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FAZIT DES TAGES
Das Theater wird immer existieren, weil die Menschen von Zelluloid und Retortenkollegen umgeben sind – da ist das Theater ein Hort der Wahrhaftigkeit.
Tobias Moretti, *1959, österreichischer Theater- und Filmschauspieler. International bekannt dank der Fernsehserie Kommissar Rex.
IN EIGENER SACHE: Sommerzeit – der Tagesblick wird in der kommenden Zeit weniger umfangreich erscheinen oder sogar eine Zeitlang schweigen. Der Schreiber freut sich auf erholsame Sommertage.
COMMENT – FAZIT:
- Israel-Hamas-Hisbollah-Krieg: Israels Angriffe auf Hamas-Mitglieder gehen weiter. 500.000 Menschen vom Hunger bedroht, so die Hamas; andere sehen keine Belege für eine Hungersnot (siehe Tagesblick vom 12.7.2024).
Interview: „Weg der Ukraine in die NATO ist unumkehrbar“ meint die Vizepräsidentin der Ukraine.
- Ukraine-Krieg: China unterstützt Russland, dies stellte NATO-Generalsekretär Stoltenberg fest.
- Interview mit dem ungarischen Europaminister
- Serbiens Präsident Vučić beklagt Sabotage des EU-Beitritts. Was sagt Paul Lendvai dazu? Nachlesen!
Märkte – Report (restlicher Nachtrag)
Israel, Ukraine
Meldungen
Themenreigen – Medizin; Innovation: der „Pinkel“ Raumanzug liefert Trinkwasser; Weltraum: schwarze Löcher umschwirren die Erde wie Motten das Licht; Tierverhalten: Dominantes Buntbarschpaar unterscheidet zwischen Verwandten und Nicht-Verwandten; Demographie: seid umschlungen Milliarden; Gesellschaft: Bücher-Zensur in den USA wie weiland bei der Katholischen Kirche.
Unternehmen
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Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!
HELLMEYER-Report (Rest) vom Freitag, 12.7.2024
Deutschland reüssiert per Mai mit Tourismusrekord
Der Tourismus hat in Deutschland laut Statistischem Bundesamt per Mai 2024 einen Rekord
erzielt. Die Zahl der Übernachtungen in- und ausländischer Gäste lag bei 48,9 Millionen (+4,1% über dem Vorjahr). Das war der höchste Mai-Wert, der je erfasst wurde. Die Zahlen übertrafen das Vor-Corona-Niveau vom Mai 2019 um 9,9%.
In den ersten fünf Monaten stiegen die Übernachtungen der Beherbergungsbetriebe um 3,3% zum Vorjahr auf 174,6 Millionen. Die Zahl der Übernachtungen von Gästen aus dem Inland kletterte dabei um 3,0% auf 145,8 Millionen. Bei den ausländischen Gästen gab es einen Anstieg von 4,8% auf 28,8 Millionen.
Kommentar: Derzeit ist der Tourismus der einzige Lichtblick, der in der deutschen Wirtschaft
belastbar erscheint. Der Lichtblick erfreut, der weitere Rahmen besorgt markant.
Deutschland: Zahlungsmoral trübt sich ein
Die Zahlungsmoral deutscher Unternehmen lässt laut Zahlungsbarometer des
Kreditversicherers Atradius nach. Lediglich 33% der Zahlungen erfolgten 2024 termingerecht.
57% der Rechnungen waren überfällig und 10% waren uneinbringlich. Damit hätten sich die
bereits schwachen Zahlen per 2023 noch einmal verschlechtert. Die Entwicklung in
Deutschland sei noch angespannter als in anderen Ländern. Laut Atradius sei der Ausblick auf das 2. Halbjahr wenig erbaulich.
Kommentar: Hier sind wir bei dem weiteren Rahmen. Zahlungsmoral sagt etwas über
Stresszustände in der Wirtschaft aus. Die sind offensichtlich hoch, auch wenn man das weder in Berlin noch in Frankfurt gerne hört, aber derartige Daten stehen Narrativen der Nivellierung entgegen. Diese Daten sind ein indirekter Appell an Berlin, die hier gestern vorgestellte Liste der Strukturprobleme zügig abzuarbeiten, mehr nicht, weniger auch nicht!
Fazit: Es ist höchste Zeit, Narrative durch Realitätssinn gepaart mit Pragmatismus basierend
auf Demut vor der Verantwortung zu ersetzen. An die Arbeit!
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: Deutschlands Verbraucherpreise (J) per Juni bei +2,2%
Deutschland: Laut finaler Berechnung nahmen die Verbraucherpreise per Juni im
Monatsvergleich um 0,1% und im Jahresvergleich um 2,2% zu. Beide Werte entsprachen
sowohl den vorläufigen Werten als auch den Prognosen.
China: Starke Exporte, schwache Importe – hoher Überschuss
UK: Starke BIP-Daten per Mai
Das BIP legte per Berichtsmonat Mai im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose 0,2%, Vormonat 0,0%) zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 1,4% (Prognose 1,2%) nach zuvor 0,7% (revidiert von 0,6%).
Die Industrieproduktion verzeichnete per Mai im Monatsvergleich eine Zunahme um 0,2%
(Prognose 0,2%, Vormonat -0,9%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Plus in Höhe von 0,4%
(Prognose 0,6%, Vormonat -0,7%, revidiert von -0,4%).
Die Handelsbilanz wies per Mai ein Defizit in Höhe von 17,92 Mrd. GBP aus (Prognose -16,80 Mrd. GBP). Der Vormonat wurde von -19,60 Mrd. GBP auf -19,44 Mrd. GBP angepasst.
USA: Verbraucherpreise geringer als erwartet
Die Verbraucherpreise verzeichneten per Juni im Monatsvergleich einen Rückgang um 0,1% (Prognose +0,1%). Im Jahresvergleich ergab sich eine Zunahme um 3,0% (Prognose 3,1%) nach zuvor 3,3%.
Die Kernrate der Verbraucherpreise legte per Juni im Monatsvergleich um 0,1% zu (Prognose 0,2%, Vormonat 0,2%). Im Jahresvergleich stellte sich der Anstieg auf 3,3% (Prognose und Vormonatswert 3,4%).
Die Arbeitslosenerstanträge lagen per 6. Juli 2024 bei 222.000 (Prognose 236.000) nach zuvor 239.000 (revidiert von 238.000).
Das Federal Budget wies per Juni ein Defizit in Höhe von 66 Mrd. USD (Vorjahr Juni 2023 -228 Mrd. USD) nach zuvor -347 Mrd. USD aus.
Russland: Devisenreserven höher
Die Devisenreserven stellten sich per 5. Juli 2024 auf 597,2 Mrd. USD nach zuvor 590,5 Mrd. USD.
Hier den Hellmeyer Report lesen! (inkl. Graphiken und Tabellen!)
MÄRKTE
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DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen
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DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
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ISRAEL
n-tv aktuell ISRAEL
Spaltung der Palästinenser Palästinenserpräsident Abbas kritisiert Hamas
Palästinenserpräsident Abbas macht die Hamas für die Eskalation mitverantwortlich. Die Hamas entziehe sich der nationalen Einheit und liefere Israel als Besatzungsmacht Vorwände. Mit diesen Vorwürfen wachsen die Differenzen zwischen den Palästinensern weiter.
Chefstratege der Hamas im Visier Tote und Verletzte nach israelischem Angriff auf Chan Junis
Bei einem Luftangriff auf den Gazastreifen sterben nach palästinensischen Angaben 90 Menschen. Ziel des Angriffs war laut Israel der Anführer des militärischen Arms der Hamas, Mohammed Deif. Ob er getötet wurde, ist unklar.
Scheitern des Geiseldeals droht Netanjahu stellt Hamas neue Forderungen
Israels Premier will in einem Geiseldeal mit der Hamas die Rückkehr von Terroristen in den Norden des Gazastreifens unterbinden. Insider sehen das als eine neue Forderung, die das Abkommen bedroht. Das Büro Netanjahus widerspricht, die Angehörigen sind aufgebracht.
n-tv aktuell Nahost-Konflikt
Nach Angriff auf Chan Junis UN-Vertreter berichtet von „schrecklichsten Szenen“ in Gaza
Nach dem israelischen Luftangriff auf den Gazastreifen spricht der UN-Vertreter Anderson von schrecklichen Szenen. Er fordert, Zivilisten besser zu schützen. Nach palästinensischen Angaben gibt es Hunderte Verletzte und Dutzende Tote.
NACHT IM ÜBERBLICK – ISRAEL
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WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN
UN: 500.000 Menschen in Gaza von Hunger betroffen
New York/Gaza – Fast eine halbe Million Menschen im Gazastreifen leiden nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) unter Hunger. „Beschränkter Zugang und begrenzte Hilfsgüter haben zur Folge, dass Familien oft nicht die Unterstützung mit Nahrungsmitteln erhalten, die sie benötigen“, hieß es in einem Post auf X.
Das Welternährungsprogramm bleibe vor Ort, benötige aber zuverlässigen Zugang und Hilfsgüter, hieß es in der Mitteilung weiter. Nach mehr als neun Monaten Krieg und schweren Zerstörungen im Gazastreifen ist die humanitäre Situation laut Hilfsorganisationen für die Bevölkerung schwer angespannt. Ein Ende ist bisher nicht in Sicht.
Auslöser des Gaza-Krieges war das beispiellose Massaker mit mehr als 1.200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober 2023 in Israel verübt hatten.
Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seit Kriegsbeginn mehr als 38.000 Menschen in Gaza getötet. Die Zahl, die nicht zwischen Zivilisten und Kombattanten unterscheidet, lässt sich derzeit nicht unabhängig verifizieren.
Eine Verhandlungsrunde in der katarischen Hauptstadt brachte zunächst keinen Durchbruch. Strittig ist vor allem die Dauer einer Waffenruhe. Die Hamas fordert einen dauerhaften Waffenstillstand, Israel lehnt das ab. © dpa/aerzteblatt.de
UKRAINE
Karte der Ukraine
UNDERSTANDIG WAR (ISW)
Tägliche Updates des Institute for the Study of War (ISW) inkl. kurzfristig aktualisiertem Kartenwerk. Themen: Ukraine, Iran, China/Taiwan u.a.m.
Speziell für die Ukraine siehe hier (hinunterscrollen zu aktuellen Berichten).
n-tv aktuell UKRAINE
+++ 09:42 Russland nutzt Anschlag auf Trump für Propaganda +++
Nur Stunden nach dem versuchten Mordanschlag auf den früheren US-Präsidenten Donald Trump nutzt Russland den Vorfall für eigene Zwecke. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums ruft die US-Regierung auf, „ihre Politik der Aufstachelung zum Hass“ zu überprüfen. Eine solche Politik richte sich gegen „politische Gegner, Länder und Völker“, verkündete Maria Sacharowa. Sie nutzte das Attentat auch, um Propaganda gegen die Unterstützung der USA für die Ukraine zu machen. Das Geld für „die Waffenlieferung an Selenskyj“ solle „vielleicht besser zur Finanzierung der Polizei und anderer Dienste genutzt werden, die Recht und Ordnung in den USA sicherstellen sollen“, sagt sie an die Adresse republikanischer Politiker.
Schüsse auf Trump in Bildern Was beim Attentat in Pennsylvania passiert ist
+++ 09:00 Ukraine veröffentlicht Zahlen zu russischen Verlusten +++
Der ukrainische Generalstab veröffentlicht neue Verlustzahlen zu den russischen Truppen in der Ukraine. Demnach soll Russland seit dem 24. Februar 2022 rund 559.090 Soldaten in der Ukraine verloren haben. Allein innerhalb von 24 Stunden betrage die Zahl der Verluste 1320. Dem Bericht aus Kiew zufolge sollen unter anderem außerdem sieben Panzer und 46 Artilleriesysteme zerstört worden sein. Insgesamt soll Russland laut der Ukraine seit Beginn des Großangriffs 8.206 Panzer, 15.262 Artilleriesysteme und 361 Flugzeuge, 326 Hubschrauber, 12.108 Drohnen, 28 Schiffe und ein U-Boot verloren haben. Westliche Schätzungen nennen geringere Verlustzahlen – wobei das auch nur Mindestwerte sind.
+++ 07:59 Gouverneur: Luftalarm über Region Saporischschja +++
Iwan Fedorow, Militärgouverneur von Region Saporischschja, ruft Luftangriffsalarm in der südukrainischen Region aus. Auf Telegram schreibt er von Angriffen mit ballistischen Raketen. Fedorow zufolge werden auch andere Regionen in der Ukraine angegriffen. Zu Einschlägen, Verletzten oder Toten macht Fedorow keine Angaben.
+++ 06:30 Russland meldet zerstörte Drohne in Belgorod +++
Russland meldet auch aus der vergangenen Nacht eine zerstörte ukrainische Drohne in der russischen Region Belgorod. Gegen 23.05 Uhr Moskauer Zeit sei „ein Versuch des Kiewer Regimes, einen Terroranschlag“ mit einer Drohne durchzuführen, gestoppt worden, teilt das russische Verteidigungsministerium mit. In Belgorod und anderen an die Ukraine grenzenden Regionen kommt es immer wieder zu ukrainischen Angriffen. In der Nacht zuvor war etwa ein Öldepot in der Region Rostow durch ukrainische Drohnen in Brand gesteckt worden.
