Views: 12
FAZIT DES TAGES
Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll.
Georg Christoph Lichtenberg, 1742-1799, Physiker, Naturforscher, Mathematiker, Schriftsteller und erster deutscher Professor für Experimentalphysik im Zeitalter der Aufklärung. Lichtenberg gilt als Begründer des deutschsprachigen Aphorismus.
IN EIGENER SACHE: Sommerzeit – der Tagesblick wird in der kommenden Zeit weniger umfangreich erscheinen oder sogar eine Zeitlang schweigen. Der Schreiber freut sich auf erholsame Sommertage.
COMMENT – FAZIT:
- Israel-Hamas-Hisbollah-Krieg: nach wie vor angespannte Situation – Krieg der Worte: iranischer General droht Israel mit massivem Raketenbeschuss. Abermals verkündet Netanjahu das nahende Ende der Anti-Hamas-Aktionen im Gazastreifen. Ist das Ende der Hamas wirklich nahe, wenn jüngst von Gaza aus 20 Raketen auf Israel abgeschossen werden können? Es war der massivste Angriff seit langem, meinen israelische Medien.
- Ukraine-Krieg: Während Kommentatoren von einer Wende zu Gunsten der Ukraine berichten, macht Russland Geländegewinne – wenn auch nur kleine. Die Lage an der Front ist in dieser Hinsicht – wie so oft – unübersichtlich. Dementis seitens der Ukraine, aber auch Bestätigungen aus ukrainischen Kreisen erschweren die Übersicht über das Kriegsgeschehen.
- Sinus-Jugendstudie zeigt: die Jugend von heute ist besser als ihr Ruf – lesenswert!
- Weitere COMMENTS vorhanden
Märkte
Israel, Ukraine
Meldungen
Themenreigen – Medizin; Technik: Atomkraftwerk in Bulgarien; Social Media: Einkaufsverhalten; Medien: Sozialpsychologie: Die liebe Konkurrenz …; Gesellschaft: Jugendstudie mit wichtigen Ergebnissen
****************************************
Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!
HELLMEYER-Report (gekürzt)
Wie angekündigt nicht eingelangt
MÄRKTE
DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen
DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
Keine Anleihemarkt-Informationen für Montag von dpa-AFX und DJI eingelangt
GELDSYSTEM
Münzen und Scheine unbeliebter Liebe der Deutschen zum Bargeld schwindet
Immer weniger Deutsche zahlen ihre Einkäufe mit Bargeld. Stattdessen setzen sie an der Kasse auf Karten oder das Smartphone. Besonders beliebt ist das Bezahlen mit dem Handy bei den Jüngeren. Die Bundesbank geht davon aus, dass der Trend weiter anhält.
Bezahlen an der Ladentheke mit Scheinen und Münzen wird auch bei den Deutschen immer unbeliebter. Immer mehr werden Einkäufe inzwischen bargeldlos per Karte oder mit dem Smartphone bezahlt, wie aus der veröffentlichten jüngsten Studie der Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland hervorgeht. Demnach wurden 2023 nur noch 51 Prozent aller Einkäufe mit Scheinen und Münzen beglichen, nach 58 Prozent im Jahr 2021.
„Dieser Rückgang ist zwar nicht mehr so ausgeprägt wie während der Corona-Pandemie“, erklärte Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz. „Aber dennoch sinkt der Barzahlungsanteil schneller als in den Jahren zuvor, als der Rückgang nur jeweils einen Prozentpunkt pro Jahr betrug.“ 2020 hatte der Bargeldanteil noch bei 60 Prozent gelegen. Im Jahr 2017 waren es noch 74 Prozent gewesen.
Mit einem Bargeldanteil von 51 Prozent beim Bezahlen gehöre Deutschland nach wie vor zur Spitzengruppe in Europa, zu der auch Österreich und Italien zählten, sagte Balz. In den skandinavischen Ländern sind Scheine und Münzen dagegen bereits ein Auslaufmodell: In Schweden liegt der Anteil inzwischen nur noch bei acht bis neun Prozent. Das Land mit der niedrigsten Bargeldquote in Europa ist laut Balz Norwegen mit einem Minianteil von drei Prozent.
Bankkarte zweithäufigst genutztes Zahlungsmittel
Hinter der abnehmenden Bargeld-Nutzung steht laut Bundesbank der Trend zum Bezahlen mit der Bankkarte (Debitkarte) und der Vormarsch des Zahlens per Mobiltelefon mittels Apps. Mit einem Anteil von 27 Prozent aller Transaktionen war 2023 die Bankkarte das Zahlungsmittel mit der zweithäufigsten Nutzung – eine deutliche Zunahme von fünf Prozentpunkten im Vergleich zu 2021.
Das Bezahlen mit dem Handy per App hat ausgehend von einem niedrigen Niveau ebenfalls kräftig zugenommen. Der Anteil an den Transaktionen verdreifachte sich auf sechs Prozent. „Die mobilen Bezahlverfahren wie Apple Pay oder die Bezahl-Apps der Banken und Sparkassen sind insbesondere bei den jüngeren Befragten beliebt“, sagte Balz. Bei den 25- bis 34-Jährigen sprang der Anteil von vier auf 14 Prozent.
Insgesamt haben sich die Vorlieben der Deutschen laut Bundesbank zugunsten unbarer Zahlungsmittel verschoben. Bei freier Wahl würden inzwischen laut Studie 44 Prozent am liebsten unbar bezahlen – drei Prozentpunkte mehr als 2021. „Insbesondere jüngere und auch einkommensstärkere Gesellschaftsgruppen präferieren eher die bargeldlosen Zahlungen“, so Balz. 28 Prozent der Deutschen bevorzugten Bargeld beim Bezahlen ihrer Einkäufe. „Das sind ähnlich viele wie im Jahr 2021“, so Balz. 28 Prozent hatten keine Präferenzen.
5700 Menschen für Studie befragt
Die Beliebtheit des Zahlens mit dem Handy nimmt weiter zu. Von den Befragten, die das bargeldlose Zahlen bevorzugten oder keine Präferenzen zeigten, zahlten 2023 14 Prozent am liebsten mit dem Handy. Damit verdoppelte sich ihr Anteil im Vergleich zu 2021. Aus Sicht von Balz wird mit der Einführung eines digitalen Euros in den nächsten Jahren die Bargeldnutzung voraussichtlich weiter sinken. Wenn ein digitaler Zwilling zum Bargeld zur Verfügung gestellt werde, würden die Menschen damit auch bezahlen. „Das wird sicherlich auch auf Bargeld-Nutzungsquoten dann Einfluss haben“, sagte Balz.
Die Bundesbank rechnet frühestens 2028/2029 mit der Einführung einer digitalen Version der Gemeinschaftswährung im Euroraum. Balz ist Mitglied der Task Force der Europäischen Zentralbank zum digitalen Euro. Seit 2008 untersucht die Bundesbank regelmäßig das Zahlungsverhalten in Deutschland. An der jüngsten Studie zum Zahlungsverhalten, der inzwischen siebten, nahmen 5700 Menschen teil, die das Marktforschungsinstitut Forsa im Zeitraum September bis Ende November 2023 befragte. *** Quelle: ntv.de, jki/rts
- Kartenzahlung statt Bargeld In Deutschland gibt es immer weniger Geldautomaten
- Rekordwert bei Geldvermögen Deutsche Privathaushalte sind so reich wie nie
- Märkte zahlen drauf Bargeldauszahlung ist beliebt – aber ein Problem für Händler
ISRAEL
n-tv aktuell ISRAEL
Gaza-Offensive vor Abschluss? Netanjahu: Hamas-Armee existiert bald nicht mehr
Bei dem Überfall der islamistischen Hamas und weiterer Terrorgruppen am 7. Oktober gab es in Israel so viele Opfer wie noch nie seit der Gründung des Staates. Netanjahu kündigte Rache an – und die Zerstörung der Hamas. Diesem Ziel und damit dem Ende der Offensive im Gazastreifen ist man laut dem Regierungschef nah.
Airline erhebt schwere Vorwürfe Türkei verweigert israelischer Boeing offenbar Hilfe in Notlage
Auf einem Direktflug von Warschau nach Tel Aviv kommt es zu einem medizinischen Notfall. Die Maschine der israelischen Gesellschaft El Al muss in Antalya notlanden, um einen Passagier zu versorgen. Am türkischen Flughafen wird der Crew allerdings offenbar die Unterstützung verwehrt.
Gerichtsurteil schürt Spannungen Tausende Ultraorthodoxe protestieren gegen Militärdienst
Wegen strengreligiöser Parteien in seiner Regierung muss Israels Premier Netanjahu lange Rücksicht auf die Privilegien ultraorthodoxer Juden nehmen. Ein Urteil des obersten Gerichts hebt deren Verschonung vom Wehrdienst auf. Dagegen formiert sich nun massiver Widerstand.
n-tv aktuell Nahost-Konflikt
—
NACHT IM ÜBERBLICK – ISRAEL
Nicht eingelangt
WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN
Iranischer General droht Israel mit neuem Raketenangriff
TEHERAN (dpa-AFX) – Ein hochrangiger iranischer General droht dem Erzfeind Israel mit einem gewaltigen neuen Raketenangriff. Laut Staatsmedien wählte General Amir Ali Hadschisadeh, Kommandeur der Luftstreitkräfte der iranischen Revolutionsgarden, bei einer Veranstaltung in Teheran scharfe Worte.
Vor wenigen Monaten standen beide Länder am Rande eines großen regionalen Kriegs. Hunderte Drohnen und Raketen hatten die Revolutionsgarden bei einer Operation mit dem Titel „Aufrichtiges Versprechen“ am 13. April auf Israel abgefeuert. Hintergrund der Attacke war ein mutmaßlich israelischer Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus, bei dem Anfang April zwei Generäle getötet wurden.
Zuspitzung nach Beginn des Gaza-Krieges
Hadschisadeh sagte nun, er hoffe auf die Gelegenheit einer zweiten solchen Operation. „Ich weiß nicht, wie viele Raketen dafür erforderlich sein werden“, fügte er hinzu. Die Drohung dürfte im Zusammenhang mit den jüngsten Spannungen zwischen Israel und dem Libanon stehen. Erst am Wochenende hatte die iranische UN-Mission im Falle einer Eskalation zwischen Israels und der Hisbollah-MIliz mit einem „vernichtenden Krieg“ gedroht.
Nach Beginn des Gaza-Kriegs hat sich der Jahrzehnte alte Konflikt zwischen Israel und der Islamischen Republik Iran dramatisch zugespitzt. Der jüdische Staat sieht sich nach Angriffen von Milizen, die mit dem Iran verbündet sind, an mehreren Fronten unter Beschuss. Seit der Revolution von 1979 gelten die USA und Israel als Erzfeinde der Islamischen Republik. Netanjahu bezeichnete den Iran in der Vergangenheit ebenfalls als „wichtigsten Feind“./arb/DP/he
20 Raketen aus Gaza – Israel schießt zurück
TEL AVIV/GAZA (dpa-AFX) – Israel ist nach Angaben seiner Armee vom Gazastreifen aus mit rund 20 Raketen beschossen worden. Einige seien von der Raketenabwehr abgefangen worden, andere in offenes Gelände eingeschlagen. Verletzte habe es nicht gegeben, betonte die Armee. In Orten nahe der Grenze zum Gazastreifen gab es Luftalarm, die Menschen mussten binnen weniger Minuten in die Schutzräume hasten.
Israelische Medien sprachen von einem der heftigsten Angriffe seit geraumer Zeit. Die Abschussorte der Raketen seien von der israelischen Artillerie unter Feuer genommen worden, teilte die Armee mit. Die Berichte ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten. In den ersten Monaten war Israel mit Tausenden Raketen aus dem Gazastreifen angegriffen worden, darunter auch entferntere Ziele wie Tel Aviv oder Jerusalem. Seitdem die israelische Armee große Teile des Gazastreifens besetzt und Hunderte Abschussrampen für Raketen zerstört hat, sind solche Angriffe eher selten geworden. In Tel Aviv gab es zuletzt vor Wochen Raketenalarm.
Israelische Bodentruppen gingen nach Angaben der Armee unterdessen weiter im Wohnviertel Schedschaija der Stadt Gaza gegen bewaffnete Extremisten vor. Dabei sei eine größere Anzahl von Gegnern getötet und große Mengen an Waffen gefunden worden. Bei Dutzenden Angriffen der Luftwaffe seien zudem etwa 20 weitere Gegner getötet und Werkstätten und Lager für Waffen zerstört worden. In der Stadt Rafah im Süden des Küstenstreifens habe die Luftwaffe einen Terroristen angegriffen, der israelische Soldaten mit einer Panzerabwehrrakete beschossen habe./ro/DP/mis
BERICHT – Israel und Hisbollah: Gefangen in der Eskalationsspirale
Im Nahost-Krieg zwischen vom Iran unterstützten Terrorgruppen und Israel zeichnet sich kein Ausweg ab. Zuletzt verschärft sich vor allem die Lage an der israelisch-libanesischen Grenze. Hisbollah und Israel sind in einer Eskalationsspirale gefangen, die sie von Woche zu Woche einem unkontrollierten Krieg näher zu bringen scheint. Dahinter stecken auch Entwicklungen, die wenig bis gar nichts mit dem Nahost-Konflikt zu tun haben.
In den letzten zwei, drei Wochen spitzte sich die Lage immer mehr zu. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah warnte Israel in einer Rede vor einer Eskalation inklusive Einmarsch im Libanon. Zur Einschüchterung zeigte er ein Drohnenvideo, das die Hisbollah von der nördlichen israelischen Stadt Haifa machte. Die Botschaft ist klar: Im Fall eines Angriffs wird die – viel besser als die Hamas trainierte und ausgerüstete – Hisbollah-Armee die Großstädte Haifa und Tel Aviv mit Raketen und Drohnen angreifen.
Umgekehrt würde auch eine – wie umfangreich immer angelegte – israelische Militäraktion im Libanon Angriffe vor allem auf die Hauptstadt Beirut umfassen. Das geschah auch im letzten großen Krieg der beiden Seiten 2006. Damals griffen Israels Luftstreitkräfte etwa den Flughafen Beirut an. Die Zahl ziviler Todesopfer würde auf beiden Seiten im Vergleich zur derzeitigen „kontrollierten“ Auseinandersetzung sprunghaft ansteigen.
Warnung an Staatsbürger im Libanon
Letzte Woche forderten mehrere westliche Staaten, darunter Kanada und die USA, ihre Staatsbürgerinnen und -bürger auf, den Libanon zu verlassen. Solche Warnungen sind generell ein klares Zeichen, dass ein Krieg bevorstehen kann. Da es sich durchwegs um Verbündete Israels handelte, war es offenbar auch ein Warnsignal an die Hisbollah.
Entsprechend reagierte der Iran Ende letzter Woche: Via Vertretung bei der UNO warnte Teheran Israel davor, dass ein Angriff im Libanon einen offenen Krieg aller proiranischen Kräfte in der Region auslösen würde und warnte Israel vor einem „vernichtenden Krieg“.
Psychologische Kriegsführung
Zuvor hatten mehrere hochrangige israelische Vertreter versucht, den psychologischen Druck auf die Hisbollah zu erhöhen und öffentlich eine Offensive in Aussicht gestellt. Erst vor rund einer Woche hatte auch Netanjahu angekündigt, Israel werde demnächst mehr Truppen von Gaza in den Norden verlegen.
Beide Seiten haben sich mit prinzipiellen Positionen zum aktuellen Krieg schon vor Monaten wertvollen Spielraum selbst genommen – und wiederholen diese seither immer wieder: So hat Israels rechtsreligiöse Regierung von Benjamin Netanjahu nach dem beispiellosen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober und der Entführung Hunderter Menschen in den Gazastreifen, die Zerstörung der Hamas zum wichtigsten Ziel erklärt.
Beide Seiten einzementiert
Netanjahu verspricht fast täglich den „absoluten Sieg“ über die Hamas. Auch wenn ihm Fachleute und viele Politiker und zuletzt selbst der Armeesprecher offen widersprechen, hält Netanjahu daran fest. Verhindert wird damit ein Deal mit der Hamas und damit die Befreiung Dutzender noch immer in Geiselhaft befindlicher Israelis.
Die Hisbollah wiederum solidarisierte sich – auch unter dem Einfluss des Iran – mit der Hamas. Der Chef der Terrorgruppe, Hassan Nasrallah, junktimiert seither ein Ende des Beschusses von Nordisrael mit einer dauernden Waffenruhe in Gaza. Doch dazu ist Netanjahu nicht bereit – aus innenpolitischen Gründen, da ihm sonst das politische Aus durch Neuwahlen droht. Immerhin ist er letztverantwortlich für den 7. Oktober, den schlimmsten und tödlichsten Angriff in der Geschichte Israels.
Netanjahu als Getriebener
Neben eigener Überzeugung wird Netanjahu vor allem von seinen rechtsextremen Koalitionspartnern angetrieben. Erst am Sonntag forderte der radikale Siedler und Finanzminister Besalel Smotritsch erneut einen „schnellen“ Krieg gegen die Hisbollah. Doch Experten gehen davon aus, dass ein offener Krieg mit der Hisbollah alles andere als schnell ablaufen würde. Und auch die ganz große Mehrheit jener, die zwangsweise von der Grenzregion abgesiedelt wurden, fordern einen Krieg gegen die Hisbollah und die Einrichtung zumindest eines mehrere Kilometer breiten Sicherheitsstreifens auf libanesischer Seite. Anders sei eine Rückkehr nicht möglich, so ihre Argumentation.
Mit der Absiedelung Zehntausender Israelis aus der Grenzregion erzielte Nasrallah umgehend einen großen Erfolg. Für Netanjahu werden nun die Menschen, die seit neun Monaten Flüchtlinge im eigenen Land sind, immer mehr zur politischen Hypothek. Die Dörfer und Städte sind – so wie umgekehrt auch auf der anderen Seite – durch Dauerbeschuss schwer zerstört.
„Innenpolitische Überlegungen haben Oberhand“
Zugleich will kaum jemand im Libanon, dass die Hisbollah einen Angriff Israels auf das Land auslöst. Das Land ist wirtschaftlich ohnehin am Boden, und zu schwer wiegen die Erinnerungen an 2006. Das gilt als Hauptgrund für Nasrallah, eine Eskalation möglichst zu vermeiden. Doch so wie Netanjahu scheint auch Nasrallah in seiner scheinbar selbstverpflichtenden Rhetorik gefangen.
Der katarische TV-Sender Al Jazeera zitierte in einem Onlineartikel den libanesischen Experten für internationale Beziehungen Karim Bitar, wonach derzeit „auf beiden Seiten innenpolitische Überlegungen die Oberhand“ hätten.
US-Innenpolitik als neuer Risikofaktor
Die liberale israelische Tageszeitung „Haaretz“ forderte am Montag in einem „Nein zum Krieg im Norden“ übertitelten Editorial von Netanjahu, endlich den von den USA verhandelten Deal mit der Hamas zu schließen und dabei einer permanenten Waffenruhe und dem Abzug im Austausch für die Freilassung der Geiseln zuzustimmen. Nur so könne ein Krieg an der Nordgrenze verhindert werden. Denn in einem solchen Krieg drohten Tausende Zivilisten in Israel umzukommen.
Für die USA verhandelt seit Monaten der Vermittler Amos Hochstein zwischen den Seiten. Auf dem Papier steht eine weitgehende Einigung – und sie könnte wohl sehr unmittelbar in Kraft treten. Doch mittlerweile ist laut dem „Haaretz“-Militäranalysten Amos Harel ein weiterer Unsicherheitsfaktor hinzugekommen: Nach der misslungenen TV-Debatte könnte das Weiße Haus innenpolitisch so sehr in Beschlag genommen sein, dass Nasrallah oder Teheran darin eine günstige Gelegenheit für eine Eskalation sehen könnten. *** Guido Tiefenthaler, ORF.at/Agenturen
Links:
- „Haaretz“-Leitartikel
- Al-Jazeera-Artikel
- Weißes Haus
- Israelischer Ministerpräsident
- Libanesische Regierung
UKRAINE
Karte der Ukraine
n-tv aktuell UKRAINE
+++ 06:20 Selenskyj erwartet im Juli Lieferung von F-16-Kampfjets +++
Der ukrainische Präsident Selenskyj erwartet im Juli eine Stärkung der Flugabwehr in seinem Land gegen die russischen Luftschläge. Die versprochenen Kampfjets vom Typ F-16 in ausreichender Menge und Qualität, Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot und Raketen mit größerer Reichweite hätten auf den Verlauf des Krieges einen entscheidenden Einfluss, sagt er in einer Videobotschaft am Montagabend. Die Ukraine könne in diesem Monat noch mehr Schutz ihres Luftraums vor dem Aggressor Russland erhalten. Mehrere Staaten haben der Ukraine F-16-Kampfjets versprochen und auch ukrainische Piloten an den Maschinen ausgebildet. „Dieser Monat kann der Ukraine mehr Stärke bringen, vor allem beim Schutz unseres Luftraums und bei der echten Sicherheit für unser Land“, sagte Selenskyj.
