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FAZIT DES TAGES
COMMENT – FAZIT:
- Israel-Hamas-Krieg: überraschendes Einlenken Israels: bis auf Weiteres von 8 bis 19 Uhr Einhalten einer „taktischen Waffenruhe“, um Hilfslieferungen in den notleidendenden Gazastreifen zu ermöglichen
- Ukraine-Krieg: alle Augen blicken zur Schweiz: was wird die „Friedenskonferenz bringen? Wenig, schaut man in den bereits veröffentlichten Entwurf des Abschlusscommuniqués der heute endenden internationalen Konferenz. Wichtige Teilnehmer fehlen, territoriale Fragen werden gar nicht erörtert. Schon im Vorfeld, auch in der Abschlusserklärung wird betont, dass die Teilhabe Russlands an einer Folgekonferenz wünschenswert sei. In diesem Sinn hatte sich schon die Schweiz im Vorfeld der Konferenz geäußert, auch Olaf Scholz mahnt eine Teilhabe Russlands an. Bemerkenswert ist, dass der ukrainische Leiter des Präsidialamtes sich ebenfalls in diesem Sinne vor Tagen geäußert hat.
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HELLMEYER-Report (gekürzt)
Der nächste Hellmeyer Report erscheint erst wieder am Dienstag, den 18.06.2024
MÄRKTE
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DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
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ISRAEL
n-tv aktuell ISRAEL
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n-tv aktuell Nahost-Konflikt
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NACHT IM ÜBERBLICK – ISRAEL
An Stelle der üblichen dpa-AFX-Meldung:
Israel kündigt tägliche „taktische Pause“ im Süden Gazas an
Es bewegt sich offenbar etwas: Israel will seine Aktivitäten im südlichen Gazastreifen täglich von 8 bis 19 Uhr aussetzen, wie das Militär ankündigt. Auf diese Weise sollen Hilfslieferungen ermöglicht werden.
Das israelische Militär hat eine täglich mehrstündige „taktische Pause“ seiner Aktivitäten im südlichen Teil des Gazastreifens verkündet. Die Unterbrechung gelte bis auf Weiteres jeweils für die Zeit von 8 bis 19 Uhr und solle die Auslieferung einer größeren Menge an Hilfsgütern ermöglichen, teilten die Streitkräfte über die Online-Plattformen X und Telegram mit. Sie betreffe den Weg, der vom Grenzübergang Kerem Schalom bis zur Salah-al-Din-Straße und dann weiter in den Norden führe.
Die Entscheidung sei infolge von Beratungen mit den Vereinten Nationen und anderen Organisationen getroffen worden, hieß es weiter. Die humanitäre Lage in dem Palästinensergebiet ist katastrophal, Hilfsorganisationen weisen seit Monaten auf einen Mangel an Lebensmitteln und anderen wichtigen Waren hin. Tausende Menschen haben nicht genug Trinkwasser und Essen, zahlreiche Kinder leiden an akuter Mangelernährung.
Der Gaza-Krieg war durch den Großangriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem islamistische Kämpfer laut israelischen Angaben 1194 Menschen getötet und 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt hatten. Als Reaktion geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden dabei bislang mehr als 37.290 Menschen getötet.
Die radikalislamische Hamas verlangt als Voraussetzung für einen Geisel-Deal ein Ende des Krieges oder zumindest eine Garantie dafür, dass Israel die Kampfhandlungen einstellt. Netanjahus Regierung ist dazu nicht bereit. Ihr Ziel ist es, die bis zum Kriegsbeginn unangefochten über den Gazastreifen herrschende Terrororganisation militärisch zu zerschlagen und politisch zu entmachten.
Am Samstagabend war es in Israel zu Massenkundgebungen gekommen, bei denen Zehntausende Menschen für die Freilassung der Geiseln im Gazastreifen und gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu demonstrierten. In Tel Aviv und anderen Städten verlangten die Demonstranten von Netanjahu, einem Ende der Kämpfe mit der Hamas als Teil eines Abkommens zuzustimmen, dass die von den Islamisten verschleppten Geiseln wieder zu ihren Familien bringt, wie die Zeitung „Haaretz“ berichtet. Nach Darstellung des Forums der Geisel-Familien handelte es sich um den größten Protest seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober vergangenen Jahres. *** Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa
WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN
Erneut Proteste gegen Netanjahu in Israel
In Israel haben erneut tausende Menschen gegen Regierungschef Benjamin Netanjahu und seine Gaza-Politik protestiert. Sie forderten gestern in Tel Aviv Neuwahlen und stärkere Anstrengungen für die Freilassung der von der Hamas entführten Geiseln sowie ein Ende des Militäreinsatzes im Gazastreifen.
Überschattet wurde die Demonstration von der Nachricht, dass acht israelische Soldaten bei einem Einsatz in dem Palästinensergebiet getötet wurden.
Acht Soldaten in Gaza getötet
Kurz zuvor hatte die israelische Armee mitgeteilt, dass bei einem Einsatz im Süden des Gazastreifens in der Region Rafah acht Soldaten getötet worden seien. Das gepanzerte Fahrzeug, in dem die Soldaten unterwegs waren, sei explodiert. Später teilte ein Armeesprecher mit, dass der Vorfall offenbar durch einen Sprengsatz am Straßenrand ausgelöst wurde.
Es war eine der höchsten Opferzahlen an einem einzigen Tag für die israelischen Truppen seit Beginn des Krieges gegen die radikalislamische Hamas. Seit dem Einmarsch israelischer Bodentruppen in den Gazastreifen am 27. Oktober wurden offiziellen Angaben zufolge 306 israelische Soldaten getötet. *** red, ORF.at/Agenturen
Hohe Wellen: US-Militär bringt Gaza-Anlegestelle an Land
Aschdod – Wegen hohen Seegangs schleppt das US-Militär die provisorische Anlegestelle für Hilfslieferungen an die Zivilbevölkerung in Gaza zurück an Land. Durch die vorübergehende Verlegung des Piers sollen strukturelle Schäden verhindert werden, teilte das Regionalkommando für den Nahen Osten der US-Streitkräfte auf X mit. Die Sicherheit der Militärangehörigen habe oberste Priorität.
Die Entscheidung, den Pier vorübergehend zu verlegen, sei nicht leichtfertig getroffen worden, so die Streitkräfte. Nach dem hohen Seegang werde die Anlegestelle rasch wieder an der Küste des Gazastreifens verankert.
Seit dem 17. Mai wurden nach Angaben des US-Militärs über 3.500 Tonnen an Hilfslieferungen über den Seekorridor geliefert. US-Präsident Joe Biden hatte den Bau der Anlegestelle sowie einen Luftabwurf von Hilfslieferungen Anfang März angekündigt, nachdem der günstigere und sicherere Landweg weitgehend durch die israelische Regierung eingeschränkt wurde.
Das Welternährungsprogramm (WFP) schätzt die Lage im Gazastreifen weiterhin als kritisch ein. Im Norden habe sich die Situation zuletzt zwar verbessert, seitdem über den westlichen Grenzübergang Erez wieder Hilfsgüter geliefert werden können. Diese Hilfe müsse jedoch aufrechterhalten und aufgestockt werden. Zugleich befürchtet das WFP, dass im südlichen Gazastreifen bald die gleichen katastrophalen Hungersnöte herrschen könnten wie im Norden.
„Die Lage im südlichen Gazastreifen verschlechtert sich zusehends“, sagte der stellvertretende Exekutivdirektor des Welternährungsprogramms, Carl Skau. „Eine Million Menschen wurden aus Rafah vertrieben und sind in der brennenden Sommerhitze in einem stark überfüllten Gebiet entlang des Strandes gefangen. Wir sind durch Flüsse von Abwässern gefahren.“
UKRAINE
Karte der Ukraine
n-tv aktuell UKRAINE
NACHT IM ÜBERBLICK – UKRAINE
An Stelle der üblichen dpa-AFX-Meldungen:
Russland setzt Angriffe an der Front fort – ORF, 15.6.2024, 22:57
Ungeachtet der Bemühungen eines großen Teils der Weltgemeinschaft um Frieden in der Ukraine haben russische Truppen gestern ihre Angriffe an diversen Frontabschnitten fortgesetzt. Unterstützt von ihrer Luftwaffe griffen russische Einheiten im Osten des Landes erneut in der Umgebung von Wowtschansk an, wie der Generalstab in Kiew am Abend in seinem täglichen Lagebericht mitteilte.
Ungewöhnlich starke russische Vorstößen wurden zudem aus der Region Pokrowsk im Südosten der Ukraine gemeldet. Dort sei knapp ein Drittel der insgesamt 74 russischen Attacken des Tages registriert worden. Alle Angriffe seien abgeschlagen worden, hieß es. „Unsere Jungs halten sich wacker“, teilten die Generäle in Kiew mit.
In der an die Ukraine grenzenden russischen Region Belgorod wurden nach Behördenangaben sechs Menschen getötet. Auf der ukrainischen Seite, in Schostka in der Oblast Sumy, wurde nach Angaben des ukrainischen Militärs eine Person getötet. In der Region Sumy sind die Menschen täglich russischen Angriffen ausgesetzt.
Im Dorf Ulakly in der ostukrainischen Region Donezk sind nach Angaben des örtlichen Gouverneurs Wadym Filaschkin durch russischen Beschuss drei Menschen getötet worden. Fünf weitere wurden demnach verletzt. *** red, ORF.at/Agenturen
WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN
Reuters: Entwurf eines gemeinsamen Kommuniqués für die Ukraine-Konferenz in der Schweiz
BUERGENSTOCK, Schweiz, 16. Juni (Reuters) – Nachfolgend der vollständige Text des Entwurfs eines Kommuniqués für den sogenannten hochrangigen Friedensgipfel für die Ukraine, der vom 15. bis 16. Juni in der Zentralschweiz stattfindet, wie Reuters am Samstag erfuhr.
„Gemeinsames Kommuniqué über einen Friedensrahmen Schweiz, 15-16 Juni 2024
„Der anhaltende Krieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine verursacht weiterhin großes menschliches Leid und Zerstörung und schafft Risiken und Krisen mit globalen Auswirkungen für die Welt. Wir sind am 15. und 16. Juni 2024 in der Schweiz zusammengekommen, um einen hochrangigen Dialog über Wege zu einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine zu fördern. Wir bekräftigten die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedeten Resolutionen A/RES/ES-11/1 und A/RES/ES-11/6 und unterstrichen unser Engagement für die Einhaltung des Völkerrechts, einschließlich der Charta der Vereinten Nationen.
„Dieses Gipfeltreffen baute auf den vorangegangenen Diskussionen auf, die auf der Grundlage der ukrainischen Friedensformel und anderer Friedensvorschläge stattfanden, die im Einklang mit dem Völkerrecht, einschließlich der Charta der Vereinten Nationen, stehen.
„Wir wissen die Gastfreundschaft der Schweiz und ihre Initiative, das hochrangige Gipfeltreffen auszurichten, als Ausdruck ihres festen Engagements für die Förderung des internationalen Friedens und der Sicherheit sehr zu schätzen.
„Wir hatten einen fruchtbaren, umfassenden und konstruktiven Meinungsaustausch über Wege zu einem Rahmen für einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden, der auf dem Völkerrecht, einschließlich der Charta der Vereinten Nationen, beruht. Insbesondere bekräftigen wir unser Bekenntnis zum Verzicht auf die Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit eines Staates, zu den Grundsätzen der Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität aller Staaten, einschließlich der Ukraine, innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen, einschließlich der Hoheitsgewässer, und zur Beilegung von Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln als Grundsätze des Völkerrechts.