Krieg auf russischem Territorium Belgorods Bewohner senden Hilferuf an Putin
+++ 06:06 „Auch F-16 kein Game Changer“+++
Nicht eine bestimmte Waffe werde die Situation im Krieg drehen, sondern eine ausreichende Versorgung der ukrainischen Truppen mit Waffen und Munition, sagt der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba mit Blick auf die F-16-Kampfjets, die in Kürze in der Ukraine erwartet werden. „Keine einzelne Waffe kann ein Game Changersein, der alles verändert. Wir können die Situation nur dann zum Guten verändern, wenn wir über alle notwendigen Waffen und ausreichend Ausrüstung und Munition verfügen. Deshalb sind F-16 genauso wichtig wie verschiedene Arten von Luftverteidigungssystemen, deshalb sind sie genauso wichtig wie Kampfpanzer, gepanzerte Fahrzeuge und Artilleriemunition“, so Kuleba.
+++ 05:06 Kiew: Die Krim-Brücke muss zerstört werden +++
Die Krim hat sich in ein unbequemes Territorium verwandelt. Das sei die Leistung der ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungskräfte, erklärt der Leiter des ukrainischen Verteidigungsnachrichtendienstes, Generalleutnant Kyrylo Budanov. Das berichtet „Ukrinform“ unter Berufung auf den Pressedienst der Agentur. Demnach würde der Wiederaufbau der Schwarzmeerflotte nach einer Reihe ukrainischer Angriffe eine Herausforderung für Moskau darstellen. Ziel sei die Zerstörung der Krim-Brücke, sagt Budanow. Bislang sei gelungen, Russland zu zwingen, seine Kriegsschiffe so weit wie möglich von der Krim abzuziehen, erklärt der Chef des ukrainischen Verteidigungsministeriums.
Erst Vorteil, jetzt Nachteil Die Krim ist vielleicht Russlands größtes Problem
+++ 00:01 Ukraine schießt zwei russische Aufklärungsdrohnen ab +++
Ukrainische Streitkräfte schießen an der Südfront zwei russische Drohnen vom Typ Orlan ab. Das berichtet „Ukrinform“ unter Berufung auf einen Telegram-Eintrag des Luftkommandos Süd. Demnach greifen die Russen auch die Region Odessa mit einer ballistischen Rakete an. Dabei soll es sich dem Bericht zufolge wohl um eine Iskander-M handeln, die von der Krim aus abgefeuert worden sei.
+++ 22:17 Zwei Tote in Oblast Donezk +++
Bereits vor dem Angriff auf Nowootscheretuwate gab es weitere tödliche Angriffe in der Oblast Donezk. Das Gelände eines landwirtschaftlichen Betriebs in Kostiantynopolske sei von Gleitbomben getroffen worden – ein Mensch starb, einer wurde verletzt. In Tschassiw Jar sei ein Lagerhaus beschädigt worden, dabei starb ebenfalls eine Person.
+++ 21:53 Weitere Todesopfer in Oblast Donezk +++
Auch in der Oblast Donezk sterben Zivilisten nach einem russischen Angriff. Das Dorf Nowootscheretuwate sei von Gleitbomben getroffen worden, berichtet „Ukrainska Pravda“ unter Berufung auf die Militärverwaltung. Dabei seien zwei Menschen getötet worden, ein weiterer verletzt. Die Opfer hielten sich demnach in einem Haus auf, das von einer Gleitbombe getroffen wurde. Insgesamt seien zehn Gebäude beschädigt worden.
+++ 21:11 Russen töten Sanitäter mit zweitem Angriff auf Dorf +++
Seit langem ist dieses perfide Vorgehen bekannt: Nach einem Angriff feuern die Russen wenig später erneut auf ein Ziel, um mögliche Rettungskräfte zu treffen. So war es offenbar auch bei dem bereits erwähnten Angriff auf das Dorf Budy in der Oblast Charkiw (Ost-Ukraine). Unter den beiden Toten sei auch der Leiter der Notfall-Rettungskräfte der Oblast, Artem Kstyria, berichtet „Kyiv Independent“ unter Berufung auf das Innenministerium. „Die Terroristen haben zynisch und absichtlich zugeschlagen, als alle Rettungskräfte am Einsatzort angekommen waren“, sagte demnach der Bürgermeister von Charkiw, Igor Terechow.
Double-Tap-Taktik Russland wendet in der Ukraine eine in Syrien erprobte Terror-Methode an
+++ 20:36 Jugendliche verliert Arm nach russischem Angriff +++
Nach Angaben der Militärverwaltung der Oblast Cherson (Südukraine) verliert eine 16-Jährige aus dem Dorf Tschornobaijiwka nach einem russischen Angriff einen Arm. Die Russen hätten ein Wohngebiet angegriffen, die Jugendliche sei schwer verletzt ins Krankenhaus gekommen. Ihr Oberkörper sei von Schrapnellen getroffen worden. Ein Arm sei amputiert worden. Insgesamt kamen drei Menschen bei russischen Angriffen in der Oblast Cherson ums Leben.
+++ 20:04 Lukaschenko äußert sich zu Truppen an ukrainischer Grenze +++
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat Entspannung an der Grenze zur Ukraine angedeutet. Bei einem Truppenbesuch im Grenzgebiet hob er nach Angaben der Staatsagentur Belta den Abzug ukrainischer Einheiten aus der Region hervor. „Jetzt haben wir keine Komplikationen mit den Ukrainern, und ich hoffe, dass es auch keine geben wird“, wurde er von Belta zitiert. Zugleich kündigte Lukaschenko den Abzug von Einheiten an, die in den vergangenen Wochen an die ukrainisch-belarussische Grenze verlegt worden waren. Wegen angeblicher Truppenansammlungen auf ukrainischer Seite der gemeinsamen Grenze und wegen angeblicher Provokationen hatte Lukaschenko vor Kurzem die Grenzeinheiten verstärkt. Aus Kiew hieß es dagegen, Einheiten der Ukraine hätten lediglich die Verteidigungspositionen entlang der Grenze ausgebaut.
+++ 19:21 Fünf Eisenbahner bei russischem Angriff verletzt +++
Bei dem Angriff auf Budy (s. Eintrag 17:26) werden auch fünf Eisenbahnmitarbeiter verletzt. Wie „Pravda Ukrainska“ unter Berufung auf offizielle Stellen berichtet, seien Eisenbahngebäude und Züge bei dem Angriff auf das Dorf getroffen worden. Drei der Angestellten mussten demnach ins Krankenhaus gebracht werden. Schrapnelle hatten sie verletzt. Ein Feuer sei gelöscht worden.
+++ 18:44 Polizei evakuiert drei Kinder – Eltern hatten sie versteckt +++
Die Polizei in Wowtschansk in der Oblast Charkiw (Ost-Ukraine) hat drei Kinder evakuiert, deren Eltern sie versteckt hatten. Wie „Ukrainska Pravda“ unter Berfuung auf die Polizei berichtet, handelt es sich um ein vierjähriges Mädchen und zwei Jungen im Alter von 14 und 15. Demnach gilt bereits seit Juli 2023 ein Evakuierungsgebot für Kinder. Seit Mai dieses Jahres gebe es schwere Kämpfe in Wowtschansk.
+++ 18:08 Inlandsgeheimdienst bekennt sich zu Angriff auf Öl-Lager bei Rostow +++
Für einen Angriff auf ein Öl-Lager in Rostow am Don ist der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU verantwortlich. Der habe das Lager in der Region Zimljansk nahe Rostow zur Explosion gebracht, berichtet „Kyiv Independent“. Das russische Verteidigungsministerium hatte gemeldet, zwei Drohnen abgeschossen zu haben. Unter Berufung auf Präsident Selenskyj berichtet das Nachrichtenportal, es habe seit Ende Juni mehr als 30 Angriffe auf russische Öl-Raffinerien oder -Lager gegeben.
+++ 17:26 Zwei Tote bei Angriff nahe Charkiw +++
Bei einem russischen Angriff auf das Dorf Budy nahe Charkiw werden zwei Menschen getötet. Einer davon sei ein 24-Jähriger gewesen, der demnach an Schrapnell-Verletzungen starb, berichtet das Portal „Ukrainska Pravda“. 22 Menschen seien verletzt worden.
+++ 16:55 Selenskyj äußert sich zu Bidens Verwechslung +++
Die Ukraine hat den Versprecher von US-Präsident Joe Biden als Fehler bezeichnet, der verziehen werden könnte. „Es ist ein Fehler gewesen“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Samstag zu Journalisten auf dem Flughafen im irischen Shannon. Die Vereinigten Staaten hätten der Ukraine aber viel Unterstützung zukommen lassen. „Wir können manche Fehler vergessen.“ Biden hatte Selenskyj am Donnerstag beim NATO-Gipfel in Washington versehentlich mit Russlands Präsident Wladimir Putin verwechselt.
+++ 15:47 Peskow: Opfer wären europäische Hauptstädte +++
Nach der Ankündigung der USA Langstrecken-Raketen in Deutschland zu stationieren droht Kreml-Sprecher Dmitri Peskow mit Gegenmaßnahmen. Russland verfüge über ausreichende Kapazitäten um darauf zu reagieren, sagte er laut der russischen Nachrichtenagentur Tass. Die potenziellen Opfer wären dann die europäischen Hauptstädte, sagte er demnach.
+++ 15:26 USA entwickeln neue Langstrecken-Rakete für Ukraine +++
Die USA sind offenbar dabei, eine neue Langstrecken-Rakete für die ukrainischen Streitkräfte zu entwickeln. Laut einem Bericht des Portals „Kyiv Independent“ soll diese 225 Kilogramm Munition tragen können und gepanzerte Ziele zerstören können. Die Reichweite soll 460 Kilometer betragen.
+++ 14:08 Australien weist russische Kritik an Festnahme mutmaßlicher Spione zurück +++
Australiens Premierminister Anthony Albanese weist Kritik aus Russland an der Festnahme eines russischstämmigen Ehepaars wegen Spionagevorwürfen zurück. Die Kritik sei „unglaubwürdig“, weil Moskau „hier und auf der ganzen Welt“ Spionage betreibe, sagt Albanese. Die australische Polizei hatte am Donnerstag in Brisbane eine 40-jährige Frau und ihren 62 Jahre alten Mann festgenommen, die neben der russischen beide auch die australische Staatsbürgerschaft haben. Sie werden beschuldigt, sich Zugang zu Dokumenten des Militärs verschafft zu haben. Die russische Botschaft in Canberra warf den australischen Behörden vor, mit der Festnahme und den Medienberichten über den Fall „eine weitere Welle antirussischer Paranoia in Australien“ auslösen zu wollen.
+++ 13:21 Russisches Staats-TV spottet über Biden +++
Spätestens seit dem TV-Duell ist Joe Bidens Alter in den USA und in Medien weltweit ein großes Politikum. Nirgendwo aber werden die Aussetzer des Präsidenten so genüsslich zerlegt wie im russischen Staats-TV. Während sich der Kreml zurückhält, ziehen Moskaus Propagandisten ohne Hemmung über den 81-Jährigen her.
„Verkörpert Amerika im Verfall“ Russisches Staats-TV überzieht Biden mit Spott
+++ 12:42 Ukrainischer Geheimdienst befürchtet weitere Invasion von Norden +++
Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR, Kyrylo Budanow, sieht die Gefahr einer erneuten russischen Invasion aus dem Norden. Konkret dazu äußern wollte er sich im Interview mit „New Voice of Ukraine“ nicht. „Wenn ich anfange, diese Frage zu beantworten, werden Sie und ich Panik auslösen“, sagt er im Interview. „Sagen wir es so: Es gibt Probleme, sie neigen dazu, sich zu verschlimmern.“ Es werde „keine Katastrophe“ geben, „aber die Probleme nicht zu erkennen, wird nicht funktionieren“.
+++ 11:55 „Kreml-Hysterie zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“ +++
Sicherheitsexperte Rafael Loss sieht die russischen Reaktionen auf die Pläne zur Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland als positives Zeichen: „Die unmittelbare Kritik, geradezu Hysterie, die sich in Moskau um diese Raketen-Entscheidung entspann, zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt Loss, der am European Council on Foreign Relations forscht, im Interview mit ntv.de. Am Rande des NATO-Gipfels in Washington war am Mittwoch bekannt geworden, dass die USA von 2026 an in Deutschland weitreichende Waffensysteme stationieren wollen, darunter Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit einer Reichweite bis 2500 Kilometer sowie Luftabwehrraketen vom Typ SM-6. Bei seiner Kritik blende der Kreml aus, „dass er selbst Waffen dieser Art schon lange in seinen Depots hat“.
Sicherheitsexperte zum Gipfel „Putins Angriff auf die Kinderklinik war Botschaft an die NATO“
+++ 11:31 Orchester spielt in Trümmern von Kinderklinik in Kiew +++
Musik bringt in Kiew Menschen in Trauer zusammen. Nach den verheerenden Angriffen, bei denen auch eine Kinderklinik getroffen wird, rückt die Stadt zusammen. Global will auch die NATO enger mit der Ukraine zusammenrücken – an den Plänen, Tomahawk in Deutschland zu stationieren, gibt es aber auch Kritik.
Ergreifende Töne, „Trauer vereint“ Orchester spielt in Trümmern von Kinderklinik in Kiew
+++ 11:07 Zwei russische Marineschiffe nehmen an Militärmanöver mit China teil +++
Die russischen Korvetten „Gromki“ und „Reski“ sind im Hafen von Zhanjiang in der südchinesischen Provinz Guangdong eingetroffen. Die Schiffe der russischen Pazifikflotte sollen an der Marineübung „Joint Sea-2024“ teilnehmen, wie das russische Verteidigungsministerium auf Telegram schreibt. Das russisch-chinesische Manöver, dessen praktische Phase den Angaben zufolge von Montag bis Mittwoch stattfinden soll, sieht insbesondere gemeinsame Übungen zur Flugabwehr und zur Abwehr von U-Booten vor.
+++ 10:47 Mindestens sieben Tote bei russischen Angriffen +++
Bei russischen Angriffen in der gesamten Ukraine wurden am Freitag mindestens sieben Menschen getötet und mindestens 29 verletzt. Das teilen regionale Behörden in der Ukraine am Samstag mit. Allein in der Region Donezk wurden vier Menschen getötet.
+++ 09:41 Putin lässt Biografie ergänzen – um Lügen +++
Zum ersten Mal seit 2018 hat Putin seine offizielle Biografie auf der Webseite des russischen Präsidialamts aktualisieren lassen. Das berichtet die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass. Ergänzt wurde beispielsweise die Fußball-WM 2018 in Russland, die dazu geführt habe, dass Millionen Menschen ihre Meinung über Russland geändert hätten, wie Putin dort zitiert wird. Ein „Schlüsselereignis in der Biografie des Präsidenten“ sei zudem die „militärische Spezialoperation in der Ukraine“, so Tass. Die Biografie betone, dass die Entscheidung dafür „im Einklang mit der UN-Charta getroffen“ worden sei. Das ist falsch: Die UN-Charta verbietet Angriffskriege – was auch der Grund sein dürfte, warum Russland den Überfall nicht „Krieg“ nennt. Zweck der „Spezialoperation“ sei, „Menschen zu schützen, die acht Jahre lang Misshandlungen und Völkermord durch das Kiewer Regime ausgesetzt waren“, wiederholt Putin in seinen biografischen Angaben auf der Kreml-Webseite die Lügen, mit denen er den Überfall bereits im Februar 2022 begründet hatte.
Lügen über die Ukraine Putin lässt seine Biografie ergänzen
NACHT IM ÜBERBLICK – UKRAINE
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WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN
Stoltenberg bekräftigt: China unterstützt maßgeblich Russlands Kriegsführung
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärt am Ende des NATO-Gipfels in Washington, in den USA, dass China Russland entscheidend ermögliche, seinen Krieg in der Ukraine zu führen. Dies sei nicht ohne Konsequenzen für Chinas Interessen und seine Ruf bei den NATO-Ländern.
In ihrer bisher schärfsten Rüge gegen Peking haben die NATO-Verbündeten am Mittwoch China als „entscheidenden Ermöglicher“ von Russlands Krieg gegen die Ukraine bezeichnet. Außerdem äußerten sie sich besorgt über Pekings Atomwaffenarsenal und seine Programme im Weltraum.
Das streng formulierte Abschlusskommuniqué des NATO-Gipfels in Washington, das von den 32 NATO-Mitgliedern verabschiedet wurde, macht deutlich: China rückt in den Fokus des Militärbündnisses. Die europäischen und nordamerikanischen Mitglieder und ihre Partner im indo-pazifischen Raum sehen zunehmend gemeinsame Sicherheitsbedenken, die von Russland und seinen asiatischen Unterstützern, insbesondere China, ausgehen.
China sei Kriegstreiber geworden
In dem Kommuniqué erklärten die NATO-Mitgliedsstaaten, dass China durch seine „grenzenlose Partnerschaft“ mit Russland und seine umfangreiche Unterstützung der russischen Rüstungsindustrie zu einem Kriegstreiber geworden sei.
https://imasdk.googleapis.com/js/core/bridge3.650.0_en.html#goog_546191503 https://imasdk.googleapis.com/js/core/bridge3.650.0_en.html#goog_546191504 https://imasdk.googleapis.com/js/core/bridge3.650.0_en.html#goog_546191505 Der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bekräftigte dies in seiner Rede nochmal: „Wie die NATO-Verbündeten heute in unserer Gipfelerklärung vereinbart haben, ermöglicht China entscheidend Russland, seinen Krieg gegen die Ukraine zu führen. Chinas Rückhalt erhöht Russlands Bedrohung für die euro-atlantische Sicherheit. Die Verbündeten haben eindeutig erklärt, dass China den jüngsten Konflikt in Europa nicht ohne negative Auswirkungen auf seine Interessen und Ruf unterstützen kann. Morgen werden sich die NATO-Verbündeten mit unseren vier indo-pazifischen Partnern und der Europäischen Union treffen. Wir werden unsere Zusammenarbeit bei der Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen weiter vertiefen.“
NATO-Zusammenarbeit mit indo-pazifischen Partnern
Australien, Neuseeland, Japan und Südkorea haben ihre Staatsoberhäupter oder deren Stellvertreter zum NATO-Gipfel entsandt. Sie sind Partner, nicht Mitglieder des Bündnisses.
Die NATO und die indo-pazifischen Partner planen vier Projekte zur Unterstützung der Ukraine, zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Cyberverteidigung, zur Bekämpfung von Desinformation und zur Arbeit an künstlicher Intelligenz.
China streitet Kriegsunterstützung ab
Peking besteht unterdessen darauf, dass es Russland keine militärische Hilfe leistet, es betreibe lediglich Handel mit dem Nachbarland. Außerdem wirft Peking der NATO vor, sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen und eine Konfrontation im indo-pazifischen Raum anzustacheln.
Die chinesische Botschaft in Washington erklärte am Mittwoch, China sei weder ein Verursacher noch eine Partei der Ukraine-Krise. „China liefert keine Waffen an die Konfliktparteien und kontrolliert streng den Export von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, was von der internationalen Gemeinschaft weitgehend begrüßt wird“, sagte Liu Pengyu, der Sprecher der Botschaft.
Er sagte, Chinas normaler Handel mit Russland verlaufe „einwandfrei“ und „tadellos“.
In Washington begehen die 32 NATO-Mitgliedstaaten diese Woche den 75. Jahrestag des Militärbündnisses.
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INTERVIEW: „Der Weg der Ukraine in die NATO ist unumkehrbar“ – 11.7.2024
Auf dem NATO-Gipfel haben die Alliierten ihre unerschütterliche Solidarität mit der Ukraine bekräftigt und erklärt, das Land befinde sich auf dem „unumkehrbaren“ Weg zur Mitgliedschaft.
Euronews sprachen mit der stellvertretenden Ministerpräsidentin der Ukraine Olha Stefanishnya über den Weg ihres Landes in die NATO.
Olha Stefanishnya: Wir hatten eine sehr lange Diskussion und es gab keine Einigkeit, diese Entscheidung zu treffen. Aber ich denke, wir werden eine sehr klare Botschaft zur Mitgliedschaft hören – dass sie nicht zur Diskussion steht. Und ich hoffe, dass die Staats- und Regierungschefs nach der Entscheidung, die heute und morgen getroffen wird, Russland gegenüber sehr deutlich machen werden, dass die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine unumkehrbar ist. Und das ist ein sehr klares Signal an diejenigen, die dachten, dies könnte Verhandlungsmasse sein.
euronews: Das Problem ist, dass die Formulierung „unumkehrbar“ keine juristische Formulierung ist. Es kann rückgängig gemacht werden. Es kann jederzeit rückgängig gemacht werden. Die Ukraine ist also der Mitgliedschaft im Moment oder am Ende dieses Gipfels nicht näher gekommen.
Olha Stefanishnya: Sie könnte rückgängig gemacht werden, aber dazu müssten alle 32 Mitgliedsstaaten zustimmen.
euronews: Sind Sie am Ende dieses Gipfels zufrieden, dass die Ukraine alles hat, was sie braucht, um ihre Bevölkerung vor den Angriffen auf Krankenhäuser zu schützen, die wir Anfang dieser Woche erlebt haben?
Olha Stefanishnya: Natürlich brauchen wir noch viel mehr. Wir brauchen noch viel mehr. Und solange in der Ukraine Menschen sterben, werden wir uns nie in der Lage fühlen, uns vollständig vorzubereiten. Aber ich denke, es geht nicht um die Ukraine. Ich bin sicher, dass wir in dem Moment, in dem kein einziger russischer Soldat mehr auf ukrainischem Boden ist, sagen können, dass die Menschen in Sicherheit sind.
euronews: Ist das Problem mit den Beschränkungen für den Einsatz von Waffen auf russischem Territorium einigermaßen gelöst?
Olha Stefanishnya: Heute [11.7.] hatte der Präsident ein Treffen mit den Schlüsselländern und er konnte die Erlaubnis für die Ukraine erörtern, die russische Infrastruktur zerstören zu dürfen, um den Abschuss der Raketen zu ermöglichen, aber auch die militärischen Kapazitäten, die diese Angriffe ermöglichen. Das waren also die Treffen mit Großbritannien, mit Deutschland und mit beiden Parteien im US-Kongress.
Nach diesen Treffen wird es morgen ein Treffen zwischen dem Präsidenten der Ukraine und Präsident Biden geben. Dabei wird dies eines der zu besprechenden Themen sein.
euronews: Und haben Sie irgendwelche Pläne? Wird es eine Lockerung der Beschränkungen für die Ukraine geben?
Olha Stefanishnya: Ich bin sicher, wir sind auf dem Weg zu dieser Entscheidung, aber wir können jetzt noch keine wirkliche Vorhersage machen.
Das Gespräch führte euronews-Korrespondentin Shona Murray.
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ZENTRALBANKEN
KOMMENTAR zur Geldpolitik: US-Wahl birgt Gefahr für Europa Mit Donald Trump bleiben die Zinsen hoch
Obwohl die Inflation sinkt, dürfte die Zinswende bei der EZB sehr zögerlich weitergehen. Denn die größte Gefahr für Europas Wirtschaft sind nicht länger Lieferengpässe, Preissteigerungen oder die Abkehr vom russischen Gas. Sondern politische Risiken.
Schlechte Nachrichten für Anleger: Trotz abflauender Inflation wird es wohl noch eine ganze Weile dauern, bis die Notenbanker drastisch auf die Zinsbremse treten und den Leitzins weiter spürbar senken. Denn aus Sicht der Ökonomen, die die Finanzagentur Bloomberg dazu befragt hat, dürften die Euro-Währungshüter angesichts einer Fülle von unwägbaren politischen Risiken wohl eher übervorsichtig statt allzu forsch beim Ausstieg aus der historischen Zinsanhebungsphase vorgehen.
Im Juni hatte die EZB zwar schon die Zinswende eingeleitet und erstmals seit fünf Jahren den Leitzins auf 4,25 Prozent gesenkt, statt ihn anzuheben. Doch so sehr es sich Börsianer und Investoren auch wünschen mögen: Das heißt nicht, dass es am kommenden Donnerstag in der letzten Sitzung vor der Sommerpause einfach so weitergeht. Im Gegenteil.
Laut Bloomberg gehen die Experten davon aus, dass die Notenbanker bis September erst einmal eine Pause einlegen. Und es dann noch bis Herbst 2025 dauern wird, bis der Leitzins wieder auf erträglichere 2,5 Prozent gesunken ist.
Trump wirft seinen Schatten auf Europa
Das liegt vor allem daran, dass die Entwicklung der Wirtschaft immer schwerer vorherzusehen ist. Eigentlich schauen die EZB-Experten bei ihren Entscheidungen auf die Daten der Lohn- und Preisentwicklung: langfristig streben sie an, dass sich die Inflation durch ihre Politik bei oder nahe zwei Prozent einpegelt. Doch in der derzeitigen Gemengelage ist kaum noch etwas sicher.
Eine Reihe politischer Großereignisse könnte zum Schock für die Wirtschaft in Europa werden. Allen voran die mögliche Rückkehr von Donald Trump als US-Präsident: Sie ist für die Mehrheit der Ökonomen in der Umfrage die größte Gefahr für Wachstum und sinkende Zinsen. Gleich danach kommt der politische Stillstand nach den Wahlen in Frankreich – und das daraus resultierende mögliche Wiederaufflammen der Schuldenkrise.
In solch turbulenten Zeiten wollen sich die Notenbanker einfach nicht auf eine Strategie festlegen. Sie warten ab – und reagieren, wenn etwas passiert. „Es gibt momentan einfach keine Notwendigkeit, die Zinsen weiter zu senken“, zitiert Bloomberg den ING-Chefökonomen Carsten Brzeski. „Die EZB wird bei ihrem datengetriebenen Ansatz bleiben und es tunlichst lassen, irgendeine Zinsprognose abzugeben.“
Anleger lechzen nach Zinserleichterung
Unverhofft beschleunigen könnte den gemächlichen Zeitplan womöglich nur die Konkurrenz aus Übersee. Denn in den USA hat das sich abzeichnende schnellere Ende der Preisexplosion in dieser Woche bereits die Börsen beflügelt. Der US-Verbraucherpreisindex war im Juni überraschend auf nur noch drei Prozent gesunken – das ist der niedrigste Stand seit Sommer 2023.