Ex-NATO-Chef im Interview „Zögern macht Scholz zu einem Kanzler des ewigen Krieges“
+++ 05:17 Generalstab: Mehr als 30 russische Flugzeuge seit Jahresbeginn abgeschossen +++
Zum ersten Mal veröffentlicht der ukrainische Generalstab eine Karte, die die Orte zeigt, an denen seit Jahresbeginn russische Flugzeuge abgeschossen worden sind. Demnach sind es mehr als 30 Maschinen, viele davon stammen noch aus Sowjet-Zeiten. „Unsere tapferen Soldaten haben mehr als 30 russische Flugzeuge getroffen“, heißt es in einer Mitteilung. Bei 13 davon handelt es sich um die auch als „Frontbomber“ bezeichnete Su-34. Insgesamt neun Mal wurden russische Kampfjets vom Typ Su-25 zerstört.
+++ 03:21 IW-Chef fordert 300 Milliarden Euro für die Bundeswehr +++
Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, fordert erheblich mehr Geld für die Bundeswehr. „Der Sonderfonds für die Bundeswehr beträgt 100 Milliarden Euro. Das reicht nicht aus“, sagte Hüther der „Rheinischen Post“. „Wir benötigen eine Aufstockung auf 250 bis 300 Milliarden Euro. Nur so erreichen wir eine kriegstüchtige Ausstattung unserer Armee“, fuhr er fort. Die Aufstockung des Sondervermögens sei auch finanzierbar, sagte Hüther der Zeitung. „Immerhin betrug die Friedensdividende seit 1990 rund 600 Milliarden Euro.“ Diese sei nicht in Infrastruktur, Digitalisierung oder Bildung investiert worden. „Wir haben diese Mittel zum Teil genutzt, um die Schulden zu senken. Wir haben sie aber vor allem konsumiert. Das rächt sich nun“, sagte Hüther.
+++ 02:08 Internationale Minenräumaktion im Schwarzen Meer gestartet +++
Um die Sicherheit der Schifffahrt, insbesondere für ukrainische Getreideexporte, zu verbessern, startet im Schwarzen Meer eine internationale Minenräumaktion. An der Maßnahme sind die Türkei, Rumänien und Bulgarien beteiligt, wie „Bloomberg“ meldet. Die drei Ländern hatten Anfang Januar ein entsprechendes Abkommen über die gemeinsame Minenräumung unterzeichnet. Die bulgarische Regierung betont dem Bericht zufolge, dass sich die Aktivitäten der drei beteiligten Länder im Schwarzen Meer nicht gegen andere Länder richten werden.
+++ 00:54 Bericht: Orban trifft Selenskyj in Kiew +++
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban werde am morgigen Dienstag nach Kiew reisen, um den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu treffen, berichtet die Zeitung „Financial Times“ unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Es wäre der erste Besuch Orbans in der Ukraine seit Beginn des Krieges.
+++ 23:12 Ukraine: Russen zahlen hohen Preis +++
Die Lage an der Front bleibe angespannt, aber unter Kontrolle, schreibt der ukrainische Generalstab in seinem abendlichen Bericht auf Telegram, wie die ukrainische Nachrichtenagentur RBK meldet. Heute sei es an der Front insgesamt zu 161 Kampfhandlungen gekommen. Der Feind greife hauptsächlich in Richtung Pokrowsk an. „Die Russen zahlen einen hohen Preis für den Versuch, in Richtung Pokrowsk vorzudringen“, so der Generalstab weiter. Sie hätten dort am Montag 109 Soldaten verloren. 181 Personen seien gefangen genommen worden. Zudem seien ein Panzer und eine Reihe weiterer Fahrzeuge zerstört worden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
+++ 22:22 Ukraine hofft auf bessere Stromversorgung im August +++
Der Zustand des ukrainischen Stromnetzes werde sich voraussichtlich im August verbessern, sagt der Chef des staatlichen Netzbetreibers Ukrenergo, Wolodymyr Kydrytsky, der „Ukrajinska Prawda“. Die Belastung der ukrainischen Energieinfrastruktur werde nach Abschluss der Reparaturen an einigen Kernkraftwerken gemildert, was zu mehr verfügbarer Kapazität führe. Seit dem Frühjahr hat Russland seine Angriffe auf die Energieinfrastruktur der Ukraine intensiviert, was zu ständigen Stromausfällen geführt hat. Die aktuellen Stromausfälle würden durch Angriffe, Hitze und limitierte Stromimporte verschärft, so der Ukrenergo-Chef.
Stromnot durch russische Raketen Für den Winter baut die Ukraine „Frankenstein-Einheiten“
+++ 21:41 Russland fordert Abbau von Sanktionen gegen Nordkorea +++
Russland strebt die Aufweichung der internationalen Sanktionen gegen seinen neuen Verbündeten Nordkorea an. „Wir denken, dass es einfach unfair und entmutigend ist, dem Land endlose Sanktionen aufzuerlegen“, sagt Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja in New York. Es müsse darüber nachgedacht werden, wie die Sanktionen verändert werden könnten. „Es kann nicht ewig so weitergehen.“ Zur Frage, ob es Nordkorea erlaubt werden solle, Atomwaffen zu testen, äußert Nebensja sich trotz mehrfacher Nachfragen nicht.
Technik vom „Hauptfeind“ Putin schenkt Kim Luxusautos mit Teilen aus Südkorea
+++ 20:02 Explosionen auf der Krim +++
Auf der Halbinsel Krim ist es nach Angaben der Besatzungsmacht zu Explosionen gekommen. Der von Moskau eingesetzte Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew, schreibt auf Telegram, die Luftabwehr habe vier Objekte abgeschossen. Trümmer seien in der Nähe der Küste niedergegangen, Informationen über Schäden würden derzeit geprüft. Nach Angaben des ukrainischen Online-Mediums Ukrajinska Prawda wurde im Bereich eines Kraftwerks auf der Krim Rauch gesehen.
+++ 19:38 USA gehen von NATO-Unterstützung auch nach rechten Wahlerfolgen in Europa aus +++
US-Außenminister Antony Blinken zeigt sich zuversichtlich, dass die Unterstützung für die NATO in Europa unabhängig von Wahlerfolgen rechter Parteien anhalten wird. Das Bündnis habe in den vergangenen Jahren daran gearbeitet, „dass wir die richtige Verteidigung“ haben, „wo sie gebraucht wird, wo sie wichtig ist“, sagt Blinken bei einer Podiumsdiskussion in Washington. „Ich glaube nicht, dass sich daran etwas ändern wird, unabhängig von der aktuellen Politik in Europa.“ Das Wahlergebnis in Frankreich kommentiert Biden nicht direkt. Der französische Rassemblement national von Marine Le Pen steht wegen seiner Verbindungen zu Russland schon länger in der Kritik. RN-Chef Jordan Bardella hatte aber kürzlich betont, er werde Russland nicht „einen verbündeten Staat wie die Ukraine absorbieren lassen“.
Frankreich rückt nach rechts Le Pens Popstar heißt Jordan Bardella
+++ 18:37 Russen erbeuten angeblich ATACMS-Lenksystem +++
Russische Streitkräfte haben nach eigenen Angaben ein intaktes Lenksystem einer US-Rakete vom Typ ATACMS erbeutet. Die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA zeigt einen namentlich nicht genannten Waffenexperten, der den Angaben zufolge das Lenksystem einer von russischen Streitkräften abgeschossenen ATACMS untersucht.
Die USA hatten vor einigen Monaten damit begonnen, die Ukraine mit solchen Raketen zu beliefern, die Ziele in bis zu 300 Kilometern Entfernung erreichen können. Die US-Regierung verbietet der Ukraine aber bisher, damit Ziele im russischen Hinterland anzugreifen.
+++ 17:56 UN-Gremium wirft Russland Eingriffe ins Satellitennetz vor +++
Ein UN-Gremium hat mit Sorge auf eine Reihe von Vorfällen reagiert, bei denen es sich um russische Eingriffe in die Satellitensysteme europäischer Länder handeln soll. Ein Ausschuss der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) mit Sitz in Genf rief Russland auf, solche Eingriffe zu stoppen, meldet Reuters. Die ITU hatte in der vergangenen Woche eine Reihe von Beschwerden aus der Ukraine, Frankreich, den Niederlanden, Schweden und Luxemburg über Satellitenstörungen geprüft. Diese Staaten erklärten, GPS-Signale seien gestört, die Flugsicherung sei gefährdet und Kinderfernsehkanäle seien unterbrochen worden, um gewalttätige Bilder des Ukraine-Krieges zu zeigen. Die Störungen des französischen und schwedischen Satellitennetzes seien „offenbar von Bodenstationen in den Gebieten Moskau, Kaliningrad und Pawlowka“ ausgegangen, heißt es Reuters zufolge in der Erklärung des Radio Regulations Board der ITU. Dies sei „äußerst besorgniserregend und inakzeptabel“.
+++ 17:33 UniCredit wehrt sich gegen geforderten Russland-Rückzug +++
Die italienische Großbank UniCredit setzt sich gegen die Forderung der Europäischen Zentralbank zur Wehr, ihr Geschäft in Russland zu reduzieren. Die UniCredit, die nach der österreichischen Raiffeisen Bank International zweitgrößte westliche Bank in Russland, wolle vor Gericht klären lassen, ob die EZB die Aufgabe des Russland-Geschäfts verlangen dürfe, teilt das Institut mit. Die wenigen europäischen Banken, die noch in Russland tätig sind, gerieten zuletzt immer stärker unter Druck der Aufsichtsbehörden in der EU und in den USA.
+++ 17:13 Finnisches Parlament schließt Verteidigungsabkommen mit den USA +++
Das finnische Parlament hat einstimmig für ein Verteidigungsabkommen mit den USA gestimmt. Der sozialdemokratische Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Kimmo Kiljunen, spricht im Anschluss an die Plenarsitzung von einem „historischen Moment“. Sinn dieses Abkommens sei, genau wie bei der NATO-Mitgliedschaft, „die Sicherheit Finnlands und des finnischen Volkes zu stärken“, betont Kiljunen. Das Abkommen gewährt den USA Zugang zu 15 Militärstützpunkten in Finnland. Ähnliche Abkommen haben die USA mit elf weiteren NATO-Staaten geschlossen. Finnland ist seit April 2023 NATO-Mitglied.
Über Ostseeinsel Gotland Russischer SU-24-Bomber dringt in schwedischen Luftraum ein
+++ 16:49 Heute nach ukrainischen Angaben bisher 121 Gefechte +++
An der Front in der Ukraine ist es nach ukrainischen Angaben am heutigen Tag bislang zu 121 Gefechten gekommen, die meisten davon in Richtung Pokrowsk. Das teilt der ukrainische Generalstab nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Ukrinform mit. Die Ortschaft liegt 30 Kilometer westlich von Nowoolexandriwka in der Region Donezk (siehe Eintrag von 10.26 Uhr). „Die meisten Gefechte seit Beginn dieses Tages finden in Richtung Pokrowsk statt“, heißt es in der Mitteilung.
+++ 16:12 „Trilaterale Friedensverhandlungen sind wahrscheinlich“ +++
Mit der Erlaubnis, westliche Waffen zum Angriff auf russische Stellungen innerhalb Russlands einzusetzen, verschärfen sich die Kämpfe im Ukraine-Krieg. Ein Waffenstillstand ist nicht absehbar, unter Einberufung dritter Staaten könnten Verhandlungen aber doch noch zum Erfolg führen, sagt ntv-Reporter Jürgen Weichert.
Weichert zu möglichen Vermittlern „Trilaterale Friedensverhandlungen sind wahrscheinlich“
+++ 15:29 Luftangriff in Charkiw: „Die Besatzer greifen an“ +++
In Charkiw kommt es nach einem Luftangriff zu einer Explosion, meldet die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform. „Die Besatzer greifen an“, schreibt der Chef der regionalen Militärverwaltung, Oleg Synegubow, auf Telegram.
+++ 15:17 Türkei, Rumänien und Bulgarien räumen Minen im Schwarzen Meer +++
Die Türkei, Rumänien und Bulgarien haben eine gemeinsame Militäraktion zur Räumung von Minen im Schwarzen Meer gestartet. Ziel der Initiative sei es, die Sicherheit für Getreideexporte aus der Ukraine zu gewährleisten, berichtet Bloomberg.
Ökozid in der Ukraine „Im Schwarzen Meer sind Tausende Delfine verendet“
+++ 14:57 Kreml spekuliert über „Vorlieben der Franzosen“ +++
Der Kreml interpretiert den Sieg von Marine Le Pens rechtsnationaler Partei Rassemblement National (RN) in der ersten Runde der Parlamentswahl in Frankreich als Zeichen für den Willen der dortigen Wähler. „Die bereits vorher ersichtlichen Tendenzen in einer Reihe europäischer Länder bestätigen sich, aber wir warten auf den zweiten Wahlgang, obwohl die Vorlieben der Franzosen, der französischen Wähler uns mehr oder weniger schon jetzt verständlich sind“, sagt Kremlsprecher Dmitri Peskow. Dem RN wurden in der Vergangenheit immer wieder enge Beziehungen zum Kreml vorgeworfen.
Neuwahl in Frankreich Putin ist der heimliche Gewinner in Paris
+++ 14:20 Ukrainische Journalistin soll zum zweiten Mal entführt worden sein +++
Die ukrainische Journalistin Zhanna Kyselova, Redakteurin bei der Zeitung „Kakhovska Zoria“, ist nach Angaben örtlicher Behörden entführt worden. Das berichtet die Ukrainska Pravda. Kyselova soll am 27. Juni von Russen aus ihrer Wohnung verschleppt worden sein, ihr Aufenthaltsort sei unbekannt. Im Herbst 2022 war die Journalistin bereits einen Monat lang gefangen gehalten worden. Die besetzte Stadt Kachowka liegt in der Region Cherson.
+++ 13:56 Großflächige Stromausfälle in russischer Grenzregion +++
In der an die Ukraine grenzenden russischen Region Belgorod ist nach Drohnenangriffen großflächig der Strom ausgefallen. „Es gibt Beschädigungen an den Telefonleitungen, bei der Gas- und Stromversorgung; in einer Reihe von Ortschaften ist der Strom zeitweise ausgefallen“, schreibt Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow bei Telegram über die Lage im Landkreis Grajworon. Ähnlich sehe es in den Landkreisen Schebekino und Krasnaja Jaruga aus. Nach örtlichen Medienberichten waren aber auch die Gebietshauptstadt Belgorod und die Großstadt Stary Oskol betroffen. Grund soll ein beschädigtes Umspannwerk sein.
+++ 13:42 Kreml: Verfolgen Wahlen in Frankreich sehr genau +++
Der Kreml verfolgt die Parlamentswahlen in Frankreich nach eigenen Angaben „sehr genau“. Aus der ersten Runde der Wahl am Sonntag war die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) als Siegerin hervorgegangen. Wladimir Dschabarow, Vizepräsident der Kommission für auswärtige Angelegenheiten, glaubt nach eigenen Angaben aber nicht an eine Veränderung des Verhältnisses zwischen dem Kreml und dem Westen. „Wir sollten keine Verbesserung der Beziehungen zwischen Paris und Moskau nach den Parlamentswahlen erwarten“, wurde Dschabarow in Lokalmedien zitiert. Analyst Georgy Bowt erinnerte im Radiosender BMV.bowt daran, dass „die Spitze des RN bereits klargemacht hat, dass die französische Unterstützung für die Ukraine nicht infrage gestellt wird“.
Neuwahl in Frankreich Putin ist der heimliche Gewinner in Paris
+++ 13:25 Russland meldet Einnahme weiterer Dörfer +++Russlands Truppen haben nach russischen Angaben zwei weitere Dörfer im Osten der Ukraine unter ihre Kontrolle gebracht: Stepowa Nowoseliwka in der Region Charkiw und Nowopokrowske in Donezk. Das teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit.
+++ 13:06 Ukraine dementiert angebliche Truppenaufstockung an Grenze zu Belarus +++
Die Ukraine weist Vorwürfe zurück, wonach sie angeblich ihre Truppen entlang der Grenze zu Belarus verstärkt. Es handle sich um eine belarussische „Informations-Operation“, die von Russland unterstützt werde, erklärt ein Sprecher des Grenzschutzes. Die Lage an der Grenze bleibe bedrohlich. Die Ukraine bleibe mit der nötigen Zahl von Truppen dort präsent, um Provokationen zu verhindern. Das russische Präsidialamt hatte zuvor erklärt, die Berichte über eine Verstärkung der ukrainischen Truppen böten Anlass zur Sorge. Russland und Belarus sind enge Verbündete. Russland startete seinen Krieg gegen die Ukraine unter anderem von belarussischem Territorium aus.
+++ 12:42 Vier Männer planten offenbar Umsturz in Kiew +++
Die ukrainischen Behörden haben nach eigenen Angaben einen Umsturzversuch verhindert. Eine Gruppe von Störern habe für den vergangenen Sonntag „Provokationen“ in der Hauptstadt Kiew geplant, teilen der Geheimdienst SBU und die Staatsanwaltschaft mit. Unter anderem hätten sie im Rahmen einer Demonstration das Parlament besetzen und eine „provisorische Regierung“ bilden wollen. Gegen vier Männer werde ermittelt. Zwei seien vorläufig festgenommen worden. Bei Razzien seien Waffen und zugehörige Munition entdeckt worden.
+++ 12:12 Baerbock: Putin ist auf dem Weg in den Totalitarismus +++
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ruft zur Verteidigung der europäischen Friedensordnung und zu einer stärkeren Unterstützung der Ukraine auf. „Wir werden unser Europa – und zwar jeden Quadratzentimeter unseres Europas – und unserer Freiheit verteidigen“, sagte Baerbock bei einer Tagung zur Nationalen Sicherheitsstrategie in Berlin. Mit Blick auf Russlands Krieg in der Ukraine betonte sie, „unsere Abschreckung“ müsse „klar und deutlich“ sein. Putin sei „auf dem Weg in den Totalitarismus“. Putins Russland werde auf absehbare Zeit „die größte Gefahr für unsere Sicherheit in Europa bleiben“. Verteidigungspolitik müsse „genau auf diese Realität“ eingestellt werden, so Baerbock. Deutschland sei dabei als größtes Land in der Europäischen Union besonders in der Verantwortung.
+++ 11:47 Ukraine meldet mehrere Todesopfer +++
Bei dem Angriff auf die Region Donezk am Morgen sind zwei 65 und 70 Jahre alte Frauen getötet worden. Das berichtet laut einem Bericht von Ukrainska Pravda der Chef der örtlichen Militärverwaltung. In der Region Poltawa kam demnach ein 54-Jähriger ums Leben, als er in einer Energieanlage arbeitete, wie das Energieministerium mitteilt. Die Umstände des Unfalls sollen aufgeklärt werden.
+++ 11:14 Ukraine will Waffenproduktion steigern +++
Die Ukraine erhöht die Produktion von Drohnen, bestimmten Waffentypen, Munition, Ausrüstung und Minenräumgeräten. Das kündigte Selenskyj bei Telegram an, wie die staatliche ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform meldet. Der Präsident dankte Unternehmen und Entwicklern, die demnach jeden Monat neue technische Lösungen präsentieren.
+++ 10:55 Kiew meldet 800 Gleitbomben in einer Woche +++
Die jüngste, intensive Angriffswelle Russlands bringt der Ukraine neue Zerstörung. In Wilnjansk, Charkiw, Dnipro und Kiew werden zivile Gebäude getroffen, mehrere Menschen sterben. Unter den Toten sollen auch zwei Kinder sein:
800 Stück in einer Woche Gleitbombenhagel verwüstet mehrere ukrainische Städte
+++ 10:26 Ukraine: Schwerste Kämpfe finden an Pokrowsk-Front statt +++
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben russische Angriffe in der Region Donezk zurückgeschlagen. Die Kämpfe hätten in der Nähe der Dörfer Nowoolexandriwka und Spirne stattgefunden, teilt das ukrainische Militär mit. Am Sonntag hatte das russische Militär erklärt, seine Truppen hätten die beiden Ortschaften unter ihre Kontrolle gebracht. Nach ukrainischen Angaben gibt es an der Pokrowsk-Front im Osten, die auch Nowoolexandriwka umfasst, weiterhin die schwersten Gefechte. Am Vortag seien dort 42 von 142 russischen Angriffen abgewehrt worden. Russland halte jenseits der Grenze zu den nördlichen ukrainischen Regionen Tschernihiw und Sumy eine Militärpräsenz aufrecht, teilt das Militär weiter mit. Dort legten die russischen Einheiten immer mehr Minenfelder an und verübten Sabotage. Der Frontabschnitt wird aufmerksam beobachtet, um Anzeichen dafür zu erkennen, dass Russland plant, dort eine neue Front zu eröffnen, um die zahlenmäßig unterlegenen ukrainischen Truppen unter Druck zu setzen.
+++ 09:45 Bericht: Russland schickt Verwundete zurück an die Front +++
Laut einem russischen Militärblogger haben russische Befehlshaber etwa 50 verwundete Soldaten des 26. Panzerregiments entgegen der ärztlichen Anweisungen an die Front geschickt. Eigentlich waren die Betroffenen beurlaubt und warteten auf medizinische Behandlung, wie die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) aus dem Bericht zitiert.
Für imperialistischen Größenwahn Scholz: Putin opfert 24.000 russische Soldaten pro Monat
+++ 09:01 Neue EU-Ratspräsidentschaft problematisch für Ukraine +++
Ungarn übernimmt heute die alle sechs Monate wechselnde EU-Ratspräsidentschaft. Bis Ende des Jahres hat das Land damit den Vorsitz der Ministerräte inne und kann diese maßgeblich beeinflussen. Ministerpräsident Viktor Orban liegt mit Brüssel etwa bei der Unterstützung der Ukraine über Kreuz. Gestern kündigte Orban die Gründung einer neuen Rechtsaußen-Fraktion im Parlament an. Das Manifest der Gruppierung „Patrioten für Europa“ enthält die bekannten Positionen rechter, rechts-populistischer und rechtsextremer Parteien, zum Beispiel keine Unterstützung der Ukraine.
