Tagesblick – 4.1.2023 Donnerstag

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FAZIT DES TAGES

Israel- HAMAS-Krieg
* Sorge wegen erhöhter Spannungen in Nahost: Anschlag im Iran, Tötung von Aruri, des Vize-Leiters des Politbüros der HAMAS
* Hisbollah-Chef Nasrallah warnt Israel: Tötung „wird nicht ohne Reaktion und Bestrafung bleiben“
* Nasrallah ohne direkt Drohung gegenüber Israel: „Wenn der Feind einen Krieg gegen den Libanon beginnt, werden wir uns an keine Regeln mehr halten … Wir haben keine Angst vor dem Krieg und wir zögern nicht.“
* Israel hat weiterhin keine Verantwortung für die Tötung von Al-Aruri übernommen.
* Aruri vermutlich an Planung des verheerenden Terroranschlags am 7. Oktober im israelischen Grenzgebiet beteiligt baute engere Verbindungen der Hamas mit der Hisbollah sowie dem Iran auf.
* Libanon: Wollen nicht in einen Krieg gezogen werden, libanesischer Minister: „Wir sind sehr besorgt, die Libanesen wollen nicht hineingezogen werden, selbst die Hisbollah möchte nicht in einen regionalen Krieg hineingezogen werden“
* Experten: weder Iran noch Hisbollah haben ein Interesse an umfassender Konfrontation, „besonders angesichts der starken US-Präsenz in der Region“, Hisbollah verfüge nicht über die Mittel für umfassenden Konflikt mit Israel
* Irans Raisi kündigte nach Anschlag eine entschiedene Reaktion an, gab aber niemandem Schuld für den Anschlag. Raisi: „Mit Gottes Erlaubnis wird die Hand der göttlichen Rache zur rechten Zeit und am rechten Ort erscheinen“
* Donnerstag: Nach den Explosionen im Iran geht die Suche nach den Tätern weiter. Andauern der Kämpfe im Gazastreifen, Lage der Zivilisten weiterhin katastrophal.

Ukraine-Krieg
* Großer Gefangenenaustausch in der Ukraine nach 22 Monaten Pause: 230 ukrainische Männer und Frauen kehrten aus russischer Gefangenschaft zurück. 248 russische Gefangene wurden in ihre Heimat entlassen.
* Ukraine holte bereits 2828 ihrer Bürger aus russischer Gefangenschaft zurück, über 4000 Ukrainer noch in russischer Gefangenschaft.
* Russland fuhr sein nächtlichen Luftangriffe auf die Ukraine fort.
* Luftalarm in der ostukrainischen Großstadt Charkiw
* Russische Kampfdrohnen bedrohten ukrainische Gebiete im Süden und Westen.
* Energieversorger rechnet nicht mit Zusammenbruch des Stromnetzes
* Bessere Stromversorgung für besetztes AKW Saporischschja: auf Drängen der IAEA richteten laut IAEA die russischen Betreiber ein Notstrom-System ein.
* Donnerstag: weitere russische Angriffe an der Front im Osten und Süden erwartet. Schwerpunkt der Kämpfe dürfte weiter die Stadt Awdijiwka im Donbass sein, die dicht an der von Russland kontrollierten Großstadt Donezk liegt.

MÄRKTE
* Erwartete kräftige Konsolidierung ist eingetreten: geordneter Rückzug, keine Panik

ZENTRALBANKEN – AUFSICHTSBEHÖRDEN
* US-Notenbank: Geldpolitik sollte noch für einige Zeit restriktiv bleiben
* EZB: Weniger Geldnachfrage der Banken als in der Vorwoche
* EZB testet Reaktion von Banken auf erfolgreichen Cyber-Angriff
* FMA: Zahl unseriöser Anbieter auf dem österreichischen Finanzmarkt nimmt zu – Warnung vor Betrug mit „Promi-Schmäh“

INTERNATIONAL
* Seefrachtkosten steigen nach Angriffen im Roten Meer
* Internationale Schifffahrts-Organisation: 18 Firmen meiden Rotes Meer
* WTO-Chefökonom warnt vor Deglobalisierung – Welt am Scheideweg
* ANALYSE: Zivilluftfahrt 2023 sicherer – Risiken in Russland
* ANALYSE: Halbe Welt wählt: Demokratien 2024 auf dem Prüfstand

AMERIKA
* USA: Industriestimmung verbessert sich etwas stärker als erwartet
* Zahl offener US-Stellen im November niedriger als erwartet
* Streit um Teilnahme an US-Vorwahl: Trump wendet sich an Supreme Court
* ANALYSE: Trump sucht Hilfe bei Oberstem US-Gericht – Kläger, Trumps Team, Beobachter nehmen Stellung – 15. Januar: Für Trump wird die Zeit knapp
* Regieren per Dekret unzulässig: Gericht stoppt Arbeitsmarktreformen von Argentiniens Präsident Milei – Gewerkschaften klagten

ASIEN
* Erneut chinesische Ballons über Taiwan – Wahl möglicher Grund

NAHER UND MITTLERER OSTEN
* 103 Tote nach Anschlag am Todestag von iranischem General
* Israels Oberstes Gericht: Gesetz zur Amtsenthebung gilt erst später, da „auf eine Person“ zugeschnitten

EUROPA
* Frankreich: Inflation steigt wieder über 4 Prozent
* Migration im Fokus: Ungarn gibt Deutschland Mitschuld für zunehmende Terrorgefahr
* Tschechien verlängert Grenzkontrollen zur Slowakei

DEUTSCHLAND
* Regen lässt in Hochwassergebieten nach – Entspannung in Sicht, aber Deiche in prekärer Verfassung
* Studie: Mehrheit der Menschen rechnet mit wirtschaftlicher Verschlechterung 2024
* Wohnungsbau-Krise wird sich 2024 wahrscheinlich verschärfen
* DIW: Hochwasserkatastrophe zeigt Unsinnigkeit der Schuldenbremse
* Gemeindebund sieht ‚keinen Anlass‘ für Aussetzung der Schuldenbremse
* Nahles: Mehrheit der Arbeitslosen sucht nur Helferjobs (Hilfsarbeiter-Stellen)
* Bundesagentur: Verfestigte Arbeitslosigkeit bei Minderqualifizierten
* Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung zum Jahresende gestiegen
* 2023 erneut Rekorderlös aus Emissionshandel: 18,4 Milliarden Euro
* Studie: Rentner leben im Osten besonders günstig
* Debatte um AfD-Verbotsverfahren geht weiter
* PRESSESTIMMEN: Wirtschaftslage, Fachkräftemangel, Lokführergewerkschaft
* ANALYSEN: Verbraucher in der Preisfalle? Inflation sinkt nur langsam – COMMENT
* ANALYSE: Deutsche Bahn in der Kritik (Telepolis)

ÖSTERREICH
* ÖVP-Wien-Chef Mahrer: „Kickl ist ein Sicherheitsrisiko“
* Rendi-Wagner bewirbt sich für ECDC-Spitzenjob
* Regierung will Kostenersatz für Volksbegehren reformieren
* Justizministerium legte Weisungsbericht 2021 vor
* CO2-Steuer, PV-Anlagen: 2024 bringt neue Klimamaßnahmen
* Fundamt: Nur Drittel aller Fundsachen wird abgeholt
* UNTERNEHMEN: Porr baut Hotel am Flughafen Berlin
* UNTERNEHMEN: grüne Investitionen der OMV in Rumänien

MEDIZIN
* Verbraucherzentrale: Kinder endlich vor Werbung für Süßes und damit ernährungsbedingten Krankheiten schützen
* Wichtige Medikamente fehlen in Deutschland: Infektionswellen verschärfen Arznei-Engpässe
* Grippewelle in Deutschland hat begonnen – RKI rät zur Impfung
* Neue Polymere töten resistente Bakterien ab – „AquaMet“ von US-Wissenschaftlern zerstört Membranen von Krankheitserregern hocheffektiv
* Umfrage: Ältere Menschen trinken zu wenig Wasser – Lieblingsgetränke in Deutschland – COMMENT
* Komasaufen: Tausende Jugendliche in Kliniken behandelt

UMWELT
* Denkfabrik: Treibhausgas-Ausstoß auf niedrigstem Wert seit 1950ern – Wirtschaftliches Ausnahmejahr 2023 trug dazu bei
* Klimaforscher: in Deutschland wird Hochwasser mit dem Klimawandel immer häufiger
* Rote Liste in Deutschland: Forelle nun als gefährdet eingestuft – Insgesamt 21 Arten hochgestuft

BILDUNG
* Lehrerverband fordert bessere Möglichkeiten für Unterricht mit KI

MEDIEN – IT – KOMMUNIKATION
* ‚Focus‘ ändert Erscheinungstag und plant kostenpflichtigen Newsletter
* Ende der Telefonie: Stirbt das Telefongespräch aus? – Kurier, 2.1.2024
* Warum den Jungen die Lust am Telefonieren vergeht – Kurier, 28.8.2023
* Ruf! Mich! Nicht! An! Warum Millennials so ungern telefonieren

GESELLSCHAFT – ANTHROPOLOGIE
* Umfrage: Ärzte und Polizei genießen das größte Vertrauen
* Sozialleben: Schon erste Primaten lebten als Paare

HELLMEYER

  • Märkte: „Rot“ dominiert!
  • Deutschland: CO2 Ausstoß auf tiefstem Stand seit circa 70 Jahren
  • Deutschland: Kommunen sprechen von prekärer Finanzlage

MÄRKTE

Märkte: „Rot“ dominiert!

Die Finanzmärkte wanden sich überwiegend in „Rot“. Das Datenpotpourri sendete keine klaren

Signale. In den USA enttäuschten der JOLTS-Report und der MBA-Index. Von Seiten der

Einkaufsmanagerindices gab es in den USA und Japan zarte positive Signale, aus China stärkere

positive Entwicklungen (siehe Datenpotpourri).

Das Protokoll der letzten Sitzung der Fed lieferte keine neuen Erkenntnisse. Die verschärfte Lage in Nahost (Terroranschlag im Iran) belastete.

An den Aktienmärkten kam es zu Einbußen. Der Late-DAX verlor 1,30%, der EuroStoxx 50 um

1,18%. Der S&P 500 sank um 0,85%, der Dow Jones um 0,81% und der Citi Tech 100 um 1,20%. In

Fernost verloren der Nikkei (Japan) Stand 06:53 Uhr 0,63%, der CSI 300 (China) 1,34%, der

Hangseng (Hongkong) 0,64% und der Kospi (Südkorea) 0,86%, während der Sensex (Indien) um

0,65% zulegte.

An den Rentenmärkten kamen Renditen unter Druck (Aspekt Sicherheit). Die 10 jährige Bundesanleihe rentiert mit 2,00% (Vortag 2,07%)), die 10 jährige US-Staatsanleihe mit

3,92% (Vortag 3,96%).

Der USD konnte gegenüber dem EUR (-0,3%), Gold (-1,0%) und Silber

(-3,04%) an Boden gewinnen.

Fazit: Liquiditäts- und Sicherheitspräferenz sind dominant.

Berichte & Analysen – Auswahl

Nachrichten in Kurzform:

• Berlin: Die Bundesagentur für Arbeit erwartet im laufenden Jahr einen Anstieg der

Zahl der Arbeitslosen von mehr als 60.000 (2023 durchschnittlich +191.000).
=> Schauen wir mal …

• Berlin: Laut einer Umfrage von Ernst & Young rechnen 51% der Befragten (1.000

Teilnehmer) mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, 31% mit einer

Stagnation und 15% mit einer Verbesserung.
=> Negativ

• Berlin: DIW-Präsident Fratzscher plädierte gestern für ein Aussetzen der

Schuldenbremse wegen des Hochwassers.
=> DIW, sehr regierungsnah …

• Frankfurt: Die EZB beabsichtigt, in diesem Jahr einen Cyber-Stresstest für die 109

von der EZB beaufsichtigten Banken aufzulegen.
=> Sinnvoll

• London: Innerhalb des staatlichen Gesundheitsdienstes NHS (7,7 Millionen auf

Wartelisten!) haben die Assistenzärzte den längsten Streik ihrer Geschichte

begonnen, um einen Inflationsausgleich (mehrjährig) in Höhe von 35% (Angebot 8%

– 10%) zu erhalten.
=> Kritisch

• Teheran: Im Iran sind bei einem Anschlag während einer Gedenkfeier circa 100

Menschen gestorben.

=> Temperatur in Region „steigt“

Deutschland: Kommunen sprechen von prekärer Finanzlage

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert angesichts steigender Sozialleistungen eine

bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen durch Bund und Länder. Der Kommunen sehen

sich zusätzlich wegen des starken Zuzugs von Geflüchteten an der Belastungsgrenze

angekommen. Es könnten nicht unbegrenzt Menschen in Deutschland aufgenommen werden.

Die Finanzsituation der Kommunen sei prekär, warnten Präsident Brandl und

Hauptgeschäftsführer Berghegger bei der Bilanzpressekonferenz des Verbandes. Es fehle vor

Ort seit Jahren das Geld, um zu investieren. Die Folgen würden immer deutlicher sichtbar. Die

Infrastruktur bröckele, bei Straßen und öffentlichen Gebäuden bestehe ein hoher

Sanierungsbedarf und die Schulen und Sportstätten seien in einem schlechten Zustand. Daher

müsse mehr Geld in Investitionen gelenkt werden.

Kommentar: Die Forderungen sind berechtigt. Die überbordenden Ausgaben sind primär

konsumtiv, gleichzeitig kommt es zu einer Erosion der Strukturen, die für die Zukunftsfähigkeit

der Kommune, des Bundeslandes und des Landes unverzichtbar sind. Wir sind wieder bei dem

Thema Aristoteles: „Struktur – Konjunktur – Einkommen!“ Wer die tragenden Strukturen nicht

pflegt und stärkt, greift damit die eigene Wirtschaft und die zukünftigen Einkommen an. Das

findet faktisch seit 18 Jahren statt! Dieser Report hat auch Leser in Berlin, an dieser Stelle ein

„danke für die Ignoranz und damit für nichts!“ Muss der „Wagen“ erst vollends gegen die Wand

gefahren werden?

Brandl weiter, es sei ein Bündel an Maßnahmen erforderlich, unter anderem ein Moratorium bei

neuen Leistungsversprechen als auch eine Neuausrichtung der Förderprogramme des Bundes.

Neben dem Erhalt der bestehenden Infrastruktur würden auch für Klimaschutz,

Klimaanpassung und den Umbau der Energieversorgung Milliarden benötigt.

Das könne nicht allein vor Ort finanziert werden. Städte und Gemeinden würden mittlerweile mehr als 70 Mrd. EUR jährlich für soziale Leistungen ausgeben (Verdoppelung seit 2005). Ein weiterer Anstieg sei erwartbar. In Zeiten knapper Kassen müssten diese steigenden Kosten mit dem Verzicht auf Investitionen teuer erkauft werden, so Brandl. Diese Entwicklung dürfe so nicht

weitergehen. Investitionen müsste Vorrang eingeräumt werden. Dazu sei es notwendig, keine

neuen Leistungsversprechen abzugeben. Der Staat könne nur das verteilen, was er vorher an

Steuern eingenommen hätte.

Kommentar: Weise Worte, wer auf Investitionen (Zukunft) zu Gunsten heutiger konsumtiver

Ausgaben verzichtet, zerstört die Zukunftsfähigkeit, mehr nicht, weniger auch nicht. Es hat

nichts mit Gerechtigkeit zu tun, ein System aus der „Lust“ an erhöhten konsumtiven Ausgaben,

die man sich nicht leisten kann, zu Lasten der kommenden Generationen zu zerstören. Es ist

das Gegenteil von Gerechtigkeit, zudem ist es nicht intelligent!

Gefordert wird zudem ein Stoppschild für neue und höhere soziale Leistungen ohne

Gegenfinanzierung. Der Bund beschließe häufig Leistungen, die die Gemeinden finanzieren

müssten. Das schnüre den Kommunen die Luft ab, so Brandl. Brandl fordert, Förderprogramme

des Bundes unbürokratischer zu gestalten. Derzeit existierten mehr als 100

kommunalrelevante Förderprogramme des Bundes. Der Förderdschungel müsse gelichtet

werden.

Kommentar: Absolute Zustimmung, dieses Land braucht Vereinfachungen und Investitionen

wie nie zuvor, um den Kapitalstock (Summe aller Unternehmen, Basis aller Einkommen für

Staat und private Haushalte) zu stabilisieren und Konkurrenzfähigkeit als Investitionsstandort

wieder herzustellen. Ansonsten erodierte auch die Finanzbasis für die Aufrechterhaltung des

im internationalen Vergleich üppigen Sozialstaats. „Think twice!“ – Kunst der Abstraktion!

Deutschland: CO2 Ausstoß auf tiefstem Stand seit circa 70 Jahren

Laut Studie des Verbands Agora Energiewende sank der CO2 Ausstoß in Deutschland

im Jahr 2023 auf den niedrigsten Stand seit rund 70 Jahren (673 Mio. Tonnen CO2,

Jahresziel 722 Mio. Tonnen). Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 73 Mio.

Tonnen. Gegenüber 1990 sei es ein Rückgang um 46%.

Kommentar: Dieser Rückgang auf den tiefsten Stand seit circa 70 Jahren ist beachtlich. Das

Jahresziel per 2023 wurde deutlich unterschritten (6,8% geringer). Das Ergebnis ist noch

beachtlicher, wenn man eine pro Kopf Betrachtung (aktuell circa 84,6 Millionen, 1953 circa 52,5

Millionen) heranzieht (2023 7,9 Tonnen, 1953 42,8 Tonnen pro Kopf).

Deutschland ist bei der Reduktion Musterschüler. Wie sähe das bei Nutzung der Atomenergie erst aus? Um die erzielten Ergebnisse nicht zu gefährden, bedarf es Maß und Mitte, um den Kapitalstock, der alles finanziert, nicht zu gefährden. Dieses Risiko ist bei der aktuellen Politikausrichtung virulent!

Datenpotpourri

Eurozone: Deutschland: Arbeitslosenquote unverändert bei 5,9%

Deutschland: Die Arbeitslosenrate stellte sich per Dezember in der saisonal bereinigten

Fassung unverändert auf 5,9% (Prognose 5,9%, Tief 5,0% per 05/2022) nach zuvor 5,9%. Die Zahl der Arbeitslosen nahm in der saisonal bereinigten Fassung um 5.000 (Prognose 20.000, Vormonat 22.000) auf 2.703.000 (Vorjahr 2.520.000) zu.

USA: ISM PMI final etwas besser, MBA Index schwächer, JOLTS Report enttäuscht

Der ISM PMI für das Verarbeitende Gewerbe stellte sich per Dezember auf 47,4 Punkte

(Prognose 47,1) nach zuvor 46,7 Zählern.

Der JOLTS-Report (offene Stellen) wies per November 8.790.000 Stellen (Prognose 8.850.000) nach zuvor 8.852.000 freien Jobs aus (revidiert von 8.733.000). Der aktuelle Wert ist der niedrigste Wert seit März 2021.

Der von der MBA erstellte Hypothekenmarkt Index verzeichnete per 29. Dezember 2023 einen Einbruch von 191.6 auf 173,5 Punkte. Das Niveau ist und bleibt historisch betrachtet prekär (tiefste Niveaus seit 1995).

China: Caixin PMI für Dienstleistungen auf höchstem Stand seit 07/2023

Der von Caixin (privater Anbieter der PMIs) ermittelte Einkaufsmanagerindex für den

Dienstleistungssektor stieg per Dezember von zuvor 51,5 auf 52,9 Punkte und markierte den

höchsten Indexstand seit Juli 2023.

Japan: Jibun PMI für Verarbeitendes Gewerbe final etwas höher

Der von der Jibun Bank berechnete PMI für das Verarbeitende Gewerbe stellte sich per

Dezember gemäß finaler Fassung auf 47,9 Punkte (vorläufiger Wert 47,7).

Hier den Hellmeyer Report lesen! (inkl. Graphiken und Tabellen!)

ÜBERSICHT

DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen

DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures

DAX-Schlussstand am Mittwoch um 1,38 Prozent tiefer bei 16.538 Zählern. Die Umsätze waren deutlich höher als in den letzten Tagen, im langfristigen Schnitt hochnormal: geordneter Rückzug der an die Börse zurückgekehrten Akteure.

Unterschreitet der DAX demnächst die alte Höchstmarke aus dem Juli um 16470?

. . .

NACHBÖRSE/XDAX -0,1% auf 16.517 Pkt – Evotec brechen ein

ROUNDUP/Aktien New York Schluss: Fed-Protokoll ändert nichts am mauen Start 2024

NEW YORK (dpa-AFX) – Nach dem ernüchternden Jahresstart vor allem für Technologiewerte haben die US-Börsen auch am Mittwoch nachgegeben. Die Veröffentlichung des jüngsten Sitzungsprotokolls der Notenbank Fed brachte den Kursen keine Entlastung.

Der Leitindex Dow Jones Industrial stand zum Börsenschluss an der Wall Street 0,76 Prozent tiefer auf 37 430,19 Punkten. Für den technologielastigen Nasdaq 100, der tags zuvor bereits um rund 1,7 Prozent abgesackt war, ging es zur Wochenmitte um weitere 1,06 Prozent auf 16 368,49 Punkte nach unten. Der marktbreite S&P 500 verlor 0,80 Prozent auf 4704,81 Zähler.

Laut dem Protokoll der Notenbank sehen die Mitglieder der Fed den Leitzins auf dem Gipfel oder nahe dran. Man sei bereit, die Zinsen zu senken, falls sich der Inflationsrückgang im Jahr 2024 fortsetze. Der Zeitpunkt für einen solchen Schritt bleibe gleichwohl unsicher, wie die Mitschrift erkennen ließ. Marktteilnehmer waren noch Ende des vergangenen Jahres von mehreren Zinssenkungen im Jahr 2024 ausgegangen, seit Jahresbeginn scheinen diesbezüglich aber immer mehr Zweifel aufzukommen.

Hoffnungen auf Zinssenkungen waren gegen Ende 2023 der zentrale Grund für die Rally am Aktienmarkt. Aktien-Anlagen werden bei nachlassendem Zinsdruck wieder attraktiver gegenüber anderen Anlage-Formen, Kredite für Unternehmen werden günstiger. Seit Jahresanfang befinden sich die Börsen aber auf Konsolidierungskurs. Einige Anleger, die im Zuge der Jahresendrally gut verdient hätten, nähmen derzeit Gewinne mit, hieß es aus dem Handel.

Im Dow waren am Mittwoch die Aktien des Ölkonzerns Chevron der Tagessieger mit plus 1,9 Prozent. Dahinter setzten die Pharma- und Biotech-Titel von Merck & Co und Amgen ihren Aufschwung fort.

Walgreens Boots Alliance waren das Schlusslicht mit einem Minus von gut vier Prozent. Die Titel der Drogeriekette waren auch 2023 im Leitindex der schwächste Wert mit einem Verlust von 30 Prozent gewesen. Am Donnerstag legt der Konzern die Zahlen für das erste Geschäftsquartal vor.

Die Anteile des Elektroauto-Produzenten Tesla waren mit einem Abschlag von vier Prozent unter den schwächsten Werten an der Nasdaq. Damit ist der Aufwärtstrend seit Ende Oktober zunächst gebrochen. Mit Blick auf 2024 sehen die Analysten der Deutschen Bank nach wie vor erhebliche Risiken für die Gewinnerwartungen an Tesla.

Die Papiere des auf Muskelkrankheiten spezialisierten Pharmaunternehmens Dyne Therapeutics gewannen etwas über 13 Prozent. Sie profitierten von unerwartet positiven Daten aus einer klinischen Studie mit Patienten, die unter einer bestimmten Form von Muskelschwund leiden.

Der Euro grenzte nach der Veröffentlichung des Fed-Protokolls seine Verluste etwas ein. Wurde die Gemeinschaftswährung zuvor zeitweise unter 1,09 US-Dollar gehandelt, notierte sie nach dem Börsenschluss bei 1,0920 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,0919 (Dienstag: 1,0956) US-Dollar festgesetzt, sodass der Dollar 0,9158 (0,9127) Euro gekostet hatte.

Am US-Rentenmarkt legte der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) um 0,21 Prozent auf 112,53 Punkte zu. Die Rendite für zehnjährige Staatspapiere sank im Gegenzug auf 3,91 Prozent./ajx/he

— Von Achim Jüngling, dpa-AFX —

Aktien Frankfurt Schluss: Gewinnmitnahmen – ‚Gesunde Konsolidierung‘

FRANKFURT (dpa-AFX) – Der deutsche Aktienmarkt hat am Mittwoch erstmals wieder seit Monaten kräftig nachgegeben. Nach einem verhaltenen Start beschleunigte der Dax seine Talfahrt am Nachmittag und fiel zeitweise unter die Marke von 16 500 Punkten. Die fortgesetzte Schwäche der US-Börsen belastete. Dort wurden nach der starken Jahresendrally Gewinne mitgenommen, was auch die Stimmung an Europas Börsen trübte.

Letztlich verlor der Dax 1,38 Prozent auf 16 538,39 Punkte, nachdem er tags zuvor ein weiteres Rekordhoch nur knapp verpasst hatte. Der MDax der 50 mittelgroßen Börsentitel beendete den Tag mit einem Verlust von 2,18 Prozent auf 26 252,13 Zähler. Europaweit sah es kaum anders aus. In den USA, wo tags zuvor vor allem die Technologiebörse Nasdaq kräftig nachgegeben hatte, ging es zuletzt noch ein wenig weiter abwärts.

Größere Unruhe herrscht bislang jedoch nicht unter den Anlegern. Eine gesunde Konsolidierung nach einer imposanten Kursrally sei nichts Ungewöhnliches, hieß es am Markt.

Der Dax ist laut Analyst Konstantin Oldenburger von CMC Markets dennoch anfällig geworden für eine größere Korrektur. Aber auch eine nächste Rally sei möglich. Auslöser dafür könnte ihm zufolge das an diesem Mittwochabend anstehende Protokoll der letzten Sitzung der US-Notenbank Fed sein, sofern „das aktuell herrschende Narrativ von deutlichen Leitzinssenkungen 2024 neue Nahrung erhält“./ck/he

Deutsche Anleihen: Kursgewinne

FRANKFURT (dpa-AFX) – Die Kurse deutscher Staatsanleihen sind am Mittwoch gestiegen. Der richtungweisende Terminkontrakt Euro-Bund-Future kletterte bis zum Nachmittag um 0,42 Prozent auf 137,32 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fiel im Gegenzug auf 2,02 Prozent. Auch in den anderen Ländern der Eurozone gingen die Renditen zurück.

Nachdem die Rendite in der zehnjährigen Laufzeit am 27. Dezember bei 1,89 Prozent den tiefsten Stand seit etwa einem Jahr erreicht hatte, ist sie mittlerweile wieder gestiegen. Zuvor hatte die Spekulation auf eine baldige Zinssenkung in den USA die Renditen stark belastet.

Die am Nachmittag veröffentlichten US-Konjunkturdaten bewegten die Anleihen kaum. Die Stimmung in der Industrie hatte sich im Dezember zwar etwas stärker verbessert als erwartet. Der Einkaufsmanagerindex ISM liegt damit aber dennoch den inzwischen 14. Monat in Folge unter der Schwelle von 50 Punkten, was auf eine schrumpfende Industrie hinweist. „Die Daten deuten darauf hin, dass die Bedingungen im Verarbeitenden Gewerbe nach wie vor ungewöhnlich schwach sind und die Produktion wahrscheinlich noch mindestens einige Monate lang weiter zurückgehen wird“, schrieb Volkswirt Andrew Hunter vom Analysehaus Capital Economics.

Am Abend wird die US-Notenbank das Protokoll der jüngsten Zinsentscheidung veröffentlichen. Anleger erhoffen sich Hinweise auf die künftige Geldpolitik in der größten Volkswirtschaft der Welt./jsl/he

Aktien Wien Schluss: Verluste im Sog der US-Börsen

WIEN (dpa-AFX) – Die Wiener Börse hat am Mittwoch mit Kursverlusten geschlossen. Der ATX fiel um 1,01 Prozent auf 3377,58 Punkte. Das europäische Umfeld zeigte sich ebenfalls im roten Bereich. Marktbeobachter verwiesen auf klar negative Vorgaben von der US-Börse Nasdaq. Wie schon am Dienstag starteten die US-Aktienmärkte mit Verlusten in den Handel.

Im Fokus der Anleger bleibt neben der Angst vor einer weiteren Eskalation der Krise im Nahen Osten auch die US-Geldpolitik. Am Abend wird noch das Protokoll der jüngsten Zinssitzung der US-Notenbank erwartet, das mit der Hoffnung auf Hinweise auf die künftige Zinsentwicklung verknüpft ist.

Vor der Veröffentlichung des Protokolls standen wichtige Daten auf dem Programm: Die Stimmung in der US-Industrie hat sich im Dezember etwas stärker verbessert als erwartet. Der Einkaufsmanagerindex ISM stieg um 0,7 Punkte auf 47,4 Punkte, wie das Institute for Supply Management (ISM) mitteilte. Analysten hatten im Schnitt lediglich eine Verbesserung auf 47,1 Zähler erwartet.

Die Meldungslage zu österreichischen Unternehmen blieb erneut sehr dünn. Zu den größeren Verlierern unter den Einzelwerten zählten Lenzing mit einem Abschlag von 5,8 Prozent sowie Pierer Mobility mit einem Kursverlust von 4,2 Prozent.

Auch einige Indexschwergewichte verloren an Wert. So büßten Voestalpine gut drei Prozent an Wert ein, und Andritz sanken um 2,5 Prozent. Wienerberger gingen knapp zwei Prozent tiefer aus dem Handel.

Abwärts ging es auch für die Bankwerte: Bawag schlossen 2,5 Prozent schwächer, und Raiffeisen verloren 1,3 Prozent. Erste Group gaben um 0,8 Prozent nach.

OMV schlossen um 0,2 Prozent leichter. Der Konzern investiert in Rumänien in Windpark-Projekte. Die OMV-Tochter OMV Petrom erwerbe von Renovatio (RNV Infrastructure) einen 50-Prozent-Anteil an der Electrocentrale Borzesti./ger/sto/APA/stw

Termine

TAGESVORSCHAU: Termine am 4. Januar 2024

FRANKFURT (dpa-AFX) – Wirtschafts- und Finanztermine am Donnerstag, den 4. Januar 2024


TERMINE UNTERNEHMEN
07:00 DEU: Grenke, Neugeschäftsmeldung Q4/23
08:00 GBR: Next, Q4-Umsatz
13:00 USA: Walgreens Boots Alliance, Q1-Zahlen
14:00 SWE: Svenska Handelsbanken, Investor Day

DEU: Kraftfahrt-Bundesamt veröffentlicht Zahl der Auto-Neuzulassungen im Dezember 2023

TERMINE KONJUNKTUR
01:30 JPN: Jibun Bank PMI Verarbeitendes Gewerbe 12/23 (2. Veröffentlichung) 02:45 CHN: Caixin PMI Dienste 12/23
07:30 DEU: Verbraucherpreise Nordrhein-Westfalen 12/23 08:45 FRA: Verbraucherpreise 12/23 (vorläufig)
09:15 ESP: PMI Dienste 12/23
09:45 ITA: PMI Dienste 12/23
09:50 FRA: PMI Dienste 12/23 (2. Veröffentlichung)
09:55 DEU: PMI Dienste 12/23 (2. Veröffentlichung)
10:00 DEU: Verbraucherpreise Hessen, Bayern, Brandenburg, Sachsen 12/23 10:00 EUR: PMI Dienste 12/23 (2. Veröffentlichung)
10:30 GBR: PMI Dienste 12/23 (2. Veröffentlichung)
14:00 DEU: Verbraucherpreise 12/23 (vorläufig)
14:15 USA: ADP Beschäftigungsänderung 12/23
14:30 USA: Erstanträge Arbeitslosenhilfe (Woche)
15:45 USA: PMI Dienste 12/23 (2. Veröffentlichung)
17:00 USA: EIA Ölbericht (Woche)

SONSTIGE TERMINE
08:00 DEU: Destatis: Entwicklung des innerdeutschen Flugverkehrs, Januar 2019 bis Oktober 2023

Marktumfeld

Zentralbanken – Aufsichtsbehörden 

US-Notenbank: Geldpolitik sollte noch für einige Zeit restriktiv bleiben

WASHINGTON (dpa-AFX) – Die US-Notenbank Fed hat erneut ein Ende der Zinserhöhungen in Aussicht gestellt. „Die Teilnehmer waren der Ansicht, dass der Leitzins in diesem Straffungszyklus seinen Höchststand erreicht hat oder nahe dran ist“, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Protokoll zur Zinsentscheidung vom 13. Dezember. Bei der Inflationsbekämpfung habe man „klare Fortschritte“ erzielt.

Die restriktive Ausrichtung solle jedoch zunächst beibehalten werden, bis die Inflation eindeutig und nachhaltig zurückgehe, heißt es in der Mitteilung. Man sei bereit, die Zinsen zu senken, falls sich der Inflationsrückgang im Jahr 2024 fortsetze. Der Zeitpunkt für einen solchen Schritt bleibe unsicher.

Auf ihrer jüngsten Sitzung hatte die US-Notenbank Fed ihre Leitzinsen erneut stabil gehalten und für kommendes Jahr Zinssenkungen angedeutet. Die Projektionen der Fed deuten auf einen Rückgang um insgesamt 0,75 Prozentpunkte hin. Laut Notenbankchef Jerome Powell ist auch über den Zeitpunkt einer möglichen Zinssenkung diskutiert worden. Ein konkretes Signal für eine Zinssenkung gab er aber nicht./jsl/he

EZB teilt bei 7-tägigem Dollar-Tender 222,5 Millionen zu

FRANKFURT (Dow Jones)–Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bei ihrem Dollar-Tender mit einer Laufzeit von sieben Tagen zwei Banken 222,5 Millionen US-Dollar zugeteilt. Beim vorherigen Geschäft hatten sechs Banken eine Summe von 1,357 Milliarden nachgefragt und erhalten. Der Tender hat einen Festzinssatz von 5,58 (zuvor: 5,59) Prozent. Im März 2020 hatte die US-Notenbank mit fünf weiteren Zentralbanken, darunter die EZB, im Zuge der Pandemie-Krise vereinbart, die weltweite Versorgung mit Dollar-Liquidität zu verbessern.

EZB testet Reaktion von Banken auf erfolgreichen Cyber-Angriff

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)–Die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) wird in diesem Jahr die Reaktion von Banken auf einen erfolgreichen Cyber-Angriff testen. Wie die EZB mitteilte, wird sie überprüfen, wie 109 von ihr direkt überwachte Großbanken auf eine Attacke reagieren, die ihr operatives Tagesgeschäft unterbricht. „Die Banken werden dann ihre Reaktions- und Wiederherstellungsmaßnahmen testen, einschließlich der Aktivierung von Notfallverfahren und Notfallplänen und der Wiederherstellung des normalen Betriebs“, heißt es in einer EZB-Mitteilung. Die Aufsichtsbehörden würden anschließend bewerten, inwieweit die Banken ein solches Szenario bewältigen können.

28 Institute müssen sich einer vertieften Prüfung unterziehen und dabei zusätzliche Informationen über ihren Umgang mit dem Cyber-Angriff liefern. Es handelt sich hierbei um Banken mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen und aus verschiedenen Ländern.

Der überwiegend qualitativ angelegte Stresstest wird nicht zu Empfehlungen hinsichtlich der Eigenkapitalausstattung einzelner Institute im Rahmen der Pillar-2-Guidance (P2G) führen.

EZB: Ergebnisse des Bankenstresstests zu Cyberrisiken im Sommer

FRANKFURT (dpa-AFX) – Die EZB-Bankenaufsicht will im Sommer Ergebnisse ihres ersten Stresstests zu Cyberrisiken für Banken veröffentlichen. Bei 109 direkt beaufsichtigten Geldhäusern werde 2024 geprüft, wie diese auf einen Cyberangriff reagieren und wie sie ihren Geschäftsbetrieb wiederherstellen, teilte die Europäische Zentralbank (EZB) am Mittwoch in Frankfurt mit.

„Im Stresstestszenario verursacht ein erfolgreicher Cyberangriff Störungen im Tagesgeschäft der Banken. Dann testen die Banken ihre als Reaktion auf einen Cyberangriff und zur Wiederherstellung des Geschäftsbetriebs vorgesehenen Maßnahmen“, erläuterte die EZB. „Anschließend beurteilt die Aufsicht, inwieweit die Banken mit einem solchen Szenario umgehen können.“

Vertiefte Prüfung bei 28 Geldhäusern

28 Institute werden nach EZB-Angaben im Zuge des Tests eingehender unter die Lupe genommen. Sie müssen zusätzliche Informationen dazu bereitstellen, wie sie mit dem Cyberangriff umgegangen sind. Diese Stichprobe umfasse Banken mit verschiedenen Geschäftsmodellen aus diversen geografischen Gebieten, teilte die EZB mit. So solle „ein aussagekräftiges Bild des Bankensystems im Euroraum gewonnen“ werden.

Die EZB beaufsichtigt seit November 2014 die führenden Banken im Euroraum direkt. Derzeit sind dies 113 Institute, darunter aus Deutschland unter anderen: Deutsche Bank und Commerzbank, DZ Bank und Dekabank sowie Deutschlands größte deutsche Sparkasse, die Hamburger Haspa, außerdem die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apo-Bank), die Volkswagen Bank und diverse Landesbanken (BayernLB, LBBW, Helaba, Nord LB).

Zuletzt wieder mehr Cyberattacken

Genau hinschauen will die EZB dort, wo Banken IT-Prozesse an Drittanbieter übergeben, um Geld zu sparen, wie Anneli Tuominen, die dem Aufsichtsgremium der EZB-Bankenaufsicht angehört, im November ankündigte: „Das geht nicht unbedingt mit gutem Risikomanagement einher.“ IT- oder Cloud-Anbieter seien „sicherlich ein Thema, mit dem wir uns eingehender beschäftigen müssen“.

Die Bankenaufseher hatten sich von der zuletzt zunehmenden Zahl an Angriffen auf IT-Systeme von Banken alarmiert gezeigt. Bislang habe es zwar keinen so schwerwiegenden Angriff gegeben, dass einzelne Institute oder gar das gesamte Bankensystem destabilisiert worden wäre, hatte Tuominen im November gesagt. Doch sie warnte: „Eine erfolgreiche Attacke ist jederzeit möglich.“/ben/DP/jha

APA ots news: FMA: Zahl unseriöser Anbieter auf dem österreichischen Finanzmarkt nimmt zu. Warnung vor Betrug mit „Promi-Schmäh“.

APA ots news: FMA: Zahl unseriöser Anbieter auf dem österreichischen Finanzmarkt nimmt zu. Warnung vor Betrug mit „Promi-Schmäh“.

Wien (APA-ots) – Die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA stellte 2023 einen signifikanten Anstieg unerlaubt tätiger, angeblicher Finanzdienstleister auf dem österreichischen Finanzmarkt fest. Hatte sie 2022 84 Investoren-Warnungen zu veröffentlichen, so waren es im abgelaufenen Jahr 106; ein Plus von 26,2%. Der weitaus überwiegende Teil dieser Anbieter bot via Internet aus dem Ausland an, war für andere behördliche Maßnahmen nicht greifbar oder es gab Indizien, die auf eine betrügerische Tätigkeit hinwiesen. Die allermeisten dieser unseriösen Anbieter traten als webbasierte Handelsplattformen auf, über die sie angeblich verschiedene Finanzinstrumente anboten. Dabei wurde aber meist durch manipulierte Software ein Handel sowie die Veranlagung nur vorgegaukelt, die Einzahlungen veruntreut und angebliche Gewinne nie ausgezahlt.

Betrügereien mit „Promi-Schmäh“

Viele dieser unseriösen oder gar betrügerischen Anbieter werben auf ihrer Plattform oder in verlinkten Social-Media-Beiträgen mit angeblichen Empfehlungen oder Geheimtipps diverser Prominenter, die damit schnell und einfach viel Geld verdient hätten. So wurde in den vergangenen Monaten – durch gefälschte Wort- und Bildbeiträge – vermehrt behauptet, dass unter anderen etwa Armin Wolf, Armin Assinger, DJ Ötzi, Alexander van der Bellen, Mirjam Weichselbraun, Christoph Grissemann oder Barbara Karlich angeblich bei diesem Finanzdienstleister oder auf dieser Handelsplattform investiert hätten oder eine bestimmte Trading-Software genutzt hätten und damit viel Geld verdient hätten. Tatsächlich besteht aber weder eine Kooperation, noch haben die dargestellten Personen bei diesen Finanzdienstleistern investiert. Diese Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens werden, ohne deren Zustimmung, von den Finanzbetrügern als Köder missbraucht. Die frei erfundenen Artikel auf Social-Media berichten wahrheitswidrig über angebliche Auftritte oder Interviews der Promis in bekannten TV-Formaten (z.B. Millionenshow, Willkommen Österreich, Im Zentrum, 2 Minuten 2 Millionen) oder in heimischen Medien (z.B. ORF, Krone, OE24, Kurier), bei denen sie angeblich diesen Finanzdienstleister empfohlen oder über eigene Veranlagungserfolge dort berichtet hätten.

Bekunden Anleger oder Anlegerinnen ihr Interesse an einem Investment bei einem derartigen unseriösen Anbieter und registrieren sich auf dieser Plattform, so wird oft ein geringfügiges „Test-Investment“ (in der Regel 250.-) mit hohem Gewinnversprechen bei geringem Risiko empfohlen. Auf dem gefälschten Depotauszug wird dann der Gewinn wie in Aussicht gestellt ausgewiesen und mit einem weiteren „heißen Tipp“ zu einem höheren Investment aufgefordert. Vereinzelt werden anfangs sogar geringfügige Scheingewinne ausgezahlt. Ziel ist es, die Kundschaft zu immer höheren Investments und damit Einzahlungen zu verführen. Sobald der Kunde aber weiterer Einzahlungen verweigert oder die Auszahlung der hohen Scheingewinne einfordert, bricht der Kontakt mit den Plattformbetreibern abrupt ab. Auf die Auszahlung der angeblich erwirtschafteten Gewinne (oft im 5- bis 6-stelligen Bereich) warten die betrogenen Anleger vergeblich. Schadenersatzansprüche sind in der Regel nicht durchsetzbar, da die Handelsplattformen gefälscht und/oder deren Betreiber rechtlich nicht greifbar sind.

Woran unseriöse Anbieter zu erkennen sind

Wer ein Investment bei einem ihm unbekannten Anbieter plant, soll zuerst bei der FMA (etwa via Unternehmensdatenbank auf der Website) prüfen, ob der Anbieter überhaupt berechtigt ist, diese Finanzdienstleistung zu erbringen. Weiters wird geraten, via Internet-Recherche zu überprüfen, ob zu diesem Anbieter bereits eine Investoren-Warnung veröffentlicht wurde, etwa von der FMA, einer ihrer Schwesterbehörden oder auf Internet spezialisierte Verbraucherschützer (etwa „Watchlist Internet“). Grundsätzlich gilt: Was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist in der Regel auch nicht wahr.

Weitere Informationen zu Trading-Plattformen und woran unseriöse Anbieter zu erkennen sind, finden Interessierte auf der FMA-Webseite: [Trading-Plattformen – Reden wir über Geld (fma.gv.at)] (https://redenwiruebergeld.fma.gv.at/trading-auf-plattformen/); Informationen zu aktuellen Betrugsmaschen und Tricks von Finanzbetrügern unter dem Link[Die aktuellsten Tricks der Finanzbetrüger – FMA Österreich]
(https://www.fma.gv.at/finanzbetrueger-erkennen/die-aktuellsten-trick s-internationaler-finanzbetrueger/).

Rückfragehinweis:
Finanzmarktaufsicht
Klaus Grubelnik (FMA-Mediensprecher)
+43/(0)1/24959-6006 oder +43/(0)676/882 49 516

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/694/aom 

INTERNATIONAL

Seefrachtkosten steigen nach Angriffen im Roten Meer

Durch die wiederholten Angriffe der Huthi im Jemen auf Containerschiffe im Roten Meer sind die Seefrachtraten sprunghaft angestiegen. Inzwischen verurteilte auch der UN-Sicherheitsrat die Attacken.

Nach den Raketenangriffen und Entführungsversuchen von Containerschiffen im Roten Meer steigen die Kosten für Seefracht sprunghaft an. Die Raten zwischen Asien und Nordeuropa haben sich nach Angaben der internationalen Frachtbuchungsplattform Freightos in dieser Woche auf über 4000 Dollar pro Container mehr als verdoppelt. Zwischen Asien und dem Mittelmeerraum stiegen sie auf 5175 Dollar.

Einige große Reedereien haben für Mitte des Monats Raten von mehr als 6.000 Dollar für Mittelmeersendungen angekündigt. Zuschläge von 500 Dollar bis zu 2.700 Dollar pro Container könnten die Gesamtpreise weiter in die Höhe treiben, erklärte Freightos.

Internationale Schifffahrts-Organisation: 18 Firmen meiden Rotes Meer

NEW YORK (dpa-AFX) – Nach mehreren Angriffen auf Handelsschiffe meiden nach Angaben der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation IMO 18 Logistik-Unternehmen die Route durch das Rote Meer. Es handle sich um eine „beträchtliche Anzahl von Unternehmen“, die bereits beschlossen hätten, ihre Schiffe um Südafrika herum umzuleiten, „um die Angriffe auf Schiffe und natürlich auch die Auswirkungen, die sich insbesondere auf Seeleute ergeben, zu verringern“, sagte IMO-Generalsekretär Arsenio Dominguez am Mittwoch vor dem Weltsicherheitsrat in New York. Am Dienstag hatte erst der Reedereiriese Maersk angekündigt, den Frachtverkehr durch das Meer sowie den Golf von Aden bis auf Weiteres zu pausieren.

Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen greifen seit dem Ausbruch des Gaza-Krieges immer wieder Schiffe im Roten Meer an, um sie an einer Durchfahrt in Richtung Israel zu hindern. Für den Welthandel gilt das Rote Meer als einer der wichtigsten Schifffahrtswege, weil es das Mittelmeer über den Suezkanal in Ägypten mit dem Indischen Ozean verbindet.

Am Samstagabend war das Maersk-Schiff „Maersk Hangzhou“ von einem Objekt getroffen worden, nachdem es die Meerenge Bab al-Mandab passiert hatte. Das Schiff konnte seinen Kurs laut dem Unternehmen zunächst fortsetzen, später näherten sich aber vier Boote, von denen aus geschossen und versucht wurde, auf das Frachtschiff zu gelangen. Mithilfe eines Militärhubschraubers und des Sicherheitsteams des Schiffs wurde der Angriff demnach erfolgreich abgewehrt.

Die Angriffe stellten ein „erhebliches internationales Problem“ dar, beklagten am Mittwoch die Regierungen von zwölf Ländern, darunter von Deutschland und den USA, in einer gemeinsamen Erklärung. Fast 15 Prozent des internationalen Seehandels nutzt demnach das Rote Meer als Seeweg; die Route sei wichtig für den Handel von Getreide, Erdöl und Flüssigerdgas.

Die Umleitung über das Kap der Guten Hoffnung verteuere und verzögere die Lieferung von Waren – was letztlich den Verkehr von wichtigen Lebensmitteln, Kraftstoffen und humanitärer Hilfe auf der ganzen Welt gefährde. Sollten die Huthi-Rebellen die Angriffe nicht sofort beenden und stattdessen weiterhin Menschenleben, die Weltwirtschaft und den freien Warenverkehr bedrohen, würden sie die Verantwortung für die Folgen tragen, hieß es weiter./scb/DP/he

WTO-Chefökonom warnt vor Deglobalisierung – Welt am Scheideweg

GENF (dpa-AFX) – Die Welthandelsorganisation (WTO) sieht Anzeichen einer Fragmentierung der Weltwirtschaft und warnt vor einer möglichen Deglobalisierung. „Die ökonomischen Kosten wären sehr hoch“, sagte der deutsche Chefökonom der Welthandelsorganisation, Ralph Ossa, der Deutschen Presse-Agentur. Und nicht nur das: Der Welthandel sei wichtig für die Versorgungssicherheit, die Nachhaltigkeit und die Gerechtigkeit. Ossa sieht die Weltgemeinschaft an einem Scheideweg.

„Wir sehen erste Anzeichen dafür, dass es eine Reorientierung des Handels anhand geopolitischer Einflusssphären gibt“, sagte Ossa. Die WTO hat die Welt für eine Untersuchung in zwei hypothetische Blöcke geteilt: auf der einen Seite Länder, die in den Vereinten Nationen mit den USA abstimmen und auf der anderen solche, die an der Seite Chinas standen. Der Handel innerhalb der Blöcke sei seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 vier bis sechs Prozent stärker gewachsen als zwischen den Blöcken.

Die Situation sei noch nicht dramatisch, könne es aber werden, warnte Ossa. Die WTO hat berechnet, was passieren würde, wenn die Welt tatsächlich in zwei rivalisierende Machtblöcke zerfiele und die Blöcke gegeneinander Handelsbarrieren aufbauten. In einem solchen Szenario würden Industrieländer bis 2050 durchschnittlich drei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts verlieren, arme und Schwellenländer 6,5 Prozent, schrieb die WTO in ihrem Welthandelsbericht im Herbst 2023.

„Es wird gerade viel drüber diskutiert, ob wir uns unabhängiger machen sollen von anderen Ländern, ob wir vielleicht nur noch mit befreundeten Staaten handeln oder uns nur noch auf eigene Produktion verlassen sollen“, sagt Ossa. Das berge die Gefahr, dass „aus dem Abflachen der Globalisierung eine Deglobalisierung wird“.

Noch sei die Welt davon weit entfernt. Sie stehe aber an einem Scheideweg. Länder müssten sich entscheiden, ob sie den Welthandel als Teil der Lösung von Problemen oder als Teil des Problems sehen. Die WTO mit ihren 164 Mitgliedsländern, deren Aufgabe es ist, fairen Welthandel zum Wohle aller zu fördern, sieht den Handel als Teil der Lösung.

In der Corona-Pandemie sei der Welthandel ein Segen gewesen, sagte Ossa – abgesehen von den Anfängen, als Länder Exporte von wichtigen Gütern wie Gesichtsmasken teils vorübergehend stoppten. Darunter war zeitweise auch Deutschland. Masken, Ausstattung für das Home Office sowie Impfstoffe seien in internationalen Lieferketten produziert und durch den Handel verfügbar gemacht worden. Zudem wisse man nicht, wo der nächste Schock auftrete und wer dann die Lösung parat habe. Ein multilaterales Handelssystem stelle sicher, dass es in Krisen immer alternative Beschaffungsmöglichkeiten gebe./oe/DP/zb

ANALYSE – HINTERGRUND

Analyse: Zivilluftfahrt 2023 sicherer – Risiken in Russland

HAMBURG/FRANKFURT (dpa-AFX) – Die weltweite Zivilluftfahrt ist einer Datenauswertung zufolge im vergangenen Jahr sicherer geworden. Das Hamburger Flugunfallbüro Jacdec wies am Mittwoch gleichzeitig auf steigende Risiken in Russland hin, wo die Sanktionen zu Ersatzteilengpässen für die meist aus dem Westen stammenden Jets führten. Es würden Wartungsintervalle hinausgezögert und Sicherheitsvorschriften ignoriert, um die Flugzeuge im Betrieb zu halten. „Ein größerer technikbedingter Unfall rückt in Russland immer mehr in den Bereich des Wahrscheinlichen“, heißt es in der Analyse, die in der Februar-Ausgabe der Luftfahrt-Zeitschrift „Aero International“ veröffentlicht wird.

Die Jacdec-Datenbank habe für das vergangene Jahr 1001 Unfälle und Zwischenfälle verzeichnet, die damit wieder das Niveau der Vor-Corona-Zeit erreicht hätten. Bei 45 Flugzeug-Totalverlusten kamen laut Jacdec weltweit 124 Menschen zu Tode. Das waren 109 weniger als noch im Vorjahr und 233 weniger als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. 72 Menschen starben Anfang Januar 2023 beim Absturz des Passagierflugzeugs ATR 72-500, das sich im Landeanflug auf den Pakhora International Airport in Nepal befunden hatte.

Grundsätzlich gehen die Opferzahlen bei steigendem Verkehr seit den 1980er Jahren zurück. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hat für 2023 die Zahl von 80 Todesopfern genannt, wobei nur Flugzeuge mit einer Kapazität von mindestens 14 Sitzen berücksichtigt wurden. Jacdec deckt auch Unfälle mit kleineren Airline-Maschinen, nicht aber die allgemeine Luftfahrt ab.

Als besonders sichere Fluggesellschaften schätzt Jacdec für das vergangene Jahr die arabische Emirates und die niederländische KLM ein. Die Lufthansa belegte den 13. Rang im globalen Sicherheitsranking der 25 Gesellschaften mit der höchsten Verkehrsleistung. Die Vorjahressiegerin Etihad wurde nicht bewertet, da sie zu wenige Flüge absolvierte, um erneut unter die verkehrsstärksten 25 Gesellschaften zu kommen.

Die an dem Zusammenstoß am Dienstag in Tokio beteiligte Japan Airlines habe ebenfalls eine „sehr gute“ Sicherheitsbewertung für 2023 erhalten, sagte ein Sprecher. Aus dem Airbus A350 hatten sich sämtliche 367 Insassen und 12 Crew-Mitglieder retten können. Die fünf Todesopfer aus der ausgebrannten Maschine der japanischen Küstenwache würden in der Statistik für das laufende Jahr erfasst.

Der Jacdec-Risiko-Index beruht auf der Unfallhistorie der jeweiligen Fluglinie in den vergangenen 30 Jahren, der länderspezifischen Umgebung, in der sie operiert, sowie auf spezifischen Risiko-Faktoren der Fluglinien. Theoretisch ist ein Index-Wert von 100 erreichbar, den aber auch die besten Gesellschaften verfehlen. Wichtig sind die von den Airlines geflogenen Passagierkilometer: Je mehr davon eine Fluggesellschaft unfallfrei zurücklegt, desto risikoärmer und damit sicherer gilt sie in diesem Ranking./ceb/DP/mis

Halbe Welt wählt: Demokratien 2024 auf dem Prüfstand – ORF, 4.1.2023 (Graphiken nur online)

Nicht nur in Österreich, sondern in mehr als 75 Ländern stehen heuer Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen an – etwa im bevölkerungsreichen Indien, den Vereinigten Staaten und Südafrika. So manche Wahlen könnten Demokratien wiederbeleben, andere wiederum Diktatoren den Rücken stärken. Denn obwohl die Hälfte der Menschheit wählt, steht die Demokratie umso mehr auf dem Prüfstand.

Rund vier Milliarden Menschen sind von nationalen Wahlen betroffen, damit entscheidet sich 2024 die politische Zukunft der halben Welt. Den Auftakt macht Asien am Sonntag mit Bangladesch, eine Woche später folgen Bhutan und Taiwan.

Die Wahl ist auch Seismograf des angespannten Verhältnisses zum Nachbarland China, das die demokratische Inselrepublik Taiwan als Teil seines Territoriums betrachtet. Die derzeit regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) führt in Umfragen mit deutlichem Abstand vor der Taiwanischen Volkspartei (TPP) und der chinesisch-nationalistischen Kuomintang (KMT), Pekings bevorzugtem Wahlsieger.

Im Vorfeld der Wahl hat der taiwanische Nationale Sicherheitsrat größere Bemühungen Chinas gesehen, den Wahlausgang zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Laut der Behörde führe Peking eine Desinformationskampagne, drohe mit dem Militär und setze Taiwans Wirtschaft unter Druck.

Wahl ist nicht gleich Freiheit

Im Bereich der politischen Rechte und bürgerlichen Freiheiten bewertet das US-Forschungsinstitut Freedom House etwas mehr als die Hälfte der heuer wählenden Länder – darunter auch Taiwan – als frei. Rund jedes vierte Land stuft die Bürgerrechtsorganisation als teils frei ein, jedes fünfte als nicht frei.

An letzter Stelle des Demokratierankings stehen der Südsudan, Nordkorea und Belarus, die allesamt heuer wählen. Die Macht im ebenso laut Einstufung nicht freien, autoritären Russland liegt seit knapp einem Vierteljahrhundert in den Händen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die politische Konkurrenz ist entweder im Gefängnis, im Exil oder ausgeschaltet.

Seit Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 schränke die Regierung die Rechte und individuellen Freiheiten noch weiter ein, um abweichende Meinungen im Land zu unterdrücken, schreibt Freedom House. Die Präsidentschaftswahlen im März sollen auch in den völkerrechtswidrig von Russland annektierten Gebieten Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja stattfinden.

Ebenfalls im Frühjahr endet zudem die fünfjährige Amtszeit des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Im November hat er sich allerdings gegen die Abhaltung einer Wahl ausgesprochen, das sei „nicht angebracht“.

Rennen um größte Demokratie

Die weltweit größte Demokratie, Indien, wählt im Mai ein neues Parlament. Narendra Modi von der hindunationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP) ist seit 2014 Premierminister und strebt eine dritte Amtszeit an.

Indien sei zwar eine Mehrparteiendemokratie, doch Modi habe eine diskriminierende Politik betrieben und die Verfolgung der muslimischen Bevölkerung verstärkt, schreibt Freedom House. Die autokratischen Tendenzen lassen Kritikerinnen und Kritiker an der Fairness der Wahl zweifeln. Ein Sieg der aus 28 Parteien bestehenden Oppositionskoalition INDIA (Indian National Development Inclusive Alliance) wäre eine Überraschung.

Stresstest auch in Europa und Amerika

Auch die EU-Wahl im Mai zählt zu den größten Wahlen in diesem Jahr, rund 400 Millionen Menschen wählen ein neues transnationales Parlament. Zusätzlich stehen in sieben EU-Ländern – darunter Österreich – auch nationale Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen sowie in fünf Ländern Regionalwahlen an.

Im November wählen auch die Vereinigten Staaten einen neuen Präsidenten. Dabei sieht es nach einer Wiederauflage von 2020 zwischen dem demokratischen amtierenden Präsidenten Joe Biden und dem republikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump aus.

Die Wahlen unterziehen die Demokratien auf den beiden Kontinenten einem Stresstest, wie auch eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos vom Dezember 2023 zeigt. In den sieben befragten westlichen Ländern sieht eine Mehrheit die Demokratie in einem schlechteren Zustand als vor fünf Jahren. Besonders pessimistisch blicken Befragte in Frankreich (73 Prozent) und den USA (70 Prozent) auf die jüngsten Entwicklungen.

Im mexikanischen Wahlkampf führen indes zwei Frauen in den Umfragen. Im Juni wählt das über 127 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen zählende Land wahrscheinlich zum erste Mal eine Frau als Präsidentin. Auch in Venezuela tritt mit Maria Corina Machado eine Frau zur Wahl gegen den amtierenden Präsidenten Nicolas Maduro an. Nach der letzten nicht freien und fairen Wahl 2018 hat sich die Regierung bereiterklärt, heuer internationale Wahlbeobachter einzuladen.

Wahlen in Putschgürtel wackeln

Die größte afrikanische Wahl, bei der rund 60 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner abstimmen, findet heuer in Südafrika statt. Seit dem Ende der Apartheid 1994 gelte das Land als Verfechter der Menschenrechte, so Freedom House. Doch seit Jahren schwindet unter der Bevölkerung nach einer Reihe von Korruptionsskandalen die Unterstützung für die regierende Partei African National Congress (ANC). Umfragen zufolge könnte die Partei erstmals überhaupt unter die 50-Prozent-Marke fallen.

Auf wackeligen Beinen stehen hingegen einige Wahlen im Putschgürtel rund um Westafrika, Zentralafrika und die Sahelzone. Die Wahl in Burkina Faso wird von der Militärregierung aufgrund von Sicherheitsbedenken blockiert, und auch in Mali steht die Militärführung auf der Bremse – angesetzt ist die Präsidentschaftswahl für Februar.

In den letzten Jahren gab es in Afrika wieder vermehrt Putsche, 14 davon seit August 2020. Und obwohl die Hintergründe lokal sehr unterschiedlich sind, lassen sich doch einige Parallelen ziehen. Etwa, dass das Vertrauen in die Demokratie selbst in Ländern, in denen kürzlich ein Staatsstreich stattgefunden habe, weiter bestehe, schreibt „Foreign Affairs“. Die Menschen wollten sich von Regime befreien, die vorgeben, demokratisch zu sein, aber oft die grundlegendsten Versprechen der Demokratie nicht einhielten.

Sandra Schober (Text, Daten), ORF.at/Agenturen

Links:

AMERIKA: USA, VENEZUELA, u.a.

USA: Industriestimmung verbessert sich etwas stärker als erwartet

TEMPE (dpa-AFX) – Die Stimmung in der US-Industrie hat sich im Dezember etwas stärker verbessert als erwartet. Der Einkaufsmanagerindex ISM stieg um 0,7 Punkte auf 47,4 Punkte, wie das Institute for Supply Management (ISM) am Mittwoch in Tempe mitteilte. Analysten hatten im Schnitt lediglich eine Verbesserung auf 47,1 Zähler erwartet.

Der Indikator liegt damit aber den 14. Monat in Folge unter der Schwelle von 50 Punkten, was auf eine schrumpfende Industrie hinweist. Es scheine sich keine positive Dynamik in dem Sektor aufzubauen, schreibt Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen. Die Erwartung sinkender Leitzinsen der US-Notenbank Fed werde daher nicht grundsätzlich infrage gestellt. …

DJN: Unter den stark beachteten Unterindizes fiel der für Neuaufträge auf 47,1 (Vormonat: 48,3), jener für die Beschäftigung legte zu auf 48,1 (45,8). Der Index für die Produktion nahm zu auf 50,3 (48,5), während der Subindex der Preise einen Rückgang auf 45,2 (49,9) auswies.

Zahl offener US-Stellen im November niedriger als erwartet

WASHINGTON (Dow Jones)–Die Zahl der offenen Stellen in den USA ist im November etwas niedriger als erwartet gewesen, was ein Anzeichen für eine Abschwächung des Arbeitsmarkts ist. Wie das Arbeitsministerium im Rahmen seiner Job Openings and Labor Turnover Summary (Jolts) mitteilte, gab es 8,8 (Oktober revidiert: 8,9) Millionen offene Stellen. Analysten hatten einen Anstieg auf 8,9 Millionen prognostiziert. Basis war ein vorläufiger Oktober-Wert von 8,7 Millionen gewesen. Die Zahl der freiwilligen Kündigungen sank auf 3,5 (3,6) Millionen und die Zahl der Entlassungen auf 1,5 (1,6) Millionen.

Streit um Teilnahme an US-Vorwahl: Trump wendet sich an Supreme Court

WASHINGTON (dpa-AFX) – Der frühere US-Präsident Donald Trump hat sich an das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten gewandt, um seine Teilnahme an der Vorwahl im Bundesstaat Colorado durchzusetzen. Das teilte Trumps Wahlkampfteam am Mittwoch (Ortszeit) mit. Trump will mit dem Schritt eine Entscheidung des höchsten Gerichts in Colorado kippen, wonach er sich wegen seiner Rolle beim Sturm auf das Kapitol 2021 für die Vorwahl in dem Bundesstaat disqualifiziert habe./jac/DP/he

Gericht stoppt Arbeitsmarktreformen von Argentiniens Präsident Milei

BUENOS AIRES (dpa-AFX) – Der ultraliberale argentinische Präsident Javier Milei hat bei seinem Versuch zur Beschneidung von Arbeitnehmerrechten einen juristischen Rückschlag erlitten. Ein Arbeitsberufungsgericht setzte per einstweiliger Maßnahme Mileis Arbeitsmarktreformen und damit einen wichtigen Teil seines Notstandsdekrets aus, wie nationale Medien am Mittwoch übereinstimmend berichteten. Die größte Gewerkschaft des Landes hatte zuvor dagegen geklagt.

Das Gericht befand, dass so viele und wichtige Maßnahmen zum Arbeitsmarkt nicht am Kongress vorbei per Dekret erlassen werden dürften. Die Regierung werde gegen die Entscheidung Berufung einlegen, berichtete der Fernsehsender TN unter Berufung auf die Staatsanwälte.

Milei hatte im Dezember ein Dekret mit insgesamt 30 Maßnahmen unterzeichnet, das die Aufhebung mehrerer Gesetze zur Regulierung des Arbeits- und Immobilienmarktes vorsieht. Dem Urteil zufolge werden die Arbeitsmarktreformen ausgesetzt, die tiefgreifende Änderungen wie die Einschränkung des Streikrechts, Änderungen bei den Entschädigungen und einen Einschnitt bei den Einnahmen der Gewerkschaften vorsehen.

Für den Gewerkschaftsbund CGT ist die Entscheidung des Gerichts ein Teilerfolg. „Diese gerichtliche Entscheidung bremst die regressive und arbeitnehmerfeindliche Arbeitsmarktreform“, teilte CGT laut TN mit. Die Gewerkschaft hatte zuletzt Tausende Menschen dazu mobilisiert, gegen den wirtschaftsliberalen Kurs der neuen Regierung auf die Straße zu gehen. Sie hat auch zu einem Generalstreik für den 24. Januar aufgerufen. Der letzte Streik des linken peronistischen Gewerkschaftsbunds war im Mai 2019, er hatte das Land weitgehend lahmgelegt.

Argentinien befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise. Die Inflationsrate liegt bei über 160 Prozent, rund 40 Prozent der Menschen in dem einst reichen Land leben unterhalb der Armutsgrenze. Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht. Die Landeswährung Peso verliert gegenüber dem US-Dollar immer weiter an Wert, der Schuldenberg wächst ständig./ppz/DP/he

ANALYSE – HINTERGRUND

ROUNDUP: Trump sucht Hilfe bei Oberstem US-Gericht – Kläger, Trumps Team, Beobachter nehmen Stellung – 15. Januar: Für Trump wird die Zeit knapp

WASHINGTON (dpa-AFX) – Der ehemalige US-Präsident Donald Trump will erneut ins Weiße Haus einziehen – und einen Streit über seine Teilnahme an den anstehenden Vorwahlen vor dem Obersten US-Gerichtshof austragen. Wie sein Wahlkampfteam mitteilte, wandte er sich am Mittwoch an den Supreme Court in Washington, um eine Entscheidung im Bundesstaat Colorado zu kippen, wonach er sich für die dortige Vorwahl disqualifiziert habe.

Kläger versuchen derzeit in diversen Bundesstaaten, Trumps Namen auf Grundlage seines Verhaltens am 6. Januar 2021 von Wahlzetteln für die Präsidentschaftsvorwahlen streichen zu lassen. Damals hatten Trumps Anhänger gewaltsam das Kapitol in Washington gestürmt – aufgewiegelt durch eine Rede des frisch abgewählten US-Präsidenten, der ohne Beweise behauptete, ihm sei der Sieg gegen Herausforderer Joe Biden durch massiven Betrug gestohlen worden. Fünf Menschen kamen ums Leben, die Bilder der Krawalle brannten sich ins kollektive Gedächtnis der USA.

Das sagen die Kläger

Wer als Präsidentschaftskandidat für die Republikaner oder die Demokraten antreten will, muss sich zunächst in parteiinternen Vorwahlen durchsetzen. Um Trump von diesen Vorwahl-Rennen zu disqualifizieren, argumentieren seine Gegner mit dem sogenannten Aufstandsverbot im 14. Verfassungszusatz. Demnach darf niemand ein höheres Amt im Staat bekleiden, der sich zuvor als Amtsträger an einem Aufstand gegen den Staat beteiligt hat. Zwar werden in der Passage einige Beispiele für solche höheren Ämter genannt, nicht explizit aufgeführt ist aber das Amt des Präsidenten.

In Bundesstaaten wie Michigan und Minnesota scheiterten die Versuche der Kläger, Trump zu disqualifizieren. In anderen Bundesstaaten stehen Entscheidungen noch aus. In Maine und Colorado fielen indes Beschlüsse gegen Trump. Die beiden Entscheidungen waren in Erwartung von Trumps Einspruch allerdings vorerst ausgesetzt worden. Man ging davon aus, dass die heikle politische Frage am Ende vor dem Obersten Gerichtshof der USA landen dürfte. Am Mittwoch teilte Trumps Wahlkampfteam dann mit, diesen Schritt tatsächlich gegangen zu sein.

Das sagt Trumps Team

Trumps Team will mit dem Antrag an das Oberste US-Gericht die Entscheidung des höchsten Gerichtes in Colorado kippen. Es handele sich um einen „unamerikanischen, verfassungswidrigen Akt der Wahleinmischung“, hieß es in der Mitteilung von Mittwoch. Das Gericht hatte im Dezember geurteilt, dass Trump nicht für das Präsidentenamt geeignet sei und daher nicht an der Vorwahl des Bundesstaates teilnehmen könne. Gegen eine ähnliche Entscheidung der obersten Wahlaufseherin in Maine hatte Trump davor ebenfalls Einspruch eingelegt, allerdings zunächst in einer unteren Instanz.

Vor dem Supreme Court argumentieren Trumps Anwälte laut US-Medien nun, das Gericht in Colorado habe seine Befugnisse überschritten – die Frage nach der Tauglichkeit eines Präsidenten sei eine Angelegenheit für den US-Kongress und nicht für staatliche Gerichte. Der Verfassungszusatz, auf den sich die Kläger berufen, sei im Falle Trumps nicht anwendbar. Neben dem Ex-Präsidenten hat auch die Organisation American Center for Law and Justice im Namen der republikanischen Partei in Colorado Berufung gegen die dortige Gerichtsentscheidung eingelegt.

Das sagen Beobachter

Der Supreme Court könnte die Frage theoretisch abweisen. Rechtsexperten rechnen aber damit, dass sich die Richterinnen und Richter der Sache annehmen, um juristisches Chaos im Wahljahr zu vermeiden. Trump hatte während seiner Amtszeit die Mehrheit im Gericht deutlich nach rechts verschoben: auf sechs der neun Sitze. Dennoch entschied das Oberste Gericht nicht immer in seinem Sinne.

„Ich fordere das Gericht auf, diesen Fall so schnell wie möglich zu prüfen“, kommentierte Colorados Ministerin für Äußere Angelegenheiten, Jena Griswold, bei X (vormals Twitter). Ähnlich äußerten sich Trump nahe stehende Politiker. „Der Oberste Gerichtshof sollte sich sofort mit diesem Fall befassen und die lächerliche Entscheidung des Gerichts in Colorado aufheben“, schrieb zum Beispiel der republikanische Senator von Missouri, Josh Hawley, bei X.

Schon jetzt wird der Fall in den USA mit der historischen Verhandlung über die Präsidentschaftswahl 2000 verglichen. Damals ging es um die Frage, ob die Stimmen im entscheidenden Bundesstaat Florida neu ausgezählt werden sollten. Der Supreme Court erklärte die Wahl für beendet und machte damit den Republikaner George W. Bush zum Präsidenten, der Demokrat Al Gore hatte das Nachsehen.

Das sagt die Uhr

Die Zeit drängt. Am 15. Januar beginnen die Vorwahlen der Republikaner mit der ersten Abstimmung im Bundesstaat Iowa. Die republikanischen Vorwahlen in Colorado und Maine stehen am 5. März an, dem sogenannten Super Tuesday, wenn in einer ganzen Reihe von US-Bundesstaaten abgestimmt wird. Die Wahlzettel allerdings werden mit einigem Vorlauf gedruckt.

Trump will im November wieder für die Republikaner antreten, und in Umfragen liegt er im Feld der republikanischen Bewerber bislang mit großem Abstand vorne. Für die Demokraten will Biden für eine zweite Amtszeit ins Rennen gehen. Er hat dabei keine ernstzunehmende interne Konkurrenz.

Neben der juristischen Auseinandersetzung über seine Teilnahme an den Vorwahlen stehen Trump in den kommenden Monaten auch mehrere große Gerichtsverfahren wegen diverser strafrechtlicher Vorwürfe bevor – unter anderem wegen des Kapitol-Sturms und seiner Versuche, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 nachträglich umzukehren./jac/DP/zb

ASIEN: CHINA, JAPAN u.a.

Erneut chinesische Ballons über Taiwan – Wahl möglicher Grund

TAIPEH (dpa-AFX) – Kurz vor der Präsidentschafts- und Parlamentswahl hat Taiwans Militär erneut mehrere verdächtige chinesische Ballons über seinem Gebiet entdeckt. Einer davon sei am Mittwoch von Westen über das Zentrum des ostasiatischen Inselstaats geflogen, die beiden anderen seien im Westen und Nordwesten über dem Meer entdeckt worden, teilte das Verteidigungsministerium am Donnerstag in Taipeh mit. Experten vermuten, die Ballons könnten zur Einschüchterung der Bevölkerung vor der Wahl dienen. Das Außenministerium in Peking antwortete am Donnerstagvormittag (Ortszeit) zunächst nicht auf eine Anfrage, was mit den Ballons beabsichtigt wird.

Die Vorfälle erinnern an den Überflug eines chinesischen Ballons in den USA im vergangenen Jahr. Washington warf Peking vor, diesen für Spionage eingesetzt zu haben. China sagte dagegen, der Ballon sei abgedriftet und diene Wettermessungen. Die USA schossen das Luftgefährt vom Himmel.

Die neuerlichen Entdeckungen über Taiwan könnten mit der Wahl am 13. Januar zu tun haben. „China nutzte absichtlich den vorteilhaften Südwest-Wind, um öfter solche unmotorisierten Wetterballons aufsteigen und über Taiwan fliegen zu lassen, und damit die Bevölkerung Taiwans vor der Wahl einzuschüchtern“, sagte Su Tzu-yun vom taiwanischen Institut für nationale Verteidigung und Sicherheitsforschung der Deutschen Presse-Agentur. Auch Michelle Lin von der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) sagte, dass die Ballons der Einschüchterung der Menschen in Taiwan dienten.

Ballons können Sicherheit der Luftfahrt gefährden

Seit Montag sichtete Taiwans Militär neun Ballons über seinem Gebiet.

Fünf davon flogen über die Insel. Su sagte, die über Taiwan gesichteten Ballons seien ähnlich groß wie Wetterballons. Jener in den USA sei größer gewesen. Laut Su könnten die Ballons jedoch in der Höhe, in der sie fliegen, die Sicherheit der Luftfahrt gefährden.

China schüchtert Taiwan und seine Regierung immer wieder ein. Peking zählt die Insel unter Verweis auf die Geschichte zu seinem Staatsgebiet und will eine Wiedervereinigung, notfalls auch mit militärischen Mitteln. Die noch amtierende DPP steht dagegen für die Unabhängigkeit. Die kommende Präsidentschafts- und Parlamentswahl, bei der 19,5 Millionen Menschen abstimmen sollen, wird über das weitere Verhältnis zwischen Taipeh und Peking mitentscheiden. Neben der DPP treten auch chinafreundliche Parteien wie die Kuomintang an./jon/DP/zb  

AUSTRALIEN

AFRIKA

ZENTRALASIEN

NAH-/MITTELOST: ISRAEL u.a.

Staatsmedien: 103 Tote bei Explosionen nahe Grab von getötetem General im Iran

Die Zahl der bei zwei Explosionen am Mittwoch im Iran getöteten Menschen hat sich nach Angaben der iranischen Staatsmedien auf 103 erhöht. Zahlreiche Verletzte seien gestorben, so dass die Zahl der Todesopfer gestiegen sei, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Irna. Die Explosionen ereigneten sich in der südlichen Stadt Kerman, in der zahlreiche Menschen am Mittwoch an den vierten Todestag des bei einem US-Angriff getöteten Generals Kassem Soleimani erinnerten. Die Explosionen ereigneten sich in der Nähe der Saheb al-Saman-Moschee. Irna hatte zuvor von 73 Toten berichtet. Weitere 141 Menschen wurden demnach bei den Explosionen verletzt, einige von ihnen schwer.

ROUNDUP 6: Rund 100 Tote nach Anschlag am Todestag von iranischem General – 3.1.2024, 21:50

TEHERAN (dpa-AFX) – Am Todestag des mächtigen iranischen Generals Ghassem Soleimani sind in dessen Heimatstadt Kerman bei zwei Explosionen rund 100 Menschen in den Tod gerissen worden. 211 weitere Menschen seien verletzt worden, berichteten Staatsmedien am Mittwoch. Irans Regierung sprach von einer Terrorattacke. Es war der tödlichste Anschlag in der rund 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik. Die Regierung ordnete für Donnerstag Staatstrauer an.

Der Hintergrund für die Explosionen war zunächst unklar. Zunächst reklamierte keine Gruppe den mutmaßlichen Anschlag für sich. Irans Regierung sprach von einer Terrorattacke. Die Bundesregierung und der Auswärtige Dienst der EU verurteilten den Anschlag als Terrorakt.

Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte, bislang habe die US-Regierung keine unabhängigen Informationen zu möglichen Hintergründen der Explosionen. „Zumindest für uns ist es noch zu früh, um sagen zu können, was die Ursache sein könnte“, sagte Matthew Miller am Mittwoch in Washington.

Terrorangriffe mit diesem Ausmaß sind im Iran äußerst selten. Der Zustand vieler Verletzten war laut Medienberichten kritisch. Die Sorge war groß, dass die Zahl der Opfer noch weiter steigen könnte. Irans Gesundheitsminister Bahram Eynollahi machte sich auf den Weg, um die Versorgung der Verletzten persönlich zu überwachen.

Irans Innenminister Ahmad Wahidi kündigte eine entschiedene Reaktion an. „Unsere Polizeikräfte sind wachsam und werden diejenigen, die dieses Verbrechen begangen haben, zur Rechenschaft ziehen“, sagte der Minister. Wahidi sagte, die meisten Menschen seien bei der zweiten Explosion ums Leben gekommen. Die genauen Hintergründe werden demnach untersucht. UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den Angriff auf Schärfste – die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Kerman ist die Heimat von Ghassem Soleimani, dem früheren Kommandeur der Auslandseinheiten der iranischen Revolutionswächter (IRGC). Die USA hatten ihn am 3. Januar 2020 im Irak durch einen Drohnenangriff getötet. Von systemtreuen Regierungsanhängern wird Soleimani als Märtyrer verehrt. Bei seiner Beerdigung kam es damals zu einer Massenpanik mit mehr als 50 Toten. Propagandabilder des Generals prangen auch an Häuserwänden in der Hauptstadt Teheran.

Kerman liegt in der gleichnamigen iranischen Provinz, umgeben von weiten Wüstengebieten. Auch am Mittwoch pilgerten Menschenmassen durch die Straßen der Provinzhauptstadt zu Soleimanis Grabstelle. Nur wenige Hundert Meter entfernt sollen sich die Explosionen ereignet haben. In einem live im Staatsfernsehen übertragenen Ausschnitt waren ein Knall und Schreie zu hören. In den Videos war zu sehen, wie Panik ausbrach und Menschen vom Ort der Explosionen flüchteten.

Reporter der Staatsagentur Irna sprachen von einem „entsetzlichen Geräusch einer Explosion“. Während einer Live-Schalte einer Reporterin des Staatsfernsehens waren Retter zu sehen, die mit Verletzten im Hintergrund in ein Krankenhaus eilten. Bilder von den Anschlagsorten zeigten blutüberströmte Gehwege, beschädigte Fahrzeuge und zerfetzte Kleidungsstücke. Sicherheitskräfte sperrten den Pilgerort ab. Krankenhäuser wurden in Alarmbereitschaft versetzt.

Vor mehr als einem Jahr hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) einen Anschlag auf ein schiitisches Heiligtum in der Kulturmetropole Schiras für sich reklamiert. Bei der Attacke im Oktober 2022 kamen mehr als ein Dutzend Menschen ums Leben./arb/DP/he

Israels Oberstes Gericht: Gesetz zur Amtsenthebung gilt erst später

TEL AVIV (dpa-AFX) – Eine Gesetzesänderung, die in Israel die Amtsenthebung eines Regierungschefs erschwert, soll erst in der nächsten Legislaturperiode in Kraft treten. Dies entschied das Oberste Gericht in Jerusalem in einem Urteil, das am Mittwoch veröffentlicht wurde. Sechs von elf der Richter waren für eine solche Verschiebung. Zur Begründung hieß es, das Gesetz sei eindeutig auf eine bestimmte Person zugeschnitten. Das Parlament habe daher mit der Billigung der Gesetzesänderung seine Autorität missbraucht.

Es hatte im März entschieden, dass für die Amtsenthebung eines Ministerpräsidenten künftig eine Drei-Viertel-Mehrheit erforderlich sein soll. Die Änderung war besonders umstritten, weil sie als persönlich auf Regierungschef Benjamin Netanjahu und dessen Bedürfnisse zugeschnitten gilt. Ihm wird vorgeworfen, er wolle sich damit gegen eine Amtsenthebung schützen. Gegen den 74-Jährigen läuft seit längerer Zeit ein Korruptionsprozess. Die Opposition hatte das neue Gesetz als „unanständig und korrupt“ verurteilt.

Laut der Gesetzesänderung wäre die Amtsenthebung eines Ministerpräsidenten nur wegen psychischer oder anderer Gesundheitsgründe möglich. Damit sollte eine Einflussnahme des Höchsten Gerichts oder der Generalstaatsanwaltschaft verhindert werden.

Am Montag hatte das Oberste Gericht bereits in einer dramatischen Entscheidung ein Kernelement der umstrittenen Justizreform in Israel gekippt. Bei der kassierten Gesetzesänderung ging es im Kern darum, dass dem Obersten Gericht die Möglichkeit genommen wurde, gegen „unangemessene“ Entscheidungen der Regierung, des Ministerpräsidenten oder einzelner Minister vorzugehen. Kritiker hatten gewarnt, dass dies Korruption und die willkürliche Besetzung wichtiger Posten fördern könnte./le/DP/stw

EUROPA

Frankreich: Inflation steigt wieder über 4 Prozent

PARIS (dpa-AFX) – In Frankreich hat sich die Inflation Ende des vergangenen Jahres wie erwartet verstärkt. Die zu europäischen Vergleichszwecken erfassten Verbraucherpreise (HVPI) legten gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,1 Prozent zu, wie das Statistikamt Insee am Donnerstag in Paris nach einer ersten Schätzung mitteilte. Analysten hatten dies im Schnitt erwartet. Im November waren die Preise um 3,9 Prozent gestiegen.

Im Monatsvergleich legten die Preise im Dezember um 0,1 Prozent zu, wie das Statistikamt weiter mitteilte. In dieser Betrachtung hatten Analysten einen stärkeren Anstieg um 0,3 Prozent erwartet.

Zum Jahresende haben sich Nahrungsmittel überdurchschnittlich stark verteuert, mit 7,1 Prozent im Jahresvergleich. Außerdem verteuerten sich Tabakwaren vergleichsweise stark um 9,8 Prozent. Deutlich schwächer als der Durchschnitt verteuerten sich hingegen Waren des verarbeitenden Gewerbes; hier betrug der Anstieg im Dezember laut Insee nur 1,4 Prozent./jkr/la/jha/

Ungarn gibt Deutschland Mitschuld für zunehmende Terrorgefahr

Budapest – Der Chef-Sicherheitsberater von Ungarns Ministerpräsident Victor Orbán, György Bakondi, warnt vor einer erhöhten Terrorgefahr durch illegale Migration. Deutschlands Migrationspolitik seit 2015 hätte dies erst möglich gemacht, sagte er der „Welt“.

Zudem sehe Westeuropas Zukunft wegen einer Ausbreitung des politischen Islam ohne baldige Migrationswende düster aus.

Laut Bakondi wurden an Ungarns Grenze bereits Islamisten und Personen aufgegriffen, „die vorhatten, in Europa Morde zu begehen“. Auch hätten aufgegriffene Afghanen „enge Verbindungen zu der Taliban-Regierung oder zu deren Geheimdienst“. Die Situation an der Außengrenze eskaliere aufgrund bewaffneter Schlepperbanden zunehmend.

2022 und 2023 sei es an der Südgrenze zu 2.000 „bewaffneten Zwischenfällen“ gekommen, was „überwiegend Warnschüsse“ gewesen seien.

Bakondi gibt Deutschland eine Mitschuld an dem wachsenden Antisemitismus und der zunehmenden Terrorgefahr: „Es besteht kein Zweifel daran, dass Deutschlands Migrationspolitik es möglich gemacht hat, dass eine große Anzahl an illegalen Migranten, darunter Kriminelle und Terroristen, in die Europäische Union kommen konnten.“

Zudem sei es „viel mehr eine Tatsache, dass die hohen Sozialgelder in Deutschland erheblich zur illegalen Migration beitragen“, kritisiert er. Auch eine rasche Verleihung der Staatsbürgerschaft werde „von Islamisten stets als Einladungen“ verstanden.

Westeuropas Zukunft sehe ohne eine baldige Migrationswende düster aus: „Da die Bedrohung durch den Terrorismus enorm zunimmt, besteht für Westeuropa nur noch die einzige Chance darin, dass im Zuge der Europawahlen im nächsten Jahr eine harte Politik gegen illegale Migration stärker unterstützt wird“, sagte Bakondi.  

Regierungspartei in Serbien gewinnt Wahl nach Auszählung aller Stimmen

Die rechtsnationale Regierungspartei SNS von Präsident Aleksandar Vucic hat nach Auszählung aller Stimmen die Parlamentswahl in Serbien gewonnen. Wie die nationale Wahlkommission RIK am Mittwoch auf ihrer Website angab, kam Vucics Partei auf 46,75 Prozent der Stimmen, während das lose Oppositionsbündnis „Serbien gegen Gewalt“ 23,66 Prozent erzielte.

Tschechien verlängert Grenzkontrollen zur Slowakei

PRAG/BRATISLAVA (dpa-AFX) – Tschechien verlängert seine vorübergehenden Grenzkontrollen zur Slowakei um knapp einen Monat bis zum 2. Februar. Das gab Innenminister Vit Rakusan nach einer Kabinettssitzung am Mittwoch in Prag bekannt. Mit der Maßnahme will Tschechien irreguläre Migration und Schleuserkriminalität bekämpfen. Beide Länder gehören dem Schengen-Raum an, in dem eigentlich passfreies Reisen möglich sein soll.

Seit dem Beginn der Kontrollen Anfang Oktober seien bereits mehr als 680 000 Personen überprüft worden, sagte Rakusan. Mehr als 1100 Menschen seien an der Grenze zurückgewiesen worden. Weitere mehr als 120 Personen seien im Rahmen eines Rücknahmeabkommens an die Slowakei überstellt worden. Wegen mutmaßlicher Schleuserkriminalität seien bisher 58 Menschen festgenommen worden.

Die Slowakei will ihre Grenzkontrollen zu Ungarn indes auslaufen lassen. Sie wurden zuletzt bis zum 22. Januar verlängert. Eine weitere Verlängerung sei derzeit nicht notwendig, weil die Lage „relativ ruhig und stabil“ sei, sagte Innenminister Matus Sutaj Estok am Mittwoch in einem TV-Interview. Er erwarte allerdings, dass ab dem Frühjahr wieder „größere Probleme“ entstehen könnten. Dann könne auch die Slowakei erneut Grenzkontrollen einführen./hei/ct/DP/he

DEUTSCHLAND

WAHLUMFRAGEN

WEITERE MELDUNGEN

Regen lässt in Hochwassergebieten nach – Entspannung in Sicht – 4.1.2024, 9;05

HANNOVER (dpa-AFX) – Der Regen in Niedersachsen soll am Donnerstag und in den kommenden Tagen nachlassen – das könnte die angespannte Hochwasserlage in Niedersachsen entschärfen.

Ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes teilte am Donnerstagmorgen mit, dass endlich von Entspannung gesprochen werden könne. Zwar werde am Freitag nochmal Regen erwartet, aber wenig im Vergleich zu den letzten Tagen. Insgesamt werde es trockener und wesentlich kälter. Ab dem Wochenende sei ein Wintereinbruch zu erwarten mit Schneeschauern, Dauerfrost tagsüber und Glätte bei Temperaturen bis zu minus sieben Grad.

Auch in Sachsen-Anhalt könnte sich die Hochwasserlage leicht entschärfen. „Es wird trockener, die ergiebigen Regenfälle hören auf“, sagte Cathleen Hickmann vom Deutschen Wetterdienst am Donnerstag. Für den Tagesverlauf und für Freitag werde zwar noch gebietsweise leichter Sprühregen erwartet, es seien aber längst nicht mehr die Mengen der vergangenen Tage. Insgesamt werde es trockener und wesentlich kälter./hae/DP/nas

Experte: Hoher Wasserdruck lässt Gefahr für Deichbrüche wachsen

HANNOVER (dpa-AFX) – Der bereits über Tage anhaltende Wasserdruck und teils wieder steigende Flusspegel lassen laut einem Experten aktuell die Gefahr für örtliche Deichbrüche wachsen. „Bislang haben wir keine Deichbrüche gesehen, da der technische Hochwasserschutz gut funktioniert und vor allem die Katastrophenhilfe ausgezeichnet organisiert ist“, sagte der Leiter des Ludwig-Franzius-Instituts für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen an der Leibniz Universität Hannover, Torsten Schlurmann, der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Doch vielerorts seien Deiche infolge der schon seit Tagen anhaltenden Hochwasserlage geschwächt. Durch nun erneut steigende Wasserstände nach Dauerregen werde die Belastung für die Deiche noch einmal stärker.

„Die Deiche schützen vor Hochwasser hinreichend gut, solange sich Wasser nicht über längere Zeit an ihnen staut“, sagte der Professor für Wasserbau und Küsteningenieurwesen. Die Standfähigkeit eines Deiches hänge dann von vielen verschiedenen Faktoren ab, etwa davon, wie groß der Gradient zwischen dem Druck durch den Wasserstand im Fluss und der Landseite des Deiches sei, aus welchem Material der Deich gebaut sei und auf welchem Untergrund dieser stehe.

Eine wichtige Aufgabe der Einsatzkräfte sei es daher, die Deiche stetig zu beobachten, etwa durch Deichläufer am Boden oder mithilfe von Drohnen aus der Luft. Denn bei einem möglichen Deichbruch seien vorher Anzeichen zu erkennen. Je größer der Wasserstand im Fluss werde und je länger der Einstau anhalte, desto mehr Wasser werde durch den Deich gedrückt, sagte Schlurmann. „Was dann unweigerlich passieren kann, ist, dass das Wasser Material aus dem Inneren des Deichs ausschwemmt. Dann verliert der Deich an innerer Tragfähigkeit. Sobald Wasser so den Deich durchsickert und an der Landseite austritt, ist das ein sicheres Anzeichen, dass Gefahr im Verzug ist.“

Dann müssten unverzüglich Maßnahmen getroffen werden, etwa indem solche Stellen mit Sandsäcken in sogenannten Quellkaden, einer Technik der Deichverteidigung, gesichert werden. Eine Entspannung der Lage erwartet der Wissenschaftler erst am Wochenende./len/DP/stw

Lage in Hochwassergebieten bleibt kritisch – 3.1.2024, 11:30

Brücken-Hackpfüffel – Die Lage in den Hochwassergebieten in Deutschland bleibt weiter kritisch. Besonders betroffen sind neben Niedersachsen weiterhin der Süden von Sachsen-Anhalt und der Norden von Thüringen sowie teilweise Gebiete in Nordrhein-Westfalen.

In Sachsen-Anhalt hatte zuletzt der Landkreis Mansfeld-Südharz Kräfte der Bundeswehr zur Hilfe angefordert, die Soldaten sollen die Einsatzkräfte vor Ort bei der Sandsackbefüllung und der Deichverteidigung unterstützen. In einigen Orten wurde zudem die Schulpflicht am Donnerstag und Freitag ausgesetzt – die Schulen in den betroffenen Ortschaften Kelbra, Roßla und Wallhausen bleiben an diesen Tagen geschlossen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt unterdessen weiterhin vor Dauerregen, der noch bis Donnerstag anhalten könnte. In den betroffenen Gebieten werden aber nicht nur steigende Pegel, sondern auch durchweichte Deiche mit Sorge beobachtet.

Diese müssen mit Sandsäcken stabilisiert werden. In Niedersachsen sind die Reserven von Sandsäcken bereits ausgeschöpft, sodass Hilfe aus anderen Bundesländern nötig wurde. Aktuell sind dort zahlreiche Pegel weiterhin über der höchsten Meldestufe 3 – insbesondere betroffen sind aktuell die Einzugsgebiete der Aller, Leine und Oker sowie Hase und Hunte. In den kommenden Tagen ist zudem im Oberlauf der Weser erneut mit einer Verschärfung der Hochwasserlage zu rechnen.

Auch in Sachsen-Anhalt arbeiten die Einsatzkräfte derzeit daran, die Deiche zu verstärken und zu sichern. In Thüringen gehen die Behörden davon aus, dass die Wasserstände an den Pegeln ab Donnerstagmittag wieder langsam fallen werden.

Studie: Mehrheit der Menschen rechnet mit wirtschaftlicher Verschlechterung 2024

Die Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher rechnet in diesem Jahr mit einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Nach einer Studie der Unternehmensberatung EY gehen 54 Prozent der Befragten von einer Verschlechterung und nur 15 Prozent von einer Verbesserung aus. 31 Prozent rechnen mit einer gleichbleibenden Situation. Vor einem Jahr lag der Anteil der Pessimisten allerdings noch bei 65 Prozent.

ROUNDUP: Wohnungsbau-Krise wird sich 2024 wahrscheinlich verschärfen

MÜNCHEN/BERLIN (dpa-AFX) – Ökonomen und Baubranche erwarten im neuen Jahr eine anhaltende Talfahrt des Wohnungsbaus. Das Münchner Ifo-Institut schätzt, dass 2024 lediglich 225 000 Wohnungen fertiggestellt werden könnten, 45 000 weniger als im vergangenen Jahr. Pessimistisch sind auch die wichtigsten Branchenverbände: der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, auch wenn die jeweiligen Prognosezahlen sich etwas unterscheiden.

Ökonom erwartet neuen Tiefstwert bei Einfamilienhäusern

Ifo-Ökonom Ludwig Dorffmeister geht von 70 000 Fertigstellungen von neuen Ein- und Zweifamilienhäusern für 2024 aus, das wäre nach 2009 ein neuer gesamtdeutscher Tiefstwert. „Der Mehrfamilienhausbau einschließlich Wohnheimen hält sich mit 125 000 neu errichteten Wohneinheiten besser.“ 2023 wurden nach Ifo-Schätzung noch etwa 25 000 neue Wohnungen mehr in Mehrfamilienhäusern gebaut.

Und schlussendlich könnten nach Ifo-Prognose 2024 in bereits bestehenden Häusern sowie in Nichtwohngebäuden noch weitere 30 000 Wohnungen entstehen, was in Summe dann die von Dorffmeister genannten 225 000 ergeben würde.

Auch die DZ Bank – das Zentralinstitut der deutschen Genossenschaftsbanken – geht davon aus, dass sich die Talfahrt weiter beschleunigen wird: Als Folge der Baukrise könnten die jährlichen Fertigstellungen bis 2025 auf 200 000 Wohnungen fallen, heißt es in der kürzlich veröffentlichten Prognose.

Politisches Ziel der Bundesregierung sind 400 000 neue Wohnungen im Jahr. Viele Fachleute hielten diese Zahl schon in besseren Zeiten für kühn, mittlerweile gilt sie als unerreichbar.

Bauverbände ebenfalls pessimistisch für 2024

„Wir blicken mit Sorgen ins kommende Jahr, vor allem der Wohnungsbau trübt die Aussichten“, sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrie-Verbands. „Angesichts der deutlich eingebrochenen Auftragseingänge dürfte er sich 2024 im Vergleich zum Vorjahr weiter verschlechtern.“

Der Verband vertritt hauptsächlich größere Firmen. Für das vergangene Jahr geht die Bauindustrie von 250 000 fertiggestellten Wohnungen aus, für das neue Jahr von einem weiteren Rückgang.

Der Zentralverband des Baugewerbes – Interessenvertretung mittelständischer Bauunternehmen – erwartet nach Worten von Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa 2024 einen Umsatzeinbruch von minus 13 Prozent im Bauhauptgewerbe und noch 235 000 neue Wohnungen.

Weniger pessimistisch war in einem im Dezember veröffentlichten Gutachten für den Bund das DIW Berlin, welches nur einen vergleichsweise geringfügigen Rückgang von 270 000 neuen Wohnungen 2023 auf 265 000 in diesem Jahr vorhersagt.

Dass sich der Wohnungsbau in den nächsten Jahren quasi von allein wieder erholt, erwartet indes kaum jemand. „Ohne einen grundlegenden Wandel in der Wohnungsbaupolitik mit besseren Förderungs- und Abschreibungsbedingungen für die Hausbauer und einfacheren Bauvorgaben für die Branche sind 2025 dann selbst 200 000 Wohnungen nicht mehr machbar“, sagt Baugewerbe-Hauptgeschäftsführer Pakleppa.

Anstieg bei Baukosten und Zinsen – Unsicherheit am Markt

Was sind die Ursachen? Seit 2020 sind sowohl die eigentlichen Baukosten als auch die Kreditzinsen erheblich angestiegen. Hinzu kommen das Hin und Her der vergangenen Jahre um die Förderprogramme des Bundes und die aktuellen Haushaltskürzungen der Ampel-Koalition. Auch ausufernde Bürokratie und stete Verschärfung der Bauvorschriften werden von Baufirmen und -fachleuten immer wieder genannt.

Vor allem in den Städten suchen viele Menschen händeringend Wohnungen. Die Immobilienpreise sind im vergangenen Jahr gesunken, doch die Mieten vielerorts weiter gestiegen.

„Die aktuellen Haushaltsquerelen machen die Rahmenbedingungen auch nicht günstiger“, sagt Ifo-Baufachmann Dorffmeister. „Speziell der Wohnungsneubau hat aber zuletzt sowieso kaum noch von öffentlichen Geldern profitiert.“

Drei Monate nach dem Wohnungsbaugipfel im Kanzleramt seien alle als Konjunkturimpuls geplanten Maßnahmen gestoppt oder on hold gestellt worden, kritisiert Bauindustrie-Hauptgeschäftsführer Müller die Bundesregierung. „Es fehlt auch eine klare Perspektive für die kommenden Jahre, weshalb die Unsicherheit am Markt immens ist.“

Abbau von Kapazitäten und Stellenstreichungen drohen

Laut einer Ifo-Umfrage lag die Auslastung der Hochbaufirmen im Dezember saisonbereinigt nur noch bei rund 66 Prozent, der niedrigste Wert seit dem Frühjahr 2010. „Die Saisonbereinigung für einzelne winterliche Monate funktioniert sicherlich nicht immer einwandfrei. Der Dezember-Wert fügt sich aber gut in die 2023 beobachtete Abwärtstendenz ein“, sagt Dorffmeister dazu.

Ein nahendes Schreckgespenst am Horizont ist Personalabbau in der Baubranche. „Schon jetzt ist es bittere Realität, dass jedes zweite Unternehmen im Wohnungsbau unter Auftragsmangel leidet“, sagt Müller. „Angesichts dieser Entwicklung werden wir 2024 erstmalig seit 2008 in unserer Branche einen Rückgang der Beschäftigung erleben.“

Im Baugewerbe werden schon seit einiger Zeit entsprechende Warnungen laut: Denn haben die Unternehmen erst einmal Mitarbeiter abgebaut, würde eine Wiederankurbelung des Wohnungsbaus allein wegen geschrumpfter Kapazitäten schwierig. „Jetzt muss es darum gehen, einen massiven Absturz zu verhindern, der für die Wohnungsbaubranche, aber auch für den sozialen Zusammenhalt dramatisch wäre“, fordert Bauindustrie-Hauptgeschäftsführer Müller./cho/DP/zb

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DIW: Hochwasserkatastrophe zeigt Unsinnigkeit der Schuldenbremse

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat die Schuldenbremse vor dem Hintergrund der aktuellen Hochwasserlage scharf kritisiert. „Die Hochwasserkatastrophe in Teilen Deutschlands wird wohl eine Ausnahme von der Schuldenbremse, sowohl für den Bund als auch für einige Länder wie Niedersachsen, notwendig machen“, sagte Fratzscher. „Diese Katastrophe wird den Staat voraussichtlich einen erheblichen Milliardenbetrag kosten, der nicht aus den laufenden Haushalten gedeckt werden kann.“ Die Alternative zu einer Ausnahme der Schuldenbremse wäre ein noch härterer Sparkurs, der die deutsche Wirtschaft weiter schwächen würde.

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Gemeindebund sieht ‚keinen Anlass‘ für Aussetzung der Schuldenbremse

BERLIN (dpa-AFX) – Trotz des Hochwassers in Teilen Deutschlands sieht Gemeindebund-Präsident Uwe Brandl (CSU) „überhaupt keinen Anlass“ für ein Aussetzen der Schuldenbremse. „Da würde ich zur Gelassenheit und zur Zurückhaltung raten“, sagte der Chef des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) am Mittwoch in Berlin. Schließlich könne man „alle fünf Minuten irgendeine andere schwierige Situation vorfinden“, die eine Aussetzung der Schuldenbremse rechtfertigen könnte.

Stattdessen gehe es um eine richtige Priorisierung der zur Verfügung stehenden Gelder. Dabei stellte Brandl insbesondere Sozialleistungen in Frage. „Mehr als 70 Milliarden Euro haben alleine die Kommunen im letzten Jahr für Sozialleistungen ausgegeben“, sagte er. Die Summe habe sich innerhalb von 20 Jahren verdoppelt. Das sei keine nachhaltige und ausgeglichene Entwicklung. Daher müsste sich die Bundesregierung die Frage stellen, ob beispielsweise einkommensunabhängige Zahlungen der richtige Weg seien.

Für das Jahr 2024 prognostiziert der DStGB allein für die kommunale Ebene ein finanzielles Defizit von zehn Milliarden Euro. „Das ist eine deutliche Zahl, die uns zu denken geben sollte“, sagte Brandl. Über das Aussetzen der Schuldenbremse könne man aber erst nachdenken, wenn die geforderte Priorisierung und Umstrukturierung der Gelder nicht funktioniere./ram/DP/stw

Nahles: Mehrheit der Arbeitslosen sucht nur Helferjobs

Nürnberg – Die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles, blickt besorgt auf die zunehmende Diskrepanz zwischen vielen offenen Stellen und gleichzeitig einer steigenden Arbeitslosigkeit. „Wir haben mittlerweile zwei Arbeitsmärkte“, sagte sie den Sendern RTL und ntv.

„Einer, der geprägt ist durch Wachstum, durchaus gerade im Dienstleistungsbereich und durch Fachkräftemangel, auf der anderen Seite haben wir aber auch leider festgestellt, dass die Arbeitslosigkeit steigt.“ Und das werde aus ihrer Sicht deutlich mit Blick auf die Zahlen: „Von zehn offenen Stellen, die gemeldet werden, werden acht Mal Fachkräfte gesucht, aber 61 Prozent der Arbeitssuchenden suchen nur Helferjobs, weil sie die Qualifikation nicht haben“, so Nahles. Ein weiterer Grund seien regionale Unterschiede: „Wir haben Regionen, die suchen händeringend und andere, da ist die Arbeitslosigkeit relativ hoch.“

Außerdem würden viele Unternehmen aktuell eher Arbeitskräfte halten, als neue einzustellen, die Zahl der offenen Stellen sei deutlich zurückgegangen.

ROUNDUP 2/Bundesagentur: Verfestigte Arbeitslosigkeit bei Minderqualifizierten

NÜRNBERG (dpa-AFX) – Konjunkturschwäche und Fachkräftemängel haben den deutschen Arbeitsmarkt gespalten. Einerseits werde in einigen Dienstleistungsbranchen, etwa bei Wirtschaftsprüfern oder in der Pflege, händeringend Personal gesucht, sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, am Mittwoch bei der Vorstellung ihrer Dezember-Statistik in Nürnberg. Andererseits gebe es in konjunkturabhängigen Branchen wie auf dem Bau, im Einzelhandel oder bei der Zeitarbeit kaum noch Aufwuchs bei der Beschäftigung. Regional sei Ostdeutschland von stagnierender oder sinkender Beschäftigung stärker betroffen als der Westen.

Einerseits werde der Fachkräftemangel auch im laufenden Jahr ein großes Thema bleiben, kündigte Nahles an. Schon jetzt gehe der Beschäftigungszuwachs zu 100 Prozent auf das Konto von Menschen mit ausländischem Pass. Auf der anderen Seite: 61 Prozent der Arbeitslosen seien auf der Suche nach Helferjobs, die es immer weniger gebe. „Wir sprechen von verfestigter Arbeitslosigkeit in dem Bereich.“

Die Gruppe weniger qualifizierter Arbeitsloser werde es hingegen immer schwerer haben, eine Arbeitsstelle zu finden. Deshalb sei Qualifizierung bitter notwendig, ganz egal, ob es um eine jahrelange Weiterbildung gehe, ein Schweißer-Zertifikat oder einen Führerschein.

Finanzierung für Weiterbildung fraglich

Die Analyse von Nahles dürfte auch als eine Art Appell an die Bundesregierung zu verstehen sein. Qualifikationsmaßnahmen etwa für Langzeitarbeitslose werden – nicht wie Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld – aus den Beiträgen der Arbeitslosenversicherung bezahlt, sondern aus Steuermitteln. Die Bundesagentur bangt nach früheren Angaben von Nahles um Hunderte von Millionen Euro in diesem Topf, die den Sparrunden der Bundesregierung zum Opfer fallen könnten. Vor allem aber brauche die Bundesagentur Planungssicherheit – und deswegen schnelle Klarheit.

Hinzu kommt, dass eigentlich als Zuschüsse gewährte Milliardenhilfen des Bundes aus der Corona-Zeit zurückgezahlt werden sollen, wie ein in Berlin kursierender Gesetzentwurf vorsieht – 5,2 Milliarden Euro in den nächsten Jahren. Dies belaste aber nicht die aktive Arbeitsmarktpolitik, sondern verzögere das Bilden einer Rücklage.

Die Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Leonie Gebers, sprach von einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Arbeitskräftesicherung bleibe Garant des Wohlstands und damit eine zentrale Aufgabe für alle Akteure am Arbeitsmarkt, betonte sie. „Ob Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen, Förderung von Weiterbildung in Betrieben, die besonders vom Strukturwandel betroffen sind, oder die intensive Betreuung Geflüchteter nach deren Einstellung durch engagierte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber – es braucht das gesamtgesellschaftliche Engagement zur Arbeitskräftesicherung und zur Wohlstandssicherung in Deutschland.“

Nahles: Arbeitslosigkeit im historischen Vergleich niedrig

Im Dezember ging die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im Vergleich zum November vor allem saisonbedingt um 31 000 auf 2,637 Millionen Menschen nach oben. Die Arbeitslosenquote sei um 0,1 Punkte auf 5,7 Prozent gestiegen, teilte die Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch mit. Im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres stieg die Zahl der Arbeitslosen um 183 000. Die Bundesagentur griff für die Statistik auf Datenmaterial zurück, das bis zum 13. Dezember vorlag.

„Mit Beginn der Winterpause haben Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung im Dezember, wie in diesem Monat üblich, zugenommen“, sagte Nahles. Auch ein leichter Anstieg der Kurzarbeit sei zu verzeichnen. Allerdings wachse auch die Beschäftigung weiter und die Nachfrage der Unternehmen nach neuem Personal hat sich im Dezember nicht weiter abgeschwächt.“ Im Dezember verzeichnete die Bundesagentur 713 000 offene Stellen, 68 000 weniger als ein Jahr zuvor. Die Nachfrage nach Arbeitskräften sinke auf hohem Niveau schon seit Ende 2022.

Nahles betonte, das abgelaufene Jahr 2023 zähle insgesamt zu den Jahren mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit seit der deutschen Wiedervereinigung. Die schwache Konjunktur habe jedoch Spuren am Arbeitsmarkt hinterlassen. Im Jahresdurchschnitt seien 2,609 Millionen Menschen arbeitslos gewesen, 191 000 mehr als im Schnitt des Vorjahres. Die Kurzarbeit habe sich im langjährigen Vergleich auf moderatem Niveau bewegt.

Für 2024 rechnet sie insgesamt mit einer „moderat besseren Entwicklung“ auf dem Arbeitsmarkt, einsetzend ab dem zweiten Quartal./dm/DP/mis

Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung zum Jahresende gestiegen

Nürnberg – Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Dezember 2023 um 183.000 gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Gegenüber dem Vormonat legte sie um 31.000 auf 2,637 Millionen Arbeitssuchende zu, teilte die Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch mit.

Saisonbereinigt kletterte die Zahl der Arbeitslosen im Dezember gegenüber dem Vormonat um 5.000. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,1 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. „Mit Beginn der Winterpause haben Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung im Dezember wie in diesem Monat üblich zugenommen“, sagte BA-Chefin Andrea Nahles in Nürnberg. Die Beschäftigung wachse weiter und die Nachfrage der Unternehmen nach neuem Personal habe sich im Dezember nicht weiter abgeschwächt. „Allerdings wurde Kurzarbeit zuletzt wieder etwas mehr in Anspruch genommen“, so Nahles.

Die Unterbeschäftigung, die neben der Arbeitslosigkeit auch Arbeitsmarktpolitik und kurzfristige Arbeitsunfähigkeit umfasst, stieg saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 11.000: Sie lag im Dezember bei 3,484 Millionen Personen, dies waren 171.000 mehr als vor einem Jahr. Ohne die Berücksichtigung ukrainischer Geflüchteter hätte die Unterbeschäftigung um 126.000 über dem Vorjahreswert gelegen. Im letzten Monat des Jahres waren 713.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 68.000 weniger als vor einem Jahr. Der BA-Stellenindex (BA-X) – ein Indikator für die Nachfrage nach Personal in Deutschland, der neben dem Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen auch den Zugang berücksichtigt – stieg im Dezember um einen Punkt auf 116 Zähler.

Im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnet der BA-X einen Rückgang von zwölf Punkten. 833.000 Personen erhielten im Dezember 2023 Arbeitslosengeld, 91.000 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) lag bei 3,932 Millionen. Gegenüber Dezember 2022 war dies ein Anstieg um 95.000 Personen.

7,2 Prozent der in Deutschland lebenden Personen im erwerbsfähigen Alter waren damit hilfebedürftig.

2023 erneut Rekorderlös aus Emissionshandel: 18,4 Milliarden Euro

BERLIN (dpa-AFX) – Deutschland ist im vergangenen Jahr erneut eine Rekordsumme aus dem Verkauf von Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten zugeflossen – insgesamt rund 18,4 Milliarden Euro. Das sind rund 40 Prozent mehr als 2022, wie die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) am Donnerstag in Berlin mitteilte. Die DEHSt ist beim Umweltbundesamt angesiedelt.

Maßgeblicher Treiber war den Angaben zufolge das nationale Emissionshandelssystem für Wärme und Verkehr. Dort wurden deutlich mehr Zertifikate verkauft als 2022, so dass die Einnahmen um 67 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro stiegen. Die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel kletterten um zwölf Prozent auf 7,7 Milliarden Euro.

Einnahmen fließen in Klima- und Transformationsfonds

Das Geld fließt vollständig in den Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem Energiewende- und Klimaschutz-Maßnahmen finanziert werden. Mit dem Geld wird laut Bundesregierung unter anderem die energetische Gebäudesanierung, die Dekarbonisierung der Industrie sowie der Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Elektromobilität und der Ladeinfrastruktur gefördert.

Der massive Anstieg bei den verkauften Zertifikaten im nationalen Handel ist laut Handelsstelle nicht auf gestiegene Emissionen im Verkehrs- und Gebäudebereich zurückzuführen. Auf Basis vorläufiger Schätzungen gehe man für 2023 von sinkenden Emissionen gegenüber 2022 aus. Ursächlich für den Anstieg sei vielmehr der große Nachholbedarf von Unternehmen gewesen. Sie hätten nach der Entscheidung der Politik, den CO2-Preis 2023 nicht anzuheben, den Kauf ihrer Zertifikate auf 2023 verschoben. Der Festpreis lag in den Jahren 2022 und 2023 einheitlich bei 30 Euro je Zertifikat.

„Die CO2-Bepreisung über den Emissionshandel ist ein entscheidender Hebel, um die gesetzlichen Klimaziele zu erreichen“, betonte der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner. In Deutschland seien bereits über 85 Prozent der Emissionen vom Emissionshandel erfasst. Dies setze maßgebliche Impulse für den klimaschonenden Umbau der Gesellschaft.

UBA-Präsident fordert zügige Einführung des Klimageldes

„Entscheidend ist, dass die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung vollständig für eine aktive sozial- und wirtschaftspolitische Flankierung der klimaneutralen Transformation eingesetzt werden“, sagte Messner weiter. Messner forderte in diesem Zusammenhang erneut eine zügige Einführung des von der Koalition geplanten Klimageldes, „um einen Ausgleich für die privaten Haushalte auch bei weiter steigenden CO2-Preisen sicherzustellen“.

Vor dem Hintergrund des Klimawandels soll die Bepreisung von Kohlendioxid Wirtschaft und Verbrauchern einen Anreiz geben, weniger fossile Brennstoffe zu verwenden. Kraftwerke, große Industrieanlagen und der innereuropäische Luftverkehr benötigen die europäischen Berechtigungen – pro Tonne ausgestoßenem CO2 müssen sie ein Zertifikat bei der Emissionshandelsstelle abgeben. Erwerben können sie diese Verschmutzungsrechte unter anderem bei Versteigerungen an der Energiebörse in Leipzig. Die Menge der verfügbaren Berechtigungen wird jährlich gesenkt, um die Emissionen schrittweise immer stärker zu begrenzen.

Europäische Zertifikate kosteten 2023 im Schnitt 83,66 Euro

Die Preise für die europäischen Zertifikate sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Kostete ein Zertifikat 2020 im Jahresdurchschnitt knapp 25 Euro pro Tonne CO2, wurden 2023 im Schnitt 83,66 Euro fällig. Der Höchstpreis der Zertifikate betrug im vergangenen Jahr 101,25 Euro.

Neben dem seit 2005 begonnenen europäischen Emissionshandel (EU-ETS) startete 2021 ein nationales Emissionshandelssystem (nEHS). Die sogenannte CO2-Abgabe soll helfen, den klimaschädlichen CO2-Ausstoß in den Bereichen Wärme und Verkehr zu senken. Bis 2022 waren zunächst nur die Hauptbrennstoffe Benzin, Diesel, Heizöl, Flüssig- und Erdgas Teil des nEHS. Ab 2023 kamen alle weiteren fossilen Brennstoffe wie etwa Kohle dazu. Ab 2024 wird die Abgabe auch auf die Verbrennung von Abfällen erhoben. Die Kosten werden etwa bei den Gaslieferanten oder Unternehmen der Mineralölindustrie erhoben, die diese dann an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterreichen.

Die nationalen Zertifikate sind jetzt teurer geworden. 2024 kosten sie 45 Euro je Tonne. 2025 soll der Preis dann auf 55 Euro steigen./tob/DP/zb

Studie: Rentner leben im Osten besonders günstig

BERLIN (dpa-AFX) – Rentnerinnen und Rentner sind nach einer neuen Studie in Ostdeutschland finanziell komfortabler gestellt als im Westen. Besonders günstig war das Verhältnis von Wohnkosten und Renteneinkommen im Jahr 2021 in Gera. Das hat eine am Donnerstag veröffentlichte Auswertung des Prognos-Instituts ergeben. Am niedrigsten war die regionale Rentenkaufkraft dagegen im Westen Deutschlands und im Süden, insbesondere in Bayern. Auftraggeber war der Gesamtverband der deutsche Versicherungswirtschaft in Berlin. …

Debatte um AfD-Verbotsverfahren geht weiter

Berlin – Die Diskussion um ein mögliches AfD-Verbotsverfahren geht weiter. Während Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) ein Ende der Debatte fordert, zeigt sich seine Amtskollegin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) offen: „Wer möchte, dass die AfD wieder von der Bildfläche verschwindet, sollte bessere eigene politische Angebote machen und nicht ständig von einem Parteiverbot reden“, sagte Kubicki den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

„Wenn wir nicht mehr in der Lage sind, vorurteilsfrei und unideologisch über Fragen der Migration, Wirtschafts- oder Energiepolitik zu sprechen und diese Themen einer vernünftigen und nachvollziehbaren Lösung zuzuführen, werden andere diese Repräsentationslücke füllen.“ Göring-Eckardt sagte unterdessen den Funke-Zeitungen, dass es nicht darum gehe, „eine Partei zu verbieten, weil sie einem nicht passt“. Wenn eine Partei unmittelbar die freiheitliche demokratische Grundordnung infrage stelle, „müssen sich die Verfassungsorgane selbstverständlich damit auseinandersetzen und ständig die aktuellen Fakten und Argumente abwägen“. Unabhängig davon brauche es auch eine inhaltliche Auseinandersetzung, „denn die AfD ist nur gut im Nein-Sagen und Pöbeln“, sagte Göring-Eckardt.

„Für die konkreten Sorgen der Leute im Alltag bietet sie selbst nichts.“ Das deutlich zu machen, sei Aufgabe „aller demokratischen Parteien“.

PRESSESTIMMEN

Pressestimme: ‚Kölner Stadt-Anzeiger‘ zu Wirtschaftslage in Deutschland

KÖLN (dpa-AFX) – „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu Wirtschaftslage in Deutschland:

„Die Wirtschaft kommt raus aus ihrem durch den Ukrainekrieg ausgelösten Tief – aber eben nur sehr zögerlich. Für anhaltende Verunsicherung der Wirtschaft und der Bevölkerung sorgt vor allem die Bundesregierung und deren Finanzplanung. So ist unklar, welche staatliche Unterstützung es für die Energiewende künftig geben wird. Das Wachstumschancengesetz, das den Wohnungsbau in Schwung und der Wohnungswirtschaft Steuererleichterung bringen soll, hängt im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat. So sorgen Bund und Länder für das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollen. Investitionen werden verzögert oder gar nicht getätigt. Zu befürchten steht, dass in dieser Gemengelage die Kraft und die Mittel fehlen, den Reformstau in der Infrastruktur, beim Wohnungsbau, bei der Digitalisierung und in der Bildung anzugehen.“/zz/DP/he

Pressestimme: ‚Schwäbische Zeitung‘ zu Diskussion um Fachkräftemangel

RAVENSBURG (dpa-AFX) – „Schwäbische Zeitung“ zu Diskussion um Fachkräftemangel:

„Die Krise ist auf dem Arbeitsmarkt angekommen. Experten sprechen von einer vorübergehenden Delle. Langfristig bleibe das Angebot an Arbeitskräften knapp, weil Millionen aus Altersgründen demnächst in den Ruhestand wechseln. Die Frage ist, wie groß der viel beschworene Mangel wirklich ist. Immerhin 2,6 Millionen Personen zählt die Arbeitslosenstatistik. Dazu kommt eine halbe Million Jugendliche, die weder arbeiten noch in Ausbildung oder Studium sind. Sie in Arbeit zu bringen, muss das Ziel sein. Doch auch wer in Lohn und Brot steht, arbeitet häufig in Teilzeit, Tendenz steigend. Steuerprogression und Ehegattensplitting setzen Fehlanreize. Solche Fehlanreize gibt es auch beim Bürgergeld, wenn es um den Zuverdienst geht. Wer mehr als ein paar Stunden arbeiten will, dem werden schnell Wohngeld oder Kinderzuschlag gestrichen und er hat am Ende weniger in der Tasche. Fachkräftemangel ist vor allem eines: ein Schlagwort. Wirtschaft und Politik könnten einiges tun, um es aufzulösen.“/zz/DP/he

Pressestimme: ‚Frankfurter Allgemeine Zeitung‘ zu Lokführergewerkschaft GDL

FRANKFURT (dpa-AFX) – „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ zu Lokführergewerkschaft GDL:

„Dass sich Gewerkschafter in die Untiefen des Kapitalismus begeben, hat es zwar auch früher schon gegeben. Aber so ungeniert hat noch niemand versucht, seinem Tarifpartner die Butter vom Brot zu nehmen: Unumwunden gibt Weselsky zu, dass seine Genossenschaft der Bahn die Lokführer mit der Aussicht auf höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten abspenstig machen soll, um sie postwendend wieder an den Staatskonzern auszuleihen. Noch ist völlig offen, ob dieser Plan aufgeht. Als Lokführer muss man schon sehr verzweifelt sein, um bei einem Arbeitgeber zu kündigen, der für dieses Land und die Mobilität seiner Bürger unersetzbar ist – bei aller berechtigten Kritik am Arbeitgeber Bahn. Es ist deshalb gut möglich, dass sich Weselsky mit dieser innovativen Idee selbst das Wasser abgräbt.“/zz/DP/he

ANALYSEN – HINTERGRUND

HINTERGRUND: Verbraucher in der Preisfalle? Inflation sinkt nur langsam

FRANKFURT/WIESBADEN (dpa-AFX) – Das Leben in Deutschland hat sich im abgelaufenen Jahr erneut deutlich verteuert. Zwar ist die allgemeine Teuerungsrate von den 8,7 Prozent zu Jahresbeginn 2023 wieder ein gutes Stück entfernt. Doch vor allem für Lebensmittel müssen Verbraucherinnen und Verbraucher nach wie vor tiefer in die Tasche greifen als ein Jahr zuvor. An diesem Donnerstag (14.00 Uhr) veröffentlicht das Statistische Bundesamt erste Zahlen zur Entwicklung der Teuerungsrate in Deutschland im Dezember und im Schnitt des Gesamtjahres 2023. Volkswirte rechnen für das Gesamtjahr mit einem Wert um die sechs Prozent. 2022 war die Teuerung mit 6,9 Prozent im Jahresschnitt auf den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung gestiegen.

Was hat die Teuerung angetrieben?

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 verteuerten sich vor allem Energie und Lebensmittel sprunghaft. Die Inflation schien nur eine Richtung zu kennen: nach oben. Zuletzt schwächte sich die Inflationsrate fünf Monate in Folge ab. Im Oktober und November 2023 waren nach Erkenntnissen des Bundesamtes insbesondere viele Energieprodukte günstiger als ein Jahr zuvor. Der Preisanstieg bei Nahrungsmitteln schwächte sich ab, lag aber weiterhin deutlich über der Gesamtteuerung.

Inwiefern sorgt der Staat für Entlastung?

Mit Preisbremsen für Strom und Gas hat die Bundesregierung versucht, Folgen der gestiegenen Kosten für Verbraucher und Unternehmen abzufedern. Die Bremsen für Strom und Gas waren im März 2023 eingeführt worden und galten rückwirkend auch für Januar und Februar. Geplant war eine Verlängerung bis Ende März 2024, doch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November machte der Bundesregierung einen Strich durch die Rechnung: Die Preisbremsen liefen daher zum Jahresende 2023 aus.

„Inzwischen sind überall in Deutschland wieder Strom- und Gastarife verfügbar, die zwar deutlich höher liegen als vor der Krise, aber meist unterhalb der Obergrenzen, die wir für die Preisbremsen gezogen haben, und ebenfalls spürbar unterhalb der Preise im vergangenen Herbst und Winter“, argumentierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Ende November. „Unsere Gasspeicher haben wir zudem so gut gefüllt, dass wir nicht mit plötzlichen Preissprüngen rechnen.“

Noch bis Ende 2024 können Arbeitgeber ihren Beschäftigten bis zu 3000 Euro zusätzlich steuer- und sozialversicherungsfrei als sogenannte Inflationsausgleichsprämie auszahlen als Hilfe angesichts allgemein gestiegener Preise.

Wie geht es weiter mit der Inflation?

Volkswirte gehen davon aus, dass die Inflation sowohl in Deutschland als auch im Euroraum insgesamt weiter sinken wird. Für Deutschland erwartet beispielsweise der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Wirtschaftsweise“) für 2024 eine Teuerungsrate von durchschnittlich 2,6 Prozent. Das Ifo-Institut rechnet mit 2,2 Prozent im Durchschnitt dieses Jahres.

Die Bundesbank geht davon aus, dass der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI), den die Europäische Zentralbank (EZB) für ihre Geldpolitik heranzieht, für Deutschland 2024 auf 2,7 Prozent zurückgehen wird. „Die Teuerung von Energie lässt stark nach und ist auch bei Nahrungsmitteln deutlich rückläufig“, prognostizierte die Bundesbank Mitte Dezember. Auch die EZB-Geldpolitik wirke zunehmend.

Was tut die Europäische Zentralbank?

Die Währungshüter haben im Sommer 2022 ihren Kurs geändert, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen: Null- und Negativzinsen wurden abgeschafft, seither hat die EZB zehn Mal in Folge die Leitzinsen im Euroraum erhöht. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann. Die EZB strebt für den Währungsraum der 20 Staaten mittelfristig stabile Preise bei einer Inflation von 2,0 Prozent an. Inzwischen scheint der Zinsgipfel erreicht: Der EZB-Rat ließ bei seinen Sitzungen im Oktober und Dezember die Zinsen unverändert. Der Leitzins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, beträgt aktuell 4,5 Prozent. Parken Geldhäuser Geld bei der EZB, erhalten sie auf diese Einlagen 4,0 Prozent Zinsen.

Was bedeutet hohe Inflation für meine Ersparnisse?

Dank der gestiegenen Leitzinsen gibt es für Tages- und Festgeld auch wieder höhere Zinsen. Allerdings liegt der Ertrag nicht in jedem Fall über der Inflation. Häufig ist der Realzins, also der Zins für Spareinlagen nach Abzug der Teuerungsrate, noch negativ.

Heizen steigende Löhne die Inflation wieder an?

Das ist durchaus möglich. Der Nachholbedarf sei immens, sagt der Leiter des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung, Thorsten Schulten: Nach drei Jahren mit Reallohnverlusten stehe die Kaufkraft derzeit auf dem Stand des Jahres 2016. Entsprechend sind zweistellige Prozentwerte in den Tarifforderungen der Gewerkschaften keine Seltenheit. Es gebe nach wie vor Inflationsrisiken, warnte jüngst Ifo-Präsident Clemens Fuest: „Das sind vor allem die derzeit kräftig steigenden Löhne, die insbesondere bei Dienstleistungen zu höheren Preisen führen.„/ben/mar/DP/zb

— Von Jörn Bender und Friederike Marx, dpa —

Deutsche Bahn: Preise rauf, Service runter – Telepolis

Wer wundert sich über die Preisgestaltung der Tickets? Über Management und Entwicklung einer Institution, der die demokratische Steuerung fehlt. (Teil1)

Zum großen Fahrplanwechsel vor fünf Jahren haben wir Nervigkeiten und Schwachstellen der Deutschen Bahn ausführlich beleuchtet. Wie hat sich das Unternehmen seitdem entwickelt?

Das Grundproblem ist weiterhin die fehlende demokratische Steuerung der Bahn. Sie ist als Aktiengesellschaft mit Hunderten von Einzelbetrieben organisiert, der Bund als Alleineigentümer kann ins Alltagsgeschäft nicht reinregieren, sondern nur über seine Sitze im Aufsichtsrat bestimmte Weichen stellen.

Die Bürger, denen das Unternehmen eigentlich gehört und die es allesamt wenigstens indirekt über unvermeidliche Steuern wie die Mehrwertsteuer mitfinanzieren, haben nichts zu entscheiden.

Fahrpreise weiterhin willkürlich

Wer sich etwa über die Preisgestaltung der Tickets wundert, angefangen von undurchschaubaren Sparpreisangeboten bis hin zur kostenlosen Kindermitnahme in der ersten Klasse und der kostenpflichtigen Beförderung auch kleinster Hunde (die nicht in eine Box gesperrt sind), muss nicht nach dem demokratischen Bürgergremium suchen, das sich dies ausdenkt.

„Das Preismanagement wird bei der DB Fernverkehr AG auf Vorstandsebene entschieden“, sagt ein Bahnsprecher und ergänzt auf Nachfrage, auch die teilweise kostenlose Reise von Kindern sei „der DB nicht vorgegeben worden, sondern eine eigenständige Entscheidung des Managements der DB Fernverkehr AG“.

Dabei legt das Management immer mal neue Regeln fest – obwohl die Kosten letztlich einzelne Fahrgäste oder – durch die diversen staatlichen Zuschüsse – die Bürger insgesamt zu zahlen haben. So waren vor fünf Jahren nur eigene Kinder und Enkelkinder bis 14 Jahren kostenlos, inzwischen kommt es auf Abstammung oder Adoption nicht mehr an.

Geblieben ist aber: Allein reisende Kinder ab 6 Jahren müssen wie Hunde den 50 Prozent-Preis zahlen. Dabei wissen Vielfahrer: Kinder fallen vor allem durch ihre Eltern bzw. deren Interaktion mit ihnen auf. Dass es sittsamer zuginge und daher preislich zu begünstigen wäre, wenn Kinder ältere Begleiter bei sich haben, ist nicht offensichtlich.

Schreibtischmanagement

Ein sich an die mangelnde demokratische Erdung der Bahn anschließendes Grundproblem sind die unzähligen Schreibtischentscheidungen des Managements. Die treffendste Aussage dazu gab einmal ein ICE-Schaffner, auf den Ausfall einzelner Halte seines Zugs an bestimmten Wochentagen angesprochen:

„Das haben sich studierte Leute überlegt, da müssen Sie die fragen – ich weiß es nicht.“

Wer dieses Schreibtischmanagement körperlich besichtigen möchte, schaue sich die Toiletten der verschiedenen Zuggattungen im deutschen Schienennetz an. Die erste Feststellung wird sein: Jeder Zugtyp hat seinen eigenen Toilettentyp.

Auch 220 Jahre nach Einführung der Dampflokomotive als Beginn der Bahnzeit scheint das optimale Klo für die Schiene noch nicht gefunden. Und so darf der Fahrgast mit jedem neuen Zug gespannt sein, was sich das Management wieder neues ausgedacht hat.

Für die Schreibtischgenese spricht u.a. der Winkel eines hochgeklappten Toilettensitzes, der keineswegs bei den ältesten Modellen so gewählt ist, dass er mitten während der Benutzung als Pissoir (das es als eigenständiges Angebot bis heute nicht gibt) zurück auf die Metallschüssel fällt. Entsprechend sieht es an diesen Örtchen dann aus.

Selbst die Haltevorrichtung für Toilettenpapier wird jedes Mal neu erdacht – die in vielerlei Hinsicht kurioseste Form findet sich im aktuellen ICE 4.

Eine demokratische Bahngestaltung, die gerade nicht auf Mehrheitsentscheid und das damit verbundene Dogma vom „one size fits all“ setzt, würde etwas Vielfalt anbieten, weil Menschen vielfältig sind.

Verschiedene Toiletten, verschiedene Sitze, unterschiedliche Beleuchtungen, kleine und große Abteile. Doch Vielfalt ist bei der Bahn nicht vorgesehen. Das Management entscheidet, was für alle gut ist – und dies bei jedem neuen Zug, bei jedem umgestalteten Bahnhof aufs Neue.

Selbstgeschaffene Probleme

So schafft sich die DB viele Probleme selbst, weil sie meint, zentralistisch die Wünsche und Anforderungen aller Transportgüter einheitlich regeln zu können.

Für die weitverbreitete Unzufriedenheit sind nicht Wind und Wetter verantwortlich, nicht der umgestürzte Baum oder die eine technische Störung an einem Zug, sondern die Unflexibilität des ganzen Unternehmens.

(Die lautstark über eine 10-minütige Verspätung meckernden Fahrgäste mit der Parole „Das war das letzte Mal, dass wir die Bahn genommen haben“, sind fast ausnahmslos Seltenst-Fahrer, die einmal den inkludierten Fahrschein ihrer Flugreise nutzen wollten oder aus Gründen, über die wir nicht spekulieren wollen, ausnahmsweise auf die Bahn angewiesen waren.)

Beispielsweise vermisst man regelmäßig eine Kosten-Nutzen-Abwägung der Bahn, die stattdessen durch Prinzipien ersetzt wird. Wenn ein möglicher Anschlusszug auf einen verspäteten Fernzug warten soll, mag das tatsächlich kompliziert sein.

Schließlich sitzen in dem Zug, der durch seine spätere Abfahrt selbst eine Verspätung erhalten wird, ebenfalls Menschen, die Anschlüsse brauchen – oder schlicht pünktlich zur Arbeit oder einem Termin kommen wollen.

Angesichts der rechtlichen Entschädigungsansprüche wird dies aber manchmal betriebswirtschaftlich und damit auch demokratisch wieder fragwürdig, wenn dutzende bis Hunderte von Fahrgästen mit Taxis durchs Land gefahren werden müssen, weil die letzte Regionalbahn keine fünf Minuten warten konnte.

Deutsche Bahn: Alles wird digital und der Fahrgast zum Problem – Telepolis

Über Service-Rückbau und Probleme mit Bezahlmöglichkeiten. Kritische Analyse einer Institution, der die demokratische Steuerung fehlt. (Teil 2 und Schluss)

Bereits Ende 2018 wurde die Bezahlmöglichkeit per Lastschrift (SEPA) für Sparpreistickets abgeschaltet, wohl weil es zu Betrügereien über die Storno-Funktion kam. Der Spiegel zitierte seinerzeit einen Bahnsprecher mit den Worten:

Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass unsere Services so schnell wie möglich wieder wie gewohnt zur Verfügung stehen werden.

Wie es nach fünf Jahren um diesen Hochdruck steht, beantwortete eine dazu von Telepolis befragte Sprecherin nun nicht. Zur Auswahl steht die SEPA-Zahlung ebenso weiterhin, wie sie weiterhin nicht funktioniert.

Und dies nicht nur bei Sparpreistickets, sondern nach einer durch Trial and Error bisher nicht entschlüsselten Häufigkeit auch bei anderen Tickets und Reservierungen.

Warum die Bahn die gute alte Überweisung nicht akzeptiere oder wenigstens ein Guthabenkonto anbiete, das ja immerhin beim Stornieren von Tickets zwangsweise eingerichtet wird (denn eine Zahlungserstattung gibt es nicht), wollte die Sprecherin nicht sagen. Stattdessen:

„Alternativ haben wir unser Zahlungsportfolio vor Kurzem um Apple Pay erweitert.“

Der Ticketverkauf im Zug wurde bereits zum Jahreswechsel 2021/22 eingestellt. Seitdem kann man als spontan Reisender im Zug nur noch ein digitales Ticket selbst buchen – oder den Schwarzfahrerpreis später bei der Fahrpreisnacherhebungsstelle zahlen.

Selbst wenn man argumentieren wollte, die nur noch selten genutzten On-Board-Käufe stünden in keinem Verhältnis zum Abrechnungsaufwand mit Barzahlungen bei einzelnen Schaffnern: Zum einen gab es schon lange die Möglichkeit der Kartenzahlung (zeitweise allerdings nicht mit der EC-Karte), zum anderen gibt es noch (!) eine Barkasse im Fernzug, nämlich im Bordbistro.

Da inzwischen auch immer mehr Reisende mit dem „Komfort-Check-in“ quasi ihre eigenen Schaffner sind, kann der stetige Serviceabbau nur auf eine Reduktion des Zugbegleitpersonals hinauslaufen, das sich auf längeren Strecken ohne Haltebahnhof schon längst langweilt.

Denn neue Serviceaufgaben, wie man sie etwa von Flugbegleitern kennt, nimmt nur ein verschwindend kleiner Teil des Bahnpersonals wahr.

Kein Papier mehr

Mit Corona verschwanden aus den ICE die gedruckten Tageszeitungen. Ohne jede Evidenz war dies seinerzeit mit einem Infektionsrisiko begründet worden. (Aber evidenz- wie sinnfrei wurden ja auch Züge desinfiziert …)

Nachdem das eigene Kundenmagazin mobil bereits als Druckwerk zurückgekehrt war, kündigte die DB auf Nachfrage im Oktober 2020 an:

Ab dem 4.11. werden wir in der 1. Klasse auch wieder Zeitungen auf einzelnen Verbindungen anbieten. Auf anderen Verbindungen bleibt es weiterhin beim digitalen Zeitungsangebot im „ICE Portal“, das von den Kunden sehr gut angenommen wird.

Die weitere Entwicklung war vorhersehbar: Zeitungen auf Papier gibt es inzwischen nirgends mehr, auch das eigene Magazin gibt es nur noch als Website.

Hält nur zum Aussteigen

Zu den besonderen Ärgerlichkeiten im Service-Rückbau gehört, dass Züge in ihren Zielorten mit mehreren Bahnhöfen nur noch zum Aussteigen halten (und in ihren Startbahnhöfen nur zum Einsteigen, was jedoch schwieriger zu kontrollieren ist).

Für den Fernverkehr hatte die DB dies zunächst auf Anfrage wie folgt begründet:

Fernzüge dienen dem Schnellverkehr zwischen den Städten. Nahverkehrs- und Verbundfahrkarten werden im Regelfall nicht anerkannt. Daher sind die Bahnhöfe am Zielort ausschließlich für den Ausstieg vorgesehen.

Darauf angesprochen, dass diese Vorgabe aber auch bei Nahverkehrszügen anzutreffen ist, antwortete der Bahnsprecher:

Wenn Regionalzüge nur zum Aussteigen halten, hat dies betriebliche Gründe. So soll im Einzelfall sichergestellt werden, dass die Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit für diejenigen gesichert wird, die schon im Zug sind. Eine solche Maßnahme wird aber nur dann ergriffen, wenn für die anderen Fahrgäste eine entsprechende Alternative besteht.

Die Wahrheit dürfte eine andere sein, die auch mehrere Schaffner unabhängig voneinander bestätigt haben: Man mag auf den letzten Metern keine Tickets mehr kontrollieren. Deshalb werden Menschen auch mit gültigem Ticket von der Nutzung eines vorhandenen Zugs ausgeschlossen.

Datenschutz

Eine weitere Ärgerlichkeit ist die mit der Digitalisierung einhergehende Personalisierung von Fahrkarten. Nicht nur unter Datenschutzgesichtspunkten ist dies eine Ungeheuerlichkeit, schließlich war das anonyme Reisen gängige Praxis und eine Personalisierung ist auch als Zahlungsnachweis schlicht nicht notwendig.

Ein personalisiertes Ticket ist nicht übertragbar, was die Entscheidung verlangt: Reisen oder der Bahn für eine Null-Leistung Geld schenken. Dieses offenkundig lukrative Geschäftsmodell hat die DB gerade nochmals erweitert: auch in Verkaufsstellen erworbene Tickets müssen nun personalisiert werden.

Zeitkarten (Monats- und Jahrestickets) gibt es schon seit 2023 – außer für Schüler – nur noch als Handy-Ticket. Wer in diese Veränderung seines Abonnements nicht einwilligen wollte, wurde gekündigt.

Da künftig auch Bahn-Cards nur noch digital angeboten werden und die Plastikkarte abgeschafft wird, droht auch den Bahn-Card-100-Inhabern die totale Überwachung ihres Reiseverhaltens.

Noch ist zwar laut DB nicht ausgemacht, welche Daten dann erhoben und gespeichert werden, aber alles spricht dafür, dass sie sich diesen attraktiven Datenfundus nicht entgehen lassen wird.

Als nächste Stufe darf man dann schon mal für alle Dauerkarten an neue Flat-Rate-Modelle denken, die wie bei Internet-Tarifen eben keine unbegrenzte Nutzung mehr erlauben, sondern nur noch ein vorher gekauftes Volumen umfassen.

Versteckte Preiserhöhungen

Den kontinuierlichen Leistungsabbau kann man auch als versteckte Preiserhöhungen sehen. Am offensichtlichsten war dies mit der Streichung der in 1. Klasse Tickets enthaltenen Sitzplatzreservierung bei Sparpreisen. Sie kostet nun 5,90 EUR pro Strecke, was je nach Buchungstermin einer Gesamtpreiserhöhung von 10 bis 20 Prozent entspricht.

Bei der Bahn-Card 100 wurde der ursprünglich täglich mögliche Gepäcktransport per Hermes auf zwei Gepäckstücke pro Monat limitiert und dann ganz abgeschafft.

Als für alle übrigen Bahnkunden mit dem 9-Euro-Ticket das Chaos mit den vielen Verkehrsverbünden aufgehoben wurde, blieb die Nutzung der Bahn-Card-100 auf ausgewählte City-Zonen beschränkt. Begründung der DB: Die Bahn-Card-100 sei ein Angebot des Fernverkehrs, nicht des Nahverkehrs.

Dass die meisten Menschen nicht nur von Bahnhof zu Bahnhof, sondern von einer Adresse zu einer anderen wollen, begreift die Bahn bis heute nicht.

Problem: Fahrgast

Natürlich kann man auch Positives zur Bahn sagen. Die Züge sind überwiegend sauber und gegen den ein oder anderen ungehobelten Fahrgast ist eben kein Kraut gewachsen. Das Zugpersonal ist in der Regel freundlich, sein Auftreten etwas weniger von oben herab als zur Zeit der ausschließlichen Beamtenbahn.

Wie auch für Verschmutzungen sind für Unfreundlichkeiten häufig Reisende verantwortlich. Nicht nur, weil sich einzelne schlicht unverschämt benehmen. Sondern auch, weil jede Abweichung vom Protokoll heute zu einer Beschwerde führt, vorzugsweise in den sozialen Medien.

Eine flapsige Zugdurchsage genügt, dass sich irgendein Denunziant berufen fühlt, den digitalen Pranger zu benutzen und auf Konsequenzen für den Mitarbeiter zu hoffen.

Doch ob Preisgestaltung, Service oder Entscheidungen über Prioritäten: Das entscheidende Problem der Bahn ist ihre wirtschaftliche statt demokratische Steuerung. Wie sollten Bahnhöfe aussehen? Sind gepflegte Bahnsteige in Pusemuckel oder eine häufigere Taktung der Zugverbindungen wichtiger?

Wie viel Komfort darf es in einem Zug sein (zur Erinnerung: vom ICE 1 bis zum ICE 4 wurde die Zugbreite und damit das Platzangebot stetig verringert, nur Flixtrain quetscht seine Fahrgäste noch enger aneinander).

Bei einem Unternehmen, das zu 100 Prozent dem Staat gehört und damit den verpönten Namen „volkseigener Betrieb“ tragen dürfte, ist es nicht hinzunehmen, dass ein bestens vergütetes Management, das die Folgen seines Handelns am wenigsten zu tragen hat, quasi nach Gutsherrenart entscheiden kann.

Da von der Bahn alle betroffen sind und keineswegs nur ihre Nutzer, denken wir an Anwohner viel befahrener Strecken und Steuerzahler, die aus welchen Gründen auch immer niemals die DB nutzen, ist eine Beteiligung von einzelnen Interessengruppen nicht ausreichend.

Es braucht einen Bürgerbeirat, der alle Perspektiven vertritt. (Timo Rieg)

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CO2-Steuer, PV-Anlagen: 2024 bringt neue Klimamaßnahmen

2024 geht die schwarz-grüne Regierung in das letzte Jahr ihrer Legislaturperiode – gleichzeitig rücken auch wichtige Zielsetzungen im Klimaschutz näher. Neue Förderungen für E-Mobilität sollen den Umstieg weg von fossilen Treibstoffen attraktiver machen, Benzin und Diesel werden im Gegenzug teurer. Für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) soll es weitere Anreize geben.

Die CO2-Bepreisung, die als Teil der ökosozialen Steuerreform 2022 eingeführt wurde, steigt mit dem kommenden Jahr. Geplant war, die Steuer von 30 Euro bei ihrer Einführung jährlich zu erhöhen (35 Euro im Jahr 2023, 45 Euro 2024 und 55 Euro 2025). Die erste Erhöhung fiel aber aufgrund der Teuerung mit 32,5 Euro niedriger aus. Ab Jänner kostet eine Tonne CO2 laut Finanzministerium wie geplant 45 Euro.

Die Fortsetzung der Initiative sei wichtig – auch wenn „die Höhe nicht dem Schaden gerecht wird, der durch die Emissionen entsteht“, sagt Franz Prettenthaler, Institutsdirektor von Joanneum Research, gegenüber ORF.at. Die soziale Treffsicherheit der Maßnahme sei jedenfalls durch den Klimabonus gegeben. Die Höhe des Klimabonus, der die Auswirkungen der CO2-Bepreisung auf die Bevölkerung eindämmen soll, richtet sich nach dem CO2-Preis und steht für 2024 noch nicht fest.

Die Normverbrauchsabgabe (NoVA) für den Kauf von Pkws und leichten Nutzfahrzeugen wird ab 1. Jänner ebenfalls erhöht, sie steigt für alle neuen Pkws, die mehr als 99 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Laut ÖAMTC kommt es dadurch bei sämtlichen reinen Benzinern und Dieselautos zu Mehrkosten, für einen Neuwagen der unteren Mittelklasse um rund 30.000 Euro steigt die NoVA etwa um 300 Euro. Für Neuwagen mit hohem Verbrauch fällt die Erhöhung nochmals stärker aus.

E-Mobilität wird weiter gefördert

Die Förderungen für E-Mobilität werden 2024 fortgesetzt, für Elektroautos muss zudem weiterhin keine NoVA bezahlt werden. Insgesamt stehen 114,5 Millionen Euro zur Verfügung. Privatpersonen erhalten für den Kauf eines Elektroautos weiterhin bis zu 5.000 Euro, für E-Motorräder gibt es bis zu 2.300 Euro.

Private Ladeinfrastruktur, etwa Wallboxen und Ladekabel, wird weiter mit bis zu 600 Euro gefördert, Gemeinschaftsanlagen in Mehrparteienhäusern mit bis zu 1.800 Euro. Für öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur gibt es bis zu 30.000 Euro Förderung. Weitere zehn Millionen Euro sollen in den Ausbau des Schnellladenetzes in derzeit unterversorgten Gebieten fließen.

„Im ländlichen Raum spielt die individuelle Mobilität mit dem eigenen Pkw noch länger eine Rolle“, so die Einschätzung Prettenthalers. Gerade für diesen Bereich sei die Förderung von E-Mobilität daher eine sinnvolle Maßnahme. „Förderungen haben bei neuen Technologien die wichtige ökonomische Funktion, die Preislücke zu schließen zwischen den derzeit noch höheren und den künftigen Preisen, da diese im Laufe der Zeit ja günstiger werden.“

Kostenloses Klimaticket für 18-Jährige

Auch im Bereich öffentlicher Verkehrsmittel sind 2024 Anreize geplant. Junge Erwachsene bekommen anlässlich ihres 18. Geburtstags einmalig und kostenlos ein Klimaticket und können damit ein Jahr lang gratis die „Öffis“ nutzten. Ab dem 18. Geburtstag haben die jungen Erwachsenen drei Jahre Zeit, das kostenlose Klimaticket abzuholen.

Wann genau die Aktion umgesetzt wird, ist noch unklar, weitere Anspruchsdetails sind noch in Ausarbeitung. 120 Mio. Euro pro Jahr sind dafür budgetiert. Das Klimaticket sei als „Meilenstein“ dazu geeignet, dass die Nutzung des öffentlichen Verkehrs günstiger und einfacher werde, so Prettenthaler von Joanneum Research. Es 18-Jährigen zur Verfügung zu stellen sei eine „willkommene Gelegenheit, um bei jungen Menschen etwas zu beeinflussen, bei denen sich wegen Führerschein und Co. gerade die Mobilitätsgewohnheiten ändern.“

PV-Anlagen werden steuerfrei

Ab dem 1. Jänner 2024 werden zudem Photovoltaikanlagen mit einer Spitzenleistung von bis zu 35 Kilowatt (kWp) von der Umsatzsteuer befreit. Das betrifft den Großteil aller Sonnenkraftwerke, die auf Hausdächern montiert werden. Der Wegfall der Steuer gilt aber auch für Balkonkraftwerke, das sind kleine PV-Anlagen mit ein oder zwei Modulen, die höchstens 800 Watt an Leistung liefern und an einer Steckdose angesteckt werden.

Mit der Umsatzsteuerbefreiung fallen für viele private Stromerzeuger auch die Förderanträge bei der Abwicklungsstelle für Ökostrom AG (OeMAG) weg, die seit dem Photovoltaikboom 2022 für viel Frust gesorgt hatten, weil das Budget oft binnen weniger Minuten ausgeschöpft war. Das sei begrüßenswert, denn die Förderungen für Private seien bisher unnötig kompliziert gewesen, so Prettenthaler. Für Balkonkraftwerke gibt es überhaupt zum ersten Mal eine Förderung durch den Bund. Die Umsatzsteuerbefreiung gilt vorerst bis 2026.

„Alles, was noch erledigt werden kann, ist positiv“

Insgesamt investiere Österreich im nächsten Jahr mit etwas mehr als zehn Milliarden Euro viel Geld in den Klimaschutz, so die Einschätzung des Experten gegenüber ORF.at. „Es wird aber auch viel in klimaschädliches Verhalten investiert – ungefähr die Hälfte.“ Der „größte Brocken“ sei hier etwa das Dieselprivileg. „Aber auch zum Beispiel durch verpflichtende Stellplätze für Autos zahlt die Allgemeinheit jedes Jahr viel Geld für klimaschädliches Verhalten.“

Klimaziele

Die Europäische Kommission möchte bis 2050 klimaneutral werden. Für Österreich sieht die derzeitige Verordnung bis zum Jahr 2030 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen (außerhalb des Emissionshandels) um 36 Prozent gegenüber dem Jahr 2005 vor.

In Österreich gebe es in puncto Klimaschutz auf gesetzlicher Ebene sehr komplexe, aber auch unklare Zuständigkeiten, weshalb das ausständige Klimaschutzgesetz problematisch sei. Prinzipiell sei jedoch alles, was in der Legislaturperiode noch umgesetzt werden könne, positiv – und es sei auch wichtig, die öffentliche Stimmung im Blick zu haben.

„Jede Maßnahme, die in der Regierung auch für die Klimafreundlichkeit der Verwaltung beschlossen wird und Einigkeit zeigt, hat einen Vorteil für Bürgerinnen und Bürger – weil dadurch der Eindruck entsteht, dass nicht alles Eigenverantwortung ist.“ Auch den Bundesländern falle hier eine Schlüsselrolle zu, sie könnten mit gutem Beispiel vorangehen. „In der Steiermark hat zum Beispiel die Landesverwaltung den Vorsatz, so klimaneutral wie möglich zu werden.“

moha (Text), scho (Grafiken), beide ORF.at/Agenturen

Links:

Fundamt: Nur Drittel aller Fundsachen wird abgeholt

Ausweise und Geldbörsen haben die Wienerinnen und Wiener im vergangenen Jahr am häufigsten verloren. Beim Fundservice der Stadt stapeln sich allerdings die verschiedensten Gegenstände von Kinderwagen bis Urne. Denn nur etwas mehr als ein Drittel aller Fundstücke wird auch wieder abgeholt. …

Verkauf nach einem halben Jahr

Leichter zueinander finden Eigentümer und Fundgegenstand, wenn man diesen beschriftet hat. Was nicht abgeholt wird, kommt nach einem halben Jahr zum Großteil zum Secondhandmarkt 48er-Tandler und wird dort verkauft.

UNTERNEHMEN

Porr baut Hotel am Flughafen Berlin

Die Porr baut ein Hotel am Flughafen BER Berlin Brandenburg in Schönefeld. Konkret wurde die Porr Hochbau Region Ost von der SWH Airporthotel Schönefeld GmbH als Generalunternehmerin mit dem Neubau eines Hotels beauftragt. Die Spezialtiefbauarbeiten werden von der Porr Spezialtiefbau ausgeführt. Auf einer Bruttogeschossfläche von ca. 16.763 m2 wird das neue Airporthotel mit vier Obergeschossen über 271 Zimmer verfügen. 193 PKW-Stellplätze in zwei Untergeschossen komplettieren das Gebäude. …

Führungsposition: OMV Petrom steigt mit sehr viel Geld in Windkraft- und E-Mobilitätsgeschäft in Rumänien ein – OMV Petrom unterzeichnet die größte Akquisition grüner Projekte in Rumänien

  • OMV Petrom erwirbt 50 % des größten Windkraftprojektportfolios in Rumänien
  • OMV Petrom übernimmt vollständig ein E-Mobilitätsgeschäft und wird zum größten Player in Rumänien

(WK-intern) – OMV Petrom, das größte integrierte Energieunternehmen in Südosteuropa, wird von RNV Infrastructure einen 50-prozentigen Anteil an Electrocentrale Borzesti erwerben, das über eine Kapazität von etwa 1 GW an erneuerbaren Projekten verfügt, davon 950 MW Windkraft und 50 MW Photovoltaik.

Die Projekte werden in Zusammenarbeit mit RNV Infrastructure weiterentwickelt, gebaut und betrieben.

Darüber hinaus wird OMV Petrom Renovatio Asset Management, den Eigentümer von Rumäniens führendem Elektrofahrzeug-Ladenetzwerk mit mehr als 400 Elektrofahrzeug-Ladepunkten in Rumänien, vollständig übernehmen und plant, die Zahl bis 2026 auf etwa 650 zu erhöhen.

Durch diese neu gegründete Partnerschaft plant OMV Petrom zusammen mit Renovatio, bis 2027 rund 1,3 Mrd. EUR, einschließlich Projektfinanzierung, in erneuerbare Energien in Rumänien zu investieren. Der Beitrag der OMV Petrom zum Erwerb und Bau dieser Projekte wird auf bis zu 350 Mio. EUR geschätzt.

Der Abschluss der Transaktionen soll nach Erfüllung bestimmter Bedingungen im ersten Halbjahr 2024 erfolgen.

Christina Verchere, CEO OMV Petrom: „Wir begrüßen die Partnerschaft mit Renovatio. Mit diesen Transaktionen kommen wir erheblich auf dem Weg zum Aufbau eines starken und diversifizierten Portfolios erneuerbarer Projekte voran. Unser Ziel ist es, unsere Führungsposition im Energiebereich in Südosteuropa zu behaupten und gleichzeitig das Geschäft für eine kohlenstoffärmere Zukunft umzugestalten.“

Aurel Arion – CEO Renovatio: „Vom ersten Tag an zielte Renovatio auf eine sauberere Zukunft und eine effiziente Nutzung der Ressourcen ab. Wir freuen uns sehr über die Partnerschaft mit OMV Petrom beim Bau von Projekten mit einer Leistung von rund 1 GW, die in Rumänien grüne Energie liefern und gleichzeitig die nachhaltige Entwicklung von Elektromobilitätsdiensten fortsetzen werden. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir gemeinsam durch die Kombination unserer Stärken und Werte dazu beitragen werden, die Ziele des europäischen Grünen Deals zu erreichen und ein gesünderes Umfeld für die Branche und die Gemeinschaft zu schaffen.“

Durch den Erwerb von 50 % des größten Windkraftportfolios in Rumänien wird OMV Petrom die vier Windparks und den Photovoltaikpark im Nordosten Rumäniens errichten. Nach aktuellen Schätzungen soll der Park ab 2024 Strom in das nationale Energiesystem einspeisen, während die Windparks schrittweise zwischen 2025 und 2027 mit der Produktion beginnen sollen. Den Projekten wurde bereits Zugang zum Stromnetz gewährt.

Mit der Übernahme von 100 % der Anteile an Renovatio Asset Management wird OMV Petrom zum größten Player im Bereich E-Mobilität in Rumänien und erweitert das bestehende Netzwerk um mehr als 400 Ladepunkte. Ende 2023 verfügte das regionale Netzwerk der OMV Petrom über rund 270 installierte Ladepunkte, auch durch Partnerschaften. Die Entwicklung des E-Mobilitätsnetzwerks ergänzt die Bemühungen des Unternehmens, zur Dekarbonisierung des Verkehrs in Rumänien und in der Region beizutragen.

News zu Porr, Flughafen Wien, EVN, OMV Petrom, Aktienrückkäufe bei Addiko, Zumtobel, FMA-Warnungen

03.01.2024 Markt

Die Porr baut ein Hotel am Flughafen BER Berlin Brandenburg in Schönefeld. Konkret wurde die Porr Hochbau Region Ost von der SWH Airporthotel Schönefeld GmbH als Generalunternehmerin mit dem Neubau eines Hotels beauftragt. Die Spezialtiefbauarbeiten werden von der Porr Spezialtiefbau ausgeführt. Auf einer Bruttogeschossfläche von ca. 16.763 m2 wird das neue Airporthotel mit vier Obergeschossen über 271 Zimmer verfügen. 193 PKW-Stellplätze in zwei Untergeschossen komplettieren das Gebäude.

Karriere: Seit 1. Jänner 2024 leitet Michael Zach den Bereich Abfertigungsdienste der Flughafen Wien AG und damit alle Agenden des Cargo-, Gepäck- und Ramp-Handlings sowie der Flugzeugenteisung. Michael Zach ist seit 2006 am Airport beschäftigt und bereits seit 2018 für Sales, Finanzen und Cargo des Bereichs Abfertigungsdienste verantwortlich.

OMV Petrom kauft von RNV Infrastructure einen 50%-Anteil an der Electrocentrale Borzesti, die rund 1 GW Kapazität an erneuerbaren Projekten hält, davon 950 MW Windkraft und 50 MW Photovoltaik. Darüber hinaus wird OMV Petrom Renovatio Asset Management, den Eigentümer von Rumäniens führendem Ladenetz für Elektrofahrzeuge, vollständig übernehmen. Renovatio betreibt in Rumänien ein Netzwerk von mehr als 400 Ladepunkten für Elektrofahrzeuge, das bis 2026 auf rund 650 anwachsen soll.

Die EVN lädt ihre Aktionäre und Aktionärinnen zu der am Donnerstag, 1. Februar 2024, um 10:00 Uhr (MEZ) im EVN Forum, EVN Platz, AT-2344 Maria Enzersdorf, stattfindenden Hauptversammlung ein.

Aktienrückkäufe: Im Rahmen des am 6. April 2023 bekanntgegeben Aktienrückkaufprogramms 2023 wurden seitens Addiko im Zeitraum vom 27. bis 29. Dezember 2023 1.805 Aktien erworben. Die Zumtobel Group hat im Zeitraum vom 27. bis 29. Dezember 2023, der dritten Woche des laufenden Rückkauf-Programms, in Summe 10.283 Aktien gekauft, wie das Unternehmen veröffentlicht.

Die FMA stellte 2023 einen deutlichen Anstieg unerlaubt tätiger, angeblicher Finanzdienstleister auf dem österreichischen Finanzmarkt fest. Während 2022 84 Investoren-Warnungen veröffentlicht wurden, waren es im abgelaufenen Jahr 106, das ist ein Plus von 26,2 Prozent. Viele dieser unseriösen oder gar betrügerischen Anbieter werben mit angeblichen Empfehlungen oder Geheimtipps diverser Prominenter, die damit schnell und einfach viel Geld verdient hätten. So wurde in den vergangenen Monaten – durch gefälschte Wort- und Bildbeiträge – vermehrt behauptet, dass unter anderen etwa Armin Wolf, Armin Assinger, DJ Ötzi, Alexander van der Bellen, Mirjam Weichselbraun, Christoph Grissemann oder Barbara Karlich angeblich bei diesem Finanzdienstleister oder auf dieser Handelsplattform investiert hätten.

MEDIZIN – PSYCHOLOGIE – FORSCHUNG

Verbraucherzentrale: Kinder endlich vor Werbung für Süßes schützen

BERLIN (dpa-AFX) – Die Verbraucherzentralen fordern von der Koalition, weitere Werbebeschränkungen für ungesündere Lebensmittel zum Schutz von Kindern auf den Weg zu bringen. Die Chefin des Bundesverbands, Ramona Pop, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Bundesregierung muss sich auch bei diesem Thema endlich zusammenraufen und auf eine vernünftige Regelung einigen.“ Sie sehe keinen vernünftigen Grund dafür, vor allem Kinder weiterhin überall mit Werbung für fettige Snacks und Süßes zu konfrontieren. „Die Zeit der wirkungslosen freiwilligen Selbstverpflichtungen ist vorbei.“ …

Pop sagte: „An Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung muss umfassend reguliert werden, um ernährungsmitbedingte Krankheiten vorzubeugen.“ …

Infektionswellen verschärfen Arznei-Engpässe

Düsseldorf – Die aktuellen Infektionswellen verschärfen die Engpässe bei Arzneimitteln. „Die erhöhte Nachfrage führt zu immer mehr Engpässen bei Antibiotika“, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, der „Rheinischen Post“ (Donnerstagausgabe).

Durch die vielen Infektionen entstünden immer häufiger Komplikationen, die mit Antibiotika behandelt werden müssten. „Neben Penicillin, Amoxicillin haben wir aktuell mit einen Totalausfall bei dem Antibiotikum Azithromycin zu kämpfen. Zusätzlich verschärft sich der Engpass beim Asthmamedikament Salbutamol“, so Preis. Bei dem Asthma-Mittel ist die Lage ernst. „Das Bundesministerium für Gesundheit hat jetzt offiziell den Versorgungsmangel für Salbutamol-haltige Arzneimittel zur Inhalation im Bundesanzeiger bekannt gegeben. Die Bekanntmachung ermöglicht jetzt, dass Medikamente aus dem Ausland in Deutschland eingesetzt werden um die Behandlung der Patienten sicherzustellen“, sagte er. „Patienten müssen sich jetzt auf Arzneimittel einstellen, die fremdsprachige Aufmachungen und Beipackzettel haben. Das bedeutet viel Erklärungsbedarf in den Apotheken“, so Preis weiter. „Dadurch, dass Medikamente mit nicht-regelkonformen Beipackzetteln ausgehändigt werden müssen, sehen wir ohne eine intensive Beratung die Arzneimitteltherapiesicherheit erheblich gefährdet. Diese Mehrarbeit muss dringend vergütet werden, weil immer mehr Apotheken wirtschaftlich gefährdet sind.“

ROUNDUP: Grippewelle in Deutschland hat begonnen – RKI rät zur Impfung

BERLIN (dpa-AFX) – Bereits im Dezember meldete das Robert Koch-Institut einen deutlichen Anstieg an Grippenachweisen – nun haben die Experten Gewissheit: Die Grippewelle in Deutschland hat begonnen. Der Definition des RKI zufolge wird der Beginn rückblickend auf die Woche bis 16. Dezember 2023 datiert, wie aus einem am Mittwochabend veröffentlichten Bericht hervorgeht. Im Nationalen Referenzzentrum für Influenzaviren im RKI werden regelmäßig Proben von Patienten mit Symptomen einer akuten Atemwegsinfektion untersucht. Laut den Experten spricht man vereinfacht gesagt dann vom Beginn der Grippewelle, wenn in jeder fünften Patientenprobe Influenzaviren nachgewiesen werden.

Für die Wochen zwischen dem 18. und dem 31. Dezember seien bislang knapp 9000 durch Laboranalysen bestätigte Grippefälle an das RKI übermittelt worden, heißt es im Bericht. Wegen der Feiertage seien die Zahlen für die letzte Dezemberwoche allerdings nur eingeschränkt bewertbar, da in der Zeit unter anderem weniger getestet werde. Insgesamt wurden dem Institut seit Oktober rund 16 600 Grippefälle gemeldet.

Dem aktuellen Bericht zufolge wurden zuletzt am häufigsten Influenza A(H1N1)pdm09-Viren festgestellt. Vor allem Kinder im Schulalter und junge Erwachsene seien betroffen. Zu diesem Subtyp schreibt das RKI auf seiner Website, er sei während der Grippe-Pandemie 2009 erstmals aufgetreten: als sogenannte Schweinegrippe. Er zirkuliere seitdem auch saisonal in Deutschland, zuletzt deutlich in der Saison 2018/19.

Bei Grippewellen, in denen dieser Erreger dominierte, sei bislang zu beobachten gewesen, dass es auch bei jüngeren Erwachsenen und Kindern zu sehr schweren Erkrankungen und Todesfällen gekommen sei, insbesondere wenn Grundkrankheiten vorlagen. „Insgesamt sind solche schweren Verläufe bei jungen Menschen aber selten.“

Allgemein tragen laut RKI vor allem ältere Menschen das Risiko, schwer an einer Grippe zu erkranken oder zu sterben. „Die Zahl der Todesfälle kann bei den einzelnen Grippewellen stark schwanken, von mehreren hundert bis über 25 000 in der Saison 2017/18.“

Eine Grippe macht sich oft durch einen plötzlichen Erkrankungsbeginn mit Fieber, Muskel- oder Kopfschmerzen bemerkbar, wie das RKI informiert. „Häufig kommt etwas später ein trockener Reizhusten dazu.“ Ein Drittel der Erkrankten habe nur milde, ein weiterer Drittel gar keine Symptome. Betroffene seien in der Regel fünf bis sieben Tage krank.

Im Jahr 2022 hatte die Grippewelle bereits im November und damit ungewöhnlich früh begonnen. In den Jahren vor Corona begann sie laut RKI meist im Januar und dauerte drei bis vier Monate.

„Alle Personen, für die die Stiko die Grippeschutzimpfung empfiehlt, sollten sich möglichst bald noch impfen lassen, falls dies noch nicht geschehen ist“, heißt es im aktuellen Bericht. Dazu zählen unter anderem alle Menschen ab 60 Jahren, Schwangere, chronisch Kranke, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen und Menschen mit erhöhtem beruflichen Risiko./bum/DP/zb  

Neue Polymere töten resistente Bakterien ab – „AquaMet“ von US-Wissenschaftlern zerstört Membranen von Krankheitserregern hocheffektiv

College Station (pte009/03.01.2024/10:30) – Eine neu entwickelte Familie von Polymeren tötet Bakterien ab, indem sie die Membran dieser Mikroorganismen zerstört. „Sie können zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz beitragen, weil sie mithHilfe eines Mechanismus wirken, gegen den Bakterien offenbar keine Resistenz entwickeln“, so Quentin Michaudel von der Texas A&M University.

Gesunde Zellen ungeschoren

Mit seinem Team hat Michaudel ein elektrisch positiv geladenes Molekül entwickelt, von denen mehrere nach einem besonderen Muster zusammengefügt wurden. „AquaMet“ nennt Michaudel dieses Molekül, das zielgenau Bakterien angreift, ohne Zellen des menschlichen Körpers zu zerstören, also weitgehend nebenwirkungsfrei ist.

In Zusammenarbeit mit der Gruppe von Jessica Schiffman von der University of Massachusetts Amherst setzte er AquaMet gegen zwei Haupttypen antibiotikaresistenter Bakterien ein, gegen E. coli und Staphylococcus aureus. Beide hatten keine Chance gegen das neue Molekül. Menschliche Blutkörperchen blieben dagegen verschont.

Richtige Balance gefunden

„Ein häufiges Problem bei antibakteriellen Polymeren ist die mangelnde Selektivität zwischen Bakterien und menschlichen Zellen beim Angriff auf die Zellmembran. Der Schlüssel liegt darin, die richtige Balance zwischen der wirksamen Hemmung des Bakterienwachstums und der wahllosen Abtötung mehrerer Zelltypen zu finden“, sagt Michaudel.

Die Entwicklung des Polymers hat mehrere Jahre gedauert. „Ohne wissenschaftlichen Beistand anderer Gruppen hätten wir keinen Erfolg gehabt. Zum Beispiel mussten wir einige Proben an das Letteri-Labor der University of Virginia schicken, um die Länge unserer Polymere zu bestimmen, was den Einsatz eines Instruments erforderte, über das nur wenige Labore im Land verfügen“, meint der Forscher.

Antibiotikaresistente Bakterien sind zu einer schnell wachsenden Bedrohung für die öffentliche Gesundheit geworden. Nach Angaben der US-Zentren für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten sind sie allein in den USA jedes Jahr für mehr als 2,8 Mio. Infektionen verantwortlich. Ohne neue Antibiotika können selbst leichte Verletzungen und einfache Infektionen tödlich enden. (Ende)

Umfrage: Ältere Menschen trinken zu wenig Wasser – Lieblingsgetränke in Deutschland

Hamburg – Kaffee ist neben Wasser das Lieblingsgetränk der Menschen in Deutschland. Rund acht von zehn Erwachsenen (79 Prozent) trinken täglich oder mehrmals pro Woche Kaffee, wie eine Befragung der Techniker Krankenkasse zeigt.

Bei den über 60-Jährigen sind dies sogar mehr als neun von zehn Befragten (91 Prozent). Am häufigsten grei­fen die Menschen aller Altersgruppen allerdings zu Wasser. 92 Prozent gaben an, Wasser täglich oder mehr­mals die Woche zu trinken.

Mit deutlichem Abstand folgen auf der Beliebtheitsskala über alle Altersgruppen hinweg Tee (49 Prozent), Milch beziehungsweise Milchmixgetränke (35 Prozent) sowie Fruchtsaft und Fruchtsaftschorlen (28 Prozent).

Die Zahlen stammen aus der TK-Ernährungsstudie, für die das Meinungsforschungsinstitut Forsa bundesweit rund 1.700 Menschen zu ihrem Ess- und Trinkverhalten befragte.

Wie die Umfrage weiter zeigt, trinken Menschen über 60 Jahre generell zu wenig. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, täglich mindestens 1,5 Liter Wasser oder andere kalorienarme Getränke zu sich zu nehmen. 42 Prozent der Menschen ab 60 trinken jedoch weniger als diese empfohlene Menge. © afp/aerzteblatt.de

Komasaufen: Tausende Jugendliche in Kliniken behandelt

Berlin – Im Jahr 2022 mussten rund 11.500 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 19 Jahren wegen akutem Alkoholmissbrauchs in deutschen Krankenhäusern behandelt werden. Das berichtete der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), unter Berufung auf Daten des Statistischen Bundesamtes.

Demnach lag die Zahl von Klinikbehandlungen Minderjähriger aufgrund einer akuten Alkoholvergiftung rund ein Prozent unter dem Durchschnitt im Jahr davor und war damit die niedrigste seit 2001. Im Vergleich zu 2019, dem letzten Jahr vor Ausbruch der Coronapandemie, war es ein Minus von rund 43 Prozent.

Blienert äußerte sich gemeinsam mit der DAK-Gesundheit zum Start der Kampagne bunt statt blau – Kunst gegen Komasaufen 2024. Dabei werden bis Ende März bereits zum 15. Mal die besten Plakate gegen das Rauschtrinken gesucht.

DAK-Vorstandschef Andreas Storm begrüßte den Rückgang der Rauschtrinkerzahl. „Aber jeder junge Mensch mit einer akuten Alkoholvergiftung ist einer zu viel“, sagte Storm.

Blienert führte den verbreiteten Alkoholmissbrauch auch auf ein verharmlosendes Image von Alkohol in der Gesellschaft zurück. „Es ist nicht rational, wie leichtfertig wir mit Alkohol umgehen – weil Alkohol die Ge­sund­heit schädigt, Leben zerstört und beispielsweise etwa jede zehnte Straftat unter Alkoholeinfluss passiert“, so der Bundesdrogenbeauftragte. © kna/aerzteblatt.de

UMWELT

ROUNDUP/Denkfabrik: Treibhausgas-Ausstoß auf niedrigstem Wert seit 1950ern

BERLIN (dpa-AFX) – Deutschland hat im vergangenen Jahr nach vorläufigen Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende so wenig Treibhausgase produziert wie seit sieben Jahrzehnten nicht mehr. Demnach ist der CO2-Ausstoß gegenüber 2022 um 73 Millionen Tonnen auf insgesamt 673 Millionen Tonnen gesunken – was einem Rückgang von 46 Prozent im Vergleich zu 1990 entspreche. Das geht aus einer Studie mit dem Titel „Die Energiewende in Deutschland: Stand der Dinge 2023“ hervor, die an diesem Donnerstag in Berlin vorgestellt wird und der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.

„Die Emissionen haben 2023 den tiefsten Stand seit den 1950er Jahren erreicht. Gleichzeitig handelt es sich um den größten Rückgang von Jahr zu Jahr in diesem Zeitraum“, sagte der Deutschland-Direktor von Agora, Simon Müller, der dpa. Für die Zeit vor der Wiedervereinigung haben die Autoren Daten zum Ausstoß an Treibhausgasen aus der Bundesrepublik und der DDR zusammengerechnet. Allerdings: Einen dauerhaften Erfolg für den Klimaschutz stellt das Rekordjahr nach Analyse der Fachleute nicht dar.

Warum die Emissionen gesunken sind

Nur rund 15 Prozent des Rückgangs führen die Studienautoren auf dauerhafte Einsparungen zum Beispiel durch den Ausbau erneuerbarer Energien, eine effizientere Nutzung von Energie und dem Umstieg auf klimafreundlichere Brennstoffe zurück. Etwa die Hälfte geht demnach auf kurzfristige Effekte wie den geringeren Stromverbrauch zurück. Die niedrigeren Emissionen liegen auch am Schwächeln der deutschen Industrie, insbesondere die Produktion der energieintensiven Industrie brach ein. „Der krisenbedingte Produktionseinbruch schwächt den Industriestandort Deutschland. Wenn in der Folge Emissionen lediglich ins Ausland verlagert werden, ist auch für das Klima nichts gewonnen“, betonte Müller.

Hauptgrund für die bessere Klimabilanz ist laut Agora aber, dass im vergangenen Jahr weniger Strom aus dem klimaschädlichen Verbrennen von Kohle gewonnen wurde. Die Emissionen aus der Stromerzeugung sanken demnach um 46 Millionen auf 177 Millionen Tonnen CO2 und haben sich damit im Vergleich zu 1990 mehr als halbiert. CO2 oder Kohlendioxid umfasst hier wie üblich andere Treibhausgase, die zur besseren Vergleichbarkeit in CO2 umgerechnet wurden. Dass wiederum weniger Kohle verstromt wurde, habe am preisbedingten Rückgang beim Stromverbrauch um 3,9 Prozent gegenüber 2022 gelegen. Infolge der Ukraine-Krise waren die Energiepreise gestiegen. Europaweit habe es außerdem ein starkes Jahr für Strom aus erneuerbaren Energien gegeben, so die Studienautoren. Zudem legten die erneuerbaren Energien auch in Deutschland zu.

Sorgenkinder Gebäude und Verkehr

Agora geht davon aus, dass der Gebäudesektor zum vierten Mal in Folge sein Klimaziel nicht geschafft hat. Die Emissionen hier sanken den Berechnungen zufolge nur um 3 Millionen auf 109 Millionen Tonnen CO2, was am geringeren Heizbedarf wegen milder Witterung gelegen habe. Der Sektor liegt damit 8 Millionen Tonnen über dem nötigen Pfad zur Erreichung des Ziels für 2030.

Der Verkehrssektor hat demnach zum dritten Mal in Folge das im Klimaschutzgesetz festgelegte Ziel verfehlt. Hier sind die Emissionen laut Agora ebenfalls um 3 Millionen auf 145 Millionen Tonnen CO2 gegenüber dem Vorjahr gesunken. Das sind 12 Millionen Tonnen über dem aktuellen Zielpfad. Der Anteil von Elektroautos an den Neuzulassungen stagnierte.

Solar boomt, Wind schwächelt

Der Ausbau der Solarkraft erreichte laut Agora im vergangenen Jahr Höchstwerte: 14,4 Gigawatt an Leistung kamen neu hinzu, 6,2 Gigawatt (GW) mehr als im bisherigen Spitzenjahr 2012. Obwohl es weniger Sonnenstunden gab als im Vorjahr, stieg die erzeugte Strommenge. Die Bundesregierung strebt eine installierte Leistung von 215 GW bei Photovoltaik bis 2030 an, für 2023 geht Agora von 81,9 GW aus. Die Anlagen entstehen selbst dann, wenn es kein Geld vom Staat gab: 9 Prozent der zugebauten Solarkapazität auf Freiflächen wurde nach Angaben der Denkfabrik außerhalb von EEG-Ausschreibungen und damit ohne staatliche Förderung gebaut.

„Wir sind in diesem Bereich auf Kurs für die Klimaziele 2030“, sagte Müller. „Voraussetzung, dass das so bleibt, sind der Ausbau und die Digitalisierung der Verteilnetze.“ Bis 2030 will die Bundesregierung den Ausstoß an Treibhausgasen um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 senken.

Windräder produzierten der Studie zufolge dank günstigen Wetters und eines leichten Zubaus mit 138 Terrawattstunden (TWh) 2023 mehr Strom als die deutschen Kohlekraftwerke mit 132 TWh. Der Zuwachs an Erzeugungskapazität fiel mit einem Plus von 2,9 GW bei Wind an Land aber viel zu gering aus, um das Ziel der Bundesregierung einer installierten Leistung von rund 115 GW bis 2030 zu schaffen. „Das liegt auch an im Vergleich zur Solarkraft deutlich komplizierteren Genehmigungsverfahren“, stellte Müller fest. Allerdings stiegen die Genehmigungen für Windräder an Land deutlich.

Verfehlung von EU-Klimazielen könnte teuer werden

Deutschland hat sich gemeinsam mit den anderen EU-Staaten auch Ziele zur Minderung von Treibhausgasen für den Zeitraum 2021 bis 2030 gesetzt. Betroffen sind Bereiche, die nicht Teil des europäischen Emissionshandels sind, also Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfall sowie Teile des Industriesektors. Auch das Umweltbundesamt sah hier bis 2030 eine erhebliche Lücke voraus. Deutschland müsste dann von anderen EU-Ländern Rechte zum Ausstoß von Treibhausgasen kaufen oder ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission mit möglichen Strafzahlungen riskieren. „Wenn Deutschland beim Klimaschutz in Gebäuden und Verkehr nicht vorankommt, drohen Deutschland Kosten in Milliardenhöhe“, warnte Müller.

Förderung ungewiss

Wie genau es mit dem klimafreundlichen Umbau der deutschen Wirtschaft weitergeht, ist nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts unklar. Die Einigung der Bundesregierung auf den Haushalt des kommenden Jahres sichere zwar wesentliche Elemente, so Agora. „Es mangelt jedoch weiter an einem Konzept zur mittel- und langfristigen Finanzierung notwendiger Investitionen. Müller mahnte: „Auch Nicht-Handeln verursacht Kosten.“/hrz/DP/zb

Klimaforscher: in Deutschland wird Hochwasser mit dem Klimawandel immer häufiger

POTSDAM (dpa-AFX) – Hochwasser und Dürren werden nach Forscherangaben weiter zunehmen. „Viele Studien, auch eigene, zeigen, dass mit steigenden globalen Temperaturen auch die Anzahl und Intensität von Extremen wie Hochwasser in Deutschland ansteigen“, sagt Fred Hattermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Arbeitsgruppe Hydroklimatische Risiken.

Eine Ursache für das aktuelle Hochwasser seien wahrscheinlich die für die Jahreszeit hohen Oberflächentemperaturen des westlichen Atlantiks, die zu hoher Verdunstung und damit auch viel Wasserdampf in der Atmosphäre führen, erläutert Hattermann. Durch die in unseren Breiten vorherrschenden Westwinde seien diese feuchten Luftmassen nach Europa transportiert worden, wo es in Folge einer schnell über Mitteleuropa ziehenden Kette von Tiefdruckgebieten im Herbst und Winter zu sehr ergiebigen Niederschlägen gekommen sei und dann auch zu Hochwasser. „Die Böden wurden mit Wasser gesättigt und nehmen dann kaum noch Wasser auf.“

Das langjährige Mittel der Niederschläge in Deutschland habe sich kaum geändert. „Für Deutschland gibt es da keine starken Trends, aber die Variabilität der Niederschläge steigt“, sagt Hattermann. Kurz: Es gibt stärkere Regen, aber auch längere trockene Zeiten. Das hat laut Hattermann zwei Gründe. Erstens erwärme sich durch den Klimawandel die Luft, die dann mehr Wasser aufnehmen könne. „Die Wassermenge pro Kubikmeter Luft ist gestiegen.“ Das bedeutet zunächst längere Trockenphasen – und wenn es mal regnet, dann fällt mehr Wasser auf die Erde.

Zweitens: „Wir haben stabilere Großwetterlagen über Europa.“ Das hänge mit dem Einfluss des Klimawandels auf den Jetstream zusammen, einer Luftströmung über dem Nordpolargebiet, wobei die einzelnen Zusammenhänge noch nicht exakt geklärt seien. Eine solche Situation habe zum Beispiel zu den lang andauernden Hochdruckwetterlagen wie 2018 oder aber auch im Frühjahr 2023 geführt. „Ein Hochdruckgebiet dreht sich dabei im Uhrzeigersinn und bringt trockene Luft vom eurasischen Raum nach Deutschland“, sagt Hattermann.

„2021 hatten wir ein Tiefdruckgebiet, wo sich der Wind gegen den Uhrzeigersinn drehte und feuchte Luft aus dem Mittelmeerraum nach Deutschland brachte.“ Das habe 2021 zu den Wassermassen im Ahrtal geführt./hu/DP/zb

ROUNDUP/Rote Liste: Forelle nun als gefährdet eingestuft – Insgesamt 21 Arten hochgestuft

BERLIN (dpa-AFX) – Die Forelle gilt in Deutschland erstmals als gefährdeter Fisch. Das geht aus der neuen Roten Liste für Süßwasserfische und Neunaugen in Deutschland hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Insgesamt seien 21 Arten in einer Gefährdungskategorie hochgestuft worden, berichtete das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin, das die Liste präsentierte. Damit gälten nun mehr als die Hälfte der einheimischen Arten als „gefährdet“ oder bereits als „ausgestorben“. Die Liste wurde erstmals seit 2009 aktualisiert. Neunaugen sind fischähnliche, stammesgeschichtlich sehr alte Wirbeltiere.

Die Forelle (Salmo trutta) wurde von „nicht gefährdet“ auf „gefährdet“ hochgestuft. Der Bestand wird laut IGB nun in fünf Bundesländern als rückläufig eingeschätzt – darunter seien Bayern und Baden-Württemberg, wo es einst große Bestände gegeben habe. Vom Verzehr der Forellen aus Deutschland rate er dennoch auf keinen Fall ab, sagt IGB-Forschungsgruppenleiter Christian Wolter, einer der Hauptautoren der Roten Liste. „Die im Handel angebotenen deutschen Forellen stammen überwiegend aus kleinen Forellen-Teichwirtschaften, die ein sehr gutes Lebensmittel produzieren.“ Anders verhalte es sich mit Forellen, die in Südamerika gemästet, in Marokko geräuchert und dann in Deutschland vermarktet werden. Dabei entstehe ein hoher Umweltschaden.

„Für die Rote Liste haben wir nur die frei lebenden Wildbestände bewertet“, betont Wolter. „Und auch wenn die Bestände rückläufig sind, sollen die um ihren Schutz bemühten Angler auch die Früchte ihrer Bemühungen ernten und hin und wieder eine selbstgefangene Forelle essen“, ergänzt er. Ohne die Bemühungen der Angler um den Erhalt der vielen kleinen Forellenbäche wäre es um die Art wahrscheinlich schlechter bestellt.

Mit rund 10 Prozent ausgestorbenen Arten an Süßwasserfischen und Neunaugen liegt Deutschland laut IGB deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 2,5 Prozent. Zu den Ursachen gehörten der Verlust von Lebensräumen durch Gewässerverbauung und -verschmutzung sowie der Klimawandel, sagt Wolter.

Nach IGB-Angaben fehlen vielerorts sogenannte Altarme und flach überflutete Auen, in denen sich die Fischbrut ungestört entwickeln könne. Auch Wehre und Dämme, die Fischwanderwege unterbrechen, seien eine Ursache für den Rückgang vieler Arten. Hinzu kämen die Auswirkungen des Klimawandels wie höhere Wassertemperaturen und weniger Sauerstoff im Gewässer.

Auf der Liste werden nun 38 Arten als „gefährdet“ eingestuft, 2009 waren es 22 Arten.

„Wir sehen eine sehr deutliche Verschlechterung der Gefährdungssituation der einheimischen Süßwasserfische und Neunaugen in den letzten vierzehn Jahren“, sagt Wolter.

Mehr als die Hälfte der Arten gefährdet oder ausgestorben

Derzeit gelten demnach 52 Prozent der Arten als „gefährdet“ oder bereits „ausgestorben oder verschollen“. Das seien 47 der 90 etablierten einheimischen Arten. Nur 36 Prozent gelten als „ungefährdet“. Die restlichen Arten sind „extrem selten“, stehen auf der Vorwarnliste oder können mangels Daten nicht eingestuft werden.

„Für die meisten Süßwasserfische und Neunaugen sind die wichtigsten Gefährdungsursachen und geeignete Hilfs- und Schutzmaßnahmen seit Langem bekannt“, sagt Wolter. „Ein großes Problem ist, dass uns als Gesellschaft oft andere Funktionen vor allem der Fließgewässer wichtiger sind: Hochwasserschutz, Schifffahrt, Entwässerung, Abwassereinleitung, Stromerzeugung, Wasserentnahme, Wärmeeinleitung zählen hier mehr als ökologische Kriterien.“

Als besonders gefährdet gelten auch die Störe: Sieben der acht in Europa vorkommenden Störarten sind europaweit „vom Aussterben bedroht“, die achte gilt inzwischen als „stark gefährdet“, schreibt das IGB. Auch der Atlantische Lachs (Salmo salar) sei in Deutschland trotz Wiederansiedlungen weiterhin vom Aussterben bedroht. „Die Durchgängigkeit der Flüsse für Wanderfische wie den Atlantischen Lachs muss weiter verbessert werden, allein schon um die Gefährdung dieser kälteliebenden Art durch den Klimawandel abzumildern“, sagt Wolter./hu/DP/stw  

BILDUNG

Lehrerverband fordert bessere Möglichkeiten für Unterricht mit KI

STUTTGART (dpa-AFX) – Um sich im Unterricht angemessen dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) widmen zu können, bedarf es aus Sicht des Deutschen Lehrerverbands besserer Bedingungen. „Wichtig wäre es, dass den Schulen anonyme, also datenschutzkonforme Zugänge für die Nutzung von Large Language Models und komplexen Übersetzungsprogrammen sowie Bilderzeugungsprogrammen zur Verfügung gestellt werden, um gezielt mit den Lernenden die Chancen und Grenzen alltäglicher KI auszuloten“, erklärte Präsident Stefan Düll der Deutschen Presse-Agentur. Large Language Models sind komplexe Sprachmodelle, die mit Hilfe von KI ein allgemeines Sprachverständnis entwickelt haben und Sprache generieren können. Ein Beispiel ist ChatGPT.

Zudem bräuchten Lehrerinnen und Lehrer Fortbildungen zu dem Thema. „Zum einen findet das informell auf der Ebene der Kolleginnen und Kollegen eines Kollegiums statt“, so Düll. Zum anderen organisierten Mitgliedsverbände des Lehrerverbands und die Länder Weiterbildungen. In Deutschland unterrichteten aber rund 800 000 Lehrkräfte in Vollzeit, Teilzeit und stundenweise. Weitere 125 000 seien im Bereich der Beruflichen Schulen tätig. „Bei dieser Anzahl ist klar, dass es bei Fortbildungen zu allen Themen immer noch Luft nach oben gibt.“/kre/DP/zb

MEDIEN – IT – KOMMUNIKATION

ROUNDUP: ‚Focus‘ ändert Erscheinungstag und plant Newsletter

MÜNCHEN/BERLIN (dpa-AFX) – Der gedruckte „Focus“ erscheint künftig einen Tag früher. Das Nachrichtenmagazin setzt nach Burda-Angaben ab 9. Februar auf den Freitag statt auf den Samstag. „Focus“-Chefredakteur Georg Meck (56) sagte im Interview der Deutschen Presse-Agentur, der neue Erscheinungstag sei „Teil unserer Offensive für noch mehr Durchschlagskraft, publizistisch wie ökonomisch.“ Er verwies auch auf das Problem pünktlicher Zustellung: „Freitags ist die Post noch zuverlässig.“

Co-Chefredakteurin Franziska Reich (49), die vor ihrer Zeit bei Burda viele Jahre beim „Stern“ tätig war, erläuterte im dpa-Gespräch weiter: „Freitag ist klassisch der Tag, an dem sich Leute in Supermärkten und an Kiosken für das Wochenende bereit machen und ein Magazin mit nach Hause nehmen. Wir bieten den Menschen so Lektüre für das gesamte Wochenende, haben einen Verkaufstag mehr.“ Reich und Meck sind seit April 2023 als Doppelspitze in der „Focus“-Chefredaktion tätig.

Bislang erscheint das gedruckte Magazin mit einer verkauften Auflage von rund 240 000 Exemplaren (drittes Quartal 2023/IVW-Zahlen) samstags und damit am selben Tag wie die gedruckte Konkurrenz-Zeitschrift „Der Spiegel“. Der gedruckte „Stern“ aus dem Hause RTL kommt donnerstags auf den Markt.

Die Zeitschrift will zudem stärker in Online-Angebote investieren. Von „Focus Online“ bleibt das Magazin als Marke zugleich getrennt. Das ist ein eher unüblicher Weg. In den vergangenen Jahren waren viele Prozesse in Redaktionen davon geprägt, dass man Online- und Print-Bereiche zusammenlegte – auch um Geld zu sparen und inhaltliche Synergien zu bilden. Beim „Spiegel“ zum Beispiel läuft schon lange das Zusammenwachsen der Bereiche. Geräuschlos lief das nicht, es gab Unmut zum Beispiel wegen historisch bedingter unterschiedlicher Bezahlung von Journalisten.

„Focus“-Chefredakteurin Reich sagte im dpa-Interview, in vielen Redaktionen sei die Zusammenlegung von Print- und Online-Redaktionen langwierig und mit vielen Verwerfungen verbunden gewesen. „Die Verschmelzung ist ein möglicher Weg, der bei vielen anderen Marken bei uns im Burda Verlag gut funktioniert. Wir gehen bei „Focus“ einen anderen: Mit einem sehr erfolgreichen Reichweitenmodell konzentriert sich „Focus Online“ auf das tagesaktuelle Geschehen, Geschwindigkeit und Reichweite.“ Das Magazin konzentriere sich stärker auf das „Warum?“, also auf hochwertige Hintergrundberichterstattung.

Reich ergänzte: „Bei allem rund um das Magazin – dazu gehören auch digitale Projekte, an denen wir jetzt arbeiten – setzen wir darauf, dass hochwertiger Magazinjournalismus bezahlt wird, auch wenn er digital verbreitet wird. Und natürlich wird uns „Focus Online“ mit seiner hohen Reichweite unterstützen.“

Chefredakteur Meck kündigte Paid-Modelle im Netz und den Ausbau des E-Paper-Geschäfts für den „Focus“ an. „Es gibt einen intensiven redaktionellen Austausch mit „Focus Online“, wir unterstützen uns gegenseitig bei vielen Themen. Allerdings arbeiten wir in getrennten Redaktionen.“ Man investiere in die Offensive mit dem Arbeitstitel „Focus 2030“ für das Magazin einen hohen Betrag. Zahlen nannte die Chefredaktion nicht. Für die Digital-Paid-Strategie werde man die Redaktion ausbauen. Bislang arbeiten laut Meck 60 Beschäftigte beim „Focus“-Magazin und nochmal knapp 30 bei der Schwester-Zeitschrift „Focus Money“.

„Focus“ setzt auch auf Bezahl-Newsletter. Reich erläuterte: „Es wird einen tagesaktuellen Newsletter geben, der auf die stärksten Inhalte aus der Magazin-Redaktion von „Focus“ setzt und in einer weiteren Ausbaustufe zu Paid-Content-Angeboten hinleitet. Finanzen und Wirtschaft sind die Top-Themen. Wir denken auch über Gesundheit nach.“ Auf die Frage, ob es mit Blick auf bereits bestehende Angebote von großen Medienhäusern und spezialisierten Medienmarken nicht zu spät für einen solchen Markteintritt sei, sagte Meck: „Es ist ein harter Wettbewerb. Aber wir sind überzeugt, dass wir es im Zweifel besser machen als andere.“/gö/rin/DP/zb

Ende der Telefonie: Stirbt das Telefongespräch aus? – Kurier, 2.1.2024

89 Prozent der Österreicher besitzen ein Smartphone. Doch es wird immer weniger dafür genützt, um miteinander zu telefonieren.

von Brigitte Biedermann

Der erste Satz, der jemals über ein Telefon gesagt wurde, war: „Watson, kommen Sie her. Ich muss Sie sehen.“ Das war am 10. März 1876. Der britische Erfinder des Telefons Alexander Bell sprach in einen Apparat, den sein Assistent Thomas Watson konstruiert hatte. Klingeln konnte dieser noch nicht, die Funktion kam erst später hinzu.

148 Jahre später scheint es, als ob eine der wichtigsten Kulturtechniken der vergangenen Jahrhunderte – das Telefongespräch – langsam ausstirbt. Zwar gibt es mehr Telefone als je zuvor: 89 Prozent der Österreicher besitzen ein Smartphone, telefoniert wird damit aber immer weniger. Laut Daten der Mobilfunkanbieter gehen die Gesprächsminuten kontinuierlich zurück, während die Datennutzung immer weiter ansteigt. Laut Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH wurden in Österreich im 2. Quartal 2023 insgesamt 24,2 Milliarden Chatnachrichten versendet, das sind um rund 900 Millionen mehr als im Quartal davor. Bei Whatsapp werden jeden Tag sieben Milliarden Sprachnachrichten verschickt. Die junge Generation will einfach nicht mehr zum sprichwörtlichen Hörer greifen. Neun von zehn Personen der Generation Z (zwischen 1995 und 2010 geboren) geben in einer Umfrage an, lieber Text- oder Sprachnachrichten zu versenden als zu telefonieren. Was einst als Durchbruch galt, nämlich unabhängig vom Ort miteinander zu sprechen, wird plötzlich abgelehnt.

Anruf als Überrumpelung

Viele Menschen – ganz unabhängig vom Alter – sehen die permanente Erreichbarkeit nicht mehr als Errungenschaft, sondern als Belastung. Bei den Jüngeren geht es sogar so weit, dass sie einen Anruf als Überrumpelung wahrnehmen. Nicht vorher schriftlich angekündigte Anrufe gelten als unhöflich.

Oliver Ruf, Professor für Ästhetik der Kommunikation an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, hat erforscht, warum wir nicht mehr telefonieren wollen: „Das Telefonieren überschreitet die Schwelle des Intimen, was einen Grad an Überwindung kostet.“ Das ist auch der Grund, warum die jüngere Generation das Telefongespräch ablehnt. Sie könnten sich nicht auf einen Anruf vorbereiten und haben Angst, etwas Falsches zu sagen. Auf eine Sprach- oder Textnachricht könne man überlegt antworten, und zwar, wann man will. Ruf: „Wenn chatten, texten oder e-mailen zum Normalfall wird, avanciert das Telefonat zur Ausnahme.“ 

Da es mittlerweile Alternativen wie die Messenger-Kommunikation gebe, können Gespräche leichter verweigert werden. Droht dem Telefonat also das komplette Aus und kommunizieren wir bald nur noch über Text- oder Sprachnachrichten? Oliver Ruf: „Mit hoher Wahrscheinlichkeit befinden wir uns derzeit in einem weiteren Medienumbruch, der gerade auch die Kulturtechnik des Telefonierens betrifft. Durch die Etablierung von Smartphones kündigt sich zumindest die immer größer werdende Minimierung des Telefonierens an.“ Der Siegeszug des Smartphones hat aber noch andere Auswirkungen: Die Festnetzanschlüsse in Österreich werden immer weniger. Ein Telefon, vielleicht sogar noch mit Wählscheibe ausgestattet, bekommen Kinder heute nur noch bei den Großeltern oder im Museum zu Gesicht. 2023 gab es in Österreich noch 2,14 Millionen Festnetzanschlüsse, um 107.000 weniger als im Jahr zuvor.

Paket- statt Telefonzelle

Und auch die Telefonzellen im Land braucht bald niemand mehr. Vor der flächendeckenden Verbreitung des Smartphones waren sie noch heiße Anlaufstelle, wenn das Vierteltelefon vom Nachbarn blockiert war und es kein Freizeichen gab. Mittlerweile sind sie nahezu überflüssig. In den 1990er-Jahren gab es in Österreich noch rund 30.000 Stück, heute sind es nur noch 7.000. Aber auch denen geht es langsam an den Kragen. Denn: Die Post will in den nächsten fünf Jahren rund 1.000 Telefonzellen zu Paket-Stationen umbauen. Trotz weniger Telefongesprächen gibt es aber laut Professor Ruf auch eine gute Nachricht: „Wir werden weiter jene finden, die wir ansprechen wollen. Der Mensch bleibt ein kommunikatives Wesen.“

Warum den Jungen die Lust am Telefonieren vergeht – Kurier, 28.8.2023

Die meisten Menschen haben ihr Smartphone ständig bei sich, nutzen es aber immer seltener zum Telefonieren.

von Julia Pfligl

Irgendwann hatte Holger genug von Anrufen, die ihn wie aus dem Hinterhalt überraschen. Um nicht jedes Mal aufs Neue erklären zu müssen, warum er nicht abhebt, erstellte er die Website www.warum-ich-keine-anrufe-mag.de und listete neun Gründe für seine Abneigung auf: Telefonieren sei unhöflich, unterbreche ihn bei wichtigen Tätigkeiten und biete im Umgang mit Behörden keinen Nachweis. „Ich war es leid, dass in vielen Köpfen ein Telefonat der einzige Kommunikationsweg zu sein scheint“, antwortet der 35-Jährige auf ein KURIER-Mail. „Ich möchte anregen darüber nachzudenken, ob ein Anruf immer der richtige Weg ist. Bis jetzt habe ich viel Zustimmung bekommen.“

Es klingt paradox: Ausgerechnet jene Generation, der eine fast schon emotionale Bindung zu ihrem Smartphone nachgesagt wird, für die es eine Herausforderung ist, während eines Kinofilms nicht aufs Handy zu schielen, scheint des Telefonierens zunehmend überdrüssig zu werden. Die österreichischen Zahlen bestätigen den Trend: Seit dem Höhepunkt der Sprachtelefonie im Jahr 2012 nahmen die vertelefonierten Minuten mit dem Mobiltelefon laut Rundfunk- und Telekom-Regulierungs-GmbH (RTR) ab, seit 2017 gibt es einen leichten Aufwärtstrend. Dramatischer ist der Rückgang bei den versendeten SMS, während sich das Datenvolumen vervielfacht hat. Inmitten von WhatsApp, Snapchat, Facebook oder Skype ist die Telefon-Applikation zu einem unbedeutenden Nebendarsteller verkommen.

Das stellte auch die bekannte US-amerikanische Soziologin Sherry Turkle vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) fest, als sie für ihr Buch „The Power of Talk in the Digital Age“ junge Menschen zu ihrem Kommunikationsverhalten befragte. Fazit: Telefonieren ist out, die Millennials teilen sich am liebsten schriftlich über Messengerdienste mit. Dass der Gedanke an ein spontanes Echtzeit-Gespräch vielen Angst einflößt, liegt vor allem am gefühlten Kontrollverlust. Auch Zeiteffizienz ist ein Schlüsselwort, wie eine Blitz-Umfrage des KURIER unter jungen Erwachsenen zeigt: „Meine Generation ist mit dem Internet aufgewachsen und gewohnt, dass alles so schnell wie möglich passiert. Wenn ich eine längere Geschichte erzählen will, bin ich ein Fan von Sprachnachrichten.“ „Beim Schreiben kommt man schneller auf den Punkt und spart sich den Smalltalk am Anfang.“ „Man kann selber entscheiden, wie und wann man auf eine Nachricht antwortet. Beim Telefonieren ist man unflexibel.“

Selbstbestimmung

Anlass zum Kulturpessimismus sieht Thomas Bauer, Professor für Kommunikationskultur an der Uni Wien, nicht. „Schreiben statt Telefonieren ist kein Verlust, sondern eine Veränderung im Sinne der größeren Selbstkontrolle“, schließt er sich den Erkenntnissen seiner US-Kollegin Turkle an. Dahinter stecke also nicht, wie oft kolportiert, eine Sozialphobie, sondern die Angst vor einem Kontrollverlust. Das gelte insbesondere für Heranwachsende: Indem sie den Anruf ihrer Eltern nicht sofort beantworten, signalisieren sie Selbstbestimmung. „Wenn man jemanden anruft, dringt man in seine Privatsphäre ein. Das ist eine Änderung der sozialen Verhältnisse: dass man trotz Autorität des anderen nicht so reagieren muss, als wäre man sein Sklave. Die Botschaft lautet, ‚Ich bin auch jemand, und ich entscheide, ob, wie und wann ich antworte‘.“ Für die Generation, die ständig online und erreichbar ist, scheint es der letzte Luxus zu sein, einen Anruf nicht (sofort) beantworten zu müssen.

Eine Situation, die die Wienerin Astrid S., Mutter zweier Kinder um die 20, nur zu gut kennt. „Ihr Handy piept rund um die Uhr, also stellen sie es auf lautlos. Mit dem Ergebnis, dass sie nie abheben – sie schreiben lieber später eine Textnachricht. Telefonieren haben sie nie gelernt.“ Daher übt sie mit ihrer Tochter neuerdings Anrufe beim Arzt oder Behörden. „Natürlich könnte sie es, aber sie will es nicht.“ Eine andere Mutter schildert, dass ihre 18-Jährige unlängst mit blankem Entsetzen auf ihren Anruf reagierte: „Mama, warum schreibst du nicht?“

Und siehe da: Ärzte, Friseure oder Zustelldienste passen sich den Vorlieben ihrer Kundschaft an und bieten zunehmend elektronische Anmeldesysteme, die garantiert ohne Gespräch auskommen. Kommt uns dabei nicht die Fähigkeit, mit Fremden zu sprechen, abhanden?

Der Psychologe Dominik Rosenauer sieht die veränderten Kommunikationsvorlieben entspannt. Weil er gerade in den Bergen urlaubt, beantwortet er die Fragen der KURIER-Redakteurin zeitversetzt per Mail. Genau das sei auch der Grund für den Siegeszug der sogenannten asynchronen Kommunikation, erklärt er: „Wenn Jugendliche heute über soziale Medien kommunizieren, ist das eine Botschaft, nämlich die der ‚Un-Gleichzeitigkeit‘. Wer in der U-Bahn sitzt, sieht die meisten Menschen mit Smartphone vor der Nase. Die meisten von ihnen kommunizieren – nur eben nicht mit den Personen neben ihnen, sondern mit Freunden über Social Media. Diese haben den Vorteil, dass man sich das, was man sagen will, in Ruhe überlegen kann – das geht am Telefon eben nicht.“

Und: Beim Texten sinkt die Hemmschwelle, lautet die These zweier US-Soziologen. Über eine Facebook-Nachricht oder ein eMail trauen sich vor allem introvertierte Typen eher, Fremde zu kontaktieren, als über das Telefon – egal, ob es sich dabei um die Partybekanntschaft oder den zukünftigen Chef handelt.

Faktor Gefühle

Viele Telefon-Hasser geraten in Panik, weil sie die Gefühle des Gesprächspartners am anderen Ende der Leitung falsch deuten könnten. Hier kommen die Emojis ins Spiel: Seit diese unsere Schriftsprache auf sympathische Art und Weise gekapert haben, ist es noch einfacher geworden, beim Texten Emotionen zu vermitteln. „Mit den Emoticons bewegt man sich in einem sicheren Rahmen, man weiß, wie der andere die Symbole oder Smileys versteht. Wir nennen das eine Reduktion der Komplexität von Kommunikation“, erläutert Medienexperte Bauer. „Ein persönlicher Ausdruck kann hingegen immer unterschiedlich aufgenommen werden.“

So unzeitgemäß Telefonieren von den „Digital Natives“ empfunden wird, so relevant bleibt es für bestimmte Situationen, prophezeit Bauer und zeichnet das bekannte Bild des am Hörer hängenden Donald im Oval Office. „Wenn man schnell etwas will und weiß, man tut das vielleicht unkontrolliert und emotional, ist das ein Fall für das Telefon. Wenn Trump und Putin Tacheles reden wollen, greifen sie erst einmal zum Hörer. Da geht es auch darum, für einen Moment eine verloren gegangene Nähe zu simulieren.“ Bauer ist sicher: „Um etwas zu korrigieren oder zu verfestigen, wird man das Telefon immer brauchen.“

Die nachlassende Lust am Telefon bedeute keine Verrohung der Jugend, sondern einen technologischen Fortschritt: „Früher war es nicht anders möglich als anzurufen und den anderen zu erschrecken.“ Rosenauer ruft in Erinnerung, dass Veränderung immer kritisch betrachtet wurde. So soll der Psychologe Paul Lazarsfeld einst die Erfindung des Telefons beklagt haben: Der Niedergang des persönlichen Gesprächs stehe praktisch vor der Tür.

Und Holger, der Online-Vorreiter der Telefon-Verweigerer? Kommt mit seiner Philosophie gut durchs Leben. Den Vorwurf der sozialen Inkompetenz lässt er nicht gelten. „Zeugt es nicht von sozialer Kompetenz, wenn ich meine Worte überdenken oder für meine Antwort den passenden Zeitpunkt wählen möchte?“, schreibt er. Und fügt hinzu, was selbst der größte Pessimist unterschreiben muss: „Entscheidender als der Kommunikationsweg ist immer noch der Inhalt.“

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„Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“

Die Geschichte des Telefons beginnt mit einem kuriosen Satz.

Es ist einer der großen Irrtümer unserer Geschichte – die Annahme, dass Alexander Bell der Erfinder des Telefons sei. Tatsächlich war es der Deutsche Johann Philipp Reis, der das erste funktionstüchtige Telefon entwickelte. Im Jahr 1861 übertrug er erstmals Schallwellen auf elektrische Leitungen. Auch in Sachen Kreativität war Reis seinem schottischen Erfinderkollegen überlegen: Der erste Satz, den er durch sein Telefon schickte, lautete der Überlieferung nach „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“. Bell hingegen gab sich mit einem belanglosen „Mr. Watson – come here – I want to see you“ zufrieden. Ein großes Manko hatte der Fernsprechapparat von Reis allerdings: Die Übertragung der Töne erfolgte nur in eine Richtung.  Um dieses Problem zu lösen, brauchte es die Einfallskraft des Sprachtherapeuten Bell. Im Jahr 1876 meldete er seinen „Sprechtelegraphen“ beim US-amerikanischen Patentamt an. Und das keine Minute zu früh: Nur zwei Stunden später stellte der Amerikaner Elisha Gray einen Antrag für einen ähnlichen Apparat. Die darauffolgende Klage war nur eine von vielen Rechtsstreitigkeiten, mit denen Bell zeitlebens zu kämpfen hatte. Sein Erfolg blieb dennoch ungebrochen: Im selben Jahr führte er das erste Ferngespräch der Welt – zwischen den Städten Boston und Cambridge in Massachusetts, USA.

Wenig später hielt das Telefon Einzug in Österreich. 1881 wurden in Wien die ersten Telefonanlagen vom k. u. k. Handelsministerium in Betrieb genommen. Ein Jahr später eröffnete eine „öffentliche Sprechstelle“ an der Wiener Börse. Nun konnten auch Österreicher ohne einen eigenen Anschluss telefonieren. Bis 1883 wurden Graz, Prag und Triest an den Netzbetrieb angeschlossen – die Hofburg folgte erst 15 Jahre später. 1889 kamen die ersten Telefone mit Wählscheiben auf den Markt. Lokale Nummern konnten nun selbst gewählt werden. In Österreich vermittelte das „Fräulein vom Amt“ noch bis 1910 jeden Anruf händisch. 

Ab 1905 schlossen sich viele Österreicher zu Gesellschaftsleitungen zusammen. Mit dem sogenannten „Vierteltelefon“ nutzten bis zu vier Teilnehmer dieselbe Leitung – und teilten sich die teure Abonnementgebühr auf. 1974 waren die ersten Tastentelefone auf dem Vormarsch und 1983 präsentierte Motorola das erste Handy. Dieses trug wegen seines stolzen Gewichts von 800 Gramm den Beinamen „Der Knochen“. Die Akkulaufzeit betrug eine halbe Stunde.

Die erste SMS (Short Message Service) wurde 1992 verschickt und lautete „Merry Christmas“. Der Siegeszug der Smartphones wurde im Jahr 2007 eingeleitet, als Apple das erste iPhone vorstellte. Von nun an war das Telefonieren nur eine von zahlreichen Handy-Funktionen.

von Sarah Stoffaneller

Hilfe, Telefonphobie! Wie sich die Angst ablegen lässt – Kurier, 30.5.2024 ZAHLPFLICHT

Wer lieber Ausreden sucht, als zum Telefon zu greifen, sollte schleunigst damit aufhören. Denn die Angst wird anders besiegt

von Jennifer Corazza

Man braucht etwas im Job oder möchte einen neuen Kontakt aufbauen. Ist man effizient, nimmt man das Telefon zur Hand. Zumindest im Idealfall. Denn schlägt die Telefonphobie zu, sieht die Sache anders aus. …

Ruf! Mich! Nicht! An! Warum Millennials so ungern telefonieren

Texten statt Reden: Der Bundeskanzler, Jahrgang ’86, ist mit seiner Abneigung nicht alleine.

von Julia Pfligl

06.04.2021, 05:00

Der jüngste innenpolitische Skandal brachte drei wichtige Erkenntnisse zutage: 1) Fremde Chatverläufe zu lesen, ist so unangenehm, dass es einem mitunter körperliche Schmerzen bereitet; 2) das Bussi-Emoji hat endgültig seine Unschuld verloren; 3) Bundeskanzler & Co. sind offenbar keine Freunde des Telefonierens und besprechen selbst die Aufteilung der Republik lieber per Direktnachricht. Zumindest damit dürfte Sebastian Kurz bei Gleichaltrigen – er ist Jahrgang ’86 – auf Verständnis stoßen. Wenn die Generation Y etwas noch mehr verabscheut als Formulare und Amtswege, dann, jemanden anrufen zu müssen oder angerufen zu werden.

Die Gründe für die Telefon-Tristesse sind vielfältig. Überraschende Anrufe empfinde sie als übergriffig, sagt Freundin L., schließlich müsse sie dafür ihre aktuelle Tätigkeit (Netflix, Sporteln, Online-Shoppen) unterbrechen. Freundin T. bekommt beim Vibrieren ihres Smartphones schweißnasse Hände und rechnet automatisch mit einer Hiobsbotschaft. Warum sonst sollte man sie anrufen, wo sie doch auch stressfrei via Whatsapp erreichbar ist? D. fürchtet peinliche Momente im Echtzeitgespräch und geht nur noch zu Ärzten und Friseuren, die online Termine vergeben. Die Angst hat inzwischen einen Namen: „Phone Anxiety“ oder, hübscher, „Telephobia“.

Als Jung-Redakteurin wird einem die Telephobia übrigens schnell ausgetrieben. Einer der ersten Aufträge beim KURIER lautete, einen Autor zu seinem persönlichen Ratgeberbuch zu befragen – am Telefon, im (damals noch) voll besetzten Großraumbüro. Sein Werk trug den verheißungsvollen Titel „Elf Zentimeter“ und handelte vom Leben mit einem – so empfand es der Autor – zu kurzen Körperteil. Nach so einem Telefonat bringt einen so schnell kein Anruf mehr aus der Ruhe.

RECHT

GESELLSCHAFT RELIGION – ANTHROPOLOGIE

Umfrage: Ärzte und Polizei genießen das größte Vertrauen

Berlin – Die Deutschen vertrauen am meisten Ärzten sowie der Polizei und misstrauen am stärksten sozialen Medien sowie Werbeagenturen. Das ist das Ergebnis der neuen Ausgabe des Institutionen-Rankings, das Forsa im Auftrag von „Stern“, RTL und ntv seit fast zwei Jahrzehnten regelmäßig ermittelt.

Dafür wurde für 36 Institutionen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft abgefragt, ob die Bürger in sie großes Vertrauen haben. An der Spitze liegen unverändert die Ärzte (81 Prozent), die Polizei (81 Prozent) und die Universitäten (73 Prozent). Dazu kommen mit gegenüber dem Vorjahr deutlich verbesserten Werten das Bundesverfassungsgericht (74 Prozent, plus vier Prozentpunkte) sowie die Gerichte allgemein (71 Prozent, plus drei Prozentpunkte). Den stärksten Zuwachs hat mit sieben Prozentpunkten die Bundeswehr, der nun 53 Prozent großes Vertrauen schenken.

Zum ersten Mal erhoben wurde das Ansehen der sozialen Medien, die zusammen mit den Werbeagenturen auf dem letzten Platz des Rankings landen. Zu ihnen haben jeweils nur drei Prozent der Deutschen großes Vertrauen. Die Ergebnisse für die klassischen Medien sind deutlich besser: Dem Radio vertrauen 50 Prozent, der Presse 41 Prozent und dem Fernsehen 27 Prozent. Noch einmal weiter eingebrochen ist das Vertrauen in die zentralen politischen Institutionen auf Bundesebene.

Zum Bundeskanzler haben nur noch 20 Prozent großes Vertrauen – 13 Prozent weniger als vor einem Jahr. Genauso stark ist der Ansehensverlust der Bundesregierung insgesamt, die nur noch auf 21 Prozent kommt. Auch der Bundestag erreicht nur noch einen Vertrauenswert von 32 Prozent – fünf Prozentpunkte weniger. Den politischen Parteien vertrauen nur 13 Prozent – ein Rückgang um vier Prozentpunkte.

Auffällig ist vor allem, wie groß das Misstrauen der Anhänger der AfD gegenüber fast allen Institutionen ist. Je größer ihr Wähleranteil ist, desto mehr prägen ihre Ansichten das Gesamtbild. Dem Bundesverfassungsgericht schenken nur 34 Prozent Vertrauen, der Presse nur acht Prozent und dem Bundeskanzler nur sogar nur ein Prozent. Lediglich ein Wert ist signifikant höher als in der übrigen Bevölkerung: 15 Prozent der AfD-Wähler vertrauen den sozialen Medien.

Sozialleben: Schon erste Primaten lebten als Paare

Viele Primaten haben vermutlich bereits vor fast 70 Millionen Jahren in Paaren gelebt. Das zeigt eine neue Studie der Universität Zürich. Die Sozialstruktur dieser ersten Primaten war den heutigen Menschen damit ähnlicher als bisher angenommen.

„Es wurde oft behauptet, dass die Vorfahren der Primaten Einzelgänger waren und dass sich andere Formen der sozialen Organisation erst später entwickelten“, schrieben die Forscherinnen und Forscher in der Studie im Fachjournal „PNAS“.

Frühere Studien versuchten deshalb zu erklären, wie und wann in der Evolution der Primaten das Paarleben entstanden ist. Jüngste Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass viele der nachtaktiven und daher schwer zu untersuchenden Primatenarten, von denen man bisher annahm, dass sie Einzelgänger sind, in Wirklichkeit in Paaren leben. Dazu gehören etwa Lemuren und andere Feuchtnasenprimaten.

Was bedeutet das aber für die Vorfahren aller Primaten? Dieser Frage gingen die Forschenden der Universitäten Zürich und Straßburg in der Studie nach. Sie sammelten Informationen zur Zusammensetzung wilder Primatengruppen. Daraus entstand eine Datenbank von fast 500 Populationen aus über 200 Primatenarten.

Verschiedene Modelle des Zusammenlebens

Mit einer komplexen statistischen Analyse errechneten die Forscherinnen und Forscher aus Variablen dieses Datensatzes wie der Körpergröße, der Ernährung und dem Lebensraum, die Wahrscheinlichkeit einzelner sozialer Organisationsformen. Um die soziale Organisationsform der Vorfahren des Menschen vor fast 70 Millionen Jahren zu rekonstruieren, stützten sich die Wissenschafterinnen und Wissenschafter auf Fossilfunde. Diese zeigten, dass die ersten Primaten kleiner als viele der heute lebenden Arten waren und in Bäumen lebten.

Das Ergebnis der statistischen Analyse: Die ersten Primaten lebten höchstwahrscheinlich in unterschiedlichen sozialen Organisationsformen. Die meisten in Paaren, nur zehn bis 20 Prozent der Individuen waren Einzelgänger, wie es in der Studie heißt. „Auch wir leben oft – aber längst nicht immer – als Paare, sind zugleich eingebettet in Großfamilien und größere Gruppen und Gesellschaften“, so Studienautor Adrian Jäggi von der Universität Zürich.

red, science.ORF.at/Agenturen

Mehr zum Thema

RUSSLAND – UKRAINE

Newsticker

DIE NACHT IM ÜBERBLICK – Ukraine

ROUNDUP: Großer Gefangenenaustausch in der Ukraine – Die Nacht im Überblick

KIEW (dpa-AFX) – Russland setzt seine Serie nächtlicher Luftangriffe auf die Ukraine fort. In der ostukrainischen Großstadt Charkiw wurde am späten Mittwochabend Luftalarm ausgelöst. „Eine Explosion in Charkiw. Die Besatzer schlagen zu“, schrieb der Leiter der regionalen Militärverwaltung von Charkiw, Oleh Synjehubow auf Telegram. Angaben zu Schäden oder Verletzten gab es zunächst nicht. Mehrere Stunden flogen auch russische Kampfdrohnen über der Ukraine und bedrohten Gebiete im Süden und Westen.

Nach Tagen mit zahlreichen russischen Luftangriffen und ukrainischen Gegenschlägen über Neujahr gab es ein positives Zeichen: Beide Seiten tauschten nach mehreren Monaten Pause wieder Gefangene aus. 230 ukrainische Männer und Frauen kehrten aus russischer Gefangenschaft zurück. 248 russische Gefangene wurden in ihre Heimat entlassen.

An der Front im Osten und Süden gingen die Gefechte weiter, wenn auch wegen einer heraufziehenden Kaltfront weniger intensiv. Der ukrainische Generalstab sprach im Abendbericht für Mittwoch von 47 russischen Angriffsversuchen. Am Donnerstag ist der 680. Tag seit Beginn der großangelegten russischen Invasion in das Nachbarland.

Gefangene beider Seiten kehren heim

Der Austausch von Gefangenen war nach Angaben des ukrainischen Koordinierungsstabs der größte seit dem russischen Einmarsch vor über 22 Monaten. Unter den Heimkehrern seien auch Verteidiger der Hafenstadt Mariupol und der Schlangeninsel gewesen. „Wir denken an alle Ukrainer, die in russischer Gefangenschaft sind“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videoansprache. „Es gab eine lange Pause beim Austausch, aber es gab keine Pause bei Verhandlungen über einen Austausch.“ Er sei froh, dass es gelungen sei, die Blockade zu überwinden.

Zuletzt hatte es im Juli vergangenen Jahres einen Austausch gegeben. Die Ukraine habe während des Krieges bereits 2828 ihrer Bürger aus russischer Gefangenschaft zurückgeholt, sagte der Sprecher des Militärgeheimdienstes HUR, Andryj Jussow. Nach Kiewer Angaben sollen sich über 4000 Ukrainer noch in russischer Gefangenschaft befinden.

Energieversorger rechnet nicht mit Zusammenbruch des Stromnetzes

Der ukrainische Energieversorger Ukrenerho rechnet nicht mit einem Zusammenbruch des Stromnetzes. „Der Feind wird das nicht erreichen“, sagte Ukrenerho-Chef Wolodymyr Kudryzkyj in Kiew. Treffer könnten zwar Probleme bereiten. „Aber ich bin sicher, dass es nur um zeitweise Unterbrechungen der Stromversorgung wegen Schäden an einigen Anlagen gehen wird“, sagte er. „Es wird keinen Zusammenbruch des Stromnetzes geben.“ Er riet den Ukrainern trotzdem, sparsam mit Strom umzugehen.

Im vergangenen Winter hatte Russland mit Drohnen und Raketen versucht, die Versorgung mit Strom, Wärme und Wasser in der Ukraine zu zerstören. Es gab Ausfälle, aber das System hielt insgesamt stand. Auch in diesem Winter gab es Angriffe auf die Energieinfrastruktur. Die Attacken richten sich nach Einschätzung westlicher Experten derzeit aber vornehmlich gegen ukrainische Rüstungsbetriebe.

Bessere Stromversorgung für besetztes AKW Saporischschja

Zur Verhinderung eines Atomunfalls wurde das Notstromsystem des besetzten ukrainischen Kernkraftwerks Saporischschja verbessert. Auf Drängen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) richteten die russischen Betreiber des frontnahen Atomkraftwerks ein System ein, mit dem das AKW automatisch mit einer Reserve-Stromleitung verbunden wird, falls die Hauptleitung ausfällt. Dies teilte IAEA-Chef Rafael Grossi am Mittwoch in Wien mit.

Das Kraftwerk, das derzeit keine Elektrizität erzeugt, braucht Strom von außen, um dauerhaft die Kühlung der Reaktoren sicherzustellen. In dem AKW ist es im Zuge des russischen Angriffskrieges bereits mehrmals zu vorübergehenden Stromausfällen gekommen.

Das wird am Donnerstag wichtig

Das ukrainische Militär rechnet weiter mit russischen Angriffen an der Front im Osten und Süden. Schwerpunkt der Kämpfe dürfte weiter die Stadt Awdijiwka im Donbass sein, die dicht an der von Russland kontrollierten Großstadt Donezk liegt./fko/DP/zb

Finanznachrichten – Ukraine


Großbritannien: Russland greift ukrainische Verteidigungsindustrie an – 3.1.2024, 14:01

LONDON (dpa-AFX) – Nach Einschätzung der britischen Regierung nimmt Russland bei seinen Luftangriffen besonders die ukrainische Verteidigungsindustrie ins Visier. Russland habe seit dem 29. Dezember die Intensität seiner Attacken gegen die Ukraine erhöht, teilte das Verteidigungsministerium in London am Mittwoch mit. Russische Streitkräfte hätten einen signifikanten Teil der in den vergangenen Monaten aufgebauten Bestände an Marschflugkörpern und ballistischen Raketen eingesetzt.

Die jüngsten Angriffe hätten wahrscheinlich vor allem der Verteidigungsindustrie der Ukraine gegolten – nicht der Energieinfrastruktur wie noch im vergangenen Winter, schrieben die Briten auf der Plattform X (früher Twitter). Russland hatte damals zum Beispiel Wärmekraftwerke massiv attackiert. Menschen mussten teilweise lange ohne Strom und Heizung ausharren.

Die neuen Angriffe deuteten nun zumindest auf einen vorübergehenden Strategiewechsel hin, schrieben die Briten. Russische Planer wüssten bei der Vorbereitung auf einen langen Krieg mit Sicherheit, dass die Verteidigungsindustrie wichtiger werde. Die russische Militärführung hatte am Vortag auch erklärt, auf Rüstungsbetriebe zu zielen. Ein Kriegsziel Moskaus ist nach Kreml-Angaben die Entmilitarisierung des Nachbarlandes.

Das britische Ministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine regelmäßig Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor./kil/DP/stw

Bundesregierung bleibt bei Taurus-Lieferung an Ukraine hart – 3.1.2024, 12:30

Berlin – Die Bundesregierung bleibt in der Frage der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine hart. „Zum Thema Taurus gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keinen neuen Stand“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin.

„Die Bundesrepublik Deutschland hat bislang keine Taurus geliefert. Und wir beobachten die Situation und handeln entsprechend“, fügte er hinzu. In Koalition und Opposition wächst unterdessen der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Ukraine rasch Taurus-Marschflugkörper zu liefern: „Deutschland hat schon viel geleistet im Bereich der Flugabwehr, aber um die Menschen in der Ukraine zu schützen, ist deutlich mehr nötig, wie die jüngsten Angriffe zeigten“, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Insbesondere notwendig ist, dass Taurus schnell geliefert wird.“

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sei in der Pflicht, „sich endlich bei dem zaudernden Kanzler durchzusetzen und dafür zu sorgen, dass endlich gehandelt wird“, so Hofreiter. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen forderte: „Die Ukraine braucht dringend die deutschen Marschflugkörper Taurus, um sich auf eigenem Territorium gegen die russischen Angriffe verteidigen zu können.“ Kiew habe bislang westliche Waffen nur auf eigenem Territorium eingesetzt und nicht auf russischem, so Röttgen. „Sie sichert das auch für den Einsatz von Taurus zu. Die Ukraine hat das offensichtliche Misstrauen der Bundesregierung nicht verdient.“

Russlands staatlicher Diamantenförderer auf EU-Sanktionsliste – 3.1.2024, 12:23

BRÜSSEL (dpa-AFX) – Zusätzlich zu dem seit Jahresanfang geltenden Einfuhrverbot für russische Diamanten haben die EU-Staaten weitere Sanktionen gegen Russlands staatlichen Diamantenförderer Alrosa und deren Chef verhängt. Sie seien für Handlungen verantwortlich, „die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen“, teilten der Europäische Rat am Mittwoch mit. Alrosa und dessen Geschäftsführer Pawel Marinytschew stünden nun auf der EU-Sanktionsliste. Das ergänze das Einfuhrverbot für russische Diamanten.

Alrosa sei das größte Diamantenförderunternehmen der Welt und decke mehr als 90 Prozent der gesamten russischen Diamantenproduktion ab. „Das Unternehmen ist ein wichtiger Teil eines Wirtschaftssektors, der der Regierung der Russischen Föderation beträchtliche Einnahmen beschert“, so die Länder. 2021 hatte der staatliche Diamantenförderer Alrosa Einnahmen in Höhe von 332 Milliarden Rubel (rund 3,4 Milliarden Euro). Russland gilt als weltweit größter Produzent von Rohdiamanten.

Im Dezember hatte die Europäische Union das Importverbot für Diamanten aus Russland beschlossen. Die Maßnahme soll der Staatsführung in Moskau eine wichtige Einnahmequelle nehmen und damit auch die Fähigkeit einschränken, den Krieg gegen die Ukraine zu finanzieren. Von der EU-Kommission wurden Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Diamanten zuletzt auf rund vier Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.

Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erließ die EU bislang Sanktionen gegen fast 2000 Personen und Organisationen. Die Strafmaßnahmen umfassen auch Reisebeschränkungen. Zudem müssen in der EU vorhandene Vermögenswerte von den Betroffenen eingefroren werden. Auch ist es verboten, ihnen Geld oder anderen wirtschaftliche Ressourcen bereitzustellen./red/DP/stw

Verdacht der Spionage für Russland: Festnahme in Lettland – 3.1.2024, 11:52

RIGA (dpa-AFX) – Lettische Sicherheitsbehörden haben einen russischen Staatsbürger wegen Spionageverdachts festgenommen. Gegen die Person werde wegen der Sammlung von Informationen für den russischen Geheimdienst über kritische Infrastruktur und militärische Objekte in Lettland ermittelt, teilte die Sicherheitspolizei des EU- und Nato-Landes am Mittwoch in Riga mit. Auch habe der mutmaßliche Spion auf andere Weise Aktivitäten unterstützt, die gegen den Staat gerichtet gewesen seien, hieß es – ohne weitere Details zu nennen.

Die Person, zu deren Geschlecht oder Identität die Behörden keine Angaben machten, sei demnach bereits am 20. Dezember verhaftet worden. Bei fünf Durchsuchungen in der Hauptstadt Riga und deren Umgebung seien zahlreiche Datenträger und Dokumente beschlagnahmt worden, hieß es in der Mitteilung weiter./awe/DP/stw

Weitere Meldungen – Ukraine

Russland setzte Serie nächtlicher Luftangriffe fort

Russland hat seine Serie nächtlicher Luftangriffe auf die Ukraine fortgesetzt. In der ostukrainischen Großstadt Charkiw wurde gestern am späten Abend Luftalarm ausgelöst. „Eine Explosion in Charkiw. Die Besatzer schlagen zu“, teilte der Leiter der regionalen Militärverwaltung von Charkiw, Oleh Synjehubow via Telegram mit. Angaben zu Schäden oder Verletzten gab es nicht. Mehrere Stunden flogen auch russische Kampfdrohnen über der Ukraine und bedrohten Gebiete im Süden und Westen.

An der Front im Osten und Süden gingen die Gefechte weiter, wenn auch wegen einer heraufziehenden Kaltfront weniger intensiv. Der ukrainische Generalstab sprach im Abendbericht für gestern von 47 russischen Angriffsversuchen. Heute ist der 680. Tag seit Beginn der großangelegten russischen Invasion in das Nachbarland.

Nach Tagen mit zahlreichen russischen Luftangriffen und ukrainischen Gegenschlägen über Neujahr gab es gestern aber auch ein positives Zeichen: Beide Seiten tauschten nach mehreren Monaten Pause wieder Gefangene aus. 230 ukrainische Männer und Frauen kehrten aus russischer Gefangenschaft zurück. 248 russische Gefangene wurden in ihre Heimat entlassen.

PRESSESTIMMEN

Pressestimme: ‚Ludwigsburger Kreiszeitung‘ zu Leopard-Panzern/Ukraine

LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) – „Ludwigsburger Kreiszeitung“ zu Leopard-Panzern/Ukraine:

„Der Leopard-2-Panzer mag das Aushängeschild der deutschen Rüstungsindustrie sein, auf dem Datenblatt fast jeder Konkurrenz weit überlegen. Doch in der verzweifelten Abwehrschlacht der Ukrainer gegen die russischen Angreifer ist er nicht der erhoffte Game-Changer und droht nun sogar zu einem Symbol zu werden für die fragwürdige deutsche Ukraine-Politik. Die läuft trotz aller anderslautenden Beteuerungen der Bundesregierung weiter nach dem Prinzip „Zu wenig, zu spät“. Im ureigenen Interesse muss Deutschland besser und schneller werden, wenn es darum geht, der Ukraine in ihrem Überlebenskampf beizustehen. Jetzt wäre es höchste Zeit, nicht nur die benötigten Panzer und Ersatzteile, sondern auch die seit Monaten erbetenen Taurus-Marschflugkörper zu liefern.“/zz/DP/he

Pressestimme: ‚Volksstimme‘ zu Debatte um Taurus-Lieferungen

MAGDEBURG (dpa-AFX) – „Volksstimme“ zu Debatte um Taurus-Lieferungen:

„Russlands Luftangriffe auf das angebliche ‚Brudervolk‘ in der Ukraine haben ausgerechnet über das Weihnachtsfest (das viele Ukrainer erstmals nach westlichem Datum begingen) ein bisher nicht gekanntes Ausmaß erreicht. Hunderte Raketen und Drohnen flogen auf Kiew, Charkiw oder Dnipro, zerstörten Wohnhäuser, Hotels, Einkaufszentren. Putin kümmert es dabei nicht, ob Zivilisten – Kinder, Alte – sterben. Ihm geht es um Zermürbung, Einschüchterung und das klare Signal, dass Moskau den Nachbarn nie wieder aus seiner eiskalten Umklammerung entlassen wird. Für den immer noch zögernden Westen wäre jetzt die Zeit, Farbe zu bekennen. Steht das Bündnis zum Bekenntnis, Kiew „as long as it takes“ zu unterstützen, muss es seine Halbherzigkeit endlich beenden. Gebraucht werden mehr Luftabwehr, mehr Munition, aber eben auch Langstreckenwaffen wie der deutsche Marschflugkörper Taurus sowie dafür taugliche Kampfjets. Nur so kann sich die Ukraine wirksam gegen den russischen Terror wehren.„/yyzz/DP/he

ORF – Ukraine

BAHA NEWS – Ukraine

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ISRAEL – HAMAS

Newsticker

DIE NACHT IM ÜBERBLICK – Israel

ROUNDUP: Sorge wegen erhöhter Spannungen in Nahost – Die Nacht im Überblick

TEHERAN/BEIRUT/GAZA (dpa-AFX) – Die verheerenden Explosionen im Iran und die Tötung eines Anführers der islamistischen Hamas im Libanon haben die gefährlichen Spannungen im Nahen Osten weiter erhöht.

Irans Führung sprach nach dem Anschlag am Todestag des Generals Ghassem Soleimani von einer Terrorattacke. Zunächst reklamierte niemand die Tat für sich. Es gebe keinen Grund zu der Annahme, dass Israel daran beteiligt sei, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. Auch die USA hätten nichts damit zu tun. Der Anschlag mit rund 100 Toten ereignete sich zu einer Zeit, da Irans Erzfeind Israel Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen führt und mit vom Iran unterstützten Milizen wie der Hisbollah im Libanon konfrontiert ist.

Hisbollah-Chef warnt Israel

Nach der Tötung des Vize-Leiters des Politbüros der Hamas, Saleh al-Aruri, bei einer Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut warnte der Chef der Hisbollah Israel vor einer Eskalation des Konflikts mit dem Libanon. „Die Ermordung Al-Aruris ist ein gefährliches Verbrechen, das nicht ohne Reaktion und Bestrafung bleiben wird“, sagte Hassan Nasrallah in einer Rede am Mittwoch. „Wenn der Feind einen Krieg gegen den Libanon beginnt, werden wir uns an keine Regeln mehr halten“, sagte Nasrallah. Eine direkte Drohung gegen Israel oder gar eine Kriegserklärung sprach er aber nicht aus.

Nasrallah sagte in seiner Rede lediglich: „Wir haben keine Angst vor dem Krieg und wir zögern nicht.“

Israel hatte keine Verantwortung für die Tötung von Al-Aruri übernommen. Der Hamas-Anführer stand allerdings schon länger auf Israels „Abschussliste“. Israel geht davon aus, dass er an der Planung des verheerenden Terroranschlags am 7. Oktober im israelischen Grenzgebiet beteiligt war, was der Auslöser des Gaza-Kriegs war. Al-Aruri hatte auch engere Verbindungen der Hamas mit der Hisbollah sowie dem Iran aufgebaut.

Libanon: Wollen nicht in einen Krieg gezogen werden

Die Tötung Al-Aruris hat den Gaza-Krieg nun bis nach Beirut getragen. Die dortige Regierung ist bemüht, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen: „Wir sind sehr besorgt, die Libanesen wollen nicht hineingezogen werden, selbst die Hisbollah möchte nicht in einen regionalen Krieg hineingezogen werden“, sagte Minister Bou Habib. Er forderte die westlichen Staaten auf, „Druck auf Israel auszuüben, damit es all seine Gewalt und alle seine Aktionen einstellt, nicht nur im Libanon, nicht nur in Beirut, sondern auch in Gaza“.

Auswärtiges Amt fordert zu rascher Ausreise aus dem Libanon auf

Wegen der angespannten Lage an der israelisch-libanesischen Grenze forderte das Auswärtige Amt deutsche Staatsangehörige auf, den Libanon so schnell wie möglich zu verlassen. Deutsche, die sich noch in dem Land aufhalten, sollten sich in der Krisenvorsorgeliste Elefand registrieren und „auf schnellstem Wege“ ausreisen, schrieb das Auswärtige Amt am Mittwoch auf der Plattform X, vormals Twitter. „Eine Eskalation an der Grenze zwischen Israel und Libanon ist nicht auszuschließen“, hieß es nach einer Tagung des Krisenstabs.

Experte: Iran hat kein Interesse an umfassender Konfrontation

„Es ist jetzt sehr wichtig, dass die Hisbollah ihre Abschreckungsfähigkeit wiederherstellt und dabei den örtlichen Gegebenheiten Rechnung trägt: Die Libanesen wollen nicht in einen Krieg hineingezogen werden“, sagte Anthony Samrani, Chefredakteur der libanesischen Zeitung „L’Orient-Le Jour“, dem Auslandsfernsehen des französischen Senders France 24. Die schiitische Hisbollah verfüge auch gar nicht über die Mittel für einen umfassenden Konflikt mit Israel, „besonders angesichts der starken US-Präsenz in der Region“.

Weder die Hisbollah noch ihr größter Unterstützer, der Iran, seien bereit, sich größeren Vergeltungsmaßnahmen zu stellen, sagte auch der politische Analyst Makram Rabah der Deutschen Presse-Agentur. „Seit Beginn des Konflikts ist klar, dass der Iran kein Interesse an einer umfassenden Konfrontation hat“, sagte er. Die Zeitung „Wall Street Journal“ wies nach den verheerenden Explosionen im Iran vom Mittwoch daraufhin hin, dass Irans Präsident Ebrahim Raisi in einer kurzen Stellungnahme auf der Plattform X zwar eine entschiedene Reaktion ankündigte, aber niemandem Schuld für den Anschlag zugewiesen habe.

„Mit Gottes Erlaubnis wird die Hand der göttlichen Rache zur rechten Zeit und am rechten Ort erscheinen“, schrieb Raisi. Das Ziel des Anschlags habe offenbar darin bestanden, die Spannungen zwischen Israel und dem Iran in einer Zeit erhöhter Sensibilität zwischen beiden Seiten nach der Ermordung des Hamas-Anführers Al-Aruri weiter anzuheizen, schrieb das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf nicht genannte Personen, die mit Israels Vorgehen vertraut seien.

Was am Donnerstag wichtig wird

Nach den Explosionen im Iran geht die Suche nach den Tätern weiter. Unterdessen dauern die Kämpfe im Gazastreifen an, die Lage der Zivilisten ist weiterhin katastrophal./ln/DP/zb

Finanznachrichten – Israel

Berlin und Paris kritisieren israelische Äußerungen zu Gaza-Umsiedlungen

Deutschland und Frankreich haben Äußerungen zweier rechtsgerichteter israelischer Minister zu einer möglichen Umsiedlung im Gazastreifen scharf kritisiert. Äußerungen wie diese seien „weder sinnvoll noch hilfreich“, sagte am Mittwoch ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Die Bundesregierung weise die Äußerungen der beiden Minister „in aller Deutlichkeit und auf das Allerschärfste zurück“.

Presse: Mossad-Chef weist auf Beteiligung an Tötung Al-Aruris hin – 3.1.2024; 14:22

TEL AVIV (dpa-AFX) – Nach der Tötung eines Anführers der islamistischen Hamas im Libanon hat Mossad-Chef David Barnea einem Bericht zufolge auf eine Beteiligung Israels hingewiesen. Jede arabische Mutter werde wissen, dass, wenn ihr Sohn an dem Massaker vom 7. Oktober beteiligt gewesen sei, sein Blut an seinem eigenen Kopf sein werde, zitierten israelische Zeitungen Barneas Worte auf der Beerdigung des früheren Mossad-Chefs Zvi Zamir am Mittwoch.

Die „Jerusalem Post“ sah darin einen „deutlichen Hinweis“ auf eine israelische Beteiligung an einer gezielten Tötung des Vize-Leiters des Politbüros der Hamas, Saleh al-Aruri, in Beirut. Barnea erwähnte ihn demnach aber nicht namentlich. Israel hat sich öffentlich nicht zu dem Vorfall geäußert. Nachdem es bislang aber keine Antwort der Hisbollah gegeben habe, fühlten sich israelische Amtsträger womöglich sicherer, spekulierte die Zeitung.

Al-Aruri war am Dienstagabend bei einer Explosion in Libanons Hauptstadt ums Leben gekommen. Er ist damit der bislang ranghöchste Hamas-Anführer, der während des Gaza-Krieges gezielt getötet wurde. Schnell kam der Verdacht auf, Israels könne dahinterstecken.

Israel sieht Al-Aruri als Drahtzieher von Anschlägen im Westjordanland./cir/DP/stw

US-Geheimdienste: Schifa-Krankenhaus wurde von Hamas genutzt – 3.1.2024, 12:36

WASHINGTON (dpa-AFX) – Terroristen der Hamas und des Islamischen Dschihad haben nach Einschätzung der US-Geheimdienste das Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza als Kommandozentrale für den Kampf gegen israelische Truppen genutzt. In und unter dem Gebäudekomplex seien zudem Waffen gelagert und zeitweise auch einige Geiseln festgehalten worden, berichteten mehrere US-Medien am Dienstag (Ortszeit) unter Berufung auf kürzlich freigegebene Geheimdienstinformationen.

Die US-Regierung hatte bereits zuvor die israelische Darstellung gestützt, wonach die Hamas das größte Krankenhaus im Gazastreifen als Kommandozentrum und Waffenlager benutzt haben soll. Bei den nun freigegebenen Informationen handle es sich um „die aktuellste US-amerikanische Einschätzung“, hieß es in der „New York Times“.

Einige Tage vor dem israelischen Militäreinsatz in dem größten Krankenhaus im Gazastreifen hätten die Islamisten den Komplex verlassen und Dokumente und elektronische Geräte zerstört, hieß es weiter. Geiseln, die in oder unter dem Gebäude festgehalten wurden, seien verlegt worden.

Das israelische Militär war Mitte November trotz massiver internationaler Kritik in das Schifa-Krankenhaus eingedrungen. Dort fand die Armee nach eigenen Angaben einen Tunnelkomplex an der Klinik. Auf Bildern und Videos, die die Armee präsentierte, waren ein schmaler Tunnel sowie mehrere Räume zu sehen. Im Krankenhaus wurden dem Militär zufolge auch Waffen gefunden. Die Hamas hat bestritten, dass sie medizinische Einrichtungen für militärische Zwecke missbraucht./alz/DP/stw

UN im Libanon besorgt wegen möglicher Eskalation mit Israel – 3.1.2024, 11:41

BEIRUT (dpa-AFX) – Nach der Tötung eines Hamas-Anführers in der libanesischen Hauptstadt Beirut zeigt sich die UN-Beobachtermission Unifil im Libanon besorgt wegen der Sicherheitslage im Land. „Wir sind zutiefst besorgt wegen der Möglichkeit einer Eskalation. Das könnte verheerende Folgen für die Menschen auf beiden Seiten der Grenze haben“, sagte die stellvertretende Direktorin des Medienbüros, Kandice Ardiel, der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Unifil fordere weiterhin alle Parteien dazu, die Waffen niederzulegen.

Der Vize-Leiter des Politbüros der Hamas, Saleh al-Aruri, wurde bei einer Explosion in Libanons Hauptstadt Beirut am Dienstagabend getötet worden. Die Terrororganisation gab umgehend Israel die Schuld. Während Israels Militär Berichte über eine gezielte Tötung von Saleh al-Aruri nicht kommentieren wollte, kündigte die Hisbollah-Miliz im Libanon am Dienstagabend Vergeltung an: „Dieses Verbrechen wird niemals ohne Antwort oder Strafe vorübergehen.“

Unifil, die sogenannte Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon, überwacht seit 1978 das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon. Sie gilt als eine der ältesten aktiven UN-Beobachtermissionen./arj/DP/mis

Iran: Tötung von Hamasvertreter erzeugt mehr Spannungen in Nahost – 3.1.2024, 11:40

TEHERAN (dpa-AFX) – Irans Verteidigungsminister hat nach der Tötung eines Anführers der islamistischen Hamas im Libanon vor weiteren Spannungen im Nahen Osten gewarnt. Die Störung des Gleichgewichts in der Region werde sicher Konsequenzen haben, sagte Brigadegeneral Mohammed-Resa Aschtiani am Mittwoch vor einer Kabinettssitzung in Teheran. Verantwortlich sei vor allem die US-Politik. „Der Rauch bläst in ihre eigenen Augen“, sagte Aschtiani.

Am Dienstagabend wurde der Hamas-Vize, Saleh al-Aruri, bei einem Angriff in Libanons Hauptstadt Beirut getötet. Er ist der ranghöchste Hamas-Anführer, der seit Beginn des Gaza-Krieges am 7. Oktober getötet wurde. Die Hamas gab umgehend Israel die Schuld. Israel kommentiert keine Berichte über mutmaßliche Angriffe oder gezielte Tötungen im Ausland.

Teheran machte ebenfalls seinen Erzfeind Israel für die mutmaßliche Attacke verantwortlich. „Die böswilligen Aktivitäten der Terrormaschinerie dieses Regimes (Israel) in anderen Ländern sind eine echte Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit“, schrieb Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian auf der Online-Plattform X, ehemals Twitter.

Unterdessen wies die Islamische Republik erneut den Vorwurf zurück, für Angriffe schiitischer Milizen auf US-Stützpunkte in Syrien und im Irak verantwortlich zu sein. „Iran ist nicht für die Handlungen von Einzelpersonen oder Gruppen in der Region verantwortlich“, hieß es in einem Brief an den UN-Generalsekretär und den UN-Sicherheitsrat, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete./arb/DP/mis

Weitere Meldungen – Israel  

Gaza-Krieg: Anschläge schüren Furcht vor Ausweitung – ORF, 4.1.2024, 1:04

Nach einem Bombenanschlag im Iran mit fast hundert Toten am Mittwoch und der Tötung eines Anführers der islamistischen Hamas im Libanon am Dienstag wächst die Furcht vor einer Ausweitung des Gaza-Kriegs. Die mit der Hamas verbündete Hisbollah im Libanon droht mit Vergeltung für Saleh al-Aruris Tod.

Der Anschlag im Iran wurde laut Staatsmedien mit zwei im Abstand von etwa 15 Minuten gezündeten Bomben in der Nähe der Saheb-al-Saman-Moschee in Kerman verübt, auf deren Gelände sich das Grab des 2020 von den USA getöteten Generals Kassem Soleimani befindet. Dort hatten sich am Mittwoch an dessen viertem Todestag zahlreiche Menschen versammelt. Es seien 84 Tote und 284 Verletzte zu beklagen, korrigierte der Chef des nationalen Rettungsdienstes, Dschafar Miadfar, am Donnerstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA die Zahl der Toten herunter.

Staatsmedien hatten die Zahl der Todesopfer am Mittwoch zunächst mit 103 angegeben, Gesundheitsminister Bahram Ejnollahi korrigierte sie am Abend dann auf 95. Rettungsdienst-Chef Miadfar begründete die Verwirrung um die Opferzahlen mit dem verheerenden Zustand, in dem sich einige Leichen nach den Explosionen befunden hätten.

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi erklärte, es bestehe „kein Zweifel, dass die Urheber dieses feigen Akts bald identifiziert und bestraft werden“. Das geistliche Oberhaupt des Iran, Ajatollah Chamenei, machte die „bösen und kriminellen Feinde der iranischen Nation“ verantwortlich und kündigte eine „scharfe Reaktion“ an.

Iranischer Präsidentenberater beschuldigt Israel und USA

Präsidentenberater Mohammad Dschamschidi wurde konkreter, als er Israel und die USA beschuldigte: „Washington sagt, die USA und Israel hätten keine Rolle bei dem Terroranschlag in Kerman, Iran, gespielt. Wirklich?“, schrieb Dschamschidi am Mittwoch auf X (Twitter). Die Verantwortung liege klar bei den USA und Israel, schrieb Dschamschidi weiter.

Die Führung in Teheran sprach von einer „terroristischen Tat“ und rief für Donnerstag einen landesweiten Trauertag aus. Bereits am Mittwochabend versammelte sich eine Menschenmenge am Anschlagsort und rief „Tod Israel“ und „Tod den USA“.

Im Juli 2023 hatte das iranische Geheimdienstministerium laut amtlicher Nachrichtenagentur IRNA erklärt, es habe eine „Spionageorganisation mit Verbindungen zu Israel“ zerschlagen. Diese habe „Terroreinsätze“ geplant, unter anderem eine Explosion an Soleimanis Grab.

USA weisen Beteiligung zurück

Ein Sprecher des US-Außenamtes stellte klar, die Vereinigten Staaten seien an dem Anschlag „in keinerlei Weise beteiligt, und jegliche Andeutung des Gegenteils ist lächerlich“. Die US-Regierung habe auch „keinen Grund zu der Annahme“, dass Israel mit dem Vorfall zu tun habe.

Blinken reist erneut in Nahen Osten

Angesichts der Entwicklungen bricht US-Außenminister Antony Blinken nach Regierungsangaben am Donnerstag erneut zu einer diplomatischen Reise in die Region auf. Blinken werde die Reise am Donnerstagabend antreten und in ihrem Verlauf unter anderem Israel besuchen, hieß es am Mittwochabend (Ortszeit) aus Regierungskreisen.

Einen Tag zuvor war in einem Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut die Nummer zwei der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas getötet worden. Laut einem über die vorläufigen Ermittlungen informierten libanesischen Sicherheitsbeamten wurden Aruri und sechs weitere Hamas-Funktionäre mit israelischen Lenkraketen getötet, andere Quellen sprachen von einer israelischen Drohne.

Die mit der Hamas verbündete Hisbollah im Libanon, die wiederum vom Iran unterstützt wird, drohte mit Vergeltung. Sie werte Aruris „Ermordung“ als „schweren Angriff auf den Libanon“, der nicht ungestraft bleibe. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah warnte Israel vor einem Krieg gegen den Libanon, den seine Miliz dann „ohne Regeln, ohne Grenzen“ führen würde.

Nasrallah sprach von einem „eklatanten israelischen Angriff“. Ein „Krieg mit uns wird sehr kostspielig sein“, jeder, der Krieg gegen den Libanon führe, werde es „bereuen“, da die Hisbollah „bis zum Ende kämpfen“ werde, sagte er. Wenn Israel gegen den Libanon Krieg führe, „wird es keine Obergrenzen für den Kampf der Hisbollah geben“. „Was seit dem 7. Oktober geschehen ist und was in Zukunft geschehen wird, hat Israel geschwächt“, sagte er.

Nasrallah warf Israel vor, bei seinen Angriffen auf den Gazastreifen „das eigentliche Ziel“ zu verfolgen, alle Palästinenser aus dem Gebiet zu vertreiben. Nasrallah verwies auf die „Menschen, die gezwungen sind, ihre Häuser im Gazastreifen, im Westjordanland und teilweise im Südlibanon zu verlassen“. „Wir haben die großen Gefahren gesehen, (…) aber gleichzeitig haben wir auch den Widerstand und den Trotz gesehen (…), die Weigerung, den Gazastreifen aufzugeben“, sagte er.

Hisbollah: „Größter Völkermord dieses Jahrhunderts“

Nasrallah beschuldigte Israel, „die Menschen auszuhungern und den größten Völkermord dieses Jahrhunderts“ gegen die Palästinenser in Gaza zu führen. Er sagte auch, dass „es die Amerikaner sind, die das Ende des Krieges in Gaza verhindern“, indem sie Israel bei seinen Vergeltungsmaßnahmen nach den Hamas-Angriffen mit voller Kraft unterstützen würden.

Ein US-Verteidigungsbeamter, der anonym bleiben wollte, erklärte Mittwochabend gegenüber AFP, Aruri sei einem Angriff Israels zum Opfer gefallen. Israel äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Armeesprecher Daniel Hagari betonte, Israel bleibe „konzentriert auf den Kampf gegen die Hamas“, sei aber zugleich „in hohem Maße auf jedes Szenario“ vorbereitet.

Der Sprecher des Weißen Hauses, John Kirby, sagte nach Nasrallahs Rede: „Wir haben nicht gesehen, dass die Hisbollah der Hamas zur Seite gesprungen wäre.“ Ein US-Beamter erklärte unter der Bedingung der Anonymität, weder die Hisbollah noch Israel wollten einen Krieg. „Nach allem, was wir wissen, gibt es keinen eindeutigen Drang der Hisbollah, gegen Israel in den Krieg zu ziehen und umgekehrt.“

red, ORF.at/Agenturen

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PRESSESTIMMEN

Pressestimme: ‚Rhein-Neckar-Zeitung‘ zu Israel/Hamas

HEIDELBERG (dpa-AFX) – „Rhein-Neckar-Zeitung“ zu Israel/Hamas:

„Strategen des US-Instituts für Kriegsstudien raten nun der Notstandsregierung von Ministerpräsident Netanjahu, nicht nachzulassen im Kampf gegen die Hamas, weil diese sich sonst wieder erhole und erneut zuschlagen könne. Unter „Nachlassen“ verstehen die Amerikaner, Einsätze mit weniger Soldaten und weniger Raketen. Keinen Rückzug. Doch kann ein ständig erhöhter Blutzoll dem ewigen Gemetzel ein Ende setzen? Wann sind genug Menschen gestorben, damit die Hamas als besiegt gelten kann? Netanjahu wird darauf keine Antwort geben. Der Krieg sichert ihm den Verbleib im Amt, das er eigentlich längst hätte räumen müssen. „Die Zeit ist aus den Fugen“, schrieb William Shakespeare über ein verheertes Land. Stimmt heute leider wieder.“/yyzz/DP/he

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