In den USA hoffen die Anleger nun schon darauf, dass die US-Notenbank Fed bei ihrer Sitzung im September die Zinsen senkt. Fed-Chef Jerome Powell hat in dieser Woche bereits Andeutungen in diese Richtung gemacht und darauf hingewiesen, dass eine weitere Schwächung am Arbeitsmarkt nicht mehr wünschenswert wäre.
Sollte die Fed handeln, würde der Druck auch auf die EZB wachsen, nachzuziehen. Jedenfalls dann, wenn der Abstand zum US-Leitzins zu groß werden sollte. Es sei denn, es passiert mal wieder etwas Unvorhergesehenes. *** Quelle: ntv.de
MELDUNGEN
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WEITERE MELDUNGEN
Immer mehr Inder verzichten auf das Bargeld – Laut Studie von Kearney India und Amazon Pay India sind 69 Prozent der Transaktionen digital
Mumbai/Seattle (pte004/11.07.2024/06:15) – Laut einem neuen Indien-Report von Kearney India und Amazon Pay India auf Basis einer Umfrage von mehr als 6.000 Verbrauchern und 1.000 Händlern in 120 Städten wird die digitale, also bargeldlose Bezahlung präferiert. Indische Händler hätten diesen Paradigmenwechsel erkannt und sich bereits angepasst. 69 Prozent der Transaktionen finden auf dem Subkontinent bereits über digitale Kanäle statt.
Digitale Transformation
„Da digitale Transaktionen selbst Straßenhändler und kleinere Städte durchdringen, befinden wir uns an einem Wendepunkt. Amazon Pay ist entschlossen, an der Spitze dieser Transformation zu stehen und Indern in allen Regionen einen nahtlosen Zugang zu digitalen Zahlungen zu ermöglichen“, so Vikas Bansal, CEO von Amazon Pay India.
Die digitale Zahlungsrevolution wird von Indiens Millennials (25 bis 43 Jahre) und der Generation X (44 bis 59 Jahre) angeführt. Aber auch die Baby-Boomer (60 Jahre und älter) zahlen laut dem Bericht immer öfter bargeldlos. In Bezug auf die Geschlechter lassen sich laut den Studienautoren keine signifikanten Präferenzen ablesen.
Offline-Käufe bar bezahlt
53 Prozent der Verbraucher nutzen das Unified Payments Interface (UPI) vor allem für Online-Einkäufe. Knapp jeder dritte Verbraucher präferiert digitale Geldbörsen und Karten (Kredit-, Debit- und Prepaid-Karten). Bei Offline-Käufen dominiert immer noch Bargeld, wobei 25 Prozent der Verbraucher UPI und 20 Prozent digitale Geldbörsen und Karten bevorzugen. (Ende)
Britischer Premier Sir Keir Starmer will Annäherung an EU – 12.7.2024
Der britische Premierminister Sir Keir Starmer will künftig enger mit Brüssel zusammenarbeiten und das Handelsabkommen mit der Europäischen Union nachverhandeln.
Der britische Premierminister Sir Keir Starmer will die Beziehungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union neu gestalten. Großbritannien wolle nicht erneut der EU beitreten, sondern lediglich seine Position auf der Weltbühne stärken, sagte Starmer bei der Pressekonferenz nach dem NATO-Gipfel in Washington.
„Es geht um einen Neustart unserer Beziehungen, nicht wirklich um einen institutionellen Neustart“, betone er. „Es geht nicht darum, in die EU zurückzukehren. Aber es ist auf jeden Fall ein Neustart“.
Starmer erklärte, dass sehr viele Menschen in Großbritannien nach dem Brexit das Gefühl gehabt hätten, dass das Vereinigte Königreich zu sehr nach innen gerichtet sei und sich nicht mehr genug um seine Position auf der Weltbühne kümmern würde.
Der NATO-Gipfel bat dem britischen Premier eine günstige Gelegenheit, sich erneut mit den Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU zu befassen, nachdem seine Labour-Partei in Großbritannien an die Macht kam.
Am Montag teilte Starmer in einem Interview mit der irischen Zeitung Stormont mit, dass er ein besseres Handelsabkommen mit der EU anstrebe. Das Abkommen des früheren Premierministers Boris Johnson beschrieb er als einen „misslungenen Deal“. Er suche eine engere Bindung an die Europäische Union.
Eine engere Zusammenarbeit mit Brüssel setze jedoch voraus, dass Großbritannien die bestehenden Vereinbarungen einhält. Zum Beispiel dürfen Kontrollen für den Warenverkehr zwischen Nordirland und dem Rest Großbritanniens, die nach dem Brexit eingeführt sind, nicht beendet werden.
Ende Januar hat die frühere britische Regierung mitgeteilt, dass die meisten Waren beim Transport zwischen Nordirland und dem Rest des Landes nicht mehr geprüft werden sollen. Die konservative Regierung des damaligen Premierministers Rishi Sunak wollte Routinechecks abschaffen und den größten Teil der Waren nicht mehr prüfen. Damit wollte Großbritanniens Regierung die politische Krise in Nordirland beenden.
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EUROPAWAHL 9.6.2024
Österreich-bezogene Informationen dazu auf WIKIPEDIA => Wahlwerbende Parteien
Tiefe Gräben in Frankreich: Keine Einigung auf Ministerpräsidenten in Sicht – 11.7.2024
Nach dem überraschenden Wahlsieg des links-grünen Bündnisses könnte Frankreich in eine parlamentarische Krise geraten. Die linken Parteien wollen den Ministerpräsidenten stellen, die rechten sind dagegen und drohen mit einer Blockade.
Dutzende neu gewählte rechtspopulistische Abgeordnete sind zum ersten Mal nach der Parlamentswahl in Frankreich in der Nationalversammlung eingetroffen. Trotz des überraschenden Sieges des links-grünen Bündnisses war die Wahl für das rechtspopulistische Rassemblement National ein Erfolg. 2022 hatte die Partei 89 Sitze in der Nationalversammlung, nun wird sie mindestens 123 bekommen. Damit landeten sie auf Platz drei, hinter dem Mitte-Lager des Präsidenten Emmanuel Macron.
Das Linksbündnis verfügt mit 193 von 577 Sitzen über die meisten Mandate in der Nationalversammlung, ist aber weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Dafür hätte sie 289 Mandate gebraucht. Das Mitte-Lager von Macron verfügt über 164 Sitze.
Somit wird das Rassemblement National in Frankreichs Parlament eine Schlüsselrolle spielen. Eines ist klar: Einen linken Ministerpräsidenten wollen sie auf jeden Fall blockieren. Das haben viele seiner Abgeordneten bereits in Medien bestätigt.
Auflösung der Regierung als Weg aus der Krise?
Einige Abgeordnete des Rassemblement National, zum Beispiel Philippe Ballard, sind der Meinung, dass nur die erneute Auflösung des Parlaments aus der drohenden institutionellen Krise fürhen würde. Dies wäre jedoch erst nächstes Jahr möglich.
„Wir haben die politischen Aussichten skizziert, es ist ein Sprung ins Ungewisse, es ist ein Sumpf, wie Marine Le Pen und Jordan Bardella es genannt haben“, zitierte er die Leitung der Partei. „Wir haben über die Zukunft gesprochen. Außer einer Auflösung in einem Jahr sehen wir keine andere Lösung. Daher heißt es für uns ein Jahr Wahlkampf“, sagte er Euronews.
Der 28- jährige Vorsitzende des Rassemblement National, Jordan Bardella, der außerdem Abgeordneter des Europäischen Parlaments ist, forderte die neu gewählten Politiker auf, während ihrer Amtszeit „absolut tadellos“ zu sein.
Die Parlamentswahl war durch zahlreiche rassistische und antisemitischer Äußerungen von Kandidaten des Rassemblement National geprägt.
Präsidentenlager bemüht sich um Allianzen
Der Kampf um das Amt des Ministerpräsidenten geht auch in den anderen Bündnissen weiter. Das Präsidentenlager bemüht sich, Verbündete zu finden, damit es nicht zu einer linken Regierung kommt. Besonders kritisch sind die dortigen Politiker gegenüber der Partei La France Insoumise, die vom umstrittenen linken Politiker Jean-Luc Mélenchon angeführt wird.
„Wir haben sehr deutlich davor gewarnt: Wenn morgen die Neue Volksfront regieren würde, und darunter auch nur ein Mitglied der France Insoumise wäre, dann hätten wir sofort ein Misstrauensvotum und die Regierung würde stürzen“, sagte Aurore Bergé, die seit 2024 im Kabinett Attal als beigeordnete Ministerin im Ressort Gleichstellung von Frauen und Männern und Kampf gegen Diskriminierung fungiert. „Das ist nicht gut für das Land. Wir benötigen Stabilität. Wir müssen ein Bündnis schaffen, das über die derzeitigen Blöcke, die gelähmt sind, hinausgeht.“
In einem Brief, der am Mittwoch in den französischen Medien veröffentlicht wurde, rief Emmanuel Macron die „politischen Kräfte, die sich in den Institutionen der Republik wiedererkennen“ auf, eine „solide“ Mehrheitsgruppe in der Nationalversammlung zu bilden, bevor er einen neuen Ministerpräsidenten ernennen kann.
Mit dieser Botschaft hofft er, die Abgeordneten der gemäßigten linken Parteien wie der Sozialisten (PS) und der gemäßigten rechten Partei Les Républicains (LR) hinter sich zu bringen.
Unter anderem wurde der frühere Staatspräsident Frankreichs, François Holland (PS) wieder in die Nationalversammlung gewählt. Macron hofft, unter anderem mit ihm zusammenarbeiten zu können.
Der neu gewählte Vorsitzende der LR, Laurent Wauquiez, kündigte jedoch gegenüber französischen Medien an, dass seine Partei keine Koalition mit dem Präsidentenlager eingehen werde.
Die linken Parteien haben versprochen, ihren Kandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten in dieser Woche vorzuschlagen. Notfalls wollen sie Frankreich auch mit einer Minderheitsregierung regieren.
„Es geht darum, dass die führende Fraktion den Ministerpräsidenten ernennt. Das führende politische Bündnis ist die Neue Volksfront“, sagteJean-Luc Mélénchon vor Reportern in Brüssel.
Präsident Emmanuel Macron hat am Montag seinen Ministerpräsidenten Gabriel Attal gebeten, weniger als drei Wochen vor dem Beginn der Olympischen Spiele in Paris weiterhin die Regierung zu führen.
Die erste Sitzung der Nationalversammlung wird am 18. Juli stattfinden.
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Ungarischer Europaminister: „Unser Wohlstand beruht auf der Integration Chinas“
[Siehe dazu auch den Tagesblick vom 12.67.2024]
Ungarn steht wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit in der Kritik. Auch bei der Unterstützung der Ukraine hat sich Ministerpräsident Viktor Orbán als Blockierer gezeigt. Anfang Juli hat Ungarn turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Was wird das für eine Präsidentschaft?
Der Krieg in der Ukraine, Russland, China, Rechtsstaatlichkeit. Es gibt viele Themen, die Ungarn vom Rest der Europäischen Union trennen. Ungarn hat gerade erst Anfang Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Was für eine Präsidentschaft wird das sein? Diese Fragen stellten wir dem ungarischen Minister für EU-Angelegenheiten János Bóka.
Euronews-Reporter Sergio Cantone:
Herr Minister János Bóka, willkommen bei Euronews. Ich möchte Ihnen eine erste Frage stellen: Stellt Russland eine existenzielle Bedrohung für die Interessen und die Sicherheit der Europäischen Union dar? Oder gibt es unterschiedliche Interessen, die mit diplomatischen Mitteln, mit politischen Mitteln beschwichtigt oder gelöst werden können?
János Bóka: Europa muss in einer nachhaltigen europäischen Sicherheitsarchitektur irgendeine Art von Beziehung zu Russland haben. Wenn wir eine nachhaltige Sicherheitsarchitektur für die nächsten Jahrzehnte aufbauen wollen, dann muss das Verhältnis zwischen Europa und Russland irgendwie gestaltet werden.
Euronews: Aber gehört es nicht zum Aufbau dieser Sicherheitsarchitektur, von der Sie sprechen, klare rote Linien gegenüber Russland zu ziehen?
János Bóka: Wie alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind wir der Auffassung, dass wir die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine uneingeschränkt unterstützen müssen. Das steht außer Frage. Eine nachhaltige Sicherheitsarchitektur ist nicht möglich, ohne Russland auf diplomatischem Wege mit dem Ziel einzubinden, eine nachhaltige Sicherheitsarchitektur für Europa zu schaffen. Wir sind noch nicht so weit, aber die Voraussetzungen für ein solches Engagement müssen irgendwann geschaffen werden.