Neues Bündnis im EU-Parlament Orban und FPÖ-Chef Kickl schmieden Rechtsaußen-Fraktion
+++ 08:14 ISW: Russland würde Waffenstillstand nutzen, um sich neu zu formieren +++
Putins Äußerungen zeigen nach Einschätzung des ISW, dass er derzeit nichts anderes als die vollständige Kapitulation der Ukraine akzeptieren würde. Der russische Präsident werde jedes ausgehandelte Waffenstillstandsabkommen als einen Mechanismus betrachten, mit dem Russland in Zukunft neue Offensivoperationen vorbereiten kann. Ein ausgehandelter Waffenstillstand würde Russland eine Atempause im Krieg verschaffen, um seine Streitkräfte neu zu formieren und zu erweitern, schreiben die Analysten. Allerdings habe Putin noch gar kein Interesse an einem Waffenstillstand, da er offenbar davon ausgehe, seine Ziele mit Gewalt erreichen zu können. Westliche Militärhilfe zur Befreiung bedeutender Teile des besetzten Landes sei der einzig wahrscheinliche Weg, Putins Entschlossenheit, die ukrainische Staatlichkeit und Identität zu zerstören, zu verringern.
Putins angebotene Waffenruhe Ukraine-Soldaten wollen nicht „mit der Bestie spielen“
NACHT IM ÜBERBLICK – UKRAINE
Nicht eingelangt
WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN
Mark Reicher auf YOUTUBE erweist sich als professioneller Influenzer mit begrenztem News-Wert
COMMENT: Leider wurde an dieser Stelle im gestrigen Tagesblick ein Video des obengenannten Video-Kanals verlinkt nach Anhörung der ersten gut fünf Minuten; das Video erschien es wert, verlinkt zu werden. Allerdings: die restlichen rund 35 Minuten zeichnen sich durch geringen News-Wert, zahlreiche Werbeeinschaltungen sowie eine Werbe-Mitteilung von Mark Reicher aus. All die Informationen dort fanden sich bereits auch hier im Tagesblick, speziell unter den Mitteilungen von n-tv. Ich bitte um Entschuldigung.
Moskau meldet weitere Gebietseroberungen in der Ukraine
MOSKAU (dpa-AFX) – Das russische Militär hat nach eigenen Angaben zwei Ortschaften im Osten der Ukraine erobert. Einheiten der Gruppierung „West“ hätten die Ortschaft Stepowa Nowoseliwka im Gebiet Charkiw erobert und bessere Stellungen eingenommen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Montag in seinem Lagebericht mit. Zudem sei im Gebiet Donezk die Ortschaft Nowopokrowske erobert worden. Kiew hat den Verlust der beiden Siedlungen offiziell bislang nicht bestätigt. Von unabhängiger Seite waren die Angaben nicht überprüfbar.
Das dem Verteidigungsministerium in Kiew nahestehende Portal Deepstate hat die Erfolgsmeldungen aus Moskau hingegen teilweise bestätigt. So wird Nowopokrowske dort bereits seit geraumer Zeit als besetzt markiert. Die russischen Truppen sind dort nach dem Fall von Awdijiwka, das die Ukrainer zur Festung ausgebaut hatten, im Vormarsch.
Stepowa Nowoseliwka nahe der Kleinstadt Kupjansk im Gebiet Charkiw hingegen ist bei Deepstate noch als unter ukrainischer Kontrolle gekennzeichnet. Die russische Armee versucht seit Monaten den im Herbst 2022 bei der ukrainischen Gegenoffensive verloren gegangenen strategisch wichtigen Eisenbahnknoten zurückzuerobern. Russland hatte die Ukraine am 24. Februar 2022 überfallen und besetzte im Zuge des Angriffskrieges Gebiete im Osten und Süden des Landes./bal/DP/jha
Moskau meldet weitere Gebietseroberungen
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben zwei Ortschaften im Osten der Ukraine erobert. Einheiten der Gruppierung „West“ hätten die Ortschaft Stepowa Nowoseliwka im Gebiet Charkiw erobert und bessere Stellungen eingenommen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau gestern in seinem Lagebericht mit.
Zudem sei im Gebiet Donezk die Ortschaft Nowopokrowske erobert worden. Kiew hat den Verlust der beiden Siedlungen offiziell bisher nicht bestätigt. Von unabhängiger Seite waren die Angaben nicht überprüfbar.
Teilweise bestätigt
Das dem Verteidigungsministerium in Kiew nahestehende Portal Deepstate hat die Erfolgsmeldungen aus Moskau hingegen teilweise bestätigt. So wird Nowopokrowske dort bereits seit geraumer Zeit als besetzt markiert.
Die russischen Truppen sind dort nach dem Fall von Awdijiwka, das die Ukrainer zur Festung ausgebaut hatten, im Vormarsch. Stepowa Nowoseliwka nahe der Kleinstadt Kupjansk im Gebiet Charkiw hingegen ist bei Deepstate noch als unter ukrainischer Kontrolle gekennzeichnet.
Die russische Armee versucht seit Monaten den im Herbst 2022 bei der ukrainischen Gegenoffensive verloren gegangenen strategisch wichtigen Eisenbahnknoten zurückzuerobern. *** red, ORF.at/Agenturen
EU verhängt Sanktionen gegen Weißrussland wegen dessen Rolle im Krieg gegen die Ukraine
BRÜSSEL/FRANKFURT/PARIS (dpa-AFX) – Die Europäische Union hat wegen der Beteiligung Weißrusslands am Krieg Russlands gegen die Ukraine eine Reihe neuer Sanktionen gegen das Land verhängt.
Die enge Verflechtung der russischen und belarussischen Wirtschaft hat der belarussischen Regierung geholfen, die bestehenden EU-Sanktionen gegen Russland zu umgehen. Diese neuen Sanktionen gegen Weißrussland spiegeln mehrere der bereits gegen Russland verhängten Maßnahmen wider und machen die EU-Sanktionen gegen Russland noch wirksamer, erklärte die Europäische Kommission.
Die neuen Maßnahmen sind auf die Besonderheiten des Handels zwischen der EU und Belarus zugeschnitten und betreffen verschiedene Sektoren der belarussischen Wirtschaft, darunter Handel, Dienstleistungen und Verkehr. Dies ermöglicht eine wirksame Strategie zur Bekämpfung der Umgehung der Maßnahmen und stellt gleichzeitig sicher, dass die Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum Ausmaß der Beteiligung von Belarus am Ukraine-Krieg stehen.
Die Ausfuhrbeschränkungen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck und für Spitzentechnologie wurden ausgeweitet, und es wurden neue Beschränkungen für Güter eingeführt, die zum Ausbau der belarussischen Industriekapazitäten beitragen könnten, sowie für Seeschifffahrtsausrüstung, Ölraffinerietechnik und bestimmte Luxusgüter.
Die Einfuhr von Gold und Diamanten sowie von Waren, die es Belarus ermöglichen, seine Einnahmequellen zu diversifizieren, wurde in die EU-Mitgliedstaaten verboten.
Die Erbringung von Dienstleistungen für Weißrussland, seine Regierung und verbundene Einrichtungen ist nun eingeschränkt, einschließlich Buchhaltung, Wirtschaftsprüfung, Ingenieurwesen und Werbung.
Die Beschränkungen wurden auf die Verwendung von in Weißrussland zugelassenen Anhängern oder Sattelanhängern ausgeweitet.
Darüber hinaus gilt das bestehende Verbot des Gütertransports auf der Straße in der EU, einschließlich des Transits, nun auch für EU-Unternehmen, die zu 25 Prozent oder mehr im Besitz von belarussischen Personen sind. *** Copyright(c) 2024 RTTNews.com. Alle Rechte vorbehalten *** Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version) ***
UKRAINE-BLOG/Heusgen warnt Nato vor einem Angriff Russlands auf Bündnisgebiet – Neues atomares Aufrüsten
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat vor einem Angriff Russlands auf das Bündnisgebiet der Nato gewarnt. Heusgen sagte der Rheinischen Post und dem General-Anzeiger auf die Frage, ob er dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen Angriff gegen das Baltikum zutraue: „Er hat das ja angekündigt! Er will die Sowjetunion wiederherstellen; dazu gehörte das Baltikum. Wenn wir ihn lassen, wird er weitermachen.“ Heusgen sagte zu Äußerungen von Putin über einen möglichen Einsatz von Atomwaffen im Ukraine-Krieg: „Putin ist ein Meister im Schüren von Ängsten. Dies ist die Absicht hinter seinen Andeutungen und den Drohungen, die er sein Umfeld ausstoßen lässt.“
Zugleich beobachte er ein neues atomares Aufrüsten. Dies sei angesichts der Tatsache, dass viel Geld etwa zur Bekämpfung des Klimawandels fehle, „sehr traurig“.
BERICHT – Ukraine-Krieg: Umweltschutz unter Lebensgefahr (inkl. Video)
Vertreter lokaler Behörden und der UNO sowie von NGOs und Teams von Investigativjournalistinnen und -journalisten untersuchen die Folgen der Sprengung des Kachowka-Staudammes vor über einem Jahr im ukrainischen Cherson. Aus strafrechtlichen Gründen, und weil es gilt, die richtigen Maßnahmen zu setzen. Erste Ergebnisse lassen eine Umweltkatastrophe vermuten. Die Arbeit der Ermittler ist lebensgefährlich. Das Reckoning Project, eine ukrainische Redaktion als Kooperationspartner von ORF Topos, hat an Ort und Stelle recherchiert.
Ein Teil des betroffenen Gebietes ist von Russland besetzt, der Rest steht nach wie vor unter heftigem russischem Beschuss. Ein Labor der lokalen ukrainischen Umweltbehörde wurde bereits zerstört, Forscherteams werden regelmäßig bei der Arbeit ins Visier genommen (siehe Video oben).
Drei Fragen stehen im Mittelpunkt der Ermittlungen: Was ist passiert? Wer ist verantwortlich? Und was sind die Folgen? Am 6. Juni, ein Jahr nach der Staudammsprengung, nannte die ukrainische Oberstaatsanwaltschaft gemeinsam mit dem Geheimdienst einen Verantwortlichen für die Staudammsprengung, einen General der russischen Dnepr-Gruppe. Dieser habe laut dem ukrainischen Generalstaatsanwalt Andrij Kostin eine Artillerietruppe samt Technikern den Staudamm zerstören lassen. Kostin sprach von einem der größten Kriegsverbrechen seit dem Zweiten Weltkrieg mit „katastrophalen Konsequenzen“.
Bedrohung für das „Wohl der Welt“
Über diese Konsequenzen veröffentlichte Truth Hounds, eine der führenden ukrainischen Menschenrechtsorganisationen, die regelmäßig Kriegsverbrechen dokumentiert, ebenfalls im Juni einen Bericht über die Folgen der Staudammzerstörung. Informationen von Truth Hounds gelten als verlässlich und werden von NGOs wie Human Rights Watch und Medien wie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und dem „Spiegel“ zitiert. Laut dem Bericht liegt unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) ein „schweres Verbrechen“ vor, das „den Frieden, die Sicherheit und das Wohl der Welt“ bedroht.
Mit dem „Wohl der Welt“ bezieht sich die internationale Legislatur explizit auf Umweltschäden, die nicht nur den Menschen, sondern auch die Natur betreffen. Der Dammbruch hat laut Truth Hounds „das Gleichgewicht zwischen lokalen und globalen Ökosystemen gestört“. Es sei zu einer „Versalzung des Bodens und des Grundwassers“ gekommen, Naturschutzgebiete seien überschwemmt worden, mehrere Tier- und Pflanzenarten nun vom Aussterben bedroht. Außerdem sei es zu einer Entsalzung des Schwarzen Meeres gekommen.
Gang vor den Gerichtshof geplant
Das Büro des Generalstaatsanwalts der Ukraine leitete bereits am ersten Tag nach der Katastrophe eine Untersuchung der Ursache des Dammbruchs ein. Auch das humanitäre Völkerrecht schützt Dämme, Deiche und Kernkraftwerke vor Angriffen. Ihre Zerstörung wird als Kriegsverbrechen betrachtet. Die ukrainische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Ökozids, so Maxym Popow, ein Berater des Generalstaatsanwalts der Ukraine, gegenüber dem Reckoning Project. Ein Ökozid liegt vor, wenn es nicht möglich ist, die Umwelt in einer Region wieder so herzustellen, wie sie vor einem Vorfall war.
Staatsanwälte des Internationalen Strafgerichtshofs besuchten die überflutete Region, um sich mit eigenen Augen vom Ausmaß der Katastrophe zu überzeugen. Unmittelbar danach gab der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekannt, dass der IStGH selbst eine Untersuchung eingeleitet hat, auch bei diesen Untersuchungen kooperiert die Ukraine. „Wir setzen alles daran, dieses Verbrechen aufzuklären, denn wir wollen nicht, dass die Natur ein stummes Opfer des Krieges wird“, so Popow. „Wir wollen diejenigen, die für Umweltschäden verantwortlich sind, vor Gericht bringen.“
Rund 300 Forscher und Staatsanwälte sind an den Ermittlungen beteiligt – so viele wie nie zuvor in der Geschichte der Ukraine. Dutzende von ihnen sind Wissenschaftlerinnen und Mitarbeiter der staatlichen Umweltaufsichtsbehörde. Sie nehmen Boden- und Wasserproben, um die entstandenen Umweltschäden zu untersuchen (siehe Video ganz oben). Die Ukraine bat auch die Türkei und Bulgarien, die Auswirkungen auf das Schwarze Meer zu untersuchen.
Ölteppich von 100.000 Quadratmetern
Laut einem bereits im Oktober 2023 veröffentlichten Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) bewegte sich das Wasser des Stausees nach der Explosion des Damms mit einer Geschwindigkeit von 15 Kilometern pro Stunde. In sechs Stunden legte es 90 Kilometer zurück und erreichte so die Regionalhauptstadt Cherson. Die Flut entwurzelte Bäume und ließ Boote kentern, mit denen die Bevölkerung versuchte, dem Katastrophengebiet zu entkommen. Ganze Einfamilienhäuser aus Holz wurden weggespült.
Am ersten Tag der Katastrophe wurde der Bezirk Cherson überflutet, am zweiten Tag die benachbarte Region Mykolajiw. Mehr als 66 Siedlungen mit über 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern waren unmittelbar betroffen, heißt es im UNEP-Bericht. Neben Einfamilienhäusern, Hochhäusern, Naturschutzgebieten, Wäldern und Feldern wurden auch 200 Einrichtungen überflutet, die problematische Stoffe lagern. Dazu gehören Häfen, Chemiewerke, Öl- und Düngemittellager sowie Friedhöfe. Aus dem Staudamm selbst traten zudem 150 Tonnen Maschinenöl und 300 Tonnen Öl aus und verbreiteten sich mit dem Wasser. Dem UNEP-Bericht zufolge erreichte der Ölteppich eine Fläche von 100.000 Quadratmetern.
Ständige Lebensgefahr
Die Arbeit der Ermittlerteams ist lebensgefährlich. Im Spätsommer 2023 traf eine Granate das Labor der Umweltbehörde. Diese führt ihre Analysen nun in ihrem Hauptbüro im Stadtzentrum durch. Im Herbst letzten Jahres wurde dieses Gebäude eine halbe Stunde vor Arbeitsbeginn von einer Granate getroffen.
Der Schaden wurde zwar behoben, doch am 15. Mai warf die russische Armee nach Angaben der Militärverwaltung von Cherson drei Luftbomben ab, die in der Nähe des Umweltinspektorats explodierten. Die Mitarbeiter waren zu diesem Zeitpunkt bei der Arbeit. Ihre Gesichter und Hände wurden durch Glasscherben verletzt, und einige von ihnen erlitten Prellungen. Am nächsten Tag kehrten sie zur Arbeit zurück.
Stinkende Suppe verteilte sich über ganze Region
Das von Russland besetzte linke Ufer des Dnipro wurde am stärksten überflutet. Russland verweigerte der humanitären UNO-Mission den Zutritt, und internationale Journalisten- und Forscherteams dürfen das Gebiet bis heute nicht betreten. Die Besatzungsbehörden gaben an, dass 53 Menschen ertrunken seien, auf der ukrainisch kontrollierten Seite seien es 35 gewesen. Ukrainische Journalisten riefen Bewohnerinnen und Bewohner des linken Ufers an und nahmen ihre Aussagen auf. Demnach hätten die Besatzungsbehörden und die russische Armee sie ihrem Schicksal überlassen.
„Auf den überfluteten Straßen herrschte ein unerträglicher Gestank“, erinnert sich Maxym Raschanjajew, ein Inspektor der staatlichen Umweltbehörde. Er holte gemeinsam mit Rettungskräften auf Booten Menschen und Tiere aus dem überfluteten Cherson. Im Wasser schwamm eine Mischung aus Hausmüll, Fäkalien, toten Tieren, Möbeln und tonnenweise übelriechender Schlamm vom Grund des Stausees. Händeringend versuchten Behörden und Helfer, das Wasser notdürftig zu reinigen, um den Ausbruch von Infektionen zu verhindern. Raschanjajew musste auch Leichen aus dem Wasser ziehen, er arbeitete mit einer Gasmaske. Sein eigenes Haus war eines der ersten, das überflutet wurde.
13 Milliarden Euro unmittelbarer Schaden
Der Kachowka-Stausee entleerte sich innerhalb weniger Tage, und das Wasser in den überfluteten Siedlungen blieb drei Wochen lang stehen. Nachdem es zurückgegangen war, waren Häuser, Land und Wohnungen innen mit einem schwarzen Ölfilm bedeckt. Überall lagen Tonnen von Müll und von toten Tieren. Durchfeuchtete Häuser stürzten zusammen. Möbel verrotteten, elektrische Geräte waren zerstört, Geschirr zerbrochen.
Die Ernten auf den Feldern und in den privaten Gärten verrotteten ebenfalls. Obstbäume hatten den Fluten zwar standgehalten, aber die Menschen ernteten nicht, weil sie Angst hatten, vergiftet zu werden. Im Oktober 2023 veröffentlichten die ukrainische Regierung und die Vereinten Nationen einen gemeinsamen Bericht, in dem sie feststellten, dass durch die Zerstörung des Staudamms ein Schaden von 13 Milliarden Euro entstanden war.
Keiner geht ohne kugelsichere Weste zur Arbeit
Vom ersten Tag an arbeiteten die Mitarbeiter der staatlichen Umweltbehörde in Cherson rund um die Uhr. Sie nahmen Wasserproben und untersuchten diese auf toxische Substanzen und Krankheitserreger. „Wir waren mit dem Militär auf Booten unterwegs“, erzählt Walentyna Naschko, eine Umweltinspektorin der Dienststelle in Cherson. „Der Beschuss hörte nie auf, ständig explodierte etwas im Wasser.“ Die Umweltinspektoren tragen bis heute kugelsichere Westen und Helme. Sie geraten oft unter Beschuss (siehe Video ganz oben). Raschanjajew führt eine Statistik über Explosionen. Bis zu 20 Explosionen pro Tag sind es allein in Cherson selbst. Es ist auch Aufgabe der Umweltinspektoren, die Orte des Beschusses zu inspizieren.
„Wir erfassen zwei Indikatoren. Wie das Gebiet mit Trümmern übersät ist und wie es mit giftigen Substanzen aus den Sprengstoffen kontaminiert ist. Wir klettern in einen Krater und entnehmen Erde. Giftige Substanzen gelangen in den Boden, auch in das Grundwasser und in die Pflanzen, wodurch Menschen und Tiere langsam vergiftet werden“, sagt Oleh Kaydaschow, ein Inspektor des Umweltdienstes in Cherson. Es sei unerträglich, in einer Stadt zu leben, die jeden Tag beschossen wird. Weggehen kommt für ihn dennoch nicht infrage, wegen der Eltern, die nicht mehr umziehen möchten, und auch, weil Aufgeben für ihn nicht infrage kommt.
„Es ist schwer, jetzt Spezialisten zu finden, vor allem solche, die unter Beschuss arbeiten können“, sagt Kaydaschow. „Ich halte noch durch, aber für meine Frau Tetjana ist es schwieriger als für mich. Wir leben seit über einem Jahr im Keller unseres Einfamilienhauses. Sie hat Angst, sich in den Zimmern im Erdgeschoß aufzuhalten. Ein Teil unserer Wohnung wurde von einer Granate getroffen und unsere Datscha wurde überflutet.“
Geisterstadt unter Dauerbeschuss
Auch das Reckoning Projekt erlebte bei den Dreharbeiten mit den Umweltinspektoren immer wieder Beschuss in unmittelbarer Nähe. Zwischen der Entnahme von Boden- und Wasserproben gingen die Journalistinnen gemeinsam mit den Inspektoren in einen Schutzraum. Und: Das Team hielt sich nicht länger als 20 bis 30 Minuten am Fluss Dnipro auf, denn das besetzte linke Ufer ist nur drei bis fünf Kilometer entfernt, und am Himmel über Cherson kreisen ständig Aufklärungsdrohnen.
