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FAZIT DES TAGES
Am reichsten sind die Menschen, die auf das meiste verzichten können.
Sir Rabindranath Tagore
COMMENT – FAZIT:
- Nahost: Beginn der Rafah-Operation. Waffenstillstandsverhandlungen auf der Kippe: Israel akzeptiert ausgehandelte Bedingungen (Hamas, Katar, Ägypten) nicht, weitere Verhandlungen im Gange.
- Ukraine: wieder einmal eskalative Tendenzen – Spiel mit dem atomaren Feuer, Drohungen gegen Großbritanniens Ukraine-Unterstützung mit Raketen
- Wirtschaft: weiter Aufwind für Zinssenkungen in den USA und in der Eurozone, leicht freundlicher SENTIX-Konjunkturindex.
- Gemischtes Wirtschaftsbild für Deutschland
- Reizthema Vermögen und Steuern darauf
- Omri Boehm
Märkte & COMMENT – Report
Israel, Ukraine
Meldungen
Themenreigen – Medizin, Umwelt: Klimakiller-Werbung, Innovation: Natrium-Batterien, Ausbildung: An der Fachhochschule zum Rettungssanitäter in drei Jahren (Vorschlag)
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Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!
HELLMEYER-Report (gekürzt)
- Stabilisierung in Europas Wirtschaft
- China hängt Europa im Globalen Süden ab
- Weitere Fissuren am US-Arbeitsmarkt
Märkte: Stabilisierung in Europas Wirtschaft
An den Finanzmärkten wirkt sich die Stabilisierung der europäischen Wirtschaft unterstützend
aus. Gleichzeitig geben weichere US-Daten verstärkten US-Zinssenkungshoffnungen Vorschub,
die den Markt gleichfalls unterstützen.
Die finalen Fassungen der Einkaufsmanagerindices fielen für die Eurozone und Deutschland per
April besser als erwartet aus. Die Composite Indices (Gesamtwirtschaft) bewegen sich deutlich
über 50 Punkten und implizieren damit Wachstum. Dieses Wachstum wird maßgeblich durch die
Dienstleistungssektoren, nicht durch das Verarbeitende Gewerbe, getragen. Auch der Sentix-Index
der Eurozone nahm stärker als erwartet zu (Daten siehe Datenpotpourri). Zusätzlich ermunterte
die Einlassung des Notenbankpräsidenten Litauens, Herrn Simkus, der drei Zinssenkungen der
EZB im laufenden Jahr favorisiert. Der Chef der Federal Reserve New York, Herr Williams, äußerte,
dass der nächste Schritt der US-Notenbank eine Zinssenkung sein würde. Das hat Gründe, Die
US-Konjunkturdaten enttäuschten zuletzt zumeist. Das war auch gestern der Fall. Der Index
„Employment Trends“ sank weiter (siehe unten).
Geopolitisch verdunkelt sich dagegen die Gemengelage, ohne jedoch gestern Einfluss auf Märkte
zu nehmen. Israel lehnte die Kompromissvorschläge für eine Waffenruhe ab, denen die Hamas
bereits zugestimmt hatte und startete eine Offensive in Rafah. Die Ukraine-Krise verschärft sich
insbesondere durch eskalierte Positionen zwischen Russland und Frankreich als auch dem UK.
Westliche Aktienmärkte gewannen zumeist an Boden. Der Late DAX stieg um 1,08%, der EuroStoxx
50 um 0,90%, der S&P 500 um 1,05% und der US-Tech 100 um 1,12%. In Fernost ergab sich Stand
07:05 ein heterogenes Bild. Der Nikkei (Japan) legte um 1,47% zu und der Kospi (Südkorea) um
2,00%. Dagegen verloren der CSI 300 (China) 0,1%, der Hangseng (Hongkong) 0,7% und der Sensex
(Indien) 0,4%.
Die Entspannung an den Rentenmärkten setzte sich fort. 10-jährige Bundesanleihen rentieren mit
2,46% und 10-jährige US-Staatsanleihen mit 4,47%.
Der USD ist gegenüber dem EUR wenig verändert, er verlor jedoch gegenüber Gold und Silber
Nachrichten in Kurzform:
• Berlin: Laut Handelsverband HDE legte das Konsumbarometer per April den vierten
Monat in Folge zu. Es kam zu einem Anstieg von zuvor 96,1 auf 97,5 Punkte zu.
Damit wurde der höchste Stand seit Ende 2021 markiert.
• Berlin: Lindner sagte, dass die Wirtschaftsleistung für die Ausgabenwünsche
einiger Ministerien nicht ausreiche. Die Wünsche seien exorbitant und indiskutabel.
=> So ist es
• Frankfurt: Litauens Notenbankpräsident Simkus erwartet drei Zinssenkungen im
laufenden Jahr.
=> Realitätsnah
• Paris: Frankreichs Präsident Macron und EU-Kommissionschefin von der Leyen
bestehen auf einem ausgewogenen Handel mit China.
• Nahost: Israel startete eine Offensive in Rafah. Der UN-Hochkommissar
bezeichnete die Teilevakuierung von Rafah als „unmenschlich“.
China hängt Europa im Globalen Süden ab
Laut Studie des IW in Köln konnte China den Handel mit dem Globalen Süden (25
definierte Länder) seit 2010 deutlich ausweiten. Der Anteil im Warenaustausch ist in
diesem Zeitraum von 12% auf 20% gestiegen. Der Anteil der USA liegt weiter bei rund
18%, während der Anteil der EU von 17% auf 14% fiel. Russland konnte den Anteil von
1% auf 2% ausweiten.
IFO-Umfrage: Krieg kreiert negative Folgen in Nord- und Osteuropa
Wirtschaftsexperten in Nord- und Osteuropa nehmen laut Umfrage des Ifo Instituts
und des Schweizer Instituts für Wirtschaftspolitik negativen Einfluss auf die politische
und wirtschaftliche Lage in ihren Ländern durch den Krieg in der Ukraine deutlich wahr.
US-Trendindex für Beschäftigung auf tiefstem Stand seit 09/2021
Der Index „Employment Trends“ stellte sich per Berichtsmonat April auf 111,25 nach
zuvor 112,16 Punkten. Damit fiel der Index auf den tiefsten Stand seit September 2021.
China hängt Europa im Globalen Süden ab
Laut Studie des IW in Köln konnte China den Handel mit dem Globalen Süden (25 definierte
Länder) seit 2010 deutlich ausweiten. Der Anteil im Warenaustausch (Importe und Exporte) ist
in diesem Zeitraum von 12% auf 20% gestiegen (2019 – 2023 nominale Zunahme um 47% auf
mehr als 1,9 Billionen USD). Der Anteil der USA liegt weiter bei rund 18%, während der Anteil
der EU von 17% auf 14% fiel. Deutschlands hat mit 4% Anteil keine Veränderung gegenüber
2010. Russland konnte den Anteil von 1% per 2021 auf 2% per 2023 ausweiten.
Kommentar: Der Globale Süden ist der Motor der Weltwirtschaft. Die Globalisierung setzt sich
im Globalen Süden fort. Dort werden Strukturen implementiert, die Handelshemmnisse
reduzieren, unter anderem das Freihandelsabkommen RCEP (größte Freihandelsabkommen
der Welt). Der Westen entzieht sich durch Sanktionspolitiken im Rahmen hybrider
Wirtschaftskriege in Teilen dieser positiven Entwicklungen. Die hybride Kriegsführung des
Westens unter Missachtung der WTO-Gesetze forciert die Emanzipation des Globalen Südens
von dem Westen und den Aufbau eigener Strukturen (u.a. BRICS+, AIIB, NDB,
Zahlungssysteme). Noch steht Deutschland stabil da, die Betonung liegt auf „noch“. Die
weitere Entwicklung wird davon abhängen, ob hier fortgesetzt wegen nicht konkurrenzfähiger
Rahmenbedingungen zu Gunsten dritter Länder deindustrialisiert wird. Die Zahlen der EU sind
eine Mahnung an Berlin!
Weitere Fissuren am US-Arbeitsmarkt
Nach dem tendenziell enttäuschenden US-Arbeitsmarktbericht erreichte uns gestern ein
weiterer Datensatz des US-Arbeitsmarktes, der eine negativ Tendenz auswies. Der Index
„Employment Trends“ stellte sich per Berichtsmonat April auf 111,25 nach zuvor 112,16
Punkten. Damit fiel der Index auf den tiefsten Stand seit September 2021.
Kommentar: Zuletzt enttäuschten US-Konjunkturdaten, allen voran vorausschauende
Indikatoren. Das Set-Up für mehr als zwei US-Zinssenkungen per 2024 verbessert sich.
Datenpotpourri der letzten 48 Handelsstunden
Eurozone: Stimmungsindikatoren besser als erwartet
Die Erzeugerpreise der Eurozone verzeichneten per März im Monatsvergleich einen Rückgang
um 0,4% (Prognose –0,4%, Vormonat revidiert von -1,0% auf -1,1%). Im Jahresvergleich kam es
zu einem Minus in Höhe von 7,8% (Prognose -7,7%, Vormonat revidiert von -8,3% auf -8,5%).
Der Sentix-Index der Eurozone verbesserte sich per Berichtsmonat Mai von zuvor -5,9 auf -3,6
Punkte (Prognose -5,0). Damit wurde der höchste Indexstand seit Februar 2022 markiert.
Das Stimmungsbild bezüglich der Gesamtwirtschaft (Composite Index) legt in der Eurozone
weiter zu. Der Index markierte den höchsten Indexstand seit Mai 2023. In Deutschland ergab
sich der beste Composite-Indexstand seit Juli 2023.
Russland: Dienstleistungs-PMI schwächer, Reserven gesunken
Der Einkaufsmanagerindex (PMI) des Dienstleistungssektors sank per Berichtsmonat April von
zuvor 51,4 auf 50,5 Punkte.
Die Devisenreserven beliefen sich per Stichtag 26. April 2024 auf 596,8 Mrd. USD nach zuvor
603,2 Mrd. USD.
Hier den Hellmeyer Report lesen! (inkl. Graphiken und Tabellen!)
SENTIX
sentix Konjunkturindex: Kleine Schritte voran
- Der sentix Konjunkturindex für Euroland verbessert sich auch im Mai erneut und damit zum siebten Mal in Folge. Lage und Erwartungen steigen in kleinen Schritten, aber kontinuierlich an.
- Auch in Deutschland messen wir erstmals seit März 2022 keine negativen Konjunkturerwartungen mehr. Die Lage bleibt allerdings schwach. Einen deutlichen Impuls verzeichnet Österreich.
- International können die Daten in Asien ex Japan, Lateinamerika und Osteuropa positiv auf sich aufmerksam machen. Die „Asien ex Japan“-Erwartungen steigen zum siebten Mal auf 17,8 Punkte. In Osteuropa sind die Erwartungen erstmals seit Februar 2022 positiv und Lateinamerika verzeichnet den achten Anstieg im Gesamtindex in Folge.
MÄRKTE
DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen
DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
COMMENT: Immer heiter aufwärts: Zins- und KI-phantasien treiben. Laut Studie liegt ein enormes Gewinnpotential für Unternehmen bei Anwendung von KI.
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VERMÖGEN – STEUERN
Attac-Studie: Österreichs Milliardär*innen verdoppeln ihr Vermögen alle 7 Jahre – Neues Attac-Vermögensteuer-Modell stoppt die extremen Vermögenszuwächse der Reichsten
Wien (OTS) – Neue Attac-Berechnungen zeigen, dass das Vermögen der österreichischen Milliardär*innen extreme Zuwächse verzeichnet. Attac hat dafür die Trend-Listen der 100 Reichsten von 2002 bis 2023 mit 207 verschiedenen Personen bzw. Familien und 2.200 Daten ausgewertet. Das Ergebnis: Das Vermögen der aktuellen österreichischen Milliardär*innen ist zwischen 2002 und 2023 im Durchschnitt jährlich um 11,19 Prozent angewachsen. Es verdoppelt sich somit alle 7 Jahre.
Tojner, Graf, Stumpf und Benko mit jährlichen Zuwachsraten von mehr als 20 Prozent
Das Gesamtvermögen der 10 Reichsten ist zwischen 2002 und 2023 von 24 auf 110 Milliarden Euro, jenes der 100 Reichsten von 46 auf 212 Milliarden Euro angewachsen. Es verfünffachte sich also jeweils. 2002 gab es 11 Milliardär*innen, 2023 waren es 49. Milliardäre wie Michael Tojner, Johann Graf, Georg Stumpf oder René Benko verzeichneten sogar Vermögenszuwächse von mehr als 20 Prozent jährlich.
Die extreme Konzentration von Vermögen und Macht ist Gift für die Demokratie
Die Vermögenskonzentration in Österreich ist schon heute größer als in jedem anderen westeuropäischen Land. Die Reichsten besitzen dabei eine wirtschaftliche und politische Macht ohne jegliche demokratische Kontrolle. Das ist Gift für die Demokratie.
„Zahlreiche Beispiele und Chats zeigen, wie die Reichsten ihre Interessen durch Lobbying, den „Einkauf“ von (Ex)-Politiker*innen, Parteispenden, Medienmacht, Finanzierung von „Denkfabriken“ oder Korruption durchsetzen – und zwar auf Kosten der Mehrheit. Als Folge sehen immer mehr Menschen ihre Interessen gar nicht mehr vertreten. Sie wenden sich von demokratischen Prozessen, Institutionen und politischem Engagement ab oder unterstützen sogar antidemokratische Kräfte“, erklärt Kai Lingnau von Attac Österreich. Steuert die Politik nicht dagegen, wird sich allein das Vermögen der reichsten 10 Österreicher*innen in den nächsten 10 Jahren von 110 auf rund 320 Milliarden Euro verdreifachen.
Attac-Vermögensteuer bremst die extremen Vermögenszuwächse der Reichsten
Attac hat auf Basis der neuen Daten ein evidenzbasiertes Modell für eine progressive Vermögensteuer ausgearbeitet. Es orientiert sich an den empirischen Fakten über die Vermögenszuwächse der Reichsten. Beginnend mit einem Steuersatz von 1 Prozent über 5 Millionen Euro (die reichsten 0,3 Prozent) steigt die Attac-Vermögensteuer in 4 Stufen bis auf 10 Prozent für Vermögen über 1 Milliarde Euro an.
Attac Berechnungen zeigen, dass damit die extremen Vermögenszuwächse der Milliardär*innen effektiv eingebremst werden können. Eine niedrige Vermögensteuer von 1 bis 2 Prozent kann der aus dem Ruder laufenden Vermögenskonzentration kaum entgegenwirken.
22 Milliarden Euro, die das Leben aller Menschen verbessern
Die berechneten Einnahmen des Attac-Vermögensteuermodells betragen rund 22 Milliarden Euro pro Jahr – mögliche Steuer-Umgehungen schon eingerechnet. Damit würde der Anteil vermögensbezogener Steuern am gesamten Steueraufkommen von derzeit 1,4 Prozent auf etwa 11 Prozent steigen – ein Wert, den etwa Kanada, Großbritannien oder die USA aufweisen.
„Einnahmen von 22 Milliarden Euro ermöglichen dringend nötige Investitionen in Klimaschutz, Kinderbetreuung, Bildung, Pflege und Gesundheit. Sie schaffen Wohlstand und verbessern das Leben aller Menschen. Ohne die Attac-Vermögensteuer gerät die extreme Konzentration von Vermögen und Macht hingegen völlig außer Kontrolle“, erklärt Lingnau.
Mehr Informationen dazu, wie die steigende Vermögenskonzentration nicht nur der Demokratie, sondern auch der wirtschaftlichen Stabilität und dem Klima schadet, mehr Fakten zur Vermögenskonzentration und -besteuerung in Österreich sowie Details zu Umsetzung, Aufkommen und Verwendung der Attac-Vermögensteuer finden Sie in der Langfassung der Studie.
Rückfragen & Kontakt:
Attac, David Walch, Attac-Pressesprecher
Tel.: 01/544 00 10, 0650/544 00 10
presse@attac.at
www.attac.at
Millionärssteuer: Eine Million täglich – ohne Arbeit? Milliardäre können das! – ÖGB
Studie belegt: Österreichs Super-Reiche verdoppeln ihre Vermögen in sieben Jahren. Eine echte Leistung ist dafür aber nicht nötig
Verdopple dein Vermögen, ohne einen Finger zu rühren! Was nach einer unseriösen Job-Anzeige aus dem Internet klingt, ist für Reiche in Österreich ganz normal. Die heimischen Milliardäre verdoppeln ihre Vermögen nämlich alle sieben Jahre, wie eine aktuelle Attac-Studie zeigt. Und natürlich passiert das nicht dank harter Arbeit, sondern aus einem viel schlichteren und weniger anstrengendem Grund: weil sie reich sind. Und auch das oft nicht, weil sie so hart dafür gearbeitet haben, sondern weil man schon gut ausgestattet von Mama und Papa (oder auch Oma und Opa) ins Reichen-Leben gestartet sind.
Und wer reich ist, der lässt das Geld arbeiten und wird damit einfach immer reicher und reicher. Mit Arbeit sind diese Summen nämlich schlicht und ergreifend nicht zu verdienen. Mit einem Median-Monatseinkommen (Stand 2022) lassen sich in Österreich in diesen sieben Jahren nämlich „nur“ rund 230.000 Euro brutto verdienen – und da sind weder Steuern (die Arbeitnehmer:innen im Gegensatz zu den Super-Reichen lückenlos zahlen) noch Kosten für Dinge wie Wohnen, Essen und dergleichen abgezogen. Für immer mehr Menschen bleibt nämlich am Ende des Monats im besten Fall wenig oder nichts über, das sie sparen könnten. …
Es ist Zeit für Steuergerechtigkeit
Du schüttelst jetzt den Kopf? Wir auch. Unser Glück ist: Wir haben Lösungen dafür! Zum Beispiel eine Millionärssteuer statt teurer Steuergeschenke – das wäre Steuergerechtigkeit und dafür setzen wir uns genauso ein wie für Erbschafts- und Schenkungssteuern.
Unsere Forderungen
- Einführung einer Millionärssteuer auf private Nettovermögen über einer Million Euro
- Einführung von Erbschafts- und Schenkungssteuern auf große Vermögensübertragungen
- Rücknahme der Körperschaftssteuersenkung von 25 auf 23 Prozent und Anhebung des Steuersatzes
- Reform der Besteuerung von Stiftungen
- Einführung einer Finanztransaktionssteuer
Alle Analysen und Forderungen des ÖGB rund um Steuern und Vermögen sind in unserem Programm 2023–2028 „Dafür ÖGB“ zu finden.
Österreich ist (fast) Schlusslicht
Klar ist nämlich: Nirgendwo in Europa teilen sich so wenige Menschen so viel Vermögen wie in Österreich. Laut OECD liegt der Beitrag vermögensbezogener Steuern im Schnitt der Industriestaaten bei 5,6 Prozent – in Österreich liegt dieser Wert bei 1,5 Prozent.
Industrie zur Attac-Vermögenssteueridee: Ruf nach Schnüffelsteuer schadet dem Wirtschaftsstandort
Österreich hat kein Einnahmeproblem – Leichtfertiger Ruf nach Vermögenssteuern schafft Verunsicherung – Schnüffelsteuer schafft gläserne Bürger & ist ein Bürokratiealbtraum
Wien (OTS) – Nur nach noch mehr Vermögenssteuern zu rufen, sichert noch nicht den Sozialstaat. Ganz im Gegenteil: Die Forderung nach neuen Abgaben und Steuern – bei einer der bereits höchsten Steuer- und Abgabenquoten von 43,2 Prozent – schadet dem Standort und schafft noch mehr Unsicherheit bei Menschen wie Unternehmen. Angesichts der aktuellen Lage und des Umstandes, dass Österreich bereits ein Höchststeuerland ist, in dem die obersten 10 Prozent mehr als 60 Prozent der Steuereinnahmen zahlen, ist der Ruf nach neuen Steuern und weiteren Belastungen nicht nachvollziehbar, betont die Industriellenvereinigung (IV). Menschen sehnen sich nach Sicherheit und Stabilität, schon die Diskussion über neue Steuern schafft breite Verunsicherung – in den Unternehmen, wie auch bei privaten Haushalten. Vermögen liegt vor allem gebunden in Unternehmen und würde diese zerstören bzw. zu Übernahmekandidaten machen.
Vermögensteuer zerstört österreichische Unternehmensinfrastruktur
Dazu kommt, dass eine Vermögensteuer in erster Linie eine Schnüffelsteuer ist und in keinem Verhältnis zu dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand und dem Bedarf einer völligen Transparenz aller Bürgerinnen und Bürger in Österreich steht. Denn um überhaupt festzustellen, ob ein Haushalt steuerpflichtig ist, müssen alle Bürgerinnen und Bürger dem Staat offenlegen, was sie besitzen. Dieses komplexe, bürokratische Ermittlungsverfahren macht die Österreicherinnen und Österreicher zum gläsernen Bürger. Was es braucht, sind klare Maßnahmen, die die Menschen und Unternehmen in unserem Land deutlich entlasten. Durch eine massive Senkung der Lohnnebenkosten würde es beispielsweise gelingen, dass den Österreicherinnen und Österreichern mehr Netto vom Brutto bleibt.
Rückfragen & Kontakt:
Industriellenvereinigung
Marlena Mayer
Pressesprecherin
+43 (1) 711 35-2315
marlena.mayer@iv.at
https://iv.at/
ISRAEL
n-tv aktuell ISRAEL
07.05.2024 09:48
Grenzübergang unter Kontrolle Israels Armee dringt immer weiter nach Rafah vor
Nach den Luftangriffen auf die Stadt Rafah sind nun israelische Panzer an dem Grenzübergang im Einsatz – auf der Seite im Gazastreifen. Auch im Osten der Stadt sind bereits Truppen aktiv.
07.05.2024 00:22
Noch keine Feuerpause in Sicht Israel beschließt Offensive auf Rafah – Luftschläge starten
In Rafah jubeln die Menschen bereits über die Aussicht auf eine Waffenruhe. Doch Israel sieht in dem Vermittlervorschlag, dem die Hamas zustimmt, seine Forderungen nicht ansatzweise erfüllt. Am Abend greift die Armee Ziele im Osten der Stadt an.
06.05.2024 19:35
Zustimmung Israels fraglich Hamas nimmt Vermittler-Vorschlag für Waffenruhe an
Seit Monaten wird über eine Feuerpause im Krieg zwischen Israel und der Hamas verhandelt. Nun akzeptiert die militante Palästinenserorganisation einen Vorschlag Ägyptens und Katars. Eine Zustimmung Israels erscheint allerdings wenig wahrscheinlich.
06.05.2024 07:17
Einwohner sollen Stadt verlassen Israel beginnt vor Militäreinsatz mit Evakuierung von Rafah
Israels Armee beginnt mit der Evakuierung der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen. Das Militär ruft die Einwohner des östlichen Teils der Stadt an der Grenze zu Ägypten dazu auf, sich in das einige Kilometer nördlich gelegene Al-Mawasi-Lager am Mittelmeer zu begeben. Ein Militäreinsatz wird erwartet.
05.05.2024 14:07
Netanjahu: „Hetz-Sender“ Israel will Sender Al-Dschasira schließen
Der TV-Sender Al-Dschasira berichtet ausführlich über den Gaza-Krieg, Kritiker werfen dem Netzwerk mit Sitz in Katar allerdings Parteinahme vor. Die israelische Regierung betrachtet das Medium als Sicherheitsrisiko und billigt nun seine Schließung. Die möglichen Folgen sind weitreichend.
n-tv aktuell Nahost-Konflikt
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NACHT IM ÜBERBLICK – ISRAEL
ROUNDUP: Israels Militär rückt an Grenze zu Gaza heran – [Nacht im Überblick]
TEL AVIV/WASHINGTON/KAIRO (dpa-AFX) – Israels Streitkräfte sind in Richtung der südlichen Stadt Rafah im Gazastreifen vorgerückt und haben damit Sorgen vor einer folgenschweren Militäroffensive befeuert. In der Nacht zu Dienstag soll das Militär den Grenzübergang Kerem Schalom beschossen und auch die palästinensische Seite des nur wenige Kilometer entfernten Grenzübergangs Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten ins Visier genommen haben, wie palästinensische Medien sowie der US-Sender CNN und das Nachrichtenportal „Axios“ berichteten.
Israels Verteidigungsminister Joav Galant sprach von einer mehrstufigen Invasion, die gestoppt werden könne, wenn die Hamas sich zu einer vernünftigen Verhandlungslösung zum Austausch der Geiseln bereiterkläre.
Die US-Regierung teilte später mit, sie gehe nicht davon aus, dass die lange angekündigte Großoffensive des israelischen Militärs auf Rafah bereits begonnen habe. [siehe Meldung unten]
Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Waffenruhe erklärt. Nach israelischen Angaben entspricht dieser Vorschlag allerdings nicht den israelischen Forderungen. Am Dienstag soll es in der ägyptischen Hauptstadt Kairo ein weiteres Treffen von Unterhändlern geben, um eine Waffenruhe, die Freilassung von Geiseln und Häftlingen sowie die ungehinderte Lieferung humanitärer Hilfsgüter in den Gazastreifen zu ermöglichen, wie das Golfemirat Katar in der Nacht mitteilte. Katar, Ägypten und die USA agieren als Vermittler zwischen der Hamas und Israel, die aus Prinzip keine direkten Verhandlungen miteinander führen.
Kriegskabinett hält an militärischen Plänen fest
Wenige Stunden nach der Ankündigung der Hamas, einer Waffenruhe zuzustimmen, griff die israelische Armee am späten Montagabend Ziele im Osten von Rafah an. Nach Angaben eines Armeesprechers handelte es sich um Einrichtungen der Hamas. Das israelische Kriegskabinett hatte zuvor entschieden, den Militäreinsatz in Rafah fortzusetzen, um den militärischen Druck auf die Hamas zu erhöhen und die eigenen Kriegsziele durchzusetzen.
Der Grenzübergang Kerem Schalom – der wichtigste für die Lieferung von Hilfsgütern aus Israel in den Gazastreifen – sei aus einer Entfernung von 200 Metern von Panzern und auch von Artillerie beschossen worden, hieß es in palästinensischen Medienberichten. Mehrere Häuser seien zerstört worden, auch von Todesopfern war die Rede, wobei es zunächst keine unabhängige Bestätigung dafür gab.
Das Nachrichtenportal „Axios“ berichtete unter Berufung auf israelische Regierungsbeamte, der Einsatz von Panzern und Bodeneinheiten östlich von Rafah sei als erste Phase der Offensive zu verstehen. Die Übernahme des Grenzübergangs Rafah solle nicht nur den Machtverlust der Hamas im Gazastreifen demonstrieren. Anschließend sollten Palästinenser ohne Verbindung zu den Islamisten an der Verteilung von Hilfsgütern beteiligt werden, die aus Ägypten in das abgeschottete Küstengebiet kommen.
UN und USA warnen vor Bodenoffensive
UN-Generalsekretär António Guterres rief die Konfliktparteien auf, alles dafür zu tun, um endlich ein Abkommen zu erreichen. „Eine Bodenoffensive in Rafah wäre nicht hinnehmbar aufgrund der verheerenden humanitären Folgen und wegen der destabilisierenden Folgen für die Region.“ Auch US-Präsident Joe Biden appellierte nach einem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. in Washington, die Freilassung aller Geiseln, eine dauerhafte Waffenruhe sowie humanitäre Hilfe seien dringend nötig. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, bekräftigte mit Blick auf Rafah, die US-Regierung unterstütze keinen Einsatz, der mehr als eine Million Menschen einem großen Risiko aussetze.
Zwar hatte Hamas-Auslandschef Ismail Hanija den katarischen Ministerpräsidenten und den ägyptischen Geheimdienstchef nach eigenen Angaben per Telefon über die Entscheidung der Islamistenorganisation informiert, einen Kompromissvorschlag der Vermittler anzunehmen. Und das katarische Außenministerium ließ wissen, die Antwort der Hamas könne „als positiv beschrieben werden“. Doch über den Inhalt dieser Vorschläge ist offiziell bisher wenig bekannt.
Hamas soll dreistufigem Plan zugestimmt haben
Der Sender CNN berichtete, die von der Hamas akzeptierte Fassung enthalte drei jeweils 42-tägige Phasen. Die erste sehe unter anderem die Freilassung von 33 Geiseln im Austausch für hunderte palästinensische Häftlinge, einen schrittweisen Teilabzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen und Bewegungsfreiheit für unbewaffnete Palästinenser in dem Küstengebiet vor. Die zweite Phase sei nicht detailliert ausgearbeitet, laufe aber auf die Freilassung aller restlichen Geiseln, den Komplettabzug der israelischen Armee aus Gaza und eine dauerhafte Kampfpause hinaus. In der dritten Phase soll demnach ein auf drei bis fünf Jahre angelegter Prozess zum Wiederaufbau Gazas beginnen.
Die Ankündigung der Hamas, sie habe ihre Zustimmung signalisiert, löste im Gazastreifen Jubelszenen auf den Straßen aus. In Rafah, Gaza-Stadt und anderen Orten strömten Menschen auf die Straßen, um zu feiern. Die Reaktion der israelischen Seite und die folgenden Ereignisse nährten jedoch Zweifel, ob wirklich ein Durchbruch erzielt wurde.
„Alle möglichen Klauseln“ in Vorschlag eingefügt
Aus dem Büro des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu hieß es, der Vorschlag der Hamas sei weit entfernt von dem, was Israel verlange. Das Kriegskabinett habe denn auch zugestimmt, an der geplanten Offensive in Rafah festzuhalten. Bei dem Vermittler-Vorschlag handele es sich nicht mehr um den gleichen, auf den sich Israel und Ägypten vor zehn Tagen geeinigt hätten und der die Grundlage indirekter Verhandlungen gewesen sei, hieß es von israelischer Seite. Es seien „alle möglichen Klauseln“ eingefügt worden, berichtete der Fernsehsender Channel 12.
Der israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir bezeichnete die Zustimmung der Hamas als taktischen Kniff. „Es gibt nur eine Antwort auf die Tricks und Spiele der Hamas: einen sofortigen Befehl, Rafah zu erobern, den militärischen Druck zu erhöhen und Hamas weiter bis zur vollständigen Niederlage zu bedrängen“, zitierten israelische Medien den Rechtsaußen-Politiker.
Geisel-Angehörige demonstrieren in Israel
In einer Stellungnahme der Angehörigen der von der Hamas verschleppten Geiseln hieß es am Montagabend, die Ankündigung der Islamisten müsse den Weg für die Rückkehr der Verschleppten ebnen. Vertreter der Angehörigen begrüßten die Ankündigung der Regierung Netanjahus, eine Verhandlungsdelegation zu Gesprächen mit den Vermittlern zu entsenden. In mehreren Städten Israels kam es am Montagabend zu Demonstrationen für eine Verhandlungslösung zur Freilassung der Geiseln.
Israel will mit dem Militäreinsatz in Rafah die verbliebenen Bataillone der islamistischen Terrororganisation Hamas zerschlagen, die sie seit Oktober in Gaza bekämpft. In der Stadt werden die Hamas-Führung und auch Geiseln vermutet. Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten.
Israels Verbündete haben sich in den vergangenen Wochen immer wieder kritisch über die erwartete Bodenoffensive in Rafah geäußert und Israels Regierung davon abzubringen versucht, da sich in der überfüllten Stadt zahlreiche Flüchtlinge befinden, die vor Kämpfen in anderen Teilen des Gazastreifens Schutz gesucht haben. Israel forderte am Montag etwa 100 000 Palästinenser auf, Rafah aus Sicherheitsgründen zu verlassen. Die betroffenen Bewohner sollten sich in das Gebiet Al-Mawasi nahe der Küste begeben./mk/DP/zb
WEITERE ISRAEL-MELDUNGEN
ROUNDUP 2/Militär: Rafah-Übergang im Gazastreifen unter israelischer Kontrolle
TEL AVIV/WASHINGTON/KAIRO (dpa-AFX) – Israels Streitkräfte sind in Teile der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen vorgerückt und haben damit Sorgen vor einer folgenschweren Militäroffensive befeuert. Der Grenzübergang Rafah nach Ägypten sei auf der palästinensischen Seite unter „operativer israelischer Kontrolle“, teilte ein ranghoher israelischer Militär am Dienstag mit. Auf Videoaufnahmen der Armee war zu sehen, wie Panzer in den Grenzbereich von Rafah einrollten. Auf einem der Panzer wehte eine große israelische Nationalflagge. Die meisten Zivilisten und Vertreter internationaler Hilfsorganisationen hätten nach Evakuierungsaufrufen der Armee am Montag das Gebiet bereits verlassen, teilte der Militär weiter mit.
