter beteiligt war, im Fachblatt „Nature“ untersucht. Österreichs Städte steigen in der Analyse recht gut aus. …
IT – KI – ROBOTIK – INTERNET
- Bürgerrat: Kampf gegen Fake-News als Einfallstor für die Zensur? – Deutsche Wirtschaftsnachrichten
Ein Bürgerrat hat Maßnahmen gegen Fake News erarbeitet – im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. So solle eine KI entscheiden, was veröffentlicht wird. Auch eine „Fake-News-Rangliste“ gehört zu den Vorschlägen des Bürgerrats. Beratend ist der Verfassungsschutz dabei und das umstrittene Recherchenetzwerk „Correctiv“. Leidet die Meinungsfreiheit? Gelten kritische Kommentare als Desinformation?
SOCIAL MEDIA
Eltern erhalten mehr Kontrolle über die Instagram-Nutzung ihrer Kinder. Der Mutterkonzern-Meta ordnet Teenager jetzt automatisch in spezielle Konten ein, die ihre Interaktionen und Inhalte beschränken. Eltern sollen so mehr Vertrauen gewinnen, doch die Nutzung könnte zurückgehen. …
BILDUNG
Mit den Fachhochschulen (FH) begeht heuer der nach den Unis zweitgrößte akademische Ausbildungssektor sein 30-Jahr-Jubiläum. Im Herbst 1994 starteten die ersten zehn Studiengänge mit rund 700 Studenten, mittlerweile studieren rund 59.000 Personen in mehr als 530 Studiengängen an 21 Fachhochschulen. Bis 2028/29 soll die Studentenzahl auf 62.000 steigen. Montagabend wird das Jubiläum mit Gästen wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei einer Festveranstaltung gefeiert.
In ihrer Kino-Doku „Favoriten“ zeigt die Filmemacherin Ruth Beckermann den Volksschulalltag von Kindern und einer besonderen Lehrerin in einem System, das ihnen viele Chancen verweigert. Im Interview rechnet sie mit der Bildungspolitik ab.
Es ist kein Film, der die Mängel im österreichischen Bildungssystem vordergründig thematisiert – aber sichtbar werden sie doch, auf schmerzliche Art: Drei Jahre lang begleitete Ruth Beckermann eine Klasse der größten Volksschule Wiens, der VS Bernhardsthal in Favoriten. Sie macht die Kinder – von denen keines Deutsch als Erstsprache hat – und ihre engagierte Lehrerin Ilkay Idiskut zu den Helden einer warmherzigen filmischen Langzeitstudie und zeigt, wie sie lernen, lachen, tanzen, streiten, sich selbst filmen und von ihrer Zukunft träumen.
GESELLSCHAFT – MIGRATION
Temporäre Grenzkontrollen und neue Maßnahmen gegen illegale bzw. irreguläre Zuwanderung haben die Debatten über Migration weiter entfacht. Es geht dabei schnell nur um Bedrohung, kritisiert die Migrationsforscherin Wiebke Sievers. Dabei könnte das Thema auch ganz anders diskutiert werden. Wie eine postmigrantische, Diversität akzeptierende Gesellschaft aussehen könnte, ist ab Mittwoch Thema einer Konferenz in Innsbruck.
„Eine postmigrantische Gesellschaft erkennt Migration als Tatsache an“ – sie ist von Zuwanderung und ihren Impulsen geprägt und offen für die Erzählungen von Migrantinnen und Migranten, sagte die Forscherin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) zur APA. In der öffentlich-politischen Debatte dominiert oft die Frage, wie viel Zuwanderung eine Gesellschaft vertrage.
Aus postmigrantischer Perspektive dagegen lautet die Frage: „Wie gehen wir damit um, dass wir ein Einwanderungsland sind?“ Dann gebe es genug Raum für offene Auseinandersetzungen, die nicht nur die Forschung, sondern auch die Perspektiven aller Betroffenen, also auch der Herkunftsländer und der Migranten und Migrantinnen einbeziehen, so Sievers.
- Terrorismus und Zuwanderung werden oft vermischt
Auch in einer postmigrantischen Gesellschaft, so die Forscherin, „gelten natürlich Gesetze“. Doch die Reaktionen auf die Ereignisse im deutschen Solingen, einem mutmaßlich islamistischen Messerattentat auf einem Stadtfest im August, hätten gezeigt: „Terrorismus und Zuwanderung werden oft vermischt. Wie nach dem 11. September in den USA nimmt man eine Gruppe von Menschen in Sippenhaft für eine Tat, die in diesem Fall ein Einzelner begangen hat.“
Verstärkte Grenzkontrollen bedeuteten für einen Teil der Menschen, „dass sie ins Visier genommen werden, weil sie auf Basis rassistischer Kriterien als Teil dieser angeblichen Gruppe wahrgenommen werden“ – eine „zutiefst verunsichernde Erfahrung“, so Sievers, „selbst wenn die Person dann weiterreisen darf“.
