Tagesblick – 14.1.2024 Sonntag

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FAZIT DES TAGES

Israel-HAMAS-Krieg
* Massenproteste für Freilassung der Gaza-Geiseln in Israel

Russland-Krieg
* Ukraine wirft Russland verbotenen Einsatz von Tränengas vor
* Asylsuchende an Grenze: Finnland wirft Kreml „hybride Attacken“ vor

MARKTUMFELD
* So vermehren junge Milliardäre jetzt ihr Vermögen

ASIEN
* Unabhängigkeitsbefürworter gewinnt Präsidentschaftswahl in Taiwan
* Taiwan: China muss Wahlergebnis „respektieren“
* China-Taiwan: China sieht zu „Wiedervereinigung“ keine Alternative
* Nordkorea feuert offenbar unbekannte Rakete ins Meer ab

AFRIKA
* Kongo: Abzug von UN-Blauhelmsoldaten hat begonnen

NAHOST
* Türkische Luftangriffe auf kurdische Kämpfer in Syrien und im Irak

EUROPA
* Vulkan in Island bricht erneut aus
* EU registriert 1,13 Millionen Asylanträge in 2023
* Mehr als 500 Rechtsextreme bei Fackelmarsch in Paris

DEUTSCHLAND
* UMFRAGE: Insa: 76 Prozent mit Ampel-Regierung unzufrieden
* Beschwerden auf Rekordniveau: Bundesnetzagentur droht der Deutschen Post
* IG Metall fordert 600-Milliarden-Sondervermögen für die Industrie
* Immer mehr Deutsche reisen im Sommer nach Nordeuropa
* Frei (CDU) kritisiert Einsetzung von Bürgerräten durch das Parlament

ÖSTERREICH
* Deutliche Bundesländerunterschiede bei Lehrern in Teilzeit
* Causa Signa: Gusenbauer will nicht aus SPÖ austreten
* Tanner bevorzugt nach Nationalratswahl Zweierkoalition
* Für Kogler ist Wahl erst im Herbst fix
* Bericht: Neue psychiatrische Expertise zu Inzestfall Amstetten

MEDIZIN
* Psychiatrie in Österreich: Kein Ende der Zwangsmaßnahmen

UMWELT
* Bauernverband fordert vom Umweltbundesamt „öffentliche Korrektur“ – Biokraftstoffe: Kritik an „fehlerhaften und veralteten“ Darstellungen
* Sinnvolle Maßnahme: 200 Hektar Schilf in Brand gesetzt in Jois, Burgenland, Bezirk Neusiedl

BILDUNG – UNIVERSITÄTEN
* Neue Uni in Linz: Späte Zweifel aus dem Kanzleramt

GESELLSCHAFT
* Neuer Ländervergleich: In Ostdeutschland gehen deutlich mehr Kleinkinder in die Kita

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Viel Stoff – Nutze die Suchfunktion!

HELLMEYER

ÜBERSICHT

DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen

DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures

Der DAX schloss 0,95 Prozent höher auf 16.705 Punkten und mittleren Umsätzen. Volatilität im Wochen- und Tagesverlauf.   

Einschätzungen

Termine

—  

Marktumfeld

So vermehren junge Milliardäre jetzt ihr Vermögen – HB, Interview, ZAHLPFLICHT

Die reichen Familien lassen sich von kurzfristigen Turbulenzen an den Märkten nicht irritieren. Die Mehrheit hat einen klaren Plan für die Zukunft, wie eine Studie zeigt.

Frankfurt. Die Summe ist enorm: Rund 5,2 Billionen Dollar werden weltweit in den kommenden zwei Dekaden an die nächste Generation weitergegeben. So steht es im  „UBS Billionaire Ambitions Report“. Auch bei den Protagonisten des Tech-, Finanz- und Emerging-Markets-Booms stehen Nachfolgeregelungen an.

Doch die jüngeren Milliardäre ticken anders als die Gründergeneration. So steht auch das Management sehr großer Vermögen in den kommenden Jahrzehnten vor einem tief greifenden Wandel, weiß Maximilian Kunkel, Chef-Anlagestratege der UBS Deutschland.

Kunkel geht davon aus, dass der einsetzende Generationswechsel weitreichende Folgen hat. „Die Mehrheit hat einen klaren Plan für die Zukunft – taktische, kurzfristige Gelegenheiten spielen eine eher untergeordnete Rolle“, beschreibt er seine Beobachtung. Aktien seien wichtig im Portfolio, aber auch Alternativen wie etwa Private Equity stünden bei den Jüngeren hoch im Kurs. Sorge bereite den Erben dagegen vor allem die Auswirkungen der hohen Inflation. Der Chef-Anlagestratege hat mit dem Handelsblatt über den anstehenden Wandel gesprochen. …  

Zentralbanken

INTERNATIONAL

AMERIKA: USA, VENEZUELA, u.a.

ASIEN: CHINA, JAPAN u.a.

Unabhängigkeitsbefürworter gewinnt Präsidentschaftswahl in Taiwan

Taipeh – Der Kandidat von Taiwans Regierungspartei und bisherige Vizepräsident, Lai Ching-te, hat am Samstag die dortige Präsidentschaftswahl gewonnen. Hou Yu-ih, der Kandidat der oppositionellen Nationalistischen Partei, gestand dies in einer Rede ein.

Nach Auszählung von mehr als 85 Prozent der abgegebenen Stimmen liegt Lai deutlich vor seinen Kontrahenten bei 41 Prozent. Es wird damit gerechnet, dass ein offizielles Ergebnis am Abend feststehen dürfte.

Lai gilt als Befürworter der taiwanesischen Unabhängigkeit von China und kündigte im Wahlkampf an, gemeinsam mit den USA die Verteidigungsfähigkeit Taiwans zu stärken. China bezeichnete im Vorfeld einen möglichen Wahlsieg Lais als „ernsthafte Gefahr“ und warf ihm vor, Konflikte zu schüren.

Taiwan: China muss Wahlergebnis „respektieren“

Nach dem Sieg des Unabhängigkeitsbefürworters Lai Ching-te bei der Präsidentschaftswahl in Taiwan hat die Regierung des Inselstaates den Nachbarn China aufgefordert, den Wahlausgang zu „respektieren“.

Taiwans Außenministerium rief die chinesische Führung heute in einer Erklärung auf, „die Wahlergebnisse zu respektieren, die Realität anzuerkennen und aufzuhören, Taiwan zu unterdrücken“. Das sei notwendig, damit „positive“ Interaktionen zwischen Taipeh und Peking „auf die richtige Bahn zurückkehren“ könnten.

China sieht zu „Wiedervereinigung“ keine Alternative

Der bisherige Vizepräsident Lai hatte die Präsidentschaftswahl gestern klar gewonnen. Der 64-jährige Politiker der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) von Präsidentin Tsai Ing-wen kam auf 40,1 Prozent der Stimmen, sein größter Widersacher Hou Yu-ih von der chinafreundlichen Kuomintang (KMT) erhielt 33,5 Prozent.

Peking erklärte in einer Reaktion auf das Wahlergebnis, dieses werde die „Wiedervereinigung“ Chinas nicht verhindern, diese sei „unausweichlich“. Peking betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden soll – notfalls mit militärischer Gewalt.

Der Ausgang der Wahl galt als entscheidend für das künftige Verhältnis zwischen Taipeh und dem zunehmend aggressiv auftretenden Peking. China erhöhte in den vergangenen Jahren den militärischen Druck auf Taiwan, unter anderem mit Militärmanövern, was immer wieder Befürchtungen vor einer möglichen Invasion schürte.

Nordkorea feuert offenbar unbekannte Rakete ins Meer ab

Nordkorea hat nach Angaben aus Südkorea eine ballistische Rakete abgefeuert. Der Generalstab der südkoreanischen Streitkräfte erklärte heute, die nordkoreanische Armee habe eine „nicht identifizierte ballistische Rakete“ in Richtung des Ostmeers, auch bekannt als Japanisches Meer, abgefeuert. Vor rund einer Woche hatte Nordkorea Artillerieübungen nahe der Seegrenze zu Südkorea durchgeführt.

Die Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea sind aktuell extrem angespannt. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un will die Waffenentwicklung ausweiten, darunter auch jene von taktischen Atomwaffen. Als Reaktion darauf haben Südkorea und die USA ihre Verteidigungszusammenarbeit verstärkt und gemeinsame Militärübungen abgehalten.

Der UNO-Sicherheitsrat verabschiedete inzwischen zahlreiche Resolutionen, in denen Nordkorea aufgefordert wird, seine Atom- und Raketenprogramme zu stoppen. 2006 hatte Nordkorea erstmals einen Atomtest ausgeführt.

AUSTRALIEN

AFRIKA

Kongo: Abzug von UN-Blauhelmsoldaten hat begonnen

Kinshasa – Die Vereinten Nationen haben am Samstag mit dem angekündigten Abzug der Friedenstruppen aus der Demokratischen Republik Kongo begonnen. Die erste Phase des Abzugs sei angelaufen, schrieb Bintou Keita, Chefin der UN-Truppe im Kongo, am Samstag auf Twitter. „Wir werden keine Mühen scheuen, diesen Prozess abzuschließen.“

Phase eins sehe den vollständigen Abzug der eingesetzten Soldaten und Polizeikräfte aus der Provinz Süd-Kivu bis zum 30. April 2024 vor. Anschließend werde der UN-Sicherheitsrat die Lage bewerten, bevor in der zweiten und dritten Phase ebenfalls mit dem Abzug der Kräfte aus Nord-Kivu und Ituri begonnen werde, so Keita.