Im Kampf Israels gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen ist eine Offensive auf Rafah seit Längerem geplant. International gibt es Sorgen, dass der Militäreinsatz folgenschwere Konsequenzen insbesondere für die Zivilbevölkerung haben könnte. Das israelische Kriegskabinett entschied am Montag, den Militäreinsatz in Rafah fortzusetzen, um den militärischen Druck auf die Hamas zu erhöhen und die eigenen Kriegsziele durchzusetzen. Die US-Regierung geht bislang nicht davon aus, dass die lange angekündigte Großoffensive auf Rafah bereits begonnen hat.
Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Waffenruhe erklärt. Nach israelischen Angaben entspricht dieser Vorschlag allerdings nicht den israelischen Forderungen. Der israelische Militär sagte, man prüfe den Vorschlag. Israel werde eine Delegation nach Kairo schicken. Dort soll es am Dienstag ein weiteres Treffen von Unterhändlern geben, um eine Waffenruhe, die Freilassung von Geiseln und Häftlingen sowie die ungehinderte Lieferung humanitärer Hilfsgüter in den Gazastreifen zu ermöglichen, wie das Golfemirat Katar in der Nacht mitteilte. Katar, Ägypten und die USA agieren als Vermittler zwischen der Hamas und Israel, die aus Prinzip keine direkten Verhandlungen miteinander führen.
Israel: „Präziser Anti-Terror-Einsatz in sehr begrenztem Umfang“
Der israelische Militärvertreter sagte am Dienstag zu den aktuellen Entwicklungen, es handele sich um einen „präzisen Anti-Terror-Einsatz in sehr begrenztem Umfang“. Spezialtruppen durchsuchten den Rafah-Übergang nach Terroristen. Es gebe Hinweise darauf, dass die Hamas die Gaza-Seite des Übergangs für Terrorzwecke missbraucht habe. Aus dem Gebiet hätten Mitglieder des militärischen Hamas-Arms am Sonntag Raketen auf den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom abgefeuert. Dabei waren vier israelische Soldaten getötet worden. Der Grenzübergang für humanitäre Hilfsgüter sei nach dem Angriff weiterhin geschlossen, man wolle ihn jedoch so schnell wie möglich wieder öffnen. Kerem Schalom ist der wichtigste Grenzübergang für die Lieferung von Hilfsgütern aus Israel in den Gazastreifen.
Das Nachrichtenportal „Axios“ berichtete unter Berufung auf israelische Regierungsbeamte, der Einsatz von Panzern und Bodeneinheiten östlich von Rafah sei als erste Phase der Offensive zu verstehen. Die Übernahme des Grenzübergangs Rafah solle nicht nur den Machtverlust der Hamas im Gazastreifen demonstrieren. Anschließend sollten Palästinenser ohne Verbindung zu den Islamisten an der Verteilung von Hilfsgütern beteiligt werden, die aus Ägypten in das abgeschottete Küstengebiet kommen.
UN und USA warnen vor Bodenoffensive
UN-Generalsekretär António Guterres rief die Konfliktparteien auf, alles dafür zu tun, um endlich ein Abkommen zu erreichen. „Eine Bodenoffensive in Rafah wäre nicht hinnehmbar aufgrund der verheerenden humanitären Folgen und wegen der destabilisierenden Folgen für die Region.“ Auch US-Präsident Joe Biden appellierte nach einem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. in Washington, die Freilassung aller Geiseln, eine dauerhafte Waffenruhe sowie humanitäre Hilfe seien dringend nötig. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, bekräftigte mit Blick auf Rafah, die US-Regierung unterstütze keinen Einsatz, der mehr als eine Million Menschen einem großen Risiko aussetze.
Zwar hatte Hamas-Auslandschef Ismail Hanija den katarischen Ministerpräsidenten und den ägyptischen Geheimdienstchef nach eigenen Angaben per Telefon über die Entscheidung der Islamistenorganisation informiert, einen Kompromissvorschlag der Vermittler anzunehmen. Und das katarische Außenministerium ließ wissen, die Antwort der Hamas könne „als positiv beschrieben werden“. Doch über den Inhalt dieser Vorschläge ist offiziell bisher wenig bekannt.
Hamas soll dreistufigem Plan zugestimmt haben
Der Sender CNN berichtete, die von der Hamas akzeptierte Fassung enthalte drei jeweils 42-tägige Phasen. Die erste sehe unter anderem die Freilassung von 33 Geiseln im Austausch für hunderte palästinensische Häftlinge, einen schrittweisen Teilabzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen und Bewegungsfreiheit für unbewaffnete Palästinenser in dem Küstengebiet vor. Die zweite Phase sei nicht detailliert ausgearbeitet, laufe aber auf die Freilassung aller restlichen Geiseln, den Komplettabzug der israelischen Armee aus Gaza und eine dauerhafte Kampfpause hinaus. In der dritten Phase soll demnach ein auf drei bis fünf Jahre angelegter Prozess zum Wiederaufbau Gazas beginnen.
Die Ankündigung der Hamas, sie habe ihre Zustimmung signalisiert, löste im Gazastreifen Jubelszenen auf den Straßen aus. In Rafah, Gaza-Stadt und anderen Orten strömten Menschen auf die Straßen, um zu feiern. Die Reaktion der israelischen Seite und die folgenden Ereignisse nährten jedoch Zweifel, ob wirklich ein Durchbruch erzielt wurde.
„Alle möglichen Klauseln“ in Vorschlag eingefügt
Aus dem Büro des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu hieß es, der Vorschlag der Hamas sei weit entfernt von dem, was Israel verlange. Das Kriegskabinett habe denn auch zugestimmt, an der geplanten Offensive in Rafah festzuhalten. Bei dem Vermittler-Vorschlag handele es sich nicht mehr um den gleichen, auf den sich Israel und Ägypten vor zehn Tagen geeinigt hätten und der die Grundlage indirekter Verhandlungen gewesen sei, hieß es von israelischer Seite. Es seien „alle möglichen Klauseln“ eingefügt worden, berichtete der Fernsehsender Channel 12.
Der israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir bezeichnete die Zustimmung der Hamas als taktischen Kniff. „Es gibt nur eine Antwort auf die Tricks und Spiele der Hamas: einen sofortigen Befehl, Rafah zu erobern, den militärischen Druck zu erhöhen und Hamas weiter bis zur vollständigen Niederlage zu bedrängen“, zitierten israelische Medien den Rechtsaußen-Politiker.
Geisel-Angehörige demonstrieren in Israel
In einer Stellungnahme der Angehörigen der von der Hamas verschleppten Geiseln hieß es am Montagabend, die Ankündigung der Islamisten müsse den Weg für die Rückkehr der Verschleppten ebnen. Vertreter der Angehörigen begrüßten die Ankündigung der Regierung Netanjahus, eine Verhandlungsdelegation zu Gesprächen mit den Vermittlern zu entsenden. In mehreren Städten Israels kam es am Montagabend zu Demonstrationen für eine Verhandlungslösung zur Freilassung der Geiseln.
Israel will mit dem Militäreinsatz in Rafah die verbliebenen Bataillone der islamistischen Terrororganisation Hamas zerschlagen, die sie seit Oktober in Gaza bekämpft. In der Stadt werden die Hamas-Führung und auch Geiseln vermutet. Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten.
Israels Verbündete haben sich in den vergangenen Wochen immer wieder kritisch über die erwartete Bodenoffensive in Rafah geäußert und Israels Regierung davon abzubringen versucht, da sich in der überfüllten Stadt zahlreiche Flüchtlinge befinden, die vor Kämpfen in anderen Teilen des Gazastreifens Schutz gesucht haben. Israel forderte am Montag etwa 100 000 Palästinenser auf, Rafah aus Sicherheitsgründen zu verlassen. Die betroffenen Bewohner sollten sich in das Gebiet Al-Mawasi nahe der Küste begeben./mk/DP/zb
USA: Bodenoffensive in Rafah würde Leiden der Palästinenser erhöhen
WASHINGTON (dpa-AFX) – Die US-Regierung lehnt eine erwartete Militäroffensive Israels in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen weiter klar ab. „Wir sind der Meinung, dass eine Militäroperation in Rafah zum jetzigen Zeitpunkt das Leiden der palästinensischen Bevölkerung dramatisch verstärken würde“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Montag in Washington. Eine solche Offensive würde zu einer Zunahme der Verluste an Menschenleben in der Zivilbevölkerung führen. Miller betonte, dass die US-Regierung Zweifel daran habe, dass eine Evakuierung der Zivilbevölkerung aus so einem „überfüllten Gebiet“ überhaupt möglich sei. Es gebe keinen effektiven Weg, die Menschen im Gazastreifen zu verteilen und ihnen die benötigte Hilfe zukommen zu lassen, sagte Miller.
US-Präsident Joe Biden hatte am Vormittag (Ortszeit) mit Israels Premier Benjamin Netanjahu telefoniert. Das Weiße Haus teilte im Anschluss an das Gespräch mit, dass Biden noch einmal seine „klare Haltung zu Rafah“ bekräftigt habe. Die US-Regierung spricht sich seit Wochen vehement gegen eine Bodenoffensive in Rafah aus.
Israel hatte zuvor nach monatelangen Ankündigungen mit entscheidenden Vorbereitungen für den Militäreinsatz in der Stadt Rafah begonnen. Das Militär rief rund 100 000 Einwohner des östlichen Teils der Stadt an der Grenze zu Ägypten dazu auf, sich in das einige Kilometer nördlich gelegene Al-Mawasi-Lager zu begeben./nau/DP/he
Hamas-TV-Sender: Israels Militär rückt an Grenze zum Gazastreifen heran
TEL AVIV/GAZA (dpa-AFX) – Palästinensischen Medienberichten zufolge sind Israels Streitkräfte in der Nacht zu Dienstag an den Grenzübergang Kerem Schalom vorgerückt. Der Fernsehsender der islamistischen Hamas berichtete, dass israelische Panzer den Übergang zum Gazastreifen aus einer Entfernung von 200 Metern beschießen. Der Übergang ist etwa drei Kilometer von der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen entfernt.
Laut dem gewöhnlich gut unterrichteten israelischen Journalisten Barak Ravid plant das Militär zudem, binnen weniger Stunden die Kontrolle über die palästinensische Seite des Grenzübergangs Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten zu übernehmen. Ein Militärsprecher berichtete am Abend über gezielte Angriffe auf Hamas-Ziele im östlichen Teil von Rafah. Auf die palästinensischen Berichte über Angriffe auch mit Panzern gab es vom Militär zunächst keine Reaktion.
Das Kriegskabinett von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte am Montagabend einstimmig entschieden, den Militäreinsatz in Rafah im Süden des Gazastreifens fortzusetzen, um den Druck auf die Hamas zu erhöhen und die israelischen Kriegsziele durchzusetzen. Verteidigungsminister Joav Galant sagte im Zusammenhang mit dem Militäreinsatz, die Invasion finde stufenweise statt und könne angehalten werden, wenn die Hamas sich zu einer vernünftigen Verhandlungslösung zum Austausch der Geiseln bereiterkläre. Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Waffenruhe erklärt. Nach israelischen Angaben entspricht dieser Vorschlag allerdings nicht den israelischen Forderungen.
Israels Verbündete hatten sich kritisch über die erwartete Bodenoffensive in Rafah geäußert und Israels Regierung davon abzubringen versucht, da sich in der Stadt zahlreiche Flüchtlinge befinden. Israel hatte am Montag etwa 100 000 Palästinenser aufgefordert, Rafah aus Sicherheitsgründen zu verlassen. Die betroffenen Bewohner sollten sich in das Gebiet Al-Mawasi nahe der Küste begeben./czy/DP/zb
ROUNDUP 4/Militäreinsatz Israels in Rafah: Armee beginnt mit Räumung der Stadt
GAZA/TEL AVIV (dpa-AFX) – Nach monatelangen Ankündigungen hat Israel am Montag mit entscheidenden Vorbereitungen für den Militäreinsatz in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen begonnen. Das Militär rief rund 100 000 Einwohner des östlichen Teils der Stadt an der Grenze zu Ägypten dazu auf, sich in das einige Kilometer nördlich gelegene Al-Mawasi-Lager zu begeben. Sie wurden demnach per SMS, Telefon sowie mit Flugblättern und über arabischsprachige Medien informiert. Nach Augenzeugenberichten begaben sich viele Menschen rasch auf die Flucht, während sie ihre Habseligkeiten unter anderem mit Eselskarren transportierten.
Verhandlungen über Feuerpause blieben ergebnislos
Indirekte Verhandlungen Israels mit der islamistischen Hamas in Kairo über eine neue Feuerpause im Gaza-Krieg und die Freilassung von Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge waren zuvor ohne Ergebnis geblieben. Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant sagte nach Angaben seines Büros bei einem Telefonat mit seinem US-Amtskollegen Lloyd Austin, die Hamas habe bei den Gesprächen alle Vorschläge abgelehnt. Daher sei eine Militäraktion in Rafah jetzt notwendig und ohne Alternative. CIA-Chef William Burns wollte sich aber nach Informationen der „Times of Israel“ bei einem Besuch in Israel am Montag noch für einen Deal in letzter Minute einsetzen.
Die Islamisten beharren auf einem Abkommen, in dem sich Israel von vornherein zur Beendigung des Krieges und zum vollständigen Abzug seiner Truppen aus dem Gazastreifen verpflichtet. Israel lehnt aber eine derartige Verpflichtung ab und möchte sich weitere militärische Handlungsmöglichkeiten vorbehalten. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte zuletzt mehrere Erklärungen abgegeben, in denen er sich kompromisslos zeigte. So sagte er, Israel werde selbst dann Rafah angreifen, wenn ein Geisel-Deal zustande käme.
Deutschland warnt vor Folgen für Zivilbevölkerung in Rafah
Die Bundesregierung bekräftigte am Montag Warnungen vor den Folgen eines großen Militäreinsatzes in Rafah. In dem Gebiet hielten sich mehr als eine Million Menschen auf, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin. Sie forderte: „Diese Menschen brauchen Schutz. Sie brauchen natürlich humanitäre Unterstützung. Und die Bundesregierung und auch die Außenministerin haben bereits in Vergangenheit wiederholt gesagt, dass eine großangelegte Bodenoffensive auf Rafah eine humanitäre Katastrophe wäre, und zwar eine humanitäre Katastrophe mit Ansage.“
Zugleich verurteilte die Sprecherin fortgesetzte Angriffe der Hamas auf Israel aus dem Gazastreifen. Mitglieder des militärischen Hamas-Arms hatten am Sonntag Raketen auf den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom, der sich nicht weit von Rafah entfernt befindet, gefeuert und dabei vier israelische Soldaten getötet. Kerem Schalom, wichtigster Grenzübergang für die Lieferung von Hilfsgütern aus Israel in den Gazastreifen, wurde daraufhin vorerst geschlossen.
Die Sprecherin forderte auch, laufende und schwierige Verhandlungen nicht zu gefährden. „Gleichzeitig erleben wir eine Situation, wo weit über 100 Menschen in Gefangenschaft, in Geiselhaft der Hamas sind, die befreit werden müssen“, sagte sie. Alle Seiten müssten nun „maximale Anstrengungen“ unternehmen.
Israel will letzte Bataillone der Hamas zerschlagen
Israel will mit dem Militäreinsatz in Rafah die verbliebenen Bataillone der islamistischen Terrororganisation Hamas zerschlagen, die sie seit Oktober in dem Küstenstreifen bekämpft. Es werden die Hamas-Führung und auch Geiseln in der Stadt an der Grenze zu Ägypten vermutet. Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten.
Ein israelischer Militärsprecher erklärte, es handele sich um einen „begrenzten Einsatz“. Die Menschen sollten sich in eine „erweiterte humanitäre Zone“ im Bereich Al-Mawasi begeben. Dort gebe es Nahrungsmittel, Wasser und Medikamente. Die Armee ermögliche dort auch die Einrichtung von Feldkrankenhäusern. Der Sprecher betonte, die Versorgung der Bevölkerung mit humanitären Hilfsgütern werde während des Räumungseinsatzes ungehindert weitergehen. Man könnte diese über verschiedene Routen in den Küstenstreifen bringen, etwa über den Hafen in Aschdod.