Zugleich signalisiere die Regierung, dass diese Menschen eine Gefahr darstellen, was steigenden Rassismus zur Folge haben könne. Das nehme die Politik in Kauf, „weil sie glaubt, damit Stimmen, die sie an rechtsextreme Parteien verloren hat, wiedergewinnen zu können“.
Doch, so die Migrationsexpertin weiter, „Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte zeigen – und Österreich bietet hier ausreichend Anschauungsmaterial -, dass diese Strategie nicht aufgeht.“ Vielmehr steige in der Bevölkerung das Bedrohungsgefühl, was den rechtsextremen Parteien weiteren Aufwind gebe.
Für Sievers stünden weitaus wichtigere Fragen im Raum in der Migrationsdebatte: „Etwa, wie kann man Bildungskanon und Unterricht den neuen Gegebenheiten anpassen? Oder wie kann man die eigene Geschichte neu erzählen, dass Migration darin Platz findet?“
- Das Konzept der „postmigrantischen Gesellschaft“
Das Konzept der „postmigrantischen Gesellschaft“ wird schon seit einigen Jahren in der Forschung diskutiert. Ob wir bereits in einer entsprechenden Gesellschaft leben, sei aufgrund verschiedener Definitionen nicht leicht zu beantworten. Manche wie die deutsche Migrationsforscherin Naika Foroutan gehen davon aus, dass eine postmigrantische Gesellschaft erst besteht, wenn es eine offizielle Anerkennung – etwa über neue Staatsbürgerschaftsgesetze – gibt, dass das jeweilige Land ein Einwanderungsland ist. Aber gerade beim Staatsbürgerschaftsrecht sei Österreich bekanntermaßen sehr verschlossen, so die Expertin, Deutschland habe ein neues im Jahr 2000 eingeführt.
Aus der Perspektive der Literaturwissenschaft könne man schon lange von der Existenz einer postmigrantischen Gesellschaft sprechen, so die Literaturwissenschafterin: „Hier erkämpfen sich Migrantinnen und Migranten in Österreich seit den 1990er Jahren ein Recht auf Teilhabe.“ In der Kultur sei der Begriff etwa über die Regisseurin Shermin Langhoff etabliert worden, die in Berlin um 2008 das postmigrantische Theater begründete.
„Der Begriff ‚postmigrantisch‘ will daran erinnern, dass liberale demokratische Gesellschaften allen Menschen Gleichberechtigung versprechen, dass dieses Versprechen in Bezug auf Migranten und Migrantinnen aber noch nicht eingelöst ist“, meinte Sievers. Mit dem Begriff wende man sich in der Forschung gegen die Vorstellung, dass Integration allein eine Aufgabe der Zugewanderten ist.
- Auseinanderklaffen von Forschung und Politik
Gerade in Österreich hat die Expertin oft das Gefühl, dass die Forschungs- und politischen Debatten „so weit auseinanderliegen, dass es sehr schwer ist, die Perspektiven der Wissenschaft in den Diskurs einzubringen“. Das liege auch daran, dass sich Migrationsforschung in den vergangenen Jahrzehnten sehr internationalisiert habe, während sich die politischen Argumente immer stärker nationalisiert haben.
Mit der von Sievers und ihrem Kollegen Rainer Bauböck herausgegebenen Publikationsreihe „Migration &“ hat man bereits einen Versuch gestartet, auf politische Debatten zu reagieren und sich mit der Frage einzubringen, „wie man auf Migration anders blicken kann, als es bisher in der öffentlichen Auseinandersetzung geschieht“. Im Aufbau befindet sich zudem eine „Themenplattform Migration und Diversität“. Sie soll Expertinnen und Experten sowie Studien stärker sichtbar machen.
„Deutschland und Österreich eint, dass es Auseinandersetzungen um Migration in einem enormen Ausmaß gibt. Es geht dabei aber stellvertretend darum, ob wir Diversität akzeptieren wollen, auch etwa im Hinblick auf Genderthemen. Migration ist dafür nur zum Label geworden, weil es wunderbar funktioniert, damit zu mobilisieren„, sagte Sievers, die mit Kolleginnen und Kollegen in Innsbruck die „8. Jahrestagung der Migrationsforschung“ organisiert hat.
Service – 8. Jahrestagung der Migrationsforschung von 18. bis 20. September 2024 in Innsbruck: https://www.oeaw.ac.at/jahrestagung-migrationsforschung2024)
GESCHICHTE – GESCHICHTSFORSCHUNG
Historische Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf liegen nur lückenhaft vor. Das erschwert die Analyse langfristiger, Jahrhunderte übergreifender wirtschaftlicher Entwicklungen. Mit Hilfe des maschinellen Lernens ist es nun einem Team um Philipp Koch von EcoAustria in Wien gelungen, BIP-Schätzungen für eine große Anzahl von Ländern und Regionen in Europa und Nordamerika aus den vergangenen 700 Jahren zu gewinnen – nämlich auf Basis von Wikipedia-Einträgen.