Die Straßen in Cherson selbst sind auch tagsüber leer. Vor dem Krieg lebten hier fast 300.000 Menschen, jetzt sind es nach Angaben der regionalen Militärverwaltung weniger als 70.000. Betonkästen mit der Aufschrift „Shelter“ stehen in den Straßen der Stadt neben Blumenbeeten. Überall sind die Fenster mit Brettern vernagelt. Durch Beschuss beschädigte Gebäude werden abgetragen. Die Krater von Explosionen werden oft nicht verschüttet. Die Stadt ist aus Sicherheitsgründen nachts nicht beleuchtet. Ein Jahr ist seit der Flut vergangen, aber die Keller der Häuser sind immer noch nicht trocken.
Hanna Mamonowa (Text, Video), The Reckoning Project, für ORF Topos, Anna Zyhyma (Video), The Reckoning Project, für ORF Topos, Simon Hadler (Redaktion), ORF Topos
Links:
The Reckoning Project
Truth-Hounds-Studie
ZENTRALBANKEN
—
MELDUNGEN
WEITERE MELDUNGEN
USA – Kerninflation (PCE)
USA: Konsumausgaben steigen schwächer als erwartet – Preisauftrieb gibt nach – Wdhlg. vom 28.6.2024
WASHINGTON (dpa-AFX) – Die Ausgaben der privaten Haushalte in den USA sind im Mai etwas schwächer gestiegen als erwartet. Zum Vormonat erhöhten sie sich um 0,2 Prozent, wie das Handelsministerium am Freitag in Washington mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem Anstieg um 0,3 Prozent gerechnet. Die Einkommen legten mit 0,5 Prozent etwas stärker zu als erwartet.
Der Preisindex PCE stieg um 2,6 Prozent zum entsprechenden Vorjahresmonat. Im Vormonat hatte die Rate 2,7 Prozent betragen. Die Kernrate (ohne Energie- und Nahrungsmittel) sank von 2,8 auf 2,6 Prozent. Die Entwicklung war von Analysten erwartet worden. Der PCE-Index ist das bevorzugte Preismaß der US-Notenbank Fed.
Die erhöhte Inflation erschwert der Fed die geldpolitische Wende. Noch immer liegt der Leitzins auf dem Niveau, auf das ihn die Währungshüter während der großen Inflationswelle angehoben hatten. An den Finanzmärkten wird noch im laufenden Jahr mit den ersten Zinssenkungen gerechnet, beginnend im Spätsommer./bgf/jsl/jha/
Trump-Urteil: Richterin fürchtet „König über dem Gesetz“
Das US-Höchstgericht hat am Montag entschieden, dass US-Präsident Donald Trump für Amtshandlungen rechtliche Immunität genießt. Für Trump stellt das Urteil einen „großen Sieg für Verfassung und Demokratie“ dar. Die Richterschaft am Supreme Court ist mehrheitlich konservativ, die drei liberalen Richterinnen widersprachen ihrer Meinung. Höchstrichterin Sonia Sotomayor sprach davon, dass das Urteil den Präsidenten wie einen König über das Gesetz stelle. Trump kündigte Antrag auf Auhfebung seiner Verurteilung in New York an.
„Ein großer Sieg für unsere Verfassung und Demokratie. Stolz, ein Amerikaner zu sein“, begrüßte Trump am Montag das mit Spannung erwartete Urteil des Supreme Court. Zuvor hatte das Höchstgericht seinen Entscheid veröffentlicht, der Trump starken Rückenwind im Wahlkampf gibt. Ein ehemaliger US-Präsident dürfe gerichtlich verantwortlich gemacht werden für Handlungen, die er privat getätigt hat, nicht aber für jene innerhalb „seiner konstitutionellen Autorität“, so das Urteil.
Was denn privat ist und was nicht, soll eine untergeordnete Instanz nun klären. Das Bundesgericht wird zu prüfen haben, inwieweit sich eine gegen Trump erhobene Anklage wegen seiner Interventionen nach seiner Wahlniederlage von 2020 auf nicht offizielle und offizielle Handlungen bezieht. Die Anklage lautet unter anderem auf Verschwörung zum Betrug der Vereinigten Staaten. Darin geht es auch um Trumps Rolle bei der Erstürmung des Kapitols in Washington im Jänner 2021. Ein wesentlicher Punkt ist, ob Trumps Umgang mit dem Wahlergebnis von 2020 zu seinen Amtshandlungen gehörte.
Sotomayor: „Geladene Waffe“
Am Supreme Court gibt es eine klare Mehrheit konservativer Richterinnen und Richter, drei von ihnen hatte Trump selbst nominiert. Im April ließen die Richter schon erkennen, dass ehemalige Präsidenten in bestimmten Fällen einen gewissen Schutz vor Anklagen genießen sollten. Sie zeigten sich jedoch auch da schon skeptisch gegenüber Trumps Forderung nach einer absoluten Immunität.
Die drei als liberal geltenden Richterinnen widersprachen der Mehrheit. Richterin Sotomayor nutzte in ihrer Begründung deutliche Worte: Sie bezeichnete die Immunität für offizielle Handlungen als „geladene Waffe“ für jeden Präsidenten, der eigene Interessen über die des Landes stelle. „Die langfristigen Folgen der heutigen Entscheidung sind erheblich“, schrieb sie in der abweichenden Meinung. „Das Gericht schafft damit effektiv eine rechtsfreie Zone um den Präsidenten und rüttelt am Status quo, der seit der Gründung der Nation existiert.“ Es erlaube einen „König, der über dem Gesetz steht“.
Folgen für Gerichtsprozesse
Die nunmehrige Entscheidung dürfte starke Auswirkungen auf einen Teil der gegen Trump erhobenen strafrechtlichen Anklagen haben. Wegen seiner Wahlinterventionen ist er auch von der Justiz des US-Staats Georgia angeklagt. Eine weitere strafrechtliche Anklage gegen den Ex-Präsidenten ist vor einem Bundesgericht in Florida anhängig, darin geht es um die Lagerung geheimer Regierungsakten in seinem Privatanwesen. Wann diese beiden Prozesse beginnen könnten, ist unklar. Die Entscheidung in der Immunitätsfrage könnte möglicherweise auch Auswirkungen auf die Fälle in Georgia und Florida haben.
Spiel auf Zeit in New York
Der New Yorker Prozess zur Schweigegeldzahlung an die frühere Pornodarstellerin Stormy Daniels endete hingegen am 30. Mai mit einem Schuldspruch für Trump in 34 Fällen von Dokumentenfälschungen. Er ist damit der erste strafrechtlich verurteilte Ex-US-Präsident der Geschichte. Trumps Strafe will der Richter am 11. Juli verkünden, eine Haftstrafe gilt als unwahrscheinlich.
Die Entscheidung zur Immunitätsfrage dürfte keine nachträgliche Auswirkung auf diesen Fall haben, das es im New Yorker Fall um die Zeit vor seiner Präsidentschaft geht. Trotzdem kündigte Trump umgehend an, die Aufhebung einfordern zu wollen. Das könnte dazu führen, dass die Festlegung des Strafmaßes verzögert wird.
Erfolgreiche Verzögerungstaktik
Das Wahlkampfteam von US-Präsident Joe Biden veröffentlichte kurz nach Bekanntwerden des Urteils eine Stellungnahme. „Das heutige Urteil ändert nichts an den Tatsachen“, zitierten US-Medien einen Wahlstrategen des Demokraten. „Donald Trump ist durchgedreht, nachdem er die Wahl 2020 verloren hatte, und ermutigte einen Mob, die Ergebnisse einer freien und fairen Wahl zu stürzen.“
Trump, der bei der Wahl im November erneut gegen Biden antreten will, setzt in seinen juristischen Auseinandersetzungen auf eine Verzögerungstaktik. Damit will er erreichen, dass die Prozesse oder zumindest die Urteile bis nach der Wahl hinausgezögert werden – mit Erfolg: So setzte das Bundesgericht in Washington das Gerichtsverfahren zu den Vorwürfen der Wahlmanipulation, das eigentlich im März beginnen sollte, aufgrund der ungeklärten Immunitätsfrage für unbestimmte Zeit aus. *** red, ORF.at/Agenturen
Links:
- US-Höchstgericht
- Donald Trump (offizielle Kampagnenseite)
- Weißes Haus
Gegen Proteste: Gewalt als Antwort auf Krise in Kenia
In Kenia sind vor einer Woche die Proteste gegen ein neues Steuergesetz eskaliert. Demonstrantinnen und Demonstranten stürmten das Parlament in Nairobi. Bis zu 30 Menschen wurden von der Polizei erschossen. Das ostafrikanische Land, mit dem die EU seit Montag ein neues Handelsabkommen unterhält, kämpft mit einer schweren wirtschaftlichen Krise. Präsident William Ruto reagiert zunehmend mit Repression.
Das Gesetzespaket, gegen das sich die Proteste richteten, enthielt unter anderem eine geplante Steuererhöhung von 16 Prozent auf Brot, wie die BBC berichtete. Zuerst blieben die Demonstrationen friedlich, vor zwei Wochen kam es dann zum Sturm auf das Parlament, Barrikaden brannten, Geschäfte wurden geplündert, die Polizei setzte anfangs Tränengas und später scharfe Munition ein. Es gab Hunderte Festnahmen, bis zu 30 Tote – und schwere Vorwürfe gegen die Regierung und Ruto.
Er hatte zuletzt noch „organisierte Kriminelle“ für den Sturm auf das Parlament verantwortlich gemacht, die die friedliche Protestbewegung infiltriert hätten. „Kenia hat heute einen Angriff auf die Demokratie und Gesetzesherrschaft erlebt“, sagte Ruto. Die Ereignisse seien ein Wendepunkt dahingehend, „wie wir auf schwere Bedrohungen unserer nationalen Sicherheit reagieren“.
„Brutale Repression“
Die Reaktion sei zunehmend Repression, analysierte „Foreign Policy“ Ende letzter Woche, wenige Wochen nachdem die USA Kenia zu einem ihrer wichtigsten Verbündeten außerhalb der NATO designiert hatten und kurz bevor das neue Handelsabkommen mit der EU in Kraft trat. Washingtons neuer Partner in Afrika antworte mit „brutaler Repression“ auf die wirtschaftliche Krise und die Proteste im Land, so das US-Außenpolitikmagazin.
Menschen seien getötet worden, weil sie von ihrem Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht hätten. Menschen seien „entführt, eingesperrt, geschlagen, erschossen“ worden. Es gab Gerüchte, dass es in Githurai, einem Vorort im Nordosten der kenianischen Hauptstadt, Massenerschießungen gegeben habe. Dabei habe es sich allerdings um Falschinformationen gehandelt, berichtete die BBC.
Schwierige wirtschaftliche Lage
Ruto hatte Teile seines Gesetzespakets für neue Steuern und Steuererhöhungen inzwischen zurückgezogen, die Proteste hielten trotzdem an und wendeten sich gegen den Präsidenten selbst. Die Protestbewegung fordert seinen Rücktritt. Seit seinem Amtsantritt 2022 hat Ruto mehrere neue Steuern eingeführt mit dem Ziel, den Staatshaushalt zu sanieren.
Kenia ist mit umgerechnet knapp 75 Milliarden oder fast 70 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) verschuldet. Das ostafrikanische Land mit über 50 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern kämpft mit einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Situation und einer hohen Auslandsverschuldung.
„Zerbrechliche Demokratie schwer beschädigt“
Rutos „große politische Fehlkalkulation“ habe ihn den Rückhalt in der Bevölkerung gekostet und „Kenias zerbrechliche Demokratie schwer beschädigt“, schrieb „Foreign Policy“. Das US-Magazin erinnerte an ein Verfahren gegen Ruto vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), in dem ihm Anstiftung zu Vertreibung und Mord während der Unruhen in Kenia nach der Präsidentschaftswahl 2007 vorgeworfen wurde. Es wurde eingestellt.
Das neue Steuerpaket, mit dem auch Grundnahrungsmittel wie Zucker und Pflanzenöl stark teurer geworden wären, hätte arme Kenianer am härtesten getroffen, schrieb „Foreign Policy“, während es gleichzeitig Pläne für eine teure Renovierung der Residenz des Präsidenten und andere „extravagante Ausgaben“ gegeben habe.
Die Wut einer „neuen Generation“
Diese hätten eine „neue Generation“ wütend gemacht. Viele davon hätten Ruto vor zwei Jahren gewählt, nachdem er versprochen hatte, als Präsident eine Million neue Arbeitsplätze zu schaffen – bei einer Arbeitslosenrate von geschätzten 40 Prozent der Menschen im Erwerbsalter. Sie fühlten sich um ihre Zukunft betrogen. Desillusioniert von dem, was sie als „gierige politische Klasse“ sähen, wendeten sie sich der Protestbewegung zu.
Das Bemerkenswerte sei, dass diese diesmal keine Trennlinien entlang politischer Lager oder ethnischer Grenzen kenne. Rutos Handeln habe den „sozialen Vertrag zwischen dem Bürger und dem Staat“ beschädigt. Die kenianische Regierung behandle das Volk wie eine „Bedrohung“, weil sie Angst habe, eine landesweite Protestbewegung könnte sie stürzen. Mittlerweile habe die bereits eine breite Basis, etwa auch in den Kirchen, die einst ein „Kern“ von Rutos politischer Basis gewesen seien.
Das Vertrauen fehlt
Den jungen Kenianer fehle das Vertrauen, dass ihr Steuergeld zu ihrem Vorteil genutzt werde, hieß es in der „Foreign Policy“-Analyse vom Freitag. Sie wüssten, dass das Geld irgendwo versickert, bestätigt in ihrem Glauben durch den Lebensstil mancher politischer Funktionäre.
Auch als im Mai bekanntwurde, dass die Reise des Präsidenten in die USA per Privatjet umgerechnet knapp 71.000 Euro gekostet haben soll, sorgte das für Empörung. Ruto, in Erklärungsnot, sagte laut dem Magazin später, Freunde bzw. die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) hätten den Flug bezahlt.
„Kein Auge zudrücken“
Stichwort US-Reise: Die Ereignisse in Kenia und die Reaktion Rutos sollten Washington Anlass zum Nachdenken sein, empfahl „Foreign Policy“. Nur zwei Tage, bevor die Gewalt eskalierte, sei Kenia zu einem Hauptverbündeten der USA außerhalb der NATO designiert worden. Er sei das erste afrikanische Staatsoberhaupt seit Jahren gewesen, das zu einem formellen Staatsbesuch empfangen wurde. Kenia sei wichtiger wirtschaftlicher und militärischer Partner in einer instabilen Region.
Dennoch: Die USA sollten sich bewusst sein, dass Handels- und Sicherheitsinteressen nicht auf Kosten von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehen dürften. Wenn für Regierungen Repression die Antwort auf Proteste sei, dann dürften andere Regierungen und internationale Finanzinstitutionen „kein Auge zudrücken“ oder eine Außenpolitik betreiben, die ihrem eigenen Verständnis von Menschenrechten und Demokratie zuwiderläuft.
Neues Partnerschaftsabkommen mit der EU
Auch die EU rückt Kenia wirtschaftlich ein Stück näher. Mit Montag trat laut einer Aussendung der EU-Kommission ein neues Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) mit dem ostafrikanischen Land in Kraft. Das sei ein Meilenstein in einer strategischen Partnerschaft, heißt es. Es soll Handel und Investitionen ankurbeln.
Kenia hat nach Schätzungen rund 54 Millionen Einwohner, fast 70 Prozent davon sind jünger als 34 Jahre. Mit einer Fläche von rund 580.000 Quadratmetern ist das Land fast siebenmal so groß wie Österreich. Das aktuelle BIP beläuft sich laut Statistik des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf umgerechnet rund 97 Milliarden Euro, das jährliche BIP pro Kopf liegt bei rund 1.850 Euro. *** geka, ORF.at
Links:
EUROPAWAHL 9.6.2024
Österreich-bezogene Informationen dazu auf WIKIPEDIA => Wahlwerbende Parteien
Mögliche Wiederwahl: von der Leyen trifft EU-Grüne
BRÜSSEL (dpa-AFX) – Mit Blick auf ihre mögliche Wiederwahl als EU-Kommissionspräsidentin hat Ursula von der Leyen sich mit der Grünen-Fraktion im Europaparlament getroffen. „Wir hatten ein sehr konstruktives Treffen mit Ursula von der Leyen, in dem wir über das Ziel einer stabilen, verlässlichen Mehrheit gesprochen haben“, teilte die Co-Vorsitzende der Fraktion, Terry Reintke, mit. „Wir haben deutlich gemacht, dass wir nicht Teil einer Mehrheit sein werden, die mit der extremen Rechten, einschließlich EKR, verhandelt oder sich auf diese verlässt.“ Von der Leyen und ihre Parteienfamilie EVP hatten eine Zusammenarbeit mit der rechten EKR-Fraktion im Wahlkampf nicht ausgeschlossen.
Um ihren Spitzenposten für weitere fünf Jahre behalten zu können, muss von der Leyen in den nächsten Wochen eine Mehrheit der Abgeordneten im neuen EU-Parlament hinter sich bringen. Das informelle Bündnis, das ihre europäische Parteienfamilie EVP mit den Sozialdemokraten (S&D) und Liberalen (Renew) bildet, hat dort zwar theoretisch eine komfortable Mehrheit von etwa 400 der 720 Stimmen. Es wird aber für möglich gehalten, dass manche Abgeordnete in der geheimen Wahl von der Fraktionslinie abweichen und der Deutschen nicht ihre Stimme geben. Das Votum erfolgt nach derzeitiger Planung am 18. Juli./svv/DP/he
Pro-westlicher Kurs Bulgarien hat neue Regierung – Parlamentsmehrheit unklar
Bulgarien fährt weiter einen Kurs der Westbindung. Die Einführung des Euro ist auch für die neue Regierung ein zentrales Ziel. Allerdings ist noch offen, ob das drei Wochen nach der Wahl aufgestellte Kabinett auch auf eine Mehrheit im Parlament bauen kann.
Drei Wochen nach einer vorgezogenen Parlamentswahl in Bulgarien hat der Mitte-Rechts-Wahlsieger Gerb-SDS eine pro-westliche Regierung aufgestellt. Als künftiger Ministerpräsident wurde Ex-Parlamentschef Rossen Scheljaskow nominiert. Außenminister soll der überzeugte Euro-Atlantiker Daniel Mitow werden, der diesen Posten schon früher innehatte. Gerb-SDS-Chef und Ex-Regierungschef Boiko Borissow sagte, erste Aufgaben seien der neue Staatshaushalt sowie die Vorbereitung auf die angestrebte Einführung des Euro.
Das Parlament stimmt voraussichtlich an diesem Mittwoch über den Kabinettsvorschlag ab. Die Ministerriege besteht aus prominenten Gerb-Politikern sowie zu etwa einem Drittel aus Ministern des jetzigen Übergangskabinetts. Borissow warnte vor einer weiteren Neuwahl, sollte der erste Regierungsauftrag scheitern.
Es war zunächst unklar, ob die von Gerb-SDS aufgestellte Regierung im 240-Sitze-Parlament eine Mehrheit bekommen wird. Da Gerb-SDS darin über lediglich 68 Mandate verfügt, ist das Bündnis auf Ja-Stimmen aus anderen Parteien angewiesen. Ihre Unterstützung für eine Gerb-SDS-Regierung sicherte bislang nur die zweitplatzierte Partei zu, die prowestliche liberale Bewegung für Rechte und Freiheiten DPS (46 Mandate).
Das bis März mit Gerb-SDS regierende, ebenso prowestliche iberal-konservative Bündnis PP-DB (39 Mandate) lehnte prompt jegliche Unterstützung für ein Kabinett des früheren Koalitionspartners ab. Damit seien die für Bulgarien notwendigen Reformen unmöglich, schrieb PP-DB-Chef Kiril Petkow auf Facebook. Auch die Sozialisten (BSP, 18 Mandate) und die prorussische, nationalistische Partei Wasraschdane (Wiedergeburt, 38 Mandate) wollten ein Gerb-SDS-Kabinett nicht unterstützen.
In der am 9. Juni gewählten Volksversammlung in Sofia sind insgesamt sieben politische Kräfte vertreten. Der Urnengang war die sechste Parlamentswahl binnen drei Jahren. Im Wahlkampf hatte Borissow die Bildung einer Koalition in Aussicht gestellt, mit der die jahrelange politische Instabilität in dem Land beendet werden soll. *** Quelle: ntv.de
Frankreich-Wahl: Karten vor zweiter Runde neu gemischt (inkl. interaktives Schaubild)
In Frankreich liegen die Rechtspopulisten nach der ersten Runde der Parlamentswahl zwar klar voran, vor der Stichwahl am Sonntag könnten die Karten aber neu gemischt werden. Rund 500 der 577 Sitze gibt es am 7. Juli noch zu ergattern. Vielerorts stehen Stichwahlen mit drei, vereinzelt gar vier Kandidatinnen und Kandidaten im Raum. Doch auch der Rückzug vieler Kandidaten aus taktischen Gründen wird erwartet.
Fix vergeben sind bisher nur 76 Mandate – davon gingen 37 an Marine Le Pens rechtspopulistischen Rassemblement National (RN). 32 Mandate konnte sich das Linksbündnis Nouveau Front populaire (NFP) sichern. Das Mitte-Lager Ensemble von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kommt nach der ersten Wahlrunde auf gerade einmal zwei Direktmandate.