Der UN-Sicherheitsrat hatte Ende Dezember den Abzug der Friedenstruppen aus der Demokratischen Republik Kongo beschlossen: Das Gremium verabschiedete einstimmig eine Resolution, die das Mandat der Mission zwar um ein weiteres Jahr verlängert, zugleich jedoch die Abberufung erster Blauhelmsoldaten vorsieht. Die Regierung in Kinshasa hatte zuvor den beschleunigten Abzug der UN-Friedenstruppe gefordert. Sie warf den UN-Soldaten vor, die Bevölkerung nicht ausreichend gegen die im Osten des Landes aktiven bewaffneten Banden und Milizen zu schützen. Beobachter haben jedoch Zweifel daran, dass sich die Regierung nach dem Abzug der Blauhelme alleine behaupten kann. Die Sicherheitslage ist angespannt, tausende Menschen sind auf der Flucht.

Die UN-Mission mit dem Namen Monucso war seit 1999 in dem zentralafrikanischen Land tätig. Knapp 50 Staaten stellten Soldaten, 26 Staaten unterstützen die UN-Mission mit Polizeikräften. Insgesamt kamen im Verlauf des Einsatzes 259 UN-Kräfte ums Leben.

ZENTRALASIEN

NAH-/MITTELOST: ISRAEL u.a.

Türkische Luftangriffe auf kurdische Kämpfer in Syrien und im Irak

Ankara – Die türkische Luftwaffe hat Ziele in kurdischen Gebieten in Nordsyrien und dem Irak angegriffen. Dabei seien 29 Stellungen zerstört worden, teilte das Verteidigungsministerium in Ankara am Samstag mit. Bunker, Unterstände und Einrichtungen zur Förderung von Öl seien getroffen worden.

Bei den Angriffen sei ebenfalls eine große Anzahl von Kämpfern „neutralisiert“ worden, hieß es. Die Türkei berief sich auf das Recht zur Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen.

Zuvor waren türkische Soldaten bei Zusammenstößen mit PKK-Kämpfern getötet worden, so das Verteidigungsministerium in Ankara. Demnach hatten kurdische Kämpfer versucht, in einen Stützpunkt des türkischen Militärs an der Grenze zum Irak einzudringen. In der Nacht auf Samstag gab es in der Türkei zudem landesweite Razzien gegen Menschen, die mutmaßlich Verbindungen zur PKK unterhielten. Insgesamt seien dabei 113 Menschen in 32 Städten festgenommen worden, hieß es.

Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) kämpft seit Mitte der 1980er-Jahre gegen den türkischen Staat. Sie wird von Ankara und westlichen Verbündeten als Terrororganisation eingestuft. Die kurdischen Gebiete erstrecken sich über die Landesgrenzen der Türkei hinweg, Ankara führt regelmäßig Militäraktionen im benachbarten Irak und in Syrien. Während der Expansion des Islamischen Staates leisteten kurdische Milizen, wie etwa die Peschmerga, erheblichen Widerstand gegen den IS und wurden teilweise vom Westen mit Waffenlieferungen unterstützt.

In Deutschland ist die PKK sowie 35 andere Teilorganisationen seit 1993 verboten.

EUROPA

Vulkan in Island bricht erneut aus

Auf Island hat der zweite Vulkanausbruch innerhalb weniger Wochen begonnen. In Liveaufnahmen des isländischen Rundfunksenders RUV war heute zu sehen, wie auf der Reykjanes-Halbinsel südwestlich von Reykjavik erstmals seit Mitte Dezember wieder Lava aus einem langen Erdspalt sprudelte.

Wenige Stunden vor der Eruption hatte die isländische Wetterbehörde Vedurstofa eine neue intensive Erdbebenserie mit mehr als 200 Erschütterungen verzeichnet. Die zunächst heftigste davon hatte in der Früh die Stärke 3,5. Die Behörde warnte davor, dass unterhalb der Erdoberfläche Magma in Bewegung und die Wahrscheinlichkeit einer Eruption hoch sei.

Zuletzt war es in dem Gebiet am späten Abend des 18. Dezember zu einem Ausbruch gekommen, als Lava zunächst aus einer mehrere Kilometer langen Erdspalte austrat. Die Eruption, die die vierte auf der Halbinsel innerhalb von drei Jahren war, nahm jedoch innerhalb weniger Tage deutlich an Intensität ab. Bereits vor Weihnachten war an der Erdoberfläche keine Lava mehr sichtbar.

Türkische Luftangriffe auf kurdische Kämpfer in Syrien und im Irak

Ankara – Die türkische Luftwaffe hat Ziele in kurdischen Gebieten in Nordsyrien und dem Irak angegriffen. Dabei seien 29 Stellungen zerstört worden, teilte das Verteidigungsministerium in Ankara am Samstag mit. Bunker, Unterstände und Einrichtungen zur Förderung von Öl seien getroffen worden.

Bei den Angriffen sei ebenfalls eine große Anzahl von Kämpfern „neutralisiert“ worden, hieß es. Die Türkei berief sich auf das Recht zur Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen.

Zuvor waren türkische Soldaten bei Zusammenstößen mit PKK-Kämpfern getötet worden, so das Verteidigungsministerium in Ankara. Demnach hatten kurdische Kämpfer versucht, in einen Stützpunkt des türkischen Militärs an der Grenze zum Irak einzudringen. In der Nacht auf Samstag gab es in der Türkei zudem landesweite Razzien gegen Menschen, die mutmaßlich Verbindungen zur PKK unterhielten. Insgesamt seien dabei 113 Menschen in 32 Städten festgenommen worden, hieß es.

Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) kämpft seit Mitte der 1980er-Jahre gegen den türkischen Staat. Sie wird von Ankara und westlichen Verbündeten als Terrororganisation eingestuft. Die kurdischen Gebiete erstrecken sich über die Landesgrenzen der Türkei hinweg, Ankara führt regelmäßig Militäraktionen im benachbarten Irak und in Syrien. Während der Expansion des Islamischen Staates leisteten kurdische Milizen, wie etwa die Peschmerga, erheblichen Widerstand gegen den IS und wurden teilweise vom Westen mit Waffenlieferungen unterstützt.

In Deutschland ist die PKK sowie 35 andere Teilorganisationen seit 1993 verboten.

EU registriert 1,13 Millionen Asylanträge in 2023

Brüssel – Die Zahl der Asylanträge in der EU plus Norwegen und Schweiz (sog. EU+) hat im vergangenen Jahr erstmals seit 2016 wieder die Millionenmarke durchbrochen. Insgesamt wurden 1,132 Millionen Asylanträge gestellt, berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf bisher unveröffentlichte Zahlen der EU-Asylagentur (EUAA).

Die Zahlen sind in einem vertraulichen Bericht der Europäischen Kommission vom 11. Januar 2024 zur Lage der Migration in Europa, über den die „Welt am Sonntag“ berichtet, veröffentlicht. Laut Statistik der EU-Asylagentur beträgt der Anstieg der Asylanträge in der EU+ gegenüber dem Jahr 2022 (966.000 Asylanträge) 17 Prozent. Damit legte in Deutschland die Zahl der Asylanträge 2023 (329.120) mit 51 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2022: 217.774) hingegen deutlich stärker zu als im europäischen Durchschnitt. Schlusslichter mit Blick auf die Zahl der Asylanträge im Jahr 2023 sind Litauen mit 415 Asylanträgen und Ungarn mit 31 Asylanträgen im gesamten Jahr 2023.

Deutschland bleibt damit Zielland Nummer 1 für Migranten. Nach Deutschland sind Spanien (161.732), Frankreich (160.769) und Italien (135.294) die beliebtesten Destinationen für Asylantragssteller. Laut neuesten Zahlen der EU-Asylagentur für das Gesamtjahr 2023 stammen die meisten Asylanträge in Deutschland von Syrern (29 Prozent), gefolgt von Personen aus der Türkei (18 Prozent) und Afghanistan (15 Prozent).

Mehr als 500 Rechtsextreme bei Fackelmarsch in Paris

In der französischen Hauptstadt Paris sind gestern Abend mehr als 500 Rechtsextreme bei einem Fackelmarsch auf die Straße gegangen. Rund 300 Gegendemonstranten folgten einem Aufruf einer antifaschistischen Gruppe, wie die Pariser Polizei mitteilte.

Beide Gruppen versammelten sich im gleichen Stadtteil, aber in einiger Entfernung voneinander. Begleitet wurden die Versammlungen von der Polizei. Die rechtsextreme identitäre Gruppierung Paris Fierte (etwa „Stolzes Paris“) hatte wie jedes Jahr zu einem Fackelmarsch zur Würdigung der Pariser Schutzheiligen Genevieve aufgerufen. Die Pariser Polizeipräfektur untersagte die Versammlung zunächst. Sie begründete das mit der Gefahr einer Störung der öffentlichen Ordnung und verwies unter anderem auf „das internationale Umfeld und die derzeitigen Spannungen in Frankreich“.

Das Pariser Verwaltungsgericht hob das Demonstrationsverbot aber auf. Auch die antifaschistische Gegenkundgebung war zunächst von der Polizeipräfektur verboten, von der Justiz dann aber zugelassen worden. Die rechte Gruppe bezeichnet sich als „kulturelle“ Organisation zur Wahrung des Erbes der französischen Hauptstadt.

DEUTSCHLAND

WAHLUMFRAGEN

Insa: 76 Prozent mit Ampel-Regierung unzufrieden

Berlin – Die Unzufriedenheit mit der Ampel-Regierung nimmt auch im neuen Jahr weiter zu. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die „Bild am Sonntag“ sind mehr als dreiviertel der Bürger (76 Prozent) mit der Arbeit der Bundesregierung unzufrieden. Nur noch jeder sechste Wähler (17 Prozent) ist mit der Ampel zufrieden – der schlechteste Wert seit Amtsantritt im Dezember 2021.

72 Prozent der Wähler sind mit der Arbeit von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht einverstanden – noch mal drei Prozentpunkte mehr als Anfang Dezember. Nur noch jeder Fünfte (20 Prozent) findet, Scholz mache einen guten Job; auch dieser Wert verschlechterte sich um drei Punkte.

Im „Sonntagstrend“ verliert die SPD einen Punkt, erreicht nur noch 15 Prozent, halb so viel wie die Union mit 30 Prozent. Grüne (12 Prozent) und FDP (5 Prozent) verharren bei ihren Werten. Die AfD verliert einen Punkt auf 22 Prozent, Linke (unverändert 4 Prozent) und Freie Wähler (unverändert 3 Prozent) würden den Einzug in den Bundestag verfehlen. Gewinner sind die Sonstigen mit 9 Prozent (plus 3).

Für die „Bild am Sonntag“ hat Insa 1.202 Personen im Zeitraum vom 8. bis zum 12. Januar 2024 befragt (TOM). Frage: Wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, wie würden Sie wählen? Zusätzlich hat Insa 1.002 Personen am 11. und 12. Januar 2024 befragt. Fragen: Alles in allem: Sind Sie mit der Arbeit von Olaf Scholz als Bundeskanzler zufrieden oder unzufrieden? Alles in allem: Sind Sie mit der Arbeit der aktuellen Bundesregierung zufrieden oder

WEITERE MELDUNGEN

Beschwerden auf Rekordniveau: Bundesnetzagentur droht der Deutschen Post

Berlin – Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat sich enttäuscht über die Zuverlässigkeit der Post im abgelaufenen Jahr gezeigt. „Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern über Post- und Paketdienste waren im vergangenen Jahr auf einem ähnlich hohen Niveau wie im bisherigen Rekordjahr 2022“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben).

Damals habe es rund 43.000 Beschwerden gegeben, dreimal so viele wie 2021. Müller drohte den Postdienstleistern mit einer härteren Gangart. „Wenn gesetzliche Qualitätsstandards nicht eingehalten werden, sollte das finanzielle Konsequenzen haben“, sagte er. „Ein erhobener Zeigefinger reicht nicht.“ Bisher sei die Bundesnetzagentur darauf beschränkt, mit den Postdienstleistern zu sprechen oder anlassbezogene Prüfungen durchführen, machte Müller deutlich. Doch das neue Postgesetz, das die Bundesregierung in den Bundestag eingebracht habe, sehe mehr Eingriffsbefugnisse der Regulierungsbehörde vor.

Müller rief die Postdienstleister dazu auf, sich in diesem Jahr besser auf das Weihnachtsgeschäft vorzubereiten. „Familien möchte die Geschenke pünktlich unter dem Weihnachtsbaum sehen. Viele Unternehmen machen in dieser Zeit ihren Hauptgewinn und sind auf zuverlässige Zustellung angewiesen“, sagte er. „Es geht um lachende Kinderaugen und um ein vernünftiges Weihnachtsgeschäft. Das kann man vorbereiten.“

Der Chef der Regulierungsbehörde führt die Probleme auf Personalmangel zurück. Es gehe um flexiblen Arbeitseinsatz. „Die Unternehmen müssen sich rechtzeitig um saisonale Arbeitskräfte bemühen, um das Weihnachtsgeschäft zu meistern“, forderte er. Müller ließ offen, ob seine Behörde der Post zum 1. Januar 2025 eine Portoerhöhung genehmigen würde. Er gehe davon aus, dass die Post zum Jahreswechsel, also nach Ablauf der dreijährigen Genehmigungsperiode, einen neuen Antrag auf den Tisch legen werde. Darüber werde die Netzagentur entscheiden, „wenn wir die die Zahlen der Post kennen“.

IG Metall fordert 600-Milliarden-Sondervermögen für die Industrie

Berlin – IG-Metall-Chefin Christiane Benner fordert staatliche Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe für die Transformation der Industrie. Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben) sagte sie, man solle ein Sondervermögen aufmachen „für den ökologischen Umbau der Industrie“.

Als Größenordnung nannte sie 500 bis 600 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030. Diese Summe werde nötig sein, damit der Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur gelinge. Benner warnte: „Die Industrie befindet sich in der kritischsten Phase seit Gründung der Bundesrepublik. Eine starke Industrie mit guten und sicheren Arbeitsplätzen bedeutet Wohlstand und stabile Demokratie.“

Zwar habe Deutschland noch eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten unter den Industriestaaten: „Aber wir müssen dringend große Pflöcke einschlagen und die richtigen Entscheidungen treffen, wenn wir verhindern wollen, dass etwas ins Rutschen gerät.“

Das Sondervermögen Industrie müsse „wasserdicht“ im Grundgesetz verankert werden, forderte Benner. „Diese Investitionen sind im nationalen Interesse. Alle demokratischen Parteien sind aufgerufen, sich dahinter zu versammeln.“

Immer mehr Deutsche reisen im Sommer nach Nordeuropa

Berlin – Nach Hitze, Dürre und Waldbränden in Südeuropa nehmen Touristen für diesen Sommer vermehrt Nordeuropa in den Blick. Schweden sei genauso begehrt wie Mallorca oder der Gardasee, für Juli liege die Verfügbarkeit teilweise schon bei unter 50 Prozent, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf Daten einer Ferienhausplattform.

Der Tourismusforscher Harald Zeiss von der Hochschule Harz sagte den Funke-Zeitungen, er denke, dass der Klimawandel in zunehmendem Maße Einfluss auf die Entscheidungen von Reisenden habe. „Die steigenden Temperaturen und die Extremwetterereignisse, wie die von Ihnen erwähnten Hitze und Waldbrände im Mittelmeerraum, führen dazu, dass Urlauber künftig andere Reiseziele in Betracht ziehen“, sagte Zeiss.

Schweden und generell die nördlichen Regionen profitierten von der Entwicklung. Sie böten in den Sommermonaten angenehmere Temperaturen und seien bekannt für ihre unberührte Natur – „und damit das Gegenmodell zu verbauten Küsten mit Hotelanlagen“. Zeiss fügte hinzu: „Dies passt gut zu dem wachsenden Trend des nachhaltigen Tourismus, bei dem Urlauber nach Destinationen suchen, die sowohl umweltfreundlich als auch weniger überlaufen sind.“

Frei (CDU) kritisiert Einsetzung von Bürgerräten durch das Parlament

Berlin – Vor der für Sonntag geplanten Übergabe von Empfehlungen des ersten Bürgerrates an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), das Projekt kritisiert. „Es wäre eine Gefahr für unseren Staat, wenn die Demokratie durch Nebengremien oder Expertenrunden ausgehöhlt würde“, sagte Frei der „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe). Diese seien, anders als das Parlament, „nicht beziehungsweise kaum“ demokratisch legitimiert.

„Wir haben schon einen ‚Bürgerrat‘, und das ist unser vom Volk gewähltes Parlament mit seinen Abgeordneten“, so Frei. Die Unionsfraktion hat im Bundestag gegen die Einsetzung des Bürgerrats gestimmt.

Für „gänzlich falsch“ halte er insbesondere die „von der Ampel initiierte Einsetzung“ eines Bürgerrats zum Thema „Ernährung im Wandel“. Ernährung sei „eine höchstpersönliche Angelegenheit“, in der der Staat den Bürgern so wenig Vorschriften wie möglich machen sollte, sagte Frei.

Am Sonntag soll der erste vom Bundestag eingesetzte Bürgerrat seine erarbeiteten Empfehlungen zum Thema „Ernährung im Wandel“ an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) übergeben. Der Deutsche Bundestag setzt eigenen Angaben zufolge Bürgerräte ein, „um zu einer konkreten politischen Fragestellung eine direkte Rückmeldung aus der Mitte der Gesellschaft zu bekommen – jenseits von Meinungsumfragen und Lobbyismus“, wie es auf der Parlamentshomepage heißt. Die Teilnehmer wurden bundesweit aus allen Einwohnern ab 16 Jahren in einem mehrstufigen Verfahren ausgelost. Dadurch soll die Vielfalt der Gesellschaft abgebildet werden. Über die mögliche Umsetzung von Vorschlägen des Bürgerrats entscheiden allein die Mitglieder des Deutschen Bundestages.

ÖSTERREICH

STATISTIK AUSTRIA

WAHLUMFRAGEN

WEITERE MELDUNGEN

Deutliche Bundesländerunterschiede bei Lehrern in Teilzeit

Causa Signa: Gusenbauer will nicht aus SPÖ austreten

Tanner bevorzugt nach Nationalratswahl Zweierkoalition

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) lässt Präferenzen für eine Zweierkoalition nach der Nationalratswahl in diesem Jahr erkennen. Dass es in einer Dreierkonstellation schwieriger sei, Kompromisse zu finden, könne man aktuell an der deutschen „Ampelkoalition“ (aus SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP) sehen, sagte sie im Interview mit der APA. Jede Partei habe ihr eigenes Programm und ihre eigenen Zugänge, so Tanner: „Dass das bei drei Parteien herausfordernder ist, steht ja außer Frage.“

Deshalb müsse aus ihrer Sicht das Ziel sein, dass die Volkspartei so stark wie möglich wird, um nicht nur wieder den Bundeskanzler zu stellen, sondern, dass auch eine Partei als Partnerin genüge. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sei „selbstverständlich“ die richtige Persönlichkeit an der Spitze der ÖVP und als Spitzenkandidat unumstritten, betonte Tanner.

Gegen vorgezogene Wahl

Am 26. Jänner werde es außerdem eine weitere „große Rede“ Nehammers geben, bei der noch einmal die „Hauptthemen Sicherheit, Leistung und Familie“ fixiert würden, kündigte Tanner an.

Nicht viel abgewinnen könnte Tanner einem Vorziehen der regulär im Herbst stattfindenden Nationalratswahl. „Ich sehe überhaupt keinen Sinn darin“, erklärte die Verteidigungsministerin: „Wir sind dafür gewählt, dass wir bis zum Ende der Legislaturperiode durcharbeiten.“ Eine Koalition mit den Freiheitlichen mit Herbert Kickl an der Spitze schloss Tanner aus.

Für Kogler ist Wahl erst im Herbst fix

Die Grünen gehen trotz Gerüchten, dass Teile der ÖVP früher wählen wollen, nach wie vor davon aus, dass die Nationalratswahl im Herbst stattfindet: „Es wäre gut, wenn die Nationalratswahl Ende September diesen Jahres stattfindet“, sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) im APA-Interview. Denn Türkis-Grün sei „durchaus in der Lage“, „ganz viele Ergebnisse zu liefern“.

„Gerüchte kommentiere ich nicht“, sagte Kogler gefragt nach angeblichen Überlegungen in der ÖVP, schon im Frühjahr zu wählen. Er sage, was er „für sinnvoll halte, nämlich wie vorgesehen Ende September zu wählen“, so Kogler. Es habe niemals zuvor eine Regierung gegeben, die trotz der vielen Krisen im Umfeld „so viel weitergebracht“ habe wie diese, und „solange das der Fall ist, ist es doch sinnvoll, wenn das so weitergemacht wird“.

Scharfe Kritik an FPÖ

Gefragt, ob er sich bereits mit einem Wahlsieg der FPÖ – sie liegt aktuell in den Prognosen voran – und einem Bundeskanzler Herbert Kickl abgefunden habe, sagte Kogler: „Ich finde mich mit gar nichts ab, was Schaden stiftet für Österreich. Und die Gefährdung ist massiv.“

Die Freiheitlichen „bedankten“ sich mit einer Retourkutsche. Kogler fehle es gewaltig an „Selbstkritik“, so FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz, die wäre viel eher angebracht als „Koglers Geschwurble. Erfolge kann er sich wohl nicht auf seine Fahnen heften, außer der beste Diener der ÖVP zu sein“, so Schnedlitz.

Konsequenzen aus Signa-Pleite gefordert

Als Konsequenz aus der Signa-Insolvenz fordert Kogler eine „massive Erhöhung“ der Strafen, wenn Bilanzen nicht korrekt gelegt werden. Außerdem müsse man auch das Unternehmensrecht dahingehend schärfen, „dass von vornherein noch viel mehr offengelegt werden muss“, forderte er im APA-Interview. Die Tätigkeit von Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) für Signa schließlich „riecht nach schwerwiegender Unvereinbarkeit“, findet der Grünen-Chef.

Bericht: Neue psychiatrische Expertise zu Inzestfall Amstetten

Im Zusammenhang mit dem im Inzestfall von Amstetten zu lebenslanger Haft verurteilten und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesenen Josef F. liegt offenbar eine neue psychiatrische Expertise vor. Einem „Kronen Zeitung“-Bericht von gestern zufolge attestiert die Sachverständige Heidi Kastner dem 88-Jährigen, dass von ihm aufgrund von Demenz keine strafbaren Handlungen mehr zu erwarten sind. Hinzu komme ein körperlich angeschlagener Zustand infolge einiger Stürze.

In Betracht kommen könnte anhand des Gutachtens eine Verlegung des Mannes – er hat inzwischen seinen Namen geändert – in den Normalvollzug. Dieser Schritt war bereits in den vergangenen Jahren mehrmals Thema und Gegenstand von juristischen Beurteilungen. 2022 sprach sich das Oberlandesgericht (OLG) Wien dagegen aus und stellte die Notwendigkeit der weiteren Unterbringung fest, nachdem das Landesgericht Krems zuvor anders entschieden hatte.

Der Mann wurde im März 2009 zu lebenslanger Haft verurteilt und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Seitdem ist er in der Justizanstalt Krems-Stein untergebracht. Das Vollzugsgericht – in diesem Fall das Landesgericht Krems – überprüft regelmäßig, ob die Voraussetzungen für die Unterbringung im Maßnahmenvollzug weiter vorliegen. Diese Kontrolle ist gesetzlich vorgeschrieben.

MEDIZIN – PSYCHOLOGIE – FORSCHUNG

Psychiatrie in Österreich: Kein Ende der Zwangsmaßnahmen – ORF, 13.1.2024 (mit AUDIO)

Rund 25.500 Personen waren in Österreich im Jahr 2022 gegen oder ohne ihren Willen in heimischen Psychiatrien untergebracht. Zwangsmaßnahmen wie Fixierbetten können für Patienten traumatisierend sein. Davon berichtet auch eine heute 48-jährige ehemalige Patientin der Klinik Penzing. Wie kann verhindert werden, dass Patienten in psychischen Krisen zusätzlich belastet werden? Im Interview mit ORF Topos erklären Expertinnen und Experten den komplexen Umgang mit Zwang und Gewalt im psychiatrischen Alltag.

Leonie Markovics

Im Herbst 2022 kontaktiert die heute 48-jährige Psychiatrie-Patientin Flora M. (Name der Redaktion geändert, Anm.) aus Wien die Patientenanwaltschaft von VertretungsNetz. Die Behandlungen, die bei ihren Psychiatrieaufenthalten großteils zwangsweise durchgeführt wurden, will sie gerichtlich auf ihre Rechtmäßigkeit hin prüfen lassen.

Die Patientin will wissen, ob es alternative Behandlungsmöglichkeiten gegeben hat. Die Überprüfungsanträge, die von der Patientenanwaltschaft bei Gericht eingebracht wurden, sind aktuell offen. Flora M. hat zahlreiche räumliche Beschränkungen erfahren. Fixierungen, also das Festbinden mit Hand-, Fuß-, und Bauchgurten und in Netzbetten. Seit 1. Juli 2015 sind die käfigartigen Betten in Psychiatrien und Heimen in Österreich verboten.

In den letzten Jahrzehnten war die Patientin mit der Diagnose Borderline mehrmals in Psychiatrien in Wien untergebracht – zunächst freiwillig, dann zwangsweise. Es gab wiederholte Aufnahmen in der Klinik Penzing auf der Baumgartner Höhe (früher Otto-Wagner-Spital) und in der Klinik Donaustadt, im 22. Wiener Gemeindebezirk. „Man kann sagen, ab dem 22. Lebensjahr war mein Wohnsitz die Psychiatrie“, sagt Flora M. im Interview mit ORF Topos.

Umgang mit Fixierungen

Die Patientin betont, sie könne nachvollziehen, dass Fixierungen eine notwendige Maßnahme sein können – in Ausnahmesituationen. Aber sie wisse, welche Angst man als Patient bekommen kann, wenn man in der Fixierung alleingelassen werde.

Die Patientin erzählt von Angst, Panikgefühlen und Einsamkeit. Eine Ansprechperson, die während der Fixierung da ist, könne die Situation bereits leichter machen, ist Flora M. überzeugt. Als Beispiel nennt sie einen Vorfall mit einer Biene im Zimmer: „Ich war fixiert und ich bin allergisch und ich hatte große Panik.“

Behandlungsvereinbarungen, wie es das Gesetz heute meint, „nämlich dass die Bedürfnisse des Patienten in den Mittelpunkt gestellt werden, hat es damals so nicht gegeben“, sagt die Patientenanwältin Rita Gänsbacher, Bereichsleiterin für Wien von VertretungsNetz und Psychotherapeutin im Interview mit ORF Topos.

„Die nachträgliche Überprüfung solcher Zwangsmaßnahmen kann für die Patienten enttraumatisierend sein. Die Situation kann nicht mehr rückgängig gemacht werden, aber es gibt eine Klärung der Situation.“ – Rita Gänsbacher, Bereichsleiterin für Wien von VertretungsNetz, Patientenanwältin, Psychotherapeutin

Dass Patienten in der Fixierung nicht alleingelassen werden, sei kein Standard an den psychiatrischen Einrichtungen. Dabei sei erwiesen – eine Ansprechperson könne gegen Traumatisierungen helfen, sagt Gänsbacher, das gemeinsame „Durchstehen“ mit Professionisten: „Das sind Situationen, die für niemanden leicht sind, weder für die Ärzte, die Pflegekräfte noch den Patienten“, betont Gänsbacher.

Oberstes Ziel: Selbstschutz und Sicherheit

Wenn ein Mensch an einer psychischen Erkrankung leidet, ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Unterbringung gegen oder ohne seinen Willen in einer Psychiatrie möglich. Diese ist genauso wie das darauf folgende Prozedere im Unterbringungsgesetz geregelt. Was bei einer Unterbringung passiert, erklärt Gänsbacher im Topos Podshort.

„Die Person muss an einer psychiatrischen Erkrankung leiden, es muss eine erhebliche Selbst- und Fremdgefährdung vorliegen, und es darf keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten geben“, erklärt Peter Langer, ehemaliger Vorstand der 2. Psychiatrischen Abteilung mit Sozialpsychiatrie für Menschen mit Behinderungen am Krankenhaus Hietzing und Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, im Gespräch mit ORF Topos.

Menschen in Ausnahmesituationen

In besonders schwierigen Situationen können Patienten am Bett fixiert werden. „Das kann einerseits die Suizidalität sein, die so akut ist, dann sind wir dazu verpflichtet, den Patienten daran zu hindern“, erklärt Langer. Oder wenn der Patient aus wahnhaften oder Schizophrenie-Erkrankungen, meistens aus der Angst heraus, gegen andere Personen vorgeht – etwa Ärzte und Pflegepersonal. „Fixierungen oder Beschränkungen dürfen immer nur als Schutzmaßnahme für den Patienten und andere angewendet werden“, fasst der Psychiater zusammen.

Üblich ist eine Vierpunktfixierung: Dabei wird der Patient mit Gurten an Hand- und Fußgelenken am Bett festgebunden. Sehr oft werde das Verabreichen von Medikamenten von den Patienten abgelehnt, sagt Gänsbacher. Die Zwangsmedikation erfolgt dann in Infusionen.

Gegen ihren Willen darf eine Person laut Paragraph 8 Unterbringungsgesetz nur in eine Psychiatrie gebracht werden, wenn sie von einer Ärztin oder einem Arzt, der oder die im öffentlichen Sanitätsdienst steht, gründlich untersucht wurde. Nur bei „Gefahr im Verzug“ darf die Polizei einen Menschen direkt in eine psychiatrische Abteilung bringen.

Dokumentation und Kontrolle

Fixierungen zählen wie das Wegsperren in einen Einzelraum zu den weitergehenden Beschränkungen. Diese müssen der Patientenanwaltschaft gemeldet werden – und Patienten haben das Recht, diese Maßnahmen auf Antrag durch das Gericht überprüfen zu lassen. In Fällen, in denen es zu unverhältnismäßigen Maßnahmen kommt, hätten die Patienten meistens ein „sehr gutes Sensorium“, sagt Gänsbacher.

Zwangsmaßnahmen werden hinterher von Ärzten dokumentiert. „Wir brauchen die Kontrolle“, sagt Langer und fügt hinzu, „aber die Überprüfung ist nicht immer angenehm.“ Schließlich gehe es um Notsituationen, in denen Arzt und Pflegekräfte schnell entscheiden müssen – hinterher wird gefragt, ob es andere Möglichkeiten gegeben hätte. Der Psychiater betont, dass während der notwendigen Dokumentation auch die notwendige Zeit für und mit dem Patienten fehle.

„Selbstverständlich werden von Ärztinnen und Ärzten Alternativen geprüft. Dann muss man sich sehr rasch für die in dem Moment geeignete Maßnahme entscheiden, für den Schutz des Patienten und andere. Die nicht immer für den Patienten in dem Moment verständlich und angenehm sein kann.“ – Peter Langer, Psychiater, ehemaliger Vorstand der 2. Psychiatrischen Abteilung mit Sozialpsychiatrie für Menschen mit Behinderungen am Krankenhaus Hietzing

Umstrittene Videoüberwachung

Ein großes Thema ist die Videobewachung im Krankenhaus. Per Gesetz ist diese zulässig in Ausnahmesituationen, aber Gänsbacher kritisiert, „sie wird dem Sicherheitsaspekt formal gerecht, aber nicht der Person.“

Die Videoüberwachung sei unumstritten immer auch ein Eingriff in die Privatsphäre des Patienten, sagt Langer. Eine Eins-zu-eins-Betreuung sei in der Praxis jedoch nicht immer möglich: „Stellen Sie sich vor, es ist Nachtdienst, es sind zwei Schwestern im Dienst, ein Arzt, und es kommt eine Aufnahme, die zwei oder drei Leute beansprucht. Da ist eine Betreuung im Zimmer leider nicht möglich“, so der Psychiater.

Phänomen „Drehtür-Patient“

Die Sachverständige Elisabeth Lenzinger erlebt, dass Patientinnen und Patienten oft zu früh entlassen würden. „Der Patient wird entlassen, wenn die akute Krise vorbei ist, wenn die Person nicht mehr andere gefährdet oder sich selbst verletzt.“ Die Schwere der Erkrankung ist dann aber noch nicht abgeklungen. „Man ist zwar zwei Tage nach der Entlassung ruhig, aber nicht gesund“, so Lenzinger.

Das hat zur Folge, dass manche Patienten alle zwei bis drei Wochen stationär aufgenommen werden müssen, „in der Regel in einem noch schlechteren Zustand“, sagt die Sachverständige. Weil jeder Behandlungsabbruch zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes führe. In der Psychiatrie heißt das Phänomen „Drehtür-Effekt“: Rein in die Klinik, raus aus der Klinik, kurze Zeit zu Hause, wieder rein in die Klinik. Ein Teufelskreis.

In manchen Fällen ist der steigende Bettendruck zu hoch, sagen Expertinnen und Experten. Viele Patientinnen und Patienten können nicht aufgenommen werden, obwohl es nötig wäre. Dazu kommt der Personalmangel in den Spitälern, der die Situation zusätzlich verschärft.

Folgen von psychischen Erkrankungen

Schon bei der Einweisung komme es zu saloppen Interpretationen des Unterbringungsgesetzes. Lenzinger ist überzeugt – oft wäre es ein Leichtes zu argumentieren, „wenn der Patient die Medikamente absetzt, ist er in zwei Tagen wieder in demselben Zustand.“

Hier, so erlebt es die Sachverständige, sei man vorsichtig geworden: „Meines Erachtens wird manchmal zu wenig Rücksicht darauf genommen, wie schwer psychische Erkrankungen sind und wie der Lebenslauf eines Menschen beeinträchtigt wird, wenn er immer wieder stationär aufgenommen und Fixierungen erfahren muss.“

Wie Traumatisierungen vermeiden?

Wie können Traumatisierungen verhindert werden? Langer plädiert für Aufklärung und Reden: „Das ist sowohl psychiatrisch-fachlich als auch menschlich notwendig“, so der Psychiater. Die Nachbesprechung der Unterbringung sieht auch die am 1. Juli 2023 in Kraft getretene Unterbringungsgesetz-Novelle vor.

Es sei unerlässlich, mit dem Patienten so oft zu reden, „bis man das Gefühl hat, er kann die Situation und Maßnahmen zumindest bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen“, sagt Langer. Ein wichtiger Punkt sei auch die Zusammenarbeit mit der nachbetreuenden Organisation – etwa der psychosoziale Dienst oder die niedergelassenen Ärzte.

Auch spezifische Angebote für Traumafolgestörungen seien dringend notwendig, sagt Gänsbacher. Traumafokussierte Psychotherapie werde an den psychiatrischen Abteilungen nicht standardmäßig angeboten. „Man weiß, dass bei Traumatisierungen Psychopharmaka sparsam, traumafokussierte Psychotherapie jedoch umfassend und längerfristig angeboten werden sollte“, so die Patientenanwältin.

„Je weniger Personal, desto mehr Beschränkungen“

Die jüngsten Zahlen für das erste Halbjahr 2023 vom VertretungsNetz zeigen: Im Zeitraum 1. Jänner bis 30. Juni 2023 verzeichnete der Verein in seinem Zuständigkeitsbereich (alle Bundesländer, ausgenommen Vorarlberg) 13.784 Unterbringungen. Die Unterbringungen dauern im Durchschnitt zehn Tage.

Davon kam es bei 4.513 Unterbringungen zu Bewegungsbeschränkungen. Dazu zählen Maßnahmen wie Einsperren in Einzelzimmer, Seitenteile am Bett und Fixierungen, erklärt Bernhard Rappert, Jurist und Fachbereichsleiter Patientenanwaltschaft bei VertretungsNetz. Bei knapp einem Viertel (3.282) der Unterbringungen kam es mindestens zu einer solchen weitgehenden Beschränkung.

Eine Zahl, die in den letzten fünf bis sieben Jahren relativ stabil bleibt. Während der Coronavirus-Pandemie kam es zu einem leichten Anstieg der Beschränkungsmaßnahmen. Als Ursache vermutet Rappert in erster Linie den Pflegekräftemangel auf den Stationen: „Denn was wir sehr wohl wissen, je weniger Personal auf einer Psychiatrie vorhanden ist, umso mehr Beschränkungen gibt es“, so der Jurist.

Links:

VertretungsNetz
Unterbringungsgesetz Österreich (Wikipedia)
Informationen zur Unterbringungsgesetz-Novelle 2022

UMWELT

Bauernverband fordert vom Umweltbundesamt „öffentliche Korrektur“ – Biokraftstoffe: Kritik an „fehlerhaften und veralteten“ Darstellungen

Berlin – Am Ende ihrer Protestwoche fordern die Bauern vom Präsidenten des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner, eine „öffentliche Korrektur“ seiner Bewertung von Biokraftstoffen als Instrument des Klimaschutzes. Die negative Beurteilung des UBA beruhe auf „fehlerhaften und veralteten Darstellungen“, heißt es in einem Schreiben des Generalsekretärs des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, an Messner.

Und weiter: „Das Beharren auf fachlich nicht haltbaren Aussagen schadet der Reputation des UBA und widerspricht dem gesetzlichen Auftrag Ihrer Behörde.“ Die „Welt am Sonntag“ berichtet über das Schreiben vom Donnerstag. Unterzeichnet wurde es auch von den Geschäftsführern von fünf weiteren Branchenverbänden, darunter dem Bundesverband Bioenergie (BBE) und dem Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Die Wirtschaftsvertreter fürchten offenbar den Wegfall eines Absatzmarktes, sollte die Politik den Einsatz von Biokraftstoffen regulatorisch weiter zurückdrängen.

Der Streit hat auch Auswirkungen auf den bislang ungenügenden Beitrag des Autoverkehrs zu den deutschen Klimaschutzzielen. Das Umweltbundesamt hatte die positive Klimabilanz von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse zuletzt in Zweifel gezogen und deshalb auch in ihren jüngsten Bericht über „Umweltschädliche Subventionen in Deutschland“ mitaufgenommen. „Der Anteil von Kraftstoffen auf Basis von Anbaubiomasse sollte weiter sinken und mittelfristig sollte darauf verzichtet werden“, heißt es in dem UBA-Bericht. Die Behörde begründet die Forderung unter anderem mit der Theorie indirekter Landnutzungsänderungen („indirect land use change“, iLUC).