„Darüber hinaus haben wir eine gemeinsame Vision zu den folgenden entscheidenden Aspekten:
„1) Erstens muss jede Nutzung der Kernenergie und der kerntechnischen Anlagen sicher, gesichert, bewacht und umweltverträglich sein. Die ukrainischen Kernkraftwerke und -anlagen, einschließlich des Kernkraftwerks Saporischschja, müssen unter der uneingeschränkten souveränen Kontrolle der Ukraine und im Einklang mit den Grundsätzen der IAEO und unter deren Aufsicht sicher und geschützt betrieben werden.
„Jede Androhung oder jeder Einsatz von Atomwaffen im Zusammenhang mit dem laufenden Krieg gegen die Ukraine ist unzulässig.
„2) Zweitens: Die weltweite Ernährungssicherheit hängt von der ununterbrochenen Herstellung und Lieferung von Nahrungsmitteln ab. In dieser Hinsicht sind die freie, uneingeschränkte und sichere Handelsschifffahrt sowie der Zugang zu den Häfen im Schwarzen und Asowschen Meer von entscheidender Bedeutung. Angriffe auf Handelsschiffe in Häfen und entlang der gesamten Route sowie auf zivile Häfen und zivile Hafeninfrastruktur sind nicht hinnehmbar.
„Die Ernährungssicherheit darf in keiner Weise zur Waffe werden. Die ukrainischen Agrarprodukte sollten sicher und ungehindert an interessierte Drittländer geliefert werden.
„3) Drittens müssen alle Kriegsgefangenen durch vollständigen Austausch freigelassen werden. Alle deportierten und unrechtmäßig vertriebenen ukrainischen Kinder und alle anderen ukrainischen Zivilisten, die unrechtmäßig inhaftiert wurden, müssen in die Ukraine zurückgebracht werden.
„Wir glauben, dass die Erreichung des Friedens die Einbeziehung aller Parteien und den Dialog zwischen ihnen erfordert. Wir haben daher beschlossen, in Zukunft konkrete Schritte in den oben genannten Bereichen zu unternehmen und die Vertreter aller Parteien weiter einzubeziehen.
„Die Charta der Vereinten Nationen, einschließlich der Grundsätze der Achtung der territorialen Integrität und der Souveränität aller Staaten, kann und wird als Grundlage für die Erreichung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens in der Ukraine dienen.
*** Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version) ***
Ukraine-Gipfel in der Schweiz:Scholz: Moskau in Friedensprozess einbeziehen
Beim Friedensgipfel für die Ukraine ist Russland nicht dabei. Bundeskanzler Olaf Scholz und weitere Teilnehmer sprachen sich aber dafür aus, Moskau künftig einzubeziehen.
Schwierige Mission – in der neutralen Schweiz suchen über 90 Länder nach einer Friedenslösung für die Ukraine. Russland ist nicht eingeladen, nimmt aber Einfluss auf das Treffen.
Nach mehr als zwei Jahren Ukraine-Krieg suchen in der Schweiz 92 Staaten nach Wegen zum Frieden – aber zunächst ohne Russland. „Es ist wahr, dass der Frieden in der Ukraine nicht erreicht werden kann, ohne Russland mit einzubeziehen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er machte aber gleichzeitig deutlich, was aus seiner Sicht die Bedingungen für Frieden sind:
Russland könnte diesen Krieg heute oder zu jedem beliebigen Zeitpunkt beenden, wenn es seine Angriffe einstellt und seine Truppen aus der Ukraine abzieht. – Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler
USA weisen Putins Bedingungen für Friedensverhandlungen zurück
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte unmittelbar vor dem Gipfel seinerseits Bedingungen für Friedensverhandlungen aufgestellt, darunter der vollständige Verzicht der Ukraine auf die Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson, Saporischschja und die Schwarzmeer-Halbinsel Krim – etwas mehr als ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets.
US-Vizepräsidentin Kamala Harris wies die Forderung als abwegig zurück.
Wir müssen die Wahrheit sagen. Er ruft nicht zu Verhandlungen auf, er ruft zur Kapitulation auf. – Kamala Harris, US-Vizepräsidentin
Sie sicherte der Ukraine anhaltende Unterstützung zu. Konkret stellte Harris 1,5 Milliarden Dollar (1,4 Milliarden Euro) in Aussicht – hauptsächlich für den Energiesektor und humanitäre Hilfe. „Amerika steht nicht aus Nächstenliebe an der Seite der Ukraine, sondern weil es in unserem strategischen Interesse ist.“
Selenskyj spricht von historischem Gipfel
Die Initiative für den Gipfel ging von der Schweizer Regierung und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aus. „Wir haben es geschafft, der Diplomatie eine Chance zu geben“, sagte Selenskyj. Beim Gipfel werde „Geschichte geschrieben“.
Bis Sonntag soll über erste Schritte in Richtung Frieden beraten werden. Auch wird es um die Sicherheit des von Russland besetzten Atomkraftwerks Saporischschja und die Absage an den Einsatz von Atomwaffen gehen. Außerdem soll über den gerade für den sogenannten globalen Süden wichtigen Getreideexport der Ukraine über das Schwarze Meer und einen Gefangenenaustausch gesprochen werden.
Die Schweizer Gastgeber hatten sich monatelang darum bemüht, möglichst viele Staaten zur Teilnahme an dem Gipfel zu bewegen. 160 wurden eingeladen, mehr als 90 sagten zu und waren zu einem großen Teil mit Staats- und Regierungschefs vertreten.
Russlands Verbündete kaum vertreten
Auch wenn sie Russland nicht einluden, bemühten sich die Schweizer Gastgeber darum, möglichst viele mit Russland befreundete Länder mit an den Tisch zu bekommen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Mit China sagte der wichtigste Verbündete Russlands ganz ab. Brasilien ist nur als Beobachter dabei, Indien schickte laut Teilnehmerliste nur einen Staatssekretär aus dem Außenministerium. Für Südafrika ist der nationale Sicherheitsberater dabei.
Der hochrangigste Vertreter aus den Ländern, die trotz des Angriffskriegs immer noch mit Russland befreundet sind, ist nun Saudi-Arabiens Außenminister Faisal bin Farhan Al Saud. Sein Land gilt als möglicher Ausrichter einer Nachfolgekonferenz, an der dann auch Russland teilnehmen könnte.
Es ist aber noch völlig unklar, wann die Zeit reif dafür ist. „Wir sind da noch weit weg von“, sagte Scholz. Ernsthafte Bemühungen um eine Friedenslösung gab es zwischen Russland und der Ukraine bisher nur kurz nach der Invasion 2022.
Scholz lehnt Waffenstillstand ohne „Fahrplan“ für Ukraine ab
Luzern – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fordert bei möglichen Verhandlungen eine klare Perspektive für die Ukraine.
„Ein sofortiger Waffenstillstand ohne ernsthafte Verhandlungen, ohne einen Fahrplan für einen gerechten und dauerhaften Frieden, nur auf der Grundlage der sogenannten ’neuen Realitäten‘, würde nur Russlands illegale Landnahme legitimieren“, sagte Scholz am Samstagabend zum Auftakt Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz.
„Am Ende würde dies zu einem weiteren eingefrorenen Konflikt führen – ein Szenario, das ungerecht, gefährlich und nicht nachhaltig ist – weder für die Ukraine noch für Europa oder die internationale Gemeinschaft als Ganzes“, so der Kanzler weiter.
Kein Land wünsche sich den Frieden mehr als die Ukraine. „Aber seien wir ehrlich: Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg“, sagte Scholz.
Ukraine-Friedensgipfel: Ringen um „richtige Signale“ – ORF, 15.6.2024, 21:28
Bei einem Gipfeltreffen in der Schweiz beraten Vertretungen von 92 Staaten über erste Schritte eines Friedensprozesses in der Ukraine. Dabei werde um die „richtigen Signale“ gerungen. Russland mitzunehmen und gleichzeitig dessen Aggression zu verurteilen, sei das Ziel. Russland war zu dem Treffen allerdings nicht geladen.
Die Konferenz wolle „Verbündete finden“ und die „richtigen Signale senden“, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), der am zweitägigen Treffen in einem Luxushotel auf dem Bürgenstock bei Luzern teilnimmt. Russlands Präsident Wladimir Putin war dazu nicht eingeladen. Auch Moskaus wichtigster Verbündeter China hatte abgesagt.
Es gehe darum, einen „ersten Schritt“ zu gehen, so Nehammer. Zu der Kritik im Vorfeld, dass wichtige Staaten nicht, beziehungsweise nicht hochrangig vertreten seien, meinte er, dies sei „bedauerlich“. Gleichzeitig nannte Nehammer es „ermutigend“, dass trotzdem so viele Delegationen anwesend sind.
„Wie in einer westlichen Echokammer“
Im Rahmen der Konferenz will Nehammer auch bilaterale Gespräche mit mehreren Staats- und Regierungschefs führen. Ein wesentlicher Punkt der Beratungen sei die weltweite Ernährungssicherheit. „Wir sind wie in einer westlichen Echokammer“, sagte der Regierungschef. Etwa an afrikanische Staaten müsse man die Botschaft vermitteln: „Wir reden auf Augenhöhe.“
Für einen Fortschritt notwendig sah Nehammer die Einbindung von Partnerländern Russlands, allen voran China und Indien. Er wolle daher „Respekt zeigen für den globalen Süden“. Letztendlich brauche es aber beide Seiten für Frieden. Mit Bezug auf die jüngsten Vorstöße Moskaus sagte er: „Vorher Bedingungen zu stellen ist keine gute Strategie.“
Angesprochen auf die Erlaubnis der USA, Frankreichs und Deutschlands, mit westlichen Waffen auch gewisse Gebiete in Russland anzugreifen, sagte Nehammer, die Ukraine solle alles tun, „was das Völkerrecht erlaubt“. Denn: „Russland hat angegriffen. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hatte solche Attacken zuletzt als „rote Linie“ bezeichnet. Laut Nehammer bezog sie sich damit auf eine weitere Eskalation des Konfliktes.
Selenskyj sieht Druck auf Kreml steigen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht durch die Friedenskonferenz in der Schweiz den Druck auf Moskau steigen. In seinem Eröffnungsstatement wertete er die Zahl der teilnehmenden Staaten als „großen Erfolg“. Zusammen seien die Staaten „stärker als jeder Aggressor“. Selenskyj: „Niemand darf die Welt mit Nuklearwaffen bedrohen und Kinder entführen.“
Die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd dämpfte im Vorfeld die Erwartungen. „Unsere Ziele sind bescheidene.“ Zu Beginn der Konferenz betonte sie, „Schritt für Schritt einer Verständigung näher kommen zu wollen“. Ohne Russland seien die Gespräche dennoch „nicht komplett“. Der Gipfel solle Fortschritte bei spezifischen Problemen, etwa der weltweiten Ernährungssicherheit bringen. Gemeinsam zeige man „Unterstützung für einen friedlichen Prozess“, sagte Amherd.