Zur Erklärung: In Frankreich gilt das Mehrheitswahlrecht. Für den Mandatsgewinn ist im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit im Wahlkreis nötig – aber auch 25 Prozent der Stimmen der insgesamt Wahlberechtigten. Gelingt das nicht, dürfen im zweiten Wahlgang die beiden Erstplatzierten der ersten Runde antreten – plus weitere Kandidatinnen und Kandidaten, die mehr als 12,5 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten auf sich vereinen konnten.
Zahlreiche Kandidaten zogen sich bereits zurück
501 Mandate sind noch umkämpft: In 190 Wahlkreisen kommt es zur Stichwahl zwischen zwei Kandidaten. Wegen der hohen Wahlbeteiligung von 67 Prozent qualifizierten sich in 306 Wahlkreisen je drei Kandidaten für die zweite Runde – was mit Blick auf vergangene Wahlen äußerst ungewöhnlich ist. Trielle gab es 2022 beispielsweise nur in sieben Wahlkreisen. In fünf weiteren Wahlkreisen könnte es heuer sogar zum Rennen zwischen vier Kandidaten kommen – ein Novum.
Die große Frage ist nun, wie viele Kandidaten und Kandidatinnen sich vor der Stichwahl zurückziehen, um den Sieg eines RN-Politikers zu verhindern. Zahlreiche Mitstreiter kündigten „Le Monde“ zufolge bereits den Rückzug der Kandidatur an, weshalb es am Sonntag tatsächlich weit weniger Dreikämpfe geben dürfte. Weitere Rückzüge dürften folgen. Die Kandidaten müssen sich bis Dienstag um 18.00 Uhr erklären. Der RN hofft, am Sonntag die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu holen und so an die Regierung zu kommen. Macron und das linke Lager versuchen, das mit einer gemeinsamen Front zu verhindern. Für die „Absolute“ sind 289 von 577 Sitzen nötig.
Macron droht Cohabitation
Die Nationalversammlung ist eine von zwei französischen Parlamentskammern. Sie ist an der Gesetzgebung beteiligt und kann per Misstrauensvotum die Regierung stürzen. Sollte der RN die absolute Mehrheit erreichen, hätte das schwerwiegende Folgen. Macron wäre de facto gezwungen, den 28 Jahre alten Parteichef Jordan Bardella zum Premierminister zu machen.
Es gäbe dann eine Cohabitation. Macrons Macht würde deutlich schrumpfen, der Premier würde wichtiger. In einem solchen Szenario hätte Macron Schwierigkeiten, seine Linien international durchzusetzen. Das wiederum könnte der früheren RN-Parteichefin Le Pen den Weg ebnen, 2027 Präsidentin zu werden.
Front gegen RN? Uneinigkeit bei Macron-Lager
Le Pen sagte am Sonntagabend, sie hoffe, dass Bardella nun Premierminister werde. Der RN trat nicht offiziell im Bündnis an, unterstützte aber von den konservativen Les Republicains (Republikaner) abtrünnige Kandidaten. Macrons Mitte-Lager zeigte sich indes uneinig über die Strategie vor der entscheidenden Stichwahl. Das Mitte-Lager Macrons landete mit 20 Prozent der Stimmen auf Platz drei hinter dem Linksbündnis mit 28 Prozent. Der RN und seine Verbündeten kamen in der ersten Runde der Parlamentswahl auf gut 33 Prozent.
Wirtschaftsminister Bruno Le Maire rief am Montag dazu auf, der linkspopulistischen Partei La France Insoumise (LFI/Unbeugsames Frankreich), die federführend zum Linksblock NFP gehört, auch dann keine Stimme zu geben, wenn damit der Sieg eines RN-Kandidaten in einem Wahlkreis verhindert werden könnte. „Für mich ist La France Insoumise eine Gefahr für die Nation, so wie der Rassemblement National eine Gefahr für die Republik ist“, sagte er dem Sender France Inter. Er warf der Partei Antisemitismus und Gewalt vor.
Grünen-Chefin Marine Tondelier reagierte mit Entsetzen auf Le Maires Wahlempfehlung. „Das ist feige und der historischen Tragweite nicht angemessen“, sagte sie unter Tränen dem Sender France Inter. Im Gegensatz zu Le Maire rief Macron noch am Wahlabend zu einem „breiten, demokratischen und republikanischen Bündnis“ gegen den RN auf. Er forderte per Pressemitteilung, in der zweiten Wahl nur Kandidaten zu unterstützen, die „klar republikanisch und demokratisch“ sind.
Macron-Lager: Rückzug aus 60 Wahlkreisen angekündigt
Sein Premierminister Gabriel Attal kündigte den Rückzug von Kandidaten des Regierungslagers in 60 Wahlkreisen in der zweiten Wahlrunde an. Das solle den Sieg rechtspopulistischer Kandidaten verhindern, sagte er Sonntagabend in Paris. Attal warnte eindringlich vor einem Sieg sowohl der Rechten als auch des Linksbündnisses NFP.
Macron ist bis 2027 als französischer Präsident gewählt und hat weitreichende Kompetenzen vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik. Durch den absehbaren Verlust seiner Mehrheit in der Nationalversammlung dürfte er aber die Kontrolle über die innenpolitische Tagesordnung weitgehend verlieren – also etwa über Wirtschaftspolitik, Sicherheit, Einwanderung und Finanzen. Macron hatte nach der Niederlage seiner Partei bei der Europawahl Anfang Juni überraschend vorgezogene Parlamentswahlen angesetzt. *** kale, ORF.at/Agenturen
Links:
- Französische Nationalversammlung
- Französisches Präsidialamt
- Ergebnisse France Info (nach Wahlblöcken)
- Ergebnisse (nach einzelnen Parteien, Innenministerium)
DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN
Investitionsschwäche belastet Maschinenbau – Branchenverband VDMA meldet Rückgang an Mai-Bestellungen im Maschinenbau um 27 Prozent
Frankfurt am Main (pte032/01.07.2024/13:59) – Der Branchenverband VDMA führt den Rückgang an Bestellungen im Maschinenbau um 27 Prozent im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat auf eine anhaltende Investitionsschwäche zurück. Nachdem die Unternehmen im April ein erstes Orderplus im Vergleich zum Vorjahr verbuchen konnten, wies der Mai wieder ein deutliches Minus auf.
Weniger Inlandsorders
Dabei fiel der Rückgang im Inland mit minus 44 Prozent deutlich stärker aus als die Ordereinbußen im Auslandsgeschäft (minus 16 Prozent).
Aus den Euro-Ländern kamen zwölf Prozent weniger Aufträge, aus den Nicht-Euro-Ländern waren es 17 Prozent.
„Ein großer Teil des Rückgangs lässt sich auf einen Basiseffekt zurückführen, im Mai 2023 hatte es außerordentlich viele Aufträge für Großanlagen aus dem Inland geben“, verdeutlicht VDMA-Konjunkturexperte Olaf Wortmann.
EU-weite Zurückhaltung
Im weniger schwankungsanfälligen Drei-Monats-Zeitraum März bis Mai 2024 lagen die Bestellungen um real 13 Prozent unter dem Vorjahreswert.
Das Inland verbuchte 25 Prozent weniger Aufträge, aus dem Ausland kamen acht Prozent weniger Orders.
Die Euro-Länder trugen ein Minus von elf Prozent zu diesem Ergebnis bei, die Nicht-Euro-Länder sechs Prozent. (Ende)
COMMENT: Rund 50 Prozent des deutschen Exports stellen die deutschen Maschinenbauer, deren Produkte im Ausland einen guten Ruf genießen.
ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN
„Inflation liegt im Juni 2024 laut Schnellschätzung bei 3,0 %“
von Statistik Austria finden Sie als PDF auf unserer Website.
Wirtschaft: Arbeitslosenrate bei 6,2 Prozent (inkl. Schaubildern)
Die Arbeitslosenzahlen steigen weiter. Ende Juni waren 338.051 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos oder in Schulung gemeldet – um 9,9 Prozent bzw. 30.319 mehr als Ende Juni 2023. Die Arbeitslosenrate erhöhte sich um 0,5 Prozentpunkte auf 6,2 Prozent.
264.018 waren arbeitslos und 74.033 in Schulungsmaßnahmen des AMS. Den größten Zuwachs gab es im Vergleich zum Vorjahresmonat in der Sparte Warenerzeugung/Industrie (plus 16,4 Prozent). Als Gründe führte AMS-Vorstand Johannes Kopf die schwache internationale Nachfrage sowie die schlechtere Wettbewerbsfähigkeit durch die im europäischen Vergleich deutlich stärker gestiegenen Lohnstückkosten an.
Auch am Bau fiel die Zunahme verglichen mit allen anderen Branchen mit 16,2 Prozent um rund sechs Prozentpunkte höher aus. Im Verkehrs- und Lagerwesen (plus 12,5), im Handel (plus zwölf) sowie in der Gastronomie und Beherbergung (plus 11,2) gab es ebenso ein sattes Plus. Etwas niedriger, aber immer noch kräftig fiel der Arbeitslosenanstieg in der Arbeitskräfteüberlassung (plus 8,1 Prozent) und im Gesundheits- und Sozialwesen (plus 7,6) aus.
98.000 offene Stellen
Die schwächelnde Wirtschaftsentwicklung in Österreich macht sich auch auf dem Stellenmarkt bemerkbar. Beim AMS waren Ende Juni knapp 98.000 offene Stellen als sofort verfügbar gemeldet, ein Minus von rund 17 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten erhöhte sich hierzulande leicht um 0,1 Prozent bzw. 2.000 Personen auf 3,990 Millionen.
Kocher: Drittniedrigste Juni-Arbeitslosenquote seit 2014
Die höchste Arbeitslosenquote verzeichnete Wien mit 10,7 Prozent. Alle anderen Bundesländer lagen unter dem landesweiten Schnitt: das Burgenland mit 5,8 Prozent, Niederösterreich mit 5,7, Kärnten mit 5,5, die Steiermark mit 5,2, Vorarlberg mit 5,1 und Oberösterreich mit 4,2 Prozent. Besonders niedrig war die Rate in Tirol (3,4 Prozent) und Salzburg (3,3).
Solange die wirtschaftliche Dynamik nicht stärker werde, sei der Arbeitsmarkt unter Druck, sagte ÖVP-Wirtschafts- und -Arbeitsminister Martin Kocher am Montag. Es werde „eine Zeit lang dauern“, bis sich der für Herbst erwartete Wirtschaftsaufschwung auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar mache.
Kocher verwies aber darauf, dass man aktuell „die drittniedrigste Arbeitslosenquote der letzten zehn Jahre an einem 30. Juni“ habe und es „sehr viele offene Stellen“ gebe. „Nur in den Jahren 2022 und 2023 war die Arbeitslosenrate aufgrund von Nachholeffekten nach der Corona-Pandemie noch niedriger.“
Kopf hofft auf Fußballeffekt
Kopf hofft auf einen positiven psychologischen Effekt für Österreichs Wirtschaft durch die Erfolge der heimischen Fußballmannschaft bei der Europameisterschaft. Nachdem in den AMS-Zahlen „aktuell noch kein Silberstreif am Horizont erkennbar“ sei und „Wirtschaft viel mit Psychologie zu tun“ habe, solle man „nach einem Strohhalm“ greifen: „Mögen weitere Erfolge unserer Nationalmannschaft jene Euphorie schaffen, dass Unternehmen und Haushalte wieder Vertrauen zurückgewinnen“, so der AMS-Chef.
Kritik von Opposition und Gewerkschaft
Deutliche Kritik an der Arbeitsmarktpolitik der Regierung äußerten die Oppositionsparteien. „Das Versagen der Regierung gegen die Rekordteuerung schlägt voll auf Arbeitsmarkt und Wirtschaft durch“, so SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. „Nach wie vor ist die hohe Arbeitslosigkeit von Ausländern ein riesiges Problem, das Österreichs Sozialstaat immer stärker belastet – hier muss endlich jede weitere Einwanderung gestoppt werden“, forderte FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. „Das Scheitern der Bundesregierung an einer Arbeitsmarktreform zeigt Folgen“, sagte NEOS-Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker.
Arbeiterkammer und Gewerkschaft kritisierten die geplante Reduktion des AMS-Förderbudgets für aktive Arbeitsmarktpolitik im kommenden Jahr. „Obwohl sich die Wirtschaftsprognosen ändern, die Arbeitslosigkeit steigt und sich offenbar auch verfestigt, wie die aktuellen Arbeitsmarktdaten zeigen, kürzt die Bundesregierung das AMS-Budget um fast 95 Millionen Euro“, so ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Ingrid Reischl.
„Die aktive Arbeitsmarktpolitik muss aus- statt abgebaut werden, um die Menschen zu qualifizieren und gezielt vermitteln zu können“, forderte AK-Präsidentin Renate Anderl. „Ich würde vermuten, dass die nächste Regierung uns dann, sobald sie steht und ein neues Budget hat, wahrscheinlich wieder was draufgibt“, so AMS-Vorstand Kopf im Ö1-Radio.
Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, verwies erneut auf die für den Arbeitsmarkt negative wirkende „hohe Lohnnebenkostenlast“ und forderte einen Fokus auf Standortstärkung.
Zahlen zu Lohn- und Sozialdumping
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Kocher präsentierten am Montag Zahlen zum Lohn- und Sozialdumping. 2023 hat die Finanzpolizei 1.402 Betriebe nach dem Lohn- und Sozialdumpinggesetz überprüft, die aus dem Ausland nach Österreich „hereingearbeitet“ haben. Bei den geprüften Unternehmen wurden 3.443 entsendete oder überlassene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kontrolliert, 233 Personen waren von Unterentlohnung betroffen.
Die Finanzpolizei stellte in diesem Zusammenhang wegen Nichtbereithaltens/-stellens von Melde- oder Lohnunterlagen 399 Strafanträge an die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden und beantragte Geldstrafen in Höhe von insgesamt rund 4,4 Mio. Euro. Im Rahmen des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes wird jährlich ein Kontrollplan erstellt. 2024 liege „ein besonderer Fokus auf den Bereichen Hotel, Gastronomie und Tourismus, Bau- und Baunebengewerbe sowie der Security- und Eventbranche“, so Finanzminister Brunner.
red, oesterreich.ORF.at/Agenturen
Links:
Nach Energiepreisen: Ursachen für Teuerung verschieben sich (inkl. interaktiven Schaubildern)
Erst waren es die Energiepreise, die die Inflation nach oben getrieben haben, aktuell sind es laut einem am Montag veröffentlichten Bericht des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) vor allem die Preise für Dienstleistungen – und etwa auch die Mieten –, die den Rückgang der Teuerung bremsen. Die Preise für Strom und Erdgas sollten weiter sinken, aber werden kaum noch dort ankommen, wo sie vor fünf Jahren waren.
Die Preisspirale hatte sich 2021, mehr oder minder von null weg, zu drehen begonnen, von 0,8 Prozent stieg die Inflationsrate bis Jänner 2023 auf den Rekordwert von 11,2 Prozent. Die Jahresinflation belief sich 2023 laut Statistik Austria auf 7,8 Prozent. Verantwortlich dafür waren bis zum Vorjahr vor allem die enorm hohen Kosten für Haushaltsenergie.
Dann sei es zu einer Verschiebung der Ursachen gekommen, heißt es in dem am Montag veröffentlichten „Research Brief“ (11/2024) des WIFO. Der Schwerpunkt der Inflation habe sich ab 2023 verlagert, von den Energiepreisen, die rund ein Drittel zur gesamten Teuerung beigetragen hätten, hin zu den „in der Kerninflation erfassten Bereichen“, etwa Dienstleistungen und Industrieerzeugnisse. In der Berechnung der Kerninflation werden Preise für Lebensmittel und Energie nicht berücksichtigt.
Kosten auf Verbraucherpreise „überwälzt“
Diese Entwicklung, so das WIFO, setze sich in diesem Jahr fort, „wobei die (arbeitsintensiven) Dienstleistungen hauptverantwortlich für den Preisauftrieb bleiben“. Eine hauptsächliche Ursache sei der Anstieg der Arbeitskosten. Die kräftige Teuerung 2023, heißt es in dem Bericht, spiegle sich in den Lohnabschlüssen für 2024, die Bruttonominallöhne pro Kopf dürften in diesem Jahr um 8,1 Prozent steigen.
Die Folge sei, dass in arbeitsintensiven Bereichen – siehe etwa Gastronomie – und im technischen Servicesektor „die deutlich höheren Arbeitskosten verstärkt auf die Verbraucherpreise überwälzt“ würden (Zweitrundeneffekt). Dieser Aufschlag sei „2024/2025 in Österreich der hauptsächliche Treiber der Inflation“.
Auch Preisindexierungen spielen eine Rolle
Aber nicht nur: „In Österreich ist die höhere Inflationspersistenz in Preis-Lohn-Preis-Effekten und Indexierungen begründet“, so WIFO-Ökonom Josef Baumgartner in dem Bericht. Auch Preisindexierungen, allen voran bei den Mieten sowie bei Mobilfunk- und Versicherungstarifen, seien Preistreiber im Sektor Dienstleistungen. Explizit verweist das WIFO auf einen Anstieg der Mietpreise in diesem Jahr von knapp acht Prozent.
In seiner Prognose geht das WIFO davon aus, dass sich die Teuerung in diesem Jahr auf 3,4 Prozent und im nächsten auf 2,5 Prozent belaufen wird. Erst Mitte 2026 dürfte sie auf den Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent sinken.
Im Euro-Vergleich bei Inflation weit vorne
Damit werde Österreich 2024 und 2025 im Vergleich der Euro-Staaten weiterhin zu den Ländern mit höheren Inflationsraten gehören, die Lohnentwicklung sei mitverantwortlich für die höhere Inflation, während in anderen Ländern der Währungsunion „die Tariflohnsteigerungen deutlich verhaltener“ ausgefallen seien.
Laut Darstellung des Instituts auf Basis von Daten des Internationalen Währungsfonds (IMF) liegt Österreich in diesem Jahr auf Platz fünf von 20, im nächsten Jahr auf Platz zwei hinter Estland und 2025 auf dem vierten Rang in der Euro-Zone. Im Mai lag die Teuerungsrate in Österreich bei 3,4 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland waren es laut Mitteilung des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden 2,2 Prozent.
Energiepreise sinken – aber nur langsam
Bei den Energiepreisen, die von 2021 weg enorm gestiegen waren und schließlich um den Jahreswechsel 2022/2023 die Inflationsraten in Österreich auf ein 70-Jahres-Hoch hatten steigen lassen, ist laut Einschätzung des WIFO weitere Entspannung in Sicht.
Aber: Energie werde „mittelfristig teurer bleiben als vor dem Energiepreisschock 2021/2022“, so das WIFO. Strom dürfte im Großhandel bis 2028 im Schnitt etwa um 100 Prozent teurer sein als 2018/2019, Erdgas um 175 Prozent.
Globale Unsicherheitsfaktoren
Diese Einschätzung deckt sich mit jener der Österreichischen Energieagentur (AEA) von letzter Woche. Sie hatte für Erdgas zwischen Mai 2024 und Mai 2022 eine Preisdifferenz von knapp 148 Prozent errechnet und festgestellt, dass die Preise für Energie „weit über den historischen Werten“ lägen.
Allerdings gibt es in allen Rechnungen und Prognosen aktuell zwei hauptsächliche Unsicherheitsfaktoren: den Krieg in der Ukraine und den Nahost-Konflikt. Österreich ist nach wie vor stark abhängig von Gaslieferungen aus Russland. Eine Eskalation des Konflikts im Nahen Osten – das WIFO verweist auf eine mögliche Ausweitung auf den Iran –, hätte nicht nur Folgen für die Energiepreise, sondern für die gesamte Weltwirtschaft. *** geka, ORF.at
Links:
Schwarzarbeit: Pfusch-Statistik: „Viele Eigenheime gäbe es ohne Pfusch gar nicht“
Zwei Drittel der Österreicher finden es in Ordnung, wenn gepfuscht wird, analysiert Ökonom Friedrich Schneider. Auto, Haus und Garten sind die häufigsten Einsatzgebiete
Wien – Schwarzarbeit liegt in Österreich immer noch an der Spitze der akzeptierten „Kavaliersdelikte“ – fast zwei Drittel (63 Prozent) der Österreicher finden es in Ordnung, Dinge im Pfusch erledigen zu lassen. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) der Bevölkerung findet auch nichts dabei, selbst zu pfuschen. Das zeigt eine vom Linzer Ökonomen und Schwarzarbeitsexperten Friedrich Schneider in Auftrag gegebene repräsentative Befragung.
Am häufigsten lassen die Österreicher Elektroarbeiten und Autoreparaturen von Pfuschern erledigen. Aber auch Schönheitspflege und Massagen oder Tätigkeiten rund um Haus und Garten sowie Nachhilfe sind beliebte Einsatzgebiete für Pfuscher.
Knapp zwei Drittel der Befragten gaben an, dass durch Pfusch vieles erst leistbar werde. Jeder zweite nannte die hohe Steuerbelastung als Grund für die Schwarzarbeit.
Nur vier Prozent meinen, dass man Pfusch anzeigen sollte.
79 Prozent der 1000 Befragten sind der Ansicht, dass der Staat mit Steuergeld verschwenderisch umgeht.
7,5 Prozent der Wirtschaftsleistung
Schneider schätzt das Volumen der Schwarzarbeit in diesem Jahr auf 34,5 Mrd. Euro, also rund 7,5 Prozent der offiziellen Wirtschaftsleistung. Das ist ein Anstieg um 1,25 Mrd. oder 3,8 Prozent gegenüber 2023.