Euronews: Gleichzeitig gab es aber auch Kritik von Seiten der EU- und NATO-Partner an der Initiative von Budapest, von Ministerpräsident Viktor Orbán, sowohl nach Moskau als auch nach Peking zu reisen. War das eine Initiative im Rahmen der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft oder ein Alleingang des Ministerpräsidenten, der nicht mit den Partnern abgesprochen war?
János Bóka: Es handelte sich um einen Alleingang des ungarischen Ministerpräsidenten. Er hat mehrfach deutlich gemacht, dass er nicht im Namen der Europäischen Union verhandelt, weil er dazu weder die Kompetenz noch das Mandat hat. Er hat auch deutlich gemacht, dass es nicht sein Ziel ist, Lösungen zu präsentieren oder neue Initiativen anzuregen, sondern dass er eine Sondierungsmission unternimmt, um bestimmte Fragen zu klären. Nach jedem Treffen informierte er die Präsidentin der Europäischen Kommission Rates und die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
uronews: Aber meinen Sie nicht, dass es sowohl für Ungarn als auch für die Europäische Union etwas blamabel war, die Videos dieser Reisen mit dem Logo der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft zu zeigen, vor allem nach dem schrecklichen Bombenanschlag auf ein Kinderkrankenhaus in Kiew vor zwei Tagen?
János Bóka: Der Bombenanschlag in Kiew ist schrecklich. Er ist furchtbar. Der Verlust an Menschenleben und der Schaden, den dieser Krieg angerichtet hat, unterstreicht nur noch die Bedeutung der Friedensmission des ungarischen Ministerpräsidenten.
Euronews: Aber mangelt es Präsident Wladimir Putin nicht an Respekt? Nur 48 Stunden bzw. drei Tage nach dem Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten hat er die ukrainische Hauptstadt mit aller Härte angegriffen.
János Bóka: Man darf nicht vergessen, dass sich Russland und die Ukraine im Krieg befinden. Und ich erwarte nicht, dass Parteien, die gegeneinander kämpfen, sich zurückhalten. Was wir von diesen Reisen erwarten, sind zusätzliche Informationen und Beiträge zum Entscheidungsfindungsprozess der Europäischen Union, damit wir einen Waffenstillstand erreichen, der substantielle Friedensgespräche ermöglicht.
Sondierungsmission in Sachen Frieden
Euronews: Was sind die Grundlagen für diesen Waffenstillstand?
János Bóka: Das ist es, was der Ministerpräsident während dieser Reisen herausfinden wollte: ob es eine Bereitschaft seitens der Parteien gibt und wie die europäischen Institutionen helfen können, einen gerechten und dauerhaften Ausweg aus diesem militärischen Konflikt zu finden.
Euronews: Ja, aber es gibt Differenzen und Meinungsverschiedenheiten zwischen Budapest und dem Rest der Europäischen Union, wenn es um die Unterstützung der Aufrüstung der Ukraine geht.
János Bóka: Das ist die richtige Interpretation: Nicht wenige Mitgliedstaaten glauben, dass unsere strategischen Ziele mit militärischen Mitteln auf dem Schlachtfeld erreicht werden können. Die Absicht des Ministerpräsidenten war es, zusätzliche Informationen und Klarstellungen zu liefern, die in diese Diskussionen einfließen können.
Euronews: Ist es nicht ein gewisser Widerspruch, dass das Ziel darin besteht, eine Art permanente Sicherheitsarchitektur zu schaffen, wie Sie sagen, auf der Grundlage einer Frontlinie und eines eingefrorenen Konflikts im Herzen Europas? Verstehen Sie das unter einer permanenten Sicherheitsarchitektur?
János Bóka: Die Gestaltung einer nachhaltigen Sicherheitsarchitektur liegt nicht in der Verantwortung Ungarns. Aber ich glaube, wir sind uns alle einig, dass eine aktive militärische Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine keine tragfähige Grundlage für eine künftige Sicherheitsarchitektur in Europa ist. Dieser militärische Konflikt muss auf die eine oder andere Weise beendet werden. Das würde eine Diskussionsgrundlage für die zukünftige Sicherheitsarchitektur schaffen.
Streitpunkt: Ungarns militärische Unterstützung
Euronews: Die NATO-Mitglieder haben beschlossen, der Ukraine neue Waffensysteme zu liefern. Sind Sie damit einverstanden?
János Bóka: Ungarn hat gleich zu Beginn des Konflikts die Entscheidung getroffen, der Ukraine umfassende Hilfe zu leisten, einschließlich humanitärer Hilfe, einschließlich Energieversorgung und in einer Reihe anderer Bereiche. Aber wir haben beschlossen, der Ukraine weder direkt noch indirekt militärische Hilfe in einer Form zu leisten, die zur Anwendung tödlicher Gewalt genutzt werden könnte.
Euronews: Ja, aber das widerspricht dem Beschluss des Rates, der Ukraine zu helfen, und wie Sie gesagt haben, ist das Ziel, der Ukraine die strategischen Mittel zu geben, um sich militärisch zu verteidigen.
János Bóka: Ich sehe hier keinen grundsätzlichen Widerspruch. Die Entscheidung besteht darin, der Ukraine eine breite Unterstützung im Einklang mit der Sicherheits- und Verteidigungspolitik und den Interessen jedes einzelnen Mitgliedstaates zu geben. Das ist jedenfalls die Entscheidung, die die Europäische Union getroffen hat. Und das entspricht auch den Verpflichtungen der NATO. Wir haben nie das Recht der Mitgliedsstaaten bestritten, die Ukraine anders zu unterstützen als wir es tun.
Euronews: Aber Sie behindern die Waffenlieferungen an die Ukraine.
János Bóka: Wir unterstützen die Ukraine im Einklang mit unserer Sicherheits- und Verteidigungsstrategie und deren Bewertung.
Euronews: Sie haben also ein anderes Sicherheitskonzept, wenn es um Ihr Land geht, das ist zu respektieren und natürlich legitim. Aber es bleibt festzustellen, dass Ungarn ein anderes Sicherheitskonzept hat, gegenüber der NATO und gegenüber der Europäischen Union, den anderen Partnern.
János Bóka: Es ist genauer zu sagen, dass die Verbündeten in der NATO und die Partner in der Europäischen Union ein Interpretationsfeld haben, das die Grundlage für die Unterstützung der Ukraine ist, und Ungarn befindet sich innerhalb dieses akzeptierten Interpretationsfeldes, wenn es um die Sicherheits- und Verteidigungsinteressen Europas und des transatlantischen Bündnisses geht.
Die Zukunft der Europäischen Friedensfazilität
Euronews: Werden Sie weiterhin die Europäische Friedensfazilität blockieren?
János Bóka: Die Europäische Friedensfazilität ist ein sehr komplexes Thema. Die Frage ist nicht, ob sie blockiert wird oder nicht. Die Frage ist, wie die Europäische Friedensfazilität dazu beitragen kann, die Sicherheitsinteressen der Europäischen Union zu fördern. Und da gibt es eine Reihe von offenen Fragen, z.B. die Vereinbarung der G7-Staaten, Kredite, die auch für den Kauf von Rüstungsgütern verwendet werden können, über die Europäische Friedensfazilität zu kanalisieren. Wir sind der Meinung, dass alle diese Fragen geklärt werden müssen und dann müssen wir endlich eine politische Entscheidung über die Zukunft der Europäischen Friedensfazilität im Allgemeinen treffen.
Euronews: Das Ziel ist klar, es geht darum, ob man dieses Geld den Ukrainern geben soll, um die Militärausgaben zu erstatten oder nicht. Das ist das Dilemma. Was also, abgesehen von der Struktur und der Formulierung, die Komplexität ausmacht, könnte ein Mechanismus für eine Friedensfazilität sein.
János Bóka: Die Komplexität und die strategische Unklarheit der Rolle war von Anfang an ziemlich deutlich. Ich erinnere mich an die erste Diskussion, als es eine vorläufige Summe gab, wie viel Militärhilfe der Ukraine zur Verfügung gestellt werden sollte, und dann wurde diese Summe ständig erhöht, und es wurden sehr unterschiedliche Zahlen und Finanzierungsmöglichkeiten genannt.
Was passiert mit den eingefrorenen Guthaben Russlands?
Euronews: Sie sind auch gegen die Verwendung der eingefrorenen Guthaben, der Gewinne aus den eingefrorenen russischen Guthaben. Sie sind es immer noch. Meinen Sie nicht, dass es nach den jüngsten Anschlägen in Kiew und in der Ukraine an der Zeit ist, diese Politik zu ändern?
János Bóka: Die einzige Frage, die sich uns stellt, ist, ob die Europäische Friedensfazilität das beste Instrument ist, um diese Gelder in die Ukraine zu transferieren, das ist die Frage, die sich uns stellt. Und das betrifft auch die Zukunft der Europäischen Friedensfazilität im Allgemeinen.
„Europa wieder groß machen“
Euronews: Wird die Präsentation der Agenda „Europa wieder groß“ machen durch Ministerpräsident Viktor Orban im Europäischen Parlament stattfinden oder nicht?
János Bóka: Der Ministerpräsident ist bereit, das Europäische Parlament zu einem Zeitpunkt zu besuchen, der dem Europäischen Parlament genehm ist. Wir haben noch keine Einladung erhalten. Aber wenn und falls wir diese Einladung erhalten, ist der Ministerpräsident bereit und willens dazu.
Euronews: Aber finden Sie es nicht etwas ungewöhnlich, dass Sie diese Einladung nicht erhalten haben, dass die Regierung, die gerade die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat, keine solche Einladung vom Europäischen Parlament erhalten hat? Das ist übrigens Teil des Protokolls.
János Bóka: Ich würde mich davor hüten, hier irgendwelche politischen Verwicklungen zu sehen. Was ich weiß, ist, dass das Europäische Parlament nächste Woche seine erste Plenarsitzung haben wird. Normalerweise hält das Europäische Parlament in der Zeit des institutionellen Übergangs im Juli zwei Plenarsitzungen ab. Und in diesem Fall wird normalerweise für die 2. Plenarsitzung im Juli eingeladen. Dieses Mal wird das Europäische Parlament nur eine Plenarsitzung im Juli abhalten.
Euronews: Aber die ungarische Ratspräsidentschaft war schon seit langem geplant.
János Bóka: Diese Frage muss dem Europäischen Parlament gestellt werden. Ich glaube, es ist nur eine Frage der Zeitplanung. Ich glaube nicht, dass das Europäische Parlament nicht an einer ehrlichen Zusammenarbeit zwischen den Institutionen während der ungarischen Ratspräsidentschaft interessiert ist.
Offene Rechtsstaatsfragen
Euronews: Glauben Sie, dass diese sechs Monate für Ungarn eine Chance sind, die offenen Rechtsstaatsfragen mit der Europäischen Union zu lösen?
János Bóka: Ich bin seit 2018 im Namen der ungarischen Regierung tätig. Die ungarische Regierung hat sich in den verschiedenen Prozessen der Zusammenarbeit mit den Institutionen und der Klärung offener politischer Fragen und Anliegen auf konstruktive Weise eingebracht. Und die ungarische Regierung ist auch weiterhin bereit, dies während, vor und nach der Ratspräsidentschaft zu tun. Ich sehe nicht, dass die Ratspräsidentschaft einen besonderen Einfluss auf diese Art von Beziehungen in den Verfahren hat.
Euronews: Ja, aber es ist politisch blamabel. Meinen Sie nicht auch? Ein schwebendes Problem zu haben, das die Rechtsstaatlichkeit betrifft, die das Herzstück der Verträge der Europäischen Union ist.
János Bóka: Die Frage ist nicht, ob es peinlich ist. Die Frage ist, warum wir in dieser Situation sind und ob es einen politischen und technischen Ausweg gibt. Ich glaube, es gibt einen Ausweg. Daran hat die ungarische Regierung im Sinne einer konstruktiven Zusammenarbeit mit den Institutionen gearbeitet, und das werden wir auch weiterhin tun.
Euronews: Betrachten Sie den Artikel sieben und die Quelle des Artikels sieben, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, als eine Art Verletzung der nationalen Souveränität der EU-Länder bzw. Ungarns?
János Bóka: Als wir der Europäischen Union beigetreten sind, haben wir die Vereinbarkeit der Verträge mit der ungarischen Verfassung geprüft. Diese Bewertung wurde bei der Verabschiedung des ungarischen Grundgesetzes, das jetzt die Verfassung des Landes ist, wiederholt. Ich glaube nicht, dass es einen grundsätzlichen oder inhärenten Verfassungskonflikt zwischen dem ungarischen Grundgesetz und den Verträgen als solchen gibt. Natürlich treffen die Institutionen ihre Entscheidungen auf der Grundlage dieser Verträge. Die Frage, ob es einen Verfassungskonflikt zwischen diesen Entscheidungen und dem ungarischen Grundgesetz gibt, muss von Fall zu Fall geprüft werden.
Euronews: Haben Sie keine Angst vor einer möglichen Aussetzung des Stimmrechts im Rat?
János Bóka: Soll ich Angst haben? Ich habe keine Angst. Ich bin nicht…
Euronews: Beunruhigt?