Der Militärsprecher sagte, Israel habe mit dem Hamas-Raketenangriff am Vortag eine „gewaltsame Erinnerung an die Präsenz und die operationalen Fähigkeiten der Hamas in Rafah erhalten“. Das Militär bombardierte nach eigenen Angaben im Anschluss den Ort in der Nähe des Grenzübergangs Rafah zu Ägypten, von dem der Angriff ausgegangen war.
Berichte über heftige Angriffe in Rafah
Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde teilte am Montag mit, bei verschiedenen israelischen Angriffen in Rafah seit Sonntagabend seien mindestens 28 Palästinenser getötet worden. Auch am Montag gab es Berichte über heftige Angriffe im Osten der Stadt Rafah.
Nach Angaben der Gesundheitsbehörde wurden seit Beginn des Kriegs vor sieben Monaten 34 735 Palästinenser getötet und mehr als 78 000 weitere verletzt. Die Angaben, die nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern unterscheiden, lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Die Hamas warnte, Israel schädige mit den Vorbereitungen auf den Militäreinsatz allen Bemühungen, eine Waffenruhe im Gaza-Krieg zu erzielen. Mahmud Merdawi, ein ranghohes Hamas-Mitglied, sagte am Montag der Deutschen Presse-Agentur, der Schritt werde sich negativ auf die indirekten Verhandlungen auswirken und „katastrophale Auswirkungen“ auf die örtliche Bevölkerung haben.
Ägypten befürchtet Ansturm von Palästinensern über die Grenze
Ranghohe israelische Geheimdienst- und Militärbeamte waren im vergangenen Monat in Kairo unter anderem mit dem ägyptischen Geheimdienstchef zusammengetroffen, um Israels geplanten Einsatz seiner Armee in Rafah zu besprechen. Ägypten befürchtet unter anderem, es könnte bei dem Einsatz zu einem Ansturm von Palästinensern über die Grenze kommen. In Rafah liegt der Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten, es ist auch ein wichtiges Tor für humanitäre Hilfslieferungen in den abgeriegelten Küstenstreifen. Am Montag blieb der Übergang jedoch vorerst geöffnet, wie die palästinensische Grenzbehörde und ägyptische Sicherheitskreise mitteilten.
Der jordanische Außenminister, Aiman al-Safadi, warnte am Montag bei X, vormals Twitter: „Ein weiteres Massaker an den Palästinensern steht bevor.“ Alle müssten jetzt handeln, um ein solches Szenario zu verhindern. Es sei ein „unauslöschlicher Schandfleck“ für die internationale Gemeinschaft, sollte es zu einem Militäreinsatz in Rafah kommen.
Auch Frankreich gegen Rafah-Offensive
Das französische Außenministerium betone ebenfalls seinen „entschiedenen Widerstand“ gegen eine Bodenoffensive in Rafah. „Frankreich erinnert im Übrigen daran, dass die Zwangsumsiedlung einer Zivilbevölkerung ein Kriegsverbrechen im Sinne des Völkerrechts darstellt“, teilte das Ministerium mit. Die Geiseln der Hamas müssten sofort freigelassen werden und ein dauerhafter Waffenstillstand müsse den Schutz ermöglichen, den die Zivilbevölkerung brauche, hieß es.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell rief Israel dazu auf, auf eine Bodenoffensive in Rafah zu verzichten. Der Evakuierungsaufruf würde das Schlimmste ahnen lassen, „mehr Krieg und Hungersnot“, schrieb Borrell am Montag auf der Plattform X, ehemals Twitter. Die EU sei gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft aufgefordert zu handeln, um ein solches Szenario zu verhindern./le/DP/nas
OMRI BOEHM
Der Streit um Omri Boehm – Falter, 7.5.2024
… Wenn der israelische Philosoph Omri Boehm heute Abend am Judenplatz ans Pult tritt, um im Rahmen der Wiener Festwochen eine „Rede an Europa“ zu halten, sind Proteste zu befürchten – allerdings nicht, wie man vielleicht vermuten würde, von Rechten oder Palästina-Aktivisten: Der Auftritt sorgt vielmehr im Umfeld der jüdischen Community bereits vorab für Kritik und Empörung bis hin zu Cancel-Interventionen im Rathaus. „Wäre ich 30 Jahre jünger, würde ich am Dienstag hingehen – und Eier werfen“, erklärte etwa Ariel Muzicant, ehemaliger Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) im Kurier.
Warum? Weil Boehm unter anderem über unterschiedliche Sichtweisen auf den Nahostkonflikt sprechen will, der in Deutschland und Österreich vor dem Hintergrund des Holocaust anders gesehen wird als in anderen Teilen der EU. Und das sei, „die falsche Rede am falschen Ort“, so Muzicant.
Der Vorwurf, der gegen den Redner erhoben wird, lautet Antisemitismus. Was einigermaßen überraschend ist, weil Boehm eigentlich als Konsensfigur gilt. Geschult an den Ideen des Philosophen Immanuel Kant, entwickelte er eine salomonische Position, die partikuläre Interessen überwinden will. Er lehnt eine Zweistaatenlösung als unrealistisch ab und schlägt stattdessen einen föderalen gemeinsamen Staat der Juden und Palästinenser vor.
Der Streit um Boehm ist aber auch ein Stellvertreterkonflikt zwischen der jüdischen Gemeinde und Milo Rau, dem neuen Intendanten der Wiener Festwochen. Der hat es sich durch die Einladung von deutlich radikaleren Israel-Kritikern wie Yanis Varoufakis und Annie Ernaux in den Festwochen-Beirat verscherzt.
Was Boehm bei seiner Rede sagen wird, wissen wir heute Abend (einen Mitschnitt gibt es ab morgen, Mittwoch, Mittag im FALTER.radio). Was er sonst noch zu sagen hat, lesen Sie in einem ausführlichen Interview, das Eva Konzett und Tessa Szyszkowitz für den gedruckten FALTER mit ihm geführt haben. Einen Auszug daraus haben wir bereits heute für Sie. …
Interview mit Omri Boehm: „Ich fühle mich nicht gecancelt“ – Falter, 7.5.2024
Ein Auszug aus dem morgen erscheinenden FALTER-Interview mit Omri BoehmVON EVA KONZETT & TESSA SZYSZKOWITZ
FALTER: Herr Boehm, Sie sind sicher in Wien angekommen und werden eine Rede zu Europa halten. Allerdings will nicht jeder, dass Sie das auf dem Judenplatz tun. Was sagen Sie dazu, dass man Sie zu canceln versucht hat?
Omri Boehm: Ich fühle mich nicht gecancelt. Die Art und Weise, wie über meine Rede diskutiert wird, tut mir allerdings leid. Ich finde, wir sollten lieber über Inhalte sprechen. Bisher habe ich sehr wenige Argumente gegen meinen Auftritt auf dem Judenplatz gelesen, und die, die vorgebracht wurden, waren rundweg falsch. Ich bin zu einer öffentlichen Veranstaltung nach Wien gekommen, aber mein Besuch hier bedeutet für mich auch privat viel. Die Familie meiner Frau stammt aus Wien. Das ist wichtig für mich.In Ihrem Buch „Israel – eine Utopie“ fordern Sie einen binationalen Staat für Juden und Palästinenser. Wie soll da Israel als Staat für Juden und Jüdinnen erhalten bleiben?
Leute, die denken, dass ich Israel delegitimieren will, haben ein sehr trauriges Konzept davon, was Israel ist und sein sollte. Das sind jene, die nicht infrage stellen, dass Israel irgendetwas anderes sein sollte als ein nationalistisches Land, ein jüdischer Staat, in dem schon jetzt mehr als 50 Prozent Nichtjuden leben. Ich dagegen finde, dass wir darüber nachdenken müssen, wie es gelingen kann, dass wir für Juden einen Staat erhalten, in dem sie ihre nationalen Rechte und ihre Sicherheit bekommen, obendrein aber auch in einer liberalen Demokratie leben können. Ich halte es für problematisch, meinen Versuch, eine Lösung zu finden, als Angriff auf die Existenz Israels zu lesen.
Wie könnte ein solcher binationaler Staat aber funktionieren? Seit dem 7. Oktober fürchten die Israelis noch mehr als zuvor um ihre Sicherheit.
Wir sind hier in Wien, in der Europäischen Union. Europa ist ein Beispiel dafür, dass es längst Überlegungen dazu gibt, dass nationale Souveränitäten gemeinsam definiert werden können. Das ist der einzige Weg, Krieg zu vermeiden und Frieden zu erhalten. Es führt auch dazu, die nationale Selbstbestimmung von Völkern noch zu verbessern. Wer solche Konzepte in und für Israel ablehnt und dann auch noch behauptet, sie seien antisemitisch, versteht Israel nicht richtig, und die zionistische Hoffnung noch weniger. Und nicht weniger entscheidend: Er versteht Europa nicht.
In Österreich hat der 8. Mai, der Tag der Befreiung von den Nazis, eine besondere Bedeutung. Aus der Mitverantwortung für die Schoah, den Holocaust, ist hier und in Deutschland ein besonderes Gefühl der Verantwortung für Israels Existenz erwachsen. Verstehen Sie, dass diese beiden Staaten deshalb eine Sonderrolle dabei spielen, Israel zu verteidigen?
Ich glaube, diese beiden Länder haben eine spezielle Rolle. Wer so tut, als sei das nicht so, versteht Geschichte und menschliche Beziehungen nicht. Es gibt historische Verantwortlichkeiten. Ich denke aber nicht, dass diese hier richtig eingesetzt werden. Einerseits kümmern sich Deutschland und Österreich besonders um die Sicherheit Israels – und glauben Sie nicht, dass ich diese leichtnehme. Aber wenn Ihr Staat Israel beschützen will, dann auch davor, internationales Recht zu brechen. Israel beizustehen heißt, nicht nur im Kampf gegen die äußeren Feinde, sondern auch im Kampf für den Erhalt der Demokratie beizustehen. Sonst verkehrt sich die historische Verantwortung für Israels Existenz schnell in das Gegenteil. Das bereitet mir Sorge, weil es gefährlich und destruktiv für den Staat Israel und für das palästinensische Volk ist, das unter Israels Herrschaft lebt.
Das gesamte Interview lesen Sie morgen, Mittwoch, im gedruckten FALTER oder noch heute ab 17 Uhr online auf falter.at (hier geht es zu unseren Digital-Abos).
Neues Buch „Israel – eine Utopie“: Traum von der „Republik Haifa“ – Hillenbrand, TAZ, 18.7.2020
Der Philosoph Omri Boehm schlägt in seinem Buch „Israel – eine Utopie“ eine binationale Lösung für den Nahostkonflikt vor. Wie realistisch ist sie? …
Buchpreis für Omri Boehm: „Frieden gibt es nicht ohne Gleichheit“ – Tagesschau, ARD, 20.3.2024 (inkl. 2 Kurzvideos)
In Leipzig ist am Abend die Buchmesse eröffnet worden. Omri Boehm erhielt den Buchpreis für Europäische Verständigung. Im tagesthemen-Interview äußerte sich der Philosoph auch über den Krieg im Nahen Osten. …
Zitat Omri Boehm aus einem der beiden Videos:: „Freundschaft war immer der Test, der uns vor den katastrophalen Versagen der Brüderlichkeit und dem grotesken Missbrauch abstrakter Ideen über bewaffneten Widerstand und Selbstverteidigung beschützt hat.“
Omri Boehm: Ein Humanist – ND – Karlen Vesper, Journalismus von links, 22.3.2024
Omri Boehm erhielt in Leipzig den Buchpreis zur Europäischen Verständigung
Dass Aktivisten ausgerechnet eine Veranstaltung störten, auf der ein Streiter für Frieden und gleichberechtigtes Zusammenleben von Israelis und Palästinensern geehrt werden sollte, war anachronistisch. Der deutsch-israelische Philosoph Omri Boehm zeigte Größe, artikulierte Verständnis für die Proteste während des Festaktes zur Eröffnung der Frühjahrsbuchmesse am Mittwochabend im Leipziger Gewandhaus. Was derzeit in Gaza geschieht, sei »beschämend«, sagte der 1979 in Haifa geborene Preisträger. Und: Es könne keine deutsch-jüdische Freundschaft geben, »wenn sie in diesen dunklen Zeiten keinen Platz für die schwierigen Wahrheiten hat, die im Namen der jüdisch-palästinensischen Freundschaft gesagt werden müssen«. Diese habe es derzeit zwar sehr schwer, aber sie lebe noch, versicherte Boehm, der nach eigenem Bekunden von seiner bildungsbürgerlich-deutschen Großmutter wie seinem iranischen Großvater geprägt sei.
Den mit 20 000 Euro dotierten Buchpreis zur Europäischen Verständigung erhielt er für seine Streitschrift »Radikaler Universalismus. Jenseits von Identität«, in dem der Absolvent der Universität Tel Aviv, der an der Yale-Universität zu Kant promovierte, ganz im Sinne des Königsberger Philosophen einen bedingungslosen Humanismus, grenz- und kulturüberschreitend, die Anerkennung der Gleichheit aller Menschen fordert. Der in New York lehrende Philosophieprofessor hatte bereits mit dem Buch »Israel – eine Utopie« (2020) ein Achtungszeichen gesetzt. Darin plädierte er für einen jüdisch-palästinensischen binationalen Staat. In Leipzig betonte er erneut: »Solange die Menschen nicht gleiche Rechte bekommen, solange wird es keinen Frieden geben.
Juden protestieren gegen Israel: Ist es Selbsthass? – Andreas Scheiner, NZZ, 28.3.2024
Von Omri Boehm bis Judith Butler: Immer öfter legen sich Juden als Israel-Kritiker ins Zeug. Sie wissen nicht, was sie tun.
Israelkritik steht allen offen. Jeder darf sich beteiligen. Auch Juden sind eingeladen. Auffällig oft sorgten in letzter Zeit jüdische Stimmen mit antiisraelischen Einlassungen für Schlagzeilen: Jonathan Glazer bei den Oscars, der Aktivist Yuval Abraham an der Berlinale, Omri Boehm an der Leipziger Buchmesse. Selbstredend Judith Butler, dann Susan Neiman, notorisch Deborah Feldman.
… Auch Omri Boehm betonte seine jüdische Identität. In der Dankesrede zum Buchpreis zur Europäischen Verständigung versicherte er seinen «palästinensischen Freunden», dass jeder, der das, was Israel in Gaza tue, «Selbstverteidigung nennt, meine Identität zutiefst beschämt, die jüdische und israelische». …
… Nun ist es nicht verkehrt, den eigenen Hintergrund kenntlich zu machen. Es ist auch insofern nachvollziehbar, als sich der Spezialist ausweisen will: «Ich bin Jude. Ich weiss, wovon ich rede.» Und es immunisiert gegen Kritik: «Ich bin Jude. Ich darf das ja wohl noch sagen.» Für Medien, die auf der Suche nach kritischen Voten zu Israel sind, drängen sich die jüdischen Israel-Kritiker auch aus diesem Grund auf: «Unser Autor ist Jude. Er darf das ja wohl noch sagen.»
Betont einer allzu penetrant das eigene Jüdischsein, kann das aber auch stutzig machen: Hat er sonst nichts vorzubringen? Wer sein Judentum stets prominent ins Feld führt, fürchtet womöglich, dass er argumentativ nicht überzeugt. Gleichzeitig gebärdet er sich als Sprachrohr eines Kollektivs. Indem er sagt, dass er «als Jude» spreche, sagt er zugleich: «Ich spreche auch für andere Juden.» Oder genau genommen: «Ich spreche für die vernünftigen Juden.»
