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FAZIT DES TAGES
COMMENT – FAZIT:
- Warten auf Ende des Verhandlungs-Pokers in Nahost nach begrenzter Operation Israels in Rafah an der Grenze – Propalästinensisches Protestcamp auf dem Campus der Uni Wien
- Ein Hoch auf den Friedensgipfel im Juni
- Omri Boehm fordert Überwindung des Nationalismus
Märkte – Report
Israel, Ukraine
Meldungen
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Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!
HELLMEYER-Report (gekürzt)
- Märkte: Europas Aktien gefragt
- DIHK erwartet 2024 stagnierendes Exportgeschäft deutscher Firmen
- USA: Gebrauchtwagenmarkt unter Stress
Nachrichten in Kurzform:
• Berlin: Die Ministerien fordern im Haushaltsstreit 20 Mrd. EUR mehr an Mitteln, als
es der Haushaltsplan erlaubt.
=> Druck auf Schuldenbremse
• Washington: Der Prozess gegen Trump im Dokumenten Prozess wurde auf
unbestimmte Zeit verschoben.
• Washington: Die USA verzögern seit circa zwei Wochen Waffenlieferungen an Israel.
• Washington: Die USA verschärften Sanktionen gegenüber Zulieferern von Huawei.
• Moskau: Putin wurde gestern für eine neue Amtszeit von sechs Jahren vereidigt.
DIHK erwartet 2024 stagnierendes Exportgeschäft deutscher Firmen
Die deutschen Exporte dürften laut DIHK-Prognose basierend auf einer Umfrage unter
4.300 Unternehmen per 2024 kaum zulegen. Die Deutsche Industrie- und
Handelskammer erwartet eine schwarze Null. Im vergangenen Jahren waren die
Ausfuhren um 1,8% gesunken
=> Nicht überzeugend
Hoher Fachkräftebedarf in MINT-Berufen trotz Konjunkturflaute
Die Konjunkturschwäche hat die Arbeitskräftelücke laut einer Studie des IW Köln in den
MINT-Berufen verringert. Im März 2024 hätten circa 244.400 Fachkräfte in den
Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) gefehlt
(Vorjahr 307.000). Hinsichtlich negativer Vorgaben im Rahmen der PISA-Erhebungen
sei der Ausblick jedoch kritisch. Aus Sicht von befragten Unternehmen seien
Investitionen des Staates in das Bildungssystem der wichtigste Faktor, um die
Situation zu verbessern.
=> Kritisches Thema (Struktur)
IW Köln: Deutschlands Wirtschaft 2024 mit Stagnation
Die Konjunkturprognose des IW Köln unterstellt per 2024 eine Stagnation der
deutschen Wirtschaftsleistung (Weltwirtschaft +3,2%, IWF Prognose). Die positiven
Effekte höheren Staats als auch Privatkonsums würden durch die Rezession in der
Industrie (Investitionen) und dem Bausektor egalisiert.
Märkte: Europas Aktien gefragt
An den Finanzmärkten dominierte in den letzten 24 Handelsstunden keine klare Linie.
Aktienmärkte tendierten unterschiedlich. Europas Aktien waren gefragt, US-Märkte seitwärts
ausgerichtet und die fernöstlichen Märkte standen zumeist unter Druck.
Das Datenpotpourri (siehe unten) fiel durchwachsen aus. Der Einzelhandel der Eurozone und die
deutsche Handelsbilanz setzten positive Akzente. Dagegen waren die Einkaufsmanagerindices für
die Baubranche der Eurozone und insbesondere für Deutschland ernüchternd. Gleiches gilt für den
deutschen Auftragseingang. In den USA impliziert die maue Verbrauchkreditentwicklung
Erschöpfungszustände. Auch vom US-Gebrauchtwagenmarkt erreichten uns wenig erbauliche
Daten (siehe unten).
Exkurs Deutschland: Die Konjunkturprognose des IW Köln unterstellt per 2024 eine Stagnation
der deutschen Wirtschaftsleistung (Weltwirtschaft +3,2%, IWF Prognose). Die positiven Effekte
höheren Staats- als auch Privatkonsums würden durch die Rezession in der Industrie
(Investitionen) und dem Bausektor egalisiert.
Kommentar: Deutschland fällt im relativen Vergleich immer weiter zurück. Je mehr Unternehmen
Deutschland den Rücken kehren, desto geringer Einkommen des Staates und der Bürger, ergo
dann auch weniger Konsum. Hier muss Konkurrenzfähigkeit der Standortbedingungen geschaffen
werden, ansonsten wird sich die Abwärtsspirale intensivieren! Nur „Blinde, Taube und
Verantwortungsverweigerer“ können sich dieser Realität verweigern.
Aktienmärkte: Der Late DAX stieg um 1,22%, der EuroStoxx 50 um 0,82%. In den USA legten der
S&P 500 um 0,10% und der Dow Jones um 0,07% zu. Der US Tech 100 war unverändert. In Fernost
ergibt sich Stand 07:25 folgendes Bild: Der Nikkei (Japan) fiel um 1,58%, der CSI 300 (China) um
0,72%, der Hangseng (Hongkong) um 0,56% und der Sensex (Indien) um 0,51%.
An den Rentenmärkten dominierte mindestens Stabilität. 10-jährige Bundesanleihen werfen
aktuell 2,42% (Vortag 2,46%) ab, 10-jährige US-Staatsanleihen 4,47% (Vortag 4,47%).
Der USD ist gegenüber dem EUR wenig verändert.
Gold und Silber verloren leicht an Boden
DIHK erwartet 2024 stagnierendes Exportgeschäft deutscher Firmen
Die deutschen Exporte dürften laut DIHK-Prognose basierend auf einer Umfrage unter 4.300
Unternehmen per 2024 kaum zulegen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer erwartet
eine schwarze Null. Im vergangenen Jahren waren die Ausfuhren um 1,8% gesunken.
Kommentar: Wir freuen uns über die Stabilisierung, aber mit der positiven globalen
Konjunkturbelebung ergibt sich für Deutschland eben nur eine Stabilisierung. Das unterstreicht die strukturellen Standortnachteile.
O-Ton DIHK (Volker Treier): „Die schwache Entwicklung des deutschen Außenhandels zum
Jahreswechsel und die geringe Verbesserung der Geschäftserwartungen und
Investitionsabsichten deuten trotz kleiner Lichtblicke auf ein herausforderndes Jahr hin.“
Kommentar: So ist es. Sofern weiter Produktionsstätten aus Deutschland in das Ausland
mangels Konkurrenzfähigkeit des Standorts verlagert würden, erodierte die Basis für
Exportwachstum. Auch diese Umfrage stellt einen Apell an Berlin dar, zeitnah die
Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in Deutschland nachhaltig und mutig zu verbessern.
Lichtblicke sieht Volker Treier in den USA sowie der Region Naher Osten und Nordafrika,
beispielsweise in Marokko, Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dort seien die Geschäftslage als auch die Erwartungen überdurchschnittlich gut.
Kommentar: Ich stimme zu. Ablesbar ist das in Teilen auch an den Frühindikatoren in diesen
Ländern beziehungsweise Regionen. Bezüglich der USA ist es insbesondere das
Wirkungspotential des nicht WTO-konformen IRA-Programms (aktuell schwache Daten)
USA: Gebrauchtwagenmarkt unter Stress
Der Manheim Used Vehicle Value Index sank per April 2024 im Jahresvergleich um 14% auf 198,4 Punkte. Es ist der geringste Indexstand seit dem 1. Quartal 2021. Gegenüber dem Indexhöchststand ergab sich nun ein Minus in Höhe von 23%. Hintergründe sind vielfältig. So stiegen Versicherungsprämien und Reparaturkosten markant. Das Zinsniveau wirkt sich belastend aus. Der Prozentsatz, der Kreditnehmer, die mit ihren Kfz-Kreditzahlungen mehr als 60 Tage überfällig sind, markiert aktuell ein Allzeithoch (siehe Chart).
Kommentar: Die Anzeichen von Erschöpfungszuständen nehmen in einigen Teilen der US-
Wirtschaft zu. Sektorale Schwächen in der US-Konjunktur werden augenfälliger. Diese
Entwicklungen sollten sich auf Inflation dämpfend auswirken. Das Thema Zinssenkungen wird prominenter.
Datenpotpourri der letzten 48 Handelsstunden
Eurozone: Positive Einzelhandelsumsätze – Bau sehr „mau“
Die Einzelhandelsumsätze der Eurozone nahmen per Berichtsmonat März im Monatsvergleich um 0,8% (Prognose 0,7%) nach zuvor -0,3% (revidiert von -0,5%) zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 0,7% (Prognose -0,2%) nach zuvor -0,5% (revidiert von -0,7%).
Der Bausektor der Eurozone bleibt ein primäres Sorgenkind in der sektoralen Betrachtung der Volkswirtschaft. In Deutschland ist die Situation bezüglich des Bedarfs extrem prekär und wird jeden Tag ohne politische Neuausrichtung prekärer.
Deutschland: Die Industrieaufträge enttäuschten per März mit einem Rückgang im
Monatsvergleich um 0,4% (Prognose +0,4%). Mehr noch wurde der Vormonatswert von +0,2% auf -0,8% revidiert. Ergo ergab sich für den Zweimonatsraum Februar/März eine Verfehlung der Prognosen um 1,8%. Das ist erheblich und unterstreicht bei anziehender Weltkonjunktur das Dilemma der fehlenden Konkurrenzfähigkeit Deutschlands im internationalen Kontext. (HELLMEYER-Unterstreichung)
Deutschland: Die Handelsbilanz wies per März einen Überschuss in Höhe von 22,3 Mrd. EUR (Prognose 22,2 Mrd. EUR) nach zuvor 21,4 Mrd. EUR aus. Exporte legten im Monatsvergleich um 0,9% (Prognose 0,4%) zu. Importe stiegen um 0,3% (Prognose -1,0%).
USA: Zunahme der Verbraucherkredite sehr moderat
Die Verbraucherkredite nahmen per Berichtsmonat März um 6,27 Mrd. USD (Prognose 15,0
Mrd. USD) nach zuvor 15,02 Mrd. USD (revidiert von 14,12 Mrd. USD) zu.
China: Devisenreserven geringer
Die Devisenreserven stellten sich per Berichtsmonat April auf 3.201 Mrd. USD (Prognose 3.232 Mrd. USD) nach zuvor 3.246 Mrd. USD.
Hier den Hellmeyer Report lesen! (inkl. Graphiken und Tabellen!)
MÄRKTE
DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen
DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
Di | NACHBÖRSE/XDAX +0,0% auf 18.439 Pkt – Metro leichter, Fresenius fester | 442 | Dow Jones News | |
Di | MÄRKTE USA/Börsen behauptet – Disney knicken ein | 463 | Dow Jones News | |
Di | Aktien New York Schluss: Wenig verändert nach jüngster Erholung | 374 | dpa-AFX | |
Di | US-Anleihen: Leichte Kursgewinne NEW YORK (dpa-AFX) – US-Staatsanleihen haben am Dienstag leichte Kursgewinne verzeichnet. Der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) stieg um 0,13 Prozent auf 109,03 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Staatspapiere fiel im Gegenzug leicht auf 4,46 Prozent. Erneut zogen Aussagen von Mitgliedern der US-Notenbank Fed zu Inflation und Zinsen die Aufmerksamkeit auf sich. So zweifelt der Präsident der regionalen Notenbank von Minneapolis, Neel Kashkari, ob angesichts der hartnäckigen Teuerung die Geldpolitik restriktiv genug ist, um das von der Fed vorgegebene Ziel einer Inflation von zwei Prozent zu erreichen. Es sei wahrscheinlich, dass die Notenbank die Zinsen für eine längere Zeit auf dem aktuellen Niveau lasse. Aktuell sind an den Terminmärkten bis zum Jahresende knapp zwei Zinssenkungen der Fed eingepreist. Das ist etwas mehr als Mitte vergangener Woche. Der am Freitag veröffentlichte Arbeitsmarktbericht der Regierung hatte für Bewegung gesorgt, da er deutlich schlechter ausgefallen war als erwartet. Eine erste Lockerung der Geldpolitik wird jedoch weiterhin frühestens im Spätsommer erwartet./bgf/jsl/mis/ajx/he | 353 | dpa-AFX | |
Di | Devisen: Euro gibt zum US-Dollar etwas nach | 374 | dpa-AFX | |
DI | Aktien Wien Schluss: Gewinne – Banken stark | 274 | dpa-AFX | |
DI | MÄRKTE EUROPA/Aufwärts – Infineon gut 13 Prozent im Plus | 313 | Dow Jones News | |
DI | XETRA-SCHLUSS/DAX fast am Allzeithoch – Infineon plus 13 Prozent | 295 | Dow Jones News | |
DI | Deutsche Anleihen: Kursgewinne FRANKFURT (dpa-AFX) – Die Kurse deutscher Bundesanleihen haben am Dienstag zugelegt. Der richtungweisende Terminkontrakt Euro-Bund-Future stieg zuletzt um 0,30 Prozent auf 131,82 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen sank im Gegenzug auf 2,42 Prozent. Konjunkturdaten fielen am Morgen gemischt aus. Auftragsdaten aus der deutschen Industrie enttäuschten die Erwartungen mit einem monatlichen Rückgang. Zahlen vom Außenhandel überraschten hingegen positiv, die Ausfuhren stiegen im März nach einem Rückgang im Monat zuvor wieder an. Die Handelsdaten bestätigten die Rückkehr des exportorientierten deutschen Wachstumsmodells, kommentierte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Positive Nachrichten gab es hingegen aus dem Einzelhandel der Eurozone. Hier sind die Umsätze im März im Vergleich zum Vormonat gestiegen. Das Plus war stärker als erwartet. In den USA wurden keine wichtigen Konjunkturdaten veröffentlicht./jsl/zb | 183 | dpa-AFX | |
DI | ROUNDUP/Aktien Europa Schluss: Weitere Erholung – Rekordhoch an Londoner Börse | 242 | dpa-AFX | |
DI | Aktien Schweiz deutlich im Plus – UBS nach Zahlen sehr fest | 173 | Dow Jones News |
ISRAEL
n-tv aktuell ISRAEL
07.05.2024 12:32
Propalästinensischer Protest Polizei räumt besetzten Hof an Berliner Uni
Ähnlich wie in den USA stellen an der Freien Universität Berlin an die 100 Demonstranten Zelte auf, um sich solidarisch mit Palästinensern zu zeigen. Die Hochschulleitung ruft umgehend die Polizei – und die beginnt, Personen vom Gelände zu begleiten.
n-tv aktuell Nahost-Konflikt
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NACHT IM ÜBERBLICK – ISRAEL
ROUNDUP: Neue Verhandlungen nach Israels Vorstoß in Rafah – Nacht im Überblick
KAIRO/GAZA/TEL AVIV (dpa-AFX) – Nach dem Vorrücken der israelischen Armee in die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens richten sich die Augen erneut auf die indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas. Die bestehenden Lücken zwischen den Standpunkten beider Seiten könnten geschlossen werden, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, am Dienstag. „Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um diesen Prozess zu unterstützen und dieses Ergebnis zu erreichen.“
Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag erklärt, was Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu jedoch als vergeblichen Versuch bezeichnete, den – in der Nacht zum Dienstag dann tatsächlich erfolgten – Vorstoß in Rafah zu torpedieren. Das aktuelle Angebot der Islamisten sei weit von den Anforderungen seiner Regierung entfernt, sagte er am Dienstagabend.
Auch die US-Regierung wies Darstellungen zurück, die Hamas habe kurz vor dem Vorrücken der israelischen Truppen einem Verhandlungsvorschlag über eine Feuerpause zugestimmt. „Die Hamas hat reagiert und in ihrer Antwort mehrere Gegenvorschläge gemacht“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Dienstag (Ortszeit) in Washington. „Das ist aber nicht dasselbe, wie einen Vorschlag zu akzeptieren.“ Vielmehr habe die Terrororganisation „mit Änderungswünschen geantwortet – man könnte es einen Gegenvorschlag nennen – und mit diesen Details befassen wir uns momentan“.
Israel zeigt Kompromissbereitschaft
Er habe das israelische Verhandlungsteam in Kairo angewiesen, an Israels Bedingungen festzuhalten, teilte Netanjahu weiter mit. Sein Verteidigungsminister Joav Galant stellte derweil einen Zusammenhang zwischen dem Rafah-Einsatz vom Dienstag und den Verhandlungen in Kairo über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln her. „Wir sind bereit, Kompromisse einzugehen, um Geiseln zurückzuholen“, sagte Galant nach Angaben seines Büros am Dienstagabend. „Aber wenn diese Option wegfällt, werden wir weitermachen und den Einsatz vertiefen.“ Der Einsatz werde fortgesetzt, „bis wir die Hamas im Gebiet von Rafah und im gesamten Gazastreifen eliminiert haben oder bis die erste Geisel zurückkehrt“.
Israelische Truppen waren in der Nacht zum Dienstag in Teile der Stadt Rafah vorgerückt und brachten nach eigenen Angaben die palästinensische Seite des dortigen Grenzübergangs nach Ägypten unter ihre Kontrolle. Sowohl der Grenzverkehr als auch die Einfuhr humanitärer Hilfsgüter wurden vorerst eingestellt. Israels Armee sprach von einem „präzisen Anti-Terror-Einsatz in sehr begrenztem Umfang“.
USA: Israels Einsatz in Rafah begrenzt
Auch nach Auffassung der US-Regierung handelte es sich dabei nicht um eine großangelegte Bodenoffensive, vor der Washington den Verbündeten immer wieder gewarnt hat. Das Weiße Haus sei der Ansicht, dass Israels Einsatz zur Einnahme des Grenzübergangs Rafah nicht die „rote Linie“ von US-Präsident Joe Biden überschreite, sagten zwei US-Beamte dem Nachrichtenportal „Axios“.
Israelische Vertreter hätten versichert, dass es sich um eine „Operation von begrenztem Umfang, Ausmaß und Dauer“ handele, die darauf abziele, „die Fähigkeit der Hamas, Waffen über die Grenze von Rafah zu transportieren, zu unterbinden“, sagte der Kommunikationsdirektor des nationalen Sicherheitsrats der USA, Kirby. Zugleich betonte er, man beobachte das weitere Vorgehen. US-Medienberichten zufolge verzögern die USA aus Sorge über eine Großoffensive in Rafah den Verkauf weiterer Munition an Israel.
Die Stadt im Süden Gazas gilt als letzte Bastion der Hamas in dem Küstengebiet, dort werden ihre Führungsspitze sowie Geiseln vermutet. Die Einnahme des Grenzübergangs Rafah versetze das israelische Militär nun in die Lage, im Falle eines vollständigen Scheiterns der indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln eine umfassendere Offensive einzuleiten, schrieb das „Wall Street Journal“ am Dienstag.
Israels Führung ist seit Langem besorgt darüber, dass das Grenzgebiet zu Ägypten eine Route für den Schmuggel von Waffen in den Gazastreifen und ein entscheidendes Element der militärischen Versorgungskette der Hamas darstellt. Israel dringt auf strengere Kontrollen in einem Abschnitt, der entlang der Grenze zu Ägypten verläuft und als Philadelphi-Korridor bekannt ist. „Der Korridor ist viel wichtiger als die vier Hamas-Bataillone in Rafah“, zitierte die US-Zeitung einen Militäranalysten des Instituts für nationale Sicherheitsstudien in Tel Aviv. Die USA haben jedoch wegen der großen Zahl an Flüchtlingen in Rafah wiederholt Bedenken hinsichtlich einer größeren Bodenoffensive geäußert, auch gegenüber der israelischen Regierung. Daran habe sich nichts geändert, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, Kirby.
Auch Baerbock warnt vor Großoffensive in Rafah
Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock warnte Israel erneut vor einer Großoffensive in Rafah. „Eine Million Menschen können sich nicht in Luft auflösen. Sie brauchen Schutz“, schrieb die Grünen-Politikerin am Dienstag auf dem Rückweg von ihrer Indopazifik-Reise nach Berlin auf X (früher Twitter). „Sie brauchen dringend weiter humanitäre Hilfe.“ Dafür müssten die Grenzübergänge Rafah und Kerem Schalom unverzüglich wieder geöffnet werden.
Der militärische Arm der Hamas hatte am Dienstag erneut den Grenzübergang Kerem Schalom mit Raketen und Mörsergranaten angegriffen. Erst am Sonntag hatten die Kassam-Brigaden bei einem Raketenangriff auf Kerem Schalom vier israelische Soldaten getötet. Der wichtigste Grenzübergang für die Lieferungen von Hilfsgütern aus Israel in den Gazastreifen wurde daraufhin ebenfalls vorerst geschlossen.
Der US-Regierung wurde nach Angaben des Weißen Hauses mitgeteilt, dass Kerem Schalom am Mittwoch wieder geöffnet werden soll. Auch der Grenzübergang Rafah sollte schnell wieder für humanitäre Hilfslieferungen geöffnet werden, hieß es.
Nach Ende des Militäreinsatzes in Rafah soll einem israelischen Medienbericht zufolge ein privates amerikanisches Sicherheitsunternehmen die Verwaltung des Grenzübergangs in der Stadt im Süden Gazas übernehmen. Darauf hätten sich Israel, die USA und Ägypten geeinigt, meldete die Zeitung „Haaretz“ am Dienstagabend. Um welches Unternehmen es sich dabei handeln soll, blieb zunächst unklar. Die israelische Regierung wollte sich auf Anfrage nicht zu dem israelischen Zeitungsbericht äußern. Kirby sagte dazu in Washington, er wisse nichts davon./ln/DP/zb
WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN
USA: Hamas hat Kompromissentwurf vor Rafah-Angriffen nicht zugestimmt
WASHINGTON (dpa-AFX) – Die US-Regierung hat Berichte zurückgewiesen, wonach die islamistische Hamas kurz vor dem Vorrücken israelischer Truppen in Rafah einem Verhandlungsvorschlag über eine Feuerpause zugestimmt haben will. „Die Hamas hat reagiert und in ihrer Antwort mehrere Gegenvorschläge gemacht“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Dienstag in Washington. „Das ist aber nicht dasselbe, wie einen Vorschlag zu akzeptieren.“ Miller erläuterte, es handele sich bei dem zur Debatte stehenden Entwurf um ein Angebot von Ende April. „Das war der Vorschlag, der auf dem Tisch lag“, so der Sprecher. Die Hamas habe anscheinend öffentlich kommuniziert, dieses Angebot akzeptiert zu haben. Das stimme so aber nicht. „Sie haben mit Änderungen geantwortet – man kann es einen Gegenvorschlag nennen – und mit diesen Details befassen wir uns momentan.“/gei/DP/zb
Weißes Haus nach Gesprächen mit Israel: Einsatz in Rafah ist begrenzt
WASHINGTON (dpa-AFX) – Die US-Regierung setzt nach Gesprächen mit Vertretern Israels darauf, dass es sich beim Vorrücken der Armee auf die Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen um einen „begrenzten“ Einsatz handelt. „Wir haben unsere Bedenken hinsichtlich einer größeren Bodenoperation im Gazastreifen, die die Flüchtlinge, die sich noch immer dort aufhalten, in große Gefahr bringen würde, immer wieder deutlich gemacht, und daran hat sich nichts geändert“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag. Washington sei aber in Gesprächen mit Vertretern Israels versichert worden, dass es sich um eine „Operation von begrenztem Umfang, Ausmaß und Dauer“ handele, die darauf abziele, „die Fähigkeit der Hamas, Waffen über die Grenze von Rafah zu transportieren, zu unterbinden“. Kirby betonte, man beobachte das weitere Vorgehen.
Mit Blick auf die Verhandlungen über ein Geiselabkommen mit der islamistischen Hamas sagte Kirby, dass er davon ausgehe, dass die bestehenden Lücken zwischen den Standpunkten beider Seiten geschlossen werden könnten. „Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um diesen Prozess zu unterstützen und dieses Ergebnis zu erreichen“, sagte Kirby. Details wollte er auf Nachfrage nicht nennen. „In dieser sehr heiklen Phase und zu einem sehr sensiblen Zeitpunkt, an dem wir uns in den Verhandlungen befinden, halte ich es für das Beste, die Verhandlungsführer die bestehenden Lücken schließen zu lassen.“ Mit Blick auf den Text gehe man aber davon aus, dass das möglich sei.
In Ägypten verhandeln Israel und die islamistische Hamas derzeit indirekt über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sowie die Freilassung von Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge. Katar, Ägypten und die USA agieren dabei als Vermittler. Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg erklärt. Nach Darstellung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hat die Hamas jedoch versucht, mit der Zustimmung zu einem neuen Verhandlungsvorschlag die israelische Offensive in Rafah zu torpedieren./nau/DP/he
Biden warnt vor Antisemitismus und versichert Israel Unterstützung
WASHINGTON (dpa-AFX) – US-Präsident Joe Biden hat Antisemitismus bei propalästinensischen Protesten an Hochschulen aufs Schärfte verurteilt und seine „eiserne“ Unterstützung für Israel bekräftigt. „Mein Engagement für die Sicherheit des jüdischen Volkes, für die Sicherheit Israels und sein Recht, als unabhängiger jüdischer Staat zu existieren, ist eisern – sogar wenn wir unterschiedlicher Meinung sind“, sagte Biden am Dienstag im US-Kapitol anlässlich einer Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer des Holocaust. Er fügte hinzu: „Auf keinem Campus in Amerika und an keinem Ort in Amerika ist Platz für Antisemitismus oder Hassreden oder Gewaltandrohungen jeglicher Art.“
Proteste gegen das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg waren in den vergangenen Wochen an diversen US-Hochschulstandorten hochgekocht. Während einige jüdische Studierende an diesen Protesten teilnehmen, fühlen sich andere bedroht und bleiben den Unis fern. An Elite-Hochschulen wie der Columbia Universität räumte die Polizei mit einem Großaufgebot den Campus. Die propalästinensischen Demonstrationen in den USA richten sich auch gegen Bidens Nahost-Politik. Dieser hatte in den vergangenen Monaten auch kritische Worte für das Vorgehen von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Gaza-Krieg gefunden.
Bei seiner Rede im Kapitol machte Biden nun deutlich, dass es eine Pflicht gebe, aus der Geschichte zu lernen. Er erinnerte an das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. „Zu viele Menschen leugnen, verharmlosen, rationalisieren und ignorieren die Schrecken des Holocaust und des 7. Oktobers, einschließlich des entsetzlichen Einsatzes von sexueller Gewalt durch die Hamas, um Juden zu foltern und zu terrorisieren“, so Biden weiter. Das sei „verabscheuungswürdig“ und müsse aufhören.
„Nun, hier sind wir nicht 75 Jahre später, sondern nur siebeneinhalb Monate später und die Menschen vergessen bereits, dass die Hamas diesen Terror entfesselt hat“, mahnte er. In den USA habe es einen heftigen Anstieg von Antisemitismus gegeben, es gebe bösartige Propaganda gegen Juden in sozialen Medien, und an US-Hochschulen würden jüdische Studierende angegriffen und belästigt. „Wir halten die Rechtsstaatlichkeit aufrecht, und niemand sollte sich verstecken oder mutig sein müssen, nur um er selbst zu sein“, sagte der 81-Jährige./nau/DP/zb
ROUNDUP 2: Israel rückt in Rafah ein und übernimmt Grenzübergang zu Ägypten
TEL AVIV/WASHINGTON/KAIRO (dpa-AFX) – In einem dramatischen Schritt sind israelische Truppen in der Nacht zum Dienstag in Teile der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen vorgerückt. Der einzige Grenzübergang nach Ägypten in Rafah sei nun auf der palästinensischen Seite unter israelischer Kontrolle, teilte ein ranghoher israelischer Militär mit. Auch auf dem sogenannten Philadelphi-Korridor – einem Grenzstreifen zwischen Ägypten und dem Gazastreifen – wurden nach Angaben palästinensischer Augenzeugen israelische Truppen gesichtet.
Es ist das erste Mal seit dem israelischen Abzug aus dem Gazastreifen vor fast zwei Jahrzehnten, dass israelische Streitkräfte wieder in dieses Gebiet vordringen. Israel geht davon aus, dass über die Grenze zu Ägypten Waffen in den Gazastreifen gelangen. Auf Videoaufnahmen der Armee war zu sehen, wie Panzer in den Grenzbereich von Rafah einrollten. Auf einem der Panzer wehte eine große israelische Nationalflagge.
Der Einsatz befeuerte Sorgen vor einer folgenschweren Offensive in der mit Flüchtlingen überfüllen Stadt. Die meisten Zivilisten und Vertreter internationaler Hilfsorganisationen hätten nach Evakuierungsaufrufen der Armee am Montag das Gebiet bereits verlassen, teilte der Militär weiter mit.
Verwirrung über Hamas-Erklärung zu Waffenruhe
Kurz vor dem Vorrücken der Truppen hatte die Hamas am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Feuerpause im Gaza-Krieg erklärt. Dieser Entwurf entspricht jedoch nicht den israelischen Forderungen. Der israelische Militär sagte, man prüfe den Vorschlag. Israel werde eine Delegation zu weiteren Verhandlungen nach Kairo schicken. Dort bemühen sich die Unterhändler Ägypten, Katar und die USA weiter um eine Waffenruhe, die Freilassung von Geiseln und Häftlingen sowie die ungehinderte Lieferung humanitärer Hilfsgüter in den Gazastreifen.
Der von der Hamas akzeptierte Entwurf zu einer Feuerpause umfasst nach Angaben der Islamisten drei jeweils 42-tägige Phasen. Die erste Phase sehe unter anderem die Freilassung von 33 Geiseln im Austausch für hunderte palästinensische Häftlinge vor. Nach Angaben der Hamas könnte es sich dabei aber sowohl um lebende als auch um bereits tote Geiseln handeln.
Weiterhin seien eine vorläufige Einstellung der Kämpfe, ein schrittweiser Teilabzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen, Bewegungsfreiheit für unbewaffnete Palästinenser in dem Küstengebiet und die verstärkte Einfuhr von humanitärer Hilfe vorgesehen.
Die zweite Phase laufe auf die Freilassung aller restlichen Geiseln, den Komplettabzug der israelischen Armee aus Gaza und einen dauerhaften Waffenstillstand hinaus.
In der dritten Phase soll demnach ein auf drei bis fünf Jahre angelegter Prozess zum Wiederaufbau Gazas beginnen.
Israel stufte den Vorschlag rasch als Täuschungsmanöver der Hamas und Versuch ein, den Einsatz in Rafah zu stoppen. Es handelte sich offenbar um einen von Ägypten und Katar ausgearbeiteten Entwurf, dem Israel bislang nicht zugestimmt hatte. Der jüdische Staat fordert die Freilassung lebender Geiseln in der ersten Phase und hat bisher einem vollständigen Ende des Krieges nicht zugestimmt.
Israel will weiterhin die Hamas zerstören und die Herrschaft der Terrororganisation im Gazastreifen beenden. Rafah gilt als letzte Bastion der Hamas, dort werden die Führungsspitze der Organisation sowie Geiseln vermutet. Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit einer Offensive im Gazastreifen, bei der nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher 34 789 Palästinenser getötet und mehr als 78 000 weitere verletzt wurden.
Ägypten verurteilt Israels Militäraktion in Rafah
Ägypten verurteilte das Vorrücken der israelischen Armee in Rafah am Dienstag scharf. Das Außenministerium in Kairo sehe darin eine „gefährliche Eskalation, die das Leben von mehr als einer Million Palästinenser“ bedrohe. Ägypten rufe die israelische Seite dazu auf, ein Höchstmaß an Zurückhaltung zu üben und nicht mit dem Feuer zu spielen. Israels Nachbarstaat befürchtet unter anderem, es könnte bei einer großangelegten Offensive in Rafah zu einem Ansturm von Palästinensern über die Grenze kommen.
In Rafah liegt der Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten, es ist auch ein wichtiges Tor für humanitäre Hilfslieferungen in den abgeriegelten Küstenstreifen. Sowohl der Grenzverkehr als auch die Einfuhr humanitärer Hilfe wurden vorerst eingestellt. Der militärische Hamas-Arm griff unterdessen am Dienstag erneut den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom mit Raketen und Mörsergranaten an. Erst am Sonntag hatten die Kassam-Brigaden bei einem Raketenangriff auf Kerem Schalom vier israelische Soldaten getötet. Kerem Schalom, wichtigster Grenzübergang für die Lieferung von Hilfsgütern aus Israel in den Gazastreifen, wurde daraufhin ebenfalls vorerst geschlossen.
Israel: „Präziser Anti-Terror-Einsatz in sehr begrenztem Umfang“
Der israelische Militärvertreter sagte am Dienstag zu den aktuellen Entwicklungen, es handele sich um einen „präzisen Anti-Terror-Einsatz in sehr begrenztem Umfang“. Spezialtruppen durchsuchten den Rafah-Übergang nach Terroristen. Es gebe Hinweise darauf, dass die Hamas die Gaza-Seite des Übergangs für Terrorzwecke missbraucht habe.
Das Nachrichtenportal „Axios“ berichtete unter Berufung auf israelische Regierungsbeamte, der Einsatz von Panzern und Bodeneinheiten östlich von Rafah sei als erste Phase der Offensive zu verstehen. Die Übernahme des Grenzübergangs Rafah solle nicht nur den Machtverlust der Hamas im Gazastreifen demonstrieren. Anschließend sollten Palästinenser ohne Verbindung zu den Islamisten an der Verteilung von Hilfsgütern beteiligt werden, die aus Ägypten in das abgeschottete Küstengebiet kommen.
UN und USA warnen vor Bodenoffensive
Die humanitären Organisationen der Vereinten Nationen verurteilten Israels Vorrücken in Rafah. Für die Zivilbevölkerung gebe es keine sicheren Routen Richtung Norden und keine sicheren Zufluchtsorte mit ausreichend Sanitäranlagen und Nahrungsmittelversorgung. Dies seien Grundvoraussetzungen für Evakuierungen, sagte die Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros, Ravina Shamdasani, am Dienstag in Genf. Wenn diese nicht erfüllt seien, handele es sich um Zwangsumsiedlungen, die Kriegsverbrechen darstellen könnten.
Israel hatte am Montag etwa 100 000 Palästinenser aufgefordert, den östlichen Teil von Rafah aus Sicherheitsgründen zu verlassen. Die betroffenen Bewohner sollten sich in das Gebiet Al-Mawasi nahe der Küste begeben, ihre Versorgung mit Nahrungsmittel, Wasser und Medikamenten könne dort gewährleistet werden.
Die US-Regierung geht nach jetzigem Stand nicht davon aus, dass es sich um den Beginn einer großangelegten Offensive des israelischen Militärs handelt. Das teilte ein US-Regierungsvertreter am Montagabend (Ortszeit) in Washington mit. An den ernsthaften Bedenken der amerikanischen Seite wegen einer solchen Militäroffensive in dem dicht besiedelten Gebiet habe sich aber nichts geändert.
Nach Aussagen der Vereinten Nationen halten sich gegenwärtig insgesamt 1,2 Millionen Menschen in Rafah auf, wo sonst nur etwa 250 000 Menschen lebten. In den vergangenen Tagen und Wochen haben die US-Regierung und andere Verbündete Israels immer wieder vor den Folgen eines Militäreinsatzes in Rafah gewarnt./le/DP/he
Uni Wien distanziert sich entschieden von den „Pro-Palästina-Protesten“
Die Universität Wien distanziert sich entschieden von den Anliegen der „Pro Palästina Proteste“ am Campus. Antisemitismus und die Verharmlosung von Terror haben keinen Platz an der Universität Wien. Für sachliche Diskussionen auch zu kontroversiellen Themen bieten Universitäten ein kritisches Forum. Einseitige Darstellungen, Intoleranz, Rassismus und Antisemitismus dagegen verurteilen wir in aller Schärfe.
Antisemitische Vorfälle an der Universität Wien
Nach dem 7. Oktober beobachtete die Universität Wien Vorfälle, insbesondere Beschmierungen, die umgehend entfernt und zur Anzeige gebracht wurden. Dies war insbesondere im Bereich des Campus der Universität Wien der Fall, es gab dann noch vereinzelte Vorfälle, u.a im NIG.
Der Universität Wien ist die Sicherheit jüdischer Student*innen wichtig. In den letzten Monaten wurden eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt um diese Sicherheit zu gewährleisten.
Die Universität Wien ist offen für sachliche Diskussionen, auch zu kontroversiellen Themen in einer Perspektivenvielfalt. Einseitige Darstellungen, Intoleranz, Rassismus und Antisemitismus haben an der Universität Wien keinen Platz.
Meldung von antisemitischen Vorfällen
Studierende, Mitarbeiter*innen und Besucher*innen der Universität Wien können antisemitische Vorfälle an rrm.sicherheit(at)univie.ac.at. melden. Auch via rektorat(at)univie.ac.at können generelle Beobachtungen und Vorfälle im Zusammenhang mit Antisemitismus zusätzlich gemeldet werden.
Statement zum Terrorangriff auf Israel
Antisemitismus und die Verharmlosung von Terror haben keinen Platz an der Universität Wien. Die Universität Wien verurteilt den Terrorangriff vom 7. Oktober 2023 auf Israel und ist entsetzt über das Ausmaß der Gewalt, die zu so vielen Toten und Verletzten geführt hat. (Oktober 2023)
Antisemitismus und die Verharmlosung von Terror haben keinen Platz an der Universität Wien. Eine Stellungnahme
Die Evangelisch-Theologische und die Katholisch-Theologische Fakultät sowie das Institut für Islamisch-Theologische Studien der Universität Wien sind entsetzt über die israelfeindlichen und antisemitischen Parolen, die am Wochenende an die Wände des Campus am Alsergrund geschmiert wurden.
Aussagen zur Vernichtung Israels verurteilen wir auf das Schärfste! Das unveräußerliche Existenzrecht Israels darf nicht in Abrede gestellt werden. Obendrein blenden die Parolen aus, dass sich der Terror der Hamas auch gegen die palästinensische Bevölkerung selbst richtet und den Tod unschuldiger Menschen verursacht.
Wir hoffen auf eine Lösung, die ein friedliches Zusammenleben aller in Israel, in den Palästinensergebieten und in den arabischen Nachbarländern lebenden Menschen ermöglicht, das auf einer demokratischen und toleranten Haltung ohne religiösen Fundamentalismus beruht.
Das Recht auf Meinungsfreiheit gilt in einer Demokratie ebenso wie in den Universitäten unter Beachtung der Menschenrechte und Mitmenschlichkeit. Die Universität als Ort eines offenen, informierten und freiheitlichen Diskurses darf nicht zu Hass, zu Polemik und Geschichtsverfälschung sowie zur Unterstützung des Terrors der Hamas und eines politischen Islams missbraucht werden.
Als Fakultäten und Institut sind wir bestrebt, antisemitischen und antijüdischen Tendenzen – auch in kritischer Reflexion unserer eigenen Traditionen – mit theologischer und religionswissenschaftlicher Expertise entgegenzuwirken.
Univ.-Prof.in Dr.in Uta Heil (Dekanin der Evangelisch-Theologischen Fakultät)
Univ.-Prof.in Dr.in Handan Aksünger-Kizil (Vorständin des Instituts für Islamisch-Theologische Studien)
Univ.-Prof.in Dr.in Andrea Lehner-Hartmann (Dekanin der Katholisch-Theologischen Fakultät)
(Wien, 31. Oktober 2023)
Wiener Festwochen: Omri Boehm fordert Überwindung des Nationalstaates
Wer die Menschenwürde verteidigen wolle, könne das nicht in den Kategorien des Nationalstaates tun. Mit einer Verteidigung universeller Werte trat der deutsch-israelische Philosoph Omri Boehm am Dienstagabend auf dem Wiener Judenplatz auf. Seine „Rede an Europa“ wurde von Protesten begleitet. Boehm rief zu Beginn die vor ihm stehenden Protestierenden aus der jüdischen Gemeinde auf zuzuhören und einander zu respektieren. Er werde ihnen auch zuhören.
Mit einer Aufforderung, sich von den eigenen Mythen zu verabschieden und die eigene universellen Werte gegen die Last der eigenen Geschichte zu vertreten positionierte sich Boehm auch im momentanen Interpretationsstreit der Nahostkrise. Seine „Rede an Europa“ („Shadows of History, Spectres of the Present: The Middle East War and Europe’s Challenge“) wurde unter dem Protest jüdischer Gruppen auf dem Wiener Judenplatz vor dem Schoah-Denkmal von Rachel Whiteread gehalten. Die Israelitische Kultusgemeinde hatte gegen die Rede Boehm an diesem Ort letzte Woche massive Bedenken eingebracht.
Wer die Menschenwürde heute verteidigen wolle, müsse sich vom Konzept der nationalen Souveränität verabschieden, so Boehm mit einem Blick auch auf die Geschichte der Gründung Israels aus den Erfahrungen des Holocaust. „Wir müssen die Geschichte respektieren, weil wir uns zu ihren Idealen verpflichten“, so Boehm. Die Ideale könnten aber zu Mythen verkommen, nicht zuletzt zu „nationalen Mythen“.
Jetzt, wo rechte Regierungen nationale Mythen bedienten, müssten die verbindenden Ideale der Geschichte erneut hochgehalten werden, so der Philosoph, der auch daran erinnerte, dass ihn die persönliche Geschichte seiner Frau und ihrer vertriebenen jüdischen Familie aus Wien mit dem Ort Judenplatz verbinde.
Wenn Europa proklamiere, die Würde des Menschen sei unantastbar, dann müsse es das vor dem Hintergrund seiner eigenen Geschichte und auch den Verfehlungen dieser Geschichte ansehen. Denn auch der Satz, die Würde des Menschen sei unantastbar, könne rasch in einen Mythos umschlagen.
Europa und die Überwindung des nationalen Souveräns
Die Europäische Union sei in ihrer Gründung die einzige produktive Antwort auf die Frage, was aus der Welt nach dem Ende von Großreichen werde. Nicht der nationale Souverän, sondern die Überwindung dieses Prinzips sei der Auftrag Europas.
Die entscheidende Frage für ihn sei, ob die Lehre Europas zur Überwindung der nationalen Souveränität auch auf die Opfer der europäischen Geschichte, konkret die Juden und den Holocaust anwendbar sei. Denn nur in einer souveränen Nation, so die Lehre der Opfer, habe man sich ja der systematischen Verfolgung und Ermordung entziehen können. Und wie, so Boehm, könne eine israelische Verfassung aus der historischen Erfahrung dann nicht zuerst die Gedanken an die Souveränität des jüdischen Volkes, sondern die nach universalisierbaren Menschenrechten setzen? Diese Frage werde nun von manchen auf die Situation der Palästinenser angewandt – „was, so lautet die Frage einiger Europäer, kann uns veranlassen, die Palästinenser in der Anwendung von Gewalt zu kritisieren, wenn diese selbst von keinem Recht geschützt seien.
Wenn Europas Antwort auf den Untergang von Reichen lautete, dass das Menschenrecht die Orientierung des Handelns wären, so hätten die Opfer auf der anderen Seite stets auf das Recht der nationalen Souveränität gesetzt. Europa könne vor dieser Auseinandersetzung nur zu seinen universellen Prinzipien stehen. Der ständige Blick auf die eigene historische Verantwortung könne am Ende nur dazu führen, in die beschriebenen Widersprüche zu laufen.
„Sie lügen“, hielten einige der jüdischen Demonstrierenden auf dem Platz Boehm entgegen. Den 7. Oktober bezeichneten sie auf Plakaten teils als Fortsetzung der Schoah.
Milo Rau wundert sich, dass Boehm polarisiere
Veranstaltet wird die Rede gemeinsam vom Institut für die Wissenschaften vom Menschen und den Festwochen. Die Erste Stiftung hatte nach den Protesten der Israelitischen Kultusgemeinde ihre Unterstützung zuletzt zurückgezogen.
Der neue Leiter der Festwochen, Milo Rau, wunderte sich bei seinen einleitenden Worten, dass ein Redner, „der versöhnen“ wolle wie Boehm, zu den ablehnenden Reaktionen im Vorfeld geführt hatte. Rau hielt zuletzt auch in der Zeitschrift „News“ in einem Gespräch mit dem Journalisten Heinz Sichrovsky fest, dass der Antisemitismus „unvorsichtig benutzt und instrumentalisiert“ würde.
Boehm hält an seinen Ideen zu Nahost fest
Boehm verteidigte im Vorfeld das Konzept und den Judenplatz als Ort seiner Rede. „Ich bin tief mit der Geschichte des Holocaust verbunden und damit auch der Notwendigkeit, seiner Erinnerung Respekt zu zollen“, so Boehm am Sonntagabend in der ZIB2: „Ich glaube aber, wir haben Formen entwickelt, dieser Erinnerung gegenüber respektlos zu sein, wenn wir sie manchmal für die falschen Zwecke missbrauchen.“ Die Israelische Kultusgemeinde (IKG) hatte sich für eine Verlegung der Rede Boehms ausgesprochen.
An seiner kritisierten Sichtweise des Nahost-Konflikts und der Zukunftsvision eines „binationalen Israels“ hielt der Philosoph in der TV-Sendung fest. Der Nahost-Konflikt könne nur durch eine israelisch-palästinensische Föderation beigelegt werden, argumentierte er, auch wenn das aktuell schwer vorstellbar sei. Eine Zweistaatenlösung sei aus verschiedenen Gründen unrealistisch.
Gegenüber dem „Standard“ (Montag-Ausgabe) hielt der Philosoph zudem fest: „Ich verstehe die Zweifel an der föderalen Richtung, die ich unterstütze. Seit dem 7. Oktober ist die Situation unerträglich geworden. Aber es wäre noch viel weiter von jeglicher Realität entfernt, heute von einer Zweistaatenlösung zu sprechen. Oder dass es keiner Vermittlung bedürfe. Diese beiden Illusionen haben uns in die gegenwärtige Katastrophe geführt.“
Seine Forderungen seien realistischer als eine Zweistaatenlösung, die ja auch an der Realität zerbreche, etwa, wenn von Israel in Anspruch genommenes Land dazu führe, dass Palästinensern und Palästinenserinnen zugleich „demokratische Rechte genommen“ würden.
Boehm sieht in seinem 2020 veröffentlichten Buch-Essay „Israel – eine Utopie“ einen eklatanten Widerspruch zwischen einem jüdischen Staat und einer liberalen Demokratie. Er spricht sich für die Vision eine „ethnisch neutralen Staates“ aus, der damit aber auch seine zionistische Gründung überwinden würde.
Muzicant gegen Boehm im Vorfeld
Wenn er 30 wäre, würde er auf den Wiener Judenplatz gehen und Eier werfen. So hatte der frühere Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, den Auftritt von Boehm auf dem Wiener Judenplatz im Vorfeld kommentiert. Muzicant, aktuell Interimspräsident des Europäischen Jüdischen Kongresses und Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses, hält den Platz für einen ungeeigneten Ort für die Rede des jüdischen Philosophen. Nach eigenen Angaben habe er bei der Stadt Wien und bei der Erste Stiftung, einem der Sponsoren des Events, interveniert. Bei der Erste Stiftung erfolgreich (diese zog ihre Unterstützung für das Event zurück), bei der Stadt Wien erfolglos. Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler weilte zum Ausbruch der Debatte in New York und diskutierte dort auf einer internationalen Konferenz just über die Wurzeln des Antisemitismus im Wien um 1900.
Boehm nannte Muzicants Kritik darauf „respektlos“, weil sie Menschen animieren könne, genau an diesem Platz des Gedenkens Eier zu werfen. „Leute wie Muzicant“, die sich beschwerten, dass er postkoloniales Denken in den israelischen Kontext einführe, seien schlecht informiert, so Boehm: „Ich bin ein lautstarker Gegner des postkolonialistischen Denkens, theoretisch und im israelisch-palästinensischen Kontext. Was Muzicant an meiner Position zu stören scheint, ist nicht mein angeblicher ‚Postkolonialismus‘, sondern die Tatsache, dass ich mit Kant den Universalismus der Aufklärung vertrete. Das ist natürlich legitim, wenn auch besorgniserregend.“
Edtstadler: „Das ist purer Antizionismus und damit Antisemitismus“
IKG-Präsident Oskar Deutsch kritisierte zuletzt, dass die Bitten einer Verlegung der Rede Boehms abgelehnt worden seien. Scharfe Kritik kam am Montag auch von Verfassungsministerin Edtstadler, die gerade selbst eine internationale Konferenz zum Antisemitismus abhält. Es ist dringend an der Zeit zu überdenken, jemandem, der hier an Israel Kritik übt, die keine Kritik an Israel ist, sondern purer Antizionismus und damit Antisemitismus, tatsächlich eine Bühne mitten in Wien zu geben, war Edtstadler im Ö1-Mittagsjournal zu hören.
Kehlmann empört über Muzicant
Boehms Weggefährte Daniel Kehlmann verteidigte am Montag im Ö1-Mittagsjournal Boehms Zugang. Boehm sei Vertreter der Idee, dass ethische Normen, Rechte, Menschenwürde nicht in irgendeiner Form in Gruppen unterteilt werden könnten, so Kehlmann: „Und aus dem Grund ist es vollkommen konsequent, dass er sagen muss eigentlich, dass als Utopie es möglich sein muss und wünschenswert und anstrebbar, dass irgendwann Juden und Palästinenser als gleichberechtigte Bürger in einem demokratischen Staat leben. Ich verstehe jeden, der sagt, das ist mir zu utopisch, ich habe Einwände, ich habe Diskussionsbedarf, aber jemand, der dann sagt, das ist eine Schande, dass so ein Mensch auf diesem oder jenem Platz vortritt, auftritt und vorträgt, das kann ich nicht verstehen.“
Natürlich, so Kehlmann, berührten Boehms Vorschläge eine innerisraelische Debatte. „Es gibt aber eben auch sehr viele israelische Intellektuelle, wie zum Beispiel mein enger Freund Etgar Keret, die auch sagen, dass es eine Möglichkeit geben muss, jüdisches Leben sicher und friedlich in Israel zu führen, ohne dass man den Staat in irgendeiner Form als einen jüdischen definieren muss.“ Es müsse auch den Gedanken geben können, dass Israel ein Staat sein könne wie jeder andere auch, ohne dass man sich beim Vertreten dieser Position Gewaltandrohungen gefallen lassen müsse. „Wer Eier wirft, wirft schnell auch mal was anderes. Ich finde das absolut empörend“, so Kehlmann an die Adresse Muzicants.
Gerald Heidegger (Text), ORF Topos
Links:
- Wiener Festwochen: Eine Rede an Europa
- Omri Bohem im Interview mit dem „Standard“
- Omri Boehm und der Verlust der Mitte der Gesellschaft (ORF.at)
- Omri Boehm bei Ullstein
UKRAINE
n-tv aktuell UKRAINE
+++ 06:31 Selenskyj: Moskau heuchelt „Multipolarität“ +++
Gut einen Monat vor dem geplanten Friedensgipfel in der Schweiz wirbt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einmal mehr für die Teilnahme an dem Format. Der Gipfel, der für den 15. und 16. Juni in der Nähe von Luzern geplant ist, „kann und soll den Wert internationaler Zusammenarbeit demonstrieren“, sagt Selenskyj gestern in seiner abendlichen Videoansprache. Bei der Konferenz sollen früheren Angaben zufolge Vertreter von bis zu 80 Staaten dabei sein und Friedensperspektiven für die Ukraine diskutieren. „Während Moskau den Begriff „Multipolarität“ nur heuchlerisch verwendet, um seine Versuche, das Leben anderer Nationen zu kontrollieren, zu verstecken, schaffen wir ein Instrument echter Multipolarität“, sagt Selenskyj. Russlands Präsident Wladimir Putin, der am Dienstag in Moskau den Eid für seine fünfte Amtszeit abgelegt hatte, wirbt immer wieder für die Errichtung einer sogenannten multipolaren Weltordnung anstelle einer angeblichen US-amerikanischen Vorherrschaft. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass Putin, der vor mehr als zwei Jahren den Angriffskrieg gegen die Ukraine anordnete, offensichtlich keine echte Multipolarität anstrebt, sondern die Unterdrückung von Nachbarstaaten.
+++ 04:56 Russland greift Kiew und Lwiv an +++
Russland greift nach ukrainischen Angaben die Hauptstadt Kiew und die westukrainische Stadt Lwiv aus der Luft an. Die Luftabwehrsysteme seien mit der Abwehr des Angriffs beschäftigt, teilt das ukrainische Militär mit. Über Schäden und Opfer gibt es noch keine Angaben. Die Nachrichtenseite „Kyiv Independent“ berichtet, es seien Raketen, Marschflugkörper und Drohnen in Einsatz.
+++ 03:12 Für die ganze Ukraine gilt Luftalarm +++
In allen Regionen der Ukraine, einschließlich der Hauptstadt Kiew, ist Luftalarm ausgerufen worden. Die Luftwaffe meldet russischen Beschuss mit Raketen und Marschflugkörpern.
+++ 01:44 Beschuss mit ATACMS? Öldepot in Luhansk brennt +++
Aus dem russisch besetzten Luhansk werden am späten Abend mehrere Explosionen gemeldet. Unter anderem berichten die russische Agentur RIA Novosti sowie der von Russland eingesetzte Führer der selbsterklärten „Volksrepublik“ Luhansk, Leonid Pasichnik, von einem Feuer in einem Öldepot der Stadt. Laut Pasichnik brennt auch eine Hochdruck-Gasleitung. Russischen Medien zufolge habe es sich um einen Schlag mit mindestens einer ATACMS-Rakete gehandelt.
+++ 00:24 Taurus-Abhöraffäre: Ermittlungsverfahren eingestellt +++
Nach einem abgehörten Gespräch deutscher Offiziere zum Marschflugkörper Taurus hat die Staatsanwaltschaft Berlin das Ermittlungsverfahren gegen den Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz eingestellt. Das Verfahren sei formal eingeleitet worden, weil Privatpersonen wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen und einer besonderen Geheimhaltungspflicht Anzeigen erstattet hätten, teilt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mit. Weil ein Anfangsverdacht nicht gegeben sei, seien die Ermittlungen aber nicht aufgenommen worden. „Insbesondere lagen keine Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Handeln des Angezeigten vor. Etwaige Unachtsamkeiten wären möglicherweise disziplinarrechtlich relevant, sind aber als fahrlässiges Handeln nicht strafbewehrt“, so der Sprecher.
7.5.2024
+++ 22:43 Russlands Botschaft in Berlin fordert Freigabe von Fahnen +++
Russlands Botschaft in Berlin fordert die Behörden der Hauptstadt dazu auf, das Verbot von russischen Flaggen und anderen Symbolen im Umfeld sowjetischer Ehrenmale in Berlin am Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges aufzuheben. „Wir fordern die vollständige Abschaffung der entsprechenden Verbote“, erklärt die russische Botschaft: „Wir betrachten sie als Diskriminierung, die dem Geist der historischen Versöhnung zwischen den Völkern Russlands und Deutschlands in der Nachkriegszeit widerspricht.“ Die Berliner Polizei erklärte in der vergangenen Woche, dass am 8. und 9. Mai bestimmte Symbole verboten seien. Die Achtung dieser Gedenkstätten und Mahnmale sei vor dem Hintergrund des andauernden Russland-Ukraine-Krieges zu wahren, heißt es. Deshalb seien Symbole wie „Fahnen mit russischem Bezug“, das schwarz-orangefarbene Georgsband sowie Zeichen, „die geeignet sind, den Russland-Ukraine-Krieg zu verherrlichen“, untersagt.
+++ 22:15 Russland erklärt US-Organisation für „unerwünscht“ +++
Russland erklärt Freedom House, eine US-amerikanische NGO, die sich für internationale Demokratie einsetzt, als „unerwünschte“ Organisation. Dies teilt die russische Generalstaatsanwaltschaft mit. Das russische Gesetz über „unerwünschte Organisationen“ wurde 2015 verabschiedet und verbietet seitdem faktisch die Zusammenarbeit mit etwa 160 auf der Liste aufgeführten Organisationen. Russische Staatsanwälte begründen ihre Entscheidung damit, dass Freedom House angeblich „eine ‚dominante‘ Rolle der Vereinigten Staaten in der Welt fördert“ und eine pro-ukrainische Politik unterstütze. Zudem leiste die NGO „informative, finanzielle und rechtliche Unterstützung“ für „russische Oppositionsstrukturen, prowestliche und LGBT-Aktivisten (..) und Personen, die wegen terroristischer Straftaten verurteilt wurden“.
+++ 21:38 EU lockt Westbalkanländer mit Milliardenhilfen +++
Die EU stellt den Westbalkanländern sechs Milliarden Euro an Finanzhilfen in Aussicht. Das Geld soll Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien, Nordmazedonien und das Kosovo dazu animieren, umfassende Reformen für eine weitere Annäherung an die Europäische Union umzusetzen. Das zunehmend komplexe geostrategische Umfeld mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Krise im Nahen Osten gefährde die europäische und globale Sicherheit. Dies verdeutliche, wie wichtig die strategische Partnerschaft zwischen der EU und dem Balkan sei, heißt es zuletzt in einer EU-Erklärung. Gefördert werden sollen auf dem Westbalkan wirtschaftliche Maßnahmen sowie Projekte, die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte sicherstellen sollen. Grundsätzliches Ziel der EU sei es, die Westbalkanländer irgendwann einmal als neue Mitgliedstaaten aufzunehmen.
+++ 20:56 Ukraine plant Gründung neuer Teilstreitkraft für Drohnen +++
Das ukrainische Kabinett unterstützt einen Dekret-Entwurf von Präsident Wolodymyr Selenskyj zur Gründung einer neuen Teilstreitkraft innerhalb des ukrainischen Militärs: umbenannte Systeme. Der Erlass wurde gemeinsam vom Verteidigungsministerium und dem Generalstab ausgearbeitet. Die Streitkräfte für unbemannte Systeme sollen sich insbesondere darauf konzentrieren, die Arbeit der Ukraine mit Drohnen zu verbessern, spezielle Drohneneinheiten zu schaffen, die Ausbildung zu intensivieren, ihren Einsatz zu systematisieren, die Produktion zu steigern und Innovationen voranzutreiben. Drohnen sind für beide Kriegsparteien zu einem entscheidenden Faktor auf den ukrainischen Schlachtfeldern geworden. Sie werden für Aufklärung, Luftangriffe, Seeangriffe und die Führung von Artillerie eingesetzt. Im März gab die Ukraine ihre monatliche Produktionskapazität für Drohnen mit 150.000 Stück an.
Kreml-Helikopter jagt Magura V5 Ukraine rüstet Seedrohne mit Raketen aus
+++ 20:30 Video: Regierung zieht deutschen Botschafter in Russland vorübergehend ab +++
Die Lage im Ukraine-Krieg verschärft sich in vielerlei Hinsicht. Wegen der hybriden Kriegsführung Russlands ordert die Bundesregierung den deutschen Botschafter Lambsdorff zu Konsultationen zurück nach Berlin. Die Waffenlieferungen für die Ukraine wiederum verlaufen schleppend – und die Zeit drängt.
Nach Cyberattacken auf Politik Deutschland zieht Botschafter vorerst aus Russland ab
+++ 19:46 Video: Russland beginnt „Reprivatisierung bestimmter Branchen“ +++
Russlands Langzeitpräsident Wladimir Putin tritt seine fünfte Amtszeit an. Russlandexperte Gerhard Mangott erklärt, welche Änderungen nun auf das Land zukommen, inwiefern Putin den Ukraine-Krieg für seinen Machterhalt benötigt und welche Erwartungen der Staatschef an den Westen hat.
Mangott zu Putins neuer Amtszeit Russland startet „Reprivatisierung bestimmter Branchen“
+++ 19:12 EU erwägt Sanktionen gegen russische „Schattenflotte“ +++
Die EU hat Sanktionen für elf Öltanker vorgeschlagen. Sie sollen Teil einer Schattenflotte sein, die Russland dabei hilft, Sanktionen der westlichen Allianz zu umgehen. Die Schiffe könnten durch die Strafmaßnahmen aus EU-Häfen verbannt werden und dürften die Dienste europäischer Unternehmen nicht mehr in Anspruch nehmen. Bei der Schattenflotte handelt es sich um veraltete und weitgehend unversicherte Tanker, mit denen Russland Öl über der Preisobergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel transportiert, die die EU, die USA und die G7-Länder im Dezember 2022 eingeführt hatten, um Moskaus Einnahmen aus fossilen Brennstoffen zu verringern. Die Chefin der schwedischen Marine vermutete zudem, dass die Öltanker Spionage in der Ostsee betrieben. Einige Schiffe der Schattenflotte verfügten über ungewöhnliche Kommunikations- und Signalausrüstung.
+++ 18:31 Video: Deutschland ist auf Putins Zeremonie nicht vertreten +++
Es ist bereits die fünfte Amtszeit für Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Im März ließ er sich mit etwa 87 Prozent wiederwählen, nun tritt er bei einer prunkvollen Zeremonie offiziell sein Amt an. Einige NATO-Staaten sind auf der Feier nicht vertreten, auch Deutschland bleibt fern.
Amtsantritt spaltet Westen Deutschland ist auf Putins Zeremonie nicht vertreten
+++ 18:13 Ukraine: Hälfte der nordkoreanischen Raketen explodieren schon in der Luft +++
Etwa die Hälfte der von Russland auf die Ukraine abgefeuerten nordkoreanischen Raketen versagen und explodieren in der Luft, teilt die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine mit. Russland habe bis März rund 50 solcher Raketen abgefeuert. Ukrainische Behörden hätten die Trümmer von 21 von ihnen untersucht. „Etwa die Hälfte der nordkoreanischen Raketen verloren ihre programmierte Flugbahn und explodierten in der Luft – in solchen Fällen wurden die Trümmer nicht geborgen“, sagt der Oberste Staatsanwalt der Ukraine, Andrii Kostin. Die Zahl der Raketen, die Pjöngjang Moskau überlassen hat, macht einen winzigen Prozentsatz der Gesamtbestände Russlands aus. Dennoch entwickelt sich Nordkorea zum führenden Waffenlieferanten Russlands und liefert offenbar umfangreiche Militärpakete, etwa ballistische Raketen und über 3 Millionen Artilleriegeschosse.
+++ 17:35 OPCW: Belege für Chemiewaffeneinsatz „unzureichend“ +++
Die Chemiewaffenkontrollbehörde OPCW sieht keine ausreichenden Beweise für einen Einsatz von Chemiewaffen im Kriegsgebiet in der Ukraine. Russland und die Ukraine hatten sich dessen gegenseitig beschuldigt. Beide Staaten hätten der Behörde dazu Informationen übermittelt, sie seien jedoch „unzureichend begründet“. Die OPCW im niederländischen Den Haag sei beunruhigt über den möglichen Einsatz von Chemiewaffen, teilt sie mit. In der vergangenen Woche hatten die USA mitgeteilt, dass Russland chemische Stoffe als Waffe in der Ukraine eingesetzt habe. Russland hatte dem widersprochen. Die OPCW weist darauf hin, dass auch Substanzen, die etwa bei Krawallen als Tränengas eingesetzt würden, in Kriegsgebieten verboten sind.
+++ 17:09 Frankreich wirft Russland „hybride Aktionen“ zur Destabilisierung vor +++
Frankreich wirft Russland nach der Einbestellung seines Botschafters in Moskau aggressive Militärmanöver, Cyberattacken sowie hybride Aktionen zur Destabilisierung europäischer Länder vor. Das russische Außenministerium habe bei seiner Einbestellung von Botschafter Pierre Lévy erneut eine Umkehrung der Verantwortlichkeiten vorgenommen und westliche Länder beschuldigt, Russland zu bedrohen, kritisierte das Außenministerium in Paris. Dabei sei es Russland, das seit mehr als zwei Jahren in der Ukraine einen Angriffskrieg unter Missachtung des Völkerrechts führe. Hintergrund der Einbestellung des französischen Botschafters waren Äußerungen von Präsident Emmanuel Macron, dass er einen Einsatz französischer Truppen in der Ukraine nicht ausschließe. Seit Längerem bereits werfen Frankreich, Deutschland und weitere europäische Länder Russland Cyberattacken und andere Destabilisierungsversuche vor.
+++ 16:45 Belarus beginnt Übungen für taktische Atomwaffen +++
Belarus hat nach eigenen Angaben mit einer Militärübung zur Überprüfung seiner Trägersysteme für taktische Atomwaffen begonnen. Auf Befehl von Präsident Alexander Lukaschenko werde die „Bereitschaft“ der Militäreinheiten und der Trägersysteme für taktische Atomwaffen überprüft, erklärt das Verteidigungsministerium in Minsk. Geübt würden „Planung, Vorbereitung und der Einsatz“ von taktischen Atomsprengköpfen. Beteiligt sei auch ein Kampfflugzeug-Geschwader. Belarus besitzt selbst keine Atomwaffen. Der enge Verbündete Russland hatte im Sommer vergangenen Jahres jedoch taktische Atomwaffen dorthin verlegt.
ISW: „Häufiges Säbelrasseln“ Stellt Russland dem Westen erfolgreich eine Atom-Falle?
+++ 16:18 Moldau plant Eingliederung prorussischer Separatistenregion +++
Die Republik Moldau will noch vor dem anvisierten Beitritt zur Europäischen Union die prorussische Separatistenregion Transnistrien in ihr Staatsgebiet eingliedern. „Wir wollen das Land bis 2030 auf die EU-Integration vorbereiten“, kündigt Präsidentin Maia Sandu in Norwegen an. „Im Idealfall möchten wir, dass die Reintegration des Landes vor dem Beitritt erfolgt, und wir arbeiten daran, aber es hängt nicht nur von uns ab.“ In Oslo unterzeichnen beide Regierungen ein Abkommen zur Zusammenarbeit im Energiesektor. Damit soll auch die Energieversorgung Moldawiens aus der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen gelöst werden. Transnistrien grenzt im Osten an die Ukraine und hat etwa 375.000 Einwohner. Die Provinz und ihre Regierung wird nur von Russland anerkannt. Die übrigen Staaten sehen in ihr einen Teil der Republik Moldau.
+++ 15:41 Ukraine: Zwei Offiziere planten mit Moskau Anschlag auf Selenskyj +++
Die ukrainischen Behörden geben Details zum vereitelten Anschlag auf Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj, hochrangige Militärs sowie Politiker bekannt. Demnach wurden zwei Oberste der für Personenschutz zuständigen ukrainischen Staatsschutzabteilung festgenommen, die an dem von Russland koordinierten Komplott beteiligt waren. Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU erklärt, er habe ein Netzwerk von Agenten des russischen Föderalen Sicherheitsdienstes aufgedeckt, das von Moskau „überwacht“ wurde. Die beiden Offiziere hätten gegen Geldzahlungen dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB Geheiminformationen verschafft und selbst an dem Anschlag teilnehmen sollen.
+++ 15:04 Russisches Gericht lässt Vermögen der Commerzbank beschlagnahmen +++
Ein Moskauer Gericht gestattet die Beschlagnahmung von Vermögenswerten der Commerzbank und einer Europa-Tochter der US-Großbank JP Morgan in Russland. Betroffen sind Vermögenswerte der beiden Institute von rund 12,4 Millionen Euro. Das Gericht entschied bereits am 26. April zugunsten eines Antrags der russischen Transkapitalbank. Der Antrag sei damit begründet worden, dass das US-Finanzministerium am 20. April 2022 Sanktionen gegen den Kläger verhängt habe, hieß es in einem Gerichtsdokument. Die Transkapitalbank antwortete nicht auf Anfragen zu dem Fall. JP Morgan und die Commerzbank lehnen Stellungnahmen ab.
+++ 14:38 Patriarch Kirill segnet Putins Präsidentschaft und Ukraine-Krieg ab +++
Das Oberhaupt der orthodoxen Gläubigen in Russland, Patriarch Kirill, sagt nach einem Dankgebet zur Amtseinführung von Präsident Wladimir Putin diesem die Unterstützung der Kirche für seinen Kriegskurs zu. „Schwierige Entscheidungen zum Wohle des Volkes wurden niemals von der Kirche oder dem Volk verurteilt“, erklärt Kirill in der Mariä-Verkündigungs-Kathedrale im Kreml zu Putin: „Ein Staatsoberhaupt muss manchmal schicksalsträchtige und schreckliche Entscheidungen treffen.“ Damit wende er Gefahren für „Staat und Volk“ ab. Der Kreml hat die Invasion mehrfach damit begründet, einerseits die angeblich unterdrückte russischsprachige Bevölkerung in der Ukraine schützen zu müssen, andererseits die Sicherheitsinteressen des eigenen Staates. Kirill ist ein enger Vertrauter Putins.
Herrschaft ist „heilige Pflicht“ Putin legt Amtseid für seine fünfte Präsidentschaft ab
+++ 13:47 Ukrainischer Geheimdienst vereitelt Anschlag auf Selenskyj +++
Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU hat nach eigenen Angaben russische Agenten enttarnt, die die Ermordung des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und anderer hochrangiger Regierungsvertreter geplant haben sollen. „Die Ermittler der Spionageabwehr und des SBU vereitelten die Pläne des FSB (russischer Geheimdienst), den Präsidenten der Ukraine und andere Vertreter der obersten militärischen und politischen Führung zu beseitigen“, teilt der SBU auf Telegram mit.
+++ 13:35 Putin verspricht Sieg Russlands +++
Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich bei seiner Amtseinführung siegesgewiss gezeigt. Der 71-Jährige legte bei einer Zeremonie im Kreml in Moskau den Eid für eine fünfte Amtszeit als Präsident ab. Russland werde „gestärkt“ hervorgehen aus „dieser schwierigen Zeit“, sagte Putin anschließend vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts. „Gemeinsam werden wir obsiegen.“ „Russland zu dienen ist eine große Ehre, Verantwortung und heilige Pflicht“, sagte Putin vor den rund 2500 geladenen Gästen, unter ihnen Regierungsvertreter, Mitglieder der Armeeführung und Soldaten, die in der Ukraine im Einsatz sind.
+++ 13:06 ntv-Korrespondent Munz: Putins Rede „spricht vielen Russen aus dem Herzen“ +++
Zum bereits fünften Mal legt Wladimir Putin den Eid als neuer alter russischer Präsident ab. Vor handverlesenem Publikum hält er eine vage Grundsatzrede. ntv-Korrespondent Rainer Munz verweist im Anschluss darauf, dass viele Russen fest von dem überzeugt sind, was der Kreml-Chef sagt.
Kreml-Chef nach Amtseid Munz: Rede Putins „spricht vielen Russen aus dem Herzen“
+++ 12:27 London: Etwa 9000 Tschetschenen kämpfen für Russland in Ukraine +++
Im Angriffskrieg gegen die Ukraine setzt Russland nach britischen Schätzungen derzeit etwa 9000 Kämpfer aus Tschetschenien ein. „Es ist wahrscheinlich, dass tschetschenische Spezialeinheiten die Hauptlast der Frontkämpfe tragen, während der Großteil der tschetschenischen Streitkräfte weiterhin Operationen zur Sicherung des Hinterlandes durchführt“, teilte das britische Verteidigungsministerium in London mit. Die Teilrepublik im Nordkaukasus wird seit Jahren vom kremltreuen Herrscher Ramsan Kadyrow geführt, der für seinen brutalen Umgang mit Andersdenkenden bekannt ist. Tschetschenische Kräfte würden bereits seit 2014 in der Ukraine aufseiten Russlands kämpfen, hieß es weiter.
+++ 11:53 Russland stellt Raketen-Moratorium mit USA infrage +++
Russland stellt ein Moratorium zur Stationierung von Mittel- und Kurzstreckenraketen mit den USA in Frage. Der stellvertretende Außenminister Sergej Rjabkow begründet dies mit der „destruktiven“ Haltung der Regierung in Washington, wie die amtliche Nachrichtenagentur RIA meldet. Die Nachrichtenagentur TASS meldet zudem, dass die US-Botschafterin Lynne Tracy Russland für eine gewisse Zeit verlassen habe.
+++ 11:28 Putin für weitere sechs Jahre vereidigt +++
Russlands Präsident Wladimir Putin ist für eine fünfte Amtszeit vereidigt worden. Damit kann der 71-Jährige das Land weitere sechs Jahre regieren. Die Zeremonie in Moskau wurde von den USA und zahlreichen europäischen Staaten wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine boykottiert, darunter auch Deutschland. Der deutsche Botschafter Alexander Graf Lambsdorff war von der Bundesregierung am Montag nach Berlin berufen worden. Putin war im März wiedergewählt worden, der Westen erkennt die Wahl wegen offensichtlicher Manipulationen aber nicht an.
+++ 10:44 Abhörgeräte vor Ministertreffen in Polen entdeckt +++
In Polen haben Spezialeinheiten Abhörgeräte in einem Raum entdeckt, in dem der Ministerrat heute tagen sollte. Die Sicherheitsdienste hätten die Geräte demontiert, teilt ein Sprecher der Spezialeinheiten auf X mit. Polen dient als Drehscheibe für westliche Militärlieferungen in die Ukraine. Die Sicherheitsdienste achten deswegen verstärkt auf potenzielle Spionageaktivitäten.
+++ 10:25 Kiew: Mehr als 1100 russische Soldaten an einem Tag „eliminiert“ +++
Die personellen Verluste auf russischer Seite bleiben laut offiziellen Zahlen aus Kiew hoch: Binnen eines Tages sind demnach 1160 russische Soldaten im Krieg ums Leben gekommen oder können nicht mehr weiterkämpfen. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums sind seit Beginn des Krieges im Februar 2022 insgesamt 476.460 russische Soldaten „eliminiert“ worden. Wie das Verteidigungsministerium in seinen täglichen Angaben zu den Verlusten Russlands verkündet, habe der Gegner unter anderem 25 weitere Panzer verloren (7405). Seit Beginn der russischen Invasion zählt die Ukraine mehr als 14.000 gepanzerte Fahrzeuge und rund 9700 Drohnen, die sich nicht mehr im Besitz des russischen Militärs befinden oder zerstört wurden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Moskau selbst hält sich mit Informationen zu eigenen Verlusten in der Ukraine zurück.
+++ 09:53 ntv-Reporter Weichert zu Moskaus Drohung: Ukrainer reagieren auf Atomübung „anders als erwartet“ +++
Russland plant, an der ukrainischen Grenze mit Atomwaffen zu trainieren. Die Ankündigung beschäftige die Menschen in der Ukraine, wie ntv-Reporter Jürgen Weichert berichtet, allerdings „reagieren sie anders, als ich das erwartet habe“. Weit mehr interessiere sie, was an der Front passiert. Und „das ist eine Überraschung“.
Weichert zu Moskaus neuer Drohung Ukrainer reagieren auf Atomübung „anders als erwartet“
+++ 09:28 Russische Behörden: US-Soldat wegen Diebstahls festgenommen +++
Die Festnahme eines US-Soldaten in der russischen Hafenstadt Wladiwostok am Pazifik ist nach russischen Behördenangaben wegen mutmaßlichen Diebstahls erfolgt. Das meldet die staatliche Nachrichtenagentur Tass und beruft sich auf die Justizpressestelle der Stadt im Fernen Osten. Auch die Vertretung des russischen Außenministeriums in Wladiwostok sprach von einem Fall gewöhnlicher Kriminalität. „Der Fall hat nichts mit Politik oder Spionage zu tun“, sagte ein Sprecher nach Angaben von Tass. Das bedeute, dass die Vertretung des Außenministeriums in Wladiwostok sich nicht weiter um den festgenommenen US-Bürger kümmere. Nach US-Medienberichten war der Soldat in Südkorea stationiert gewesen und sei auf eigene Faust nach Russland gereist, um dort eine Frau zu besuchen. Eine direkte Bestätigung des Weißen Hauses gibt es bislang nicht. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, sagte auf Nachfrage nur: „Uns ist dieser Fall bekannt.“ Er nannte aber keine weiteren Details und verwies für weitere Fragen an das US-Verteidigungsministerium.
NACHT IM ÜBERBLICK – UKRAINE
ROUNDUP: Selenskyj wirbt für Friedensgipfel im Juni – Nacht im Überblick
KIEW (dpa-AFX) – Während die ukrainische Führung für eine breite Unterstützung des nahenden Friedensgipfels in der Schweiz wirbt, beschwört die Bundesregierung die militärische Kooperation der westlichen Partner gegen Russland. Der für den 15. und 16. Juni in der Nähe von Luzern geplante Gipfel „kann und soll den Wert internationaler Zusammenarbeit demonstrieren“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Dienstag.
Bei der Konferenz sollen früheren Angaben zufolge bis zu 80 Staaten vertreten sein und Friedensperspektiven für die Ukraine diskutieren. „Während Moskau den Begriff „Multipolarität“ nur heuchlerisch verwendet, um seine Versuche, das Leben anderer Nationen zu kontrollieren, zu verstecken, schaffen wir ein Instrument echter Multipolarität“, sagte Selenskyj.
Russlands Präsident Wladimir Putin, der am Dienstag in Moskau den Eid für seine fünfte Amtszeit abgelegt hatte, wirbt immer wieder für die Errichtung einer sogenannten multipolaren Weltordnung anstelle einer angeblichen US-amerikanischen Vorherrschaft. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass Putin, der vor mehr als zwei Jahren den Angriffskrieg gegen die Ukraine anordnete, offensichtlich keine echte Multipolarität anstrebt, sondern die Unterdrückung von Nachbarstaaten.
Pistorius: Putin darf mit Angriffskrieg nicht durchkommen
Verteidigungsminister Boris Pistorius rief zum Auftakt einer militärpolitischen Reise in die USA und nach Kanada zu weiterer gemeinsamer Unterstützung der Ukraine gegen die russischen Angreifer auf. Auf seiner ersten Station am Dienstag (Ortszeit) in New York vor Vertretern des American Jewish Committee, das jüdische Interessen vertritt, betonte er die verstärkten Beiträge Deutschlands in der Nato. Putin dürfe mit seinem brutalen Angriffskrieg nicht durchkommen. „Es geht um die Frage, ob und wie Demokratien sich verteidigen“, sagte Pistorius. Dies sei Europas wichtigste strategische Frage und der Angriff darüber hinaus die größte Bedrohung für die internationale Ordnung.
Auch Belarus übt Einsatz taktischer Atomwaffen
Nach der russischen Ankündigung von Manövern der Atomstreitkräfte testet auch der verbündete Nachbar Belarus die Einsatzfähigkeit seiner nuklear bewaffneten Truppen. Staatschef Alexander Lukaschenko habe ein unangekündigtes Manöver mit Soldaten und Trägerwaffen befohlen, sagte der belarussische Verteidigungsminister Viktor Chrenin in Minsk. Belarus ist zwar nicht selbst Atommacht, auf seinem Territorium sind aber seit Ende vergangenen Jahres taktische Atomwaffen aus Russland stationiert.
Pentagon nennt Details zu in Russland inhaftiertem US-Soldaten
Das Pentagon hat derweil neue Details zu dem in Russland festgenommenen US-Soldaten veröffentlicht. Eine Sprecherin der U.S. Army teilte mit, der Soldat habe seinen Dienst in Südkorea am 10. April beendet. Anstatt aber in die Vereinigten Staaten zurückzukehren, sei er „aus persönlichen Gründen“ über China in die russische Hafenstadt Wladiwostok am Pazifik gereist. Er habe für seine Reise keine offizielle Genehmigung durch das US-Verteidigungsministerium beantragt.
Am Freitag habe das russische Innenministerium die US-Botschaft in Moskau darüber informiert, dass der US-Soldat am Tag zuvor „wegen Diebstahls von persönlichem Eigentum“ festgenommen worden sei. Er befinde sich nun in Untersuchungshaft. Die Inhaftierung von US-Bürgern in Russland zieht in den meisten Fällen komplizierte Verhandlungen zwischen Moskau und Washington über eine Freilassung oder einen Austausch von Gefangenen nach sich.
Was am Mittwoch wichtig wird
Kremlchef Putin hält an diesem Mittwoch in Moskau einen Jubiläumsgipfel der Eurasischen Wirtschaftsunion ab. Zu der vor zehn Jahren gegründeten Union unter russischer Führung gehören auch die Ex-Sowjetrepubliken Kasachstan, Kirgistan, Belarus und Armenien./haw/DP/zb
WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN
Deutscher Reservistenverband lehnt Druck auf wehrfähige Ukrainer ab
Berlin – Der Präsident des Reservistenverbandes, Patrick Sensburg, lehnt es ab, in Deutschland lebende wehrfähige Ukrainer zur Heimkehr zu drängen. „Wir sollten nicht mit Druck und Zwang arbeiten“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochausgaben).
„Wir sollten die Ukrainer militärisch unterstützen. Dann kämpfen sie schon. Das haben sie bewiesen.“ Mit neuen Waffenlieferungen stiegen auch die Erfolgschancen des von Russland angegriffenen Landes wieder und damit die Motivation, fügte Sensburg hinzu. „Das Problem ist am Ende gar nicht so groß, wie es sich darstellt.“
Die außenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Deborah Düring, sagte dem RND: „Auch wenn für uns klar ist, dass wir die Ukraine so lange wie nötig vollumfänglich unterstützen werden, ist das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ein sehr hohes Gut. Niemand darf zum Dienst an der Waffe gezwungen werden.“
Ihr FDP-Kollege Ulrich Lechte erklärte, das sei „eine innerukrainische Angelegenheit“ und „ein moralisches Dilemma, das kaum lösbar ist“.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter hatte dem RND zuvor erklärt: „In Deutschland leben mindestens 200.000 ukrainische Männer im wehrfähigen Alter, die in der Ukraine bei der Unterstützung des Landes im Verteidigungskampf fehlen.“ Die Bundesrepublik solle der Ukraine nun helfen, sie zur Heimkehr zu bewegen. Dazu könne auch gehören, „das Bürgergeld für diese Gruppe aussetzen“, so Kieswetter.
Es sei schließlich „eine Frage des Patriotismus“, sein eigenes Land zu unterstützen. Er reagierte damit auf die Entscheidung aus Kiew, nicht registrierten wehrfähigen Männern in den zuständigen ukrainischen Konsulaten auf deutschem Boden keine Pässe mehr auszustellen.
OPCW: Belege für Einsatz von Chemiewaffen in Ukraine ‚unzureichend‘
DEN HAAG (dpa-AFX) – Die Chemiewaffenkontroll-Behörde OPCW sieht keine ausreichenden Beweise für einen Einsatz von Chemiewaffen im Kriegsgebiet in der Ukraine. Russland und die Ukraine hatten sich dessen gegenseitig beschuldigt. Beide Staaten hätten der Behörde dazu Informationen übermittelt, teilte die OPCW am Dienstag in Den Haag mit. Doch diese Anschuldigungen seien „unzureichend begründet“. Die Lage im Kriegsgebiet in der Ukraine bleibe aber schwierig. Die OPCW sei äußerst beunruhigend über den möglichen Einsatz von Chemiewaffen.
In der vergangenen Woche hatten die USA mitgeteilt, dass Russland chemische Stoffe als Waffe in der Ukraine eingesetzt habe. Russland hatte dem widersprochen.
Sowohl Russland als auch die Ukraine haben die Chemiewaffenkonvention unterzeichnet und sich daher verpflichtet, alle Waffenbestände zu vernichten und keine chemischen Stoffe als Waffen einzusetzen. Die OPCW weist darauf hin, dass auch Substanzen, die etwa bei Krawallen als Tränengas eingesetzt würden, in Kriegsgebieten verboten seien./ab/DP/he
London: Etwa 9000 Tschetschenen kämpfen für Russland in Ukraine
LONDON (dpa-AFX) – Im Angriffskrieg gegen die Ukraine setzt Russland nach britischen Schätzungen derzeit etwa 9000 Kämpfer aus Tschetschenien ein. „Es ist wahrscheinlich, dass tschetschenische Spezialeinheiten die Hauptlast der Frontkämpfe tragen, während der Großteil der tschetschenischen Streitkräfte weiterhin Operationen zur Sicherung des Hinterlandes durchführt“, teilte das britische Verteidigungsministerium in London am Dienstag mit. Die Teilrepublik im Nordkaukasus wird seit Jahren vom kremltreuen Herrscher Ramsan Kadyrow geführt, der für seinen brutalen Umgang mit Andersdenkenden bekannt ist.
Tschetschenische Kräfte würden bereits seit 2014 in der Ukraine aufseiten Russlands kämpfen, hieß es weiter. Mit Beginn des Einmarschs im Februar 2022 seien mehr Einheiten in das Land verlegt worden. Dort hätten sie zu Beginn schwere Verluste erlitten und seien dann für Operationen im Hinterland eingesetzt worden, wo sie vor allem mit Videos in sozialen Medien aufgefallen seien. „Seit dem Abzug der russischen Privatarmee Wagner von der Front seit Mai 2023 wurden tschetschenische Einheiten zurück in den Frontdienst gedrängt.“
Tschetschenische Kräfte würden zudem russische Soldaten für den Krieg gegen die Ukraine ausbilden. Das britische Ministerium zitierte tschetschenische Angaben, wonach seit Februar 2022 bisher etwa 42 000 Soldaten an der russischen Universität für Spezialeinheiten in der Stadt Gudermes geschult worden seien. „Allerdings ist es sehr wahrscheinlich, dass die Soldaten nur bis zu zehn Tage Training an der Universität erhalten, was Zweifel an der Effektivität des Trainings und der Institution weckt.“
Die Ukraine verteidigt sich seit Februar 2022 gegen einen Angriff Russlands. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seitdem regelmäßig Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor./bvi/DP/mis
Ukraine: Welt soll Putin nicht mehr als Russlands Präsident: anerkennen
KIEW (dpa-AFX) – Kurz vor der neuen Amtseinführung des russischen Präsidenten Wladimir Putin hat die Ukraine die Weltgemeinschaft aufgefordert, diesen nicht mehr als legitimes Staatsoberhaupt von Russland anzusehen. „Die Ukraine sieht keine rechtlichen Grundlagen für seine Anerkennung als demokratisch gewählten und legitimen Präsidenten der Russischen Föderation“, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums in Kiew am Montag. Grund sei die Abhaltung der russischen Präsidentenwahlen in den von Russland besetzten Teilen der ukrainischen Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja, Cherson und auf der Halbinsel Krim. Dabei seien „Millionen Bürger der Ukraine“ mit „Drohungen und Erpressungen“ zur Teilnahme gezwungen worden.
Die fünfte Amtseinführung von Wladimir Putin wird für den morgigen Dienstag erwartet. Aus den Präsidentschaftswahlen Mitte März war der amtierende Präsident als Sieger hervorgegangen. Faktisch regiert Putin das größte Land der Welt durchgehend seit dem Jahr 2000.
Vor über zwei Jahren hat Russland eine Invasion der Ukraine begonnen. Nach der Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim von 2014 versucht Moskau dabei, sich gewaltsam vier weitere ukrainische Regionen im Osten und Süden des Nachbarstaates einzuverleiben. Gut ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets stehen derzeit unter russischer Kontrolle./ast/DP/nas
ZENTRALBANKEN
Nagel: EZB müsste auf Inflation durch Angebotsschocks reagieren
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)–Die Europäische Zentralbank (EZB) müsste nach Aussage von EZB-Ratsmitglied Joachim Nagel ihre Geldpolitik straffen, wenn die Inflation durch Angebotseffekte auf über 2 Prozent zu steigen drohen sollte. Nagel sagte bei der Frühjahrskonferenz der Bundesbank, geopolitische Spannungen, die demografische Alterung und der Klimawandel beziehungsweise die zu seiner Bremsung ergriffenen Maßnahmen könnten die Inflation treiben, und dann müsste die EZB entsprechend ihrem Mandat reagieren. Folgende Punkte machte Nagel laut veröffentlichtem Redetext:
1. Geopolitische Unsicherheiten
„Wir haben gerade auf die harte Tour gelernt, dass kosteneffiziente globale Produktionsketten und Handelsmuster plötzlich zum Stillstand kommen können“, sagte der Bundesbankpräsident. Natürlich sei es nicht sinnvoll, auf die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung gänzlich zu verzichten. Um die Widerstandsfähigkeit zu verbessern, erscheine jedoch eine gewisse Form des De-Risking sinnvoll, insbesondere bei strategisch wichtigen Gütern. „Wir sollten bedenken, dass eine größere Sicherheit der Lieferketten wahrscheinlich mit einem gewissen zusätzlichen Preisdruck einhergeht.“
2. Arbeitskräfteverknappung durch Demografie
In Deutschland gibt es derzeit Nagel zufolge trotz der schwachen Konjunktur durchschnittlich 1,2 offene Stellen pro Arbeitslosem. Vor 2015 schwankte diese Zahl demnach meist zwischen 0,2 und 0,5. „Unseren Prognosen zufolge wird das Erwerbspersonenpotenzial ab 2026 um durchschnittlich 80.000 Personen pro Jahr abnehmen. Diese Entwicklung könnte zu einem anhaltend höheren Lohnwachstum und, als Nebenprodukt, zu einer stärkeren inländischen Inflation führen“, sagte Nagel. Angesichts der geopolitischen Unwägbarkeiten sei die Verlagerung der Produktion möglicherweise nicht mehr so einfach möglich wie früher.
3. Kosten der Dekarbonisierung
Der Umbau zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft kann nach Nagels Aussage während einer Übergangszeit zu einem Inflationsdruck beitragen. Allerdings gebe es widersprüchliche Erkenntnisse über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Dekarbonisierung – auch wegen der dynamischen und allgemeinen Gleichgewichtseffekte der Kohlenstoffpreise und anderer klimapolitischer Maßnahmen, die den anfänglichen inflationären Auswirkungen entgegenwirken können. Einerseits werde die Dekarbonisierung der Stromerzeugung laut IWF weltweit zu einer zusätzlichen Inflation von 0,1 bis 0,4 Prozentpunkten pro Jahr führen. „Andererseits haben Kollegen vom Forschungszentrum der Bundesbank gezeigt, dass Schocks aufgrund des Übergangsrisikos den Preisanstieg bisher gedämpft haben könnten.“
Nagel verwies darauf, dass die EZB nicht wisse, wie stark sich diese Faktoren auf die Preise auswirken würden und ob die Preisdynamik aus der Zeit vor der Pandemie wieder am Horizont auftauchen werde oder nicht. Er fügte aber hinzu: „Eines ist klar: Unser Mandat ist Preisstabilität.“ Sollte es mittelfristig zu einem stärkeren Preisdruck kommen, müsse die EZB dagegen vorgehen.
Nagel gegen Ausweitung gemeinsamer EU-Schuldenaufnahme
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)–Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat sich skeptisch zu einer Ausweitung der gemeinsamen Schuldenaufnahme in der EU geäußert. Nagel sagte nach der Vorstellung des so genannten Letta-Berichts durch den Autor Enrico Letta unter Verweis auf das Programm NextGenerationEU: „Dieses Programm war sicherlich ein Ausdruck der Solidarität während der Pandemie, doch seine Ergebnisse waren bisher eher gemischt. Der Europäische Rechnungshof hat zum Beispiel ernsthafte Zweifel an der Effizienz und den wachstumsfördernden Auswirkungen der Zuschüsse und Darlehen geäußert.“
Nagel bezeichnete dieses milliardenschwere Programm als „eine verständliche Reaktion auf den Pandemienotstand“. Er fügte hinzu: „Angesichts des derzeitigen Integrationsniveaus sollte es jedoch eine einmalige Ausnahme von der Regel bleiben, dass die EU keine Kredite aufnehmen darf.“ Auch für Verteidigungszwecke sei eine gemeinsame Verschuldung nicht notwendig. Höhere Verteidigungsausgaben seien im Rahmen der üblichen Haushaltsverfahren durchaus möglich. „Es ist jedoch unbestreitbar, dass die EU derzeit vor großen geopolitischen Herausforderungen steht und robuster werden muss.“
MELDUNGEN
WEITERE MELDUNGEN
USA: Verbraucherkredite steigen deutlich schwächer als erwartet
WASHINGTON (dpa-AFX) – In den Vereinigten Staaten ist das Volumen der Verbraucherkredite im März deutlich schwächer gestiegen als erwartet. Im Vergleich zum Vormonat habe die Kreditvergabe um 6,27 Milliarden US-Dollar zugelegt, teilte die US-Notenbank Fed am Dienstag in Washington mit. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Plus von 15,00 Milliarden Dollar gerechnet. Im Vormonat war die Kreditvergabe um 14,13 Milliarden Dollar gestiegen./jsl/he
Sozialdemokraten warnen von der Leyen vor Kooperation mit EKR – 5.5.2024
Berlin/Brüssel – Führende Sozialdemokraten aus Europa werfen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) vor, für den eigenen Machterhalt die Demokratie in Europa zu gefährden. Auslöser für die harsche Kritik: Von der Leyen hatte eingeräumt, sich für eine zweite Amtszeit als Kommissionschefin im Europäischen Parlament auch von der EKR-Fraktion wählen zu lassen.
„Die Konservativen dürfen nicht für den Machterhalt unsere demokratischen Werte aufgeben“, sagte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil der „Bild am Sonntag“. Von der Leyen werde „die Stimmen der Rechtspopulisten in der EKR-Fraktion ja nicht einfach so erhalten, sie wird sie sich erkaufen müssen, mit Kompromissen gegen demokratische Werte, gegen rechtsstaatliche Prinzipien und gegen ein offenes Europa“.
Zur EKR-Fraktion gehören unter anderem die Abgeordneten der „Fratelli d’Italia“ von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die selbst auch Parteivorsitzende der EKR-Parteienfamilie ist. EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit, Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten, nennt die Parteien, die hinter der EKR-Fraktion stehen, „extrem rechte Parteien, die die Demokratie schleifen“. Schmit sagte der Sonntagszeitung: „Ihnen aus Machttaktik die Türen zur Macht in Europa zu öffnen, wäre ein eklatanter Bruch des demokratischen Konsenses. Ich erwarte, dass Frau von der Leyen und die Europäische Volkspartei sich eindeutig gegen einen Rechtsruck in Europa stellen.“
Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl und Vize-Präsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley, sagte: „Die Konservativen haben aus dem Umgang mit Orbán nichts gelernt. Jetzt fangen sie wieder an, sich mit Leuten vom selben Schlag zu verbünden, nachdem Orbán sie am Nasenring durch die Manege gezogen hat.“
DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN
ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN
UNTERNEHMEN
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