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FAZIT DES TAGES
Israel-HAMAS-Krieg: Während Israels Bodentruppen ihre Kämpfe gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen ausweiten, befeuern die von Israels Erzfeind Iran unterstützten Huthi-Rebellen den Nahost-Konflikt durch erneute Attacken auf Handelsschiffe. Furcht vor Ausweitung des Konflikts steigert diplomatische Bemühungen um Lösung. Israels Armee rückt im Süden Gazas vor.
Pariser Attentäter konnte Angriffe auf Moslems nicht ertragen.
Ukraine-Krieg: heftige Kämpfe bei eisigen Temperaturen im Osten, insbesondere um Cherson, auch Marijinka, Awdijiwka und Bachmut. Weitere Kämpfe ebendort erwartet. Hoher CO2-Ausstoß des Krieges.
Russlands Krieg gegen die Ukraine sei an einem Punkt, „an dem die industrielle Kapazität über Sieg oder Niederlage entscheidet“, sagt der dänische Militärexperte Anders Puck Nielsen im Interview mit ntv.de.
SENTIX: Aktien-Jubel-Arie – Stimmung an deutsche Aktien kocht über.
SENTIX: Weltweite Konjunkturen stecken noch im Jammertal, aber schwache Lichtblicke dank auch geringer, aber wiederholter Verbesserungen einzelner Läderindices
BIZ: Geldmarktfonds behindern nicht geldpolitische Transmission.
INTERNATIONAL
* OECD: Geringer Wirtschaftsrückgang für 2024 erwartet. Leichte Wirtschaftsverbesserung 2025
* Öffentliche Ausgaben im Zusammenhang mit Abmilderung hoher Energiekosten sind 2022 stark gestiegen.
* Iran und Kuba im Schulterschluss gegen US-Sanktionen
COP28
* Aufruf für mehr Atomkraftwerken
CHINA
* China moniert „illegales“ Eindringen eines US-Kriegsschiffes in chinesische Hoheitsgewässer
* Belarussischer Machthaber steht unverbrüchlich zu China
TÜRKEI
* 62% Inflation
* Schweiz: Konsumentenpreise falle um 0,2% im Monatsvergleich, im Jahresvergleich steigen sie um 1,4%. Rekord: Zahlreiche Unternehmensgründungen.
EUROPA
* Griechenland verbessert sich im Fitch-Rating
* Deutschland gegen Chat-Kontrolle, wie sie die EU plant
* SENTIX-Konjunkturindex steigt, aber verharrt im deutlich negativen Bereich.
DEUTSCHLAND
* HDE: Verbraucherstimmung deutlich erholt
* Rekordanstieg der Insolvenzen
* IFO: Investitionserwartungen haben im November deutlich abgenommen, deutsche Exporte sind im Oktober deutlich gefallen
* Wirtschaftsinstitute: gedämpfte Konjunkturaussichten für 2024
* Lindner-Gewackel: Schuldenbremse in 2024 doch aussetzen?
* Wie schlecht geht es der einstmaligen Autowerkstätte VW?
MEDIZIN
* Corona in Österreich: Abwasserkonzentration von SARS-CoV-2 so hoch wie nie
* Impfung gegen Zika-Virus möglicher Segen für Menschen in Südostasien. Afrika und Mittel- und Südamerika
UMWELT
* Wozu Ausstieg aus fossiler Energie? Klimagipfel-Präsident zweifelt wissenschaftlichen Konsens an
* Klima-Desinformationswelle überrollt Medien: Klimawandel kein Problem …
CYBERCRIME
* Deutsche Unternehmen dank Unwissen Cyberangriffen ausgesetzt
* Phishing in Wien mit falschen Polizei-Strafen via QR-Code
RECHT
* Deutscher Verkehrsminister blockt ab: EU-Weite Fahrtauglichkeitsprüfung einstweilen vom Tisch
GESELLSCHAFT
* Kinderarbeit in den USA
* Russische Homophobie: Razzien gegen „Extremismus“ in Moskauer Schwulenbars
HELLMEYER
- Märkte: Am Freitag mehr Risikobereitschaft
- Powell signalisiert vor letzter Zinssitzung im Jahr vorsichtiges Vorgehen
- COP 28: Ein Kommentar
MÄRKTE
Märkte: Am Freitag mehr Risikobereitschaft
Die Finanzmärkte zeigten sich am Freitag bedingt durch die vom Markt als milde interpretierten
Einlassungen des US-Notenbankchefs Powell (siehe unten) von höherer Risikobereitschaft
geprägt.
Geopolitik belastet jedoch. Im Gazastreifen ist die Feuerpause Geschichte. Das Risikocluster einer
Ausweitung des Konflikts steht damit wieder im Mittelpunkt. Der Ukraine-Konflikt hält an. Hier
sind militärisch, medial und politisch zunehmend Erschöpfungszustände erkennbar.
Die Wirtschaftsdaten hatten keinen großen Einfluss. Die Einkaufsmanagerindices des
Verarbeitenden Gewerbes der Eurozone waren laut finaler Berechnung besser als die vorläufigen
Werte, aber dennoch schwach. Die des UK waren deutlich besser als in der Eurozone, aber auch
weiter klar unter der Marke von 50 Zählern (Kontraktion). Die PMIs der USA lieferten im
westlichen Kontext mit knapp unter 50 Punkte wie bisher die beste Performance in diesem
Vergleich. Der S&P PMI Russlands signalisierte mit 53,8 Punkten solides Wachstum im Sektor des
Verarbeitenden Gewerbes.
Die westlichen Aktienmärkte schlossen am Freitag auf hohen Niveaus. Der Late-DAX konnte um
1,09% zulegen und lag damit lediglich einen Wimpernschlag von den diesjährigen Höchstkursen
bei 16.467 Punkten (28. Juli 2023) entfernt. Der EuroStoxx 50 stieg um 0,83%. US-Märkte
gewannen an Boden. Der S&P 500 stieg um 0,64%, der Citi US Tech 100 um 0,76%.
In Fernost ergibt sich keine klare Tendenzlage (6:20 Uhr). Der Nikkei (Japan) verliert 0,63%, der CSI
300 (China) gibt 0,34% ab. Dagegen legen der Sensex (Indien) um 1,32%, der Kospi Index
(Südkorea) um 0,57% und der Vietnam Index um 1,79% zu.
An den Rentenmärkten setzte sich der Renditerückgang fort. So rentiert die 10 jährige
Bundesanleihe aktuell mit 2,36% (Freitag 2,45%, Vorwoche 2,63%), während die 10 jährige US-
Staatsanleihe eine Rendite in Höhe von 4,25% abwirft (Vortag 4,33%, Vorwoche 4,50%).
Der EUR eröffnet heute früh geringfügig leichter gegenüber dem USD. Gold markierte heute im
frühen fernöstlichen Handel mit 2.120 USD einen Rekordwert. Die US-Zinsentspannung ist ein
Katalysator. Silber hinkt der Entwicklung historisch betrachtet deutlich hinterher.
Berichte & Analysen – Auswahl
Ein Überblick:
• Berlin: Laut IFO-Barometer trübte sich die Stimmung in der Autoindustrie per
Oktober von -16,3 auf -16,8 Punkte ein (Lageindex von +9,8 auf +15,2 Punkte,
Erwartungsindex von -39,2 auf -44,0 Punkte).
=> Negativ
• Berlin: Die Wirtschaftsweise Schnitzer (Sachverständigenrat) zeigte sich offen für
eine Reform der Schuldenbremse (Aspekt: Investitionen, Zukunftsfähigkeit).
=> Kennen Sie aus diesem Report
• Berlin: Habeck will zügigen Abschluss des EU-Mercosur Freihandelsabkommens
(kritischer Punkt zusätzliche Umweltverpflichtungen seitens EU gefordert).
=> Spielt Argentinien mit?
• Athen: Die Ratingagentur Fitch stufte die Bewertung Griechenlands von BB+ auf
BBB- hoch. Damit gilt Griechenland wieder als „Investment Grade“.
=> Positiv
• Nahost: Israel brach Verhandlungen über neue Feuerpause ab – Israels Truppen
sind im ganzen Gazastreifen aktiv – Unicef fordert langfristige Waffenruhe – UN-
Generalsekretär bedauert Ende der Waffenruhe – USA werden
Zwangsumsiedlungen von Palästinensern nicht zulassen (das passiert schon latent
durch völkerrechtswidrige Siedlungspolitik).
=> Kritisch
• Ukraine: Nach den Grenzblockaden polnischer LKW-Fahrer blockieren auch LKW-
Fahrer der Slowakei wegen Dumping-Frachtraten die Grenze zur Ukraine.
=> => Kritisch
• Hongkong: Das Liquidationsverfahren für China Evergrande (Baukonzern) wurde
auf den 29. Januar 2024 vertagt. Evergrande will durch Umschuldungen die
Liquidation verhindern.
=> Kritisch
Fed-Chef Powell milde
US-Notenbankchef Powell hat vor der Zinssitzung im Dezember eine fortgesetzte
Pause signalisiert. In der Abwägung seien die Risiken, geldpolitisch zu viel oder zu
wenig zu tun, besser ausbalanciert, so Powell. Hinsichtlich der im Kampf gegen die
Inflation erreichten Fortschritte könne sich die Fed vorsichtig vortasten. Es sei jedoch
zu früh, den Sieg über die Preisinflation auszurufen. Man sei weiterhin bereit, die
Geldpolitik zu verschärfen, sofern es nötig würde.
=> Risikofreude an Märkten forciert
Powell signalisiert vor letzter Zinssitzung im Jahr vorsichtiges Vorgehen
Hintergrund: Der für die Zinspolitik zuständige Offenmarktausschuss der Fed hat die Zinsen
auf den letzten zwei Sitzungen unverändert belassen. Die Notenbanker hielten den Leitzins in
der Bandbreite von 5,25% bis 5,50% und hielten sich die Option einer künftigen Erhöhung
zugleich offen.
An den Terminmärkten wird erwartet, dass es nicht mehr zu Zinserhöhungen
kommt. Für einen abwartenden Kurs spreche, dass die Preisinflation nachgelassen habe. Die
Inflationsrate sank im Oktober auf 3,2% nach 3,7% im September. Die Zentralbank strebt einen
Wert von 2% an.
Aktuell: US-Notenbankchef Powell hat vor der letzten Zinssitzung im Dezember eine
fortgesetzte Pause signalisiert. In der Abwägung seien die Risiken, geldpolitisch zu viel oder zu
wenig zu tun, besser ausbalanciert, so Powell in Atlanta. Hinsichtlich der im Kampf gegen die
Inflation zügig erreichten Fortschritte könne sich die US-Notenbank vorsichtig vortasten. Es
sei jedoch zu früh, den Sieg über die Preisinflation auszurufen. Man sei weiterhin bereit, die
Geldpolitik zu verschärfen, sofern es nötig würde.
Chance: Fed-Direktor Christopher Waller hatte jüngst eine Diskussion über eine mögliche
Zinssenkung im kommenden Jahr ausgelöst. Es gibt aus seiner Sicht gute ökonomische
Argumente für eine geldpolitische Lockerung, falls die Inflation noch weitere Monate
zurückgehen sollte.
Kommentar: Die Zinspolitik ist hinsichtlich der etablierten realen positiven Zinsen am
Geldmarkt (+2,18%) und am Kapitalmarkt (10 jährige US-Staatsanleihen versus CPI +1,01%)
als restriktiv zu klassifizieren.
Die unausgewogene wirtschaftliche Expansion (Sektoren), aber allen voran, die prekäre Situation am US-Immobilienmarkt (u.a. NAHB Index, MBA Hypothekenmarktindex), aber auch Stresszustände hinsichtlich der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte neben den erhöhten Stresszuständen der Staatsfinanzierung sprechen dafür, dass der Hochpunkt im Zinserhöhungszyklus erreicht ist und perspektivisch das Thema zukünftiger Zinssenkungen im Fokus stehen wird. Finanzmärkte reagierten auf die Äußerungen Powells mit erhöhter Risikofreude.
Dubai: COP 28 – wird es anders?
Kommentar: Der Klimagipfel COP 28 in Dubai fühlt sich anders an als die vorherigen
Klimagipfel. US-Präsident Biden ist abwesend, Habeck sagte seine Reise (heute geplant)
angeblich wegen der Haushaltskrise ab. Im Vorwege hat sich die britische Regierung von den
bisherigen Klimazielen distanziert und markant Öllizenzen vergeben. Nach den Wahlen steht
auch in den Niederlanden ein Lastwechsel in der Energiepolitik im Raum.
Es ist nicht vollständig auszuschließen, dass es hintergründig auch im Gaza-Konflikt um Ölfelder vor dem Gazastreifen geht (Wert circa 600 Mrd. USD).
Kanzler Scholz forderte am Samstag in Dubai von der Weltklimakonferenz verbindliche Ziele für den massiven Ökostrom-Ausbau. So müsse der Ausbau der Erneuerbaren Energien bis 2030 verdreifacht und die Energieeffizienz verdoppelt werden. 118 Länder haben sich dem verpflichtet. Das Thema der Verbindlichkeit stellt jedoch das Problem dar.
China und Indien als am stärksten wachsende Länder der Welt unterstützen die Zielrichtung, ohne sich jedoch zu verpflichten. Scholz rief den Klima-Club ins Leben, in dem 36 Länder sich dem Klimaschutz mit dem Ziel des Einstiegs in eine kohlenstofffreie Industrie besonders verpflichten (Vorreiterrolle).
Stimmen mehren sich andererseits sowohl hinter- als auch vordergründig, dass ein Miteinander in der Energieproduktion (fossil, atomar, erneuerbar) akzeptabel ist. Was passiert, wenn sich die USA nach den Neuwahlen 2024 von COP 28 distanzieren?
Als Fazit lässt sich ziehen, dass die Lage innerhalb von COP 28 heterogener wird. Die Richtung steht, aber die Front wirkt bröckeliger.
Datenpotpourri
Eurozone: Einkaufsmanagerindices besser, aber weiter schwach!
Laut finaler Berechnung stellte sich der Einkaufsmanagerindex (PMI) der Eurozone des
Verarbeitenden Gewerbes auf 44,2 Punkte (Prognose und vorläufiger Wert 43,8).
Deutschland: Laut finaler Berechnung stellte sich der Einkaufsmanagerindex (PMI) des
Verarbeitenden Gewerbes auf 42,6 Punkte (Prognose und vorläufiger Wert 42,3).
UK: Einkaufsmanagerindex (PMI)
Gemäß finaler Berechnung stellte sich der Einkaufsmanagerindex (PMI) des Verarbeitenden
Gewerbes auf 47,2 Punkte (Prognose und vorläufiger Wert 46,7 Punkte).
Schweiz: BIP im Quartalsvergleich beneidenswert stark
Das BIP nahm per 3. Quartal 2023 im Quartalsvergleich um 0,3% zu (Prognose 0,1%). Im
Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 0,3%.
USA: Keine neuen Erkenntnisse
Laut finaler Berechnung stellte sich der S&P Einkaufsmanagerindex (PMI) des Verarbeitenden
Gewerbes auf 49,4 Punkte (Prognose und vorläufiger Wert 49,4).
Der ISM PMI für das Verarbeitende Gewerbe lag per Berichtsmonat November bei 46,7 Zählern,
Prognose 47,6, Vormonat 46,7).
Die Bauausgaben verzeichneten per Oktober einen Anstieg um 0,6% (Prognose 0,4%) nach
zuvor 0,2% (revidiert von 0,4%).
Russland: PMI stabil auf solidem Wachstumsniveau
Der Einkaufsmanagerindex des Verarbeitenden Gewerbes lag per Berichtsmonat November
unverändert bei 53,8 Punkte. Das signalisiert solides Wachstum.
Hier den Hellmeyer Report herunterladen! (inkl. Graphiken!)
SENTIX
Jubel-Arie – Ergebnisse des sentix Global Investor Survey (48-2023)
Die Stimmung an deutsche Aktien kocht über: Das Sentiment erreicht mit +32 Prozentpunkten den nächsten Euphorie-Wert (2-Jahreshoch). Noch vor 6 Wochen lag das Sentiment für den ATX bei -38 Prozentpunkten. Damals war die Angst groß, der Aktienmarkt unten. Nun jubeln die Anleger und bauen ihre Portfolio-Risiken deutlich aus. Kurzfristig (rund um Nikolaus) stehen die Zeichen auf Korrektur. Danach könnte es nochmals weiter nach oben gehen. Trotzdem steht eines fest: Die Risiken steigen wieder deutlich an.
Weitere Ergebnisse
- Gold: Hand in Hand
- Bonds: Starkes Momentum
- sentix Konjunkturindex: Montag, 04.12.2023 um 10:30h MEZ
ÜBERSICHT
DJI – BAHA *** DJI – KGV *** Rendite 10-jg. US-Anleihen
DAX Deutsche Börse *** DAX – KGV *** Rendite 10-jg. Bundesanl. *** Euro-Bund Futures
Raketenstart Ende Oktober – die DAX-Rakete fliegt weiter und nähert sich dem Allzeithoch.
Termine
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Marktumfeld
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Zentralbanken – Aufsichtsorgane
BIZ: Geldmarktfonds verleihen vor allen an Regierungen und Banken
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)–Geldmarktfonds verleihen ihr Geld nach Erkenntnissen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) vor allem an Regierungen und Banken, weniger an andere Finanzintermediäre außerhalb des Bankensektors (NBFIs – non-bank financial institution – „Schattenbanken“). In ihrem aktuellen Quartalsbericht liefert die BIZ damit Argumente gegen die Theorie, dass Geldmarktfonds mit ihrer Kreditvergabe die Wirksamkeit einer geldpolitischen Straffung beeinträchtigen.
Aufsichtsbehörden weltweit diskutieren gegenwärtig eine strengere Regulierung von Geldmarkt- und Investmentfonds mit dem Ziel, diese Vehikel unempfindlicher für plötzliche Mittelabzüge zu machen.
Laut BIZ-Analyse nimmt die Kreditvergabe von Geldmarktfonds in Phasen steigender Zinsen zu, so dass in den USA auf 1 US-Dollar Einlagerückgang bei Banken 34 Cents zusätzliche Geldmarktkredite kommen. Mehr 50 Prozent hiervon fließen demnach an Regierungen und rund 40 Prozent an Banken, aber nur 3 bis 4 Prozent an NBIFs. Die BIZ schlussfolgert daraus, dass zwar NBIFs ihre Kreditvergabe in Phasen steigender Zinsen erhöhen und damit die Absichten der Zentralbank unterlaufen, aber die Geldmarktfonds daran kaum Anteil haben.
Mit über 9 Billionen US-Dollar an verwalteten Vermögenswerten (Stand Ende 2021) spielen Geldmarktfonds laut BIZ eine Schlüsselrolle auf den Märkten für kurzfristige Finanzierungen. Wiederholte Stresssituationen in diesem Sektor hätten gezeigt, welche Liquiditätsrisiken von systemischer Bedeutung von ihm ausgingen. „Gleichzeitig haben die attraktiven Renditen, die Geldmarktfonds bieten, Sorgen hinsichtlich der Stabilität von Bankeinlagen in Phasen steigender Zinsen ausgelöst“, merkt die BIZ an.
INTERNATIONAL
Economic outlook: A mild slowdown in 2024 and slightly improved growth in 2025 – OECD, 29.11.2023
Global growth is set to remain modest, with the impact of the necessary monetary policy tightening, weak trade and lower business and consumer confidence being increasingly felt, according to the OECD’s latest Economic Outlook.
The Outlook projects global GDP growth of 2.9% in 2023, followed by a mild slowdown to 2.7% in 2024 and a slight improvement to 3.0% in 2025. Asia is expected to continue to account for the bulk of global growth in 2024-25, as it has in 2023.
Consumer price inflation is expected to continue to ease gradually back towards central bank targets in most economies by 2025, as cost pressures moderate. Consumer price inflation in OECD countries is expected to decline from 7.0% in 2023 to 5.2% in 2024 and 3.8% in 2025.
GDP growth in the United States is projected at 2.4% in 2023, before slowing to 1.5% in 2024, and then picking up slightly to 1.7% in 2025 as monetary policy is expected to ease. In the euro area, which had been relatively hard hit by Russia’s war of aggression against Ukraine and the energy price shock, GDP growth is projected at 0.6% in 2023, before rising to 0.9% in 2024 and 1.5% in 2025. China is expected to grow at a 5.2% rate this year, before growth drops to 4.7% in 2024 and 4.2% in 2025 on the back of ongoing stresses in the real estate sector and continued high household saving rates.
“The global economy continues to confront the challenges of both low growth and elevated inflation, with a mild slowdown next year, mainly as a result of the necessary monetary policy tightening over the past two years. Inflation has declined from last year’s peaks. We expect that inflation will be back at central bank targets by 2025 in most economies,” OECD Secretary-General Mathias Cormann said. “Over the longer term, our projections show a significant rise in government debt, in part as a result of a further slowdown in growth. Stronger efforts are needed to rebuild fiscal space, also by boosting growth. To secure stronger growth, we need to boost competition, investment and skills and improve multilateral co-operation to tackle common challenges, like reinvigorating global trade flows and delivering transformative action on climate change.”
The Outlook highlights a range of risks. Geopolitical tensions remain a key source of uncertainty and have risen further as a result of the evolving conflict following Hamas’ terrorist attacks on Israel. Amid heightened geopolitical tensions and a longer-term decline in the trade intensity of growth, the anticipated cyclical pick-up in trade growth could fail to materialise. On the upside, stronger consumer spending could push up growth if households make greater use of the savings accumulated since the COVID-19 pandemic, though this could also increase the persistence of inflation.
The Outlook lays out a series of policy recommendations, underlining the need to continue policies aimed at bringing down inflation, reviving global trade and adapting fiscal policy to meet long-term challenges.
The effects of the tightening of monetary policy since early 2022 are increasingly visible. Policy interest rates appear to be at or close to their peak in most economies. Monetary policy should remain restrictive until there are clear signs that inflationary pressures are durably reduced. No rate reductions are expected in the major advanced economies until well into 2024, and in some economies not before 2025. There is scope for rate reductions in many emerging market economies, but global financial conditions will limit the pace at which these can occur. Greater efforts should be made to ensure that markets remain open to help lead the way to the digital and green transitions. Fiscal policy should prepare for long-term spending challenges.
“Governments really need to start confronting the mounting challenges that public finances face, particularly from ageing populations and climate change,” OECD Chief Economist Clare Lombardelli said. “Governments need to spend smarter, and policy makers need to contain current and future fiscal pressures while preserving investment and rebuilding buffers to respond to future shocks.”
The cost of support measures for the production and consumption of fossil fuels increased sharply in 2022, as countries sought to cushion the impact of surging energy prices on households and firms, according to analysis released today by the OECD and IEA.
New OECD and IEA data show that the fiscal cost of global support for fossil fuels in 82 economies almost doubled to USD 1 481.3 billion in 2022, up from USD 769.5 billion in 2021, as governments instituted measures to offset exceptionally high energy prices, driven in part by Russia’s war of aggression against Ukraine.
The OECD Inventory of Support Measures for Fossil Fuels estimates that direct transfers and tax expenditures associated with support measures for fossil fuels amounted to USD 427.9 billion in 2022. In addition, the IEA calculates that fossil fuels sold below market prices amounted to USD 1 126.6 billion. Increases were significant across petroleum, electricity and natural gas.
For the countries covered by the OECD Inventory, support remains mostly directed at consumers (firms and households), representing 81% of the total fiscal cost of support measures, followed by support to fossil fuels producers at 16%. Support to general services (that is, support which is not targeted specifically at either producers or consumers) represented 3% of the total fiscal cost of support.
The OECD and IEA produce complementary databases that provide estimates of different forms of government support for fossil fuels. The current OECD-IEA combined estimates cover 82 major economies, spanning the OECD, G20 and 33 other major energy producing and consuming economies representing around 85% of the world’s total energy supply.
The IEA tracks fossil fuel subsidies by examining instances where consumer prices are less than the market value of the fuel itself. The IEA finds that consumption subsidies increased to USD 1.1 trillion in 2022, a jump of 116% from 2021, driven by the international markets price hike.
The analysis also shows a revival of support for coal production and consumption, which reached USD 36.1 billion in 2022 – a 60% increase since 2013. These included heating subsidies for households that consume coal and price caps on coal as an input for electricity generation, notably in coal-producing countries and the extension of the lifespan or temporary restart of coal-fired power plants.
Governments need to reform existing support measures to better target those in greatest need. Lack of targeting raises fiscal costs, and tend to disproportionately benefit better-off households, who tend to consume more energy. Finally, more generally, untargeted measures distort price signals, thereby contributing to the continued consumption of fossil fuels.
The OECD and IEA have consistently called for the phasing out of inefficient fossil fuel support and redirection of public funding toward the development of low-carbon alternatives, alongside improvements in energy security and energy efficiency.
Read more at: oecd.org/fossil-fuels and Energy Subsidies – Topics – IEA
Gita Gopinath: IWF-Vizechefin erhält Preis des Kiel Institute for the World Economy
Siehe dazu den Tagesblick von Samstag, 2.12.2023 unter EUROPA
Anlässlich der Preisverleihung sprach die gebürtige Inderin mit Euronews über die Gefahren, mit denen sie die Weltwirtschaft derzeit konfrontiert sieht.
Die Vize-Chefin des Internationalen Währungsfonds, Gita Gopinath, ist in Berlin mit dem Bernhard-Harms-Preis für internationale Ökonomie ausgezeichnet worden. Anlässlich der Preisverleihung warnte sie vor den Folgen des russichen Angriffskriegs auf die Ukraine.
„Wenn sich Länder beispielsweise in zwei Blöcke spalten und zwischen diesen beiden Blöcken buchstäblich kein Handel stattfindet – wir haben modelliert, welche Auswirkungen das hätte, und das würde die globale BIP-Produktion um etwa 7 Prozent verringern. Das ist eine sehr große Zahl, das ist so, als würde man die Volkswirtschaften Japans und Deutschlands verlieren“, so Gopinath.
Einige Wirtschaftsräume seien dabei gefährdeter als andere, so die Vize-Chefin weiter:
„Ich denke, dass die Europäische Union für solche Fragmentierungen ziemlich anfällig ist, denn sie ist sehr offen, was den Handel angeht. Die Union ist zugänglicher als China, als die USA.“
Doch die Europäische Union habe Möglichkeiten, der Entwicklung zu trotzen:
„Der Vorteil eines vertieften Binnenmarkts besteht darin, dass die EU viel mehr Kapital für Investitionen in die sehr wichtigen Transformationen einschließlich des grünen Wandels und der Digitalisierung investieren würde. Durch eine Kapitalmarkt- und die Bankenunion würde das Kapital freigesetzt, das benötigt wird, um die Produktivität deutlich steigern zu können und diese grüne Transformation zu ermöglichen, und das ist gut für alle.“
Der Bernhard-Harms-Preis wird alle zwei Jahre vom Kiel Institute for the World Economy verliehen.
Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts, würdigte die aus Indien stammende Gopinath „als eine der weltweit einflussreichsten Wissenschaftlerinnen auf den Gebieten internationale Finanzwirtschaft und internationale Makroökonomie“. Gopinath ist erste stellvertretende geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) und war zuvor Chefökonom des Fonds. Bevor sie zum IWF kam, verfolgte sie eine herausragende akademische Karriere.
Gita Gopinath (Wikipedia) (* 8. Dezember 1971 in Mysore im Bundesstaat Karnataka in Indien[1]) ist eine indisch-amerikanische Ökonomin und war von Anfang 2019 bis Anfang 2021 Chefökonomin des Internationalen Währungsfonds.[2] Sie war die erste Frau auf dieser Position.[3]
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Iran und Kuba wollen sich bei Gegenwehr gegen US-Sanktionen unterstützen
Der Iran und Kuba wollen sich in der Gegenwehr gegen die von den USA gegen beide Länder verhängten Sanktionen gegenseitig unterstützen. „Was die Sanktionen neutralisieren kann, ist der Austausch von Kapazitäten zwischen den beiden Ländern“, sagte der iranische Präsident Ebrahim Raisi am Montag bei einem Besuch des kubanischen Präsidenten Miguel Díaz-Canel in Teheran.
COP28
Rund 20 Staaten rufen in Dubai zu Ausbau von Atomkraft auf
Eine Gruppe von etwa 20 Staaten hat auf der UN-Klimakonferenz in Dubai zum Ausbau der Atomkraft aufgerufen. Beteiligt an der gemeinsamen Erklärung sind unter anderem die USA, Frankreich, Großbritannien sowie das Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate. Ziel sei es, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern, hieß es. Im Vordergrund steht in Dubai die Forderung nach dem Ausbau erneuerbarer Energien.
USA sagen 3 Milliarden Dollar für Grünen Klimafonds zu
Die USA wollen 3 Milliarden Dollar in den Grünen Klimafonds (GCF) einzahlen. Das kündigte Vizepräsidentin Kamala Harris in ihrer Rede auf der UN-Klimakonferenz in Dubai an. Es handelt sich um die erste Einzahlung der USA in den Fonds seit 2014. Der GCF ist eines der wichtigsten Instrumente der internationalen Klimafinanzierung. Mit dem Fonds sollen der Klimaschutz und die Anpassung an Klimafolgen in Entwicklungsländern zu unterstützt werden.
Scholz: Ausbau Erneuerbarer verdreifachen und Energieeffizienz verdoppeln
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in seiner Rede vor der UN-Klimakonferenz zur Eile bei zusätzlichen Anstrengungen aufgerufen, um die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad zu begrenzen. Konkret forderte er bis 2030 weltweit eine Verdreifachung des Ausbaus erneuerbarer Energien sowie eine Verdopplung der Energieeffizienz bis Ende des Jahrzehnts. „Noch ist es möglich, dass wir die Emissionen in dieser Dekade so weit senken, dass wir das 1,5-Grad-Ziel einhalten“, sagte Scholz am Samstag vor den Delegierten. „Aber die Wissenschaft sagt uns ganz klar: Wir müssen uns dafür sehr beeilen.“
AMERIKA: USA, VENEZUELA, u.a.
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ASIEN: CHINA, JAPAN u.a.
China: US-Kriegsschiff ‚illegal‘ in chinesische Gewässer eingedrungen – 4.12.2023, 5.57
PEKING (dpa-AFX) – China hat sich über ein „illegales“ Eindringen eines US-Kriegsschiffs in von der Volksrepublik beanspruchte Gebiete im Südchinesischen Meer beschwert. Die „USS Gabrielle Giffords“ habe sich am Montag ohne Genehmigung dem Ren’ai-Riffs genähert, das auch unter Second Thomas Shoal bekannt ist, teilte ein Sprecher der Volksbefreiungsarmee mit. Die USA hätten damit die Sicherheit und Souveränität Chinas verletzt und die Stabilität in der Region gestört. Die US-Navy äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht.
Um das Gebiet weit verstreuter Riffe und Inseln westlich der Philippinen und weit südlich von China gibt es seit Jahrzehnten Streit zwischen Peking und der philippinischen Regierung. Die patrouillierenden Küstenwachen der Länder fahren dort regelmäßig gefährliche Manöver. Auch die Streitkräfte der USA, ein Verbündeter der Philippinen, und Chinas werfen sich gegenseitig in der Region gefährliches Verhalten vor. Immer wieder ist ein altes Kriegsschiff aus dem Zweiten Weltkrieg an einem der Riffe Thema, das die Philippinen dort 1997 als Außenposten auf Grund laufen ließen, um ihre Souveränität zu sichern. Die Philippinen werfen China vor, den Nachschub für die reparaturbedürftige „Sierra Madre“ zu behindern.
Peking kritisiert regelmäßig die Fahrt von US-Kriegsschiffen etwa durch die Meerenge zwischen Taiwan und China oder im Südchinesischen Meer. Nach dem Treffen von US-Präsident Joe Biden und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping Mitte November war Hoffnung auf eine Annäherung der beiden Supermächte aufgekeimt. Am Freitag hatte der Sprecher von Chinas Verteidigungsministerium gesagt, mit dem US-Militär wieder über den Aufbau eines Austauschs zu sprechen, der seit längerem brachlag./jon/DP/zb
Belarussischer Machthaber lobt „verlässliche“ Freundschaft mit China
PEKING (AFP)–Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat bei seinem Besuch in China die engen Beziehungen beider Länder hervorgehoben. „Belarus ist, war und wird ein verlässlicher Partner für China sein“, sagte Lukaschenko am Montag nach Angaben der belarussischen Präsidentschaft bei einem Treffen mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping in Peking. „Wir haben vor langer Zeit beschlossen, dass wir mit China zusammenarbeiten und befreundet sein werden“, sagte er. Diese Freundschaft habe nun schon seit „mehr als 30 Jahren“ Bestand.
AUSTRALIEN
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AFRIKA
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ZENTRALASIEN
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NAH-/MITTELOST: ISRAEL u.a.
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EUROPA
Belarussischer Machthaber lobt „verlässliche“ Freundschaft mit China
PEKING (AFP)–Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat bei seinem Besuch in China die engen Beziehungen beider Länder hervorgehoben. „Belarus ist, war und wird ein verlässlicher Partner für China sein“, sagte Lukaschenko am Montag nach Angaben der belarussischen Präsidentschaft bei einem Treffen mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping in Peking. „Wir haben vor langer Zeit beschlossen, dass wir mit China zusammenarbeiten und befreundet sein werden“, sagte er. Diese Freundschaft habe nun schon seit „mehr als 30 Jahren“ Bestand.
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Inflation in der Türkei steigt auf 62 Prozent
Die Inflation in der Türkei ist im November leicht gestiegen. Die Verbraucherpreise erhöhten sich im Vergleich zum Vorjahresmonat um knapp 62 Prozent, wie die Statistikbehörde Tuik mitteilte. Im Oktober waren es gut 61 Prozent gewesen. Der nur leichte Anstieg der Rate wird als weiteres Zeichen der Entspannung bei den Preisen gewertet.
Schweiz: die Konsumentenpreise sind im November um 0,2% gefallen
Der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) sank im November 2023 im Vergleich zum Vormonat um 0,2% und erreichte den Stand von 106,2 Punkten (Dezember 2020 = 100). Gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat betrug die Teuerung +1,4%. Dies geht aus den Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervor.
Der Rückgang um 0,2% im Vergleich zum Vormonat ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, unter anderem auf die gesunkenen Preise für die Hotellerie und Pauschalreisen ins Ausland. Ebenfalls gesunken sind die Preise für Treibstoffe, Heizöl und Fruchtgemüse. Demgegenüber sind die Wohnungsmieten und die unterstellten Mieten für selbstgenutztes Wohneigentum gestiegen.
Schweiz: Rekord bei den Unternehmensgründungen im Jahr 2021
Im Jahr 2021 wurden in der Schweiz 43 037 Unternehmen «ex nihilo» gegründet. Die grosse Mehrheit dieser neuen Unternehmen beschäftigt nur eine Person. Diese sehr kleinen Einheiten, die über 80% aller Neugründungen ausmachen, sind besonders dynamisch. Hinsichtlich der geschaffenen Stellen spielen hingegen wachstumsstarke, d. h. grössere und bereits existierende Unternehmen eine wichtige Rolle. Soweit einige Ergebnisse der Statistik der Unternehmensdemografie (UDEMO) des Bundesamtes für Statistik (BFS).
Die Statistik der Unternehmensdemografie gibt Aufschluss über den Bestand aktiver Unternehmen, Neugründungen und deren Überlebensraten, Schliessungen sowie wachstumsstarke Unternehmen. Eine thematische Publikation mit vertieften Analysen zu diesen Aspekten ist unter diesem Link verfügbar.
Boom bei den Neugründungen, aber ohne Überlebensgarantie
2021 übten in der Schweiz 574 258 Unternehmen eine marktwirtschaftliche Tätigkeit im Sekundär- oder Tertiärsektor aus. Davon wurden 43 037 im selben Jahr «ex nihilo» gegründet, so viele wie noch nie seit dem Bestehen der statistischen Reihe. Sie entsprechen 7,5% aller aktiven Unternehmen.
Neue Unternehmen müssen um ihr Überleben kämpfen. Die Überlebensrate geht nach der Gründung mit jedem Jahr zurück. 2021 waren 84,4% der im Jahr 2020 gegründeten Unternehmen noch aktiv. Bei jenen, die 2019 und 2018 gegründet wurden, lag der entsprechende Anteil bei 70,5% bzw. 62,0%. Nach fünf Jahren belief sich die Überlebensrate nur noch auf 50,1%, d. h. jedes zweite Unternehmen wurde wieder geschlossen.
Unternehmen mit nur einer beschäftigten Person sind sehr dynamisch, aber auch sehr anfällig
Kleinunternehmen haben in der Schweizer Wirtschaft ein massgebliches Gewicht. 2021 war in etwas mehr als der Hälfte der aktiven Unternehmen lediglich eine Person beschäftigt (54,7%), während nur 10,6% der Unternehmen mindestens zehn Beschäftigte aufwiesen. Bei den Neugründungen ist der Einfluss der Kleinstunternehmen noch grösser: 82,1% der neuen Unternehmen beschäftigten lediglich eine Person, während der Anteil der Unternehmen mit mindestens fünf Beschäftigten nur 2,1% ausmachte.
In Bezug auf die Beschäftigung fallen die kleinsten Einheiten logischerweise weniger ins Gewicht. Drei Viertel der Stellen befanden sich in Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten. Auf Unternehmen mit nur einer beschäftigten Person entfällt nur ein kleiner Anteil der Gesamtbeschäftigung (7,0%). Demgegenüber sind die meisten durch «ex nihilo»-Neugründungen geschaffenen Stellen bei kleineren Unternehmen angesiedelt. 59,3% der neuen Stellen wurden in der Grössenklasse «1 Beschäftigte/-r» und 28,0% in der Grössenklasse «2 bis 4 Beschäftigte» geschaffen.
Die kleinsten Einheiten haben nicht nur ein grosses Gewicht, sie sind auch sehr dynamisch. Die Unternehmen mit nur einer Stelle verzeichneten 2021 eine Neugründungsrate von 11,2%. Mehr als jedes zehnte aktive Unternehmen in dieser Grössenklasse entstand folglich im Laufe desselben Jahres. Mit zunehmender Unternehmensgrösse geht dieser Anteil zurück. In den Grössenklassen «2 bis 4 Beschäftigte», «5 bis 9 Beschäftigte» und «10 oder mehr Beschäftigte» machten die Neugründungen 5,0% bzw. 1,2% und 0,3% aus.
Einheiten mit einer beschäftigten Person sind zwar dynamischer, aber auch anfälliger als grössere Unternehmen. Die Überlebensraten (1 Jahr: 83,0%; 2 Jahre: 68,6%; 3 Jahre: 60,1%; 4 Jahre: 53,2%; 5 Jahre: 48,4%) liegen deutlich tiefer als jene von Neugründungen mit mehr Beschäftigten. Die Widerstandsfähigkeit von Unternehmen nimmt mit deren Grösse zu. Beispielsweise waren 66,1% der im Jahr 2016 «ex nihilo» neu gegründeten Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten im Jahr 2021 noch aktiv.
Grosse Bedeutung der wachstumsstarken Unternehmen
In einigen aktiven Unternehmen steigt die Beschäftigung rasch. Es handelt sich um sogenannte wachstumsstarke Unternehmen. Darunter versteht man Einheiten mit anfänglich mindestens zehn Beschäftigten, die über drei Jahre hinweg ein durchschnittliches jährliches Beschäftigungswachstum von mehr als 10% erreichen. 2021 wurden in der Schweiz 4398 solche Einheiten verzeichnet, was 7,2% aller aktiven Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten entspricht. Davon wurden 218 als Gazellen identifiziert, d. h. Unternehmen, deren Gründung «ex nihilo» weniger als fünf Jahre zurückliegt.
Der Beitrag der wachstumsstarken Unternehmen zur Gesamtbeschäftigung ist per Definition gross. 2021 war gut jede zwanzigste Stelle bei einem solchen Unternehmen angesiedelt. Zwischen 2018 und 2021 generierten sie 98 482 Stellen, deren Zahl durchschnittlich 19,1% pro Jahr zunahm.
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EU: Fitch erhöht Griechenland-Rating auf BBB-
Die Ratingagentur Fitch hat Griechenlands langfristiges Emittentenausfallrating in Fremdwährung um eine Stufe von BB+ auf BBB- mit stabilem Ausblick angehoben. Die Bewertung hat damit die Spekulationsklasse verlassen und befindet sich im Investmentbereich. Fitch erwartet, dass Griechenlands Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr auf 160,8 Prozent und bis 2027 auf 141,2 Prozent sinken wird. Im Jahr 2022 lag das Verhältnis bei 171,4 Prozent.
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ENERGIEPOLITIK – Die finnische Außenministerin Elina Valtonen hat Deutschland für seinen Kurs in der Energiepolitik kritisiert und die besondere Bedeutung der Kernkraft im Kampf gegen den Klimawandel herausgestellt. „Wir investieren in die Kernkraft, weil wir sehen, dass sie klimaneutral ist und in dieser Übergangsphase sehr viel besser für den Kampf gegen den Klimawandel geeignet ist als Kohle und andere fossile Energieträger“, sagte Valtonen. Finnland sei heute schon autark in der Stromproduktion und man mahne Deutschland, dass es in Zukunft eine Herausforderung sein werde, „dass manche europäische Partner ihr Energieangebot verknappt haben“. (Bild)
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Deutschland will Chat-Kontrolle in Europa weiter verhindern
Deutschland tritt weiter gegen ein Ausspähen verschlüsselter Privat-Chats in Europa ein. Justizminister Marco Buschmann (FDP) sagte am Montag am Rande eines Treffens mit seinen EU-Kollegen in Brüssel, die Bundesregierung sei nach wie vor dagegen, dass der Staat anlasslos private Kommunikation überwache. „Digitale Bürgerrechte sind keine Bürgerrechte zweiter Klasse“, betonte er. Buschmann äußerte sich zu Plänen der EU-Kommission, mit der sie gegen Kindesmissbrauchs-Darstellungen im Internet vorgehen will. Dafür wollte Innenkommissarin Ylva Johansson Internet-Plattformen ursprünglich per Gesetz zum Ausspähen privater Chatnachrichten verpflichten.
DEUTSCHLAND
WAHLUMFRAGEN
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WEITERE MELDUNGEN
Deutscher Sentix-Konjunkturindex steigt erneut
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)–Der Sentix-Konjunkturindex für Deutschland ist im Dezember zum dritten Mal in Folge gestiegen, dabei aber deutlich negativ geblieben. Wie das Beratungsunternehmen mitteilte, stieg der Indikator auf minus 25,5 (November: minus 26,3).
Der Index der Lagebeurteilung legte auf minus 35,3 (minus 37,8) Punkte zu, aber der Erwartungsindex sank auf minus 15,3 (minus 14,0) Punkte. „Die deutsche Konjunktur bleibt das Schlusslicht unter den betrachteten Welt-Regionen“, konstatiert Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner in der Mitteilung. Nur in der Finanzkrise 2008 und während Corona-Krise 2020 sei dieser Indexwert unterboten worden.
Der Konjunkturindex für den Euroraum erhöhte sich auf minus 16,8 (minus 18,6) Punkte und verzeichnete den zweiten Anstieg in Folge. Der Index der Lagebeurteilung stieg auf minus 23,5 (minus 26,8) Punkte und der Erwartungsindex auf minus 9,8 (minus 10,0) Punkte. Obwohl der Lageindex zum dritten Mal in Folge gestiegen ist, glaubt Hübner nicht, dass dies schon auf eine Trendwende hindeutet. „Dagegen spricht die insgesamt noch schwache Dynamik und auch das Fehlen einer gewissen internationalen Unterstützung. Bislang zeichnet sich noch in keiner Region ein neuer Aufschwung ab. Dazu wären positive Erwartungswerte, am besten zweistellig, notwendig“, erläutert er.
Die Chancen dazu könnten sich nach seiner Einschätzung aber zum Jahresstart ergeben, weil sich Positives im Inflationsausblick tue. Die Anleger rechnen Hübner zufolge inzwischen mit einer „positiven Unterstützung durch die Geldpolitik“. Der entsprechende Indexwert sei der höchste seit April 2021.
HDE: Verbraucherstimmung in Deutschland erholt sich deutlich
Die Verbraucherstimmung in Deutschland ist im Dezember auf den höchsten Stand seit November 2021 gestiegen. Nach einer Erhebung des Handelsverbandes Deutschland (HDE) hat sich die Stimmung zum Jahresende deutlich aufgehellt. Der aktuelle Wert des HDE-Konsumbarometers stieg auf 96,35 nach 93,82 im November. Gleichzeitig bleiben aber laut HDE vor allem mit Blick auf die aktuelle Haushaltskrise der Bundesregierung deutliche Risiken für die weitere Erholung des Konsums. Daher müsse man abwarten, ob der aktuelle Anstieg der Verbraucherstimmung eine Trendwende ins Positive signalisiere.
Ifo: Investitionserwartungen der Unternehmen sinken im November deutlich
Die Unternehmen in Deutschland haben einer Umfrage des Ifo-Instituts zufolge ihre Investitionsvorhaben deutlich gekürzt. Die Ifo Investitionserwartungen für das laufende Jahr sind im November auf 2,2 Punkte gefallen, nach 14,7 Punkten im März. Auch für das kommende Jahr sind die Unternehmen zurückhaltend. Mit einem Saldo von 1,2 Punkten liegen die Ifo Investitionserwartungen sogar etwas niedriger als in diesem Jahr.
IW: Ökonomische Schockstarre Deutschlands dürfte sich fortsetzen
BERLIN (Dow Jones)–Die ökonomische Schockstarre in Deutschland dürfte sich der jüngsten Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge fortsetzen. Die Geschäftslage habe sich im Jahresverlauf 2023 wieder deutlich verschlechtert. Die Geschäftserwartungen haben sich der Herbst-Umfrage zufolge im Jahresverlauf wieder eingetrübt und seien nun auf das Niveau vom Herbst 2022 zurückgeprallt. Die Investitionsschwäche dürfte sich fortsetzen.
Der Anteil der Betriebe, die für 2024 von einer höheren Produktion als 2023 ausgehen, beträgt laut Umfrage 23 Prozent, der Anteil der Pessimisten dagegen 35 Prozent. Das entspreche dem Erwartungsbild vom Herbst 2022, das stark von den Energiepreisschocks, hoher Inflation und der Befürchtung einer Energiemangellage bestimmt war, so das IW. Keine Wirtschaftsregion werde sich im kommenden Jahr im Aufschwung befinden.
Im Dienstleistungssektor ist die Bewertung der aktuellen Lage fast ausgeglichen. In der Industrie und vor allem in der Bauwirtschaft besteht laut IW allerdings ein tiefer Graben zwischen Firmen mit einem Plus und einem Minus im Vorjahresvergleich.
„Die im Gefolge der russischen Invasion in der Ukraine stark angestiegenen Energiepreise, die damit einhergehende allgemeine Verteuerung, die geopolitischen Verunsicherungen und die deutlich nachlassende Dynamik der Weltwirtschaft erklären den ökonomischen Stillstand hierzulande“, sagte der Autor der Studie, Michael Grömling.
Krise in Industrie und Bauwirtschaft dürfte sich fortsetzen
Besonders düster gestalten sich die Konjunkturerwartungen in der Industrie und Bauwirtschaft. Laut Umfrage erwarten 38 Prozent der Industrieunternehmen für kommendes Jahr eine niedrigere Produktion, dagegen nur 25 Prozent ein Plus. Außerdem gingen 54 Prozent der Bauunternehmen von einem Produktionsrückgang 2024 aus. Nur 13 Prozent können sich eine höhere Produktion als 2023 vorstellen. Die Bau- und Industriekrise dürfte sich in Deutschland daher fortsetzen, so das IW.
Aufgrund des „rezessiven Umfelds“ werde auch 2024 die seit Jahren bestehende Investitionsschwäche in Deutschland nicht überwunden werden, so das IW. Zwar planen 27 Prozent der Unternehmen höhere Investitionen als 2023, aber der Anteil der Betriebe mit geringeren Investitionsbudgets liege bei 36 Prozent. Vor allem in der Bauwirtschaft sei ein erheblicher Investitionsrückgang zu befürchten.
Ende des Beschäftigungsaufbaus
Die Langwierigkeit der wirtschaftlichen Schockstarre und die nicht nachlassenden Verunsicherungen werden laut IW zu negativen Folgen auf dem deutschen Arbeitsmarkt führen.
Nur noch 20 Prozent der Unternehmen rechnen laut Umfrage mit einem Beschäftigungsaufbau, während 35 Prozent mit einer rückläufigen Anzahl an Mitarbeitern im Jahr 2024 planen. Immerhin 45 Prozent halten ihre Belegschaft konstant.
„Der über lange Zeit erfolgte Beschäftigungsaufbau in Deutschland dürfte vorerst sein Ende gefunden haben“, so Grömling.
Für die Umfrage im November 2023 wertete das IW insgesamt 2.216 Meldungen aus.
HWWI sieht eingetrübte Wachstumsperspektiven für 2024/25
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)–Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) rechnet für 2023 bei anhaltender Schwäche im Schlussquartal mit einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent. Das gab das Institut in seiner neuen Konjunkturprognose bekannt. „Die nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zu erwartenden Einsparungen im Staatshaushalt dürften die reale Erholung im kommenden Jahr bremsen“, so das HWWI. Für 2024 werde deshalb nur mehr ein Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent erwartet. Erst 2025 sei – ohne weitere Rückschläge – wieder mit einer etwas deutlicheren Zunahme des realen Bruttoinlandsprodukts um 1,0 Prozent zu rechnen. Insgesamt aber gebe es „eingetrübte Wachstumsperspektiven“ für 2024/25.
Die Inflation habe sich in diesem Jahr deutlich verringert, von mehr als 8 Prozent zu Jahresbeginn auf zuletzt 3,2 Prozent. Insgesamt dürfte die Anstiegsrate der Verbraucherpreise in der ersten Jahreshälfte 2024 bei rund 3 Prozent liegen und sich in der zweiten Jahreshälfte 2,5 Prozent nähern. Erst im Verlauf von 2025 werde sie sich wieder der 2-Prozent-Marke nähern. Konkret wird ein Anstieg der Verbraucherpreise um 6,0 Prozent im Jahr 2023, um 2,7 Prozent 2024 und um 2,3 Prozent im Jahr 2025 erwartet.
„Die Bedingungen für privaten Konsum, Baunachfrage, Unternehmensinvestitionen und deutsche Exporte dürften sich im Laufe von 2024 und dann auch 2025 tendenziell leicht verbessern, insgesamt wird sich daraus aber nur eine – gemessen an früheren Aufschwungsphasen – relativ geringe konjunkturelle Dynamik entwickeln“, erklärten die Hamburger Ökonomen. „Entsprechend hoch ist das Risiko, dass bei unvorhergesehenen Ereignissen wieder rezessive Entwicklungen eintreten.“ Bei einer im Laufe von 2025 weiter nachlassenden Inflation werde der private Konsum weiter wichtigste Konjunkturstütze bleiben. Die Unternehmensinvestitionen würden moderat ausgeweitet.
Die privaten Konsumausgaben sinken nach der Prognose dieses Jahr um 0,9 Prozent und steigen 2024 um 1,1 Prozent und 2025 um 1,2 Prozent. Die Ausrüstungsinvestitionen sollen 2023 um 3,6 Prozent, 2024 um 0,5 Prozent und 2025 um 2,7 Prozent zulegen. Für die Exporte erwartet das HWWI dieses Jahr einen Rückgang um 1,7 Prozent, nächstes eine Zunahme um 1,0 Prozent und übernächstes ein Wachstum von 2,9 Prozent. Bei den Importen soll das Minus 2023 bei 2,8 Prozent liegen und das Plus 2024 bei 1,3 Prozent und 2025 bei 2,9 Prozent. Die Zahl der Arbeitslosen steigt nach der Prognose 2023 auf 2,59 Millionen sowie 2024 auf 2,64 Millionen und sinkt 2025 wieder auf 2,42 Millionen, die Arbeitslosenquote liegt 2023 und 2024 bei 5,4 Prozent und 2025 bei 5,0 Prozent.
Die Prognose geht laut HWWI davon aus, dass der Nahostkonflikt und andere geopolitische Krisen nicht weiter eskalieren. „Ansonsten müsste, zumal angesichts der momentan relativ schwachen Weltwirtschaft, mit einer globalen Wirtschaftskrise ähnlich wie in früheren derartigen Phasen gerechnet werden“, warnten die Ökonomen.
Deutsche Exporte fallen im Oktober unerwartet
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)–Die deutschen Ausfuhren sind im Oktober deutlich schwächer als erwartet gewesen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, sanken die Exporte gegenüber dem Vormonat um 0,2 Prozent und lagen um 8,1 Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten dagegen einen monatlichen Zuwachs von 1,5 Prozent prognostiziert. Die Importe gingen um 1,2 Prozent zurück und unterschritten das Vorjahresniveau um 16,3 Prozent. Erwartet worden war ein monatlicher Anstieg von 1,1 Prozent. Die Handelsbilanz wies einen saisonbereinigten Überschuss von 17,8 Milliarden Euro auf. Prognostiziert waren 17,0 Milliarden Euro.
Creditreform: Insolvenzen in Deutschland 2023 mit Rekordanstieg
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)–Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland ist nach Angaben von Creditreform 2023 im Rekordtempo gestiegen. Nach Mitteilung der Organisation mussten im laufenden Jahr 18.100 Unternehmen ihre Zahlungsunfähigkeit anzeigen – 23,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Creditreform erklärt diesen Anstieg zum einen mit einer Kombination aus hohen Energiekosten und steigenden Zinsen und zum anderen mit einem Nachholeffekt im Gefolge der Corona-Krise. Im Bausektor sieht Creditreform eine Krise heraufziehen.
„Immer mehr Firmen brechen unter den Dauerbelastungen der hohen Energiepreise und der Zinswende zusammen“, erklärte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, bei der Vorstellung des Berichts. Bereits im Vorjahr habe der Insolvenztrend nach elf Jahren rückläufiger Zahlen gedreht. Ein Grund für das Anspringen der Insolvenzspirale waren laut Creditreform auch Nachholeffekte. „Viele nun insolvente Unternehmen haben jahrelang gegen multiple Krisen wie Corona, Inflation und Fachkräftemangel angekämpft“, heißt es in dem Bericht.
COMMENT: „nach elf Jahren rückläufiger Zahlen“ spricht Bände. Dank Niedrig- und Negativzinspolitik wurde der Moral Hazard der Unternehmen zum sportlichen Dauerevent. Harschere Zeiten blasen die wackeligen Unternehmen um.
„Die Zahl der Insolvenzen wird bei diesen schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch in den kommenden Monaten deutlich ansteigen. Die Fallzahlen sind damit fast normalisiert und die Sondereffekte aus der Corona-Zeit weitgehend verpufft“, erläuterte Hantzsch. Im Vergleich zu 2019 hätten sich die Rahmenbedingungen für die Unternehmen signifikant verschlechtert und der wirtschaftspolitische Schlingerkurs verunsichere zusätzlich.
Die Zahl der Insolvenzen von mittelgroßen und großen Unternehmen hat laut Creditreform „signifikant“ zugenommen. Bei Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern lagen die Fallzahlen demnach um 50 Prozent über dem Vorjahreswert. Zahlreiche prominente Insolvenzen gab es 2023 im Handel (Peek & Cloppenburg sowie Real GmbH).
Bei Unternehmen mittlerer Größe mit 51 bis 250 Beschäftigten stiegen die Insolvenzen sogar um rund 76 Prozent, bei kleinen Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten um knapp 19 Prozent. 2023 waren zudem mehr Arbeitnehmer von der Insolvenz betroffen. Schätzungsweise 205.000 (2022: 175.000) Arbeitsplätze sind bedroht beziehungsweise schon weggefallen.
Der Bausektor steht nach Einschätzung der Organisation wegen hoher Zinsen, steigender Baukosten und einbrechender Nachfrage vor schwierigen Zeiten. „Der Insolvenzantrag der Signa Real Estate Germany und schließlich der gesamten Signa Holding von Haupteigner Rene Benko in Wien zeigen, wie schwierig die Lage für Projektentwickler und Bauträger geworden ist“, heißt es in der Mitteilung. Das Scheitern der Milliardenobjekte in renommierten Lagen werde gewaltige Folgen für Mitarbeiter, Auftragnehmer und Gläubiger haben.
Aus Sicht von Kreditgebern und Lieferanten war bereits in den vergangenen Monaten eine Verschlechterung der Zahlungsmoral im Baugewerbe zu beobachten. Debitoren zahlten ihre Rechnungen demnach zunehmend mit Verzug. Die Überfälligkeitszeit der Rechnungen erhöhte sich im ersten Halbjahr 2023 von 15,10 auf 15,49 Tage.
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Lindner schließt erneutes Aussetzen der Schuldenbremse nicht aus
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse für 2024 nicht ausgeschlossen. „Ich höre mir Argumente gerne an“, sagte Lindner im Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er sei aber „noch nicht“ davon überzeugt, dass man eine neuerliche Aussetzung verfassungsmäßig tragfähig begründen könne. Die Lage an den Energiemärkten in Folge des Ukrainekriegs begründe nach seiner Auffassung keine Notlage mehr. Deshalb könnten die Strom- und die Gaspreisbremse auch zusammen mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zum 31. Dezember auslaufen.
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Regierungssprecher: Keine Änderungspläne zum Bürgergeld
Regierungssprecher Steffen Hebestreit hat Forderungen eine Absage erteilt, das Bürgergeld weniger stark anzuheben als gesetzlich festgelegt. „Ich wüsste nicht, dass es innerhalb der Bundesregierung Pläne gibt, an der gesetzlichen Grundlage etwas zu verändern“, sagte Hebestreit bei einer Pressekonferenz in Berlin. Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums betonte, Finanzminister Christian Lindner (FDP) habe im Kontext einer entsprechenden Forderung auch betont, „dass die Bürgergelderhöhung ja auch geltendes Recht ist“.
KOMMENTARE – HINTERGRUND
„Wir sind nicht überlebensfähig“ Das System Volkswagen droht zu zerbrechen – n-tv, 2.12.2023
Der anstehende Jobkahlschlag ist der Vorbote des drohenden Niedergangs bei VW: Viel zu lange haben es sich Belegschaft und Management von Deutschlands wichtigstem Konzern in alten Gewohnheiten bequem gemacht. Wolfsburg kämpft ums Überleben. Das, was den Volkswagen-Beschäftigten in dieser Woche ins Intranet flatterte, war in vielerlei Hinsicht eine Bankrotterklärung. In seltener Offenheit verkündete VW-Markenchef Thomas Schäfer der Belegschaft eine unangenehme Botschaft: Die Marke Volkswagen ist mit den bisherigen Strukturen, Prozessen und hohen Kosten nicht mehr wettbewerbsfähig, hieß es da. Gleichzeitig kündigte er spürbare Einschnitte an: „Wir müssen ran an die kritischen Themen, auch beim Personal.“
Auch wenn noch nicht feststeht, wie viele Stellen genau wegfallen sollen, ob Altersteilzeit dabei eine Rolle spielen soll, und auch wenn die Untergangsrhetorik des Managements natürlich auch Verhandlungstaktik im Machtpoker mit den Gewerkschaften ist: Es ist ein Tabubruch, den Schäfer und sein Vorstandskollege Gunnar Kilan da verkündet haben. VW-Chef Oliver Blume, in Personalunion nebenbei noch Porsche-Chef, droht, die Axt an die Stammbelegschaft in Deutschland zu legen. Erstmals sollen bei Deutschlands wichtigstem Industriekonzern dauerhaft Stellen wegfallen.
Es ist das größte Sparprogramm in der Geschichte von Volkswagen. Zehn Milliarden Euro will der Konzern sparen, die Kosten um 20 Prozent drücken. Der Autoriese strebt den Radikalumbau an, weil es anders nicht mehr weitergeht. VW muss sich neu erfinden oder untergehen. Schon vor einigen Tagen hatte Schäfer laut „Handelsblatt“ in einem internen Podcast Personalvorstand Gunnar Kilan selbst gesagt: „Wir sind zu langsam, zu träge, zu kompliziert – das ist nicht überlebensfähig.“ Dass es so weit gekommen ist, hat viel damit zu tun, dass Management und Belegschaft zu lange die Augen vor unbequemen Wahrheiten verschlossen haben.
Sichere Jobs in unsicheren Zeiten
Die wichtigste lautet: Der Konzern ist zu teuer und hat die Wende zur Elektromobilität zu lange verschlafen. Während in Wolfsburg über Weihnachtsgeld und Werksauslastungen gezankt wurde, sind in den USA mit Tesla und vor allem in China neue Konkurrenten entstanden, die dem Autoriesen bei Stromern längst das Wasser reichen können. Trotz des Umbruchs bot der Autobauer seiner Belegschaft weiter Vorzüge, die noch aus den 1950er Jahren stammen: einen üppigen Haustarifvertrag, dessen Klauseln die Gewerkschaften mit Zähnen und Klauen verteidigten. Abgesichert durch die niedersächsischen Ministerpräsidenten, die dank VW-Gesetz von der Seitenlinie mitregierten.
Die Mitbestimmung durch die Arbeitnehmer, die bei VW durch jahrzehntelange Praxis an vielen Stellen schon fast zur grenzwertigen Zusammenarbeit von Management und Betriebsräten geriet (Stichwort: Bordellbesuche), war durch den Zwang zum Kompromiss zwar lange auch ein Stabilitätsgarant. Doch nun gerät das System an seine Grenzen.
IG Metall und VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo pochen eisern auf die Beschäftigungsgarantie, die sie dem Management einst vor Jahren abgerungen haben: keine betriebsbedingten Kündigungen bis 2029. Ganz so, als würde die Autowelt sich weiter nur um die Wunschlisten deutscher Gewerkschaftsfunktionäre drehen – und wären nicht schon Lichtjahre weiter. VW droht nun womöglich genau das, was das Wolfsburger System immer tunlichst zu vermeiden suchte: ein offener Konflikt zwischen Vorstand und Betriebsrat.
Durchhalteparolen aus der Chefetage
Doch auch die VW-Bosse selbst haben kräftig dazu beigetragen, Volkswagen in die Sackgasse zu manövrieren. Denn dass VW ein Problem mit der Rendite bei seiner Kernmarke hat, ist schon seit Jahren klar. Schon unter Blumes Vorgänger Herbert Diess gab es ein Effizienzprogramm, um die Kosten zu senken. Trotzdem dümpelt die Marge bei mickrigen drei Prozent weiter vor sich hin.
Augen zu und durch war jahrelang auch das Motto des Managements. Viel zu lange hat es den Konzern weiter auf teure Premium-Modelle statt günstige Einsteiger-E-Autos getrimmt. Und dabei einseitig nur auf die China-Karte gesetzt – ohne einen Plan B zu entwickeln für die Zeit, wenn die Autobauer aus der Volksrepublik technologisch aufgeschlossen haben – und VW dort überflüssig machen. Nun ist diese Zeitenwende gekommen. Doch außer „Vorwärts zum Sieg“ kommt aus der Chefetage nicht viel.
„Es gibt für uns kein Argument, warum wir nicht auf der gleichen Kostenbasis in China Fahrzeuge entwickeln und herstellen wie unsere chinesischen Wettbewerber“, beharrt Blume in der „FAZ“ auf der China-Strategie. Die Konkurrenz aus den USA, Japan oder Frankreich sieht das anders. Sie kehrt der Volksrepublik längst den Rücken.
VW dagegen setzt noch einen drauf. Und baut die inzwischen schicksalhafte Abhängigkeit von China noch aus: Blume verlagert die Entwicklung neuer Elektroautos weg von Wolfsburg in die Volksrepublik. Ein eigenes Entwicklungszentrum dort soll künftig losgelöst von der Zentrale für den chinesischen Markt entscheiden.
Faktisch hat Volkswagen schon im Sommer mit seinem Einstieg beim chinesischen Hersteller Xpeng ein Stück weit kapituliert. Der größte Autokonzern Europas kaufte sich bei einem Startup ein, um überhaupt noch ein Stück vom Kuchen in Fernost abzukriegen. Weil seine mit viel deutscher Ingenieurskunst gebauten, aber zu wenig digital vernetzten Autos in China teure Ladenhüter sind.
Das ist umso dramatischer, weil Oliver Blume überhaupt nur deswegen VW-Chef wurde, weil es in China nicht lief – und er im vergangenen Herbst antrat, das zu ändern. Ein knappes Jahr später steht VW im Reich der Mitte genauso schwach da. Und alles was Blume bislang einfällt, ist, zu Hause in Wolfsburg den Rotstift anzusetzen. Ob der Konzern an den Herausforderungen der Zeit zerbricht, hängt davon ab, ob es Blume und seiner Kontrahentin Cavallo gelingt, alte Gewohnheiten abzulegen, in denen es sich die Verantwortlichen bei Volkswagen zu lange gemütlich gemacht haben. Quelle: ntv.de
ÖSTERREICH
STATISTIK AUSTRIA
„Weniger Gemüse als im Vorjahr geerntet“ von Statistik Austria finden Sie als PDF
WAHLUMFRAGEN
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WEITERE MELDUNGEN
Qualifizierte Zuwanderung als ein Schlüsselfaktor für wettbewerbsfähigen Standort – Strategie gegen den Fachkräftemangel notwendig – Bleibeperspektive für Ukrainer
Wien (OTS) – „Das anhaltende Rekordhoch an offenen Stellen trotz konjunkturell herausfordernden Zeiten zeigt, dass der Arbeits- und Fachkräftemangel drastisch ist und aufgrund der demografischen Entwicklung bleiben wird. Es wird also unter anderem auch notwendig sein, internationale Fachkräfte für Österreichs Betriebe zu gewinnen, um den Industrie-, Arbeits- und Wirtschaftsstandort zu sichern. Der strategische Maßnahmenplan der Regierung gegen den Fachkräftemangel und die Einrichtung eines Strategieausschusses internationale Fachkräfte beim Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft sind ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Fachkräftemangel“, zeigt sich Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), anlässlich des gefassten Beschlusses im Ministerrat, erfreut.
Im Oktober vergangenen Jahres ist eine wichtige Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte in Kraft getreten und hat viele Verbesserungen gebracht, die auch zahlreiche zentrale, langjährige Anliegen der Industrie enthalten. Diese Reform zeigt Wirkung, denn im heurigen Jahr sind im Vergleich zum Vorjahr bis dato um 40% mehr Rot-Weiß-Rot Karten positiv genehmigt worden. Die Zahl der ausgestellten Rot-Weiß-Rot-Karten muss allerdings weiter gesteigert werden, um einen substanziellen Beitrag im Kampf gegen den Fachkräftemangel leisten zu können. „Die Industrie hat sich daher wiederholt für eine umfassende Fachkräftestrategie der Bundesregierung ausgesprochen. Es ist daher umso erfreulicher, dass es heute Schritte in diese Richtung gibt. Positiv ist insbesondere auch die angestrebte Digitalisierung des Antragsverfahrens der Rot-Weiß-Rot-Karte“, betont Neumayer.
Einen weiteren Beitrag zur Deckung des Arbeits- und Fachkräftemangels können auch aus der Ukraine vertriebene Personen darstellen, wie die Regierung ebenfalls in der heute beschlossenen Strategie festhält. „Wir müssen Ukrainerinnen und Ukrainern geeignete Perspektiven am österreichischen Arbeitsmarkt bieten. Es gilt bürokratische Hürden abzubauen und den Übergang ins Erwerbsleben aktiv zu fördern. Es braucht hier österreichweit praktikable Zuverdienstregelungen für Ukraine-Vertriebene in der Grundversorgung. Darüber hinaus muss diesen Personen auch eine längerfristige Bleibeperspektive geboten werden, wenn sie am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß gefasst haben“, so Neumayer abschließend.
Rückfragen & Kontakt:
Industriellenvereinigung
Marlena Mayer
Pressesprecherin
+43 (1) 711 35-2315
marlena.mayer@iv.at
https://iv.at/
MEDIZIN – PSYCHOLOGIE – FORSCHUNG
Bis zu vier Prozent der österreichischen Bevölkerung sollen laut Auswertungen Covid-positiv sein. Der Wiener Gesundheitsverbund setzt neue Corona-Maßnahmen
Wien – Die steigende Zahl von Covid-Erkrankungen hat nun den Wiener Gesundheitsverbund (Wigev) veranlasst, strengere Maßnahmen in seinen Einrichtungen einzuführen. So gilt, auch wenn Covid-19 seit 1. Juli keine meldepflichtige Erkrankung mehr ist, eine Testpflicht in allen Wigev-Stellen für Patientinnen und Patienten mit Symptomen, selbst wenn diese nur mild sind. Bereiche mit vulnerablen Patienten in den Spitälern und Pflegeheimen werden besonders geschützt, hieß es am Dienstag.
Wer positiv getestet wird, ist zu isolieren oder in Kohorten unterzubringen und wird standardisiert behandelt. Die Wigev-Mitarbeiterinnen und- Mitarbeiter halten sich demnach bei Kontakt mit positiv Getesteten oder Infektionsverdächtigen an Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel das Tragen von Masken.
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Durchimpfung unzureichend
Ausreichend persönliche Schutzausrüstung stehe zur Verfügung, beispielsweise für Wigev-Beschäftigte mit milden Symptomen eines Infekts der oberen Atemwege, die nicht im Krankenstand sind. Diese könnten so zum Beispiel Masken tragen und ihre Umgebung schützen. Außerdem wurde die häufige Handdesinfektion empfohlen. Der Wigev betonte aber auch, dass derzeit keine generelle Verpflichtung zum Tragen von Masken oder zu Covid-Tests besteht.
Indes gab es einen „nationalen Rekordwert an Sars-CoV-2 Konzentration im Abwasser“, teilte der Molekularbiologe Ulrich Elling auf X (vormals Twitter) mit. Das Abwassermonitoring in Tirol zeige „ein deutliches Signal“. Die Schätzung ergebe, dass bis zu vier Prozent der Bevölkerung Covid-positiv sind. Die Welle ließe sich zwar nicht verhindern, es gelte aber, „damit bestmöglich umzugehen“. Die Durchimpfung sei unzureichend und die mangelnde offizielle Kommunikation um die Maske unverständlich. (APA, red, 28.11.2023)
Brisbane (pte020/01.12.2023/10:30) – Ein einfach anzuwendendes Pflaster ohne Nadel wird derzeit von australischen Forschern als Schutz gegen das Zika-Virus entwickelt. Die von Moskitos übertragene Infektion endet in vielen Fällen tödlich. Der Prototyp des Medikaments kombiniert den von der University of Queensland und Vaxxas vermarkteten High-Density Microarray Patch (HD-MAP) und einen von der University of Adelaide entwickelten Impfstoff. Eine wirksame Immunreaktion auf das Zika-Virus wurde erzielt. Vor allem für Menschen im Pazifikraum, Südostasien, Indien, Afrika sowie Süd- und Zentralamerika ist das Zika-Virus ein Problem.
Möglicher Game-Changer
Vaxxas-Forscherin Danushka Wijesundara betont, dass die Art und Weise des Kampfes gegen das Zika-Virus durch diese neue Entwicklung veränderbar ist. Das HD-MAP-Pflaster sei wirksam, schmerzlos, einfach anzuwenden und leicht zu lagern. Der stabile Impfstoff wird mittels Tausender winziger Mikroprojektionen zu den Immunzellen unter der Hautoberfläche transportiert.
„Bei unserer vorklinischen Studie ermöglichte der Impfsoff einen raschen Schutz gegen das lebende Zika-Virus. Dabei wurde mit NS1 auf ein spezifisches Protein abgezielt, das für das Überleben des Virus von entscheidender Bedeutung ist. Das Impfpflaster rief bei den T-Zellen Reaktionen hervor, die um rund 270 Prozent höher waren als bei einer Verabreichung mittels einer Nadel oder einer Spritze“, so Wijesundara.
Zika-Virus weitverbreitet
Das Zika-Virus führt normalerweise nur zu einer leichten Erkrankung. Eine Infektion während der Schwangerschaft kann jedoch zu einer Fehlgeburt oder zu Kindern führen, die mit angeborenen Missbildungen auf die Welt kommen. Im Februar 2016 gab die Weltgesundheitsorganisation eine „Gesundheitliche Notlage von internationaler Bedeutung“ bekannt.
Das Virus hatte sich in 40 Ländern Lateinamerikas ausgebreitet und führte binnen sechs Monaten zur mehr als 1,5 Mio. bestätigten oder vermuteten Fällen. Laut Branka Grubor-Bauk von der University of Adelaide zeigt die eingeschränkte weltweite Überwachung, dass das Virus mindestens in 89 Ländern und Territorien aktiv ist. Derzeit gibt es jedoch keinen zugelassenen Impfstoff. Die Forschungsergebnisse wurden im Fachmagazin „Molecular Therapy – Nucleic Acids“ veröffentlicht. (Ende)
UMWELT
Sultan Al-Dschaber ist als Gastgeber der Klimakonferenz in Dubai schon allein deswegen umstritten, weil er gleichzeitig Chef des staatlichen Ölkonzerns ist. Eine Videoschalte aus dem November lässt jetzt tief blicken. Einem Bericht zufolge hält er den Ausstieg aus fossilen Energien für unnötig.
Der Präsident der Weltklimakonferenz in Dubai, Sultan Al-Dschaber, hat einem Bericht zufolge den wissenschaftlichen Konsens angezweifelt, dass ein Ausstieg aus den fossilen Energien zum Erreichen des internationalen 1,5-Grad-Ziels notwendig ist.
Der „Guardian“ und das „Centre for Climate Reporting“ berichteten unter Berufung auf eigene Informationen, Al-Dschaber habe im November in einer Videoschalte unter anderem mit UN-Vertretern gesagt, es gebe „keine Wissenschaft“, die belege, dass der Ausstieg aus fossilen Energieträgern notwendig sei, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
Derweil sieht sich Al-Dschaber zu Unrecht in der Kritik. „Diese Geschichte ist nur ein weiterer Versuch, die Agenda der Präsidentschaft zu untergraben, die klar und transparent ist“ und „greifbare Erfolge“ verbuche, teilte ein Sprecher der COP28 mit. Al-Dschaber ist als Gastgeber der Klimakonferenz umstritten, weil er gleichzeitig Chef des staatlichen Ölkonzerns ist. In der Videokonferenz soll er dem Bericht zufolge behauptet haben, Entwicklung ohne die Nutzung fossiler Energien sei nicht möglich, „wenn man die Welt nicht in die Steinzeit katapultieren will“. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte hingegen erst zu Beginn der Klimakonferenz COP28 betont: „Die Wissenschaft ist eindeutig. Das 1,5-Grad-Ziel ist nur möglich, wenn wir endgültig damit aufhören, fossile Brennstoffe zu verbrennen.“ Auf Anfrage des „Guardian“ stritt die COP28-Präsidentschaft die Äußerungen nicht ab, teilte aber weiter mit, Al-Dschaber habe sich darauf bezogen, dass auch der Weltklimarat in seinen Szenarien davon ausgehe, dass fossile Energien im Energiesystem der Zukunft weiter eine Rolle spielten – wenn auch eine kleinere.
Die führende Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London sagte dem „Guardian“: „Wenn der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen auf der COP28 nicht gelingt, werden mehrere weitere Millionen Menschen in die Schusslinie des Klimawandels geraten.“ Dies wäre „ein schlimmes Vermächtnis“ für die Konferenz in Dubai.
Der weltweite Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ist eines der strittigsten Themen in Dubai. Die Emirate und mehrere andere Länder wollen weiter auf fossile Energien setzen und Technologien wie CO2-Speicherung oder -Abscheidung nutzen. Diese werden von Experten jedoch als wissenschaftlich umstritten, sehr teuer und nicht zeitnah im größeren Maßstab einsetzbar bewertet. Quelle: ntv.de, jki/dpa
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Klimakrise: Fachleute warnen vor Desinformation im Rahmen der Klimakonferenz
Die Ölindustrie hat ihre Strategie geändert: Es wird nicht mehr geleugnet, sondern beschwichtigt. Mit schicken Videos und Influencer-Kooperationen
Desinformation im Netz ist ein Ärgernis, das die Menschheit bereits seit geraumer Zeit plagt. Gerade im Rahmen der aktuellen Klimakonferenz wird jedoch verstärkt vor irreführenden Informationen rund um die Klimakrise gewarnt, wie dem „Journal um 8″ von Ö1 zu entnehmen ist. So seien etwa Videos zu finden, die wie Nachrichten klingen sollen und vermeintlichen Fortschritt preisen, oder Influencer, die für die Ölindustrie bezahlte Werbung machen. Dabei werden vor allem falsche Lösungen beworben, heißt es in dem Beitrag mit Bezug auf die Desinformations- und Klimaexpertin Jennie King aus London: So werde Wasserstoff ebenso als „Wunderwaffe“ angepriesen wie die Idee, dass man die Emissionen einfach nur vergraben müsse, anstatt sie zu verhindern.
Die Wissenschaft warnt hier klar vor zu hohen Erwartungen, allerdings steckt hinter den Kampagnen eine große PR-Industrie: Sie streut dem Beitrag zufolge auch Zweifel über die Erderwärmung oder die Tauglichkeit von Windenergie. Ähnliches las man auch im vergangenen August in einem Artikel des STANDARD: Jahrzehntelang war die Strategie der fossilen Industrie, den Klimawandel zu leugnen. Zu diesem Zweck wurden auch unangenehme Erkenntnisse unter Verschluss gehalten, die bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren bekannt waren.
Seitdem hat die Strategie der Ölkonzernen jedoch einen Wandel durchlaufen: anstatt zu leugnen, wird beschwichtigt. Sogenannte „Diskurse der Verzögerung“ erkennen den Klimawandel zwar an, rechtfertigen aber Untätigkeit, indem sie die Verantwortung auf Staaten oder das Individuum ablenken oder auf spätere Maßnahmen vertrösten. Auch ist es heute üblich, diverse Nachteile von Klimaschutzmaßnahmen zu betonen oder auf Resignation zu setzen – mit der Behauptung, dass der Wandel ohnehin nicht mehr umkehrbar sei.
Die unangenehme Wahrheit
Doch stimmt es, dass die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten ist? Wer schließt sich den Erzählungen der Industrie an, und wie kann dem entgegengesteuert werden? Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik an der Universität für Bodenkultur, ergänzt im Gespräch mit Ö1, dass die entsprechende Desinformation nicht nur von der Ölindustrie und ihren PR-Beratern kommt, sondern auch von Regierungsvertretern. Das sei nicht nur in rechtspopulistischen Ländern der Fall, sondern auch in Österreich.
Die Wissenschaft könne mit Fakten dagegenhalten – doch diese Fakten sind überwiegend unangenehm: „Und diejenigen, die angenehme Lügen oder Halbwahrheiten erzählen, tun sich leichter, weil dann viele sagen: ‚Diese Geschichte gefällt mir besser, die wähle ich. Und die Wissenschaft kann mich mal, denn was die zu sagen haben, ist unangenehm.'“ Insofern brauche es nicht nur Fakten, sondern auch Erzählungen und Emotionen. Und vor allem positive Erzählungen darüber, was wir alles gewinnen, wenn wir dekarbonisieren. Der wissenschaftliche Konsens laute nämlich: wenn wir entscheiden, die Klimakatastrophe abzuwenden, dann ist dies noch möglich.Zitiert wird in dem Beitrag auch eine Umfrage, die von der Akademie der Wissenschaften im Vorfeld der Klimakonferenz durchgeführt wurde: Laut dieser sagen 47 Prozent der Befragten, dass Medien in puncto Klimakrise übertreiben. Allerdings glaubt eine große Mehrheit auch, dass wir auf eine Klimakatastrophe zusteuern, entgegnet Steurer: Die Medien könnten in dieser Hinsicht gar nicht übertreiben – denn was könne es Schlimmeres geben, als die menschliche Zivilisation zu verlieren?
Maßnahmen gegen Fake News
Gestreut werden müssen derartige Zweifel freilich nicht unbedingt von der Industrie selbst. Sie können auch von Einzelpersonen oder Gruppierungen kommen, die ein entsprechendes politisches oder finanzielles Interesse daran haben. Verstärkt werden die Möglichkeiten hier noch durch den Einsatz von generativer künstlicher Intelligenz, wie zuletzt auch in Bezug auf die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten zu beobachten war. Hier werden alte Medieninhalte aus dem Kontext gerissen, teilweise Ausschnitte aus Computerspielen als reale Kriegshandlungen dargestellt oder eben Bilder und Videos mit KI-Tools erstellt, um eine nicht vorhandene Realität vorzugaukeln.
Ein anderer Themenbereich sind die eingangs erwähnten entgeltlichen Werbeeinschaltungen bei Influencern. Hier rügte der österreichische PR-Ethikrat Ende November erstmals öffentlich einen Influencer wegen unzureichender Kennzeichnung werblicher Beiträge auf Instagram. Im vorliegenden Fall ging es zwar nicht um Klimathemen, sondern um Werbung für Sportnahrung. Dennoch kann die Maßnahme als Präzedenzfall für die Branche gesehen werden. Denn für Social Media gelte wie für klassische Medienkooperationen, dass redaktioneller und bezahlter Content für Konsumentinnen und Konsumenten klar unterscheidbar sein müssen, so der PR-Ethikrat in seiner Begründung. (stm, 4.12.2023)
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BILDUNG
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MEDIEN – IT
Ingolstadt (pte028/01.12.2023/12:35) – 81 Prozent der Unternehmen in Deutschland sind in den vergangenen zwei Jahren mindestens einmal Opfer eines Cyber-Angriffs geworden, mehr als die Hälfte (65 Prozent) sogar von mindestens zwei.
Der Großteil (61 Prozent) verfügt intern jedoch nicht über die notwendige Expertise und Tools, um Cyber-Sicherheit zu verwalten, weshalb 58 Prozent weitere Mitarbeiter einstellen und einige generell das Investment in Cyber-Sicherheit erhöhen möchten (35 Prozent). Das geht aus einer aktuellen Umfrage des IT-Security-Spezialisten Kaspersky hervor.
Mangel an Fachpersonal
„Eine der wichtigsten Maßnahmen, auf die sich Unternehmen konzentrieren können, die mit einem Mangel an Fachleuten und Überlastung zu kämpfen haben, sind die Automatisierung sowie die Auslagerung von Aufgaben im Bereich der Cybersicherheit“, so Ivan Vassunov, VP Corporate Products bei Kaspersky. Laut der Studie beklagen 81 Prozent der befragten IT-Sicherheitsexperten mindestens einen IT-Sicherheitsvorfall in den vergangenen zwei Jahren, 65 Prozent mindestens zwei. Fast die Hälfte (45 Prozent) von diesen wurde als „schwerwiegend“ eingestuft, 16 Prozent als „sehr schwerwiegend“.
Gründe für Cyber-Vorfälle sehen IT-Sicherheitsexperten unter anderem im Mangel an notwendigen Tools zur Bedrohungserkennung (zwölf Prozent) und an einem Mangel an internem IT-Sicherheitspersonal (16 Prozent). Um diese Herausforderungen zu adressieren, wollen die befragten Fachleute weitere Tools zum effektiveren Cyber-Sicherheits-Management (38 Prozent) erwerben und „Threat Detection“ sowie „Prevention Protocols“ (36 Prozent) implementieren.
Investitionen vorgesehen
Weiterhin plant fast die Hälfte (43 Prozent), in den nächsten anderthalb Jahren in das Outsourcing ihrer Cyber-Sicherheit zu investieren. Ein Viertel (24 Prozent) möchte hierfür professionelle externe Services in Anspruch nehmen, während 22 Prozent ein Outsourcing der Cyber-Sicherheit an MSP/MSSP beabsichtigen.
Auch die Automatisierung von Cyber-Sicherheitsprozessen spielt für Unternehmen zunehmend eine Rolle. Fast die Hälfte der Unternehmen in Deutschland (52 Prozent) hat konkrete Pläne, Software zu implementieren, die ihre Cyber-Sicherheit automatisch verwaltet. Weitere 16 Prozent diskutieren über die Einführung einer solchen Lösung. (Ende)
Phishing in Wien: falsche Parkstrafen mit QR-Code – ORF, 30.11.2023
Die Wiener Polizei warnt vor einer neuen Betrugsmasche mit gefälschten Strafzetteln. Auf den vermeintlichen Parkstrafen befinden sich Polizei-Logo und ein QR-Code. Das Schadensrisiko ist weit höher als der genannte Betrag.
ie Betrüger hinterlassen die Parkstrafen auf – verkehrswidrig oder auch ganz legal ist egal – abgestellten Fahrzeugen. Dabei handle es sich wieder einmal um eine Form des „Phishing“, also des Versuchs, an die Daten der Opfer zu gelangen. „Das Opfer wird aufgefordert, einen Geldbetrag zu zahlen, da die vermeintliche ‚Polizei‘ einen Verstoß bezüglich des falschen Parkens festgestellt haben soll“, schilderte Polizeisprecher Matthias Schuster.
„Durch das Scannen des QR-Codes gelangt man auf eine Zahlungsseite, bei der man die eigenen Bankdaten bekanntgeben soll, um den geforderten Betrag zu bezahlen. Hierbei handelt es sich um eine Betrugsmasche.“ Wer Daten preisgibt, riskiert einen weit höheren finanziellen Schaden als den am falschen Strafzettel geforderten Betrag.
Auch Schadsoftware möglich
„Keinesfalls sollten Sie auf allfällige Forderungen eingehen, selbst wenn Ihnen mit (falschen) polizeilichen Maßnahmen gedroht wird. Wenn Sie bereits Opfer geworden sind, erstatten Sie eine Anzeige bei der nächsten Polizeiinspektion“, riet Schuster. Zudem könne jeder Link oder Dateienanhang auch selbst Schadsoftware enthalten, weshalb man ihnen nicht folgen und sie nicht öffnen sollte.
„Prüfen Sie die Mails, SMS oder wie in diesem Fall Schriftstücke auf Rechtschreib- und Grammatikfehler, da Cyberkriminelle oftmals international agieren und Übersetzungstools nutzen“, sagte Schuster. „Dies kann man den Texten anmerken.“ Zudem müsse man beachten, „dass auch scheinbar echte Nummern oder echte E-Mail Adressen nicht automatisch eine authentische Nachricht bedeuten“.
red, wien.ORF.at/Agenturen
RECHT
EU-Staaten finden Kompromiss Tests für Fahrtauglichkeit von Senioren vorerst vom Tisch
Unfallforscher verweisen darauf, dass der Verkehrsminister die Gefahr durch Senioren am Steuer unterschätze. Bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel verweigert Wissing dennoch Untersuchungen der Fahrtauglichkeit von älteren Menschen – und feiert damit einen ersten Erfolg.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat schärferen Vorschriften für ältere Autofahrerinnen und Autofahrer erneut eine Absage erteilt. „Eine verpflichtende Gesundheitsuntersuchung ab einem gewissen Alter kommt für uns in Deutschland nicht in Betracht“, sagte Wissing in Brüssel. Die EU-Verkehrsminister einigten sich bei ihrem Treffen auf einen Kompromiss, nach dem zusätzliche Gesundheitstests grundsätzlich möglich sind, die Entscheidung darüber läge aber bei den Mitgliedsländern. In Deutschland wären schärfere Regeln für ältere Menschen damit wohl vom Tisch. Verpflichtende ärztliche Untersuchungen seien „nicht verhältnismäßig“, betonte Wissing. Neben Deutschland hatten sich unter anderem auch Österreich und Belgien gegen eine solche Regelung eingesetzt.
Dem Kompromiss zufolge sollen die Mitgliedstaaten von Führerscheininhabern entweder eine ärztliche Tauglichkeitsprüfung oder eine Selbstauskunft über ihre Gesundheit verlangen. Diese müssten Autofahrerinnen und Autofahrer vorweisen, wenn sie alle 15 Jahre ihren Führerschein neu beantragen. Die EU-Kommission hatte zudem vorgeschlagen, dass der Führerschein für Menschen ab 70 Jahren nur noch fünf Jahre lang gültig sein soll. Sie müssten demnach häufiger Angaben über ihre Gesundheit machen.
Verkehrsminister Wissing lehnt diese zusätzlichen Vorschriften ab. Eine Selbstauskunft biete keinen Mehrwert für die Verkehrssicherheit, kritisierte er. „Ich halte das für eine überflüssige Bürokratie“, sagte Wissing in Brüssel, die Behörden seien ohnehin überlastet. Deutschland stimmte deshalb auch dem Kompromiss nicht zu, wurde aber überstimmt. Das EU-Parlament muss seine Position zu dem Gesetzesvorschlag noch festlegen. Anschließend verhandeln Mitgliedstaaten und Abgeordnete über das finale Gesetz. Die Führerscheinreform soll zudem das begleitete Fahren ab 17 Jahren in allen Mitgliedsländern sowie einen EU-weit gültigen digitalen Führerschein einführen.
Tödliche Unfälle mit Senioren so häufig wie mit Hochrisikogruppe
Wissing unterschätzt nach Ansicht eines Unfallforschers die Gefahr durch Senioren am Steuer. Zwar seien ältere Menschen mit Blick auf die absoluten Zahlen im Schnitt nicht öfter an Unfällen beteiligt, dies liege aber daran, dass sie deutlich weniger unterwegs seien, sagte der Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann, der Deutschen Presse-Agentur. Gemessen an der Fahrleistung sterben Brockmann zufolge bei Unfällen, an denen Menschen über 75 Jahren beteiligt sind, genauso viele Menschen wie bei Unfällen, an denen die Hochrisikogruppe der 18- bis 21-Jährigen beteiligt ist.
Brockmann schlägt als Maßnahme für mehr Verkehrssicherheit verpflichtende Fahrten für ältere Menschen mit Profis vor. Diese könnten dann eine Rückmeldung zu deren Fahrverhalten geben, ohne aber die Möglichkeit zu haben, Menschen den Führerschein wegzunehmen. Wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden hervorgeht, haben ältere Autofahrer häufiger die Hauptschuld als jüngere, wenn sie an Unfällen mit Personenschaden beteiligt sind. Der Statistik zufolge waren Menschen ab 65 vergangenes Jahr in mehr als zwei Dritteln dieser Fälle (69 Prozent) die Hauptverursacher. Quelle: ntv.de, lve/AFP/dpa
GESELLSCHAFT – RELIGION – ARBEITSWELT
Boom: Comeback der Kinderarbeit in den USA: Nach Schulschluss geht’s ins Kühlhaus
Arbeitskräftemangel und die Migration unbegleiteter Minderjähriger lassen illegale Kinderarbeit in den USA boomen. Zugleich lockern viele republikanische Bundesstaaten die Schutzvorschriften für legale Arbeit
Er liebte es, an seinem Auto herumzuschrauben, ging ins Fitnessstudio und hörte gerne Musik. