Tagesblick – 19.5.2024 Montag

Views: 19

FAZIT DES TAGES

COMMENT – FAZIT:

  • Israel-Hamas-Krieg: Ultimatum an Regierung: wie weiter mit der Hamas?
  • Ukraine-Krieg: weiter brenzlige Lage für die Ukraine, für die russische Flotte sieht es nicht so rosig aus. Russland beschlagnahmt in Russland befindliches Vermögen der Deutschen Bank und der Unicredit.
  • Unruhe an verschiedenen Weltteilen: USA (Trump), Neukaledonien, Mali, Sahel-Zone
  • Rektor der Universität Wien zu den propalästinensischen Protestcamps

Märkte

Israel, Ukraine

Meldungen

Themenreigen – Universitäten, Religion                                                           

****************************************

Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!

HELLMEYER-Report (gekürzt)

MÄRKTE

DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen

DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures

ISRAEL

n-tv aktuell ISRAEL

19.05.2024 08:20

53-jähriger Familienvater Israel bringt Leiche von Geisel aus Gazastreifen zurück

Die israelische Armee gibt die Bergung einer weiteren Leiche bekannt. Sie sei zusammen mit den Leichen drei anderer ermordeter Geiseln – darunter die Deutsch-Israelin Shani Louk – im Gazastreifen entdeckt worden. Dort gehen die Kämpfe mit der Hamas derweil weiter. Der Ort Dschabalija rückt erneut in den Fokus.

18.05.2024 23:17

Ultimatum für Israels Premier Benny Gantz: Netanjahu muss Gaza-Plan vorlegen

Die israelische Regierung führt Krieg gegen die Hamas, aber in der rechten Koalition gibt es keine Einigkeit darüber, was mit dem Gazastreifen danach passieren soll. Netanjahu-Rivale Gantz stellt dem Premier jetzt ein Ultimatum und schlägt einen Sechs-Punkte-Plan vor.

18.05.2024 20:43

Vereinzelte Festnahmen Tausende demonstrieren erneut zu Nakba in Berlin

Bei einer erneuten Demonstration anlässlich des palästinensischen Nakba-Gedenktages ziehen in Berlin rund 6200 Menschen durch die Straßen. Der Protest verläuft weitgehend friedlich, vereinzelt kommt es zu Böllerwürfen und verbotener Parolen. Die Polizei ist mit rund 500 Einsatzkräften vor Ort.

18.05.2024 19:31

„Sind uns einig in Europa“ Scholz: Israels Rafah-Offensive „unverantwortlich“

„Wer einen Krieg führt, ist auch für die Zivilbevölkerung verantwortlich“, sagt Kanzler Scholz in Richtung Israel und warnt vor einer Offensive in der Grenzstadt Rafah. Dort werden Bataillone der islamistischen Hamas vermutet.

17.05.2024 17:37

Von der Hamas ermordet Israels Militär findet Leiche der Deutschen Shani Louk

Schon kurz nach dem Massaker vom 7. Oktober informiert die israelische Armee über den Tod der Deutsch-Israelin Shani Louk. Sie wurde auf einem Musikfestival von der Hamas ermordet, ihre Leiche jedoch verschleppt. Nun kann diese vom Militär geborgen werden.

n-tv aktuell Nahost-Konflikt

NACHT IM ÜBERBLICK – ISRAEL  

WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN

UNRWA-Chef: Rund 800.000 aus Rafah geflüchtet

Seit Beginn des israelischen Militäreinsatzes in Rafah vor knapp zwei Wochen haben nach Angaben des UNO-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) rund 800.000 Menschen die Stadt im Süden des Gazastreifens verlassen. Erneut sei fast die Hälfte der Bevölkerung von Rafah auf der Straße, da diese Menschen mit Beginn der israelischen Militäroperation in dem Gebiet am 6. Mai zur Flucht gezwungen worden seien, teilte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini gestern Abend mit.

In Rafah will die israelische Führung nach eigenen Angaben die letzten dort vermuteten Bataillone der islamistischen Hamas zerschlagen. Israels Armee barg unterdessen die Leiche eines weiteren ermordeten Israelis im Gazastreifen.

Großer Widerstand gegen Angriff

Verbündete wie die USA haben Israel wiederholt vor einem großangelegten Angriff auf die Stadt an der Grenze zu Ägypten gewarnt, weil sich dort Hunderttausende palästinensische Binnenflüchtlinge aufhalten. Israel hält aber an seinen Angriffsplänen für Rafah fest.

Dort hatten bis zum Beginn der israelischen Militäroperationen in dem Gebiet rund eine Million Menschen Schutz vor Kämpfen im übrigen Gazastreifen gesucht. Die israelische Armee war vor knapp zwei Wochen von Osten auf die Stadt vorgerückt und hat dort bereits unter anderem eine Raketenabschussstellung der Islamisten zerstört. Gestern wurden laut israelischen Angaben 50 Hamas-Kämpfer in Rafah getötet.

„Gibt keine sicheren Zonen“

Lazzarini schrieb weiter, die Menschen hätten auf die israelischen Evakuierungsaufforderungen reagiert und seien in „sichere Zonen“ in der Mitte des abgeriegelten Küstenstreifens und nach Chan Junis gegangen. Allerdings gebe es in diesen Gebieten weder eine sichere Wasserversorgung noch sanitäre Einrichtungen. Die Behauptung, die Menschen in Gaza könnten in „sichere“ oder „humanitäre“ Zonen umziehen, sei falsch.

„In Gaza gibt es keine sicheren Zonen.“ Er forderte die Konfliktparteien auf, die Weiterleitung humanitärer Hilfe rasch zuzulassen. „Vor allem ist es an der Zeit, sich auf einen Waffenstillstand zu einigen.“

Armee birgt Leiche von weiterer Geisel

Israelische Soldaten bargen unterdessen im Gazastreifen die Leiche eines weiteren Israelis, der von der Hamas am 7. Otkober ermordet worden war. Es handle sich um Ron Benjamin, teilt das israelische Militär gestern mit. Unter Berufung auf Geheimdienstkreise erklärte Sprecher Daniel Hagari, Benjamin sei bei dem Hamas-Überfall auf israelisches Grenzgebiet am 7. Oktober getötet worden. Die Leiche sei zusammen mit jenen dreier weiterer Opfer der Hamas gefunden worden, deren Rückführung am Vortag angekündigt wurde. red, ORF.at/Agenturen

Gaza-Protestcamp: Rektor der Uni Wien: „Müssen die Sicherheit unserer jüdischen Studierenden in den Vordergrund stellen“

Sebastian Schütze über die pro-palästinensischen Proteste auf dem Campus, Spielregeln des Diskurses und verhärtete Fronten

Interview: Anna Giulia Fink Oona Kroisleitner

Es wird heftig debattiert und gestritten an den Hochschulen dieser Welt. Die Proteste für ein schnelles Ende des Gazakrieges haben an den Universitäten in den USA ihren Anfang genommen. Allmählich haben sie sich in ganz Europa ausgebreitet – und sind inzwischen auch bis nach Österreich geschwappt.

Drei Tage lang campierten zuletzt Aktivistinnen und Aktivisten auf dem Campus der Universität Wien, um ihre Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung auszudrücken. Kurz nachdem sie ihre Zelte auf einer Wiese im Alten AKH am Alsergrund aufgeschlagen, ihre Banner aufhängt und Flyer verteilt hatten, distanzierte sich die Universität Wien bereits von dem Protest. Zwei Tage später wurde das Zeltlager von der Polizei geräumt.

Die Universität Wien ist die größte Hochschule des Landes, seit Oktober 2022 steht ihr Sebastian Schütze als Rektor vor. In seiner kurzen Amtszeit war es schon seine zweite Besetzung. Vor zwei Jahren besetzten hunderte Studentinnen und Studenten unter dem Titel „Erde brennt“ einen Hörsaal – ebenfalls auf dem Areal des Alten AKH. Sie forderten striktere Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel.

Hochschulen bieten traditionell den Rahmen für große gesellschaftliche Debatten. Wie viel Auseinandersetzung hat eine Universität aber tatsächlich auszuhalten? Wann darf, wann muss die Universitätsleitung einschreiten? Wer sind die jungen Menschen, die von sich selbst behaupten, den Menschen in Gaza beistehen zu wollen, von denen andere aber sagen, sie seien Antisemiten? Im STANDARD-Gespräch erklärt Schütze das Vorgehen der Universität. Räumungen, das Beenden eines Protests durch die Hochschule, seien immer nur die „letzte Möglichkeit“, sagt er.

TANDARD: Die Uni Wien hat sich schnell vom Pro-Palästina-Camp distanziert. Trotzdem blieb es einige Tage bestehen. Wie viel Protest muss eine Hochschule aushalten?

Schütze: Eine Universität muss Protest erlauben. Deswegen schauen wir uns, wenn etwas passiert, immer erst an: Worum handelt es sich? Wer ist beteiligt? In welche Richtung geht es? Das haben wir auch in diesem Fall getan. Am Anfang wurde Solidarität mit Palästina gezeigt, dann ging es jedoch immer stärker in Richtung Intifada-Camp. Legitime Kritik an der Regierung Benjamin Netanjahus oder das Einfordern von Solidarität mit Palästina ist natürlich in Ordnung. Wenn es aber in eine Richtung geht, die antisemitische Untertöne hat, dann geht das nicht. Wir müssen als Universität die Sicherheit unserer jüdischen Studierenden sowie unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Vordergrund stellen.

STANDARD: Das Camp orientierte sich an den Protesten in den USA – auch in seinen Forderungen.

Schütze: Die Situation in den USA ist eine komplett andere als in Wien. Das hat auch etwas mit unserer Geschichte zu tun. Unabhängig davon: Eine kritische Diskussion fängt nicht damit an, Dinge zu verbieten oder zum Beispiel Kooperationen mit israelischen Universitäten oder das Erasmus-Programm mit israelischen Hochschulen abzubrechen, wie es gefordert wurde. Das ist für mich das Gegenteil von Perspektivenvielfalt. Wie wollen wir im Dialog bleiben, wenn wir nicht mehr miteinander sprechen und nicht mehr dafür sorgen, dass sich Leute vor Ort ein Bild machen können oder zu uns kommen? Das ist der falsche Ansatz. Der Ruf nach dem Boykott von israelischen Institutionen ist zudem eine der zentralen Forderungen des BDS-Movement, das in Österreich und Deutschland klar als antisemitisch eingestuft ist.

Zu der Besetzung des Wiener Campus hatten diverse Gruppen aufgerufen, darunter auch der von Schütze angesprochene BDS. Die Bewegung „Boycott, Divestment and Sanctions“ ist ein loser internationaler Zusammenschluss, der für einen Boykott israelischer Waren eintritt. Auch Der Funke soll maßgeblich an der Aktion beteiligt gewesen sein. Die trotzkistische Organisation steht wegen ihrer Israel-Positionen immer wieder in der Kritik. Sie rief unter anderem zu „Intifada bis zum Sieg“ auf.

In sozialen Medien erhob eine Gruppe, die sich „Palestine Solidarity Encampment Vienna“ nannte, Forderungen, vor Ort organisierte „Camp4Palestine“ das Tagesprogramm. Rund 100 Personen, zu einem Teil Organisierte, zu einem anderen aber auch Studierende oder Menschen, die mit deren Positionen sympathisierten, folgten laut Angaben der Polizei dem Aufruf zu Beginn am 6. Mai. Rund 40 waren es am Ende noch, als die Polizei in der Nacht auf den 9. Mai die Räumung durchführte. Davor hatten die Sicherheitsbehörden eine Radikalisierung am Alten AKH festgemacht.

STANDARD: Wie beschließt die Universität aber konkret, dass es zu weit geht?