Vor allem spricht er jedoch zu Nichtjuden. Das ist der entscheidende Punkt: Der jüdische Israel-Kritiker spricht zu Gojim, zu nichtjüdischen Menschen, deren Applaus er auf sicher hat. Er predigt in der eigenen Bubble. Butler wird bei ihren Auftritten von den Fans gefeiert wie ein Rockstar. Wenn Boehm beim Buchpreis Israels Selbstverteidigungsrecht mehr oder weniger infrage stellt, weiss er die israelkritische Kulturszene auf seiner Seite. An der Oscar-Verleihung war Glazer unter Palästina-Freunden, die sich mit entsprechenden Pins schmückten. An der Berlinale erfreute sich das Palästinensertuch als Accessoire grosser Beliebtheit. Davidsterne wurden übrigens noch nirgends gesichtet. …
… Er ist der «Good Jew». Er heisst Boehm, Butler, Chomsky, Glazer, Feldman, Finkelstein. Anders als Lessings jüdischer Selbsthasser schwört er seinem Judentum nicht ab. Denn es ist sein «unique selling point». Er wird als Jude gebucht. …
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Omri Boehm (WIKIPEDIA) (hebräisch עמרי בהם [ˈɔmri bɛm], geboren 1979 in Haifa) ist ein israelisch–deutscher Philosoph und Hochschullehrer. Seit 2010 ist er Associate Professor für Philosophie an der New Yorker New School for Social Research. …
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Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf (WIKIPEDIA)
Die Altersschrift Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf (erste Auflage 1795 (zit. als A) 104 S., zweite, erweiterte Auflage 1796 (zit. als B), 112 S.) gehört zu den bekanntesten Werken des deutschen Philosophen Immanuel Kant. Moderne Bedeutungen des Begriffs Frieden gehen entscheidend auf die hier vorgestellte Theorie zurück.
In Form eines Friedensvertrages wendet Kant seine Moralphilosophie (vgl. Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Kategorischer Imperativ) auf die Politik an, um die Frage zu beantworten, ob und wie dauerhafter Frieden zwischen den Staaten möglich wäre. Dazu müssen von der Vernunft geleitete Maximen eingehalten werden, die aus den zugrundeliegenden Begriffen entwickelt werden. Für Kant ist Frieden kein natürlicher Zustand zwischen Menschen, er muss deshalb gestiftet und abgesichert werden. Die Gewährung des Friedens erklärt Kant zur Sache der Politik, die andere Interessen dabei der kosmopolitischen Idee eines allgemeingültigen Rechtssystems unterzuordnen habe; denn so heißt es im Anhang: „Das Recht der Menschen muß heilig gehalten werden, der herrschenden Gewalt mag es auch noch so große Aufopferung kosten.“ Immanuel Kant: AA VIII, 380[1]
Bekannt geworden sind die Ideen des Völkerrechts, das die Verbindlichkeit der zwischenstaatlichen Abkommen fordert, und die Ausrichtung des Friedens als völkerrechtlichen Vertrag. In den Internationalen Beziehungen wird „Zum ewigen Frieden“ den liberalen Theorien zugeordnet. Die Charta der Vereinten Nationen wurde wesentlich von dieser Schrift beeinflusst.[2]
UKRAINE
n-tv aktuell UKRAINE
+++ 09:28 Russische Behörden: US-Soldat wegen Diebstahls festgenommen +++
Die Festnahme eines US-Soldaten in der russischen Hafenstadt Wladiwostok am Pazifik ist nach russischen Behördenangaben wegen mutmaßlichen Diebstahls erfolgt. Das meldet die staatliche Nachrichtenagentur Tass und beruft sich auf die Justizpressestelle der Stadt im Fernen Osten. Auch die Vertretung des russischen Außenministeriums in Wladiwostok sprach von einem Fall gewöhnlicher Kriminalität. „Der Fall hat nichts mit Politik oder Spionage zu tun“, sagte ein Sprecher nach Angaben von Tass. Das bedeute, dass die Vertretung des Außenministeriums in Wladiwostok sich nicht weiter um den festgenommenen US-Bürger kümmere.
Nach US-Medienberichten war der Soldat in Südkorea stationiert gewesen und sei auf eigene Faust nach Russland gereist, um dort eine Frau zu besuchen. Eine direkte Bestätigung des Weißen Hauses gibt es bislang nicht. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, sagte auf Nachfrage nur: „Uns ist dieser Fall bekannt.“ Er nannte aber keine weiteren Details und verwies für weitere Fragen an das US-Verteidigungsministerium.
+++ 08:25 Generalstab: Knapp 100 Gefechte mit russischen Truppen an der Front +++
In den vergangenen 24 Stunden hat es an der Front 97 Gefechte zwischen den ukrainischen und russischen Truppen gegeben. Das meldet der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht (Stand 6 Uhr). Demnach flog die ukrainische Luftwaffe Angriffe auf elf Gebiete. Die Russen verübten der Mitteilung bei Facebook zufolge binnen 24 Stunden zwei Raketen- und 83 Luftangriffe, feuerten mit Mehrfachraketenwerfern 101 Mal auf Stellungen der ukrainischen Armee und Ortschaften. Es gibt laut dem Lagebericht Tote und Verletzte unter Zivilisten. Bei den Gefechten sind mehr als 120 Ortschaften in den Regionen Tschernihiw, Sumy, Charkiw, Luhansk, Donezk, Saporischschja, Dnipropetrowsk, Cherson, Mykolajiw unter russischen Artilleriebeschuss geraten, heißt es.
+++ 07:46 Militärexperte Thiele: Russlands Schildkrötenpanzer ist simpel, aber effektiv +++
Anfang April rollt der „Schildkrötenpanzer“, eine Eigenkreation der Russen, erstmals durch die Ukraine. Mehrmals wird der Panzer abgeschossen und aufgerüstet. Obwohl der Eigenbau auch Schwachstellen aufweist, ist die Schutzhülle um das Gefährt eine effektive Maßnahme, analysiert Militärexperte Ralph Thiele.
Thiele-Analyse zu Schwachstellen Russlands Schildkrötenpanzer ist simpel, aber effektiv
+++ 07:16 Bericht: Rosneft-Ölraffinerie im russischen Krasnodar nach Drohnenangriff wieder in Betrieb +++
Die Ölraffinerie Tuapse von Rosneft hat den Betrieb wieder aufgenommen, nachdem sie im Januar durch einen Drohnenangriff beschädigt wurde. Das berichtet Reuters unter Berufung auf informierte Quellen. Ende Januar brach in der Anlage in Tuapse ein Feuer aus, nachdem Berichte über einen Drohnenangriff gemeldet wurden. Die Reparaturen an der primären Ölraffinierungsanlage seien Ende April abgeschlossen worden, heißt es in dem Bericht. Die Tuapse-Raffinerie von Rosneft in der russischen Region Krasnodar ist eine der größten Ölverarbeitungsanlagen im Süden Russlands.
+++ 06:39 Russland drohen schmerzhafte EU-Sanktionen bei Geschäften mit LNG +++
Russland drohen erstmals scharfe EU-Sanktionen gegen seine milliardenschweren Geschäfte mit Flüssigerdgas (LNG). Wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigen, will die Europäische Kommission verbieten lassen, dass Häfen wie der im belgischen Zeebrugge zur Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten genutzt werden. Dies soll dann dazu führen, dass Russland wegen mangelnder Transportkapazitäten weniger Flüssigerdgas verkaufen kann und weniger Gewinne generiert, die für die Fortsetzung des Angriffskrieges gegen die Ukraine verwendet werden könnten. Bis heute ist es oft so, dass für den Einsatz in eisbedeckten Gewässern geeignete russische Tanker Flüssigerdgas von der Jamal-Halbinsel in Sibirien in EU-Häfen bringen, wo dieses dann auf normale Tanker umgeladen wird, die in andere, weiter entfernte Weltregionen fahren. So können die „Eisbrecher“-Tanker deutlich mehr Einsätze fahren. Die Diplomaten betonten, dass sich die Sanktionspläne der EU-Kommission nicht gegen den Transport von russischem LNG richten, das für den Verbleib in der EU bestimmt ist.
+++ 05:19 China fordert „faire“ Friedensgespräche mit Russland +++
China dringt auf eine Friedenskonferenz, bei der Russland und die Ukraine gleichberechtigt am Verhandlungstisch sitzen. „China unterstützt die rechtzeitige Einberufung einer internationalen Friedenskonferenz, die von der russischen und der ukrainischen Seite gebilligt wird, an der alle Parteien gleichberechtigt teilnehmen und an der alle Optionen für den Frieden fair diskutiert werden“, zitiert die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria den chinesischen Botschafter in Russland, Zhang Hanhui. Die Schweiz wird am 15. und 16. Juni Gastgeber einer zweitägigen Friedenskonferenz sein, zu der Russland nicht eingeladen wurde.
+++ 00:52 Bericht: Russland nutzt Krim-Brücke nicht mehr für Militärtransporte +++
Russland hat offenbar aufgehört, Nachschub für die Front über die Krim-Brücke zu transportieren. Das legen Recherchen des britischen „Independent“ nahe, der sich auf Daten des größten privaten Nachrichtendienstes der Ukraine, Molfar, stützt. Auf Satellitenbildern sei auf der Brücke kaum noch Verkehr zu sehen, zuletzt habe am 29. Februar ein Güterzug 55 Tankwagen auf ukrainische Festland gebracht. Molfar zufolge sollte Kiew die Aufmerksamkeit nun auf Melitopol, Berdjansk und Mariupol richten, wo Russland neue Eisenbahnlinien verlege, um diese besetzten ukrainischen Regionen mit der Krim und dem russischen Festland zu verbinden.
6.5.2024
+++ 21:09 Reisner im Video: Russland will Ankunft von Hilfslieferungen verhindern +++
Nach langem Warten erhält die Ukraine Hilfslieferungen aus den USA, doch „Russland versucht die Verbündeten der Ukraine davon zu überzeugen, dass Hilfslieferungen keinen Zweck haben“, meint Oberst Markus Reisner vom Generalstab des österreichischen Bundesheeres. Für ntv ordnet er die Lage an der Front ein.
Reisner zur Lage an der Front Russland will Ankunft von Hilfslieferungen verhindern
NACHT IM ÜBERBLICK – UKRAINE
ROUNDUP: Russland droht Westen wegen Waffenhilfe für Kiew – Nacht im Überblick
MOSKAU (dpa-AFX) – Mit einer Atomübung und der Einbestellung von Diplomaten hat Russlands Führung auf US-Waffenlieferungen und Äußerungen europäischer Spitzenpolitiker zur Unterstützung für die Ukraine reagiert. Die US-Regierung kritisierte das von Kremlchef Wladimir Putin ankündigte Abschreckungsmanöver seiner taktischen Nuklearstreitkräfte. „Es ist einfach leichtsinnig und unverantwortlich, wenn der Anführer einer großen Atommacht so mit dem Säbel rasselt, wie er es in Bezug auf den möglichen Einsatz von Atomwaffen tut“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Montag. Trotz dieser „rücksichtslosen Rhetorik“ habe die US-Regierung aber nichts beobachtet, was sie dazu veranlassen würde, ihre strategische Abschreckungshaltung zu ändern. Aus Moskau erging zudem eine Drohung an die Adresse Großbritanniens.
Moskau droht Großbritannien mit Vergeltung bei Raketenschlägen
Nach Aussagen des britischen Außenministers David Cameron, wonach die Ukraine das Recht dazu habe, sich zu verteidigen und von seinem Land gelieferte Raketen für Angriffe auf russisches Gebiet zu nutzen, kam die Reaktion aus Moskau prompt: Der dortige Botschafter Großbritanniens wurde einbestellt und bekam eine Protestnote übergeben, wie das russische Außenministerium am Montag mitteilte. Demnach wurde er „gewarnt, dass eine Antwort auf ukrainische Schläge mit britischen Waffen auf russisches Territorium sich gegen alle Militärobjekte und -technik Großbritanniens sowohl auf dem Gebiet der Ukraine als auch außerhalb richten kann“.
Camerons Aussagen würden die frühere Zusicherung der britischen Regierung widerlegen, dass Raketen mit größerer Reichweite nicht gegen russisches Gebiet selbst eingesetzt würden. „Faktisch hat er sein Land damit als Konfliktpartei anerkannt“, kritisierte das russische Außenministerium.
Cameron hatte vergangene Woche bei seinem Besuch in Kiew der Ukraine erneut Unterstützung zugesichert. Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge betonte er während seiner Reise, es liege an Kiew zu entscheiden, wie sie gelieferte Waffen einsetzen – das Recht zu Vergeltungsangriffen auf Ziele in Russland habe die Ukraine jedenfalls.
Französischer Botschafter muss ebenfalls zum Appell
Nach dem britischen Botschafter wurde auch der Vertreter Frankreichs in Moskau einbestellt. Äußerungen von Präsident Emmanuel Macron, der einen Einsatz französischer Truppen in der Ukraine nicht ausschließen wollte, nannte Moskau bei der Vorladung destruktiv und unverantwortlich. Russland lasse sich von seinen Kriegszielen trotz solcher Drohungen nicht abbringen und werde sie auch erreichen, hieß es in der Erklärung des russischen Außenministeriums.
Zuvor hatte Russland ein Manöver seiner taktischen Nuklearstreitkräfte angekündigt. Dabei solle der Einsatz „nicht strategischer Atomwaffen“ geübt werden. Wo und wann die Übung beginnen soll, war zunächst unklar. Der Kreml begründete das Manöver mit westlichen Provokationen. Das Außenministerium erklärte, Sinn des Manövers sei es, „Hitzköpfe in den westlichen Hauptstädten“ abzukühlen. Namentlich kritisiert wurden Cameron und Macron.
Selenskyj drängt auf Tempo bei versprochenen Waffenlieferungen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dringt derweil weiterhin auf ein höheres Tempo bei den Lieferungen der versprochenen Waffen aus dem Westen. „Den politischen Entscheidungen muss eine echte Logistik folgen – der tatsächliche Erhalt der Waffen durch unsere Soldaten“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Dazu müsse die Zusammenarbeit mit den Partnern, speziell den USA, besser koordiniert werden.
Die USA hatten nach einer monatelangen Blockade im Repräsentantenhaus vor etwa zwei Wochen ein militärisches Hilfspaket an die Ukraine im Wert von 61 Milliarden Dollar (57 Milliarden Euro) freigegeben. Nach Angaben aus dem Weißen Haus und dem Pentagon sollten die Waffenlieferungen daraufhin innerhalb weniger Tage beginnen.
Trotzdem ist die Ukraine weiter in der Defensive. Der Oberkommandierende Olexander Syrskyj, von dem sich Selenskyj einen Lagebericht geben ließ, schrieb von einer schweren Lage an der Front. Der Feind habe nach wie vor mehr Personal, Waffen und technische Ausrüstung zur Verfügung und greife daher täglich ukrainische Stellungen an. Die Hauptkräfte des russischen Militärs zielen demnach auf die Städte Kurachowe und Pokrowsk im ostukrainischen Gebiet Donezk.
Die schwere Lage an der Front demonstrieren auch immer wieder namhafte Opfer. So ist ein weiterer Profisportler dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine zum Opfer gefallen. Wie das Ukrainische Olympische Komitee auf Telegram mitteilte, kam der zweifache Europameister im Gewichtheben, Olexander Pjeljeschenko (30), an der Front „im Krieg mit dem Feind“ ums Leben.
Das wird am Dienstag wichtig
Russlands Präsident Putin will mitten im Krieg und nach knapp einem Vierteljahrhundert an der Macht seine fünfte Amtszeit als Präsident antreten, um bis mindestens 2030 durchzuregieren. Extra dafür hat der Kremlchef vor vier Jahren die russische Verfassung ändern lassen. Im Kreml ist eine große Zeremonie geplant. Putin wird dabei vor dem Parlament, der Regierung und weiteren hochrangigen Gästen den Amtseid ablegen./bal/DP/zb
WEITERE UKRAINE-MELDUNGEN
Stromausfälle nach russischen Angriffen in der Nordostukraine
SUMY (dpa-AFX) – Nach russischen Luftangriffen ist es im nordostukrainischen Gebiet Sumy zu Stromausfällen gekommen. Behördenangaben vom Montag zufolge seien über 400 000 Haushalte in drei Landkreisen sowie der Gebietshauptstadt Sumy betroffen gewesen. Das russische Militär griff das Gebiet demnach mit 13 Kampfdrohnen iranischen Typs an. Obwohl 12 von ihnen abgefangen worden sein sollen, wurden dem Netzbetreiber Ukrenerho zufolge Energieanlagen beschädigt. In mehr als 1300 Ortschaften fiel zwischenzeitlich der Strom aus. Mittlerweile sei der größte Teil jedoch wieder mit Elektroenergie versorgt.
Die Ukraine wehrt seit mehr als zwei Jahren eine russische Invasion ab. Russische Angriffe mit Raketen und Drohnen zielen immer wieder insbesondere auf die Stromversorgung des osteuropäischen Landes ab. Seit schweren Angriffen im März kommt es insbesondere im ostukrainischen Gebiet Charkiw regelmäßig zu Stromabschaltungen./ast/DP/men
ZENTRALBANKEN
EZB/Lane: Nach Daten zuversichtlicher für Erreichen Inflationsziel
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)–Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Philip Lane, ist nach der Veröffentlichung von Daten zu Verbraucherpreisen und Wirtschaftswachstum in der vergangenen Woche zuversichtlicher als zuvor, dass die Inflation schnell genug auf 2 Prozent sinken wird. „Sowohl die April-Schnellschätzung für die Inflation im Euroraum als auch die BIP-Zahlen für das erste Quartal haben meine Zuversicht gestärkt, dass die Inflation rechtzeitig zum Ziel zurückkehren sollte“, sagte Lane der Zeitung El Confidencial.
Eurostat hatte einen Rückgang der Kerninflationsrate von 2,9 auf 2,7 Prozent und einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,3 Prozent gemeldet. „Mit dem heutigen Tag hat sich mein persönliches Vertrauen im Vergleich zu unserer April-Sitzung also verbessert. Aber natürlich werden bis Juni noch weitere Daten eintreffen“, fügte Lane hinzu. Die Zahlen der vergangenen Woche seien ein wichtiger Teil der Informationen gewesen, auf die die EZB gewartet habe.
Finanzmarktteilnehmer und Analysten rechnen mehrheitlich damit, dass die EZB ihre Zinsen im Juni erstmals senken wird. Für die Zeit danach äußerte sich Lane nicht eindeutig. Er machte aber klar, dass die Geldpolitik der US-Notenbank einen nur geringen Einfluss auf den EZB-Kurs haben wird.
MELDUNGEN
WEITERE MELDUNGEN
Real household income recovers in the last quarter of 2023 – OECD
Real household income per capita in the OECD rose by 0.5% in the fourth quarter of 2023, following a 0.2% fall in the third quarter. Growth in real income per capita exceeded growth in real GDP per capita of 0.2% (Figure 1).
Real household income per capita increased in most OECD countries in Q4 2023. Of the 19 countries for which data is available, 11 registered an increase, 6 saw a decrease, and 2 were flat. Among G7 economies, real household income per capita rose in the United Kingdom, France, and the United States. The United Kingdom saw an increase in real household income per capita of 0.5% in Q4 2023 despite GDP per capita declining for the fourth consecutive quarter. This real income growth was driven mainly by increased social benefits other than transfers in kind. France and the United States both saw growth in real household income per capita in Q4 (0.7% and 0.4% respectively) after a decline in the previous quarter. On the other hand, Canada experienced a fall in both real household income per capita (-0.7%) and real GDP per capita (-0.8%) in Q4 2023, partly reflecting continued strong population growth (Figure 2). Italy saw a smaller decline in real household income per capita
(-0.4%), while in Germany real household income per capita was flat, although real GDP per capita fell by 0.6%.
In 2023 as a whole, real household income per capita grew by 1.2% across the OECD, rebounding from the record fall in 2022 when Covid-19 assistance programmes were ending (Figure 3), while GDP per capita increased by 1.1% (Table 2). The annual rise in real household income per capita came as inflation slowed compared with the previous year.
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Eurozone-Erzeugerpreise sinken im März deutlich
LUXEMBURG (Dow Jones)–Die Erzeugerpreise der Industrie in der Eurozone sind im März deutlich gesunken. Die Preise auf der Erzeugerstufe reduzierten sich im Vergleich zum Vormonat um 0,4 Prozent, wie die Statistikbehörde Eurostat berichtete. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten einen Rückgang um 0,5 Prozent erwartet. Im Jahresvergleich lagen die Erzeugerpreise um 7,8 Prozent niedriger. Die Prognose von Volkswirten hatte auf ein Minus von 7,7 Prozent gelautet.
Für die gesamte EU nannte Eurostat im Vergleich zum Vormonat einen Rückgang der Erzeugerpreise um 0,5 Prozent, binnen Jahresfrist haben sich die Preise um 7,6 Prozent verringert. Die Produzentenpreise geben tendenziell die Richtung für die Verbraucherpreise vor: In der Regel reichen die Betriebe höhere oder niedrigere Einkaufskosten an ihre Kunden weiter.
Von der Leyen warnt Xi: EU ist bereit, alle handelspolitischen Schutzinstrumente zu nutzen
Die Europäische Union ist bereit, ihre Muskeln spielen zu lassen, um sich vor Chinas aggressiven Handelspraktiken zu schützen, warnte die Chefin der Europäischen Kommission Von der Leyen am Montag nach einem Dreiertreffen mit Macron und Xi.
Es ist die bisher deutlichste Warnung von der Leyens, dass ihre EU-Exekutive nichts unversucht lassen wird, um zu verhindern, dass Chinas stark subventioniertes verarbeitendes Gewerbe und unfaire Handelspraktiken die heimische Industrie in Europa ersticken.
Es ist auch das bisher deutlichste Zeichen dafür, dass sich die EU auf einen möglichen Handelskrieg mit Peking vorbereitet.
„Damit der Handel fair ist, muss der Zugang zu den Märkten der jeweils anderen Seite auch auf Gegenseitigkeit beruhen“, sagte von der Leyen vor Reportern in Paris nach einem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron.
„Wir sind bereit, unsere handelspolitischen Schutzinstrumente in vollem Umfang zu nutzen, wenn dies notwendig ist“, fügte von der Leyen hinzu: „Europa kann keine marktverzerrenden Praktiken akzeptieren, die zu einer De-Industrialisierung hierzulande führen könnten.“
„Europa wird nicht davor zurückschrecken, harte Entscheidungen zu treffen, um seine Wirtschaft und seine Sicherheit zu schützen.“
Von der Leyen nahm China ins Visier für die ihrer Meinung nach unfairen Subventionen in Branchen wie Elektrofahrzeuge und Stahl, die die europäische Industrie zu dezimieren drohen.
Die Zentralregierung in Peking setzt ihre wirtschaftliche und industrielle Macht ein, um die verarbeitende Industrie mit Subventionen, billigen Krediten, Steuererleichterungen und Vorzugsregelungen für einheimische Unternehmen zu unterstützen.
Dies hat dazu geführt, dass die westlichen Märkte mit einer Flut billiger chinesischer Produkte überschwemmt werden, was in Brüssel und anderen EU-Hauptstädten die Alarmglocken schrillen ließ, weil China „Dumping“-Praktiken betreibt, bei denen Waren zu künstlich niedrigen Preisen exportiert werden.
Brüssel hat darauf mit einer zunehmend selbstbewussten Haltung gegenüber dem chinesischen Handel und einer Reihe von Untersuchungen reagiert, die schon bald zur Verhängung von Strafzöllen auf chinesische Importe führen könnten.
Im September letzten Jahres leitete Brüssel eine Antisubventionsuntersuchung zu billigen Elektrofahrzeugen aus China ein, die als ein Schritt nach vorn in den Versuchen der EU gesehen wird, dem globalen Machtzentrum die Stirn zu bieten. Seitdem hat sie ähnliche Untersuchungen gegen chinesische Hersteller von Windturbinen und Solarmodulen eingeleitet, die im Verdacht stehen, unrechtmäßig von großzügigen staatlichen Subventionen zu profitieren.
Peking hat mit einer symbolträchtigen, aber wirtschaftlich unbedeutenden Untersuchung der EU-Importe von Weinbrand reagiert. Dieser Schritt wird als Reaktion auf Frankreich gesehen, dessen Präsident darauf gedrängt hat, dass Brüssel die erste Untersuchung der chinesischen Exporte von Elektrofahrzeugen einleitet.
Ende April unternahm die EU einen ersten Schritt, um Peking dafür zu bestrafen, dass es europäische Unternehmen daran hindert, öffentliche Aufträge in China zu erhalten, und zwar mit einer Untersuchung, die sich auf medizinische Geräte konzentrierte.
„China unterstützt weiterhin massiv seinen Produktionssektor, und in Kombination mit einer nicht steigenden Binnennachfrage kann die Welt Chinas Überproduktion nicht aufnehmen“, sagte von der Leyen am Montag.
Ein weiterer Bereich, der der EU Sorgen bereitet, ist die starke Abhängigkeit von China bei den so genannten kritischen Rohstoffen, d. h. den wesentlichen Komponenten, die für die Herstellung kritischer Technologien wie Solarzellen und Halbleiter benötigt werden.
Von der Leyen versicherte, dass Brüssel die Lieferketten der EU durch Vereinbarungen mit einer Reihe von Partnerländern, die über natürliche Ressourcen an solchen kritischen Rohstoffen verfügen, „entrümpeln“ werde.
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DEUTSCHLAND – WAHLUMFRAGEN
Sentix-Konjunkturindex Deutschland steigt im Mai erneut
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)–Die Einschätzung von Investoren zu den Konjunkturaussichten Deutschlands hat sich im Mai erneut aufgehellt. Der von dem Beratungsunternehmen Sentix erhobene Konjunkturindex stieg auf minus 17,5 (April: minus 20,5) Punkte und damit den höchstens Stand seit einem Jahr. Der Index der Lagebeurteilung erhöhte sich auf minus 33,5 (minus 36,0) Punkte und der Erwartungsindex auf 0 (minus 3,5) Punkte. Die Erwartungen waren damit erstmals seit Februar 2022 nicht mehr negativ. „Im Schlepptau der globalen Konjunkturerholung in kleinen Schritten schreitet auch die Stabilisierung der deutschen Konjunktur voran“, kommentiert Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner die Daten.
Der Konjunkturindex des Euroraums steigt auf minus 3,6 (minus 5,9) Punkte, wobei die Lagebeurteilung auf minus 14,3 (minus 16,3) Punkte zulegt und der Erwartungsindex auf plus 7,8 (plus 5,0) Punkte. „Eine spannende Frage der nächsten Wochen dürfte auch werden, ob die Europäische Zentralbank (EZB) tatsächlich die Leitzinsen wird senken können“, schreibt Hübner. Das Fenster dazu scheine nicht sehr groß zu sein, denn neben der Konjunkturverbesserung sei auch eine Verschlechterung im Inflationsumfeld festzustellen, so dass die Rentenmärkte thematisch wieder unter stärkeren Druck gerieten.
Deutscher Auftragseingang sinkt im März unerwartet
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)–Der Auftragseingang der deutschen Industrie hat sich im März schwächer als erwartet entwickelt, wobei auch der Vormonat nach unten revidiert wurde. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, sanken die Bestellungen gegenüber dem Vormonat um 0,4 Prozent und lagen kalenderbereinigt um 1,9 (Februar: 8,8) Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten einen monatlichen Anstieg um 0,5 Prozent prognostiziert. Der für Februar vorläufig gemeldete monatliche Auftragszuwachs von 0,2 Prozent wurde auf minus 0,8 Prozent revidiert.
Im weniger volatilen Dreimonatsvergleich lag der Auftragseingang von Januar bis März um 4,3 Prozent niedriger als in den drei Monaten zuvor. Ohne die Berücksichtigung der Großaufträge lagen die Auftragseingänge im März um 0,1 Prozent höher als im Vormonat.
Die Inlandsaufträge im März sanken um 3,6 (plus 1,0) Prozent, während die Auslandsaufträge um 2,0 (minus 2,2) Prozent anzogen. Dabei nahmen die Aufträge aus der Eurozone um 10,6 (minus 11,7) Prozent zu, und die Aufträge von außerhalb der Eurozone um 2,9 (plus 4,2) Prozent ab. Der Auftragseingang für Investitionsgüter verringerte sich um 0,4 (minus 2,2) Prozent, der für Vorleistungsgüter um ebenfalls 0,4 (plus 0,6) Prozent und der für Konsumgüter stieg um 0,7 (plus 2,3) Prozent.
Deutscher Dienstleistungsumsatz steigt im Februar kräftig
FRANKFURT (Dow Jones)–Der Umsatz im deutschen Dienstleistungssektor ist im Februar kräftig gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, nahmen die Umsätze (ohne Finanz- und Versicherungsdienstleistungen) gegenüber dem Vormonat preis-, saison- und kalenderbereinigt um 2,0 Prozent zu und lagen um 3,9 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats.
Der für Januar vorläufig gemeldete Umsatzanstieg von 2,3 Prozent wurde auf 0,5 Prozent revidiert. Für Januar und Februar zusammen ergab sich ein Anstieg gegenüber dem vierten Quartal von 1,2 Prozent. Im Januar allein hatte der Quartalszuwachs ebenfalls 1,2 Prozent betragen.
Deutscher Industrieumsatz geht im März zurück
FRANKFURT (Dow Jones)–Der preisbereinigte Umsatz im verarbeitenden Gewerbe Deutschlands ist im März gesunken. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, verringerte sich der Umsatz gegenüber dem Vormonat um 0,7 Prozent. Der für Februar gemeldete monatliche Anstieg um 2,2 Prozent wurde auf 1,1 Prozent revidiert. Im Vergleich zum Vorjahresmonat lag der Umsatz im März kalenderbereinigt um 3,9 Prozent niedriger.
Pkw-Neuzulassungen steigen im April um knapp 20 Prozent
FRANKFURT (Dow Jones)–Der deutsche Automarkt ist im April um knapp ein Fünftel gewachsen. Nach dem Rückgang im März stiegen die Pkw-Neuzulassungen um 19,8 Prozent auf 243.102 Fahrzeuge, wie das Kraftfahrt-Bundesamt mitteilte. In den ersten vier Monaten stand ein Plus von 12,4 Prozent auf 581.359 Autos zu Buche.
Einen kräftigen Absatzsprung um 37,4 Prozent auf 50.739 Autos wies Marktführer Volkswagen auf. Die Premiumtochter Audi verzeichnete ein kleines Plus von 4,7 Prozent auf 18.620 Fahrzeuge. Ungleich stärker legte mit einem Plus von gut 25 Prozent BMW zu auf 21.626 Autos. Mercedes setzte 22.557 Fahrzeuge ab, das waren 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr.
Die Neuzulassungen von batterieelektrischen Fahrzeugen sanken leicht um 0,2 Prozent auf 29.668 Exemplare. Das Wachstum bei benzinbetriebenen Pkw betrug 18,6 Prozent auf 90.729. Auch bei Diesel-Neuwagen gab es ein kräftiges Plus von 28,2 Prozent auf 46.137 Stück.
ÖSTERREICH – WAHLUMFRAGEN
EUROPAWAHL | Sonntagsfrage Market/DER STANDARD
FPÖ: 27%
SPÖ: 24% (+1)
ÖVP: 20% (-4)
NEOS: 13% (+1)
GRÜNE: 12% (+1)
KPÖ: 3% (+1)
Sonstige: 1%
Änderungen zur letzten Umfrage vom 19. Februar 2024
„Großhandelspreise im April 2024 um 0,8 % unter Vorjahresniveau“
von Statistik Austria finden Sie als PDF auf unserer Website.
„Umsatz im Einzelhandel stagniert im 1. Quartal“
von Statistik Austria finden Sie als PDF auf unserer Website.
WIFO: Wachstum bis 2028 schwach (inkl. Graphik)
Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) erwartet bis 2028 ein nur schwaches Wirtschaftswachstum. Um rund eineinviertel Prozent werde die Wirtschaftsleistung Österreichs in den fünf Jahren der Mittelfristprognose jährlich zulegen, teilte das Institut heute mit.
Die Aussichten sind damit etwas schlechter als vor einem Jahr. Die Inflation dürfte erst 2027 den Zielwert von zwei Prozent erreichen. Dafür dürfte Arbeitskräftemangel die Arbeitslosenrate sinken lassen.
Bis 2022 schien die Wirtschaft auf dem Weg, den Einbruch der CoV-Krise 2020 wieder wettzumachen. Nach der neuerlichen Rezession von 2023 zeichnet sich aber kein überdurchschnittlicher Anstieg mehr ab. Österreichs Wirtschaft wird bis 2028 den Wertschöpfungsverlust durch die Rezession 2023 nicht wettmachen, heißt es daher in der WIFO-Prognose.
Steigende Lohnstückkosten
Die Arbeitslosenrate soll laut Prognose von zuletzt 6,8 Prozent bis 2028 auf 5,7 Prozent zurückgehen. Allerdings muss ein starker Umbruch verdaut werden. Die Babyboomer gehen in Pension, geburtenschwächere Jahrgänge rücken nach. Die Pro-Kopf-Reallöhne sollten heuer so stark steigen, dass sie die Verluste der beiden Vorjahre wieder aufholen.
In den Folgejahren geht der Anstieg der Pro-Kopf-Einkommen laufend zurück, aber über die ganze Periode 2024–2028 dürften die Reallöhne stärker wachsen als die Produktivität (plus 0,4 Prozent pro Jahr). Auch die Lohnstückkosten dürften daher jedes Jahr zulegen.
Knapp unter drei Prozent Defizit erwartet
Das WIFO erwartet in den kommenden fünf Jahren Staatsdefizite knapp unter drei Prozent und eine weiter leicht wachsende Staatsverschuldung – sowohl in absoluten Beträgen als auch als Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP).
2028 soll die Verschuldung bei 450 Milliarden Euro bzw. 78 Prozent des BIP betragen „und somit erheblich über den Vorgaben des revidierten Europäischen Fiskalrahmens liegen, was die Einleitung eines ‚Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit‘ mit sich brächte“, so das WIFO.
Deloitte schlägt Standort-Alarm: „Österreich steht am Scheideweg“ – Kurier
Berater will, dass Politik Aufholjagd startet. Ziel müsse sein, mit Steuersenkung, Investitionen und Joboffensive bis 2030 unter Top 5 zu kommen.
Der Wirtschaftsstandort Österreich blicke auf ein „Jahrzehnt des Stillstandes“ zurück und die Gefahr des weiteren „Abstiegs sei größer denn je“, sagt Deloitte Österreich.
Noch vergibt das Beratungsunternehmen für die Rahmenbedingungen am heimischen Standort insgesamt die Schulnote 3, also Befriedigend. Aber nur im Halbjahreszeugnis, wie Deloitte-Steuerexperte Herbert Kovar sagt. Und meint: „Jetzt müssen wir schauen, dass wir die Klasse auch positiv abschließen.“
Das Ergebnis des Deloitte-Standort-Radars, das es bereits zehn Jahre gibt, ist einigermaßen ernüchternd und bezieht sich auf die Analyse der wichtigsten internationalen Standort-Rankings sowie eine Befragung von rund 600 Führungskräften quer durch alle Branchen. Fast jede zweite befragte Führungskraft bewertet dabei die Stimmung am Standort mit „Genügend“ oder sogar „Nicht Genügend“.
Nur noch Mittelmaß
Und: Im meist beachteten World Competitivness Index aus Lausanne hat Österreich seit 2020 acht Plätze von 16 auf 24 verloren.
Im Europa-Vergleich kommt Österreich dabei nur noch auf den mittelmäßigen Platz 13. Kleine, mit Österreich vergleichbare Länder wie Dänemark, Irland, Schweiz oder die Niederlande belegen traditionell die vordersten Ränge. Deloitte-Österreich-Chef Harald Breit sagt: „Wir müssen uns an den Besten messen und eine Aufholjagd starten. Dafür müssen zahlreiche Hebel in Bewegung gesetzt werden – angefangen bei der überfälligen Senkung von Steuern und Abgaben, über wirksame Maßnahmen gegen den Arbeitskräftemangel bis hin zu Investitionen in Zukunftsfelder.“Steuerexperte Kovar sagt, Klein-Klein helfe dabei nicht mehr weiter. Unternehmen wie Arbeitnehmer müssten endlich dem staatlichen „Steuerschwitzkasten“ entkommen. Das Aus für die kalte Progression und die eine oder andere kleinere Steuerentlastung wären nur erste Schritte gewesen. Für eine richtige Aufbruchstimmung müssten die Lohnnebenkosten massiv gesenkt werden und die Sätze bei der Lohn- und Einkommenssteuer vor allem auch im Bereich der mittleren Einkommen schon einmal um fünf Prozentpunkte sinken.Nicht minder wichtig sei, dass Unternehmen genügend Arbeitskräfte zur Verfügung haben. Weil Österreich mit 44 Prozent die dritthöchste Steuer- und Abgabenquote in der EU habe und den Menschen viel zu wenig Netto vom Brutto bleibe, boome die Teilzeit und machten Arbeitskräfte aus Osteuropa mittlerweile einen immer größeren Bogen um Österreich.
Um die „komplexe Situation“ zu verbessen sei ein Bündel an Maßnahmen nötig. Ziel müsste sein, die ungenutzten Potenziale am Arbeitsmarkt zu heben, sagt Deloitte-Beraterin Elisa Aichinger. Sie spricht von einem Ausbau der ganztägigen Kinderbetreuungsangebote für Kleinkinder zugunsten der vielen Mütter in Teilzeit. Sie nennt erleichterte Zuverdienstmöglichkeiten für Pensionisten sowie einen schnelleren Arbeitsmarktzugang und eine Qualifizierungsoffensive für Menschen mit Migrationshintergrund.
Luft zum Atmen
In Summe habe Österreich in den vergangenen Krisenjahren die Zukunftsperspektive verloren und müsse sich jetzt „dringend neu fokussieren“, so Harald Breit. Dazu brauche es einen Masterplan der nächsten Regierung, um Österreich bis 2023 unter die Top 5 in Europa zu bringen. Neben vielen anderen Punkten – Energiewende, Bildung, Digitalisierung, Gesundheit etc. – gelte es auch den oft versprochenen Bürokratieabbau anzugehen. 58 Prozent der Befragten beurteilen die heimische Bürokratie mit „Genügend“ oder „Nicht Genügend“. Betriebe wie Menschen bräuchten „Luft zum Atmen“.
Arbeitsmarkt: Arbeitslosenquote im April bei 6,8 Prozent, 367.847 Personen ohne Job – Standard, 2.5.2024 (inkl. Graphiken)
Ende April waren im Vergleich zum Vorjahresmonat um 11,1 Prozent mehr Personen ohne Job. Am stärksten stieg die Zahl in Oberösterreich, der Steiermark und Salzburg
Wien – Die schwächelnde Industrie und Bauwirtschaft belastet weiterhin den heimischen Arbeitsmarkt. Ende April gab es im Vergleich zum Vorjahresmonat um 11,1 Prozent mehr Personen ohne Job. Arbeitslose und AMS-Schulungsteilnehmer zusammengerechnet waren 367.847 Personen (plus 36.691) ohne Beschäftigung. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich um 0,6 Prozentpunkte auf 6,8 Prozent. Die Arbeitslosigkeit steigt seit April 2023.
Einen besonders starken Anstieg bei Arbeitslosen und Schulungsteilnehmern gab es im Jahresabstand in Oberösterreich (plus 17,5 Prozent), der Steiermark (plus 13,3 Prozent), Salzburg (plus 11,3 Prozent), Tirol (plus 10,5 Prozent), Niederösterreich (plus 10,4 Prozent) und Wien (plus 10,2 Prozent). Etwas geringer war der Anstieg in Vorarlberg (plus 8,4 Prozent), dem Burgenland (plus 8,1 Prozent) und Kärnten (plus 6,1 Prozent).
javascript:(function()%7breturn;%7d)() Das größte Plus bei arbeitslosen Personen und Menschen in AMS-Schulung gab es am Bau (plus 20,1 Prozent), in der Warenerzeugung (plus 18 Prozent), im Handel (plus 14,2 Prozent) und im Verkehrs- und Lagerwesen (plus 12,7 Prozent). Etwas niedriger fiel das Plus in der Gastronomie und Beherbergung (plus 9,9 Prozent), im Gesundheits- und Sozialwesen (plus 9,3 Prozent) und in der Arbeitskräfteüberlassung (plus 7,2 Prozent) aus.
Die aktuell höhere Arbeitslosigkeit ist vor allem ein Resultat des wirtschaftlich weiterhin herausfordernden Umfelds“, sagte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. „Besonders positiv“ sei aber, dass die Zahl der am Arbeitsmarkt unselbstständig beschäftigten Personen mit 3,92 Millionen „nach wie vor sehr hoch“ sei und um 1000 Personen über dem Wert des Vergleichsmonats im Vorjahr liege. „Erste Indikatoren deuten auf eine konjunkturelle Erholung hin, die mit leichter Verzögerung auch am Arbeitsmarkt spürbar werden wird“, so Kocher.
94.000 offene Stellen
Bei ausländischen Arbeitskräften kletterte die Zahl der arbeitslosen Personen und Schulungsteilnehmer im April um 16,9 Prozent nach oben, bei Inländern betrug das Plus rund sieben Prozent. Der unterschiedlich starke Anstieg liege unter anderem am hohen Beschäftigtenanteil der Nichtösterreicherinnen und -österreicher im Tourismus, in dem es wegen der Zwischensaison vermehrt zu Kündigungen komme, erklärte AMS-Vorständin Petra Draxl im aktuellen AMS-Arbeitsmarktbericht. Am Lehrstellenmarkt gibt es hingegen mehr Stellenangebote als Interessenten. Auf österreichweit 8183 sofort verfügbare Lehrstellen kamen im April laut AMS 6166 Lehrstellensuchende.
Die schwache Konjunkturentwicklung macht sich auch am Stellenmarkt bemerkbar. Beim Arbeitsmarktservice waren Ende April knapp 94.000 offene Stellen als sofort verfügbar gemeldet, ein Minus von rund 18 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Der ÖVP-Wirtschaftsbund erfasst in seinem Stellenmonitor alle Jobportale und verzeichnete 178.000 Stellenangebote. Der abermalige Rückgang an offenen Stellen sei „ein weiterer Hinweis für eine noch nicht unmittelbar bevorstehende Erholung“, sagte Draxl.Ende April gab der Autobauer Magna in Graz bekannt, rund 500 Stellen abzubauen. Grund ist die schlechte Auftragslage, hieß es offiziell, doch der Schritt steht wohl vor allem im Zusammenhang mit dem SUV-Modell Fisker Ocean, dessen Produktion zuletzt eingestellt worden war.
Es werde eine „Automotive“-Branchenstiftung in der Steiermark angestrebt, um „die Menschen gut auffangen zu können“, sagte Draxl bei der Pressekonferenz mit Minister Kocher. Magna werde wohl auch mit anderen Betrieben kooperieren, um den vom Stellenabbau Betroffenen einen neuen Job zu vermitteln.
OECD erwartet für heuer nur Miniwachstum in Österreich
Die österreichische Wirtschaft findet ebenso wie die deutsche auch heuer keinen Anschluss an den Aufschwung in anderen Industriestaaten. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) rechnet in beiden Ländern nur mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,2 Prozent. Erst kommendes Jahr soll es mit 1,5 Prozent in Österreich und 1,1 Prozent in Deutschland stärker aufwärts gehen, wie die Organisation am Donnerstag mitteilte.
Zum Vergleich: In der OECD insgesamt – zu der mittlerweile gut drei Dutzend Länder gehören – soll es im laufenden Jahr ein Wachstum von 1,7 Prozent geben, das 2025 auf 1,8 Prozent steigen soll. Für die Eurozone wird mit 0,7 und 1,5 Prozent ebenfalls mehr erwartet als für Österreich und Deutschland. (APA, red, 2.5.2024)
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Die Pressefreiheit ist in Gefahr – ÖJC (inkl. Graphiken)
Der Österreichische Journalisten Club sieht durch die Ergebnisse seiner jüngsten Umfrage zum Thema „Pressefreiheit in Österreich“ die Erkenntnisse zur Lage der Pressefreiheit bestätigt. Denn im am 3.Mai 2024, dem „Tag der Pressefreiheit“ veröffentlichten Pressefreiheitsindex von „Reporter ohne Grenzen“, ist Österreich von Platz 29 auf Platz 32 abgerutscht. In der ÖJC-Mitgliederumfrage geben 75 Prozent der Befragten an, dass die Pressefreiheit in den vergangenen zehn Jahren stark abgenommen hat, zwei Drittel bezeichnen die Pressefreiheit in Österreich allerdings als „gut“.
Während gesetzliche Bestimmungen kaum als einschränkend für die Medienfreiheit gesehen werden, kritisieren viele Journalisten den Druck und die Einflussnahme politischer Parteien sowie den Mangel an Medienpluralismus. Als weitere einschränkende Faktoren für die Pressefreiheit werden Kaufjournalismus und mangelnde (gesellschafts)politische Diversität von Journalisten genannt. Mehr als 50 Prozent geben an, dass sie selbst nie oder selten Einschränkungen ihrer Pressefreiheit erlebt haben, allerdings mehrmals beobachtet haben, dass Kollegen in ihrem journalistischen Bewegungsspielraum eingeschränkt wurden.
Rund 65 Prozent der Befragten können nicht über vorgeschlagene Themen berichten, weil das Medium diese grundsätzlich ablehnt oder potenzielle Werbekunden nicht vergrault werden sollen. Den persönlichen Arbeitsspielraum sehen mehr als die Hälfte der Teilnehmer sowohl durch den Mangel an Ressourcen, als auch durch redaktionelle Einschränkungen bei der Berichterstattung über bestimmte Themen bedroht. Auch die allgemeine gesellschaftliche Stimmung gegenüber Journalisten, die sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert hat, wird als einschränkend wahrgenommen.
Seit der Gründung des Österreichischen Journalisten Clubs im Jahr 1977 setzt sich dieser für den Schutz der Pressefreiheit ein. „Die Pressefreiheit als wesentlicher Eckpfeiler unserer Demokratie ist uns wichtig“, sagt ÖJC-Präsident Mag. Christian Stöger. „In ihrem Sinne tragen wir durch unsere Aktivitäten und Projekte dazu bei, dass journalistische Integrität respektiert, unabhängige Stimmen gehört und medienschaffende Berufe dem Nachwuchs nähergebracht werden.“
MEDIZIN
ECDC: Prävalenz von behandlungsassoziierten Infektionen gestiegen
Brüssel – 4,3 Millionen Patienten haben mindestens eine behandlungsassoziierte Infektion während ihres Krankenhausaufenthaltes in Ländern der Europäischen Union (EU). Das geht aus einer heute veröffentlichten Erhebung des Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) über die Jahre 2022 und 2023 hervor.
Die errechnete Prävalenz von mindestens einer behandlungsassoziierten Infektion (engl.: Healthcare Associated Infections. HAI) lag im Durchschnitt bei 8,0 % (95%-Konfidenz-Intervall: 6,6–9,6%). Damit stieg die Prävalenz im Vergleich zur vorherigen Erhebung 2016/17 um fast ein Drittel.
„Im Vergleich zur vorherigen Erhebung 2016-2017 hat COVID-19 2022-2023 wesentlich zur erhöhten Belastung durch HAI beigetragen“, sagte die aktuell noch amtierende ECDC-Direktorin Andrea Ammon. SARS-CoV-2 machte 10 % der Infektionen aus und war damit die vierthäufigste Infektionsursache. Am häufigsten kamen Infektionen durch Escherichia coli vor.
Die Prävalenz der behandlungsassoziierten Infektionen variierte zwischen den Ländern von 3,1 bis 13,8 %. In Deutschland lag die Prävalenz bei 4,2 %. Das ECDC weist jedoch darauf hin, dass der Vergleich zwischen den Ländern aufgrund unterschiedlicher Voraussetzungen schwierig sei. Grund dafür sei vor allem die unterschiedliche Nutzung mikrobiologischer Tests. Diagnostische Stuartshipmaßnahmen müssten daher dringend verbessert werden, appeliert das ECDC.
Respiratorische Infektionen als Hauptursache
Respiratorische Infektionen waren mit knapp einem Drittel (29,3 %) die häufigste Ursache für HAI, gefolgt von Harnwegsinfektionen (19,2 %), chirurgischen Wundinfektionen (16,1 %), Blutstrominfektionen (11,9 %) und gastrointestinalen Infektionen (9,5 %).
Im Vergleich zur vorherigen Erhebung hat auch die Behandlung mit antimikrobiellen Medikamenten zugenommen: 35,5 % der Patienten erhielten 2022/23 eine antimikrobielle Therapie, während es 2016/17 noch 32,9 % waren.
„Besonders besorgniserregend“ bezeichnet das ECDC die hohe Resistenzlage bei HAI: Ein Drittel der Bakterien ist dem Report zufolge resistent gegen wichtige Antibiotika. Der Umgang mit Antibiotic Stewardship und Maßnahmen Infektionsprävention und Kontrolle variierte ebenfalls stark zwischen den Ländern. Positiv sei, dass der Einsatz von alkoholischer Händedesinfektionen in den untersuchten Jahren zugenommen habe, wobei der Grund dafür vermutlich die COVID-19-Pandemie war, mutmaßt das ECDC.
Mindestens ein Fünftel der Infektionen wären laut Report verhinderbar gewesen. „Einfache Maßnahmen wie Handhygiene und die Bereitstellung von alkoholischen Handreinigungsspendern am Krankenbett können die Zahl der Infektionskrankheiten erheblich verringern“, so das ECDC.
Kostenintensivere Maßnahmen beinhalteten die ausreichende Personalanzahl für Infektionsprävention und -Kontrolle sowie eine adäquate Zahl von Einzelbetten für mögliche Isolierungen, sagte Dominique Monnet, Leiter der Abteilung Antimikrobielle Resistenzen und Infektionen im Gesundheitswesen beim ECDC. In Risikozeiten für respiratorische Infektionskrankheiten hält er zudem das Tragen von Gesichtsmasken für sinnvoll. © mim/aerzteblatt.de
Künstliche Intelligenz könnte Patienteninformationen vermitteln
Hamburg – Angebote mit Künstlicher Intelligenz (KI) reifen derzeit soweit aus, dass sie sogar für sensible Bereiche, wie die Vermittlung von Patienteninformationen infrage kommen. KI-generierte Informationen zu den häufigsten Patientenfragen bei Systemischen Lupus Erythematodes (SLE) erreichten eine überraschend gute Qualität. Die aktuelle Studie ChatSLE zeigt am Beispiel von SLE auf, dass Large Language Modelle Behandler bei vielen Fragestellungen im Gespräch mit Erkrankten entlasten könnten (The Lancet Rheumatology; DOI: 10.1016/S2665-9913(24)00056-0 ).
Nach der Diagnose von chronischen Erkrankungen, wie SLE, haben Betroffene viele Fragen zum Umgang mit der entzündlich-rheumatischen Erkrankung und zum therapeutischen Vorgehen. Der Verband Lupus Europe hat die 100 häufigsten Patientenfragen zum Management von SLE als Service für Betroffene auf der Website lupus100.org beantwortet und in 14 Sprachen übersetzt.
Das Large Language Model ChatGPT-4 beantwortete die gleichen 100 Patientenfragen zu SLE eigenständig und zwar anhand von großen Datensätzen und neuronaler Netzwerke die sich auf die Generierung von ansprechenden und laienfreundlichen Texten spezialisiert haben.
Ein Vergleich der schriftlich ausgegebenen Antworten mit den Antworten der Rheuma-Expertinnen und -experten von Lupus Europe ergab im Rahmen der ChatSLE-Studie für die Forschenden ein überraschendes Ergebnis: „Bei der verblindeten Evaluation erreichten die KI-generierten Antworten höhere Qualitätswerte als die der Rheumatologinnen und Rheumatologen der Webseite“, berichtete Studienleiterin Isabell Haase, Oberärztin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und Sprecherin der Arbeitsgruppe Junge Rheumatologie (rheumadocs) der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh).
In Bezug auf Empathie wurden die Antworten des ChatGPT als gleichwertig zu den Statements der Expertinnen und Experten eingestuft, wobei jedoch diese Beurteilung ausschließlich durch Mediziner erfolgte. Eine Bewertung der KI-basierten Antworten durch SLE-Betroffene steht derzeit noch aus. Bei längeren Antworten wurden die KI-generierten Texte sogar tendenziell als empathischer empfunden.
„In der ärztlichen Sprechstunde fehlt dagegen oft die Zeit für ausführliche Gespräche“, so die Erfahrung vom Co-Autor der Studie Martin Krusche, stellvertretender Leiter der Sektion Rheumatologie am UKE und Mitglied der Kommission Digitale Rheumatologie der DGRh.
Eine einfühlsame und adäquate Kommunikation sei allerdings die Grundlage für ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis, betonen die Studienautoren. Daher könnte der Einsatz von ChatGPT-generierten Texten, die teilweise adaptiert und nur sehr selten korrigiert werden müssten vor allem wegen des zu erwartenden eklatanten Fachärztemangels im Bereich Rheumatologie hilfreich sein. Large Language Modelle wie ChatGPT-4 hätten somit das Potenzial Patientenfragen mit guter Qualität und genügend Empathie zu beantworten, schlussfolgern die Studienautoren.
In Deutschland seien aktuell nur 700 niedergelassene Rheumatologinnen und Rheumatologen tätig, dem 1,8 Millionen Rheumaerkrankte gegenüber stehen. „Die Zahl der niedergelassenen Rheumatologinnen und Rheumatologen müsste ungefähr dreimal so hoch sein, um eine gute Versorgung sicherzustellen“, kommentierte DGRh-Präsident Christof Specker, Direktor der Klinik für Rheumatologie & Klinische Immunologie am evangelischen Klinikum Essen-Mitte.
Um den hohen Bedarf an Fachkräften in diesem Bereich zu stärken hat die DGRh auch Schritte für den für den Ausbau der rheumatologischen Weiterbildung mit der Kampagne rheuma2025.de eingeleitet. „Neben diesen langfristigen Maßnahmen sollten wir aber auch das Potenzial neuer Technologien nutzen, um die Versorgungssituation kurzfristig zu entspannen“, empfahl Specker. © cw/aerzteblatt.de
UMWELT
Jeder dritte TV-Spot bewirbt einen Klimakiller – Team der Universität Leipzig hat 9.779 Clips untersucht – Verstöße gegen Medienstaatsvertrag
Leipzig (pte017/06.05.2024/13:55) – Ein knappes Drittel aller Werbespots im deutschen TV wirbt für klimaschädliche Produkte und verstößt damit gegen die Werbepraxis des Medienstaatsvertrags. Das kritisiert ein Team von Forschern um Uwe Krüger von der Universität Leipzig.
52 Stunden Videomaterial
Die Experten haben Spots der größten deutschen TV-Sender und auf YouTube analysiert sowie den CO2-Fußabdruck der beworbenen Güter berechnet. „Unsere Studie basiert auf 9.779 Werbespots, jeder einzelne davon wurde manuell codiert. Das sind knapp 52 Stunden ausgewertetes Videomaterial“, sagt Autorin Katharina Forstmair.
30,3 Prozent, rund 3.000 Spots, appellierten laut der Kommunikationsforscherin an die Zuschauer, klimaschädliche Waren und Dienstleistungen zu erwerben beziehungsweise zu konsumieren. TV-Werbebeiträge machten im Schnitt deutlich häufiger für Klimasünder Werbung als ihre Pendants auf YouTube, heißt es in der Studie „Reklame für Klimakiller“.
Schoki hat fatale CO2-Bilanz
In den ausgewerteten Clips der aufrufstärksten Videos der größten deutschen YouTube-Kanäle wurde in rund jedem siebten Beitrag ein „Klimakiller“ angepriesen. 86 Prozent der Spots für Süßwaren wurden klimaschädlichen Produkten zugeordnet, vor allem hat Schokolade einen recht großen CO2-Fußabdruck, unterstreichen die Leipziger Wissenschaftler.
Aber auch Produkte ums Autos (78 Prozent) und Drogerieartikel (72 Prozent) sind in großer Mehrzahl als klimaschädlich einzustufen. Mit dem Kauf eines einzigen der angepriesenen Artikel sei das unter dem zurzeit angestrebten Klimaziel – Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad – jedem Erdenbürger jährlich zustehende CO2-Budget bereits aufgebraucht, heißt es.
„21 Prozent aller Werbespots für klimaschädliche Produkte warben zum Beispiel mit Bildern von Naturlandschaften und Wildtieren. Damit wird die Botschaft vermittelt, man tue etwas Gutes für die Umwelt, wenn man diese Produkte kauft“, so Autorin Alexandra Hilpert. Das sei „irreführendes Greenwashing“. Die Expertin sieht daher die Medienpolitik in der Bringschuld. (Ende)
TECHNOLOGIE – INNOVATION
Natrium-Batterie wird jetzt in Serie produziert – Natron Energy setzt auf neue Technologie, die schnell aufladbar, billig und besonders langlebig ist
Holland/Basel (pte001/06.05.2024/06:00)
Der Natrium-Ionen-Batterie-Pionier Natron Energy hat mit der Serienproduktion seines Stromspeichers begonnen. Damit fordert er die Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien vor allem in Südostasien heraus. Denn der Speicher auf Natrium-Basis ist schnell aufladbar und langlebiger als Lithium-Ionen-Batterien. Da Natrium bis zu 1.000 Mal häufiger auf der Erde vorkommt und in den USA uneingeschränkt zur Verfügung steht, ist die Rohstoffbeschaffung unproblematisch, zumal die neue Batterie auch ohne Kobalt und Nickel auskommt. Die Natriumbatterie begnügt sich mit Massenwaren wie Aluminium, Eisen und Mangan.
Erste große Produktionsanlage
Während die meisten Natrium-Ionen-Designs noch im Laborstadium sind, hat das 2013 gegründete Unternehmen Natron Energy die erste große Produktionsanlage weltweit in Betrieb genommen. Das Unternehmen feierte den offiziellen Produktionsstart Anfang vergangener Woche mit einer Zeremonie in seiner Produktionsstätte in Holland im US-Bundesstaat Michigan.
„Natrium-Ionen-Batterien bieten eine einzigartige Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien mit höherer Leistung, schnellerer Wiederaufladung, längerer Lebensdauer und einer absolut sicheren und stabilen Chemie. Die Elektrifizierung unserer Wirtschaft hängt von der Entwicklung und Produktion neuer, innovativer Energiespeicherlösungen ab. Wir bei Natron sind stolz darauf, eine solche Batterie ohne die Verwendung von Konfliktmineralien oder Materialien mit fragwürdigen Umweltauswirkungen zu liefern“, so Natron-Gründer und Co-CEO Colin Wessells.
50.000 Lade- und Entladezyklen
Die Aufladung dauert nach Unternehmensangaben fünf bis 15 Minuten. Die Batterie übersteht klaglos 50.000 Lade- und Entladezyklen und ist unbrennbar. Für die Herstellung der Elektroden wird Preußisch (auch Berliner) Blau benötigt, das Chemiker als Eisen(III)hexacyanidoferrat(II/III) bezeichnen. Diese Schlüsselkomponenten liefert Arxada, ein Baseler Feinchemikalienhersteller. Vertraglich ist eine Menge von Material vereinbart, die für Batterien mit einer Leistung von 600 Megawatt pro Jahr reicht. Diese Produktionsmenge soll Schritt für Schritt erreicht werden. Wessells und seine Kollegen sehen die Fabrik in Holland als Modell für künftige Fabriken, in denen Natrium-Ionen-Batterien im Gigawatt-Maßstab hergestellt werden.
Einziger Nachteil der neuen Batterie: Die Leistungsdichte kommt an die von Lithium-Ionen-Batterien nicht heran. In Autos müssten also viel größere Stromspeicher eingebaut werden. Deshalb sieht Wessells eher stationäre Anwendungen, etwa um Stromlücken, die aufgrund des Wetters entstehen, schließen zu können. Der chinesische Batteriehersteller Catl will diese Batterien auch für mobile Anwendungen einsetzen, ist aber noch nicht so weit wie Natron. (Ende)
BILDUNG – AUSBILDUNG
FH-Studium für attraktiveres Berufsbild Rettungssanitäter
48.000 Rettungssanitäterinnen und -sanitäter gibt es in Österreich, davon arbeiten 36.000 ehrenamtlich, weitere rund 4.000 sind Zivildiener. Laut Arbeiterkammer (AK) Wien wird bei einem Ausbildungsvolumen von knapp 10.000 Menschen pro Jahr de facto alle vier bis fünf Jahre das gesamte Personal ausgetauscht. Das Problem ist, wie die AK Wien am Montag bei einer Pressekonferenz betonte: Der Beruf sei nicht attraktiv genug.
Und das liegt nach Meinung von Silvia Rosoli, Abteilungsleiterin Gesundheitsberuferecht und Pflegepolitik der AK Wien, vor allem am niedrigen Niveau der Ausbildung. Während die höchste Ausbildungsstufe der Notfallsanitäterinnen und -sanitäter mit der Kompetenz Beatmung und Intubation 1.640 Gesamtstunden – also rund ein Jahr – umfasst und laut einer Evaluierung der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) lediglich 1,5 Prozent aller Menschen in dem Beruf umfasst, verfügt die größte Gruppe der Rettungssanitäterinnen und -sanitäter lediglich über 260 Stunden Ausbildungszeit. „Obduktionsassistenten haben eine höhere Ausbildung, und die müssen keine Leben mehr retten“, konstatierte Rosoli.
Eines der Folgeprobleme ist, dass der Job ein „Sackgassenberuf“ sei. Die kurze Ausbildungsdauer verhindert auch die Durchlässigkeit in andere Gesundheits- und Sozialberufe und die Berufsanerkennung in anderen EU-Staaten, wo das Ausbildungsniveau um ein Vielfaches höher ist.
Höhere Einsatzzahlen nicht rein demografisch erklärbar
Die AK Wien wollte es genau wissen und gab eine Studie in Auftrag, die Florian Zahorka, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Ostschweizer Fachhochschule, durchführte. Er stellte zunächst fest, dass die Einsatzzahlen der Rettungsdienste seit Jahren deutlich steigen, von rund 3,5 Prozent plus in den Jahren 2012 bis 2022 ist auszugehen. „Und das lässt sich nicht mit der demografischen Entwicklung (Stichwort Altern der Gesellschaft, Anm.) allein erklären“, erläuterte Zahorka. Für die Studie sah sich der Forscher die Tiroler Bezirke Kufstein und Kitzbühel genau an, weil die für Österreich vom Terrain, von der Bevölkerungsdichte und der demografischen Entwicklung her typisch sind.
Er fand – wenig verwunderlich – auch heraus, dass die Über-65-Jährigen einen wesentlich größeren Anteil an der Zahl der Rettungseinsätze haben, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. Macht diese Altersgruppe etwa 19 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, so betreffen 49 Prozent der Rettungseinsätze die Über-65-Jährigen.
Vor allem unter den Menschen mit zumindest drei Einsätzen pro Jahr sind die Älteren überrepräsentiert. In einem Fall gab es sogar 75 Rettungseinsätze in einem Jahr. „Das sind Menschen, die 144 anrufen, weil sie die Rettung brauchen“, betonte Zahorka. Scherzanrufe und dergleichen wurden nicht mitgerechnet.
All dies brachte den Forscher zu der Erkenntnis, dass das Versprechen der Rettungsdienste, innerhalb von 15 Minuten an jedem Ort Österreichs adäquate Hilfe zu bringen, immer schwieriger zu halten ist. Und selbst, wenn die Aufstockung der Rettungsdienste fortgesetzt wird, lasse sich dieser Trend zwar abschwächen, aber nicht stoppen.
Infrastruktur an FH ist gegeben
Die Lösung wäre, aufstockend auf der bisher vorhandenen Ausbildung, ein drittes Modul zu installieren, nämlich die dreijährige Ausbildung zum diplomierten Notfallsanitäter an einer Fachhochschule. Die Infrastruktur wäre vorhanden, an neun Fachhochschulen könnten ab 2027 jeweils 55 Studentinnen und Studenten entsprechend ausgebildet werden. Damit wäre innerhalb von zehn Jahren der errechnete Bedarf von 4.000 diplomierten Notfallsanitäterinnen und -sanitätern zu decken. Der dafür notwendige Finanzierungsbedarf liegt bei 17 Millionen Euro jährlich, was zwei Prozent der Gesamtausgaben für Rettungsdienste (laut AK 800 Millionen Euro im Jahr 2022) entspricht.
Clemens Kaltenberger, Vizepräsident des Bundesverbandes Rettungsdienst, forderte dementsprechend die „längst überfällige Novelle des Sanitätergesetzes“, die „insbesondere die Ausbildung neu regelt und auf europäisches Niveau hebt“. Dazu tritt auch die AK dafür ein, dass für freiwillige Sanitäterinnen und Sanitäter attraktive Einsatzmöglichkeiten sichergestellt werden und dass der Beruf „endlich“ in das Nachtschwerarbeitsgesetz aufgenommen wird, wie es seit 2013 auch für Arbeitnehmer der Feuerwehr der Fall ist. Sanitäterinnen und Sanitäter sollen darüber hinaus in das Gesundheitsberuferegister aufgenommen werden, um Versorgungsqualität und Planungssicherheit zu gewährleisten, so die AK.
UNTERNEHMEN
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