„Nicht aus Nächstenliebe“
US-Vizepräsidentin Kamala Harris wies die Bedingungen Putins für Friedensverhandlungen mit der Ukraine als abwegig zurück. „Wir müssen die Wahrheit sagen. Er ruft nicht zu Verhandlungen auf, er ruft zur Kapitulation auf.“ Harris sicherte der Ukraine anhaltende Unterstützung im Abwehrkampf gegen Russland zu. „Amerika steht nicht aus Nächstenliebe an der Seite der Ukraine, sondern weil es in unserem strategischen Interesse ist.“
Der britische Premierminister Rishi Sunak kritisierte Russlands Verbündete und Unterstützer scharf. „Diejenigen, die Russland unterstützen, indem sie Kriegswaffen oder Komponenten für diese Waffen liefern, sollten sich diesen heutigen Gipfel ansehen. Sie sollten sich Butscha, Mariupol und Charkiw ansehen und über ihre Entscheidung nachdenken“, hieß es laut britischen Regierungsangaben von Sunak mit Verweis auf mutmaßliche russische Kriegsverbrechen in der Ukraine. „Putin hat kein Interesse an einem echten Frieden.“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zufolge darf die jetzige Situation auf dem Schlachtfeld indes nicht festgeschrieben werden. „Den Konflikt heute einzufrieren, während fremde Truppen ukrainisches Land besetzen, ist nicht die Antwort“, sagte sie. „Es ist ein Rezept für zukünftige Angriffskriege.“ Stattdessen müssten die Teilnehmer des Gipfels „einen umfassenden, gerechten und nachhaltigen Frieden“ für die Ukraine unterstützen. Dieser müsse auch die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine wiederherstellen.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich dafür aus, Russland in einem Friedensprozess für die Ukraine zu beteiligen. „Es ist wahr, dass der Frieden in der Ukraine nicht erreicht werden kann, ohne Russland mit einzubeziehen“, sagte Scholz am Samstag in der Schweiz. Gleichzeitig forderte er Russland zum vollständigen Rückzug aus der teilweise besetzten Ukraine auf. „Russland könnte diesen Krieg heute oder zu jedem beliebigen Zeitpunkt beenden, wenn es seine Angriffe einstellt und seine Truppen aus der Ukraine abzieht.“ Russland habe sich bis heute geweigert, dem Aufruf zu Frieden auf der Grundlage des Völkerrechts und der UN-Charta Folge zu leisten.
Zeichen internationaler Solidarität
An der zweitägigen Konferenz auf Initiative der Ukraine nehmen 57 Länder auf Ebene der Staats- und Regierungschefs teil. Es ist damit einer der größten Gipfel dieses Jahres. Auch wenn es nur begrenzte Hoffnung auf konkrete Ergebnisse gibt, gilt der Gipfel als wichtiges Zeichen der internationalen Solidarität mit der Ukraine. Denn es geht auch darum, eine möglichst breite internationale Unterstützung für den ukrainischen Friedensplan mit einem vollständigen Abzug Russlands vom ukrainischen Territorium zu gewinnen.
Die Schweizer Ausrichter des Treffens hoffen zudem, dass eine weiterführende Konferenz noch in diesem Jahr beschlossen wird – und sich dann auch Moskau einbeziehen lässt. Andere einflussreiche Freunde Russlands wie Indien und Südafrika sind zwar dabei, aber nicht einmal auf Ministerebene vertreten. Brasilien beteiligt sich nur als Beobachter. Ursprünglich hatte man gehofft, die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Verbündeten Russlands mit an den Tisch zu bekommen.
Putin forderte unmittelbar vor dem Gipfel als Bedingung für ein Ende der Kampfhandlungen von der Ukraine den vollständigen Verzicht auf die Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson, Saporischschja und die Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Das ukrainische Außenministerium wies das als absurd und manipulativ zurück. „Putin strebt keinen Frieden an, er will die Welt spalten“, hieß es am Freitag aus Kiew. *** red, ORF.at/Agenturen
Links:
Schweiz: Ukraine-Gipfel sucht Ausweg aus Krieg – ORF, 15.6.2024, 7:33
Politiker und Politikerinnen aus der ganzen Welt suchen am Wochenende bei einem Spitzentreffen in der Schweiz Wege zur Beendigung des Ukraine-Krieges. Russland ist nicht eingeladen, China wollte nicht teilnehmen – was die Chancen auf größere diplomatische Fortschritte praktisch ausschließt. Auch Kiew dürfte sein bei dem Gipfel verfolgtes Ziel verfehlen.
Neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nehmen an der Friedenskonferenz etwa US-Vizepräsidentin Kamala Harris, der französische Präsident Emmanuel Macron, der deutsche Kanzler Olaf Scholz, Bundeskanzler Karl Nehammer sowie die Staats- und Regierungschefs Italiens, Großbritanniens, Kanadas und Japans teil.
Nicht eingeladen ist dagegen Russland, das das Nachbarland im Februar 2022 angegriffen und damit den schwersten Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst hatte. Das Ziel Kiews, Russland international zu isolieren, dürfte allerdings verfehlt werden. Zu viele wichtige Akteure fehlen bei dem Gipfeltreffen auf dem Berg Bürgenstock hoch über dem Vierwaldstättersee.
Peking bleibt Moskau treu
Trotz monatelanger intensiver ukrainischer Lobbyarbeit hat vor allem China, ein wichtiger Abnehmer von russischem Öl und Schlüssellieferant von Produktionsmitteln für das Riesenland, den Veranstaltern des Treffens am 15. und 16. Juni eine Absage erteilt.
Indien, das Russland geholfen hat, die Wirtschaftssanktionen zu überstehen, wird voraussichtlich eine Delegation entsenden. Die Türkei und Ungarn, die ebenfalls freundschaftliche Beziehungen zu Russland pflegen, werden durch ihre Außenminister vertreten sein.
Ulrich Schmid, Politikwissenschaftler und Osteuropa-Experte an der Universität St. Gallen, sprach angesichts der Teilnahme von rund 90 Ländern bei gleichzeitiger Abwesenheit Chinas von einer gemischten Bilanz. „Jetzt ist natürlich die Frage, ist ein Frieden überhaupt machbar?“, so Schmid. „Solange (der russische Präsident Wladimir, Anm.) Putin an der Macht ist …, wird es schwierig.“
Selenskyj erklärt Zustandekommen zu Erfolg
Moskau stellt seine „militärische Spezialoperation“ in der Ukraine als Teil einer umfassenderen Auseinandersetzung mit dem Westen, der Russland angeblich in die Knie zwingen will, dar. Kiew und der Westen weisen das zurück und werfen Russland vor, einen illegalen Eroberungskrieg zu führen.
„Dieses Treffen ist bereits ein Ergebnis“, erklärte Selenskyj angesichts dessen, dass in der Sache keine Fortschritte zu erwarten sind, bereits das Zustandekommen des Gipfels im Vorfeld zum Erfolg. Er räumte aber ein, dass es anspruchsvoll sei, die internationale Unterstützung aufrechtzuerhalten. „Länder, die Partner und Nichtpartner sind, zu vereinen, ist eine schwierige Aufgabe für die Ukraine, zumal der Krieg nicht gerade erst angefangen hat“, sagte Selenskyj.
Heikler Zeitpunkt
Angesichts der Lage auf dem Schlachtfeld kommt der Gipfel zu einem heiklen Zeitpunkt für die Ukraine. Russische Truppen, die rund 18 Prozent des ukrainischen Territoriums kontrollieren, rücken im Osten des Landes vor. Bisher hat der Krieg Zehntausenden Menschen in der Armee wie in der Zivilbevölkerung das Leben gekostet, Dörfer, Städte und Gemeinden in Schutt und Asche gelegt und Millionen Menschen entwurzelt.
Schweizer Initiative wurde ausgebremst
Die Idee des Gipfels entstand, nachdem Selenskyj Ende 2022 einen Zehn-Punkte-Friedensplan vorgestellt hatte. Seitdem fand eine Reihe von Vorbereitungstreffen statt. Als China und einige wichtige Länder des Globalen Südens bei einem Treffen in Saudi-Arabien im August Interesse signalisierten, schien der Vorschlag Fahrt aufzunehmen.
Doch der Krieg im Gazastreifen hat dem ehrgeizigsten internationalen Vermittlungsversuch der Schweiz seit vielen Jahren Schwung genommen, während Russland versucht hat, die Legitimität des Gipfels zu untergraben. Gleichzeitig setzt sich China zusammen mit Brasilien für einen separaten Friedensplan für die Ukraine ein, der die Beteiligung beider Kriegsparteien vorsieht. Moskau hat bereits früher seine Unterstützung für Chinas Bemühungen zur Beendigung des Konflikts zum Ausdruck gebracht.
Territoriale Fragen ausgeklammert
Angesichts dieses Gegenwindes und der tiefgreifenden Differenzen zwischen der Ukraine und Russland dürfte der Gipfel territoriale Fragen ausklammern und sich auf die Teile von Selenskyjs Plan konzentrieren, hinter die sich die meisten Teilnehmerländer stellen können. Schweizer Regierungskreisen zufolge gehören dazu Lebensmittelversorgung, nukleare Sicherheit, freie Schifffahrt und ein Gefangenenaustausch.
Ein Großteil der Gespräche im Vorfeld des Schweizer Gipfels drehte sich um die Frage, wo und wann die nächsten Gespräche stattfinden könnten.
Der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, erklärte diese Woche gegenüber Medien, dass bereits eine große Anzahl von Ländern Interesse bekundet hätten. „Und wir suchen nach Möglichkeiten, für den zweiten Gipfel einen Vertreter Russlands einzuladen“, sagte er.
Die Schweiz hofft, dass das Treffen auf dem Bürgenstock den Weg für einen Friedensprozess ebnet, an dem Russland beteiligt ist. Das neutrale Land setzt außerdem darauf, dass bei dem Treffen ein Konsens der teilnehmenden Länder und Organisationen erreicht und zum Abschluss eine gemeinsame Erklärung abgegeben werden kann. *** red, ORF.at/Agenturen
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KOMMENTAR: Wenn die Ukraine auf dem Bürgenstock nicht gestärkt wird, haben alle verloren, auch die Schweiz – Andreas Rüesch, NZZ, 15.6.2024
Auf dem Bürgenstock könne es keinen Frieden geben, weil Russland nicht mit am Tisch sitze, heisst es überall. Die Aussage verrät einen Denkfehler. Sicherheit in Europa entsteht nicht mit, sondern gegen Russland.
Die Friedenskonferenz vom Wochenende hoch über dem Vierwaldstättersee verdankt ihre «Geburt» nicht einem Zufall, aber doch einer sehr aussergewöhnlichen Konstellation. Nur mit der spezifischen Interessenlage zweier Länder, der Ukraine und der Schweiz, ist zu erklären, weshalb man diese kuriose Grossveranstaltung aus dem Hut zauberte. Bern und Kiew erkannten Anfang Jahr beide eine attraktive Chance für sich. Aber die beiden ziehen nicht am selben Strick – und dadurch verwandelt sich der Bürgenstock in ein Minenfeld.
Die Interessenlage der Regierung in Bern ist klar: Sie würde sich gerne als erfolgreiche Vermittlerin profilieren. Es wäre ein Befreiungsschlag. Die Schweiz ist unter Druck geraten wegen ihrer international unverständlichen Neutralitätspolitik und ihrer als schäbig empfundenen Hilfeleistungen an die Ukraine. Ein spürbarer Beitrag zum Frieden wäre da der Beweis, dass die Solidarität der Schweiz andere Formen annimmt, aber nicht minder wichtig ist. So müsste man sich nicht den Widersprüchen der überholten Neutralitätspolitik stellen und könnte weitermachen wie bisher.
Bühne für Selenski
Die Ukraine hat erst recht ein Interesse an erfolgreichen Schritten in Richtung Frieden. Aber da enden die Übereinstimmungen bereits. Kiew geht von völlig anderen Voraussetzungen aus. Als Präsident Selenski im Januar Bern für die Organisation eines Friedensgipfels anfragte, wollte er seinen eigenen Zehn-Punkte-Friedensplan vorantreiben. Auf dessen Basis hatten sich Vertreter von mehreren Dutzend Ländern bereits viermal zu Konferenzen getroffen – ein Gipfel erschien Selenski als Mittel, um noch mehr internationalen Rückhalt zu schaffen. Russland wurde aus Selenskis Friedensformel mit Absicht ausgeschlossen; der unerfüllbare Forderungen stellende Kreml soll vielmehr isoliert werden.
Damit war die helvetische Bredouille vorgezeichnet. Bern konnte entweder die ukrainische Formel übernehmen und eine Konferenz veranstalten, die auf eine Rückenstärkung für Kiew abzielen würde. Das bedeutete jedoch, den Vorwurf der klaren Parteinahme zugunsten der Ukraine auf sich zu ziehen. Oder man nahm die Position des neutralen Vermittlers ein und liess Raum für gewisse «Kompromisse» mit Russland – zum Preis, dass man damit einen Interessenkonflikt mit der ukrainischen Seite und deren westlichen Verbündeten heraufbeschwor.
Hinzu kommt ein weiterer Gegensatz: Bern und Kiew haben völlig unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie man zum Frieden gelangt. Nach einer verbreiteten Schweizer Vorstellung enden Kriege dann, wenn sich beherzte Vermittler ins Zeug legen, die Streithähne an einen Tisch bringen, unermüdlich an Kompromissen feilen und die Kriegsparteien schliesslich zur Unterzeichnung einer Einigung bewegen. Der Bundesrat hat denn auch immer wieder durchblicken lassen, dass er Russland gern mit am Tisch sähe, wenn nicht jetzt, so spätestens beim nächsten Mal. Diese Sichtweise zeugt von einer erschütternden Weltfremdheit und Geschichtsvergessenheit.
Grosse Kriege enden aus ganz anderen Gründen – in aller Regel, weil eine Seite militärisch niedergerungen wurde oder keine Perspektiven für militärischen Erfolg mehr sieht. Die beiden Weltkriege, der Amerikanische Bürgerkrieg oder der Kosovo-Krieg endeten alle mit Kapitulationen, die Napoleonischen Kriege mit der erzwungenen Abdankung des Kaisers, der Vietnam-Krieg mit dem Fall von Saigon und der Afghanistan-Krieg mit dem Taliban-Einmarsch in Kabul. Auch die Schweiz hat ihr eigenes Beispiel. Endete ihr letzter innerer Krieg im Jahr 1847 etwa durch Vermittlung? Nein, durch den Kollaps der Sonderbundstruppen, glücklicherweise schon nach kurzer Zeit.
COMMENT: Wirklich keine Friedensverträge nach Kapitulation? Kommentator Rüesch blendet die nach Waffenstillstand geführten Neuordnungsverhandlungen oder Friedensverträge aus:
- Weltkrieg: Friedensverhandlungen in Paris mit allen Kriegsparteien Anfang der 1920er Jahre (Pariser Vorortverträge)
- Weltkrieg: Zwei-plus-Vier-Vereinbarungen in Berlin 1990/1991
- Sog. Napoleonische Kriege => Vertrag von Fontainebleau (mit Napoleon) mit nachfolgender politischer „Neuordnung“ Europas auf dem Wiener Kongress 1814/1815 durch Wiederherstellung (Restauration) der monarchischen Ordnung
- Vietnam-Krieg => Vertrag von Paris (1973) unter Beteiligung aller Kriegsparteien
- Kriege in Afghanistan seit 1978 => dauert an durch Besetzung Afghanistans 2021 nach Abzug der NATO-Truppen (siehe Krieg in Afghanistan 2001-2021)
- Sonderbundkrieg in der Schweiz 1847/1848 = ein interkantonal geführter Bürgerkrieg => freiwillige Beendigung der Kriegshandlungen durch den auf dem Kriegsfeld glücklosen Sonderbund der konservativ-katholisch ausgerichteten Kantone => Liberalisierung der Eidgenössischen Verfassung in der Schweizer Bundesverfassung von 1848 (im Wesentlichen bis heute gültig)
Druck auf Russland
Es braucht daher eine realistische Sicht darauf, wie Frieden «gemacht» wird. Plausibler als das seltsame Berner Denkmuster ist die Strategie der Ukraine und des Westens insgesamt.
Starker militärischer Widerstand, einschneidende Wirtschaftssanktionen und eine möglichst weitgehende diplomatische Isolierung Russlands sollen dem Kreml vor Augen führen, dass Kosten und Nutzen einer weiteren Kriegführung in keinem vernünftigen Verhältnis stehen. Dies erfordert maximale Einheit des Westens und keine PR-Sololäufe einzelner Länder.
Ein weiterer Widerspruch betrifft die Schweizer Diplomatie direkt: Sie will vermitteln und hat laut ukrainischen Presseberichten in einem ersten Entwurf einer Bürgenstock-Vereinbarung Formulierungen gewählt, die Offenheit für territoriale Zugeständnisse an Russland andeuten.
Bei allem Respekt für die Kunst des Verhandelns: Es gibt auch übergeordnete nationale Interessen der Schweiz. Von zentraler Bedeutung ist, dass Putins Versuch eines Landraubs auf der ganzen Linie scheitert, dass das für unseren Staat so wichtige Prinzip der territorialen Unverletzlichkeit gestärkt wird und Europa frei von einer Bedrohung durch den Aggressor Russland leben kann.
Dass Moskau nicht vertreten ist auf dem Bürgenstock, ist daher kein Mangel, sondern ein Vorteil. Es gilt eine Situation zu vermeiden, in der die Ukraine plötzlich zu Konzessionen gegenüber dem Angreifer gedrängt wird und Moskau einen Propagandaerfolg erzielt. Wird die Ukraine dagegen gestärkt, so ist dies auch im besten Interesse der Schweiz.
COMMENT: siehe dazu den seit Mitternacht von REUTERS veröffentlichten „Entwurf eines gemeinsamen Communiqués“ sowie die Äußerungen von Olaf Scholz, die beide darauf abzielen, Russland in die Verhandlungen einzubeziehen. Bemerkenswerter Weise drückte sich in diesem Sinn auch der ukrainische Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, dieser Tage aus.
Zum Entwurf ist anzumerken, dass es üblich ist, schon vor Beginn einer internationalen Konferenz Communiqués, Abschlusserklärungen etc. bereits vorformuliert auf dem Tisch liegen zu haben. Das „gemeinsame Communiqué“ trägt die Handschrift der Schweiz.
Österreich: Weitere zehn Mio. aus Auslandskatastrophenfonds für Ukraine
Österreich stockt die Hilfen für die Ukraine und Moldawien um weitere zehn Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds (AKF) auf. Das teilte das Außenministerium in einer gestern veröffentlichten Aussendung mit. Die staatliche Hilfe Österreichs belaufe sich nun auf mehr als 250 Millionen Euro. „Die Menschen in der Ukraine brauchen auch im dritten Kriegsjahr unsere Unterstützung“, wurde ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg zitiert. Deshalb investiere man in humanitäre Hilfe.
„Seit über 120 Wochen hagelt es russische Raketen und Drohen auf ukrainische Zivilisten“, so Schallenberg weiter. Ein Mann trage die Verantwortung für den Krieg: Russlands Präsident Wladimir Putin. Schallenberg: „Er hat es auch in der Hand, ihn noch heute zu beenden: Indem er all seine Truppen aus der Ukraine abzieht und die Angriffe einstellt.“
UNO: 14 Mio. Menschen brauchen akut humanitäre Hilfe
Laut Angaben der UNO benötigten über 14 Millionen Menschen in der Ukraine zum Überleben akut humanitäre Hilfe, darunter über drei Millionen Kinder. Moldawien hat 130.000 Geflüchtete und damit gemessen an der Bevölkerungszahl die meisten Vertriebenen aufgenommen.
Das Geld aus dem AKF werde für die medizinische Versorgung, für Lebensmittel, Trinkwasser und Unterkünfte verwendet, führte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) in der Mitteilung aus: „Diese niederschwellige Hilfe zeigt auch in der Ukraine die fortgesetzte Hilfsbereitschaft und Solidarität mit der Ukraine aus Österreich und ist auch deswegen umso wichtiger.“
Von der aufgebrachten Summe gehen sechs Millionen zur Soforthilfe an Nachbar in Not. Je zwei Millionen Euro werden dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) zur Verfügung gestellt.
Nachbar in Not: Hilfe auch durch Spenden der Österreicher ermöglicht
Die humanitäre Lage in der Ukraine sei katastrophal, weitere Hilfe dringend nötig, so Nachbar in Not gestern in einer Aussendung.
Nachbar in Not konnte nach eigenen Angaben seit dem russischen Angriff vom 24. Februar 2022 mit 69 Hilfsprojekten von Caritas, Rotem Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, CARE, Diakonie, Hilfswerk International, Maltesern und Volkshilfe mehr als 2,3 Millionen Menschen in der Ukraine und den Nachbarländern helfen. Ermöglicht wurde das auch durch Spenden der Menschen in Österreich. *** red, ORF.at/Agenturen
Tote und Verletzte bei Angriffen beiderseits der Grenzen – ORF, 15.6.2024, 13:20
In der an die Ukraine grenzenden russischen Region Belgorod sind nach Behördenangaben gestern sechs Menschen getötet worden. Vier von ihnen wurden laut dem russischen Ministerium für Katastrophenschutz aus den Trümmern eines mehrstöckigen Wohnhauses in der Stadt Schebekino geborgen.
Ein Mann sei in seinem Auto von einer ukrainischen Drohne getroffen und eine Frau in der weiter westlich gelegenen Ortschaft Oktjabrski in ihrem Haus durch Raketenbeschuss getötet worden, teilte der Gouverneur der Region, Wjatscheslaw Gladkow, mit.
Auf der ukrainischen Seite, in Schostka in der Oblast Sumy, wurde nach Angaben des ukrainischen Militärs gestern eine Person getötet. In der Region Sumy sind die Menschen täglich russischen Angriffen ausgesetzt.
Im Dorf Ulakly in der ostukrainischen Region Donezk sind nach Angaben des örtlichen Gouverneurs Wadym Filaschkin durch russischen Beschuss drei Menschen getötet worden. Fünf weitere wurden demnach verletzt. Filaschkin teilt im Kurznachrichtendienst Telegram mit, Verwaltungsgebäude, ein Privathaus, ein Geschäft sowie acht Autos seien beschädigt worden. *** red, ORF.at/Agenturen
ZENTRALBANKEN
Ueda / BoJ: JGB-Käufe werden um beträchtlichen Betrag reduziert
Der Gouverneur der Bank of Japan (BoJ), Kazuo Ueda, hat erklärt, dass die Zentralbank ihre Käufe japanischer Staatsanleihen (JGB) wahrscheinlich um einen beträchtlichen Betrag reduzieren wird, nachdem sie die Angelegenheit eng mit den Marktteilnehmern erörtert habe. „Es ist angemessen, die Käufe von JGBs in einer vorhersehbaren Weise zu reduzieren und dabei die Stabilität und die Sicherung der Flexibilität des JGB-Marktes zu berücksichtigen“, sagte Ueda bei einer Pressekonferenz.