Schütze: Themen wie dieses sind von hoher Komplexität und von besonders vielen Sensibilitäten auf allen Seiten geprägt. Deswegen haben wir uns das Camp genau angesehen. Wir haben auch den internationalen Protest, der in den USA begonnen hat und inzwischen in ganz Europa stattfindet, verfolgt. An einer Universität ist Meinungsfreiheit ein sehr hohes Gut – da kann eine Räumung oder das Beenden eines Protests immer nur die letzte Möglichkeit sein.

STANDARD: Wo liegen für Sie an der Uni die Grenzen der Meinungsfreiheit?

Schütze: Für mich sind die Grenzen erreicht, wenn die Freiheit des einen mit den Rechten und Freiheiten der anderen in Konflikt tritt. Wir haben einen sehr offenen Diskursraum an der Universität, den wir erhalten wollen. Dafür braucht es jedoch Spielregeln. Für mich werden diese nicht mehr eingehalten, wenn Meinungsfreiheit für Positionen in Anspruch genommen wird, die offen rassistisch, offen antisemitisch, offen gewaltverherrlichend sind; oder für Positionen, die direkt gegen die Grundfesten unserer Demokratie argumentieren. Bei uns sollte es möglich sein, sachliche, faktenbasierte Diskussionen zu führen – auch zu kontroversiellen Themen.

Die weltweiten Kundgebungen gegen die israelische Militäroperation in Gaza haben unmittelbar nach deren Start begonnen. Auch in österreichischen Städten gingen Menschen auf die Straße, um gegen die Reaktion Israels auf das Massaker der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober zu demonstrieren.

Die Universitäten wurden bald die Zentren dieser Demonstrationen – allen voran jene in den USA. Ab Mitte April wurden an der Columbia University und in Harvard Zelte bezogen, Räume gestürmt und Säle besetzt. Es folgten die Universität Amsterdam, die Science Po in Paris, die Technische Uni Berlin und die britische Uni Oxford – um nur einige Beispiel zu nennen. Und schließlich: Wien.

Die Universität Wien ist allerdings nicht die erste Hochschule Österreichs, an der das Thema aufschlägt. Ende vergangenen Jahres machte ein Video die Runde, das die Vertretung der jüdischen Studierenden in Österreich (Jüdische österreichische Hochschüler:innen, JöH) im Zuge einer Protestaktion aufgenommen hatte. Darin war zu sehen, wie eine Rednerin dazu aufrief, den Hamas-Angriff nicht mehr anzusprechen: Es habe ihn nie gegeben. Der filmende JöH-Präsident Alon Ishay wurde bedrängt, zu gehen. Er blieb. Am Ende habe er dort ein „konstruktives Gespräch“ geführt, sagte Ishay später. Die Kunstuni distanzierte sich, sie verurteilte die „völlig inakzeptablen“ Szenen.

TANDARD: Wieso entladen sich diese Debatten gerade derart an den Hochschulen?

Schütze: Es ist traditionell immer so gewesen, dass es an den Universitäten besonders viel Raum und Freiheiten für Diskussion gibt. Das ist auch richtig so, und das wird auch so bleiben. Die Verantwortung ist groß, das ist uns völlig klar.

STANDARD: In anderen Ländern werden Debatten an Hochschulen wesentlich radikaler ausgetragen als in Österreich. Sind Sie besorgt, dass dieser „Kulturkampf“, wie er beispielsweise in den USA und in Deutschland genannt wird, auch in Wien härter wird?

Schütze: Wir haben viel dafür getan, dass ein vernünftiges Miteinanderreden möglich ist und es eben nicht zu dieser Verhärtung von Fronten kommt, was dann in einem sogenannten Kulturkampf gipfelt. Es muss der Anspruch einer Hochschule sein, dass man auch bei Positionen, die gegensätzlich sind, im Gespräch zueinanderfindet. Das ist die Verantwortung der Universität und auch derjenigen, die hier studieren oder hier lehren.

STANDARD: Was können Universitäten der wachsenden Radikalisierung entgegensetzen?

Schütze: Auch eine Universität steht nicht im luftleeren Raum. Wir agieren innerhalb eines größeren Diskursraumes, den wir nur bedingt beeinflussen können. Was wir tun können: innerhalb der Hochschule darauf hinwirken, dass Positionen mit sachlichen Argumenten diskutiert werden und auch zugelassen wird, wenn jemand eine andere Meinung hat. Gerade bei dem Krieg im Gazastreifen und der Kritik an Israel sehen wir aber, dass es diese Radikalisierung gibt. Wir überlegen daher, welche Formate geeignet sind, einen Dialog an der Universität möglich zu machen.

Die Slogans, die schon in anderen Städten auf Plakaten geschrieben standen, fanden sich auch auf den Transparenten in Wien wieder. In der Kritik steht unter anderem die israelische Kriegsführung, gefordert wird ein Waffenstillstand. Auf vielen Bannern wurde Israel „Genozid“ vorgeworfen – und der Uni Wien aufgrund von Kooperationen mit israelischen Bildungsinstituten „Mitschuld“ daran. Der Vorwurf des systematischen Völkermords ist nach Einschätzung der meisten Völkerrechtler nicht begründet. Auch der Internationale Gerichtshof hat in seiner Antwort auf Südafrikas Klage nicht einen Genozid für plausibel erklärt, sondern dass die Palästinenser einen Anspruch auf Schutz vor Völkermord hätten.

Auf Twitter kursierten außerdem Fotos von Transparenten mit der Aufschrift „Student Intifada Camp“. Als Intifada werden die Aufstände der Palästinenser gegen Israel bezeichnet, die 1987 begannen – zunächst gegen Soldaten – und die ab 2000 zu einer Welle von Terroranschlägen gegen Zivilisten führten. Die Hamas hat seither immer wieder zu einer neuen Intifada aufgerufen – auch nach dem 7. Oktober.

Die einen verurteilen die Proteste gegen den Gazakrieg als Ausdruck des Judenhasses. Andere sehen das wiederum als Versuch, diese Stimmen zu diskreditieren. Die Fronten verhärten sich. Das passiert aber nicht erst seit dem neu aufgeflammten Krieg in Nahost. Bei Klimawandel, Geschlechterfragen oder den Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie sind die Meinungen bereits stark gespalten. Spaltet das auch die Gesellschaft?

STANDARD: Welche Rolle spielen Universitäten im gesamtgesellschaftlichen Diskurs und im politischen Gefüge?

Schütze: Für die Politik sind erst einmal die Politiker zuständig – das ist ein Diskursraum, der grundsätzlich verschieden ist von unserem. Wir haben zwei verschiedene Aufgaben mit zum Teil ähnlicher Verantwortung und, wenn alles gut geht, auch ähnliche Intentionen. Etwa darin, dass sich die Universität ganz stark auch in der Verantwortung sieht, Demokratie voranzutreiben. Aber eine Universität oder die Wissenschaft hat dann verloren, wenn sie sich ins Tagesgeschäft hineindrängen oder sich von bestimmten politischen Richtungen vereinnahmen lässt.

STANDARD: Inwiefern ist es Aufgabe einer Universität, die demokratischen Spielregeln zu wahren und voranzutreiben?

Schütze: Das ist eine der ganz zentralen Aufgaben der Universität. Akademisch ausgebildete Personen bringen sich mit mehr Wissen, vielfach auch mit mehr Engagement etwa in zivilgesellschaftliche Diskussionen ein. Das stärkt ein demokratisches System. Bildung ist einer der Grundpfeiler von Demokratie und Demokratiebewahrung. Dazu gehört auch eine gewisse Diskussionskultur. Im größeren politischen Diskursrahmen wird das aber immer schwieriger. Es wird immer populistischer, es geht weniger um den Austausch von Sachargumenten als um Ideologien und Konfrontation. Wir werden alles dafür tun, dass bei uns eine sachliche Diskussion auch zu kontroversiellen Themen stattfinden kann, und hoffen, dass das eine Modellwirkung für die Gesellschaft hat.

Ein Raum des Wissens, des fruchtbaren Austauschs und Fortschritts – das ist die eine Sicht auf die Universitäten und die Debatten, die Studierende und Lehrende dort führen. Eine andere Bewertung lautet: Die Fragen, mit denen sich Hochschulen, aber auch der Kunst- und Kulturbetrieb befassen, seien zunehmend elitär und realitätsfern.

STANDARD: Wie groß ist die Diskrepanz zwischen dem, was an Hochschulen diskutiert wird, und dem, was die breite Bevölkerung interessiert?

Schütze: Die beiden Seiten sind nicht deckungsgleich und werden das nie sein. Trotzdem: Universitäten leisten einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft – auch mit Dingen, von denen nicht immer sofort ersichtlich ist, wofür sie gut sind. Es geht um Theoriebildung, die Entwicklung neuer Methoden und darum, Alternativen zu diskutieren. Ein für die Wissenschaft fundamentales Prinzip ist: Ich stelle eine Hypothese auf, um sie zu verifizieren oder falsifizieren. Auch sie zu falsifizieren ist ein wichtiges Ergebnis, weil dies den nächsten Schritt ermöglicht. Innovation und Progress basieren darauf.

TANDARD: In den Naturwissenschaften ist dieser Prozess aber oft nachvollziehbarer als in den Geistes- und Sozialwissenschaften.

Schütze: Ein Beispiel: Eines unserer großen Zukunftsthemen, von denen jeder betroffen ist, ist Artificial Intelligence. Anzunehmen, dass es reicht, sich mit der Technik oder den Algorithmen dahinter zu beschäftigen, ist falsch. Man muss sich auch damit befassen, welche ethischen oder juristischen Fragen sich daraus ergeben. Ohne sozialwissenschaftliche Perspektive werden wir das Thema nicht angehen können. Und das trifft auf sehr viele Themen zu. Das Gleiche gilt etwa beim Klimawandel.

STANDARD: Klimawandel, Corona oder beispielsweise Gentechnik sind auch Themen, bei denen sich Wissenschaftsskepsis klar zeigt.

Schütze: Die Debatte um Wissenschaftsskepsis muss differenziert geführt werden. Es ist richtig, dass sie zugenommen hat oder zumindest stärker sichtbar geworden ist. Aber ein großer Teil der Bevölkerung hat auch gesehen, was Wissenschaft leisten kann – beispielsweise bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Es ist jedoch teilweise schwierig zu vermitteln, dass es zur DNA von Wissenschaft gehört, seine Meinung aufgrund neuer Erkenntnisse zu ändern.

Die meisten Höfe auf dem Campus werden nun wegen „Störaktionen und Beschädigungen“ über Nacht geschlossen. Zumindest vorerst soll das so bleiben. Der große Hof, in dem demonstriert wurde und wo sich mehrere Lokale befinden, bleibt offen. Dort patrouilliert jetzt mehr Sicherheitspersonal. (Anna Giulia Fink, Oona Kroisleitner, 18.5.2024)

Weiterlesen:

UKRAINE

Karte der Ukraine

n-tv aktuell UKRAINE

+++ 08:26 Russland zermürbt Ukraine an allen Fronten +++

Trotz der bewilligten Militärhilfen aus Washington sind die Arsenale vieler ukrainischer Einheiten an der Front leer. Die Truppe ist ausgedünnt, neue Soldaten sind nur schwer zu rekrutieren. Russland nutzt diese Schwäche aus und nimmt mehrere Regionen unter Beschuss.

Banges Warten auf US-Munition Russland zermürbt Ukraine an allen Fronten

+++ 07:47 Russland hat angeblich ATACMS abgefangen +++
Russland will eigenen Angaben zufolge in der Nacht über der russisch besetzten Krim neun Raketen vom US-Typ ATACMS abgefangen haben. Zudem sei dort eine feindliche Drohne abgeschossen worden, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau auf Telegram mit. Drei weitere Drohnen seien über dem grenznahen russischen Gebiet Belgorod abgefangen und zerstört worden und weitere 57 über der Region Krasnodar, hieß es. Die Angaben ließen sich nicht überprüfen.