János Bóka: Von Zeit zu Zeit gibt es Initiativen oder eine Kommunikation in diese Richtung. Ich hoffe, dass wir am Ende des Tages einen Weg finden werden, um mit den Mitgliedsstaaten und den Institutionen für die gemeinsamen Interessen Europas zusammenzuarbeiten.
Erweiterung der EU
Euronews: Teilen Sie die Ansichten der Europäischen Union in Bezug auf die Erweiterung?
János Bóka: Ich glaube, dass die Europäische Union die Erweiterung als einen objektiven und leistungsorientierten Prozess betrachtet. Dem stimme ich voll und ganz zu. 15:58 Euronews: Aber auch für die Ukraine, beispielsweise eine Schnellspur für die Ukraine.
János Bóka: Die Erweiterung sollte ein objektiver und leistungsorientierter Prozess für alle sein.
Euronews: Sie sind also der Meinung, dass Südosteuropa und der westliche Balkan in Bezug auf die Ukraine Priorität haben.
János Bóka: In einem objektiven und leistungsbasierten Prozess hat niemand Vorrang. Das ist die Quintessenz des objektiven und leistungsorientierten Prozesses, dass es keine objektiven politischen Prioritäten gibt.
Euronews: Aber ist die Europäische Union in der Lage, die Ukraine aufzunehmen? Es geht nicht nur um Verdienste.
János Bóka: Das ist eine andere Frage. Wenn ich mir die Größe, die Bevölkerung, die politische und militärische Situation in der Ukraine anschaue, dann kann man kaum sagen, dass die Ukraine jetzt bereit ist, der Europäischen Union beizutreten, oder dass wir abschätzen können, wann die Ukraine bereit sein wird, der Europäischen Union beizutreten.
Euronews: Was die Kapazitäten der Europäischen Union betrifft, so ist es viel einfacher, die Türen für die Länder des Westbalkans zu öffnen.
János Bóka: Wenn ich mir den Grad ihrer Vorbereitung anschaue, wenn ich mir die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Rezession anschaue, sind diese wesentlich geringer als die der Ukraine.
Euronews: Das Gleiche gilt für Serbien, obwohl es sich nicht den EU-Sanktionen gegen Russland angeschlossen hat?
János Bóka: Das ist eine politische Frage. Und wenn ich davon spreche, dass die Erweiterung ein objektiver und leistungsorientierter Prozess ist, dann bedeutet das auch, dass sich die Europäische Union an den Verhandlungsrahmen hält, den wir gemeinsam mit den Kandidatenländern beschlossen haben. Und dieser Verhandlungsrahmen besagt ganz klar, dass die Länder zum Zeitpunkt des Beitritts vollständig an die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) angepasst sein müssen. Wenn wir also politische Forderungen formulieren, dass die vollständige Angleichung vorgezogen werden soll, dann tun wir das außerhalb des Verhandlungsrahmens.
Ist China wichtig für den Wohlstand in der Welt?
Euronews: Der Kern Ihrer Agenda für diese sechs Monate ist die Wettbewerbsfähigkeit. In den Augen vieler EU-Länder, insbesondere der großen Länder der Europäischen Union, ist die Reindustrialisierung Europas das Hauptziel. Das Outsourcing zu stoppen und auch Zölle auf chinesische Güter zu erheben, vor allem wenn es um den Green Deal, sagen wir, die Wirtschaft geht. Ungarn hat in dieser Frage eine andere Position.
János Bóka: Ich sehe da keinen Unterschied. Was ich sehe, sind wachsende chinesische Investitionen in Europa, die der De-Industrialisierung entgegenwirken. Das ist die grüne Industrialisierung Europas, die wir in wirtschaftlicher Kooperation mit China betreiben. Und ich sehe auch, dass die Lieferketten europäischer und chinesischer Unternehmen inzwischen so komplex und miteinander verflochten sind, dass eine Zunahme chinesischer Investitionen in Europa, zum Beispiel in Bereichen, in denen China in einigen Sektoren, einschließlich grüner Technologien, eindeutig Weltmarktführer ist, sowohl der europäischen als auch der chinesischen Wirtschaft zugute kommt. Dies trägt also zum grünen Wandel bei. Und es trägt zur Re-Industrialisierung Europas bei. Ich sehe keinen strategischen Unterschied in den Zielen.
Euronews: War es für die Europäische Union ein Fehler, Freihandelsabkommen mit China zu unterzeichnen? Für einige Länder der Europäischen Union?
János Bóka: Der Wohlstand, den wir heute in der Welt genießen, einschließlich des Wohlstands in Europa, ist zu einem großen Teil das Ergebnis der Integration Chinas, einschließlich der Mitgliedschaft Chinas in der WTO und der Aufnahme von Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit China. Und wenn wir diese Beziehungen abbauen, wird der globale Wohlstand oder der Wohlstand Europas und auch anderer Wirtschaftspartner darunter leiden.
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Serbiens Präsident Vučić: Serbiens EU-Beitritt wird sabotiert
Serbiens Präsident Vučić wirft dem Westen eine „planmäßige“ Verlangsamung der Annäherung an die EU vor. Dadurch solle Serbien wirtschaftlich geschwächt werden. Vučić sprach auch den Widerstand gegen den Abbau des größten Lithium-Vorkommen Europas an.
Serbien soll durch die geplante Verlangsamung seines europäischen Integrationsprozesses wirtschaftlich geschwächt werden. Dies erklärte der serbische Staatspräsident Aleksandar Vučić in einer Ansprache an die Nation am Freitag. Serbien stehe vor zahlreichen politischen Herausforderungen, die es nicht selbst verursacht und für die es in keiner Weise verantwortlich sei, Vučić fügte hinzu. Serbien sei aber nach allen Parametern heute wirtschaftlich stärker als 2012.
Um Serbien wirtschaftlich zu schwächen, werde die europäische Integration des Landes verlangsamt: „Länder in der Region, die Teil der EU sind, sowie solche, die nicht Teil der EU sind, tun dies, um uns politisch im Dreck zu halten, damit wir in keiner Weise schnellere Fortschritte in Richtung europäischer Integration machen können.“
Vučić sprach direkt das umstrittene Lithiumabbauprojekt des internationalen Bergbaukonzerns Rio Tinto an. Hier sei eine raffinierte Kampagne gegen den Abbau der Jadarit-Vorkommen in der Umgebung von Loznica im Gange, um Serbiens Wirtschaftswachstum und Wohlstand zu bremsen.
„Ein Beispiel dafür ist die Jadarit-Frage. Das alles wird sehr geschickt durch politisch-mediale Aggression erreicht, wie man an der Arbeit der europäischen, globalen, regionalen und natürlich serbischen Medien sehen kann“, unterstrich Vučić.
Um die Unterstützung des Westens zu erhalten werde „Serbien fälschlicherweise beschuldigt, sich auf einen Krieg vorzubereiten“ und als undemokratisches und antiwestliches Land dargestellt.
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Leseempfehlung: Paul Lendvai: Über die Heuchelei (Januar 2024) und dort das Kapitel über den Balkan resp. Serbien.
DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN
Bau und Industrie kommen schwer an Kredite – Erhebung des ifo Instituts für Juni zeigt Anstieg der Zurückhaltung der Banken bei der Vergabe
München (pte010/12.07.2024/11:30) – Nicht nur die Auftrgaslage für Bau und Industrie bleibt schwierig, sondern auch die Finanzierung. Laut einer neuen Erhebung des ifo Instituts berichten 27,1 Prozent jener Unternehmen, die gegenwärtig Verhandlungen führen, im Juni von Zurückhaltung bei den Banken. Im März waren es noch 25,2 Prozent.
Konjunkturflaute, keine Kredite
Besonders stark stieg die Vorsicht im Baugewerbe und in der Industrie, konstatieren die ifo-Wirtschaftsforscher. „Mit Blick auf die Investitionsschwäche in Deutschland wäre ein leichterer Zugang zu Krediten wünschenswert“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen.
Der Anstieg bei der ifo-Kredithürde wurde getrieben von der Industrie (von 19,2 auf 26,2 Prozent), vom Bauhauptgewerbe (von 22 auf 32,2 Prozent) und vom Großhandel (von 21,4 auf 24,6 Prozent). Im Einzelhandel stieg der Anteil nur leicht von 29,5 auf 30 Prozent. Allein bei den Dienstleistern kam es zu einem Rückgang auf 27 Prozent, nach 29,3 Prozent im März. (Ende)
ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN
„8,0 % mehr Pkw-Gebrauchtzulassungen im 1. Halbjahr 2024“
von Statistik Austria finden Sie als PDF auf unserer Website
KOMMENTAR – SZ Österreich: Benko auf der Bühne • DJ Ötzi beim Golfen • Anklage gegen Vater – Verena Mayer, Süddeutsche Zeitung, 12.7.2024
MEDIZIN
Forscher aus NÖ gehen neue Wege in Borreliose-Diagnose
Sommerzeit ist auch Zeckenzeit: Die Quälgeister sind bekanntlich nicht nur Verursacher von schmerzenden und juckenden Stellen nach ihrer Entfernung, sondern können ihrem Wirt auch eine Neuroborreliose-Erkrankung einbringen. Im Rahmen einer Studie der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) haben sich Wissenschafter zusammen mit den Neurologie-Abteilungen des Landes NÖ daran gemacht, die schwierige Diagnose der Infektion zu verbessern.
Man konzentrierte sich auf „CXCL13“, ein Signalprotein, das unmittelbar nach Infektionen mit dem Borreliose-Erreger „Borrelia burgdorferi“ gebildet wird.
Bei rund 15 Prozent der Erkrankungen weitet sich diese auf das Nervensystem aus. Man spricht dann von einer Neuroborreliose, die mit Kopfschmerzen, Schwindel, Gesichtslähmungen oder Epilepsie einher gehen kann.
Diagnostik wurde vorangebracht
Im Zuge ihrer im „Journal of Central Nervous System Disease“ vorgestellten Untersuchung konnten die Experten nun zeigen, ab welchem Schwellenwert in der Konzentration des Zytokins im Blut mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Neuroborreliose vorliegt.
Diese Grenze liegt demnach bei „271 Pikogramm pro Milliliter. Dieser Wert erlaubt die Diagnose von Neuroborreliose mit einer Spezifität von 97,2 Prozent und einer Sensitivität von 95,2 Prozent. Das ist wirklich aussagekräftig“, wird Christoph Waiß vom Universitätsklinikum St. Pölten in einer Aussendung zitiert.
Das bringe die Diagnostik weiter, da man sonst auf die aufwändige und oft wenig aussagekräftige Messung der Vermehrung weißer Blutkörperchen in der Cerebrospinalflüssigkeit oder den Nachweis von Antikörpern darin angewiesen ist.
Basis für die Untersuchung waren Daten von 440 Patientinnen und Patienten aus allen sechs Neurologie-Abteilungen der niederösterreichischen Landeskrankenhäuser aus den Jahren 2017 bis 2022. „Die Konzentration von CXCL13 ist ein hervorragender Biomarker, der bereits kurz nach einer Infektion die Diagnose einer Neuroborreliose, insbesondere in unklaren Fällen, unterstützen kann“, so Waiß, der dafür plädiert, „dass dieser Biomarker in die Routinediagnostik der Neuroborreliose mit aufgenommen werden sollte“.
Service: https://doi.org/10.1177/11795735241247026
TECHNIK – TECHNOLOGIE – INNOVATION
Wie in „Dune“: Raumanzug recycelt Urin zu Trinkwasser
Ein neues Hygienesystem für Raumanzüge erinnert an den Destillanzug aus der Filmserie „Dune“: Urin lässt sich damit zu etwa 85 Prozent recyceln – und steht den Astronauten dann wieder als Trinkwasser zur Verfügung, wie das Entwicklerteam im Fachjournal „Frontiers in Space Technologies“ berichtet.
Bei den aktuell verwendeten Raumanzügen der US-Raumfahrtbehörde NASA tragen die Astronauten bei den oft viele Stunden dauernden Außeneinsätzen eine Art Erwachsenenwindel für Kot und Urin, „Maximum Absorbency Garment“ genannt. Auf der Raumstation ISS hingegen wird Urin bereits zu Trinkwasser recycelt.
In der Science-Fiction-Filmserie „Dune“ ist Wasser eine sehr wertvolle Ressource. Deshalb trägt das Volk der Fremen in der Wüste einen Destillanzug, mit dem Körperflüssigkeiten, vor allem Urin und Schweiß, wiederverwertet werden können. Laut einer Mitteilung der Fachzeitschrift war dies eine Inspiration für die Gruppe um Sofia Etlin und Christopher Mason von der Cornell University in New York, das neue Raumanzug-Hygienesystem zu entwickeln.
Trinkwasser wird knapp bei Weltraumspaziergängen
Derzeit stehe NASA-Astronauten nur knapp ein Liter Trinkwasser in ihrem Raumanzug zur Verfügung, hieß es. „Dies reicht nicht für die geplanten, länger andauernden Weltraumspaziergänge auf dem Mond aus, die zehn Stunden und im Notfall sogar bis zu 24 Stunden dauern können“, erklärte Etlin. Ein solcher Notfall könnte sein, dass ein Mondfahrzeug eine Panne hat und die Astronauten zur Mondbasis zurücklaufen müssen. Mit Wasser aus recyceltem Urin wäre dann die Gefahr einer Dehydrierung gebannt.