MELDUNGEN
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WEITERE MELDUNGEN
ANZ: Opec könnte Förderquoten strikter einhalten
Die striktere Einhaltung der von der Opec und ihren Verbündeten festgelegten Ölförderquoten dürfte nach Ansicht der Analysten von ANZ Research mögliche Erhöhungen im Rahmen des schrittweisen Ausstiegsplans der Gruppe ausgleichen. Das Ziel der Opec+, die freiwilligen Kürzungen von 2,2 Millionen Barrel pro Tag ab Oktober schrittweise aufzuheben, löste in der vergangenen Woche einen Ölverkauf aus, der durch die Befürchtung eines Überangebots auf dem Markt im nächsten Jahr angeheizt wurde.
USA – PCE-Kernrate Preisindex (Jahr)
US-Supreme Court kippt Bump-Stock-Verbot für halbautomatische Waffen
Der Oberste US-Gerichtshof hat mit 6 zu 3 Stimmen das von Ex-Präsidenten Donald Trump erlassene Verbot von Bump Stocks für halbautomatische Schusswaffen gekippt. Bump Stocks sind Vorrichtungen, mit denen die Geschwindigkeit von halbautomatischen Waffen stark erhöht wird. Das Justizministerium habe seine Befugnisse überschritten, in dem es die Schusswaffen mit dieser Vorrichtung als Maschinengewehr eingestuft habe, erklärte der Supreme Court am Freitag.
US-Militär: Radarsysteme und Schiffe der Huthis zerstört
Das US-Militär hat nach eigenen Angaben im Roten Meer zwei unbemannte Wasserfahrzeuge der Huthi-Miliz im Jemen zerstört. In den vergangenen 24 Stunden hätten die Streitkräfte neben diesen Schiffen auch eine Drohne und „sieben vom Iran unterstützte“ Radaranlagen der Huthis in einem von der Miliz kontrollierten Gebiet zerstört, so das US-Zentralkommando Centcom gestern in den Onlinenetzwerken.
Diese Radare hätten es den Huthis ermöglicht, „Seeschiffe anzuvisieren und die Handelsschifffahrt zu gefährden“.
„Es wurde festgestellt, dass diese Systeme eine unmittelbare Bedrohung für die USA, die Koalitionsstreitkräfte und die Handelsschiffe in der Region darstellen“, gab Centcom weiter an.
Immer wieder Angriffe auf Schiffe
Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen, die große Teile der Küste des Jemen am Roten Meer kontrollieren, greifen seit November Schiffe im Roten Meer und im Golf von Aden an. Mit den Angriffen auf Frachter, die angeblich israelische Häfen ansteuern, wollen die Huthis nach eigenen Angaben die Palästinenser im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen unterstützen.
Die Huthis sehen sich als Teil der gegen Israel gerichteten und vom Iran unterstützten „Achse des Widerstands“, zu der auch die Hamas und die Hisbollah-Miliz im Libanon gehören.
Als Reaktion auf die Huthi-Attacken auf Frachtschiffe auf der wichtigen Handelsroute im Roten Meer hatten die USA und Großbritannien in den vergangenen Monaten Stellungen der Miliz im Jemen angegriffen. Zudem versuchen Kriegsschiffe zweier internationaler Koalitionen, den Schiffsverkehr entlang der jemenitischen Küste zu sichern. *** red, ORF.at/Agenturen
Britischen Konservativen droht vernichtende Wahlniederlage
Den britischen Konservativen von Premierminister Rishi Sunak droht drei neuen Umfragen zufolge eine vernichtende Niederlage bei der Parlamentswahl am 4. Juli. Den am Samstagabend veröffentlichten Erhebungen zufolge dürfte die Labour Party von Keir Starmer die Abstimmung deutlich für sich entscheiden.
Der „Sunday Telegraph“ etwa veröffentlichte eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Savanta, wonach Labour auf 46 Prozent kommt und die Tories auf 21 Prozent. Laut Umfragen in der „Sunday Times“ (Survation) und im „Observer“ (Opinium) dürfte die heutige Opposition auf 40 Prozent kommen.
Wegen des „First Past the Post“-Wahlsystems in Großbritannien droht den Konservativen bei der tatsächlichen Verteilung der Sitze eine noch deutlichere Niederlage als die Prozentzahlen suggerieren. Dem Institut Survation zufolge könnte die heutige Regierungspartei am Ende mit 72 der 650 Mandate im Unterhaus dastehen – die niedrigste Zahl in ihrer fast 200-jährigen Geschichte.
Der Forschungsleiter für Politik bei Survation, Chris Hopkins, sagte dazu: „Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass diese Abstimmung für die Konservative Partei nichts weniger als das Wahl-Aus (engl. „electoral extinction“) bedeuten könnte.“ *** red, ORF.at/Agenturen
EUROPAWAHL 9.6.2024
Österreich-bezogene Informationen dazu auf WIKIPEDIA => Wahlwerbende Parteien
Schweden: stärker als erwartet anziehende Inflation
Mai Verbraucherpreise +3,7% gg Vorjahr
Mai Verbraucherpreise PROGNOSE: +3,4% gg Vorjahr
Mai Verbraucherpreise +0,2% gg Vormonat
Mai Verbraucherpreise PROGNOSE: -0,1% gg Vormonat
Frankreich: Dutsche Bank sieht Parallelen zur Staatsschuldenkrise
Deutsche-Bank-Volkswirt Jim Reid weist darauf hin, dass sich der Anstieg der Renditedifferenz zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen bereits auf 21,7 Basispunkte beläuft, was es zuletzt 2011 gegeben habe. „Ehrlich gesagt ist es schwer, die Parallelen zwischen unserer aktuellen Situation und der Zeit der Staatsschuldenkrise zu ignorieren, da es wieder diesen Fokus auf Wahlergebnisse, Renditedifferenzen bei Staatsanleihen und Schuldentragfähigkeit gibt, ohne dass es ein klares Zeichen dafür gibt, wohin die Reise als nächstes geht“, schreibt er in seinem Morgenkommentar. Auch am französischen Aktienmarkt habe sich der Ausverkauf fortgesetzt.
Frankreich: Hunderttausende gegen Rechts auf der Straße – ORF, 15.6.2024, 19:35
Hunderttausende Menschen haben in Frankreich am Samstag gegen die extreme Rechte demonstriert. In Paris und fast 200 anderen Großstädten und Orten folgten Menschen Aufrufen der Gewerkschaften und anderer Organisationen zum Protest gegen die rechtsnationale Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen. Diese war bei der Europawahl stärkste Kraft geworden und könnte den künftigen Premier stellen. Am Sonntag sollen die Demonstrationen weitergehen.
Nach Angaben der Organisatoren waren es im ganzen Land rund 640.000 Menschen, allein in der Hauptstadt Paris schlossen sich laut der Gewerkschaft CGT 250.000 Teilnehmer einer Kundgebung an. Die Polizeipräfektur von Paris gab für die französische Hauptstadt eine Zahl von 75.000 Demonstrierenden an. Laut Gewerkschaft fanden insgesamt 182 Veranstaltungen statt, darunter in Städten wie Marseille, Rennes, Lille, Bordeaux, Reims, Nantes, Bayonne, Toulon und Valenciennes.
Rund 21.000 Polizistinnen und Polizisten waren am Samstag landesweit im Einsatz. Die Proteste verliefen weitgehend friedlich. Lediglich in Nantes und Rennes gab es Tränengaseinsätze. In Paris wurden einige städtische Gebäude beschädigt, zudem drangen vermummte Demonstranten in eine Bankfiliale ein. Einige Polizeibeamte wurden mit Flaschen beworfen. Landesweit waren rund 21.000 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz.
„Republik in Flammen“
Zu den Demonstrationen aufgerufen hatte ein Bündnis aus fünf Gewerkschaften, linken Parteien und Organisationen. Entweder es ist die extreme Rechte, oder es sind wir“, sagte die Fraktionschefin von Frankreichs Linkspartei, Mathilde Panot, an der Spitze des Pariser Demonstrationszugs mit Blick auf die Parlamentswahl.
Wie Panot hatten sich zahlreiche weitere Spitzenpolitiker der linken Parteien, die am Vortag ein Linksbündnis für die Wahl vorgestellt hatten, in den Demonstrationszug in der Hauptstadt eingereiht. „Man muss nicht RN wählen, um Frankreich zu lieben“ und auch „Nie wieder“ stand auf Transparenten von Demonstranten in Marseille.
„Gegen die braune Pest, Pflastersteine an die Urne“ hieß es auf einem Banner in Paris. „Die Republik steht in Flammen“ oder „Die extreme Rechte ist eine tödliche Gefahr“ war auf Transparenten zu lesen, die von den Demonstranten im nordostfranzösischen Nancy durch die Straßen getragen wurden.
Umfragen sehen RN vorne
Die RN hatte bei der Europawahl vor rund einer Woche rund 31,5 Prozent der Stimmen eingesammelt. Als Reaktion darauf hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron das Parlament aufgelöst und kurzfristig Neuwahlen zur Nationalversammlung ausgerufen. Diese finden in zwei Runden am 30. Juni und 7. Juli statt. Aktuellen Umfragen zufolge könnte der RN auch bei der Parlamentswahl auf ein ähnlich hohes Ergebnis wie bei der Europawahl kommen.
Damit wäre die Partei die stärkste Kraft im Parlament und könnte unter Umständen sogar den Premierminister stellen. Das starke Abschneiden des RN bei der Europawahl lässt sich aber nicht automatisch auf die Parlamentswahl übertragen, da es in Frankreich ein Mehrheitswahlrecht gibt. Ins Parlament kommt die oder der Abgeordnete eines Wahlkreises, der in der Stichwahl im zweiten Durchgang die meisten Stimmen erhält.
Ex-Präsident Hollande tritt an
Überraschend kündigte frühere französische Präsident François Hollande seine Kandidatur bei der anstehenden Neuwahl des Parlaments an. Er habe diese Entscheidung getroffen, weil „die Lage ernst“ sei – „mehr als sie es je gewesen ist“, sagte er am Samstag in Tulle in seiner zentralfranzösischen Heimatregion Correze. Die Gefahr durch die extreme Rechte sei da. „Seit der Befreiung (von den Nazis) war die extreme Rechte noch nie so nah an der Macht.“ Der Sozialist fügte hinzu: „In einer außergewöhnlichen Lage, eine außergewöhnliche Entscheidung.“
Hollande räumte ein, dass es doch sehr ungewöhnlich sei, dass ein ehemaliger Präsident sich in einem Wahlkreis als Abgeordneter zur Wahl stelle. Der 69-Jährige war von 1988 bis 1993 sowie von 1997 bis 2012 Abgeordneter von Correze. Präsident war er in Frankreich von 2012 bis 2017.
Hollande unterstützt den Zusammenschluss linker Parteien, die so die RN stoppen wollen. Auf die Frage, ob er auch Premierminister werden wolle, entgegnete Hollande, es gehe ihm nicht um sein persönliches Fortkommen: „Ich war Präsident der Republik, ich strebe nichts für mich persönlich an.“ Er rief die Franzosen auf, in der zweiten Wahlrunde die Rechtspopulisten zu stoppen.