In ihrem Schreiben argumentieren die Verbände, dass die Sichtweise des UBA auf veralteten Daten beruhe und auch vom Weltklimarat der Vereinten Nationen, IPCC, nicht geteilt werde. „Trotz des amtlich und nach internationalen Bilanzierungsvorgaben ermittelten positiven Klimaeffektes widerspricht das Umweltbundesamt (UBA) in Veröffentlichungen zu Biokraftstoffen wiederholt wissenschaftlichen Erkenntnissen der großen Mehrzahl der relevanten Studien und den Bewertungen des Weltklimarates (IPCC)“, kritisieren die Verbände: „Wir halten eine öffentliche Korrektur von fehlerhaften und veralteten Darstellungen zu den indirekten Landnutzungsänderungen durch Biokraftstoffe für dringend geboten.“

In ihrem Protestschreiben weisen die Wirtschaftsverbände nach, dass sich die Behörde bei ihrer negativen Bewertung auch auf eine iLUC-Studie bezieht, die in Wahrheit zum gegenteiligen Schluss kommt: „Sehr geehrter Herr Professor Dr. Messner, es ist nicht nachvollziehbar, warum das UBA ein Zitat verwendet, um eine Position zu belegen, die sich in der zitierten Studie nicht wiederfindet und die darüber hinaus wissenschaftlich stark angezweifelt wird“, heißt es in dem Schreiben: „Es drängt sich der Eindruck auf, dass das UBA mit dem einseitigen pauschalen Befund, Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse seien klimaschädlich und ihre ordnungspolitische Unterstützung sei daher als „umweltschädliche Subvention“ einzustufen, im politischen Meinungsstreit einseitig Stellung bezieht.“

Bauernverband und die Vertreter der Biokraftstoffindustrie fordern von der Behörde eine Neubewertung: „Wir erwarten, dass das UBA falsche und veraltete Aussagen zu indirekten Effekten durch Biokraftstoffe an den aktuellen Stand der Wissenschaft anpasst, so wie sie vom IPCC und anderen führenden Wissenschaftlern und Organisationen abgebildet werden.“

Sinnvolle Maßnahme: 200 Hektar Schilf in Brand gesetzt in Jois, Burgenland, Bezirk Neusiedl

Am Samstag hat bei Jois (Bezirk Neusiedl am See) im Schilfgürtel des Neusiedler Sees eine Brandschutzübung stattgefunden. 200 Hektar Schilf wurden kontrolliert abgebrannt. Hunderte Einsatzkräfte nahmen an der Übung, die auch wissenschaftlich begleitet wurde, teil.

Rund 400 Einsatzkräfte und Behördenvertreter, davon rund 300 Feuerwehrmänner und -frauen nahmen an der Übung teil – zu Land, zu Wasser und in der Luft. Ziel der Übung am Neusiedler See war es, Erfahrungen zu gewinnen und die präventiv getroffenen Maßnahmen in der Praxis zu testen. Es sei wichtig zu wissen, wie der Brandschutz funktioniere, so Bezirksfeuerwehrkommandant Anton Kandelsdorfer. „Wir haben verschiedene Schneisen hier reingeschnitten, damit wir wissen, wo Gebäude sind, wie weit man das Schilf roden muss im Vorfeld, dass dann im Ernstfall auch die Feuerwehr hier vernünftig eingreifen kann“, so Kandelsdorfer.

Von Wissenschaftlern beobachtet

Seit Mitte der 1990er Jahre ist das Abbrennen von Altschilf eigentlich verboten, der Klimawandel und die Überalterung des Schilfgürtels machen aber ein Umdenken erforderlich – auch seitens der Politik. „Wir erwarten uns auch wissenschaftliche Erkenntnisse – vor allem was die Schadstoffbelastung in der Luft betrifft“, so Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf (SPÖ).

Matthias Neumann von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) etwa war mit unterschiedlichsten Messgeräten an Ort und Stelle im Einsatz: „Eine wichtige Erkenntnis wird sein, wie viel von dem Schilf durch das Feuer freigesetzt wird und wie viel Kohlenstoff dadurch freigesetzt wurde. Das ist eine wichtige Frage. Die zweite wird sein, wie schnell hat sich das Feuer ausgebreitet und wie steht es mit Windbedingungen, wie hängt es mit der Feuchte des Brandgutes zusammen“, so Neumann.

Feuer kann der Natur helfen

Da der See immer seltener zufriert, ist der Schilfschnitt schwieriger geworden. Umwelt- und Tierschutzorganisationen, wie WWF und BirdLife empfehlen schon länger ein kontrolliertes Brandmanagement – mehr dazu in Schilfbrand: Umweltanwalt sieht positiven Effekt. Auch Eisenkopf betonte, dass sie sich hier schon seit Längerem für eine entsprechende Gesetzesänderung auf Bundesebene einsetze.

Die Brandschutzübung in Jois ging jedenfalls ohne Komplikationen über die Bühne, seitens der Behörden und Feuerwehren gab man sich zuversichtlich, für den Ernstfall gerüstet zu sein.

red, burgenland.ORF.at

„Wichtige Erneuerung für das Schilf“

Aus Sicht des Naturschutzes sei davon auszugehen, dass der Zeitpunkt des Brandes gerade noch „günstig“ gewesen sei. Das Abbrennen von Schilf sei eigentlich grundsätzlich aus naturschutzfachlichen Gründen „etwas sehr positives“, so Graf. „Das hört sich vielleicht im ersten Moment etwas komisch an, aber es ist für das Schilf wichtig, dass es erneuert wird. Gerade diese alten Schilfbestände haben so eine gute Startgelegenheit sich zu erneuern“, so Graf.

Schilf als „Kläranlage des Sees“ sehr wichtig

Das abgebrannte Schilf wirkt sich positiv auf den Erneuerungsprozess der Pflanzen aus. Generell sei das Schilf als „Kläranlage“ ein wichtiger Faktor für den Erhalt des Steppensees. „Das Schilf ist nicht nur als Lebensraum extrem wertvoll, sondern auch für das Seewasser. Gerade dieses Hineinspülen des Seewassers und das langsame Durchsickern hat eine ganz wichtige Klärfunktion und man spricht wirklich von der Kläranlage des Sees“, so Graf.Auf den abgebrannten Schilfflächen werde laut Graf heuer frisches Schilf nachwachsen und die Schilferneuerung tue Tier- und Planzenwelt sehr gut.

BILDUNG – UNIVERSITÄTEN

Neue Uni in Linz: Späte Zweifel aus dem Kanzleramt

Mit der neuen Universität in Linz will die Regierung in der Hochschullandschaft „neue Wege“ beschreiten. Im Gegensatz zu den anderen öffentlichen Unis fällt das Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) nicht unter das Regime des Universitätsgesetzes. Die Uni erhält einen eigenen Rechtsrahmen. In der Begutachtung war die Kritik enorm – eine Woche später legte der Verfassungsdienst nach.

In der Stellungnahme, die ORF.at und dem Ö1-Journal um acht vorliegt, äußert der Rechtsdienst im Kanzleramt verfassungsrechtliche Zweifel am Gesetz. Hintergrund ist, dass das IDSA zwar als öffentliche Universität geführt werden soll, aber die Regeln deutlich von jenen der anderen öffentlichen Unis abweichen. Aktuell befindet sich das IDSA im Science Park der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz, später soll die neue Uni auf Flächen neben dem JKU-Campus Platz finden.

Während der offiziell sechswöchigen Begutachtungsphase gab der Verfassungsdienst keine Stellungnahme ab, was in Fachkreisen als „ungewöhnlich“ bezeichnet wurde. Aus dem Bundeskanzleramt hieß es auf ORF.at-Anfrage, dass der Rechtsdienst das Wissenschaftsressort um eine Fristerstreckung bis 15. Jänner ersucht hat. Die Gründe für die Verlängerung wurden nicht genannt.

Politeinfluss auf Autonomie der Uni

In dem 30 Seiten langen Papier weist der Verfassungsdienst auf mögliche Widersprüche, Mängel und Unklarheiten hin. So wird etwa die Begründung, warum die Rechtsbeziehung zwischen Studierenden und Uni privatrechtlicher Natur sein soll, als „lapidar“ bezeichnet. Die Fachleute sehen zudem eine „hohe Machtkonzentration“ bei der Spitze der Uni, gleichzeitig entfalle wegen der Einzelspitze eine „gewisse wechselseitige Kontrolle“. Auch hier fehlt eine Begründung.

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KASTENTEXT: Hochschulnetz

Österreich hat mit 22 öffentlichen Universitäten und 21 Fachhochschulen ein dichtes Hochschulnetz. Hinzu kommen die Privatuniversitäten und die Pädagogischen Hochschulen.

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Auch die gesetzlichen Regelungen für das zum Teil politisch besetzte Kuratorium stoßen auf verfassungsrechtliche Bedenken. Das Gremium ähnelt zwar dem Universitätsrat bei den restlichen Unis, aber „die politische Komponente“ des Unirats habe im Vergleich zum Kuratorium eine „deutlich geringere Durchschlagskraft auf inneruniversitäre Entscheidungen“. Dadurch und wegen des Bestellungsmodus habe die Regierung einen „signifikanten Einfluss“ auf Sachfragen, die „den Kern der universitären Autonomie betreffen“.

Der neuen Uni soll es möglich sein, Studienbeiträge einzuheben. Diese sollen sozial verträglich sein. Der Verfassungsdienst erinnert an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach der Gesetzgeber über Studienbeiträge zu entscheiden hat. Ohnehin sei es „fraglich“, ob die „mit weithin unbestimmten Begriffen erfolgte Umschreibung“ im Uni-Linz-Gesetz der Verfassung entspricht.

Finanzressort: „Stellungnahme nicht notwendig“

Die Finanzierung der Uni werden von Land Oberösterreich und vom Bund getragen. Das Finanzministerium gab aber keine Stellungnahme ab. „Das Finanzministerium war dazu in direktem und gutem Austausch mit dem Wissenschaftsministerium. Angesichts dieser konstruktiven Gespräche war eine öffentliche Stellungnahme nicht mehr notwendig“, hieß es auf ORF.at-Anfrage aus dem Ressort.

Die neue Uni in Linz, die künftig unter der Marke Interdisciplinary Transformation University Austria geführt werden soll, wurde im Sommer 2020 vom damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigt. Man sprach damals von einem „Leuchtturm“, der auch als Modell für die Zukunft gegolten hat. Wegen der Landtagswahl in Oberösterreich ortete die Opposition ein Wahlzuckerl.

Das aktuelle Gesetz soll Mitte des Jahres das alte Gesetz, mit dem die Uni gegründet wurde, ersetzen. In der Begutachtung hagelte es Kritik an der „Sonderkonstruktion“. Das Wissenschaftsministerium hatte zu Beginn der Woche gegenüber ORF.at mitgeteilt, dass man die breite Debatte begrüße. Änderungen seien zwar möglich, man will aber die Absicht, „wirklich Neues entstehen“ zu lassen, weiterverfolgen.

Jürgen Klatzer, ORF.at

Dieser Beitrag begleitet die Sendung Ö1-Journal um acht, 14. Jänner 2024.

Links:

MEDIEN – IT

RECHT

GESELLSCHAFT – RELIGION

Neuer Ländervergleich: In Ostdeutschland gehen deutlich mehr Kleinkinder in die Kita

Berlin – In Ostdeutschland werden deutlich mehr Kleinkinder in Kindertagesstätten betreut als im Westen des Landes. Das geht aus dem Monitoringbericht 2023 des Bundesfamilienministeriums für rund 60.000 Kindertageseinrichtungen hervor, über den die „Rheinische Post“ in ihrer Samstagausgabe berichtet.

Insgesamt gehen demnach bundesweit gut 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren in die Kita. In westdeutschen Bundesländern waren es mit einem Anteil von knapp 32 Prozent weiterhin deutlich weniger als in ostdeutschen Ländern mit gut 53 Prozent. Beim Betreuungsschlüssel sieht es anders aus: Hier steht Baden-Württemberg am besten da. Eine pädagogische Fachkraft betreute dort im Schnitt drei Kinder unter drei Jahren. In Mecklenburg-Vorpommern ist wiederum eine Person für fast sechs Kinder zuständig – das ist das bundesweit ungünstigste Verhältnis.

Insgesamt verbesserte sich die Qualität in den Kitas im Vergleich zu den Vorjahren leicht. Bundesweit betreute in den Kitas bei den unter Dreijährigen etwa eine Person vier Kinder. Bei den älteren Kindern bis zum Schulantritt waren es weniger: Eine pädagogisch tätige Person war hier für fast acht Kinder verantwortlich. Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund lag der Untersuchung zufolge bundesweit im Schnitt bei gut 29 Prozent – zwei Drittel von ihnen hatten Deutsch nicht als Muttersprache.

Ministerin Lisa Paus (Grüne) sagte, frühkindliche Bildung sei „ein zentrales Element, wenn es darum geht, Bildungserfolg und familiäre Herkunft zu entkoppeln“. Auch mit Blick auf den Fachkräftemangel und die Folgen der Corona-Pandemie seien „Investitionen im Kita-Bereich so wichtig wie nie“. Sie betonte: „Auch über 2024 hinaus gibt es Handlungsbedarf.“ Für die Studie wurden Daten von Kitas im Jahr 2022 erhoben. Damals sind etwa 3,5 Millionen Kinder bundesweit in den Tagesstätten betreut worden.

RUSSLAND – UKRAINE

Newsticker

DIE NACHT IM ÜBERBLICK – Ukraine

Nicht eingelangt – stattdessen:

Ukraine wirft Russland verbotenen Einsatz von Tränengas vor – ORF. 14.1.2024, 8:55

Die Ukraine wirft Russland den gehäuften Einsatz von verbotenem Tränengas gegen ukrainische Soldaten in ihren Stellungen vor. Seit Beginn des Krieges vor fast zwei Jahren seien 626 Fälle gezählt worden, teilte der ukrainische Generalstab am Wochenende mit.

In den ersten Jänner-Tagen 2024 seien es 51 Fälle gewesen, mit steigender Tendenz von bis zu zehn Angriffen am Tag. Granaten mit dem Reizgas CS (2-Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril), das vielerorts auch von der Polizei bei Krawallen verwendet wird, würden von Drohnen abgeworfen oder von Artillerie verschossen.

Im Krieg verboten

Im Krieg ist der Einsatz von Tränengas durch die Chemiewaffenkonvention, die auch Moskau unterzeichnet hat, verboten. Unabhängige Bestätigungen für die ukrainischen Angaben gibt es nicht. Das US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW) griff die Informationen in einem Bericht auf, nannte aber keine zusätzlichen Quellen.

Das britische Russland-Forschungsinstitut RUSI hatte im Juni 2023 über den möglichen Einsatz von Reizgas durch russische Truppen geschrieben, gestützt auf einen Bericht im staatlichen russischen Fernsehen. Weil die ukrainischen Soldaten ihre ABC-Schutzausrüstung gegen atomare, biologische und chemische Waffen hätten, könne ihnen das Tränengas nicht viel anhaben, analysierte das Institut. Das Tragen der Masken sei aber hinderlich beim Kämpfen, es erschwert etwa die Atmung bei körperlicher Anstrengung deutlich.

Finanznachrichten – Ukraine


Weitere Meldungen – Ukraine

Reportage

Asylsuchende an Grenze: Finnland wirft Kreml „hybride Attacken“ vor – ORF, 13.1.2024, 18:09

Finnland fürchtet neue „hybride Attacken“ Russlands. Gemeint ist, dass der Nachbarstaat gezielt Migrantinnen und Migranten an die finnische Grenze schleuse, um Finnland zu destabilisieren. Zuletzt wurde eine Gruppe iranischer Männer an der Grenze aufgegriffen, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitag berichtete.

Am Donnerstag seien elf iranische Männer an der geschlossenen Grenze in der Gegend von Lappeenranta im Südosten Finnlands angehalten worden, zitierte Bloomberg eine Erklärung des finnischen Grenzschutzes am Freitag. Am Mittwoch seien vier Personen im Gebiet Parikkala, ebenfalls im Südosten des Landes, aufgegriffen worden. Alle hätten bei ihrer Festnahme um Asyl angesucht, hieß es.

Weiterhin hielten sich Asylsuchende in der Grenzgegend auf, die auf eine Öffnung der Grenze warteten, erklärte das Innenministerium. Die Regierung in Helsinki betrachtet den sprunghaften Anstieg von Asylsuchenden, die über unwegsames Gelände an die Grenze gelangen, als eine von Moskau inszenierte Bedrohung seiner nationalen Sicherheit. Asylsuchende würden zu den Kontrollpunkten geführt, ohne die erforderlichen Papiere bei sich zu haben.

Helsinki: „Sehr wahrscheinlich“

Die Landesgrenze mit Russland erstreckt sich über 1.340 Kilometer und ist aufgrund ihrer Länge schwer zu überwachen, obwohl dichter Wald auf beiden Seiten und eine hohe Schneedecke ein Überqueren ohnehin erschweren. „Nach den Informationen der Sicherheitsbehörden ist es sehr wahrscheinlich, dass Russland seine ‚hybriden Attacken‘ wieder aufnimmt und ausbaut“, sagte die finnische Innenministerin Mari Rantanen am Donnerstag.

Seit August seien fast 1.000 Asylsuchende von Russland aus an die finnische Grenze gekommen, viele aus Kenia, Marokko, Pakistan, Somalia, Syrien und dem Jemen. Im November hatte Finnland deshalb bereits einige Grenzübergänge geschlossen. Später machte das Land seine komplette Ostgrenze zu Russland dicht.

Frage der „nationalen Sicherheit“

Als im Dezember zwei Grenzübergänge kurzzeitig wieder geöffnet wurden, reisten dem Grenzschutz zufolge innerhalb zweier Tage mehr als 300 Asylsuchende von Russland aus ein. Finnland schloss die Grenze nach wenigen Tagen wieder ganz – zunächst bis 15. Jänner. Am Donnerstag zog die Regierung die Konsequenz aus den jüngsten Aufgriffen von Asylsuchenden und verlängerte die Grenzschließung um weitere vier Wochen.

Alle acht Grenzübergänge zu Russland bleiben nun bis 11. Februar geschlossen. „Die nationale Sicherheit ist für Finnland eine entscheidende Frage, sie geht über alles“, sagte Rantanen. Die Regierung suche nach „alternativen Wegen“, um der „hybriden Einflussnahme“ Russlands ein Ende zu setzen, so Rantanen. Asylsuchende, die in finnischen Häfen und Flughäfen ankommen, können aber weiterhin Asylanträge stellen.

Kreml dementiert

Russland hatte schon im vergangenen Jahr bestritten, absichtlich Asylsuchende nach Finnland zu schleusen. „Wir lassen derartige Anschuldigungen nicht gelten“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. „Grenzübergänge werden von denen genutzt, die das Recht dazu haben“, fügte er hinzu. Die finnischen Vorwürfe bezeichnete als „an den Haaren herbeigezogen“.

Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern haben sich seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 deutlich verschlechtert. Im April war Finnland nach jahrzehntelanger Bündnisneutralität der NATO beigetreten. Der Kreml verurteilte den Beitritt zu dem westlichen Militärbündnis als „Angriff auf die Sicherheit“ Russlands und kündigte „Gegenmaßnahmen“ an.

Leichte Holzzäune

Bisher sind die finnischen Grenzen vornehmlich mit leichten Holzzäunen gesichert, die vor allem Viehbestände im Land halten sollen. Das Land mit 5,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern erbaut aber derzeit einen 200 Kilometer langen Zaun entlang eines Teils der finnisch-russischen Grenze. Er soll im Jahr 2026 fertiggestellt sein.

satt, ORF.at/Agenturen

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BAHA NEWS – Ukraine

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ISRAEL – HAMAS

Newsticker

DIE NACHT IM ÜBERBLICK – Israel

Nicht eingelangt – stattdessen:

Massenproteste für Freilassung der Gaza-Geiseln in Israel – ORF, 14.1.2024, 7:37

Bei einer Massenkundgebung in Israel zum 100. Kriegstag im Gazastreifen haben nach Angaben der Organisatoren etwa 120.000 Menschen auf das Schicksal der in Gaza festgehaltenen Geiseln aufmerksam gemacht.

Familienangehörige brachten bei der gestern Abend in Tel Aviv veranstalteten Kundgebung ihre Frustration über die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zum Ausdruck, wie die Onlinezeitung Times of Israel berichtete. Sie warfen seiner Regierung vor, nicht genug zu tun, um die im Gazastreifen weiter festgehaltenen Geiseln nach Hause zu holen. Die Zeit für ihre Rettung laufe ab. Die Kundgebung soll bis heute Abend dauern.

Bisher 105 Geiseln freigelassen

Mit heute dauert der Krieg in dem von Israel abgeriegelten Küstengebiet am Mittelmeer genau 100 Tage. Auslöser war der Angriff der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Gruppen auf Israel am 7. Oktober. Mehr als 1.200 Menschen wurden dabei getötet und etwa 250 weitere in den Gazastreifen verschleppt.

Israel reagierte mit starken Luftangriffen und einer anschließenden Bodenoffensive. Während einer Feuerpause wurden im November 105 Geiseln freigelassen, im Gegenzug für 240 palästinensische Häftlinge. Immer wieder wird wegen der vielen zivilen Opfer auch Kritik an Israel laut.

Netanjahu erklärte, man werde den Krieg fortsetzen, bis die Hamas zerstört und alle Geiseln zurückgeholt seien. Der Generalstabschef der Armee, Herzi Halevi, sagte, der militärische Druck müsse aufrechterhalten werden, um die Geiseln freizubekommen.

Finanznachrichten – Israel

Weitere Meldungen – Israel  

Reportage

Hamas-Angriff auf Israel: 100 Tage Krieg in Gaza – ORF, 13.1.2024, 23:30

Vor 100 Tagen haben Kämpfer der radikalislamischen Hamas Israel in einem beispiellosen Überfall angegriffen. Seither herrscht Krieg im Gazastreifen. Es ist der bisher längste und tödlichste zwischen Israel und den Palästinensern seit der Gründung Israels im Jahr 1948. Ein Ende der Kämpfe in Nahost ist nicht abzusehen.

Israel erklärte den Krieg als Reaktion auf den grenzüberschreitenden Angriff der Hamas am 7. Oktober, bei dem die militante islamische Gruppe etwa 1.200 Menschen, überwiegend Zivilpersonen, getötet und etwa 250 weitere als Geiseln genommen hatte.

Israel reagierte daraufhin mit wochenlangen intensiven Luftangriffen im Gazastreifen, bevor es die Operation zu einer Bodenoffensive ausweitete. Ziel ist es nach den Angaben Israels, die Hamas zu zerschlagen und die Freilassung der bis dato noch über 100 Geiseln zu erreichen, die sich nach wie vor in der Gewalt der Hamas befinden.

Angehörige protestieren

Die Angehörigen der Geiseln kämpfen weiter für deren Freilassung. Plakate der Entführten säumen immer noch Straßen, die Menschen tragen T-Shirts mit der Aufforderung „Bringt sie nach Hause“. Das Forum der Geiselfamilien errichtete im Zentrum von Tel Aviv den Nachbau eines kurzen Tunnelstücks. In derartigen Anlagen unter der Erde soll die Hamas Berichten zufolge die Geiseln gefangen halten. Am Samstag gingen in Tel Aviv Tausende Menschen für die Freilassung der Hamas-Geiseln auf die Straße. Solidaritätsdemos gab es weltweit, auch Demos für das Ende der Gewalt in Gaza.

Eine gewaltsame Befreiung der Verschleppten durch das israelische Militär gilt Berichten zufolge als nahezu undurchführbar. Die von der Hamas angelegten Tunnel durchziehen demnach auf Hunderten Kilometern den gesamten Gazastreifen. Den Kämpfern der islamistischen Organisation dienen sie als unterirdische Kommandozentralen, Rückzugs- und Lagerräume sowie Transportwege. Die Angehörigen der Geiseln knüpfen ihre Hoffnungen an eine Verhandlungslösung.

Große Zerstörung im Gazastreifen

Die Offensive Israels richtete im Gazastreifen große Zerstörung an. Doch mehr als drei Monate später ist die Hamas immer noch weitgehend intakt. Die Gesundheitsbehörden der Hamas geben an, dass die Zahl der Todesopfer bereits 23.000 überschritten habe, was etwa einem Prozent der Bevölkerung des Gazastreifens entspricht. Tausende weitere werden vermisst. Hinzu kommen weitere Tausende Verletzte.

Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung wurden vertrieben: Zehntausende von Menschen mussten in spärliche Zeltlager im südlichen Gazastreifen flüchten, die ebenfalls unter israelischen Beschuss geraten.

Die Vereinten Nationen schätzen, dass etwa ein Viertel der Bevölkerung des Gazastreifens an Hunger leidet. Nur 15 der 36 Krankenhäuser im Gazastreifen sind nach Angaben der UNO teilweise funktionsfähig, sodass das medizinische System kurz vor dem Zusammenbruch steht. Kinder haben monatelang die Schule verpasst und haben keine Aussicht auf eine Rückkehr zum Unterricht. Schätzungen zufolge wurden etwa die Hälfte der Gebäude im Gazastreifen auf der Grundlage von Satellitenanalysen beschädigt oder zerstört.

Das UNO-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) bekräftigte am Samstag daher seinen Appell für eine humanitäre Feuerpause. „Massenhafter Tod, Zerstörung, Vertreibung, Hunger, Verlust und Trauer haben in den letzten 100 Tagen die von uns allen geteilte Menschlichkeit befleckt“, schrieb das Netzwerk in einer Erklärung.

Spannungen in gesamten Nahen Osten

Der Konflikt weitete sich mittlerweile auf den gesamten Nahen Osten aus und droht zu eskalieren. Fast unmittelbar nach dem Hamas-Angriff begannen die vom Iran unterstützten Hisbollah-Kämpfer im Libanon, Israel anzugreifen, was israelische Vergeltungsangriffe zur Folge hatte.

Zuletzt hatte es einen Luftangriff am 2. Jänner gegeben, für den Israel verantwortlich gemacht wird und bei dem ein hoher Hamas-Funktionär in Beirut getötet wurde. Die Hisbollah antwortete mit schwerem Beschuss auf israelische Militärstützpunkte, während Israel mehrere Hisbollah-Kommandeure bei gezielten Luftangriffen tötete.

Gleichzeitig verübten die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen eine Reihe von Angriffen auf zivile Frachtschiffe im Roten Meer. Unterdessen griffen vom Iran unterstützte Milizen US-Streitkräfte im Irak und in Syrien an. Die USA sandten Kriegsschiffe ins Mittelmeer und ins Rote Meer, um die Gewalt einzudämmen. Am späten Donnerstag bombardierten das US-amerikanische und das britische Militär mehr als ein Dutzend Ziele der Huthis im Jemen. Diese begannen bereits mit Vergeltungsschlägen.

Netanjahu fest im Sattel

Der Anschlag vom 7. Oktober traf Israel mit voller Wucht und erschütterte auch das Vertrauen vieler Israelis in ihre Führung. Während sich ein paar israelische Sicherheitsbeamte entschuldigten, die Gefahr eines Überfalls der Hamas nicht richtig eingeschätzt zu haben, und bereits signalisierten, nach dem Krieg zurückzutreten, scheint Premierminister Benjamin Netanjahu fest im Sattel.

Auf einer Pressekonferenz am Samstag kündigte er an: „Niemand wird uns aufhalten.“ „Es ist möglich und notwendig, bis zum Sieg weiterzumachen, und das werden wir tun“, sagte der Regierungschef. Ihm wird von Kritikerinnen und Kritikern vorgeworfen, er habe während seiner gesamten Amtszeit die Palästinenser ignoriert. Mehrere tausend Menschen demonstrierten am Samstag in Tel Aviv für den Rücktritt Netanjahus.

Friedensinitiativen lehnte der Regierungschef schon vor dem 7. Oktober ab. Stattdessen hatte er versucht, die Beziehungen zu anderen arabischen Ländern zu normalisieren, in der Hoffnung, die Palästinenser unter Druck zu setzen. Kurz vor dem 7. Oktober prahlte Netanjahu noch mit seinen Bemühungen, Beziehungen zu Saudi-Arabien zu knüpfen.

Ausgang ungewiss

Pläne für die Nachkriegszeit werden heute nur selten erwähnt – und wenn, dann von den USA. Diese wollen eine wiederbelebte Palästinensische Autonomiebehörde, die den Gazastreifen regiert, sowie Schritte in Richtung einer Zweistaatenlösung. Israel ist dagegen und will eine langfristige Militärpräsenz in Gaza aufrechterhalten. Doch die USA sind gegen eine Besetzung des Gazastreifens durch Israel.

Erst vor wenigen Tagen lehnte Israel einen von Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) geforderten Stopp des Militäreinsatzes gegen die Hamas strikt ab. Auch den Vorwurf des Völkermordes in Gaza wies das Land entschieden zurück. Der Wiederaufbau der Region wird jedenfalls noch viele Jahre dauern, die Aufarbeitung des Leides auf allen Seiten ebenfalls.

vogl, ORF.at/Agenturen

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BAHA NEWS – Israel

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