+++ 07:10 Ukraine: Russland hat weitere 1210 Soldaten verloren +++
Die ukrainische Armee hat wie jeden Morgen auf Facebook mitgeteilt, wie viele russische Soldaten am Vortag nach ihrer Zählung getötet oder verwundet wurden. Demnach beliefen sich die russischen Verluste am Samstag auf 1210 Soldaten, was die russischen Verluste im Krieg insgesamt dieser Zählung zufolge auf 492.290 Soldaten erhöht. Außerdem zerstörte die ukrainische Armee den Angaben zufolge 16 Panzer und 35 gepanzerte Fahrzeuge. Die Angaben können nicht überprüft werden.

+++ 06:34 ISW: Russland erhöht Druck auf Tschassiw Jar +++
Die russischen Invasionstruppen haben ihre Bemühungen erhöht, die strategisch wichtige Stadt Tschassiw Jar in der östlichen Region Donezk einzunehmen. Das schreibt die Denkfabrik Institute for the Study of War in ihrer aktuellen Analyse. Der ISW-Einschätzung zufolge will Russland die Ukraine mit der neuen Offensive in der Region Charkiw auch zwingen, Truppen aus der Gegend um Tschassiw Jar abziehen. Auch in Charkiw rücke die russische Armee weiter vor.

Das ISW weist auf eine Forderung des russischen Ex-Präsidenten Medwedew hin. Diese sagte, die geplante „Pufferzone“ in der Ukraine müsse das komplette Land umfassen. Medwedew ist Vizechef des russischen Sicherheitsrats und einer der Hardliner im Putin-Umfeld. Laut ISW zeigt die Forderung Beleg, dass die angebliche „Pufferzone“ nur eine kaum verhüllte Rechtfertigung für die von Russland seit Langem gehegte Absicht ist, die gesamte Ukraine zu unterwerfen.

+++ 06:09 Drohne löst Feuer in Raffinerie in Südrussland aus +++
In der südrussischen Stadt Slawjansk-na-Kubani ist eine Drohne auf das Gelände einer Ölraffinerie gestürzt, teilten die Behörden der Region Krasnodar mit. Es sei zu einem „lokalen Brand“ gekommen. Opfer oder Schäden habe es nicht gegeben. Die Ukraine greift seit einiger Zeit verstärkt Raffinerien in Russland an.

+++ 05:40 Danone schließt Rückzug aus Russland ab +++
Der französische Molkerei-Riese Danone hat nach 30 Jahren Präsenz den Verkauf seines Russland-Geschäfts an einen mit Tschetschenien verbundenen Geschäftsmann abgeschlossen. Das berichtet die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform mit Verweis auf das Unternehmen. Das Molkereiunternehmen Vamin Tatarstan, das dem Geschäftsmann Mintimer Mingasow gehört, hatte sich zuvor bereit erklärt, 17,7 Milliarden Rubel (180 Millionen Euro) zu zahlen, um die Kontrolle über das Russland-Geschäft von Danone zu übernehmen. Experten gehen von einem realen Wert von bis zu 80 Milliarden Rubel aus. Im Juli vergangenen Jahres war Jakub Sakrijew, ein Neffe des tschetschenischen Führers Ramsan Kadyrow, zum neuen Leiter der russischen Danone-Tochter ernannt worden.

+++ 04:37 Explosionen auf der Krim: Luftangriff auf Sewastopol +++
Auf der russisch besetzten Schwarzmeerhalbinsel Krim gibt es Berichten zufolge in der Nacht Explosionen. Die Luftabwehr in Sewastopol habe einen Raketenangriff abgewehrt, teilt der von Moskau eingesetzte Krim-Gouverneur Michail Raswoschajew auf seinem Telegram-Kanal mit. Nach Angaben des Rettungsdienstes von Sewastopol seien aber keine Schäden an der zivilen Infrastruktur gemeldet worden, so Raswoschajew.

+++ 03:33 Luftalarm in fast allen Teilen der Ukraine: Massive Drohnenangriffe +++
Russland überzieht die Ukraine in der Nacht erneut mit massiven Drohnenangriffen. Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe sind unter anderem die Gebiete Kiew, Sumy, Winnyzja, Tscherkassy, Mykolajiw und Odessa betroffen. Berichten zufolge sind an zahlreichen Orten Explosionen zu hören. In weiten Teilen des Landes hat es zuvor Luftalarm gegeben. Über Schäden oder Opfer ist bislang nichts bekannt.

+++ 02:20 Kiew: Zivilisten in Region Charkiw beschossen +++
Ukrainischen Angaben nach wurden in der Nacht in zwei Städten der nordöstlichen Region Charkiw Zivilisten beschossen. Die ukrainische Staatsanwaltschaft erklärt, sie untersuche den russischen Luftangriff auf ein Wohngebiet in der Regionalhauptstadt Charkiw als mögliches Kriegsverbrechen. Sechs Zivilisten, darunter drei Jugendliche, wurden dabei verletzt. Moskau bestreitet, gezielt Zivilisten anzugreifen. Seit seinem Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 sind Tausende von Menschen getötet und verletzt worden.

+++ 01:04 Pistorius beantragt fast vier Milliarden mehr für Kiew +++
Bundesregierung will nach einem Medienbericht die Militärhilfe für die Ukraine noch in diesem Jahr massiv aufstocken. Das Bundesverteidigungsministerium habe deswegen einen Mehrbedarf von 3,8 Milliarden Euro für die militärische Unterstützung angemeldet, berichtet die „Bild am Sonntag“. Bislang habe die Ampel-Regierung in diesem Jahr 7,1 Milliarden Euro für die Militärhilfe bereitgestellt. Noch im Juni solle dem Parlament die überplanmäßige Ausgabe zur Genehmigung vorgelegt werden. Das Finanzministerium von Christian Lindner habe Zustimmung signalisiert.

+++ 00:05 Ukrainischer Generalstab verzeichnet 77 Gefechte +++
In seiner Abendbilanz berichtet der ukrainische Generalstab von 77 Kampfhandlungen binnen 24 Stunden. Davon dauerten sieben derzeit noch an. „Die russischen Truppen versuchen, ihre taktische Position zu verbessern“, heißt es auf dem Telegram-Kanal des Generalstabs. Die ukrainische Armee habe vier Angriffe durchgeführt, um die Russen aus besetzten Stellungen zu vertreiben, heißt es weiter.

+++ 22:25 Ukrainischer Flieger-Held stirbt bei Kampfeinsatz +++
Oberstleutnant Denys Vasyliuk war Träger des „Ordens der Tapferkeit“, einer Auszeichnung für individuellen Mut und Heldentum. Er habe „Dutzende von Kampfeinsätzen“ durchgeführt, teilt die 831. taktische Fliegerbrigade auf Facebook mit, wo der erfahrene Pilot diente. Er war Stabschef der Brigade und stellvertretender Kommandeur einer Fliegerstaffel. Wie seine Einheit nun mitteilt, ist Vasyliuk „vor kurzem“ während eines Kampfeinsatzes getötet worden. Weitere Einzelheiten zu seinem Tod sind nicht bekannt. Die ukrainische Luftwaffe hat sich bisher nicht zum Tod Vasyliuks geäußert.

+++ 21:57 Putin in Cannes: Polnischer Filmemacher zeigt Biopic mit KI +++
Am Ende stirbt Putin. „Es sollte ein Happy End sein“, sagt der Filmemacher Patryk Vega, der am Rand des Filmfestivals von Cannes seine Film-Biografie über den russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgestellt hat. „Ich habe Putin angerufen und gefragt, ob er mitmachen wolle.. – ach, war ein Scherz“, fügt der polnische Filmemacher, der bislang vor allem Gangsterfilme gedreht hat, mit einem breiten Lächeln hinzu. Da der echte Putin nicht verfügbar war, entschloss sich Vega, ihn mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) als Deep Fake auftreten zu lassen.

Zunächst habe er seine Filmfigur mit Hilfe realer Aufnahmen von Putin kreieren wollen. Doch die Qualität sei für eine große Leinwand nicht gut genug gewesen. „KI muss gefüttert werden. Es braucht 20.000 Bilder in hoher Auflösung, damit es funktioniert“, erklärt der Filmemacher. Stattdessen habe er eine neue Technologie entwickelt, die einem realen Schauspieler mit derselben Statur wie Putin mit Hilfe von KI dessen Gesicht verschafft. „Es ist der erste Film, der diese Technologie benutzt“, sagt Vega. Der Effekt ist verblüffend. Im Film ist Putin zu sehen, wie man ihn kennt – in Diktatorenpose, an barocken Schreibtischen, aber auch wie er Klavier spielt und sich im Krankenbett in die Hose gemacht hat.

+++ 21:35 Außenminister Wu: Zukunft Taiwans hängt von Ukraine-Krieg ab +++
„Wenn Russland das mit der Ukraine machen kann, könnte China das Gleiche mit Taiwan tun“, sagt Taiwans Außenminister Joseph Wu in einem Interview mit dem „Kyiv Independent“. Der Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sei ein Weckruf für Taiwan gewesen, erklärt der Chefdiplomat des Inselstaates. Taiwan könne im Falle einer Niederlage Kiews das nächste Konfliktgebiet sein. Auch nach zwei Jahren glaube er, dass die Zukunft der Insel vom Krieg in der Ukraine abhänge. Falls Russland in der Ukraine erfolgreich ist, würden Beamte aus allen Lagern glauben, dass Peking die „Wiedervereinigung“ der beiden Chinas mit Gewalt anstreben werde, sagt Wu.

+++ 21:16 Ukraine wehrt Angriff auf Tschassiw Jar ab +++
Die ukrainischen Verteidigungskräfte haben einen russischen Angriff auf die Stadt Tschassiw Jar in der Region Donezk zurückgeschlagen und dabei mehr als 20 gepanzerte Fahrzeuge zerstört. Das sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.

+++ 20:32 Ukraine schießt russischen Su-25-Jet ab +++
Ukrainische Flugabwehrschützen der 110. Mechanisierten Brigade haben im Osten der Region Donezk ein russisches Su-25-Flugzeug abgeschossen. Der Abschuss soll am Freitag erfolgt sein, wie die Luftverteidigungseinheit auf Facebook mitteilt. Dies sei bereits das vierte „feindliche Kampfflugzeug“, das in den vergangenen zwei Wochen von den Flugabwehrjägern der Brigade abgeschossen wurde, heißt es. Die Einheit ist nach Generaloberst Marko Bezruchko benannt.

+++ 19:49 Selenskyj erinnert an Vertreibung der Krimtataren +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erinnert an den 80. Jahrestag der Deportation der Krimtataren durch die Sowjets und zieht Vergleiche mit der aktuellen Besetzung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland. „Heute, da wir der Opfer der Deportation der Krimtataren gedenken und den Missbrauch der Krim durch Russland verurteilen, spüren wir, dass das russische Böse nicht allmächtig ist und auch nicht sein wird“, sagt er in seiner abendlichen Videoansprache. Der Sowjet-Diktator Stalin hatte die Krimtataren beginnend am 18. Mai 1944 wegen ihrer Zusammenarbeit mit der Wehrmacht und den deutschen Besatzungstruppen nach Zentralasien in das heutige Usbekistan deportieren lassen. Sie durften erst nach 1989 zurückkehren, klagen heute über Missachtung ihrer Menschenrechte durch die russischen Besatzer. „Die Zeit des Besatzers auf unserem Land ist begrenzt, und seine Vertreibung ist unvermeidlich“, erklärt Selenskyj weiter. Die Besetzung der Krim durch Russland im Jahr 2014 sei ein Test der Entschlossenheit für die Welt gewesen. „Damals gab es keine angemessene Reaktion, und (Kremlchef Wladimir) Putin beschloss, dass er über die Krim hinauswachsen und ungestraft noch mehr Böses tun könnte.“ Doch mit der Invasion in die Ukraine vor über zwei Jahren sei der Widerstandswillen der Ukrainer geweckt worden. Der damalige historische Punkt mit der Deportation der Krimtataren werde für die Ukraine nie wieder eine Randnotiz der Geschichte sein. „Moskau wird niemals eine Chance haben, unser Land, unser Volk, unser Bewusstsein und unsere Geschichte zu erobern“, sagt Selenskyj.