Seit Macrons Neuwahlankündigung greift ein Gerangel um Bündnisse, Posten und Wahlkreise in Frankreichs Politik um sich. Der Chef der bürgerlich-konservativen Partei Les Republicains, Eric Ciotti etwa hatte unabgesprochen eine Kooperation mit der RN angekündigt und damit eine Protestwelle in seiner Partei und seinen Rauswurf am Mittwoch ausgelöst.
In einem Eilentscheid deklarierte ein Gericht am Freitag den Rauswurf Ciottis für zunächst ungültig. Binnen acht Tabgen müsse Ciotti in der Streitfrage ein Hauptsacheverfahren anstrengen, so lange bleibe er Chef der bürgerlich-konservativen Partei, erichtete die Zeitung „Le Monde“. Die Partei erklärte danach, sie werde zur Parlamentswahl mit unabhängigen Kandidaten antreten.
Gerangel Links und Rechts
Dabei war Ciotti nicht der Einzige, dem ein Liebäugeln mit der RN schlecht bekam: Gleich am Montag nach der Europawahl hatte die Spitzenkandidatin der rechtsextremen Partei Reconquete für die Europawahl, Marion Marechal, mit dem RN-Chef Jordan Bardella über eine Kooperation gesprochen. Auch sie – eine Nichte von Le Pen – wurde aus der Partei ausgeschlossen.
Aber auch beim linken Lager läuft es nicht rund. Zwar kündigte ein neues Linksbündnis aus Sozialisten, Linkspartei, Grünen und Kommunisten am Freitag ein gemeinsames Antreten zur Wahl an. Wer Spitzenkandidat des Bündnisses Le nouveau Front populaire (Die neue Volksfront) werden soll, ließen sie jedoch offen. Denn trotz der vor den TV-Kameras inszenierten Einigkeit gibt es ein Kräftemessen zwischen Sozialisten und Linkspartei.
Die Führungsfigur der Linkspartei, Jean-Luc Melenchon, will bei einem Sieg Premierminister werden. Anders als vor der Europawahl ist aber nicht mehr die Linkspartei stärkste linke Partei, sondern die Sozialisten sind es, die bei der Europawahl mit ihrem Kandidaten Raphael Glucksmann punkteten. Und dieser sprach sich gegen Melenchon als Spitzenkandidaten aus.
Am Samstag gab es zugleich große Aufregung in der Linkspartei über die Kandidatenliste zur Wahl, von „Säuberung“ und „Sektierertum“ war die Rede. Verdiente Abgeordnete fanden sich nicht auf der Liste wieder, wie etwa Alexis Corbiere, der Melenchon vorwarf, „seine Rechnungen zu begleichen“, wie der Sender France Info berichtete. Grünen-Generalsekretärin Marine Tondelier äußerte sich „extrem schockiert“ über die Vorgänge bei der Linkspartei und forderte Beratungen – wahrlich kein guter Start für das neue Linksbündnis. *** red, ORF.at/Agenturen
Links:
Massenkundgebungen gegen rechts in Frankreich – ORF, 15.6.2024, 12:40
In Frankreich sind heute rund 21.000 Polizisten und Polizistinnen wegen Massenkundgebungen gegen den rechtsextremen Rassemblement National (RN) im Einsatz. Landesweit sind 150 Demonstrationen geplant, erwartet werden insgesamt rund 350.000 Menschen.
Zu den Märschen haben Gewerkschaften, Studierendenverbände und Menschenrechtsgruppen aufgerufen, die verhindern wollen, dass der RN von Marine Le Pen die vorgezogene Parlamentswahl Ende des Monats gewinnt. Allein in Paris wird mit bis zu 100.000 Demonstrierenden gerechnet.
Nach jüngsten Meinungsumfragen liegt der RN knapp vor der Volksfront, einem Bündnis linker Parteien. Nach einer im Magazin „Le Point“ veröffentlichten Erhebung kommt der RN auf 29,5, die Volksfront auf 28,5 Prozent. Das von Präsident Emmanuel Macron angeführte Bündnis liegt abgeschlagen bei 18 Prozent.
Macron hatte nach der deutlichen Niederlage seines zentristischen Bündnisses gegen die RN bei der Wahl zum Europäischen Parlament die vorgezogene Parlamentswahlen angeordnet. *** red, ORF.at/Agenturen
Pellegrini als neuer Präsident der Slowakei vereidigt
Der Sozialdemokrat und frühere Regierungschef Peter Pellegrini ist neuer Präsident der Slowakei. Der 48-Jährige legte heute in einer feierlichen Zeremonie in der Philharmonie in Bratislava vor den Parlamentsabgeordneten den Amtseid ab. Er wolle auch den Respekt derjenigen gewinnen, die ihn nicht gewählt hätten, sagte er. Pellegrini rief die Menschen auf, als Gesellschaft zusammenzustehen.
Pellegrini gilt als Verbündeter des linksnationalen Regierungschefs Robert Fico, der jüngst bei einem Attentat schwer verletzt wurde und der Vereidigung nicht persönlich beiwohnen konnte. Pellegrini hatte sich bei der Stichwahl Anfang April mit 53,1 Prozent der Stimmen knapp gegen den liberalen Ex-Außenminister Ivan Korcok durchgesetzt. Die scheidende Präsidentin Zuzana Caputova hatte auf eine erneute Kandidatur verzichtet.
Repräsentative Aufgaben
Der Präsident hat in der Slowakei überwiegend repräsentative Aufgaben. Er ernennt den Regierungschef und die Minister, zudem vertritt er das Land mit knapp fünfeinhalb Millionen Einwohnern nach außen. Der Präsident kann gegen Gesetze ein Veto einlegen, das aber vom Parlament überstimmt werden kann. Zudem ist er Oberbefehlshaber der Streitkräfte.
Mit der Vereidigung Pellegrinis verfügt das linksnationale Lager über die beiden wichtigsten politischen Ämter im Land. Die Opposition befürchtet, dass die Koalition nun umstrittene Vorhaben wie die geplante Auflösung des öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsenders RTVS mit Nachdruck durchsetzen wird. *** red, ORF.at/Agenturen
DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN
DIHK: Bei Insolvenzen keine Trendwende in Sicht
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat sich alarmiert über die Entwicklung der Insolvenzen in Deutschland gezeigt. „Immer mehr Betriebe müssen ihre Tore schließen. Der Anstieg der Unternehmensinsolvenzen geht leider weiter deutlich nach oben“, sagte DIHK-Mittelstandsexperte Marc Evers. „Es gibt keine Anzeichen für eine Trendwende.“ Eine schwache Binnenkonjunktur und handfeste strukturelle Herausforderungen hielten „die Wirtschaft weiterhin im Griff“.
ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN
Hacker will Ende für „Teilzeit-Wahlärzte“
Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) will die Praxis, dass Ärzte nur wenige Stunden im öffentlichen Spital und den Rest in der Privatordination arbeiten, mit Jahreswechsel abdrehen. Die Ärztekammer sieht darin ein „inakzeptables Berufsverbot“. Die Gewerkschaft younion zeigte sich „überrascht“.
Hacker will die Praxis, dass Ärzte nur wenige Stunden im öffentlichen Spital und den Rest in der Privatordination arbeiten, mit Jahreswechsel abdrehen. „Wir verhandeln gerade mit der Personalvertretung im Rahmen des zweiten Personalpaketes. Ich habe nichts gegen Wahlärzte. Wer aber Teilzeit im öffentlichen Gesundheitssystem arbeitet, der ist diesem System verpflichtet“, befand Hacker in der „Kronen Zeitung“ (Samstag-Ausgabe). „Also man kann 20 Stunden im Spital arbeiten und 20 Stunden in einem Primärversorgungszentrum. Aber zehn Stunden im öffentlichen Spital und den Rest in der Privatordination, das wird es in Zukunft nicht mehr geben.“
Noch keine Verhandlungen
Die Gewerkschaftsvertreter der Beschäftigten im Wiener Gesundheitsverbund zeigten sich nach Hackers Vorstoß überrascht. Es habe dazu noch keine Verhandlungen gegeben, unterstrichen younion-Vorsitzender Christian Meidlinger und Edgar Martin, Vorsitzender des „Team Gesundheit“ (Hauptgruppe II) in der younion, in einer Aussendung. „Darüber wird erst im Sommer gesprochen, so wie es der Fahrplan für die Verhandlungen über das zweite Personalpaket vorsieht.“
Bei diesen Gesprächen zwischen Dienstgeberin und Personalvertretung würden die gewählten Vertreter der Ärztinnen und Ärzte im Wiener Gesundheitsverbund eng eingebunden sein, um „Lösungen zu finden, die sowohl im Interesse der Berufsgruppe als auch des Wiener Gesundheitswesens liegen“, betonte Martin. „Die Herausforderungen in diesem komplexen System sind groß. Wir halten wenig davon, sich Verhandlungspositionen vorab über die Medien auszurichten.“
Ärztekammer reagiert empört
Heftiger Gegenwind weht Hacker jedenfalls auch aus der Wiener Ärztekammer entgegen: Die Ankündigung, Spitalsärzten künftig Nebenbeschäftigungen im wahlärztlichen Bereich zu verbieten, sei „nicht nachvollziehbar und völlig inakzeptabel“, hieß es in einer Aussendung. Es handle sich um „reine Showpolitik auf dem Rücken der Wienerinnen und Wiener“, kritisierte Ärztekammer-Präsident Steinhart. „Nun im Wahlkampf mit arbeitnehmerfeindlichen Verboten zu drohen, widerspricht auch jeglichen Grundsätzen einer arbeitnehmerfreundlichen Politik.“ Eine derartige „erzwungene Einschränkung der Berufsfreiheit“ werde dazu führen, dass viele Ärzte ihren Job im Krankenhaus aufgeben. „Das wird die Situation in unseren Gesundheitseinrichtungen nochmals massiv verschärfen und die Leidtragenden werden wieder die Patientinnen und Patienten sein.“
Die Ärztekammer appellierte an Hacker, rasch in Gespräche zu treten. „Überdenken Sie Ihren überhasteten und unüberlegten Vorstoß, Herr Stadtrat“, forderte Steinhart. Notwendig seien vielmehr „Wege und Konzepte, die unser solidarisches Gesundheitssystem langfristig absichern und die Arbeitsbedingungen der Ärztinnen und Ärzte verbessern“, die Ärztekammer stehe „mit konstruktiven Vorschlägen zu raschen Verhandlungen bereit“.
Kritik auch von FPÖ und ÖVP
Kritik übte auch die Wiener FPÖ: „Ein Berufsverbot für Ärzte ist nicht nur eine populistische Maßnahme, sondern gefährdet auch die Gesundheitsversorgung in Wien massiv“, meinte der blaue Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl in einer Aussendung. „Es ist erschreckend, dass Hacker die Konsequenzen seiner Entscheidungen offenbar nicht überblickt.“
„Verbote und populistische Maßnahmen sind der falsche Weg“, meinte auch die Wiener ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec in einer Aussendung. „Es ist unerträglich, mit welchen populistischen Maßnahmen Stadtrat Hacker das ohnehin angespannte Wiener Gesundheitssystem reformieren möchte.“ Auch sie ortete „Showpolitik“. *** red, wien.ORF.at/Agenturen
Nicht mit Kickl: Bedingte Koalitionsabsage an FPÖ
Nach der EU-Wahl ist vor der Nationalratswahl. Die ÖVP hat über zehn Prozent verloren, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zeigt sich für September dennoch optimistisch. Die Volkspartei habe die „Botschaft verstanden“, sagte er am Samstag in Ö1-Interview „Im Journal zu Gast“. Er gehe davon aus, bei der Nationalratswahl als Erster durchs Ziel zu gehen. Eine Koalitionsabsage gab es an FPÖ-Chef Herbert Kickl, nicht aber an die Freiheitlichen als Partei.