Der Urin wird bei dem System in Behältern aus Silikon und einer hautfreundlichen Oberfläche aufgesammelt. Dabei berücksichtigen zwei unterschiedliche Formen die Unterschiede in der weiblichen und männlichen Anatomie. Ein Feuchtigkeitssensor setzt eine Unterdruckpumpe in Gang, die den Urin schnell vom Körper entfernt. In einer Zweifilteranordnung wird zunächst durch Osmose das Wasser aus dem Urin in eine konzentrierte Salzlösung gezogen. Anschließend wird bei einer umgekehrten Osmose das Wasser aus der Salzlösung durch einen Filter gepresst und hat dann Trinkwasserqualität.
Rucksack wird mitgenommen
Neben „Dune“ ist ein weiteres Vorbild für das System die Wasserrecyclinganlage auf der ISS. Allerdings ist sie erheblich größer. Etlin, Mason und Kollegen haben es geschafft, das System stark zu verkleinern, so dass es in einem Rucksack auf dem Rücken getragen werden kann. Der Rucksack ist zwar etwa acht Kilogramm schwer, aber bei der erheblich geringeren Schwerkraft in der Erdumlaufbahn oder auf dem Mond macht sich das Gewicht nicht so sehr bemerkbar. Das System benötigt zudem elektrischen Strom, verbraucht den Angaben zufolge aber weniger als zehn Prozent des aktuellen Energiebedarfs eines Raumanzugs.
„Unser System kann unter simulierten Bedingungen minimaler Schwerkraft getestet werden, da die Mikrogravitation der wichtigste Weltraumfaktor ist, den wir berücksichtigen müssen“, so Mason. Bevor das System in einer Weltraummission eingesetzt werden könnte, würden so Funktionalität und Sicherheit sichergestellt. Das erzeugte Trinkwasser könnte mit Elektrolyten und Nährstoffen angereichert werden, um die Astronauten bei langen Einsätzen auch mit Energie zu versorgen.
Service: https://dpaq.de/wPuT1DW
UMWELT – WELTRAUM
Bisher Erd-nächstes massives Schwarzes Loch im Sternhaufen Omega Centauri entdeckt
Das neu entdeckte schwarze Loch ist der Kern einer Galaxie, die von der Milchstraße verschluckt wurde
Extrem schnell bewegte Sterne im Sternhaufen Omega Centauri, die eine neue Untersuchung ausfindig gemacht hat, zeigen: Im Zentrum des Sternhaufens befindet sich ein Schwarzes Loch mit mindestens 8.200 Sonnenmassen – damit ist dieses massereiche schwarze Loch das uns am nächsten liegende. Mit dieser Entdeckung konnten Forscher*innen des Max-Planck-Instituts für Astronomie unter Beteiligung der Universität Wien erstmals die Existenz eines Schwarzen Lochs mittlerer Masse nachweisen. Der Fund bestätigt außerdem, dass Omega Centauri die Kernregion einer Galaxie ist, die vor Milliarden von Jahren von der Milchstraße verschluckt wurde. Ohne seine äußeren Sterne hat sich der Galaxienkern seither so gut wie nicht weiterentwickelt. Die Studie wurde aktuell im renommierten Fachmagazin Nature veröffentlicht.
Omega Centauri ist eine spektakuläre Ansammlung von etwa zehn Millionen Sternen, die in südlichen Breitengraden als Fleck am Nachthimmel sichtbar ist. Durch ein kleines Teleskop sieht er nicht anders aus als andere so genannte Kugelsternhaufen. Die neue Studie bestätigt nun, was Astronom*innen schon seit längerem vermutet hatten: Omega Centauri enthält ein zentrales Schwarzes Loch. Mit einer Entfernung von etwa 18.000 Lichtjahren ist dies das nächstgelegene bekannte Beispiel für ein massereiches Schwarzes Loch. Im Vergleich dazu: Das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße befindet sich rund 27.000 Lichtjahre von der Erde entfernt.
Aber nicht nur die Nähe zur Erde macht diesen Fund besonders. Die Astronomie kennt für Schwarze Löcher unterschiedliche Massebereiche. Stellare Schwarze Löcher mit einer bis zu einigen Dutzend Sonnenmassen sind kleinere schwarze Löcher und vergleichsweise gut erforscht, ebenso wie supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien, mit Massen von Millionen oder sogar Milliarden Sonnen. Umfassende Beweise und Forschung zu mittelgroßen schwarzen Löchern fehlten – bis jetzt. Mit mindestens 8.200 Sonnenmassen ist das Schwarze Loch in Omega Centauri der erste Nachweis eines solchen mittelgroßen Schwarzen Lochs.
Momentaufnahme der Galaxien-Evolution
„Omega Centauri ist etwas ganz Besonderes. Als Kern einer ehemals selbstständigen Galaxie, die dann mit der Milchstraße verschmolz und dabei alle Sterne außer jenen der Kernregion verlor, ist Omega Centauri eine Art Momentaufnahme aus der Galaxienevolution“, erklärt Glenn van de Ven, einer der Autor*innen der neuen Studie und Leiter des Instituts für Astrophysik an der Universität Wien. Es gibt keine weiteren Verschmelzungen und keine Möglichkeit für das zentrale Schwarze Loch, zu wachsen. Das Schwarze Loch bleibt in der Größe erhalten, die es hatte, als Omega Centauri von der Milchstraße verschluckt wurde. „Wir wissen nicht genau wie supermassereiche Schwarze Löcher entstanden sind, aber es ist möglich, dass sie aus mittelgroßen Schwarzen Löchern gewachsen sind. Wir haben nun den ersten Beweis gefunden, dass es solche mittelgroße Schwarze Löcher tatsächlich gibt“, ergänzt Anja Feldmeier-Krause von der Universität Wien und ebenfalls eine der Autor*innen.
Geschwindigkeiten von 1,4 Millionen Sternen zum Nachweis bestimmt
Der nun gelungene Nachweis stellte die Astronom*innen vor eine zeitaufwändige Herausforderung. Federführend war Maximilian Häberle, ein Doktorand am Max-Planck-Institut für Astronomie und Leiter der Studie. Er bestimmte anhand von über 500 Archivbildern des Weltraumteleskops Hubble die Geschwindigkeiten von 1,4 Millionen Sternen. „Die Suche nach schnellen Sternen und die Dokumentation ihrer Bewegung war die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen“, so Häberle. Doch am Ende hatte Häberle nicht nur den bisher vollständigsten Katalog der Bewegung von Sternen in Omega Centauri (veröffentlicht in einem separaten Artikel). Er konnte zudem sieben auffällige, sich schnell bewegende Sterne in einer kleinen Region im Zentrum von Omega Centauri ausmachen.
Anhand dieser sieben Sterne mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Bewegungsrichtungen konnten Häberle und seine Kolleg*innen die unterschiedlichen Effekte trennen und feststellen, dass sich im Zentrum von Omega Centauri eine Masse mit mindestens 8.200 Sonnenmassen befindet.
Diese detaillierte Untersuchung verschaffte den Forscher*innen auch statistische Sicherheit: Die Beobachtung von sieben solcher Sterne kann kein Zufall sein und lässt keinen Raum für andere Erklärungen als ein Schwarzes Loch.
Beobachtungszeit mit dem Weltraumteleskop JWST soll in weiterer Folge noch mehr Details bringen, die Wissenschafter*innen wollen etwa die Bewegung der schnellen Sterne auf die Erde zu oder von ihr weg messen (Radialgeschwindigkeiten). Auch mit derzeit im Bau befindlichen neuen Instrumenten (GRAVITY+ am VLT der ESO, MICADO am Extremely Large Telescope) wird es möglich sein, Sternpositionen noch deutlich genauer zu bestimmen als mit Hubble.
Originalpublikation:
M. Häberle et al. „Fast-moving stars around an intermediate-mass black hole in ω Centauri“. Nature.
DOI: 10.1038/s41586-024-07511-z
Neue Forschung auch im Video präsentiert:
Die Uni Wien Astrophysiker*innen Anja Feldmeier-Krause und Glenn van de Ven sprechen im Video über ihre bahnbrechende Forschung in Omega Centauri: Durch extrem schnelle Sterne haben sie ein außergewöhnliches Schwarzes Loch entdeckt.
Das Video ist in englischer Sprache (mit deutschen Untertiteln).
Abbildungen:
Abb. 1: Das große Bild zeigt die Zentralregion von Omega Centauri. Das weiße Quadrat markiert die Region, in der sich die schnellen Sterne befinden. Das rechte Bild zeigt einen vergrößerten Ausschnitt dieser Region. Die sieben schnellen Sterne sind mit grünen Kreisen markiert, die Pfeile zeigen ihre Bewegungsrichtung. Die Position des Schwarzen Loches ist mit einem schwarzen Kreis mit weißer Kreislinie markiert. C: M. Häberle
Abb. 2: Zentralregion von Omega Centauri. Das weiße Quadrat markiert die Region, in der sich die schnellen Sterne befinden. C: M. Häberle
Abb. 3: Zoom in die Region von Omega Centauri, in der sich die schnellen Sterne befinden. Die sieben schnellen Sterne sind mit grünen Kreisen markiert, die Pfeile zeigen ihre Bewegungsrichtung. Die Position des Schwarzen Loches ist mit einem schwarzen Kreis mit weißer Kreislinie markiert. C: M. Häberle
ETHOLOGIE – VERHALTENSFORSCHUNG
Buntbarsch-Herrscherpaar schont Verwandte auf Kosten anderer
Verwandtschaft mit dem Herrscherpaar bewahrt Dienende bei in Gruppen lebenden Buntbarschen vor allzu großen Arbeitsanforderungen und mindert ihre Strafe bei Ausbleiben von Dienstleistungen, berichtet der österreichische Verhaltensbiologe Michael Taborsky. Nicht verwandte Untergebene sind indes stärkerem Druck vom dominanten Fischpaar ausgesetzt und müssen sich devoter zeigen, um nicht aus dem Revier vertrieben zu werden, wie es im Fachjournal „iScience“ heißt. Bei den afrikanischen „Prinzessin aus dem Tanganjikasee“-Buntbarschen (Neolamprologus pulcher) schart ein großgewachsenes dominantes Brutpaar kleinere Helfer um sich, die den Nachwuchs versorgen. Dafür gewährt es ihnen den Aufenthalt in einem sicheren Territorium. Die Herrschaften profitieren demnach von den Hilfsleistungen der Untergebenen, und diese vom Schutz in der Gruppe und durch das dominante Paar.
In solchen Buntbarschgruppen leben Söhne, Töchter und weitere Verwandte des herrschaftlichen Paars, aber auch Mitglieder anderer Abstammung. Evolutionstheoretiker meinten, dass Letzteren ein höherer Tribut für den Verbleib auferlegt werden müsste, weil sie sich genetisch vom Brutpaar unterscheiden. Das Überleben der Verwandten in der geschützten Gruppe wäre dem Brutpaar hingegen schon deshalb ein Anliegen, weil sie teils dieselben Gene in sich tragen und somit deren Fortbestand und Verbreitung fördern.
Irene García-Ruiz, eine Doktorandin von Taborsky, manipulierte in Versuchsaquarien am Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern (Schweiz) die Möglichkeiten der Brutpflegehelfer, ihrer Arbeit nachzugehen. Die Forschenden spannten dazu feinmaschige Netze um die Bruthöhlen. Außerdem hinderten sie das Brutpaar phasenweise daran, die fehlende Arbeitsleistung zu ahnden, indem sie durchsichtige Glasröhren über diese Fische stülpten.
Konnten die Untergebenen ihren Frondienst nicht leisten, waren sie gesteigerter Aggressivität des herrschaftlichen Paares ausgesetzt, berichten die Forscher. Gleichzeitig zeigten die Helfer dann ein verstärktes Unterwürfigkeitsverhalten und mieden die Nähe der dominanten Fische. „Die Attacken des Brutpaars hatten zur Folge, dass die untergeordneten Brutpflegehelfer deutlich mehr Eipflege zeigten, wenn sie dazu wieder in der Lage waren“, sagte Taborsky zur APA: „Außerdem erhöhten sie ihren Grabungsaufwand in der Bruthöhle, durch den Sand entfernt wird, der die Brut zuschütten könnte.“
Verwandtschaft schwächte sowohl die Aggression der Dominanten ab, als auch das dadurch hervorgerufene Vermeidungsverhalten, die Demutsgebärden und die Brutpflegekompensation der Untergebenen. „Dies zeigt, dass die dominanten Buntbarsche von den anderen Gruppenmitgliedern kooperativen Arbeitsaufwand verlangen, diese Anforderung aber geringer ausfällt, wenn sie mit ihnen verwandt sind“, so Taborsky: „Sie schonen beim Arbeitszwang also gezielt ihren eigenen Nachwuchs.“ „Dies ist ganz genau so, wie von der Evolutionstheorie vorhergesagt, aber zuvor noch nicht experimentell bestätigt werden konnte“, erklärte Irene Garcia-Ruiz: „Wir deckten also ein komplexes Zusammenspiel von sozialer Kontrolle und durch Verwandtschaft geteilter, genetischer Fitnessinteressen auf, das vermutlich in vielen Sozialverbänden quer durch das Tierreich wirkt.“
(S E R V I C E – https://doi.org/10.1016/j.isci.2024.110334)
Zusammenfassung
- Verwandte Buntbarsche werden vom dominanten Brutpaar geschont und müssen weniger arbeiten, während nicht verwandte Untergebene stärkerem Druck ausgesetzt sind.