Putins Kanonenfutter So sehen Russlands neue Helden aus

+++ 19:15 Kreml-Kritiker Wolkow: Werden weiterhin gegen Putin kämpfen +++
Der russische Oppositionelle Leonid Wolkow, der vor einigen Wochen im litauischen Exil angegriffen worden war, will weiterhin gegen Präsident Wladimir Putin kämpfen. Das sagt er der britischen Rundfunkanstalt BBC zufolge in einem Interview, das am Sonntag ausgestrahlt werden soll. Wolkow war ein enger Vertrauter des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny, der im Februar in einem Straflager gestorben war. Nawalnys Tod sei eine offene Wunde in den Herzen seiner Freunde und Kollegen, sagte Wolkow. Nawalny habe zu ihnen gesagt, dass sie niemals aufgeben sollten. Ihre Arbeit fortzusetzen, Putin zu besiegen und das schöne Russland der Zukunft aufzubauen, von dem Nawalny so viele Jahre geträumt habe, sei der einzige praktische Weg, sein Vermächtnis zu wahren und dafür zu sorgen, dass sein Opfer nicht umsonst gewesen sei. Nawalnys Frau, Julia Nawalnaja, sei eine starke Persönlichkeit und charismatische Anführerin, sagte Wolkow. Sie habe niemals in dieser öffentlichen Rolle sein wollen. Die Aufgabe bestehe nun darin, sie zu unterstützen. Wolkow lebt im Exil in Litauen und war im März abends vor seinem Haus in Vilnius überfallen und verletzt worden. Die Hintergründe des Angriffs sind unklar. Zwei Verdächtige wurden anschließend in Polen festgenommen.

Kreml-Gegner äußert sich zu Attacke Fleischhammer-Angriff „war Gangster-Gruß von Putin“

+++ 18:45 Russischer Parlamentschef wirft EU Medienzensur vor +++
Nach dem Verbot mehrerer russischer Medien in der EU wirft in Moskau Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin der Europäischen Union Zensur und Verstöße gegen die Presse- und Meinungsfreiheit vor. Weil es den EU-Politikern an Argumenten fehle, die eigenen Bürger zu überzeugen, blockierten sie jedwede alternativen Standpunkte, schreibt Wolodin auf Telegram. Der Vertraute von Kremlchef Wladimir Putin wirft dem Westen, der selbst immer wieder Zensur in Russland beklagt, Doppelmoral vor. In Russland sind viele Medien, die kritisch über Putins Politik berichten, sowie Tausende Seiten im Internet blockiert. Die EU-Staaten hatten am Freitag Sanktionen gegen die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti, die Regierungszeitung „Rossiskaja Gaseta“, die Plattform „Voice of Europe“ sowie die kremlnahe Zeitung „Iswestija“ beschlossen, zu der auch ein Fernsehsender gehört. Damit werden sie in der gesamten EU gesperrt. Nach Angaben der EU-Staaten dürfen die Medien und ihre Mitarbeiter aber weiterhin in der EU arbeiten. Russland kündigte eine Reaktion an.

Pro-russische Plattform gesperrt EU beschließt Sanktionen gegen Voice of Europe

+++ 18:12 Raketenattacke auf Wowtschansk: Ein Toter und fünf Verletzte +++
Durch Granatenbeschuss werden in Wowtschansk in der Region Charkiw eine Frau getötet und fünf weitere Zivilisten verletzt. Das teilt der Pressedienst der regionalen Staatsanwaltschaft von Charkiw über Telegram mit. Der Erklärung zufolge stirbt bei dem Beschuss eine 60-jährige Frau, verletzt worden sind zwei Männer im Alter von 55 und 60 Jahren und zwei weitere 68-jährige Bewohner. Auch das Dorf Ukrainske in der Gemeinde Vovchanske sei unter feindlichen Beschuss geraten, wobei ein 59-jähriger Zivilist verletzt wird, heißt es. Nahe der Stadt Wowtschansk würden die Verteidigungsstellungen verstärkt, sagt Charkiws Regionalgouverneur Oleh Synegubow. In der vor Kriegsbeginn rund 18.000 Einwohner zählenden Stadt hielten sich noch etwa hundert Zivilisten auf.

+++ 17:45 „Im Wesen russisch“: Georgische Präsidentin legt Veto gegen umstrittenes Gesetz ein +++
Nach der Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes zu „ausländischer Einflussnahme“ in Georgien hat Staatschefin Salome Surabischwili ihr Veto dagegen eingelegt. „Heute lege ich ein Veto ein (…) gegen das Gesetz, das im Wesen russisch ist und unserer Verfassung widerspricht“, sagt die Präsidentin in einer im Fernsehen übertragenen Erklärung. Die regierungstreuen Abgeordneten im Parlament in Tiflis verfügen allerdings über eine ausreichende Mehrheit, um das Veto der Präsidentin zu überstimmen. Surabitschwili hat das Gesetz als inakzeptabel bezeichnet. Danach müssen sich Medien, Nichtregierungsorganisationen und andere gemeinnützige Gruppen registrieren lassen, wenn sie mehr als 20 Prozent ihrer Finanzmittel aus dem Ausland erhalten und „die Interessen einer ausländischen Macht verfolgen“. Es widerspreche der georgischen Verfassung und „allen europäischen Standards“, sagte sie.

„Zukunft in der EU auf dem Spiel“ Röthig: Georgiens neues Gesetz ist Signal an Russland

+++ 17:25 Selenskyj räumt Probleme bei der Kampfmoral der ukrainischen Truppen ein +++
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP räumt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Probleme bei der Kampfmoral der ukrainischen Truppen ein. Nach mehr als zwei Jahren Krieg gebe es eine erhebliche Zahl von Brigaden, die dringend aufgefüllt werden müssten, sagte er. Nachschub werde gebraucht, um eine Truppenrotation zu ermöglichen. Auch bei der Rekrutierung neuer Soldaten gebe es Probleme. So ist nach heftigen Debatten ein Gesetz in Kraft getreten, mit dem das Mindestalter für die Einberufung zum Kriegsdienst um zwei auf 25 Jahre gesenkt wurde. Zudem werden die Strafen für Männer verschärft, die sich ihrer Verpflichtung zu entziehen versuchen.

+++ 16:50 Polen steckt mehr als zwei Milliarden Euro in Verstärkung der Ostgrenze +++
Polen investiert umgerechnet mehr als 2,3 Milliarden Euro in die Verstärkung seiner Grenze im Osten. Damit solle sein Land gegen wachsende Bedrohungen aus den Nachbarländern Russland und Belarus geschützt werden, sagt Ministerpräsident Donald Tusk. „Wir beginnen ein Großprojekt zum Bau einer sicheren Grenze, das ein Befestigungssystem sowie Landschafts- und Umweltentscheidungen umfasst, die diese Grenze für einen potenziellen Feind unpassierbar machen werden.“ Welche Art von Befestigungsanlagen errichtet werden sollen, lässt Tusk offen. Bereits vor einer Woche hatte der Ministerpräsident erklärt, Polen sehe sich mit einem wachsenden „hybriden Krieg“ durch die illegale Einwanderung aus Belarus konfrontiert. Dem polnischen Grenzschutz zufolge gibt es täglich etwa 300 Versuche, die Grenze zwischen Polen und Belarus illegal zu überqueren.

+++ 16:25 Verletzte bei Angriff auf Charkiw +++
Die ostukrainische Großstadt Charkiw und die vorgelagerte Stadt Wowtschansk sind nach Angaben der regionalen Militärverwaltung erneut Ziele russischer Angriffe. In Charkiw sei ein Wohnbereich von mehreren Granaten getroffen worden, teilt Bürgermeister Ihor Terechow auf Telegram mit. Dabei seien fünf Menschen verletzt worden. In Wowtschansk richten russische Gleitbomben und Granaten erneut schwere Schäden an. „Die Stadt Wowtschansk ist leider praktisch vollkommen vom Feind zerstört worden, der gnadenlos mit Gleitbomben angreift“, schreibt Sicherheitsrats-Mitglied Andrej Kowalenko auf Telegram. Trotz der wiederholten Angriffe bleibe Wowtschansk unter ukrainischer Kontrolle. Die Stadt im Nordosten der Ukraine hatte vor dem Krieg knapp 19.000 Einwohner.

+++ 15:52 Drohne fliegt mit russischer Fahne am Reichstagsgebäude in Berlin +++
Ein Mann hat eine Drohne mit einer daran befestigten russischen Flagge neben dem Reichstagsgebäude in Berlin aufsteigen lassen. Wie die Bundestags-Pressestelle bestätigt, ereignete sich der Vorfall bereits am 9. Mai. In Online-Netzwerken wurden Aufnahmen des Drohnenflugs verbreitet. Den Bundestags-Angaben zufolge überflog der Flugkörper in einer Höhe von etwa 20 Metern mittig den Friedrich-Ebert-Platz auf der östlichen Seite des Reichstagsgebäudes. Durch die Landespolizei Berlin sei deswegen eine Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Luftverkehrsgesetz gefertigt worden. Zu Sicherheitsfragen in Verbindung mit Drohnenflügen direkt am Parlamentsgebäude äußert sich der Bundestag nicht. Laut Medienberichten handelt es sich bei dem Drohnenpiloten um einen radikalen Unterstützer des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Polizisten nahmen demnach noch vor Ort seine Personalien auf. Im Portal t-online.de hieß es, derselbe Mann habe zuvor bereits in Potsdam das von russischen Truppen in der Ukraine verwendete „Z“-Symbol auf den Turm des früheren Landtagsgebäudes in Potsdam gemalt sowie ukrainische Bilder beschädigt.

+++ 15:24 Selenskyj fürchtet Ausweitung der russischen Offensive +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat einen massiven Mangel an Waffen zur Luftverteidigung seines Landes beklagt und fürchtet eine Ausweitung der russischen Offensive in der Ostukraine. Derzeit verfüge die Ukraine nur über ein Viertel der zu ihrer Verteidigung benötigten Luftabwehrsysteme, sagt Selenskyj in einem Exklusivinterview mit AFP. Russland sei bei seiner vor gut einer Woche gestarteten Bodenoffensive im Raum Charkiw fünf bis zehn Kilometer weit vorgedrungen. Weitere Angriffswellen seien zu befürchten.

„Wir müssen nüchtern feststellen, dass sie weiter auf unser Territorium vorgedrungen sind“, sagt der Präsident in seinem ersten Interview seit Beginn der russischen Bodenoffensive in der nordöstlichen Region Charkiw am 10. Mai. Bei dem Vorstoß eroberten die russischen Truppen laut Daten des Institute for the Study of War (ISW) mindestens 278 Quadratkilometer Land – ihr größter Geländegewinn seit Ende 2022. Sein Land habe bei der Luftabwehr derzeit nur „etwa 25 Prozent dessen, was wir brauchen, um die Ukraine zu verteidigen“, sagte Selenskyj in dem am Freitag geführten und am heutigen Samstag veröffentlichten Interview. Zudem brauche seine Armee etwa 120 bis 130 moderne Kampfjets, um in der Luft ein Kräftegleichgewicht mit Russlands Truppen zu erreichen.