Die Lehren der ÖVP aus dem Ergebnis der EU-Wahl – minus 10,03 Prozent und Platz zwei hinter der FPÖ – waren das dominierende Thema des Gesprächs, samt Ursachenforschung und möglicher thematischer und personeller Konsequenzen.
Er habe schon am Wahlabend gesagt, „dass wir die Botschaft verstanden haben“, sagte Nehammer eingangs, „die Wählerinnen und Wähler zeigen uns, dass sie nach wie vor verunsichert sind“. Seine Aufgabe als Bundeskanzler werde es sein, noch stärker zu zeigen, dass die Regierung Ängste ernst nehme und „dass wir diese Probleme lösen und nicht von ihnen leben“.
Wahlkampf „in der Opposition ausgebrochen“
Bis zur Wahl am 29. September habe die Bundesregierung noch einiges vor und werde ihre Arbeit fortsetzen, vieles befinde sich aktuell im parlamentarischen Prozess. Nehammer verwies etwa auf Wohnbauoffensive, Wohnbaudarlehen, Handwerkerbonus und das Thema letztes Drittel der kalten Progression. Hier sei die ÖVP gerade in Verhandlungen mit dem grünen Koalitionspartner.
Personelle Rochaden vor der Wahl schloss der Bundeskanzler aus. Der Wahlkampf sei „in der Opposition ausgebrochen und nicht bei uns in der Bundesregierung und bei mir als Bundeskanzler“, sagte Nehammer auf die Frage nach möglichen Rochaden in der ÖVP. „Daher gibt’s da keine Veränderungen.“
Mit Kickl „kein Staat zu machen“
Gefragt nach dem Vertrauensverlust der Volkspartei in der häufig zitierten politischen Mitte, verwies der Bundeskanzler darauf, dass die letzten viereinhalb Jahre maßgeblich Krisenjahre (Stichworte: Pandemie, Inflation) gewesen seien und das Land erst jetzt langsam in eine Erholungsphase komme – und nochmals auf Maßnahmen, die die Regierung gesetzt habe. Aber: Er ortete auch ein Kommunikationsdefizit. „Wir tun das, was notwendig ist“, aber eine Aufgabe werde es sein, das auch besser zu kommunizieren.
Scharfe Kritik übte Nehammer einmal mehr an FPÖ-Bundesparteiobmann Kickl. Die Ansicht einer „Dämonisierung“ Kickls könne er nicht teilen, ihm sei wichtig zu zeigen, „wofür ich stehe“. Jedenfalls: Mit jemandem, „der sich in Verschwörungstheorien verfängt, sich selbst radikalisiert hat“, mit dem sei „kein Staat zu machen“. Ihm gehe es darum, die Gesellschaft nicht weiter zu spalten, sondern zu gestalten, einen Gegenpunkt zu setzen. Die Gesellschaft dürfe nicht weiter auseinanderdriften.
Tür bleibt offen
Mit Blick auf eine mögliche Regierungszusammenarbeit nach der Nationalratswahl gelte es zu differenzieren, sagte Nehammer. Die eine Seite sei Kickl, die FPÖ aber sei „ja grundsätzlich viel breiter“, es gebe in jedem Parlament ein politisches Spektrum. „Mit den Freiheitlichen als Partei ist es möglich“, ob die aber Kickl an der Spitze haben wollten, sei „Entscheidung der FPÖ und nicht meine“.
Für die ÖVP zeigte sich Nehammer mit Blick auf die Wahl im September optimistisch. Er gehe davon aus, wie er es schon einmal gesagt habe, als Erster durchs Ziel zu gehen, die Wahl zu gewinnen. Ziel sei es, „dass die Wählerinnen und Wähler mir den Auftrag geben dafür“. Erst seien aber einmal diese am Zug.
Migration und Handelskrieg mit China
Weitere Themen waren die illegale Migration, Strafzölle der EU gegen China und der in der Schweiz laufende internationale Friedensgipfel für die Ukraine. In puncto Migration verwies Nehamner auf Maßnahmen wie etwa die verstärkte Prüfung von Fällen beim Familiennachzug und sprach sich gleichzeitig dafür aus, das Thema „nicht den Radikalen zu überlassen“.
Zum aktuellen Wirtschaftskonflikt mit China und dem Thema Strafzölle sagte Nehammer, dass ein Handelskrieg nur Verlierer bringe. Es müsse verhandelt werden, es brauche beiderseits faire Bedingungen. Es sei schließlich auch im Interesse Chinas, einen guten Weg mit der EU zu finden.
Ukraine-Friedensgipfel ein „Hoffnungssignal“
Den Gipfel zur Ukraine sah der Bundeskanzler zumindest als möglichen Beginn eines Prozesses in Richtung Frieden, ein „Hoffnungssignal“. Frieden müsse das Ziel sein, der Krieg müsse enden. Gleichzeitig warnte Nehammer aber vor einer Täter-Opfer-Umkehr, das Recht der Ukraine auf Verteidigung sei auch für ein neutrales Land wie Österreich Thema. Es dürfe – damit ist Russland gemeint – nicht durchgehen, dass Krieg zum Mittel werde, um Grenzen zu verschieben.
Scharfe Kritik der Opposition
Die Reaktionen der Opposition auf Nehammers Aussagen fielen scharf aus. Eine Stimme für die ÖVP im Herbst sei eine für eine „blau-schwarze Schreckenskoalition“, warnte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim in einer Aussendung am Samstag. Der Versuch des Kanzlers, „sich von Kickl zu distanzieren, ist mehr als unglaubwürdig“. Für den Machterhalt werde die Volkspartei „ohne zu zögern Kickl zum Kanzler machen“.
Kritik kam auch von den angesprochenen Freiheitlichen. „Bundeskanzler Nehammer hat heute erneut behauptet, er habe die Botschaft der Wähler verstanden, um dann eine Viertelstunde lang zu beweisen, dass er absolut nichts verstanden hat“, so FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. „Weder wird die milliardenschwere Unterstützung eines Kriegs zu Frieden führen noch wird die EU jemals die Asylkrise lösen.“
„Wer bei der Nationalratswahl im Herbst die ÖVP wählt, wählt die FPÖ in die Regierung“, so NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos in einer Aussendung. „Nehammer kann und will die FPÖ nicht als Koalitionspartner ausschließen“, er rolle ihr den roten Teppich aus. Die ÖVP werde „fix mit der FPÖ eine Regierung bilden, wenn die beiden eine Mehrheit haben. Denn es geht der ÖVP nur um eines: selbst an der Macht zu bleiben“. *** geka, ORF.at
Links:
UMWELT
Umwelt&Klima: Wasserknappheit: Sorgen im Flachgau
Durch den Klimawandel werden die Hitze- und Trockenperioden länger. Vor allem im nördlichen Flachgau haben unter anderem deshalb Gemeinden zunehmend mit Wasserknappheit zu kämpfen. Zum Beispiel in Schleedorf wird deshalb derzeit die Versorgung ausgebaut.
Noch ist die Tiefsteinquelle das einzige Standbein in Schleedorf – doch in den letzten Jahren wurde immer wieder das Wasser knapp. Mit einem neuen zusätzlichen Hochbehälter, der gerade im Bau ist, samt neuen Brunnen wird das Trinkwasservolumen jetzt verdoppelt. Schon vor zehn Jahren begann die Planung dafür.
Zusätzliche Speicherkapazität
Gleichzeitig denkt Matthäus Wimmer, Obmann der Wassergenossenschaft Schleedorf, mit dem neuen Hochbehälter Jahrzehnte in die Zukunft: „Wir schaffen jetzt in der Phase eins zusätzlich 200 Kubikmeter, können den Speicherbedarf damit verdoppeln. Der Vorteil liegt darin: Das Wasser rinnt ja aus den Brunnen Stunde für Stunde zu. In der Nacht haben wir weniger Verbrauch und so können wir das Wasser für den künftigen Tag zur Verfügung stellen, wenn da die Leute duschen wollen oder einen erhöhten Verbrauch haben. Wir werden einfach stabiler.“
Mehrere Gründe für Versorgung unter Druck
Vor allem im Flachgau ist die Wasserversorgung zunehmend unter Druck – aus mehreren Gründen: Zum einen dauern Trockenperioden zunehmend länger. Außerdem wachsen viele Flachgauer Gemeinden. Auch in Schleedorf nimmt die Zahl der Wasserbezieher zu. Gleichzeitig steigt auch der Pro-Kopf-Verbrauch. Gerade zu Hitzezeiten ist jetzt deutlich mehr Wasser nötig.
Ein Grund dafür seien private Swimming Pools: Bei Schönwetter kann es passieren, dass viele ihre Pools gleichzeitig anfüllen. Das könne dann eine Wasserversorgung an ihre Grenzen bringen. Deshalb wird Wassermanagement immer wichtiger: Das heißt, dass man sich künftig häufiger mit dem Wasserversorger abstimmen wird, bevor man beispielsweise seinen Pool befüllt.
„Gebiete mit Mangelerscheinungen“
„Wir haben im Flachgau Gebiete, wo es mitunter zu Mangelerscheinungen kommt“, sagte auch Theo Steidl, Leiter des Referats für Allgemeine Wasserwirtschaft beim Land Salzburg. „Also gerade in langen Trockenperioden liest man dann, dass Gemeinden ihre Bürgerinnen und Bürger auffordern, nicht mehr Garten zu bewässern als Beispiel.“
„Aber es gibt Bereiche in Österreich, wo es ernst werden kann, wo jetzt schon das, was an Grundwasser neu gebildet wird, auch genutzt wird. Und wenn dann zukünftig einmal weniger Grundwasserneubildung stattfindet, dann kann es für die Regionen auch sehr ernst werden“, so Steidl weiter.
Halbe Mio. Euro Investition in Schleedorf
Die Wassergenossenschaft Schleedorf investiert in die neuen Brunnenfassungen und den Hochbehälter knapp eine halbe Million Euro – die unzähligen ehrenamtlichen Arbeits-Stunden nicht mitgerechnet. Im Spätherbst geht die Anlage in Betrieb.*** red, salzburg.ORF.at
GESELLSCHAFT – RELIGION
Entsetzen nach Angriff auf Kinder in Deutschland
Ein mutmaßlich rassistischer Angriff einer Gruppe junger Leute auf zwei ghanaische Mädchen im deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern hat für Entsetzen gesorgt. Bei dem Vorfall in Grevesmühlen wurden ein achtjähriges Mädchen und sein Vater nach Polizeiangaben leicht verletzt. Beide wurden mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht.
Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler waren das achtjährige Mädchen und seine zehn Jahre alte Schwester Freitagabend aus einer Gruppe von etwa 20 Jugendlichen heraus angegriffen worden. Dem jüngeren Mädchen sollen die Angreifer unter anderem ins Gesicht getreten haben. Als die Eltern der Kinder hinzukamen, soll es nach Polizeiangaben auch mit diesen zu einer Auseinandersetzung gekommen sein.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel verurteilte die Attacke aufs Schärfste. „Man greift keine Menschen an, erst recht keine Kinder und schon gar nicht aus rassistischen Motiven.“ Für Rassismus sei in der Gesellschaft kein Platz. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig schrieb auf X: „Das verletzte Mädchen ist acht Jahre – so jung wie meine Tochter. Wir dürfen nicht zulassen, dass Hass & Hetze unsere Gesellschaft vergiften und Gewalt unsere Kinder bedroht.“
Ein Sprecher der Einsatzleitstelle der Polizei sagte, die Opfer seien auch fremdenfeindlich beleidigt worden. Bis zu acht Menschen seien an der Attacke beteiligt gewesen. Ermittelt werde wegen Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung und Beleidigung. *** red, ORF.at/Agenturen
Großdemo für sexuelle Minderheiten in Warschau
Rund 20.000 Menschen haben in Warschau für mehr Rechte für Homosexuelle und andere sexuelle Minderheiten demonstriert. Unter dem Motto „Die Zeit für Gleichberechtigung ist jetzt“ sprachen sie sich gestern unter anderem für die Einführung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare und die Öffnung der Ehe für alle aus.
Zudem forderten die Demonstrierenden einen besseren Schutz vor Hass, Hetze und Diskriminierung. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer des sogenannten Gleichheitsmarschs schwenkten Regenbogenfahnen, um für Vielfalt und Toleranz zu werben. Mit dabei war auch der Oberbürgermeister der polnischen Hauptstadt, Rafal Trzaskowski.
„Warschau ist eine lächelnde, tolerante und europäische Stadt“, sagte Trzaskowski. Er hoffe, dass alle Forderungen, über die man seit vielen Jahren spreche, nun endlich in die Realität umgesetzt werden. *** red, ORF.at/Agenturen
Was glaubt Österreich? Studie: Viele glauben an Schicksal
Erste Trends der neuen Studie der Universität Wien „Was glaubt Österreich?“ zeigen, dass Religiosität im traditionellen Sinn an Bedeutung verliert, nicht aber generell. Was das heißt und für wen der Glaube an Schicksal eine Rolle spielt, erklärt einer der Studienautoren, Patrick Rohs, im Interview mit religion.ORF.at.
Für die neue Studie, die Teil des gleichnamigen ORF-Projekts „Was glaubt Österreich?“ ist, wurden im April und Mai insgesamt 2.160 Personen mit Wohnsitz in Österreich zwischen 14 und 75 Jahren zu ihren Glaubens- und Wertvorstellungen befragt. Eine Besonderheit der Studie liegt darin, dass der Fragebogen auf Basis der Ergebnisse einer qualitativen Vorstudie erstellt wurde. Rohs: „Die qualitative Vorstudie diente vor allem dazu zu schauen, ob es Themenbereiche gibt, die wir nicht auf dem Schirm hatten, die aber für die Menschen wichtig sind und die wir uns dementsprechend auch ansehen sollten.“
Bereits die Vorstudie ließ erkennen, dass in vielen Bereichen wesentliche Veränderungen stattfinden, gleichzeitig aber traditionell-religiöse Strukturen und Vorstellungen in bestimmten Bereichen der Gesellschaft parallel bestehen bleiben. Die vom Zukunftsfonds der Republik Österreich geförderte Studie „Was glaubt Österreich?“ bestätigt diesen Befund. Zudem zeige sie eine „grundsätzliche Religionsfreundlichkeit“ der Menschen in Österreich, so Rohs. Deutlich werde das etwa an der hohen Zustimmungsrate zu Elementen, die für die Befragten eine religiöse Funktion übernehmen.
Glaube an Schicksal und „Wünsche ans Universum“
So glauben laut Befragung etwa 38 Prozent an ein vorherbestimmtes Schicksal, 37 Prozent an die Kraft des Universums und 37 Prozent daran, dass alles mit allem verbunden ist. Vorstellungen dieser Art finden sich sowohl bei religiösen als auch nicht religiösen Personen. Dass aber Unterschiede je nach Weltsicht bestehen, zeigt deutlich die Zustimmung zum Glauben an Schicksal.
Während Menschen, die sich dem islamischen Glauben oder dem Katholizismus zuordnen, eher angaben, an das Schicksal zu glauben, sei die Zustimmung bei Menschen evangelischer Konfession, Atheisten und Agnostikern deutlich geringer als im Schnitt, so Rohs.
Wie der Theologe erklärt, müsse in der detaillierten Auswertung, die bis Jänner 2025 abgeschlossen werden wird, untersucht werden, was sich Personen im Einzelnen unter erwähnten Begriffen, etwa dem des Universums, vorstellen und ob der Begriff des Universums möglicherweise ein Ersatzbegriff für andere klassisch religiöse Begriffe geworden ist.
Positiver Schicksalsbegriff
Auffällig sei, dass ein Großteil der Personen, die an Schicksal glauben, dieses positiv sehen. Rohs: „Das ist keineswegs selbstverständlich.“ Denn, so Rohs, hätten viele bestehende Schicksalskonzeptionen durchaus auch problematische Seiten: Wenn Schicksal etwa so verstanden werde, dass der Mensch es nicht beeinflussen kann und damit eigentlich seine Freiheit einbüßt. Die Studie zeige aber, dass für einen Großteil der Menschen, die angaben, an Schicksal zu glauben, dieses „eher positiv konnotiert ist und gar nicht diese bedrohliche, diese vielleicht auch hemmende Kraft“ hat.
Die Studie zeige in der Tendenz auch, dass es „einen relativ flexiblen, offenen Umgang mit religiösen Versatzstücken gibt, die vielleicht weniger zusammenpassen und insofern auch weniger ein konsistentes, logisch geschlossenes Gesamtbild abgeben“. Deutlich werde das etwa, wenn Menschen angeben, an Schicksal zu glauben, und gleichzeitig davon überzeugt sind, ihr Leben selbst und frei steuern und bestimmen zu können.
„Widersprüchliche Versatzstücke“
Es sei eine offene Frage, inwiefern es Menschen gelingt, zum Teil sogar widersprüchliche Versatzstücke stringent ins eigene Leben zu integrieren, so Rohs. Mit Blick auf die religiöse Praxis zeige sich eine gewisse Offenheit: Menschen seien bereit, relativ viel auszuprobieren. Wie bei der Wahl der religiösen Versatzstücke scheint auch hier für viele die Frage im Vordergrund zu stehen, ob ihnen das gewählte Versatzstück, etwa ein spezielles Ritual, im Leben hilft oder nicht.
Diese Tendenz sei wichtig, so Rohs, denn sie verweise auf Individualisierungsprozesse. Menschen würden auch im „religiösen Bereich auf die Dinge zurückgreifen, die ihnen nützlich erscheinen, die ihnen helfen, und andere Dinge, die sie vielleicht auch eher fordern und beanspruchen, die ihnen möglicherweise gar nicht unmittelbar nutzen, eher kritisch sehen und ablehnen“.
Offene Fragen
Deutlich wird Rohs zufolge auch, dass vielfach klassische Formen der Religiosität an Bedeutung verlieren, so etwa die sozial-integrative Funktion der Religionen, „die sich meines Erachtens gut auch noch an den Zugehörigkeitsgefühlen zu bestimmten Gruppen und der Anzahl jener, die aktiv mitarbeiten, zeigen lässt“.
Gleichzeitig gewinne aber etwa die Erfahrungskomponente an Bedeutung: „Wir sehen, dass religiöse Erfahrungen im weitesten Sinn und auch spirituelle Erfahrungen für viele Personen eine Rolle spielen.“ Für die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen stelle sich so die Frage, welche Erfahrungen Personen haben und wie sie diese interpretieren.
Neue Fragen würden sich auch aus dem Umstand entwickeln, dass nicht nur religiöse Institutionen in der Gesellschaft einen Vertrauensverlust erleben, sondern auch andere, etwa Parteien und Gewerkschaften. Das genauer auszuwerten und zu interpretieren, was daraus für das Zusammenleben folgt, sei Aufgabe der nächsten Monate.
Neue Formate in Radio und Fernsehen
Wie sich die Glaubens- und Wertvorstellungen der Menschen, die in Österreich leben, angesichts Individualisierung, Digitalisierung und Pluralisierung verändern, steht im Zentrum des Projekts „Was glaubt Österreich?“, bei dem die ORF-Hauptabteilung „Religion und Ethik multimedial“ mit der Universität Wien kooperiert. Ausgehend von den ersten Tendenzen der Studie entwickelte die ORF-Abteilung neue Radio- und TV-Formate.
Für die neue TV-Serie „Was glaubt Österreich? Rituale“ waren ORF-Journalistinnen in allen neun Bundesländern Österreichs unterwegs und sprachen mit Menschen über Rituale, die ihnen in existenziellen Lebensphasen Kraft und Halt geben. Ausgestrahlt wird das neue Format ab 15. Juni um 16.53 Uhr in ORF2 und als Stream in on.ORF.at.
In Ö1 besucht eine neue fünfteilige Radioserie im Rahmen der Sendung „Lebenskunst“ verschiedene Plätze in Österreich und spricht mit Menschen, die dort (göttliche) Stärkung erfahren und heilsame Momente erleben.
Laufende Weiterentwicklung
Alle Informationen zu „Was glaubt Österreich?“ und alle Beiträge zum Projekt zum Nachhören, Nachschauen und Nachlesen sind in religion.ORF.at/wasglaubtoesterreich zu finden. Die Seite wird laufend ergänzt und weiterentwickelt. Über die Mailadresse wasglaubtoesterreich@orf.at ist die Redaktion für Anregungen und Feedback erreichbar. *** Irene Klissenbauer, religion.ORF.at
Links:
- Was glaubt Österreich? (Uni Wien)
- „Religion and Transformation in Contemporary Society“
- Zukunftsfonds der Republik Österreich
Islamlehrerin ohne Kopftuch diskriminiert
Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) hat eine Islamlehrerin diskriminiert, weil sie das Kopftuch abgelegt hat. Das besagt ein erstinstanzliches Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts, über welches das „profil“ und der „Standard“ berichten und das der APA vorliegt.
Die Frau soll keinen Vertrag als Landeslehrerin erhalten haben, weil sie kein Kopftuch trug. Das Gericht sah eine unmittelbare Diskriminierung wegen der Religion, die IGGÖ will das Urteil anfechten.
Die Klägerin, die ab 2006 in einem Dienstverhältnis mit der IGGÖ stand, hatte seit dem Kindesalter das Kopftuch getragen. Ungefähr ab 2016 hat sie es laut Unterlagen des Gerichts allerdings sukzessive zunächst im privaten Umfeld und schließlich auch im Unterricht abgelegt. Das hat laut dem nicht rechtskräftigen Urteil dazu geführt, dass das Ansuchen der Klägerin auf Übernahme als Wiener Landeslehrerin nicht weiter behandelt und auch nicht an die Wiener Bildungsdirektion weitergeleitet wurde.
Ersatzbetrag an Klägerin
„Das Motiv dafür war, dass die Klägerin nach Ansicht der Fachinspektoren das nach der islamischen Glaubenslehre zur Kopfbedeckung bei einer Frau gebotene Kopftuch nicht, nicht ständig oder nicht ausreichend getragen hat“, sah das Gericht „eine – unmittelbare – Diskriminierung auf Grund der Religion“. Die IGGÖ soll nun für die erlittene persönliche Beeinträchtigung einen Ersatzbetrag von 15.000 Euro an die Klägerin bezahlen. *** red, wien.ORF.at
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