„Vor dem 20. Jahrhundert konnten wirtschaftliche Kennzahlen wie das BIP pro Kopf noch nicht systematisch erhoben werden“, sagte Koch, der die Studie mit Kollegen vom Center for Collective Learning in Toulouse (Frankreich) durchführte, zur APA. Weiter zurückreichende Schätzungen gingen auf meist lückenhafte historische Dokumente und spärliche wirtschaftliche Aufzeichnungen zurück. Die Forscher um Koch, der derzeit auch als Doktorand an der Universität Toulouse tätig ist, stellten nun im Fachjournal „PNAS“ einen unkonventionellen Ansatz vor, wie die Datenlücken zu schließen sind.
- Daten von rund 563.000 historischen Persönlichkeiten
Sie griffen kurzerhand auf biografische Daten von rund 563.000 historischen Persönlichkeiten zurück, die sie öffentlich zugänglichen Quellen wie Wikipedia und Wikidata entnahmen. Alle berücksichtigten Individuen lebten in Europa oder Nordamerika, hatten einen nachvollziehbaren Beruf, waren nach dem Jahr 1100 geboren und hatten mindestens in zwei Sprachen verfasste Wikipedia-Einträge.
Neben den konkreten Daten zu Geburts- und Sterbeort oder Beruf „haben die Biografien berühmter Persönlichkeiten indirekt auch noch andere Informationen geliefert, die für eine Ableitung des BIP pro Kopf relevant sein können“, sagte der Ökonom. Man könne etwa Migrationsbewegungen herauslesen oder das durchschnittliche Lebensalter von Personen einer Region ableiten, was wiederum auf die Gesundheit der Menschen rückschließen lasse.
- Indikatoren für Wohlstand
Erfinder und Wissenschafter könnten jedenfalls als Indikatoren für Wohlstand gelten: „Gleichzeitig sind wohlhabendere Regionen eher in der Lage, Talente anzuziehen, lokale Talente sichtbarer zu machen und den Menschen die notwendigen Möglichkeiten zur Spezialisierung zu bieten. Vereinfacht gesagt: Dass Michelangelo so berühmt geworden ist, sagt etwas über den Wohlstand der Toskana im 15. Jahrhundert aus“, wurde Koch in einer Aussendung zitiert.
Gefüttert mit diesen biografischen Daten und Wirtschaftsdaten anderer Quellen kombinierte das von den Forschern entwickelte Modell mit Hilfe des maschinellen Lernens wichtige Merkmale, die das BIP pro Kopf für bestimmte Zeiträume (in 50er-Jahr-Schritten bis zum Jahr 2000) und für bestimmte Gegenden in Europa (auch Österreich) und Nordamerika schätzen lassen. Als ein Beispiel: „Wir haben zeigen können, dass das BIP pro Kopf von Lissabon nach 1750 stark sank“, heißt es in der Studie. Diese Beobachtung stimme mit dem desaströsen Erdbeben überein, welches Portugals Süden 1755 traf und schwerwiegende wirtschaftliche Folgen nach sich zog. Zugleich habe sich gezeigt, dass andere Regionen Portugals nicht von dem Einbruch betroffen waren.
„Unser Ansatz war quasi ein ’shot to the moon'“, so Koch zur APA über die anfängliche Unsicherheit über den Nutzen des Unterfangens: „Aber es hat gut funktioniert. Wir haben mit unseren Schätzwerten 90 Prozent der Varianz bisher bekannter historischer Einkommensniveaus erklären können.“
Die vom Modell ausgeworfenen Werte bestätigen zudem die bisher nur in wissenschaftlicher Literatur beschriebene Bedeutung des Atlantischen Handels vor der Industriellen Revolution: England und Länder an der Küste Nordwesteuropas (vor allem die Niederlande) erfuhren zwischen 1300 und 1800 ein größeres Wirtschaftswachstum als Länder Südeuropas. Die aktuellen Daten bekräftigen die Annahme, dass die am Atlantik gelegenen Häfen und der entsprechende Warenverkehr dabei keine unerhebliche Rolle spielten.
- Historische Ereignisse in neuem wirtschaftlichen Kontext
Mit dem neuen Modell könne man Daten zum BIP pro Kopf für Zeiträume und Gegenden liefern, wo es bisher noch keine verlässlichen Daten gab – sie könnten vielleicht auch dem „Maddison Project“, der bis dato größten Datensammlung zu historischen BIP-pro-Kopf-Daten, dienen, hofft Koch: „Unsere neu gewonnenen Daten ermöglichen es, historische Ereignisse in einem neuen wirtschaftlichen Kontext zu betrachten.“
Mit dem Modell liegen nun auch Daten für Österreich und seine Bundesländer vor dem Jahr 1820 vor. „Basierend auf unseren Schätzungen zeigte sich etwa, dass Wien im 17. und 18. Jahrhundert ein sehr ähnliches Wohlstandsniveau – und teils sogar höheres – als Paris hatte, Paris aber im 19. Jahrhundert ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum verzeichnete“, so Koch. In einem interaktiven Online-Tool können die BIP-pro-Kopf-Daten abgerufen werden.
Service – Studie: https://doi.org/10.1073/pnas.2402060121
Interaktives Datentool: https://philmkoch.github.io/historicalGDPpc_app/