+++ 15:00 Selenskyj stellt neue Gegenoffensive in Aussicht +++
Laut Wolodymyr Selenskyj hat die Ukraine Chancen für eine neue Gegenoffensive. Doch zunächst müsse die Frontlinie stabilisiert und die russische Offensive gestoppt werden, so der ukrainische Präsident in einem Interview mit der französischen Nachrichtenagentur AFP. Es gäbe Perspektiven, aber die Lage an der Frontlinie sei instabil. Selenskyj zeigt sich aber sicher, dass die ukrainischen Streitkräfte die Russen aufhalten werden. Danach brauche es „eine angemessene Besetzung der Brigaden, um mit den nächsten Schritten der Gegenoffensive rechnen zu können“, so der Staatschef. Es gebe eine erhebliche Zahl von Brigaden, die dringend aufgefüllt werden müssten, sagte er. Nachschub werde gebraucht, um eine Truppenrotation zu ermöglichen. Auf die Frage, ob es im Jahr 2025 eine Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte geben werde, antwortete Selenskyj jedoch: „Das kann ich nicht sagen.“

+++ 14:36 Russen greifen Charkiw an – mehrere Explosionen gemeldet +++
„Es ist laut in der Stadt. Es gibt eine Reihe von Explosionen. Seien Sie vorsichtig“, meldet der Bürgermeister von Charkiw, Igor Terechow, auf Telegram. Demnach greifen die Russen Charkiw an. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Freitag, die russische Offensive im Gebiet Charkiw in diesem Monat könnte die erste von mehreren Wellen sein, und die russischen Streitkräfte könnten versuchen, die Regionalhauptstadt Charkiw einzunehmen.

+++ 14:06 Polen baut Grenze zu Russland und Belarus massiv aus +++
Polen will über zwei Milliarden Euro in die Sicherung seiner östlichen Grenze investieren. Zum Projekt „Östliches Schutzschild“ gehört ein System der Grenzbefestigung an der Grenze zu Belarus und zur russischen Exklave Kaliningrad, wie Regierungschef Donald Tusk mitteilt. Die Verstärkung der 400 Kilometer langen Grenze solle „ein Element der Abschreckung sein, eine Strategie, um den Krieg von unseren Grenzen abzuhalten“, so Tusk.

+++ 13:37 Ukraine meldet 22 Gefechte, von den acht andauern +++
An diesem Samstag ist es seit der Nacht an der Front zu 22 „militärischen Auseinandersetzungen“ gekommen, teilt die ukrainische Armee mit. Acht davon dauerten noch an, heißt es in einer Mitteilung des Generalstabs. „Außerdem starteten die russischen Invasoren einen Raketenangriff, setzten 25 Kamikaze-Drohnen ein und führten 547 Angriffe auf die Stellungen unserer Truppen durch.“

+++ 13:02 Raketenangriff auf Odessa +++
Russland hat die Region Odessa mit Raketen attackiert, teilen die für den Süden der Ukraine zuständigen ukrainischen Truppen mit. „Gegen 6 Uhr morgens griffen die russischen Besatzer Odessa erneut mit einer ballistischen Rakete (wahrscheinlich Iskander-M) an“, heißt es in der Nachricht.

+++ 12:53 Russland: Haben weitere Ortschaft in Charkiw eingenommen +++
Russland hat nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums die Ortschaft Staryzia in der Region Charkiw „befreit“. Die Einheiten würden in dem Gebiet weiter vorrücken, so das Ministerium. Die russischen Invasionstruppen hatten vor gut einer Woche eine Offensive in der Region gestartet und so eine dritte Front neben der im Osten und im Süden eröffnet.

+++ 12:42 Ukraine versucht, Russen in Region Charkiw zurückzudrängen +++
Ukrainische Truppen versuchen, die Russen in Richtung der Ortschaft Hlyboke in der Region Charkiw zurückzudrängen, berichtet die ukrainische Nachrichtenagentur RBC unter Berufung auf die ukrainische Armee. Hlyboke liegt etwa 40 Kilometer von Charkiw und 10 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. „Unsere Verteidiger versuchen, den Feind in Richtung der Siedlung Hlyboke zurückzudrängen“, heißt es in einer Erklärung des ukrainischen Generalstabs.

+++ 12:10 Vierter Toter nach russischem Gleitbombenangriff auf Charkiw +++
Die Zahl der Todesopfer nach dem russischen Angriff auf die Stadt Charkiw am Freitag ist auf vier gestiegen. Ein verletzter 33-jähriger Mann sei im Krankenhaus gestorben, teilt Gouverneur Oleh Synjehubow mit. Seinen Angaben zufolge griffen russische Streitkräfte den Stadtteil Schewtschenkiw mit zwei Gleitbomben an und verletzten dabei 31 Menschen. Der Zustand von zwei Verletzten sei ernst, so Synjehubow. Die Russen hätten auch eine Gleitbombe auf das Dorf Kupiansk-Vuzlovyi abgefeuert und dabei mehrstöckige Gebäude, ein Krankenhaus und einen Kindergarten beschädigt. Eine Frau sei verletzt worden.

+++ 11:41 Jäger: „Russlands Einflussnahme auf Deutschland ist groß“ +++
Präsident Selenskyj plant, vom Westen gelieferte Waffen nicht nur zur Verteidigung der Ukraine, sondern auch auf russischem Boden einzusetzen. Dazu haben Europa, die USA und auch Politikwissenschaftler Thomas Jäger unterschiedliche Ansichten. Derweil beeinflusst Russland auch Deutschland, sagt Jäger.

Jäger über Kreml-Macht „Russlands Einflussnahme auf Deutschland ist groß“

+++ 11:22 Russland: Toter bei ukrainischem Drohnenangriff in Kursk +++
Bei einem ukrainischen Drohnenangriff in der russischen Grenzregion Kursk soll ein Mensch getötet worden sein, ein weiterer sei verletzt worden, teilt Regionalgouverneur Alexej Smirnow mit. Angaben der russischen Behörden über etwaige Angriffe und Opfer lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

+++ 11:09 London: Russische Flugabwehr und Luftraumüberwachung auf Krim geschwächt +++
Das britische Verteidigungsministerium geht davon aus, dass die russische Flugabwehr auf der Krim durch die jüngsten ukrainischen Angriffe geschwächt wurde. Es sei sehr wahrscheinlich, dass Russland seine Luftstreitkräfte räumlich breiter verteilen muss, um ihren Erhalt zu sichern. Anderenfalls bestehe das Risiko, noch mehr Flugzeuge zu verlieren, heißt es im täglichen Geheimdienst-Update des britischen Verteidigungsministeriums.

Zusätzliche Probleme hat Russland, weil es im Januar, Februar und März jeweils eines seiner Berijew A-50 Flugzeuge verloren hatte, die zur Luftraumüberwachung eingesetzt werden. Beides werde dazu führen, dass Russland „wahrscheinlich Flugstunden und Einsatzraten der Kampfflugzeugpatrouillen erhöhen muss, um Lücken in der Abdeckung zu schließen, was zu erhöhten Wartungsproblemen für ihre Flotten führen wird“.

+++ 10:32 Fast 10.000 Menschen in Region Charkiw in Sicherheit gebracht +++
Gut eine Woche nach Beginn der russischen Bodenoffensive in der ostukrainischen Region Charkiw sind nach Behördenangaben bisher fast 10.000 Menschen aus bedrohten Ortschaften geholt worden. Insgesamt seien mehr als 9900 Menschen in Sicherheit gebracht worden, sagt Regionalgouverneur Oleh Synegubow. Russische Truppen hatten am 10. Mai eine Bodenoffensive in der Region Charkiw gestartet. Seither konnten sie entlang der Nordostgrenze etwa fünf bis zehn Kilometer weit vorstoßen.

+++ 10:14 Mehrheit der Russen will lieber Krieg als eroberte Gebiete abzugeben +++
Nach einer aktuellen Umfrage des russischen Lewada-Instituts ist die „Unterstützung der russischen Streitkräfte“ in Russland weiterhin hoch; sie werden von drei Vierteln der Russen unterstützt. Würde Putin entscheiden, die „Militäraktion“ zu stoppen, wie der Angriffskrieg in Russland genannt wird, so würde eine Mehrheit von 71 Prozent diese Entscheidung unterstützen. Allerdings reduziert sich der Anteil auf 30 Prozent, wenn die Bedingung die Rückgabe der „neuen Gebiete“ wäre.

+++ 09:51 „Ukrainische Drohnen können Russland empfindlich treffen“ +++
Charkiw und Odessa sind seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine unter Beschuss. ntv-Korrespondent Jürgen Weichert spricht über mögliche Gründe, darunter die Größe, Schönheit und Beliebtheit der Städte. Doch auch die Ukrainer haben scharfe Geschosse.

+++ 09:32 SPD-Politiker fordern NATO-Schutz für ukrainischen Luftraum +++
Erstmals fordern auch Bundestagsabgeordnete der SPD, dass westliche Truppen den ukrainischen Luftraum von NATO-Gebiet aus schützen. „In der aktuellen militärischen Situation halte ich es für notwendig und verantwortbar, deutsche Flugabwehrraketen-Truppen auf NATO-Gebiet an der Grenze zur Ukraine zu stationieren, um den Luftraum über der Westukraine zu schützen – beispielsweise mit Patriot-Systemen“, sagt SPD-Verteidigungsexperte Joe Weingarten dem „Spiegel“. Dazu müssten keine westlichen Truppen in der Ukraine stationiert werden. Luftverteidigungssysteme an der Grenze von NATO-Staaten zur Ukraine könnten weit in den ukrainischen Luftraum hineinwirken.

Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz bezeichnet die Luftverteidigung als „Achillesferse“ der ukrainischen Armee. Dem Land würden Verteidigungssysteme und Raketen fehlen, um Infrastruktur und Menschen zu schützen. Daher müssten Alternativen erwogen werden. „Dazu gehört auch die Überlegung, aus den NATO-Bündnisländern heraus den Schutz der Ukraine zu sichern.“

Patriot an Grenze zu Ukraine? SPD-Politiker will Kiews Luftraum durch NATO schützen

+++ 09:15 Ukraine bittet USA um Hilfe bei Angriffen auf russisches Territorium +++
Die Ukraine hat die US-Regierung ersucht, ihr bei der Identifizierung von Zielen in Russland zu helfen, die Kiew dann mit seinen Waffen angreifen könnte. Außerdem habe das Land die USA gebeten, die Beschränkungen für den Einsatz amerikanischer Waffen gegen militärische Ziele innerhalb Russlands aufzuheben, sagen US-Beamte und Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums nach einer Meldung der US-Nachrichtenagentur Dow Jones und des „Wall Street Journal“.

Kein Beschuss russischer Gebiete ISW: US-Regeln bringen Nachteile für die Ukraine

+++ 09:04 Selenskyj: Westen hat Angst vor russischer Niederlage – und will nicht, dass Ukraine verliert +++
In einem Interview mit der französischen Nachrichtenagentur AFP sagt Präsident Selenskyj, die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten hätten die gleichen Werte, aber oft unterschiedliche Ansichten – insbesondere darüber, wie das Ende des Konflikts aussehen könnte. „Wir befinden uns in einer unsinnigen Situation, in der der Westen Angst hat, dass Russland den Krieg verliert. Und er will nicht, dass die Ukraine ihn verliert“, sagt Selenskyj. Er appellierte an China und andere Länder aus dem Globalen Süden, im Juni am Friedensgipfel in der Schweiz teilzunehmen. Russland wurde nicht zu dem Treffen eingeladen, erklärte allerdings auch, es wäre ohnehin nicht gekommen.

+++ 08:27 Russland verstärkt Marinestützpunkt gegen Seedrohnen +++
Die russische Armee verstärkt den Marinestützpunkt in Noworossijsk, berichtet die ukrainische Nachrichtenagentur RBC unter Berufung auf den Telegram-Kanal der Partisanengruppe „Atesh“. Die russische Hafenstadt Noworossijsk liegt am Schwarzen Meer. Mit den Verstärkungen solle der Stützpunkt vor ukrainischen Seedrohnen geschützt werden, so RBC. Auch Luftabwehr und Radaranlagen würden verstärkt.

Erst in der Nacht zu Freitag hatten ukrainische Drohnen den Hafen Noworossijsk angegriffen. Noworossijsk ist für Russland strategisch wichtig, weil ein großer Teil seiner Öl- und sonstigen Exporte über diesen Hafen läuft. Zudem hatte Russland mehrere Kriegsschiffe dorthin verlegt, nachdem die Ukraine im September 2023 das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol auf der Krim angegriffen hatte.

Asymmetrischer Krieg Im Schwarzen Meer läuft es nicht so gut für Russland

+++ 07:50 Ukraine: Russland hat 491.080 Soldaten verloren +++
Die ukrainische Armee hat wie jeden Morgen auf Facebook mitgeteilt, wie viele russische Soldaten am Vortag nach ihrer Zählung getötet oder verwundet wurden. Demnach beliefen sich die russischen Verluste am Freitag auf 1210 Soldaten, was die russischen Verluste im Krieg insgesamt dieser Zählung zufolge auf 491.080 Soldaten erhöht. Außerdem zerstörte die ukrainische Armee den Angaben zufolge 43 gepanzerte Kampffahrzeuge, zwei Flugzeuge und einen Hubschrauber. Die Angaben können nicht überprüft werden.

NACHT IM ÜBERBLICK – UKRAINE

WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN

Russland beschlagnahmt Vermögen der Deutschen Bank und von UniCredit

Die russische Justiz hat die Beschlagnahmung von Vermögenswerten der Deutschen Bank und des italienischen Finanzinstituts UniCredit angeordnet. Ein Schiedsgericht in St. Petersburg ordnete auf Antrag eines russischen Gaskonzerns die Beschlagnahmung von Immobilien, Wertpapieren und Konten der Deutschen Bank im Umfang von 238,6 Millionen Euro an, wie aus einer online veröffentlichten Entscheidung hervorgeht. Die Deutsche Bank bestätigte die Beschlagnahmung.

Zudem verfügte das Petersburger Gericht das Einziehen von UniCredit-Vermögen im Umfang von 462,7 Millionen Euro. Die Anordnungen ergingen demnach bereits am Donnerstag auf Antrag des russischen Unternehmens RusChemAllianz, einer Tochter des Gaskonzerns Gazprom. 

RusChemAllianz hatte gemeinsam mit dem deutschen Unternehmen Linde den Bau einer Flüssiggasanlage in Ust-Luga nahe St. Petersburg geplant. Nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zog sich Linde jedoch aus dem Projekt zurück. RusChemAllianz verklagte daraufhin die beiden Banken, die für das Vorhaben gebürgt hatten und die ihre Verpflichtungen wegen der westlichen Sanktionen gegen Russland nicht einhalten konnten.

Die Deutsche Bank erklärte in Frankfurt am Main, es bleibe „abzuwarten, wie diese Entscheidung von den russischen Gerichten umgesetzt wird und welche Folgen dies für unseren operativen Betrieb in Russland hat“. Das Finanzinstitut sieht sich demnach „durch eine Entschädigungsvereinbarung mit einem Kunden vollständig abgesichert“. Außerdem habe die Deutsche Bank eine Rückstellung in Höhe von rund 260 Millionen Euro und einen entsprechenden Vermögensgegenstand aus Erstattungen im Rahmen der Entschädigungsvereinbarung erfasst.

UniCredit, eine der vor dem Ukraine-Krieg am stärksten in Russland engagierten europäischen Banken, teilte in einer Erklärung mit, dass die Entscheidung des russischen Gerichts zum Einzug der Vermögenswerte in Russland bekannt sei. Diese müsse nun „im Einzelnen“ geprüft werden.  yb/cp AFP

Pistorius will 3,8 Milliarden Euro zusätzlich für Ukraine-Hilfe

Berlin – In der Bundesregierung gibt es den Plan, die Militärhilfe für die Ukraine noch in diesem Jahr massiv aufzustocken. Das Bundesverteidigungsministerium hat laut eines Berichts der „Bild am Sonntag“ einen Mehrbedarf von 3,8 Milliarden für die militärische Unterstützung Kiews angemeldet.

Bislang hat die Ampel in diesem Jahr 7,1 Milliarden Euro für die Ukraine-Militärhilfe bereitgestellt. Allerdings sei die Summe fast vollständig verplant, lediglich 300 Millionen seien noch offen für neue Munition- und Waffenkäufe, heißt es aus Regierungskreisen. Noch im Juni soll dem Parlament die überplanmäßige Ausgabe zur Genehmigung vorgelegt werden – inklusive einer Gegenfinanzierung.

Das Finanzministerium von Christian Lindner (FDP) signalisiert Zustimmung: „An Deutschland darf eine Verstärkung der Verteidigung der Ukraine nicht scheitern. Wenn möglich, sollten wir in diesem Jahr weitere Waffen liefern“, heißt es aus Ministeriums-Kreisen, wie die „Bild am Sonntag“ schreibt. Eine Aussetzung der Schuldenbremse sei dafür nicht nötig. „Wenn innerhalb der Regierung Konsens hergestellt werden kann, finden wir Wege im laufenden Haushaltsjahr.“

Mit dem Haushaltsposten Militärhilfe bezahlt Deutschland Kriegsgüter, die die Ukraine direkt bei der Industrie einkauft. Außerdem werden damit Nachbestellungen von Waffen finanziert, die die Bundeswehr an die ukrainische Armee abgegeben hat.

Komplizierter werden die Finanzverhandlungen für den Haushalt 2025: Für die Bundeswehr hat Pistorius laut Bericht der „Bild am Sonntag“ einen Mehrbedarf von 6,7 Milliarden Euro angemeldet. Für die Ukraine-Hilfe soll sein Ministerium die Rekordsumme von 15 Milliarden Euro veranschlagen.

Kommunen fordern europaweit gleiche Sozialleistungen für Ukrainer

Berlin – Ukrainische Flüchtlinge erhalten in Deutschland höhere Sozialleistungen als in den meisten anderen Staaten Europas. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags, die im Auftrag der CDU-Abgeordneten Gitta Connemann erstellt wurde und über die die „Welt am Sonntag“ berichtet.

Am besten vergleichbar sind die Zahlen für Alleinstehende: So bekommen diese in Schweden lediglich ein Tagesgeld, das auf einen Monat gerechnet 180 Euro beträgt. Dazu gibt es unter Bedingungen 30 Euro Wohngeld und ein Sondergeld. In Polen erhalten Ukrainer grundsätzlich keine dauerhaften Geldleistungen, gezahlt wird dort eine Starthilfe von umgerechnet 70 Euro, für Familien und besonders Bedürftige gibt es Einzelprogramme. Österreich gewährt alleinstehenden Ukrainern bis zu 260 Euro im Monat, die Mietkosten werden mit maximal 165 Euro bezuschusst.

Die Niederlande zahlen Einzelpersonen pro Monat Beihilfen und Zulagen von 384,10 Euro, in Italien sind es 300 Euro, in Frankreich 426 Euro. In Finnland wird eine „Aufnahmebeihilfe“ von monatlich 348,50 Euro gezahlt. Die sogenannte Grundsozialhilfe von 587,10 Euro pro Monat kann gewährt werden, wenn ein Flüchtling dauerhaft im Land lebt.

Höhere Leistungen als in Deutschland erhalten Ukrainer indes in Belgien mit 1.288,46 Euro pro Monat für Alleinstehende. In Norwegen sind es umgerechnet 670 Euro, hinzukommen allerdings Wohnungsbeihilfen und eine „Einführungsbeihilfe“ von rund 17.300 Euro im Jahr, wenn der Antragsteller vollzeitbeschäftigt ist. Damit soll die Arbeitsaufnahme gefördert werden. Die Regierung in Oslo will die Hilfen allerdings deutlich zurückfahren.

In Deutschland erhalten ukrainische Flüchtlinge direkt nach Ankunft Bürgergeld, andere Schutzsuchende bekommen dieses erst nach ihrer Anerkennung im Asylverfahren, was oft neun Monate dauert. Ein alleinstehender Bürgergeld-Bezieher erhält seit diesem Jahr monatlich 563 Euro. Hinzu kommen unter anderem Zuschüsse für Miete und Heizung, die vom jeweiligen Wohnort abhängen und stark variieren. Das Bundesarbeitsministerium geht für Alleinstehende von einem durchschnittlichen Regelbedarf von insgesamt 954 Euro im Monat aus, den der Staat deckt.

„Wir fordern eine europaweite Harmonisierung von Integrations- und Sozialleistungen, die sich an den Lebens- und Sozialstandards der jeweiligen Mitgliedstaaten orientieren sollten“, sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, der „Welt am Sonntag“. „Das hohe Niveau der Sozialleistungen hierzulande macht Deutschland als Ziel für Flüchtlinge besonders attraktiv und fördert eine ungleichmäßige Verteilung von Geflüchteten innerhalb der EU“, erklärte Sager. Nach der Europawahl müsse die EU „dieses Vorhaben dringlich angehen“.

Gerd Landsberg, Ehrengeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, sagte, es müsse „kritisch hinterfragt werden, ob die Sonderstellung der ukrainischen Flüchtlinge, automatisch Bürgergeld-Bezieher zu werden, dauerhaft bestehen bleiben sollte“. Ukrainer seien damit besser gestellt als Kriegsflüchtlinge aus anderen Konfliktregionen.

CDU-Politikerin Connemann sagte der „Welt am Sonntag“: „Für einen Großteil wird das Bürgergeld zur Falle. Der Arbeitsanreiz ist bei uns zu niedrig. Der groß angekündigte ‚Job-Turbo‘ zündet nicht“, sagte die Politikerin mit Blick auf die von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angekündigte Beschäftigungsoffensive. Ziel müsse sein, „endlich mehr Geflüchtete in Arbeit zu bringen. Schließlich sind bei uns über 1,7 Millionen Stellen unbesetzt“, so Connemann.

Ukraine bittet um US-Hilfe bei Bekämpfung von Zielen in Russland

Die Ukraine hat die US-Regierung ersucht, ihr bei der Identifizierung von Zielen in Russland zu helfen, die Kiew dann mit seinen Waffen angreifen könnte. Außerdem hat das Land die USA gebeten, die Beschränkungen für den Einsatz amerikanischer Waffen gegen militärische Ziele innerhalb Russlands aufzuheben, so US-Beamte und Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums. Ein Sprecher des Weißen Hauses erklärte, die derzeitige US-Politik unterstütze weder die Bereitstellung solcher zielgerichteter Hilfen noch den Einsatz amerikanischer Waffen in Russland. „Wir ermutigen oder ermöglichen keine Angriffe innerhalb Russlands, das ist seit langem unsere Politik“, sagte der Sprecher.

SPD-Politiker fordern Nato-Schutz für ukrainischen Luftraum

Erstmals fordern auch Bundestagsabgeordnete der SPD, dass westliche Truppen den ukrainischen Luftraum von Nato-Gebiet aus schützen. „In der aktuellen militärischen Situation halte ich es für notwendig und verantwortbar, deutsche Flugabwehrraketen-Truppen auf Nato-Gebiet an der Grenze zur Ukraine zu stationieren, um den Luftraum über der Westukraine zu schützen – beispielsweise mit Patriot-Systemen“, sagte der Verteidigungspolitiker Joe Weingarten dem Nacrichtenmagazin Spiegel. Weingarten betonte, dass keine westlichen Truppen in der Ukraine stationiert werden müssten. Luftverteidigungssysteme an der Grenze von Nato-Staaten zur Ukraine könnten weit in den ukrainischen Luftraum hineinwirken. Entscheidend sei die Kooperationsbereitschaft der westlichen Nachbarn der Ukraine. Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz bezeichnete die Luftverteidigung als „Achillesferse“ der ukrainischen Armee.

MELDUNGEN

WEITERE MELDUNGEN

OECD unemployment rate stable at 4.9% but rising among women in March 2024 (inkl. Schaubildern (WORD))

The OECD unemployment rate was stable at 4.9% in March 2024, continuing to remain below or at 5.0% for the last two years (Figure 1 and Table 1). In March, 15 OECD countries recorded a rate below or equal to 5.0% including Germany, Japan, Mexico, and the United States. The rate was unchanged in 22 OECD countries, rose in 8 countries, and declined in 2 countries. Nine OECD countries recorded a rate of more than 2.5 percentage points [p.p.] above its record low, with the largest gaps recorded in Denmark, Estonia, Luxembourg, and Spain (Figure 2 and Table 1). The number of unemployed persons in the OECD increased to 34.2 million (from 33.9 million in February), driven primarily by an increase in the number of unemployed women (Table 2).

The OECD unemployment rate for women increased to 5.3%, 0.7 p.p. higher than the rate for men, which was broadly stable. The unemployment rate for women exceeded that of men in the European Union, the euro area and 20 OECD countries in March 2024 (or in the latest period available) with the largest gaps observed in Colombia, Greece, and Türkiye (Figure 3 and Table 3). In March 2024, the OECD unemployment rates were stable among youth (aged 15-24) and workers aged 25 and above. The youth unemployment rate remained close to or above 20% in 11 OECD countries in March 2024 (or in the latest available period) and increased in 15, with rises of more than 1.0 p.p. in Finland, New Zealand, and Sweden (Table 4).

In the European Union and the euro area, the unemployment rate remained at record lows of 6.0% and 6.5%, respectively, in March 2024. It was stable or increased in most OECD euro area countries. Only Greece and Italy recorded decreases (Table 1).

Outside Europe, unemployment rates were stable or increased in March 2024. The largest increases were recorded in Canada and Colombia (Table 1). The unemployment rate in Canada and the United States were estimated to be broadly stable in April 2024 at 6.1% and 3.9%, respectively. […]

Trump kritisiert Biden scharf bei NRA-Jahresversammlung

Der frühere US-Präsident Donald Trump hat bei einer Rede auf der Jahresversammlung des einflussreichen Waffenlobbyverbands NRA den amtierenden Präsidenten Joe Biden erneut scharf kritisiert. Biden sei der „mit Abstand schlechteste Präsident in der Geschichte unseres Landes“, sagte Trump gestern (Ortszeit) vor Tausenden NRA-Mitgliedern. „Du bis gefeuert, verschwinde, Joe!“, rief Trump unter dem Gelächter der Anwesenden. Trump bezeichnete Biden als „korrupt“ und als eine „Gefahr für die Demokratie“.

Bereits am Freitag hatte Trump bei einem Fundraisingdinner in Minnesota erklärt, dass Waffenbesitzer und -besitzerinnen die Republikaner wählen müssen, weil „die Demokraten ihnen die Waffen wegnehmen werden“. Trump, der bei der Präsidentschaftswahl im November voraussichtlich erneut für die Republikaner kandidieren wird, ist ein enger Verbündeter der NRA.

Über 40.000 Tote durch Schusswaffen letztes Jahr

Biden von den Demokraten, der sich um eine zweite Amtszeit bewirbt, tritt dagegen angesichts der vielen tödlichen Schusswaffenangriffe im Land für eine deutliche Verschärfung des Waffenrechts ein, konnte das aber bisher nicht durchsetzen. Im vergangenen Monat ergriff das Weiße Haus Maßnahmen, um den Verkauf von Schusswaffen auf Waffenmessen und im Internet zu unterbinden.

Während seiner Amtszeit von 2017 bis 2021 hatte Trump deutliche Einschränkungen des Rechts auf den privaten Schusswaffenbesitz verhindert. Die NRA stemmt sich seit Jahrzehnten erfolgreich gegen Verschärfungen des laxen US-Waffenrechts. Trumps vergangene Präsidentschaftskampagnen hatte der Verband mit Millionensummen unterstützt. Nach Angaben des Gun Violence Archive gab es in den USA im vergangenen Jahr mehr als 40.000 Tote durch Schusswaffen. red, ORF.at/Agenturen

Neukaledonien: Frankreich will Flughafen unter Kontrolle bringen

Angesichts anhaltender Unruhen in Neukaledonien hat Frankreichs Innenminister Gerald Darmanin den Einsatz von Hunderten Sicherheitskräften in dem französischen Überseegebiet heute verkündet. Sie sollen den Weg zum Flughafen wieder frei machen.

Die Straße wird seit Tagen von Unabhängigkeitsbefürwortern blockiert. Flüge von und nach Neukaledonien sind seit Dienstag ausgesetzt. Gestern hatte die Regierung gesagt, dass 3.200 Menschen wegen der Flugausfälle festsitzen.

Ein Großeinsatz von 600 Sicherheitskräften „wird in diesem Moment in Neukaledonien eingeleitet“, um die 60 Kilometer lange Straße zwischen der Hauptstadt Noumea und dem internationalen Flughafen La Tontouta „vollständig unter Kontrolle zu bringen“, damit der Flughafen wieder öffnen kann, schrieb Darmanin im Onlinedienst X (Twitter).

Frankreich will Wahlrecht ändern

Auslöser der Ausschreitungen ist eine von Frankreich vorangetriebene Änderung des Wahlrechtes, durch die nach Ansicht von Unabhängigkeitsbefürwortern und -befürworterinnen der Einfluss der ursprünglichen Bevölkerung zurückgedrängt würde.

Nach Angaben der örtlichen Behörden wurden seit Beginn der Unruhen am Montag sechs Menschen getötet und Hunderte verletzt.

Die Regierung in Paris hatte wegen der angespannten Lage den Ausnahmezustand in dem Überseegebiet ausgerufen und 1.000 zusätzliche Sicherheitskräfte entsandt. Bei den Unruhen wurden in den vergangenen Tagen Geschäfte geplündert, Barrikaden errichtet und Gebäude sowie Fahrzeuge in Brand gesetzt. red, ORF.at/Agenturen

Sahel-Staaten angeblich einig über Vertrag für Allianz

Die drei Sahel-Staaten Mali, Niger und Burkina Faso haben ihre Planungen für die Bildung einer Konföderation abgeschlossen. Die Außenminister der drei Länder einigten sich auf den Vertragstext für die Allianz der Sahel-Staaten (AES), wie der nigrische Außenminister Bakary Yaou Sangare nach dem Treffen vom Freitag in Niamey mitteilte. Bestätigungen der beiden anderen Staaten gab es zunächst nicht.

Der Vertrag solle bei einem Gipfeltreffen der Chefs der in den drei Ländern herrschenden Militärregierungen verabschiedet werden. Nähere Angaben zum Vertragsinhalt oder zum Termin eines Gipfeltreffens wurden nicht gemacht.

Weg von Frankreich, hin zu Russland

Die drei Sahel-Staaten haben ihre Beziehungen zum ehemaligen Kolonialherren und langjährigen Sicherheitsverbündeten Frankreich abgebrochen und sich zunehmend Russland zugewandt. Im vergangenen Jahr beschlossen sie die Bildung einer Konföderation. Im Januar verkündeten sie, aus der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS auszutreten.

ECOWAS hatte gegen alle drei Länder Sanktionen verhängt, weil sie seit 2020 in einer Reihe von Staatsstreichen demokratisch gewählte Regierungen gestürzt hatten. Grund für die Militärputsche war auch die Verärgerung über zivile Regierungen, denen es nicht gelang, die dschihadistische Gewalt einzudämmen.

red, ORF.at/Agenturen

Rebellen in Mali werfen Armee Tötung von Zivilisten vor

Rebellengruppen in Mali haben die malische Armee und die russische Söldnertruppe Wagner beschuldigt, elf Zivilpersonen im Norden des Landes getötet zu haben. In einem Dorf in der Region Kidal sollen verbrannte Leichen aufgefunden worden sein. Zwei Menschen würden noch vermisst, hieß es gestern in einer Erklärung des Rebellenbündnisses Koordination der Bewegungen des Azawad (CMA).

„Am 15. Mai 2024 wurde das Dorf Tassik in der Region Kidal gegen 10.00 Uhr morgens von einer Patrouille aus Söldnern der russischen Wagner-Gruppe und der malischen Armee ins Visier genommen, die schwere Verstöße gegen die Bevölkerung begingen“, hieß es in der Erklärung. Kidal ist eine Hochburg der von Tuareg dominierten Rebellengruppen. red, ORF.at/Agenturen

DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN

ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN

EUROPAWAHL | Sonntagsfrage IFDD/Kronenzeitung

FPÖ: 27% (+2)
ÖVP: 23% (+1)
SPÖ: 22%
NEOS: 12% (+2)
GRÜNE: 11% (-3)
KPÖ: 4%
DNA: 1% (NEU)
Sonstige: Keine (-3)

Änderungen zur letzten Umfrage vom 19. März 2024

BANK AUSTRIA Konjunkturindikator für Österreich: zaghafte Erholung setzt sich fort, gestützt auf den Dienstleistungssektor –  April 2024

„Die österreichische Wirtschaft hat dank etwas Rückenwind für den Dienstleistungssektor im ersten Quartal aus der Rezession gefunden, doch das Tempo der Erholung ist angesichts der anhaltenden Nachfrageschwäche in der Industrie und am Bau auch zu Beginn des zweiten Quartals niedrig“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator setzte im April seine langsame Aufwärtsbewegung fort und erreichte den höchsten Wert seit genau einem Jahr. Mit minus 2,3 Punkten [Dez. -3,7, März – 2,6] lag der Indikator jedoch weiterhin deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt, signalisierte jedoch zumindest eine Fortsetzung des trägen Verbesserungstrends seit dem Jahreswechsel.“ 

Kurz gefasst von Stefan Bruckbauer:

▪️ Dienstleistungen ziehen Wirtschaft nur langsam nach oben
▪️ Arbeitslosigkeit steigt [2024] weiter
▪️ Inflation weiter auf Rückzug, aber langsamer
▪️ Nach Juni-Senkung: weiterer Zinsschritt im Sommer erwartet

  • Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator stieg im April auf minus 2,3 Punkte, den höchsten Wert seit einem Jahr
  • Der Pessimismus in der Industrie und am Bau ließ zu Beginn des zweiten Quartals etwas nach. Die Stimmung im Dienstleistungs-sektor blieb gut, dank der Verbesserung der Konsumentenstimmung
  • Die Fortsetzung der zaghaften Erholung sollte für 2024 ein geringes Wirtschaftswachstum um 0,3 Prozent ermöglichen. Weiterhin erwarten wir einen höheren BIP-Anstieg von 1,5 Prozent für 2025 dank einer Belebung der Investitionen und des Konsums
  • Nach durchschnittlich 6,8 Prozent sollte das stärkere Wachstum und ein geringerer Anstieg des Arbeitskräfteangebots 2025 einen Rückgang der Arbeitslosenquote auf 6,5 Prozent ermöglichen
  • Das langsame Erholungstempo unterstützt den Rückgang der Inflation auf 3,6 Prozent im Jahresdurchschnitt 2024 und 2,3 Prozent 2025
  • Nach erstmaliger Senkung im Juni wird die EZB einen vorsichtigen Pfad in Richtung neutralem Zinssatz von rund 2 Prozent beschreiten 

Österreichische Konjunktur aktuell: Langsame Verbesserung der Konjunktur – Stefan Bruckbauer, Bank Austria, Mai 2024

  • Mageres Wachstum 2024, etwas mehr Schwung 2025
    Die österreichische Wirtschaft hat dank etwas Rückenwind für den Dienstleistungssektor im ersten Quartal aus der Rezession gefunden, doch das Tempo der Erholung ist angesichts der anhaltenden Nachfrageschwäche in der Industrie und am Bau auch zu Beginn des zweiten Quartals niedrig. Nach dem schwachen Plus zu Jahresbeginn um 0,2 Prozent zum Vorquartal lassen die aktuellen Vorlaufindikatoren demnach auch für das zweite Quartal ein leichtes Wachstum erwarten.
    Nach dem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,8 Prozent im Jahr 2023, erwarten wir für 2024 einen leichten BIP-Anstieg von 0,3 Prozent. Die Trendwende im Lagerzyklus sowie steigende Reallöhne als Folge der niedrigeren Inflation sollten im Jahresverlauf 2024 eine moderate Erholung über den Konsum einleiten. Für 2025 gehen wir von einem BIP-Anstieg um 1,5 Prozent aus, gestützt auch auf die Investitionen.
     