Laut Schneider dient die Schattenwirtschaft auch als Puffer für Einkommensverluste durch Inflation und höhere Energiepreise.
Zwei Drittel der von Pfuschern generierten Wertschöpfung kommen von Menschen, die selbstständig oder unselbstständig in einem offiziellen Job beschäftigt sind und Steuern und Abgaben zahlen, aber ihre „schwarz“ geleisteten Überstunden nicht versteuern.
16 Prozent der Wertschöpfung des Pfusches gehen auf organisierte Kriminalität zurück, etwa in der Prostitution oder am Bau, 17 Prozent auf offiziell Arbeitslose und Frühpensionisten.
40 Prozent der Pfuschtätigkeiten würden in der offiziellen Wirtschaft und zu den offiziellen Preise gar nicht nachgefragt, so der Ökonom. Viele Häuser und Eigenheime gäbe es ohne Pfusch gar nicht. Außerdem würden zwei Drittel des im Pfusch verdienten Geldes wieder in die offizielle Wirtschaft in Österreich zurückfließen.
Der größte Verlierer ist der Staat, dem Steuern und vor allem Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 1,5 bis 2,5 Mrd. Euro pro Jahr entgehen. Die Steuerverluste würden sich aber in Grenzen halten, so Schneider, da das schwarz verdiente Geld sofort wieder in der offiziellen Wirtschaft ausgegeben werde.
Ein weiterer Verlierer sind die Krankenversicherungen, die die höheren Kosten durch zusätzliche Unfälle bzw. Arbeitsunfähigkeit der Pfuscher tragen müssen.
Handwerkerbonus reduziert Schwarzarbeit
Als wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit schlägt Schneider die Fortführung der steuerlichen Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen und Investitionen im Haushalt in Höhe von 2000 Euro pro Haushalt und Jahr vor. Der Handwerkerbonus reduziere die Schwarzarbeit um 900 Millionen Euro pro Jahr. Eine weitere wirksame Maßnahme wäre eine Senkung der Lohnnebenkosten. Firmen, die schwarz arbeiten oder schwarz arbeiten lassen, sollten für drei bis fünf Jahre von öffentlichen Auftragsvergaben ausgeschlossen werden.
Im europäischen Vergleich und gemessen am Bruttoinlandsprodukt wird in Österreich wenig gepfuscht. Ähnlich niedrig ist der Anteil der Schwarzarbeit an der gesamten Wirtschaftsleistung nur in Holland und Luxemburg.
Ein Volkssport ist der Pfusch hingegen in Bulgarien, Rumänien und Kroatien, wo das Volumen der Schwarzarbeit jeweils rund ein Drittel des offiziellen BIP ausmacht. (APA, 1.7.2024)
Wohnen: Wie sich das Bestellerprinzip auf den Wohnungsmarkt auswirkt
Seit einem Jahr müssen Wohnungssuchende keine Provision mehr zahlen. Makler befürchteten eine Krise, Mieterschützer viele Umgehungen. Was ist wirklich passiert?
Seit einem Jahr gilt bei der Vermietung einer Wohnung das Bestellerprinzip: Den Makler zahlt die Auftraggeberin. Wie hat es sich auf den Markt ausgewirkt? Wir haben nachgefragt.
Wohnungssuchende: Preise als größtes Problem
Wer die Maklerin beauftragt, muss diese auch bezahlen – so lässt sich das Bestellerprinzip zusammenfassen, das seit 1. Juli 2023 am Mietwohnungsmarkt gilt. Für Wohnungssuchende ist das eine gute Nachricht, denn im Normalfall muss die Provision seither vom Vermieter oder der Vermieterin bezahlt werden. Sie sparen sich also bares Geld. Nur ist das aber auch schon der einzige Vorteil für Menschen, die derzeit auf der Suche nach einer Wohnung sind.
„Makler kassieren keine Provision mehr von uns – darum geben sie sich aber auch keine Mühe mehr“, berichtet ein Wohnungssuchender, dessen Suche nach einer Wohnung für sich und seine Familie ein Dreivierteljahr gedauert hat. Die Besichtigungen seien oft Massentermine mit Fünf-Minuten-Slots, „und danach heißt es: ‚Am besten Sie unterschreiben jetzt gleich ein Mietanbot.'“
Vier dieser bindenden Anbote hat er in den letzten Monaten unterschrieben, bei dreien wurde der Vorzug letztendlich aber Besserverdienenden gegeben, berichtet er.
Das wahre Problem seien aber die Mieten, die verlangt würden. Weil viele Menschen sich kein Eigentum leisten können, ist die Konkurrenz am Mietwohnungsmarkt gewachsen. Und weil auf wenige Jahre befristete Mietverträge mittlerweile die Norm geworden sind, dreht sich die Preisspirale immer weiter.
Mieterschützer: Es gibt kaum Umgehungsversuche
Mieterschützerinnen und Mieterschützer haben viele Gründe, die Situation am heimischen Wohnungsmarkt zu kritisieren. Mit dem Bestellerprinzip sind sie aber ein Jahr nach dem Inkrafttreten zufrieden. „Das Bestellerprinzip hat grosso modo eine Entlastung gebracht“, sagt Wolfgang Kirnbauer vom Mieterschutzverband. „Das Provisionsunwesen ist weg.“
Der Jurist hatte erwartet, dass die wegfallenden Provisionen in die Mieten eingepreist würden, das sei aber nicht eingetreten. Auch Befürchtungen, dass Schlupflöcher in Form von neuen Gebühren gesucht werden könnten, hätten sich nicht bewahrheitet.
Mitunter würden Makler auf Immobilienplattformen aber immer noch eine Provision ausweisen, die von Wohnungssuchenden angeblich zu zahlen ist. Auf Anfrage werde dann aber betont, dass es sich da wohl um eine alte Vorlage gehandelt habe, berichtet Christian Bartok von der Mieterhilfe. Er beobachtet im Neubau nun häufiger Vertragserrichtungsgebühren, was außerhalb des Vollanwendungsbereichs des Mietrechts aber auch erlaubt ist.
Problematisch sind für Kirnbauer weiterhin die Mietanbote, die nur einseitig bindend sind. Was Wohnungssuchende im Kleingedruckten nämlich oft überlesen: eine Schadenersatzpflicht in der Höhe der Provision, wenn sie die Wohnung am Ende doch nicht nehmen.
Weniger Makler, aber das Geschäft läuft gut
Aus der Sicht von Philipp Sulek, Immobilienmakler in Wien und stellvertretender Maklersprecher im Fachverband der Wirtschaftskammer, könnte es kaum besser laufen. Aktuell erstaunt es ihn selbst, wie schnell Mietwohnungen im Erstbezug vermietet werden können – und zu welchen Preisen. 24 bis 26 Euro netto pro Quadratmeter sind in freifinanzierten Neubauprojekten in guter Lage derzeit schon üblich. Und das wird aus seiner Sicht auch so bleiben, „denn es kommt ja nichts nach. Es wird viel zu wenig gebaut.“
Nach der Einführung des Bestellerprinzips vor einem Jahr hätten zwar tatsächlich viele Vermieter wie erwartet zunächst versucht, ihre Wohnungen selbst zu vermieten. Doch die hätten sehr schnell gemerkt, wie mühsam das sei. Nun machen dieses Geschäft wieder die Makler, meistens bekommen sie vom Vermieter zwei Monatsmieten, wobei sich die sogenannte Sprinter-Fee mittlerweile eingebürgert habe, sagt Sulek: „Je schneller die Vermietung, desto mehr Provision.“
Die sogenannten No-Shows, also das Nichtauftauchen von Mietinteressenten oft selbst nach dem bereits unterschriebenen Mietanbot, ärgern die Branche aber sehr. Und, natürlich, die Branche wurde insgesamt kleiner: „Wir sind nun bundesweit um 600 Betriebe weniger als vorher.“ Auch das war erwartet worden. (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 1.7.2024)
Zum Thema
- Bauwirtschaft schlägt Alarm und schmiedet Allianzen
- Warum viele Wiener Airbnb-Vermieter sauer auf die Stadt sind
- Rollläden runter: Wie man die Wohnung vor Hitze schützt
Kettner begrüßt Wiener Bauordnungsnovelle: „Neue Ära für Stadtentwicklung und Tourismus“
Wien (OTS) – Heute tritt die Bauordnungsnovelle 2023 in Kraft. Tourismusdirektor Norbert Kettner bedankt sich bei Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál für die zukunftsweisenden Regelungen. „Die weitreichenden Einschränkungen für die touristische Kurzzeitvermietung von Wohnungen im gesamten Stadtgebiet führen die Plattformökonomie zurück zu ihrem Gründungsnarrativ, werden den Wiener Wohnungsmarkt entlasten und eine wesentliche Rolle für die qualitätsvolle Weiterentwicklung der Destination einnehmen.“
„Nachhaltiges Destinationsmanagement ist eine Kernkompetenz des WienTourismus. Wir erfüllen eine starke Vernetzungs- und Kuratoren-Rolle und wollen zusammen mit unseren Partnern in der Stadt wie international Impulse für Qualitätstourismus setzen, von dem die in Wien lebenden und arbeitenden Menschen profitieren. Von zentraler Bedeutung ist dabei die enge Vernetzung mit der Stadtverwaltung. Neun von zehn befragten Wiener:innen stehen dem Tourismus positiv gegenüber – die im Oktober 2023 beschlossene und nun in Kraft getretene Bauordnungsnovelle wird nicht nur in die Tourismusakzeptanz der Bevölkerung einzahlen, sondern sie auch weiterhin hochhalten.“
Sicherung leistbaren Wohnraums in Wien
Die Bauordnungsnovelle 2023 zielt darauf ab, die Errungenschaften früherer Generationen zu erhalten und weiterhin zu schützen, indem touristische Kurzzeitvermietung im sozialen Wohnbau weiterhin strikt verboten bleibt. Rund 45 Prozent des Wiener Wohnungsmarktes entfallen auf den geförderten Wohnbau, darunter 220.000 Gemeindewohnungen sowie weitere durch gemeinnützige Bauträger sanierte Wohnungen. Mehr als 60 Prozent der Wiener:innen leben heute in geförderten Wohnungen. „Die Wiener Bauordnungsnovelle trägt dazu bei, dass Wohnungen dem Wohnungsmarkt nicht dauerhaft entzogen werden und Wien auch in Zukunft die lebenswerteste Stadt der Welt bleibt“, sagt Tourismusdirektor Norbert Kettner.
Details der verschärften Regelungen
Mit der jüngsten Bauordnungsnovelle hat die Stadt Wien die kurzfristige Vermietung von Wohnungen auf maximal 90 Tage pro Kalenderjahr beschränkt. Für eine Vermietung über diesen Zeitraum hinaus ist neben der Zustimmung aller Wohnungseigentümer:innen auch eine Ausnahmebewilligung erforderlich, die nur unter bestimmten Voraussetzungen erteilt wird. Je nachdem, ob sich die Wohnung innerhalb oder außerhalb einer Wohnzone befindet, sind unterschiedliche Kriterien zu erfüllen. Zudem wurde heuer auf EU-Ebene eine Registrierungspflicht für Gastgeber:innen beschlossen, die in den nächsten zwei Jahren von den Mitgliedsländern umgesetzt werden muss. Damit muss künftig jedes Angebot einer Plattform zur touristischen Kurzzeitvermietung einer eindeutigen Registriernummer zuordbar sein.
Links
- Merkblatt Verwendung von Wohnungen zur Kurzzeitvermietung:
www.wien.gv.at/wohnen/baupolizei/pdf/merkblatt-verwendung-wohnungen-kurzzeitvermietung.pdf - FAQ Verwendung von Wohnungen zur Kurzzeitvermietung:
www.wien.gv.at/wohnen/baupolizei/pdf/faq-verwendung-wohnungen-kurzzeitvermietung.pdf - In welcher Widmungskategorie eine Wohnung bzw. ein Gebäude liegt, kann aus dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan entnommen werden:
www.wien.gv.at/flaechenwidmung/public
ÖGK: Primärversorgungszentren statt Einzelordinationen
Österreichs öffentliche Gesundheitsversorgung steht vor einem radikalen Strukturwandel: Bis 2030 werde die ärztliche Einzelordination in Österreichs Ballungsräumen eher in der Minderheit sein, sagte Andreas Huss, im zweiten Halbjahr turnusmäßig Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), gestern vor der Presse.
Enorm ausgebaut würden bis dahin Primärversorgungseinheiten (PVE), in denen Ärztinnen und Ärzte mit anderen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten.
Diese neuen Formen der Zusammenarbeit sollen dann zur Regel werden, sagte Huss. Die Zielvorstellung: Bis Ende 2030 soll die Zahl der PVEs von 75 auf 300 wachsen. Diese soll es dann nicht nur – wie bisher – in Bereich der Allgemeinmedizin und Kinderheilkunde geben, sondern auch im Bereich Frauengesundheit (mit Fokus auf kassengynäkologische Versorgung durch Frauen) und der psychosozialen Versorgung.
PVEs aus beiden Bereichen sollen jeweils in allen 32 Versorgungsregionen Österreichs etabliert werden, so der Plan.
Versorgung chronisch Kranker stark ausbauen
Stark ausbauen möchte der zur SPÖ zählende ÖGK-Chef auch die Versorgung chronisch kranker Patientinnen und Patienten sowie das Impfprogramm für Erwachsene. Die ÖGK stockt zudem die Zahl ihrer Zahngesundheitszentren auf, auch die Gesamtvertragsverhandlungen mit den Ärztinnen und Ärzten bleiben ein wichtiges Vorhaben.
Ausgebaut wird nach den Alarmrufen der Vergangenheit auch die Versorgung bei Magnetresonanz (MR) und Computertomographie (CT). Zusätzlich arbeitet die Sozialversicherung an der Weiterentwicklung eines Konzepts für ein Wartezeitenmonitoring, damit dringende Fälle – etwa bei Krebsverdacht – innerhalb nur weniger Tage einen von der Kasse bezahlten Termin bekommen.
ÖGK-Obmann ortet finanzielle Lücke
Positiv bewertete der ÖGK-Obmann auch die neuen Vorgaben für Wahlärzte, etwa die seit Monatsbeginn geltende Verpflichtung, die Rechnungen für die Patienten bei der Krankenkasse einzureichen.
Huss ortete eine finanzielle Lücke. Die 300 Millionen Euro, die die Sozialversicherungen zusammen pro Jahr aus dem Finanzausgleich für neue Leistungen bekommen, seien viel zu wenig. Es müsse mehr Steuergeld in die öffentliche Gesundheitsversorgung fließen, so Huss’ Botschaft an die kommende Bundesregierung nach der Nationalratswahl im Herbst. *** red, ORF.at/Agenturen
MEDIZIN
FDA-Studie: Industrielle Pasteurisierung tötet H5N1-Viren in der Kuhmilch zuverlässig ab
Silver Springs/Maryland – Die Schnellpasteurisierung, die in Molkereien ein Standardverfahren zur Abtötung von Keimen ist, hat in Experimenten der US-amerikanischen „Food and Drug Administration“ (FDA) die hochpathogenen aviären Influenzaviren vom Subtyp H5N1 zuverlässig in der Milch inaktiviert. Somit besteht nach Einschätzung der Behörde derzeit kein Übertragungsrisiko durch kontaminierte Milch.
Den US-Behörden ist es bisher nicht gelungen, die H5N1-Epidemie in Kuhherden zu stoppen. Laut den aktuellen Zahlen der „Centers for Disease Control and Prevention“ (CDC) wurden in den vergangenen 30 Tagen noch 56 Erkrankungen in 7 Staaten gefunden.
Bei den betroffenen Kühen kommt es zu einer Entzündung des Euters, in dem sich die Viren vermehren und dann in die Milch abgegeben werden. Die Milch offensichtlich erkrankter Kühe darf natürlich nicht verkauft werden, es dürfte aber Fälle geben, in denen die Erkrankung von den Farmern nicht erkannt wird.
Für Verunsicherung sorgte im Mai eine Studie von Erica Spackman vom Landwirtschaftsministerium (USDA) in Atlanta. Die Forscher konnten mit der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) in 60 von 297 (20,2 %) kommerziellen Milchproben Virusgene von H5N1 nachweisen (medRxiv 2024; DOI: 10.1101/2024.05.21.24307706 ).
Da die PCR-Sonde nur kurze Abschnitte des Erbguts vervielfältigt, blieb unklar, ob die Milch intakte Viren enthielt und infektiös war. Es war möglich, dass die Pasteurisierung in den Molkereien die Viren abtötete und in der Milch nur noch genetische Trümmer von H5N1 enthalten waren.
Spackman und Mitarbeiter haben deshalb im Auftrag von FDA und USDA weitere Untersuchungen an kommerziellen Milchproben durchgeführt. Zunächst wurde überprüft, ob in der Rohmilch intakte Viren vorhanden waren. In 158 von 275 Proben, die aus den Tanks der Farmen gezogen wurden, war der PCR-Test positiv ausgefallen. Von diesen enthielten 39 (24,8 %) Viren, die Hühnerembryonen infizieren konnten.
Nach den Berechnungen der Forscher enthielt die Milch etwa 3.000 Viren pro Milliliter. Dies bedeutet, dass der Verzehr von Rohmilch in den USA derzeit riskant ist. Tatsächlich gibt es zahlreiche Berichte von Katzen, die auf den Farmen nach der Fütterung mit Rohmilch erkrankt und auch verendet sind.
Die Milch, die in den Handel gelangt, ist allerdings in der Regel pasteurisiert. Die Molkereien verwenden in der Regel ein Hochtemperatur-Kurzzeiterhitzungssystem (HTST), das die Milch für 15 Sekunden auf 72 °C erhitzt.
Spackman und Mitarbeiter haben für die Experimente eigens eine HTST-Anlage im Labor installiert, um die Wirksamkeit der Pasteurisierung unter Alltagsbedingungen zu untersuchen. Sie verwendeten dazu Milchproben, die absichtlich mit 5 Millionen Viren pro Milliliter kontaminiert wurden.
Nach der Flash-Pasteurisierung (HTST) war die Milch laut der Publikation frei von infektiösen Viren. Die Inaktivierung erfolgte sehr rasch, und nach Angaben der FDA könnte das Verfahren bis zu 1 Trillion Viruspartikel pro Milliliter inaktivieren. Nach Ansicht der FDA besteht deshalb derzeit keine Gefahr für den Verbraucher, sich durch den Konsum von pasteurisierter Milch zu infizieren und zu erkranken.
Tatsächlich sind bisher keine Erkrankungen in der Allgemeinbevölkerung aufgetreten. Die drei bislang dokumentierten Fälle betrafen Mitarbeiter auf den Farmen. Zwei erkrankten an einer Konjunktivitis, einer mit leichten Erkältungssymptomen.
Experten vermuten in Emerging Infectious Diseases (2024; DOI: 10.3201/eid3008.240775 ), dass sich die Mitarbeiter beim Melken infizierten. Die Viren wurden auf dem Melkgeschirr nachgewiesen. Die Melker könnten sich auch beim Reinigen der Zitzen infiziert haben. Da das Melkgeschirr nacheinander bei Hunderten von Kühen benutzt wird, könnte dies zu einer Infektionskette unter den Kühen geführt haben. © rme/aerzteblatt.de
Das Spektrum neurologischer Störungen bei infektiöser Endokarditis
Helsinki – Bei einer infektiösen Endokarditis sind neurologische Störungen häufig. Das Spektrum dieser Störungen und ihre Häufigkeiten stellte eine spanische Arbeitsgruppe auf der Jahrestagung der European Academy of Neurology (EAN) Ende Juni in Helsinki dar. Ein Abstract ist im European Journal of Neurology erschienen (2024, DOI: 10.1111/ene.16338, EPresentation 272).
Die Forscher stellten auf dem Kongress eine retrospektive Beobachtungsstudie vor. Sie schloss alle Fälle ein, die zwischen 2003 und 2023 in der Neurologie des Ramón y Cajal Hospitals, Madrid, behandelt wurden.
Es zeigte sich: Von 661 Patienten, bei denen eine infektiöse Endokarditis diagnostiziert wurde, litten 118 (17,8 %) an einer symptomatischen neurologischen Störung. Die häufigste Diagnose war der ischämische Schlaganfall (69,5 %), gefolgt von Hirnblutungen (28,9 %), Krampfanfällen (16,9 %), Spondylodiszitis (11 %) und Meningitis (5,9 %).
Die Erreger Staphilococcus aureus (30 %) war der Hauptverursacher.
In 33,9 % der Fälle war eine Klappenprothese von der Endokarditis betroffen, und bei 44,1 % der Patienten war eine chirurgische Behandlung erforderlich.
In 47 Fällen (40,5 %) war die neurologische Störung die Ursache für den Krankenhausaufenthalt der Patienten. Die mittlere Zeit zwischen dem Auftreten der Symptome und der Antibiotikabehandlung betrug 4 Tage. Bei ischämischen Schlaganfällen verringerte sich die Zeit auf einen Tag.
„Zerebrovaskuläre Störungen waren die häufigsten neurologischen Komplikationen bei Patienten mit infektiöser Endokarditis“, zieht die Arbeitsgruppe ein Fazit. Es bestand dabei ein signifikanter Zusammenhang zwischen zerebralen Blutungen und einer höheren Sterblichkeitsrate. © hil/aerzteblatt.de
Neue Mpox-Virusvariante breitet sich in der Demokratischen Republik Kongo aus
London/South Kivu Provence – In der Demokratischen Republik Kongo (DRC) breitet sich eine besorgniserregende Variante des Mpox-Virus aus. Gesundheitsbehörden in der Millionenstadt Goma hätten vorgestern einen großen Ausbruch des neuen Mpox-Stamms gemeldet, berichtete Trudie Lang von der University of Oxford bei einer Pressekonferenz des britischen Science Media Centers (SMC).