- Die Experimente von Irene García-Ruiz an der Universität Bern zeigten, dass Untergebene, die ihre Arbeit nicht leisten konnten, gesteigerter Aggressivität vom Brutpaar ausgesetzt waren.
- Die Studie bestätigt evolutionstheoretische Vorhersagen, dass dominantes Verhalten und Arbeitsanforderungen durch Verwandtschaft beeinflusst werden.
SOCIAL MEDIA – STREAMING
Streaming-Abos mit Werbung immer beliebter- Neue Branchen-Analyse von Simon-Kucher bestätigt Wachstum bei Netflix und Amazon Prime
Frankfurt am Main (pte014/12.07.2024/13:59) – Streaming-Abos von Netflix und Amazon Prime mit Werbeunterbrechungen erfreuen sich bei deutschen Kunden laut einer neuen Studie der Beratungsgesellschaft Simon-Kucher wachsender Beliebtheit. Danach nutzt bereits jeder Fünfte ein kostenpflichtiges Streaming-Abo mit Werbung.
Werbe-Abos im Trend
Die Zahl der Netflix-Werbe-Abos hat sich 2024 laut der Studie verdreifacht. Bei Amazon Prime ist die Akzeptanz für Werbung ähnlich hoch, der Dienst profitiert aber vom Opt-In-Modell, wodurch keine Werbung angezeigt wird. Denn: 77 Prozent der Prime-User investieren aktiv in Werbefrei-Add-Ons gegen Aufpreis.
Bei Amazon Prime ist die Anzahl der Werbe-Abos mit 23 Prozent ähnlich hoch wie bei der Konkurrenz. User müssen für Streaming ohne Werbung einen Aufpreis zahlen. 77 Prozent der Kunden nutzen diese Option.
Ideales Timing gewählt
Auf globaler Ebene kannibalisiert sich Netflix mit dem Werbe-Abo aber. Die Zahl der User, die von einem teureren Netflix-Abo zum günstigeren Werbe-Abo wechselten, ist von 42 Prozent auf 46 Prozent gestiegen. Bei Disney+ sank sie hingegen stark von 52 Prozent auf 36 Prozent.
Das Timing in Sachen Werbe-Abos allerdings könnte kaum besser sein, heißt es in der Studie. So hätten Sharing-Restriktionen den Anteil der Account-Mitnutzer bereits auf 20 Prozent gesenkt. Und 47 Prozent der User, die bei Restriktionen nicht mehr Abos von Bekannten mitnutzen können, zeigten sich bereit, selbst ein Abo abzuschließen. (Ende)
BILDUNG – UNIVERSITÄT
Islam-Institut an Uni Wien künftig an Katholischer Fakultät
Das Institut für Islamisch-Theologische Studien an der Universität Wien wird laut Kathpress ab dem Wintersemester organisatorisch Teil der Katholisch-Theologischen Fakultät (KTF). Seit seiner Gründung 2016 ist das Institut zwar örtlich gemeinsam mit der Katholischen und Evangelischen Theologie im „Haus der Religionen“ in der Schenkenstraße angesiedelt – organisatorisch ist es aber an der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät verankert.
Die bestehenden Professuren, die Studienordnungen und das Lehrangebot bleiben demnach unverändert. Am Institut ist das im Islamgesetz vorgesehene Bachelorstudium „Islamisch-Theologische Studien“ angesiedelt, in dem die wissenschaftliche Aus- und Heranbildung von Theologen, Seelsorgern und Religionspädagogen erfolgt.
Die Initiative zur Übersiedlung sei von islamischer Seite gekommen, betonte Uni-Wien-Rektor Sebastian Schütze laut Kathpress. In der Folge habe es Gespräche mit Kardinal Christoph Schönborn in seiner Eigenschaft als Großkanzler der KTF sowie dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Ümit Vural, und dem Präsidenten der Alevitischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (ALEVI), Yüksel Bilgin, gegeben. Diese „halten die Neustrukturierung für eine gute Idee und stehen voll dahinter“, so Schütze.
Interreligiöse Zusammenarbeit in den Theologien weiter stärken
Das Institut für Islamisch-Theologische Studien bleibe langfristig in seiner inhaltlichen Ausrichtung autonom, auch bei den Berufungen. Die Eingliederung soll professionell begleitet und nach fünf Jahren evaluiert werden. „Wir wollen mit diesem Schritt die interreligiöse Zusammenarbeit in den Theologien weiter stärken“, meinte der Rektor.
An der KTF sind derzeit laut Kathpress rund 1.000 Studierende inskribiert, von den knapp ein Drittel auch prüfungsaktiv ist. Das Institut für Islamisch-Theologische Studien verzeichnet rund 370 Studierende, wovon ebenfalls rund ein Drittel als prüfungsaktiv gilt.
DEMOGRAPHIE
Pro Jahr 70 Millionen Menschen mehr: UN-Schätzung: Weltbevölkerung wächst bis 2084
Mehr als zehn Milliarden Menschen auf dem Planeten? Das könnte Fachleuten zufolge in einigen Jahrzehnten passieren. Besonders wegen eines Kontinents steigt die Weltbevölkerung.
New York. Die Weltbevölkerung wächst einer neuen Schätzung der Vereinten Nationen zufolge noch bis zum Jahr 2084. Rund 10,3 Milliarden Menschen werden einer UN-Weltbevölkerungsprognose zufolge dann auf der Erde leben – momentan sind es etwas mehr als acht Milliarden. Die Erhebung, die von den Vereinten Nationen alle zwei Jahre veröffentlicht wird, deckt sich im Wesentlichen mit den Daten von 2022.
Das gegenwärtig noch relativ schnelle Wachstum von etwa 70 Millionen Menschen pro Jahr wird sich demnach ab dem Jahr 2050 deutlich verlangsamen.
Die Zehn-Milliarden-Marke werde im Jahr 2061 geknackt, der Spitzenwert aber erst 2084 erreicht. Danach fällt die Kurve langsam ab. Die Schätzungen der Vereinten Nationen basieren auf der gegenwärtigen Prognose von Geburten- und Sterberaten – sie dürften sich in kommenden Berichten weiter verändern und könnten von großen Weltereignissen beeinflusst werden.
Europa schrumpft, Afrika wächst um zwei Milliarden Menschen
Die meisten Kontinente verzeichnen den Daten zufolge bereits heute kein oder kaum Wachstum mehr.
Europa mit momentan 745 Millionen Menschen dürfte demnach bis zum Jahr 2100 auf knapp 600 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner schrumpfen.
Die meisten Leute leben heute mit 4,8 Milliarden in Asien, dessen Bevölkerung noch 30 Jahre weiter wachsen soll, wenn auch nur leicht.
Der größte Zuwachs wird aber in Afrika erwartet: eine Veränderung von mehr als zwei Milliarden auf dann mehr als drei Milliarden im Jahr 2100 heißt die Prognose.
Experte Frank Swiaczny vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung sieht die Region südlich der Sahara als Schlüsselgebiet: „Die Zukunft der Weltbevölkerung hängt wesentlich von der Entwicklung in Subsahara-Afrika ab“, erklärte er. Dort liege das Geburtenniveau momentan bei 4,3 Kindern pro Frau. Der Wandel des Kontinents dürfte deshalb den größten Einfluss auf die Veränderung der Weltbevölkerung haben.
Die Geschichte des modernen Menschen begann nach aktuellem Kenntnisstand vor etwa 300.000 Jahren mit dem Auftauchen des Homo sapiens. Wohl erst kurz nach dem Jahr 1800 lebte dann eine Milliarde Menschen auf der Erde. Von einer Weltbevölkerung von zwei Milliarden im Jahr 1928 bis zu den heutigen über acht Milliarden Menschen brauchte es keine 100 Jahre. Das Wachstum von sieben auf acht Milliarden dauerte gar nur elf Jahre. (dpa)
Weltbevölkerung wächst UN-Berechnung zufolge bis 2084 weiter
Berlin – Trotz sinkenden Geburtenniveaus wächst die Weltbevölkerung in den kommenden Jahrzehnten weiter. Das gehe aus Berechnungen der Vereinten Nationen (UN) anlässlich des Weltbevölkerungstages hervor, wie die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) mitteilte.
Demnach bekommen Frauen heutzutage zwar weltweit durchschnittlich ein Kind weniger als noch im Jahr 1990. Es dauere aufgrund der Trägheit demografischer Prozesse aber noch bis 2084, bevor die Weltbevölkerung bei knapp über zehn Milliarden Menschen ihr Maximum erreicht habe, erklärte die DSW. Es werde erwartet, dass danach die wachsende Zahl der Sterbefälle die sinkende Geburtenzahl überhole und die Weltbevölkerung schrumpfe.
Nach der mittleren Variante der UN-Vorausberechnung wird die absolute Zahl der Menschen weltweit bis dahin aber weiter ansteigen. Als Schlüsselregion für das Wachstum sieht Frank Swiaczny vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) die afrikanischen Länder südlich der Sahara. Dort liege das Geburtenniveau noch immer bei durchschnittlich 4,3 Kindern pro Frau. „Die Zukunft der Weltbevölkerung hängt wesentlich von der Entwicklung in Subsahara-Afrika ab“, erklärte Swiaczny.
Als Grund dafür nannte der Geschäftsführer DSW, Jan Kreutzberg, die extrem junge Altersstruktur. In dieser Weltregion seien mehr als 40 Prozent der Menschen unter 15 Jahre alt, gab er an. Es bekämen in dieser Region viele Mädchen immer noch sehr früh und in der Folge häufig mehr Kinder, als sie adäquat versorgen könnten, erklärte Kreutzberg.
Zudem bedeuteten Teenagerschwangerschaften in sehr vielen Fällen das Ende der Schullaufbahn. Dabei berge der weibliche Teil der Bevölkerung „ein enormes Potenzial“, erklärte Kreutzberg. „Investitionen in Ausbildung, Aufklärung und den Zugang zu Verhütungsmitteln sind immer auch eine Investition in Stabilität und Sicherheit.“
„Nur, wenn Mädchen und Frauen einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheitsversorgung haben, können sie ein selbstbestimmteres Leben führen, nicht zuletzt in Sachen Familienplanung“, erklärte Catherina Hinz, Direktorin des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung.
Auch in Regionen mit niedrigen Geburtenraten müsse sich die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern weiter verbessern, fuhr sie fort. „Eine gerechtere Verteilung der Sorgeverantwortung ist nicht nur aus Gründen der Geschlechtergerechtigkeit wichtig, sondern auch, um besser für eine alternde Bevölkerung gewappnet zu sein.“ © afp/dpa/aerzteblatt.de
GESELLSCHAFT
US-Bücherverbote zielen auf Diskriminierte – Schulen und Bibliotheken sperren laut Studie meist Inhalte über Schwarze und LGBTQ+Personen
Boulder (pte002/11.07.2024/06:05) – US-Schulen und Bibliotheken nehmen vermehrt Bücher aus den Regalen, die von einigen als kontrovers angesehen werden. Oft handeln diese von Menschen aus unterrepräsentierten Gruppen und wurden von ihnen geschrieben. Das belegt eine Studie von Forschern der University of Colorado (UC) Boulder, deren Ergebnisse in den „Proceedings of the National Academy of Sciences Nexus“ nachzulesen sind.
„Woke“ Kinderbücher im Visier
Mitautorin Katie Spoon hat die mehr als 2.000 Bücher kategorisiert, die in den Jahren 2021 und 2022 in Schulen und Bibliotheken gesperrt worden sind. „Uns ist aufgefallen, dass die meisten Bücher Kinderbücher über diverse Charaktere waren“, sagt Spoon. LGBTQ+Romane für junge Erwachsene machten etwa zehn Prozent der gesperrten Bücher aus.
Die Analyse zeigt auch, dass die Wahrscheinlichkeit eines Bücherverbots für schwarze Autoren fast fünfmal höher ist als bei weißen Autoren. Etwa ein Viertel der Autoren der verbotenen Bücher sind farbige Frauen, die mit größerer Wahrscheinlichkeit Kinderbücher über diverse Charaktere geschrieben haben.
Politische Motivation vermutet
Die Ergebnisse decken sich mit Daten der American Library Association. Demnach handelt die Hälfte der über 4.000 Bücher, die 2023 von Verbotsversuchen betroffen waren, von LGBTQ+Personen oder Schwarzen oder wurden von ihnen verfasst.
Die Studie der CU Boulder zeigt auch, dass Bezirke mit Buchverboten nicht unbedingt die konservativsten waren. Stattdessen waren Gebiete, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten an konservativem Boden verloren hatten, eher von Verboten betroffen. „Das lässt uns vermuten, dass es neben der Zensur auch eine politische Motivation gibt“, resümiert Spoon. (Ende)
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