  • Arbeitslosigkeit steigt 2024, leichte Entspannung 2025
    Nachdem sich der Arbeitsmarkt im bisherigen Jahresverlauf sehr konjunkturresilient gezeigt hat, lassen sich mittlerweile die Folgen der anhaltenden Konjunkturschwäche an der steigenden Anzahl von Arbeitssuchenden in vielen Branchen ablesen. Nach 6,4 Prozent im Jahresdurchschnitt 2024 betrug die Arbeitslosenquote im April 2024 bereits 6,8 Prozent. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt dürfte sich vor allem aufgrund der Schwäche in der Industrie und im Baugewerbe vorerst noch verschlechtern und erst gegen Jahresende stabilisieren. Wir erwarten eine Arbeitslosenquote von durchschnittlich 6,8 Prozent für 2024. Für 2025 bleiben wir optimistisch, dass ein Rückgang auf 6,5 Prozent durch die bessere Konjunktur ermöglicht werden wird.
     
  • Inflationsrückgang setzt sich fort
    Die Inflation ist im April 2024 voraussichtlich auf 3,5 Prozent gesunken. Deutlich höher als im Euroraum wird 2024 die Inflation erneut ausfallen. Allerdings wird sich der Rückgang der Teuerung fortsetzen, wenn auch nur relativ langsam. Trotz eines spürbaren Anstiegs vieler Dienstleistungspreise als Folge stark gestiegener Sach- und Personalkosten erwarten wir eine Verlangsamung der Inflation 2024 auf durchschnittlich 3,6 Prozent und 2025 auf 2,3 Prozent.
  • Zinssenkungen ab Mitte 2024 schon ziemlich fix
    Mit dem fortgesetzten Rückgang der Inflation und der schwachen Konjunkturdaten, die auch die Sorge der EZB über einen zu starken Lohndruck bremsen, steht die erste Zinssenkung im Euroraum unmittelbar vor der Tür. Unsere Einschätzung einer ersten Zinssenkung um 25 Basispunkte im Juni, die wir bereits vor der letzten Zinsanhebung der EZB hatten, scheint sich zu bewahrheiten. Die EZB wird in weiterer Folge einen vorsichtigen Kurs mit einer schrittweisen Senkung um jeweils 25 Basispunkten einschlagen, mit kumulativen Zinssenkungen von 75 Basispunkten in diesem Jahr und 100 Basispunkten im Jahr 2025. Damit wird der Einlagensatz von aktuell 4,00 Prozent auf 2,25 Prozent Ende 2025 sinken.

BILDUNG – UNIVERSITÄTEN

Immer mehr Senioren studieren

An den Universitäten sind derzeit so viele Seniorenstudierende inskribiert wie noch nie: Laut dem aktuelle Jahresbericht des Bildungsressorts sind es mehr als 5.200 Seniorinnen und Senioren österreichweit.

An der Universität Graz sind im Wintersemester 2023/24 etwas mehr als 400 Seniorenstudierende eingeschrieben gewesen, 60 Prozent davon sind Frauen. Die beliebtesten Studienrichtungen bei Frauen sind laut Uni Graz Kunstgeschichte gefolgt von Geschichte und Pädagogik, bei den Männern liegt das Studium der Rechtswissenschaften ganz vorne.

An der Kunstuni Graz sind momentan 14 über 60-jährige Frauen und Männer inskribiert, der älteste Studierende hier ist 80 Jahre, ein 79-Jähriger arbeitet gerade an seinem Doktorat. Es sitzen also längst nicht mehr nur junge Menschen in den heimischen Hörsälen.

„Wissen vertiefen oder erobern“

Antworten und Infos zu Fragen rund um ein Uni-Studium im Seniorenalter liefert in Graz das Referat für Generationenfragen, das bei der Österreichischen Hochschülerschaft angesiedelt ist, sagt die jetzige Leiterin Gerlinde Pachernegg. Barbara Amreich hat das Referat zuvor jahrelang geleitet und ist nun noch ehrenamtlich tätig: „An erster Stelle steht sicher die Vertiefung des bestehenden Wissens oder Wissensfelder zu erobern, wo sie bisher keine Zeit gehabt haben. Ganz stark ist das in Geschichte, alte Geschichte, wo man ganz viel Zeit darauf verwenden kann, sich zu vertiefen. Kunstgeschichte und Philosophie ist auch vertreten.“

Kontakt zu jungen Menschen

Neben der Weiterbildung ist für viele Seniorenstudierende der soziale Kontakt – auch zu jungen Menschen – wichtiger Motivationsgrund für ein Studium: „Man sitzt mit ihnen gleichberechtigt im Seminarsaal, und das ist eine riesige Herausforderung, aber auch eine Bereicherung, mit den jungen Menschen deren Sichtweise kennenzulernen und auch selbst seine eigene Haltung ändern oder adaptieren zu können.“

Auch volkswirtschaftliche Vorteile

Denkt man weiter, sieht Barbara Amreich bei Seniorenstudierenden auch volkwirtschaftliche Vorteile: „Durch diese Aktivitäten der Menschen ist auch ihr eigenes Wohlbefinden gesteigert, und das hat auch Auswirkungen auf ihre eigene Gesundheit.“

Neben den klassischen Uni-Studien gibt es auch weitere, speziell auf Seniorinnen und Senioren zugeschnittene Möglichkeiten, um sich Wissen anzueignen oder zu vertiefen – etwa die Montagsakademie am Zentrum für Weiterbildung an der Uni Graz; spezielle Seminare gibt es auch bei Vita-Aktiva oder im Rahmen von „MeinMed“ der Med-Uni Graz. red, steiermark.ORF.at

Link:

GESELLSCHAFT – RELIGION 

Ute-Bock-Preis geht an Imam und Rabbiner

Der Ute-Bock-Preis für Zivilcourage geht heuer an Imam Ramazan Demir und Rabbiner Schlomo Hofmeister sowie das Sozialassistentinnen-Projekt „Nachbarinnen“. Die Auszeichnungen sind mit insgesamt 3.000 Euro dotiert.

Demir und Hofmeister, die sich seit Jahren für religionsübergreifenden Respekt und gegen Antisemitismus und Rassismus einsetzten, hätten angesichts der „dramatischen Zuspitzung des Nahost-Konflikts“ ihren Einsatz zur Aufklärung von Vorurteilen intensiviert. „Die Aufklärungsarbeit der beiden religiösen Funktionsträger kann in der aktuellen Zeit, die oftmals von großer Polarisierung geprägt ist, gar nicht hoch genug geschätzt werden“, so Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch.

„Nachbarinnen“ betreute 4.000 Familien

„Auszeichnungswürdig ist nicht nur die Idee, so ein Projekt zu initiieren und umzusetzen, sondern großartig ist auch die professionelle Beharrlichkeit und Ausdauer, mit der das Team dieses Vereins arbeitet“, begründete Gerlinde Affenzeller, Geschäftsführerin von SOS Mitmensch, die Zivilcourage-Auszeichnung für den Verein „Nachbarinnen“. Dabei wird isoliert lebenden Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung geholfen, in die Mitte der Gesellschaft zu finden. In den zehn Jahren ihres Bestehens hätte der Verein knapp 4.000 Familien nachhaltig betreut.

Die mit insgesamt 3.000 Euro dotierten Auszeichnungen werden am 21. Mai um 19.00 Uhr unter dem Ehrenschutz von Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Wiener Rathaus überreicht, wie SOS Mitmensch am Donnerstag per Aussendung mitteilte. red, wien.ORF.at/Agenturen

MENSCHEN

Aus dem Leben von Margers Vestermanis – Falter, 15.5.2024

Margers Vestermanis fragt sich oft, was er getan hätte, wenn es umgekehrt gewesen wäre. Wenn nicht Jüdinnen und Juden, so wie er, verfolgt worden wären, sondern der andere, nicht-jüdische Teil der Bevölkerung. Wäre er zum Retter geworden?

Schwarzes Cordhemd, gelb getöne Brillengläser, sitzt Vestermanis in seinem Wohnzimmer einer Altbauwohnung in Riga. Im Regal stehen Bücher in Lettisch, Russisch und Deutsch. Als Meier Vestermanis kam er 1925 in der lettischen Hauptstadt zur Welt, eine gutbürgerliche, deutschsprachige, jüdische Familie.

1941, als die Deutschen das Baltikum eroberten, wurde die Familie ins Ghetto gepfercht. Am 8. Dezember 1941 endeten die Leben seiner Eltern und seiner Schwester in einem Massengrab im Wald von Rumbula im Süden der Stadt. Vestermanis, kräftig genug für den Arbeitseinsatz, wurde in das Konzentrationslager Riga-Kaiserswald deportiert. Als die Häftlinge 1944 nach Westen getrieben wurden, gelang ihm die Flucht. Er schloss sich einer Partisanengruppe an.

„Der Kommandant meinte, ein jüdischer Name sei nicht so gut“, sagt Vestermanis. Aus Meier Vestermanis wurde Margers Zukuls, ein typisch lettischer Name. Als Lettland am 9. Mai 1945 befreit wurde, glaubten ihm die sowjetischen Soldaten seine Herkunft nicht. „Den ersten Tag der Freiheit habe ich in einer Einzelzelle verbracht“, sagt Vestermanis. „Das war etwas enttäuschend, möchte ich sagen.“

Fast auf den Tag genau 79 Jahre später steht am Couchtisch eine Vase mit roten Nelken, ein Geschenk im Gedenken an die Befreiung. Und Vestermanis, jetzt 98, hat sich längst nicht mit dem Überleben zufrieden gegeben. Das Haus mag er zwar nicht mehr verlassen, weil das Gehen zu beschwerlich geworden ist, aber Vestermanis hat noch jede Menge Energie. Etwa zum Erzählen, in druckreifen deutschen Sätzen, mit exakten Daten und Namen.

Der studierte Historiker schaffte es im lettischen Staatsarchiv 1961 zum Abteilungsleiter. Dort bekam er den Auftrag, einen Sammelband über die deutsche Okkupation in Lettland zu schreiben. 70.000 der 92.000 lettischen Juden wurden ermordet, doch in der sowjetischen Geschichtsschreibung gab es keinen Holocaust. „Es hieß, alle haben gelitten“, sagt Vestermanis. „Ein Volk hervorzuheben würde der Brüderlichkeit schaden.“

Vestermanis aber inkludierte ein Kapitel über den „Rassenterror“ und schrieb über die Morde an Jüdinnen und Juden sowie Sinti und Roma. Die Konsequenz: Das Buch wurde ohne dieses Kapitel gedruckt, Vestermanis verlor seine Stelle und erhielt ein mehrjähriges Publikationsverbot.

„Unter Stalin wäre ich sofort verhaftet worden“, sagt Vestermanis. Immerhin.

Vestermanis arbeitete als Lehrer; in die Archive, die er so liebte, durfte er nicht mehr. Erst den späten 1980ern, als sich das politische Klima lockerte, änderte sich das. Vestermanis war unter jenen, die sich für eine Neugründung der jüdischen Gemeinde einsetzten. Er wurde der erste Direktor des neuen jüdischen Museums und kämpfte dafür, dass das Gedenken öffentlich stattfinden konnte.

„Juden sind nicht durch ein Erdbeben ums Leben gekommen“, das sage er bei Gedenkveranstaltungen immer. Man müsse über die Täterinnen und Täter sprechen, aber auch über jene, die ihr Leben riskierten, um Jüdinnen und Juden zu schützen. Rund 500 lettische Retterinnen und Retter sind namentlich bekannt; Vestermanis selbst durchforstete die Archive und arbeitet nun an einem Buch dazu. 

Und stellt sich die Frage, ob er selbst ein Retter gewesen wäre. Helfen, das schon, sagt er. Aber sein eigenes Leben riskiert, um andere zu schützen? „Das hätte ich nicht gemacht.“

UNTERNEHMEN