Bei der Variante handelt es sich um eine Mutation von Klade I. Diese ist nicht zu verwechseln mit Klade II, die im Jahr 2022 auch in Deutschland zu vermehrten Mpox-Fällen geführt hatte. Klade I weist Fachleuten zufolge eine höhere Virulenz und Sterblichkeit auf als Klade II. Es ist aber unklar, ob die nun in Goma zirkulierende Variante, auch Klade Ib genannt, nochmal gefährlicher ist.
Das Risiko, dass sich Mpox noch weiter ausbreitet, auch über die Grenzen hinweg, sei erheblich, warnte Lang, die in Oxford Professorin für Global Health Research und Direktorin des Global Health Networks ist. Leandre Murhula Masirika, Forschungskoordinator im Kongo, ergänzte noch, dass es bezüglich Mpox keine Grenzkontrollen gebe und Goma einen internationalen Flughafen habe. Hinzu komme, dass nach der Regenzeit nun die Trockenzeit folge, in der die Menschen mobiler seien.
Auch Leif Erik Sander von der Charité – Universitätsmedizin Berlin äußerte sich auf Anfrage besorgt und spricht von einer „kritischen Situation“. Bei dem betroffenen Gebiet in Zentralafrika handle es sich um eine instabile Region mit viel Grenzverkehr in die nahen Nachbarländer. Goma liegt direkt an der Grenze zu Ruanda, auch Uganda und Burundi sind nicht weit.
In Burundi, Ruanda, Kamerun und in der Republik Kongo (ROC) seien ebenfalls schon Mpox-Fälle nachgewiesen worden, schilderte Sander dem Deutschen Ärzteblatt. „Es wird davon ausgegangen, dass das Virus in der Region zirkuliert.“ Eine weitere überregionale Verbreitung von Mpox hält der Direktor der Klinik für Infektiologie und Intensivmedizin für wahrscheinlich. „Ich sehe eine reale Gefahr, dass das Virus sich über kurz oder lang weltweit und auch in Europa verbreiten könnte.“
Ein WHO-Sprecher teilte auf Anfrage des Deutschen Ärzteblattes (DÄ) mit: „Die derzeitige globale Risikoeinschätzung für die Allgemeinbevölkerung wird weltweit als gering eingestuft.“
Es sei jetzt wichtig, dass sich alle Länder vorbereiteten, eine Virusdetektion ermöglichten und die lokale Forschung im Kongo unterstützten, um eine weitere Ausbreitung zu reduzieren, sagte John Claude Udahemuka, Dozent an der University of Ruanda.
Die WHO und andere internationale Organisationen seien bemüht, den MPox-Ausbruch unter Kontrolle zu bringen, indem Diagnostik und Schutzmaßnahmen ausgerollt würden, bestätigte Sander. Allerdings seien die Regionen teils schwer zugänglich.
Was die Variante besonders macht
Die WHO stuft den neuen MPXV-Stamm der Klade I, der mit der Übertragung von Mensch zu Mensch in Verbindung gebracht wird, als ein erneutes Risiko der grenzüberschreitenden und internationalen Ausbreitung ein.
Im Gegensatz zur Klade 2 habe Klade 1b eine „alarmierende“ Zahl von Fehlgeburten bei jungen Frauen verursacht, sagten die Forschenden bei der Pressekonferenz des SMC. Das Virus werde von der Mutter auf das Kind übertragen. Auch in Schulen, am Arbeitsplatz und zwischen Personen eines Haushalts wurden bereits Transmissionen beobachtet.
Die seit 2023 beobachte sexuelle Übertragung bei Klade I ist neu. Ferner zeige die Klade Ib klare Zeichen einer genetischen Adaptation an den Menschen, so Sander. „Möglicherweise kann ein infektiöses Virus über direkten oder indirekten Hautkontakt übertragen werden“, sagte der Infektiologe aus Berlin. Die Läsionen und Blasenbildung seien über den gesamten Körper verteilt und nicht auf den Genitalbereich beschränkt.
Die Symptome seien ernster und länger andauernd, berichtete Lang. Und auch die Sterberate ist höher als noch bei der Klade 2: geschätzt 5 % bei Erwachsenen und 10 % bei Kindern.
Die WHO schreibt in einem Kurzbericht vom 14. Juni: Es sei nicht bekannt, ob die neue Variante ansteckender sei oder zu schwereren Erkrankungen führe als andere im Land zirkulierende Virusstämme der Klade I. Die neue Variante weise vorwiegend Mutationen vom Typ APOBEC3 auf, was auf eine Anpassung des Virus an die Verbreitung unter Menschen hindeute.
Alle öffentlich verfügbaren Virussequenzen aus klinischen Proben aus Süd-Kivu im Jahr 2024 konnten der neuen Variante zugeordnet werden. Bei allen anderen Sequenzen aus der Demokratischen Republik Kongo, einschließlich neuerer Sequenzen aus Equateur, Kinshasa und Tshopo, hätte es jedoch keine Hinweise auf Mutationen vom Typ APOBEC3 gegeben. Die vorgeschlagene Benennung Klade 1b nutzt die WHO nicht.
Schätzungen zufolge trat das mutierte Virus erstmals Mitte September 2023 in der Stadt Kamituga auf. Sequenzdaten deuteten darauf hin, dass es seitdem eine anhaltende Übertragung von Mensch zu Mensch gebe, heißt es weiter bei der WHO.
Seitdem breitet es sich in Süd-Kivu aus, auch unter Sexarbeiterinnen und ihren Kontakten. Aktuell haben laut WHO 19 von 34 (56 %) Gesundheitszonen im Kongo mindestens einen Mpox-Fall gemeldet. Bis Ende Mai seien in diesem Jahr in der DRC 7.851 Fälle gemeldet worden.
Die tatsächlichen Fallzahlen könnten weit darüber liegen, befürchtete Lang. Denn asymptomatische Personen bleiben unerkannt.
Ähnlich wie zu Beginn der COVID-Pandemie gebe es zum jetzigen Zeitpunkt noch viele Unbekannte, warnte die Professorin für globale Gesundheitsforschung. Man müsse jetzt das öffentliche Gesundheitsbewusstsein stärken, um Übertragungen zu minimieren.
Appell zum Impfen
„Wirklich wichtig wäre eine Impfkampagne. Denn es gibt einen Impfstoff, der mutmaßlich gegen schwere Verläufe von MPox und auch vor Übertragung schützt“, sagte Sander dem Deutschen Ärzteblatt. Bei diesem Impfstoff handelt es sich um ein replikationsdefizientes MVA-Virus der dritten Generation. Dieser Impfstoff, der in Deutschland während des MPox (Klade II) Ausbruchs 2022 erfolgreich eingesetzt wurde, sollte nun dringend in den betroffenen Provinzen breitflächig eingesetzt werden.
Allerdings würde es zur Zeit unter anderem daran hapern, dass die lokalen Behörden in der DRC noch keinen Impfstoff zugelassen hätten. „Dies ist aber eine Notlage und man sollte den Impfstoff dringend im Rahmen einer Notfallzulassung verfügbar machen“, fordert Sander.
Er selbst habe mit seinem Team eine große, noch unveröffentlichte Studie zur Sicherheit und Wirksamkeit das MVA-Impfstoffs durchgeführt und könne bestätigen, dass der Impfstoff sehr sicher und gut verträglich sei. „Die Wirksamkeit gegen Klade I und Klade Ib ist nicht bekannt, aber ich würde von einer hohen Wirksamkeit ausgehen.“
Bedeutung für Deutschland
In Deutschland seien im Ausbruchsgeschehen seit Mai 2022 bislang nur Infektionen mit Klade IIb berichtet worden, keine mit Klade I, schreibt das Robert-Koch-Institut (RKI) auf seiner Webseite (Stand 26.6.). Man gehe aktuell nicht von einer erhöhten Gefährdung in Deutschland aus, beobachte die Situation aber weiter sehr genau und werde die Empfehlungen bei Bedarf anpassen.
Für die medizinische Versorgung und den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Deutschland ergeben sich zunächst keine anderen Maßnahmen aus der Tatsache, dass Klade I auch sexuell übertragbar ist, wie das RKI schreibt. Die Diagnostik, Behandlung und auch die Indikation zur Impfung unterscheiden sich demnach zwischen Klade I und II nicht. Dies gelte auch für die weiteren Maßnahmen zum Infektionsschutz. © gie/fri/aerzteblatt.de
Sucht keine chronische Erkrankung des Hirns – Reinout W. Wiers von der University of Amsterdam plädiert für grundlegenden Paradigmenwechsel
Amsterdam (pte019/01.07.2024/10:30) – Die Sucht ist nicht einfach eine chronische Erkrankung des Gehirns. Wird sie jedoch so gesehen, kann das die Behandlungsmöglichkeiten einschränken und Stigmata vergrößern. Zu diesem Ergebnis kommt Reinout W. Wiers von der University of Amsterdam in seinem neuen Buch „A New Approach to Addiction an Choice“. Sucht kann in manchen Extremfällen laut dem Experten zwar als ein chronisches Hirnleiden angesehen werden. Meistens sollte sie jedoch als eine verzerrte Entscheidung des Betroffenen gelten.
Dauerhafte Veränderung schwierig
Laut Wiers verringert die Klassifizierung der Sucht als chronische Hirnkrankheit zudem das Vertrauen in die Möglichkeit einer dauerhaften Veränderung. Davon seien dann die suchtkranke Person, aber auch der Therapierende betroffen.
Die Wahrnehmung der Sucht habe sich im Laufe der Jahre sowohl in der wissenschaftlichen Gemeinschaft als auch bei der Bevölkerung verändert. Bis zum 18. Jahrhundert wurde Sucht als moralisches Problem angesehen, dass nur durch die Bestrafung der betroffenen Person „behandelt“ werden könne.
Nach umfassender Überprüfung der wissenschaftlichen Literatur argumentiert Wiers, dass es zwar eindeutige Beweise dafür gibt, dass sich das Gehirn als Reaktion auf Drogenmissbrauch verändert und dass diese Veränderungen eine Genesung tatsächlich schwieriger machen. Jedoch reichten diese Belege nicht dafür aus, Sucht als chronische Erkrankung des Gehirns zu klassifizieren. Die Ergebnisse der Neurowissenschaften weisen auf Beeinträchtigungen bei mehreren Gehirnnetzwerken hin.
Weitere Netzwerke, die bei der Sucht eine Rolle spielen, umfassen auch das gewohnheitsbildende Netzwerk, das Salienz-Netzwerk, das festlegt, was eine Person als wichtig erachtet und das Netzwerk für exekutive Kontrollfunktionen, das sich auf die Unterbindung und das Arbeitsgedächtnis auswirkt. Wiers betont, dass es keinen Zweifel gibt, dass sich exzessiver Alkoholkonsum auf nahezu alle Regionen des Gehirns negativ auswirkt. Das Gleiche gilt, so der Experte, auch für andere Drogen.
Sucht lässt sich überwinden
Wiers argumentiert, dass viele Menschen, die irgendwann mit einer Sucht kämpfen, dieses Problem überwinden können. Diese Patienten könnten tatsächlich wieder vollständig hergestellt werden – und zwar ohne professionelle Hilfe. Und genau hier liegt der Unterschied zu progressiven Erkrankungen des Gehirns wie einer Demenz oder Parkinson.
Die Schätzungen sind je nach Substanz unterschiedlich, aber bei verbreiteten Suchterkrankungen wie Alkohol-, Tabak- und Cannabiskonsum werden weniger als zehn Prozent der Betroffenen behandelt.
Ein weiteres Problem stellt die Stigmatisierung der Betroffenen dar. Sie werden laut Wiers in Studien oft als Menschen beschrieben, die nur teilweise für ihre Probleme verantwortlich gemacht werden können. Das führe aber auch dazu, dass sie als eine grundlegend andere Art von Menschen angesehen werden, die gefährlich ist und von der man sich am besten fernhält.
Laut der alternativen Sicht von Sucht als einer verzerrten Entscheidung, treffen Menschen Entscheidungen, die auf Vorhersagen der Folgen von Handlungen basieren. Dieser Vorgang könne jedoch mittels einer Therapie und einer ganzen Reihe von kognitiven Ansätzen behandelt werden. Wiers kommt zu dem Schluss, dass es empirisch starke Beweise dafür gibt, dass Menschen ihr Verhalten willentlich verändern können. (Ende)
TECHNIK – TECHNOLOGIE – INNOVATION
Erste AP-1000-Kernreaktoren in Europa – Hyundai Engineering & Construction und Bauunternehmen Glavbоlgarstroy zeichnen Memorandum
Wien/Sofia (pts020/01.07.2024/10:45) – Die Unternehmensgruppe Glavbolgarstroy und das weltweit zweitgrößte Nuklear-Bauunternehmen Hyundai Engineering and Construction (Hyundai E&C) haben Ende Juni 2024 eine Vereinbarung über ihre Zusammenarbeit bei der Umsetzung wichtiger Infrastrukturprojekte unterzeichnet, darunter die Blöcke 7 und 8 des Kernkraftwerks Kosloduj. Glavbolgarstroy ist das erste bulgarische Unternehmen, das von Hyundai E&C als Partner für den Bau der beiden neuen Kernreaktoren ausgewählt wurde. Die Reaktoren werden die ersten in Europa sein, die mit der AP-1000-Technologie gebaut werden, die sich durch ein passives Kühlsystem auszeichnet.
Hyundai E&C wurde Anfang des Jahres als Auftragnehmer für die Planung und den Bau der ersten AP-1000-Kernkraftwerksblöcke in Europa bis 2032 ausgewählt. Im Rahmen der Vereinbarung wurde zugesagt, dass mindestens 30 Prozent des Projekts von lokalen Partnern ausgeführt werden, und es werde versucht, darüber hinauszugehen.
In Anwesenheit des bulgarischen Energieministers Vladimir Malinov sowie von Diplomaten und Abgeordneten und des CEO von Hyundai E&C, Young Joon Yoon, gab das koreanische Unternehmen öffentlich bekannt, dass es mit mindestens 42 bulgarischen Unternehmen über Partnerschaften verhandelt. Es wird erwartet, dass für das Projekt in bestimmten Abschnitten mehr als 10.000 Arbeiter vor Ort gleichzeitig benötigt werden.
Hohes Potential der bulgarischen Industrie
Die Unterzeichnung des Memorandums mit Glavbolgarstroy, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Kalin Peshov, verdeutlicht das hohe Potenzial der bulgarischen Industrie und unterstreicht darin die Führungsrolle von Glavbolgarstroy bei strategischen Energiebauprojekten in Südosteuropa. Das 55 Jahre alte Unternehmen ist bestrebt, mit den neuesten Technologien und Umweltstandards zu arbeiten, um eine nachhaltige und effiziente Entwicklung des Energienetzes in der Region zu gewährleisten.
Die letzten bulgarischen Kernreaktoren (Blöcke 5 und 6) in Kozloduy wurden 1991 fertiggestellt. Das Land kämpft seitdem um die Genehmigung eines weiteren Ausbaus oder des Baus einer neuen Anlage in der Stadt Belene. Mit dem Bau neuer Blöcke im bestehenden Kraftwerk Kozloduy bis 2032 wird Bulgarien das erste Land in Europa mit Reaktorblöcken der amerikanischen Bauart-AP-1000 sein und seine starke Position auf dem Energiesektor in Südosteuropa sichern.
Über Hyundai E&C
Hyundai Engineering & Construction ist ein Teil der Hyundai Motor Group, die aus 59 Tochtergesellschaften besteht. Mit 24 ausgeführten und 3 im Bau befindlichen Anlagen ist Hyundai E&C das zweitgrößte Unternehmen im Bereich der Planung und des Baus von Kernkraftwerken. Hyundai E&C hat Projekte in 62 Ländern rund um den Globus durchgeführt und beschäftigt über 300 000 Mitarbeiter. Das Unternehmen verfügt über 21 Niederlassungen in verschiedenen Ländern und hat kürzlich vier Repräsentanzen in Mittel- und Osteuropa eröffnet, darunter in Bulgarien, Rumänien, Polen und der Ukraine.
Über Glavbolgarstroy
Die Glavbolgarstroy Holding (GBS) ist einer der führenden Baukonzerne in Bulgarien und Südosteuropa und bietet eine breite Palette an Baudienstleistungen in den Bereichen Energie, Verkehr, Wasserinfrastruktur sowie Wohn-, Gewerbe- und Industrieprojekte. Mit 55 Jahren umfassender Erfahrung und einer Reihe erfolgreich umgesetzter, wegweisender Bauprojekte in Europa, Zentral- und Nordasien sowie im Nahen Osten strebt die Gruppe ständig nach Innovationen und Prozessoptimierung.
Mit Hilfe der repräsentativen internationalen Büros in Brüssel, Washington und Wien ist GBS bestrebt, Hightech- und nachhaltige Lösungen in Bulgarien und Südosteuropa zu implementieren, sowohl in den bestehenden Kern-Geschäftsbereichen als auch bei innovativen Projekten im Bereich der Kreislaufwirtschaft und Energieeffizienz. Langfristige, solide Partnerschaften mit Technologieunternehmen, Bildungseinrichtungen und Verbänden sind dabei ein Schlüssel zur erfolgreichen Unternehmenskultur von GBS.
Über das Projekt
Der Bau der Blöcke 7 und 8 des Kernkraftwerks Kozloduy in Nordbulgarien ist bedeutsam für die strategische Entwicklung der Energieinfrastruktur Bulgariens. Derzeit verfügt das Kraftwerk über zwei aktive Blöcke mit einer Kapazität von 2 TWh. Das Projekt für die beiden neuen Blöcke wird vom staatlichen Unternehmen Kozloduy NPP in Auftrag gegeben. Die öffentliche Ausschreibung wurde von einem Konsortium gewonnen, das aus dem US-Unternehmen Westinghouse und Hyundai E&C besteht und Anfang 2024 starten soll. Die Unterzeichnung des Vertrags wird in den kommenden Monaten erwartet.
(Ende)
Aussender: | Martschin & Partner |
Ansprechpartner: | Mag. Hannes Martschin |
Tel.: | +43 1 40977200 |
E-Mail: | office@martschin.com |
Website: | www.martschin.com |
UMWELT
Greenpeace: Viel mehr Direktflüge als Direktzüge in Europa
Die Umweltorganisation Greenpeace kritisiert, dass europäische Städte viel besser mit dem Flugzeug als mit der Bahn verbunden sind. Alleine mit bestehender Infrastruktur könnte man in Europa 305 neue direkte Zugverbindungen zwischen Städten schaffen, so Greenpeace-Aktivistin Jasmin Duregger. Ab Wien wären laut Greenpeace zwölf neue Strecken möglich.
Greenpeace fordert eine neue EU-Bahnstrategie, die Züge gegenüber Flügen priorisiert und direkte Zugverbindungen zwischen europäischen Städten fördert. Mautgebühren für Züge müssten gesenkt und eine Kerosinsteuer eingeführt werden, um Flugreisen zu reduzieren.
Verbindungen zwischen 45 Städten angesehen
Greenpeace hat Zug- und Flugverbindungen zwischen 45 europäischen Großstädten in Europa verglichen und das Potenzial für bessere Direktzüge analysiert. Von allen 990 Strecken zwischen 45 europäischen Städten können demnach nur zwölf Prozent mit Direktzügen zurückgelegt werden.
Gleichzeitig können 69 Prozent mit einem Direktflug zurückgelegt werden. Das sind fast sechsmal so viele Direktflüge wie direkte Zugverbindungen zwischen diesen 45 Städten.
Wien Stadt mit meisten Direktverbindungen
Dabei müsste das bestehende Bahnnetz nur besser genützt werden, befindet Greenpeace. Wien ist dem „Connectivity Report“ von Greenpeace zufolge die Stadt mit den meisten direkten Zugverbindungen: 17 der untersuchten Destinationen können mit dem Zug direkt erreicht werden. Auf den Plätzen zwei bis vier folgen München (15), Berlin (14), Paris und Zürich (je 13). Athen, Lissabon, Tallinn, Pristina, Sarajewo und Skopje haben gar keine direkte Zugverbindung zu den anderen untersuchten Städten.
Kein Direktzug zwischen Paris und Rom
Auf viel bereisten Strecken wie Paris-Rom, Madrid-Paris oder London-Berlin fehlen direkte Zugverbindungen.
Großes Potenzial sieht Greenpeace auch in Wien
Aber selbst auf den Strecken von und nach Wien gebe es großes ungenutztes Potenzial für Direktzüge, heißt es in dem Bericht: Derzeit würden zwölf von 29 Strecken nicht mit einem Direktzug bedient, obwohl diese mit bestehender Infrastruktur in unter 18 Stunden befahren werden könnten. *** red, ORF.at/Agenturen
Brasilien: Höchste Waldbrandanzahl im Amazonas seit 2004
In den ersten sechs Monaten des Jahres sind im brasilianischen Amazonasgebiet so viele Waldbrände festgestellt worden wie zuletzt vor 20 Jahren. Wie aus gestern veröffentlichten Satellitendaten hervorgeht, stellten die Behörden bis Ende Juni 13.489 Waldbrände im Amazonas fest – und somit 61 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Demnach wurde seit Beginn der Erhebung nur 2003 und 2004 eine größere Anzahl an Waldbränden festgestellt.
Fachleuten zufolge ist der starke Anstieg an Waldbränden im Amazonasgebiet eine Folge der Dürre im Amazonas-Regenwald.
Der Regenwald erstreckt sich über neun Länder, größtenteils liegt er in Brasilien. Er ist einer der wenigen verbliebenen großen Urwälder der Welt und beherbergt mehr Pflanzen- und Tierarten als jeder andere Ort der Erde. Zudem ist er mit seinen Milliarden Bäumen ein für das Weltklima besonders bedeutender CO2-Speicher. *** red, ORF.at/Agenturen
SOCIAL MEDIA
Social Media lösen Einkaufszentren bald ab – 85 Prozent der Konsumenten kaufen laut Umfrage von UserTesting bereits bei Facebook ein
San Francisco (pte029/01.07.2024/12:30) – Laut einer neuen Umfrage von UserTesting kaufen 85 Prozent der Facebook-User über die Plattform ein. Mit 49 Prozent steht Instagram an zweiter und TikTok mit 38 Prozent an dritter Stelle.
Eine Sperrung von TikTok, wie sie in den USA derzeit diskutiert wird, würde das Einkaufsgewohnheiten für drei Viertel der Nutzer jedoch nicht deutlich beeinflussen. 68 Prozent der Umfrageteilnehmer bezeichnen sich selbst als Menschen, die in den sozialen Medien einkaufen. An der Umfrage haben 4.000 Personen teilgenommen – 2.000 US-Bürger, 1.000 Australier und 1.000 Briten.
Reflexartige Entscheidungen
Mit 72 Prozent handelt es sich bei den meisten online getätigten Einkäufen um rein reflexartige Entscheidungen. Das wiederum passt zu sozialen Medien, die Werbung nahtlos in den Feed verweben.
13 Prozent der Käufer geben an, dass sie mehrmals pro Woche online einkaufen. Bei immerhin zehn Prozent ist dies einmal wöchentlich der Fall.
Für den Einkauf über soziale Medien spricht für 33 Prozent der User der Komfort. Bei 32 Prozent der Teilnehmer ist entscheidend, dass sie sich bereits auf der App befunden haben. 30 Prozent wiederum schätzen das Mehr an Informationen zu den Produkten und 26 Prozent finden hier eigenen Angaben nach bessere und konsistentere Angebote.
Influencer beeinflussen Einkauf
Influencer spielen beim Shopping eine wesentliche Rolle. 47 Prozent der Social-Media-Konsumenten sagen, dass sie kaufwilliger sind, wenn sie bereits online eine Person mit dem gleichen Produkt gesehen haben.
Die meisten Befragten bevorzugten jedoch Produkte, die von Freunden oder der Familie empfohlen wurden, um so fragwürdigen Praktiken zu entgehen, heißt es.
Trotzdem räumen 21 Prozent ein, dass sie bereits an gesponserten Livestreams teilgenommen haben, bei denen eine fremde Person, ähnlich wie bei TV-Shopping-Kanälen, eine Reihe von Artikeln präsentiert.
83 Prozent dieser Personen würden wahrscheinlich auch bei einem oder mehreren dieser Angebote zugreifen.
Laut „Forbes“ werden 2024 im Einzelhandel 20,6 Prozent aller Einkäufe online getätigt. Das entspricht Ausgaben von geschätzten elf Bio. Dollar, also rund 10,2 Bio. Euro.
(Ende)
MEDIEN
Slowakei: Öffentlich-rechtlicher Sender ersetzt
Die bisherige öffentlich-rechtliche Sendeanstalt der Slowakei ist formell aufgelöst und durch ein neues Staatsmedium ersetzt. Die Oppositionsparteien kündigten postwendend eine Beschwerde beim Verfassungsgericht gegen das Gesetz an. Sie werfen der Regierung vor, ein Propagandamedium für sich schaffen zu wollen.
Am Sonntag hatte Präsident Peter Pellegrini das von der Regierungsmehrheit aus zwei sozialdemokratischen und einer nationalistischen Partei im Parlament beschlossene STVR-Gesetz unterzeichnet. Knapp vor Mitternacht wurde es dann eilig in der offiziellen Gesetzessammlung veröffentlicht.
Formell hörte damit der bisherige Sender RTVS zu bestehen auf, und die neue Anstalt STVR nahm ihren Betrieb auf. Für das Publikum war davon nicht viel zu sehen. Alle Nachrichten liefen wie bisher mit dem RTVS-Logo im Bild, auch die RTVS-Website blieb weiter an der gewohnten Adresse in Betrieb.
Die nationalistische Kulturministerin Martina Simkovicova und der linkspopulistische Ministerpräsident Robert Fico hatten die RTVS-Berichterstattung wiederholt als gegen sie voreingenommen kritisiert. Sie konnten den noch von einer früheren Parlamentsmehrheit bis 2027 gewählten Generaldirektor Lubos Machaj und sein Team aufgrund der bestehenden Gesetzeslage aber nicht absetzen. Mit der formellen Auflösung von RTVS fällt dieses Hindernis weg. *** red, ORF.at/Agenturen
SOZIALPSYCHOLOGIE
Menschen konkurrieren nicht gern mit Fremden – Trotz großen Vertrauens sind die Nahestehenden laut einer Studie der Universität Leiden die „Opfer“
Leiden (pte005/01.07.2024/06:15) – Am Arbeitsplatz und in Klassenzimmern bilden sich Gruppen, die lieber miteinander als mit Außenstehenden kooperieren. Aber die Mitglieder dieser Gruppen konkurrieren auch bevorzugt miteinander statt mit Fremden, wie Angelo Romano von der Universität Leiden herausgefunden hat. Die Bereitschaft zum Wettbewerb nimmt sogar ab, je weiter das Land des potenziellen Konkurrenten entfernt ist, heißt es.
Spiel bestätigt Theorie
Um sozialpsychologische Mechanismen in kontrollierten Experimenten aufzudecken, hat Romano Probanden spielen lassen. In einem Online-Experiment teilte er die Teilnehmer aus 51 Ländern in „Angreifer“ und „Verteidiger“ ein. Jeder bekam zehn Geldeinheiten, deren Wert dem Durchschnittslohn für eine Minute Arbeit im jeweiligen Heimatland entsprach. Sie konnten entscheiden, wie viel davon sie investieren wollten, um Geld von ihrem Gegner zu gewinnen oder um sich gegen dessen Gier zu verteidigen.
Dann mussten sowohl Angreifer als auch Verteidiger entscheiden, wie viel Geld sie bereit waren zu investieren, um gegen einen Landsmann, 25 Spieler aus einem anderen Land und einen völlig Fremden anzutreten. Ohne Ausnahme investierten sie das meiste Geld, wenn ihr Gegner ein Landsmann war. Es folgte ein ähnliches Experiment in Kenia. Anstelle von Ländern nahmen nun verschiedene Bevölkerungsgruppen teil.
Vertrauen in Landsleute
„Kenia ist wegen seiner Geschichte blutiger Bürgerkriege zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen, wie den Luo und den Kikuyu, sehr interessant. Wir wollten wissen, ob dies die Wahl der Teilnehmer beeinflussen würde. Aber wir sahen genau dasselbe Muster wie in der Länderstudie: Die Bereitschaft, innerhalb der eigenen ethnischen Gruppe zu konkurrieren, war höher. Wir haben das Experiment im Vereinigten Königreich wiederholt, mit demselben Ergebnis“, erklärt Romano.
Die Wissenschaftler haben daraufhin beschlossen, ein weiteres Experiment durchzuführen, diesmal jedoch mit einem Vertrauensspiel, das häufig zur Untersuchung der Kooperationsbereitschaft eingesetzt wird. Es zeigte sich, dass die Menschen ihren eigenen Landsleuten mehr als anderen vertrauten. (Ende)
GESELLSCHAFT – JUGEND
SINUS-Jugendstudie 2024 – „Wie ticken Jugendliche?“
- Teenager in Deutschland sind problembewusst und besorgt
- Zukunftsoptimismus geht nicht verloren
Die qualitative Jugendstudie „Wie ticken Jugendliche?“ untersucht alle vier Jahre auf Basis von mehrstündigen Einzelexplorationen die Lebenswelten der 14- bis 17-Jährigen und berichtet über die aktuelle Verfassung der jungen Generation in den unterschiedlichen Lebenswelten.
Die 14- bis 17-Jährigen sind besorgter denn je.
Die Vielzahl von Krisen und Problemen wie Kriege, Energieknappheit, Inflation oder Klimawandel, die sich mitunter überlagern und verstärken, stimmt die Jugendlichen in ihrem Allgemeinbefinden ernster und besorgter denn je.
Die Sorge um Umwelt und Klima, die schon in der Vorgängerstudie 2020 als virulent beschrieben wurde, wächst in der jungen Generation weiter an.
Auch die Verunsicherung durch die schwer einzuschätzende Migrationsdynamik und die dadurch angestoßene Zunahme von Rassismus und Diskriminierung ist unter den Teenagern beträchtlich.
Und nicht zuletzt ist für viele Jugendliche der Übergang ins Berufs- und Erwachsenenleben aufgrund der unkalkulierbaren gesellschaftlichen Entwicklungen angstbesetzt.
Die Teenager haben ihren Optimismus und ihre Alltagszufriedenheit dennoch nicht verloren.
Wie die aktuelle Studie zeigt, ist der für die junge Generation typische Optimismus noch nicht verloren gegangen. Viele bewahren sich eine (zweck)optimistische Grundhaltung und schauen für sich persönlich positiv in die Zukunft. Viele der befragten Jugendlichen haben „Copingstrategien“ [siehe dazu das Stressbewältigungsmodell von Richard Lazarsfeld] entwickelt und wirken insgesamt resilient.
Fast niemand ist unzufrieden mit dem eigenen Alltag – aber nur wenige sind enthusiastisch. Eine Rolle spielt dabei, dass die Befragten „seit sie denken können“ mit vielfältigen Krisen leben. Entsprechend wird ihr Optimismus nicht eingeschränkt durch die Sehnsucht nach einer Vergangenheit, die es so für sie nie gab. Vielen geht es nach eigener Auskunft gut, weil ihre Grundbedürfnisse gedeckt sind und sie sich sozial gut ein-gebunden fühlen. Die Weltsicht der jungen Generation entspricht keineswegs dem Klischee der verwöhnten Jugend, sondern ist von Realismus und Bodenhaftung geprägt. Das zeigen auch die angestrebten Lebensentwürfe.
Die „bürgerliche Normalbiografie“ ist immer noch Leitmotiv vieler Teenager.
An der Sehnsucht nach Zugehörigkeit, Halt und Geborgenheit und der hohen Wertschätzung von Familie hat sich nichts geändert. Dieses als „Regrounding“ bekannte Phänomen ist nach wie vor ein starker Trend. Der Aspekt des Bewahrenden und Nachhaltigen ist für viele Jugendliche sogar noch wichtiger geworden. Auch der Rückgang des einstmals jugendprägenden Hedonismus und der damit einhergehende Bedeutungsverlust jugendsubkultureller Stilisierungen hält an.
Das zeigt sich auch im Streben nach der „Normalbiografie“ und in der Renaissance klassischer Tugenden. Was viele wollen, ist einen Platz in der Mitte der Gesellschaft zu finden. Und wovon viele träumen, sind eine glückliche und feste Partnerschaft oder Ehe, Kinder, Haustiere, ein eigenes Haus oder eine Wohnung, ein guter Job und genug Geld für ein sorgenfreies Leben.
Die Akzeptanz von Diversität nimmt zu. Die Jugendlichen sind „aware“, aber nicht „woke“.
Im Wertespektrum der jungen Generation sind neben Sicherheit und Geborgenheit (Familie, Freunde, Treue) besonders soziale Werte wie Altruismus und Toleranz stark ausgeprägt. Auffällig ist, dass zunehmend deutlicher nicht nur die Toleranz in Bezug auf unterschiedliche Kulturen als Selbstverständlichkeit betont wird, sondern auch die Akzeptanz pluralisierter Lebensformen und Rollenbilder (Diversität). Neu gegenüber den Vorgängerstudien ist, dass die Jugendlichen besonders stark für die Gender-Gerechtigkeit sensibilisiert sind. Die meisten Befragten zeigen sich demonstrativ offen dafür, wenn (vor allem junge) Menschen ihr Geschlecht non-binär definieren. Zudem sind sich die Jugendlichen fortdauernder Geschlechterstereotype und Rollenerwartungen bewusst.
Die Sensibilität für Diskriminierung ist groß.
Die aktuellen politischen Krisen (wie Krieg oder Inflation) werden von den Jugendlichen registriert, emotional stärker treiben sie allerdings Probleme wie Klimawandel und Diskriminierung um. Gerade Diskriminierung gehört für viele zum Alltag, insbesondere in der Schule. Unabhängig von Schultyp und Herkunft haben die meisten Jugendlichen Diskriminierung schon selbst erlebt oder im unmittelbaren Umfeld beobachtet. Die Institution Schule vermag dem Problem oftmals nicht beizukommen.
Die Jugendlichen sind sehr sensibel für strukturelle Ungleichheiten. Sie beobachten und kritisieren offene oder verdeckte Diskriminierung. Demokratische Bildung und Praxis scheint in den Schulen eine untergeordnete Rolle zu spielen. Viele Jugendliche sehen Schule nicht als Ort, wo sie Mitbestimmung lernen und wirklich gehört werden. Nicht wenige der Befragten sprechen spontan die Ungleichheit der Bildungschancen an: Sie nehmen wahr, dass vor allem die soziale Lage über den Bildungserfolg mitentscheidet und sehen besonders migrantische Familien im Nachteil.
Das politische Interesse und Engagement der Jugendlichen ist limitiert.
Die Jugendlichen haben ein Bewusstsein für soziale Ungleichheit, zeigen aber kein gesteigertes Interesse an diesem Thema. Dasselbe trifft auf das Thema Politik generell zu. Eine gestiegene Politisierung der Jugendlichen im Vergleich zur letzten Erhebung 2020 ist nicht festzustellen. Eher hat Politik – trotz der allgegenwärtigen Krisen – einen geringen Stellenwert in ihrem Leben.
Das Bewusstsein für politische Themen wird vor allem durch deren mediale Präsenz beeinflusst, aber selten fühlt man sich persönlich betroffen (Ausnahme: Klimakrise, Diskriminierung). Krisen aktivieren einen Teil der Jugendlichen, wenn auch nur kurzfristig (z.B. Gespräche mit Vertrauten, Info-Recherchen) und führen kaum zu langfristigem politischem Engagement. Der andere Teil der Jugendlichen tendiert zur Verdrängung, weil er sich kognitiv oder emotional überfordert fühlt.
Hauptgründe für die Distanz zu politischen Themen und Beteiligungsformen sind die gefühlte Einflusslosigkeit und die als gering empfundene persönliche Kompetenz. Die Mehrheit der Jugendlichen befürwortet das Wahlrecht ab 16 Jahren. Einige fühlen sich aber nicht ausreichend dafür vorbereitet.
Jugendliche wollen gehört und ernstgenommen werden, aber nicht alle wollen mitgestalten.
Die Mehrzahl der Jugendlichen, quer durch alle Lebenswelten, möchte mitreden und Gehör finden – ob in der Familie, im (Sport)Verein, in der Jugendgruppe oder der religiösen Gemeinschaft. Was aber Mitbestimmung und Mitgestaltung angeht, sind die Einschätzungen kontrovers und, insbesondere hinsichtlich der angenommenen Erfolgschancen, stark lebensweltlich geprägt. Barriere Nr.1, an der Mitsprache und Mitgestaltung der jungen Generation oft scheitern, sind „die Erwachsenen“, von denen sich viele Jugendliche nicht ernstgenommen und respektiert fühlen.
Awareness für Fake News und die negativen Folgen des Social Media-Konsums
Ein Leben ohne Social Media (insbesondere TikTok, Instagram und YouTube) ist für die meisten Jugendlichen nur schwer vorstellbar. Soziale Medien werden zum Zeitvertreib, zur Inspiration für Lifestyle-Themen und zum Socializing genutzt – aber auch als Tool, um Themen und Dinge, die Sinn im Leben geben, (besser) kennenzulernen und zu verfolgen.
Soziale Medien sind für die meisten Teenager die bei weitem wichtigste Informationsquelle. Dies gilt auch für politische Nachrichten, die meist zufällig – sozusagen als „Beifang“ – rezipiert werden. Vorteile der Informationsaufbereitung in den sozialen Medien sind aus Sicht der Jugendlichen ihre Aktualität, ihre gute Verständlichkeit (Prägnanz) und ihr Unterhaltungswert. Dagegen stehen die Nachteile zweifelhafter Glaubwürdigkeit und die verbreiteten Fake News.
Die Gefahr, Falschinformationen, Übertreibungen und manipuliertem Content ausgesetzt zu sein oder sich in Filterblasen zu bewegen, ist den befragten Jugendlichen bewusst. Die meisten gehen davon aus, Fake News zu erkennen, vor allem mittels „gesundem Menschenverstand“. Sind Jugendliche mit Fake News konfrontiert, werden diese meist ignoriert. Aktive Recherchen zur Glaubwürdigkeit oder Richtigkeit von Beiträgen, Nachrichten oder Meldungen kommen eher selten vor.
Die Auswirkungen des Social Media-Konsums auf das eigene Befinden und die (psychische) Gesundheit sehen viele der befragten Jugendlichen durchaus kritisch. Viele haben das Gefühl, zu viel Zeit in den sozialen Medien zu verbringen, was ihnen – wie sie glauben – nicht guttut: „verplemperte Lebenszeit“, Reizüberflutung, Suchtverhalten und Stress auch durch den Vergleich geschönter Darstellungen im Internet mit der eigenen (körperlichen und sozialen) Realität.
Auch wenn vieles in den sozialen Medien nicht hinterfragt bzw. unkritisch konsumiert wird, zeigt sich in der jugendlichen Zielgruppe ein wachsendes Unbehagen.
Viele (v.a. bildungsnahe) Jugendliche versuchen inzwischen, ihre Social Media-Nutzung zu begrenzen bzw. aktiv zu steuern: Handy ausschalten, bestimmte Apps löschen, problematische Aspekte mit Nahestehenden besprechen.
Trotz des DigitalPakts Schule bleibt die Digitalisierung von Schulen uneinheitlich und wird von vielen Jugendlichen als unzureichend empfunden. Jugendliche wünschen sich oft mehr Engagement von Lehrkräften, wenn es um die Integration digitaler Elemente im Unterricht geht. Oftmals haben sie das Gefühl, die Lehrkräfte seien gegenüber digitalen Möglichkeiten nicht genug aufgeschlossen.
Sport als „Droge gegen Stress“
Auch Sport und Bewegung dienen Jugendlichen, um dem Alltagsstress entgegenzuwirken und Probleme zu vergessen. Auf die Nachfrage, welche Rolle Sport und Bewegung für das eigene Wohlbefinden spielt, berichten die meisten – unabhängig von Geschlecht, Bildung und Lebenswelt – von einem „guten Gefühl“, das sich sowohl während als auch nach dem Sport einstellt. Zudem steht das Motiv der Vergemeinschaftung im Fokus: Sport- und Bewegungsstätten sind für Jugendliche wichtige Orte der Begegnung und des Zusammenkommens. Aber: Viele beklagen, dass es ihnen an öffentlichen Bewegungsorten fehlt.
Studiendesign
Die vorliegende Studie ist eine qualitativ-empirische Bestandsaufnahme der soziokulturellen Verfassung der jungen Generation. Unterschiedlichste Aspekte der jugendlichen Alltags- und Lebenswirklichkeit (Schule, Gesundheit, Sport, Politik etc.) werden in der Publikation nicht nur beschrieben, sondern mittels einer Vielzahl persönlicher Zeugnisse der Jugendlichen illustriert. Wie in den Vorgängerstudien greift das SINUS-Institut hierbei auf ein breites methodisches Spektrum zurück:
Neben den Analysen der explorativen Interviews enthält der Forschungsbericht zahlreiche Bilddokumente wie Skizzen, Fotos und Collagen sowie eine Vielzahl von O-Tönen der befragten Jugendlichen, die authentische Einblicke quer durch alle jungen Lebenswelten liefern.
Insgesamt wurden 72 qualitative Fallstudien mit Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren durchgeführt. Die Datenerhebung erfolgte deutschlandweit von Anfang Juni bis Ende September 2023. Wie ticken Jugendliche? wurde im Auftrag folgender Studienpartner (in alphabetischer Reihenfolge) durchgeführt: – Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz – Bund der Deutschen Katholischen Jugend – Bundeszentrale für politische Bildung – Deutsche Kinder- und Jugendstiftung – DFL Stiftung
Weitere Infos:
Die Studie ist als gedrucktes Buch in der Schriftenreihe (Band-Nr. 11133, Bereitstellungspauschale 4,50 €) der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb erschienen. Sie steht auch als ePub kostenfrei zum Download bereit: Interner Link: Wie ticken Jugendliche? SINUS-Jugendstudie 2024 EPUB Im Rahmen der Veröffentlichung stellt die bpb ein Pressekit zur Verfügung, das Sie ab dem 12.6. unter Externer Link: www.bpb.de/549285 abrufen können.
Pressemitteilung als PDF: hier
UNTERNEHMEN
— .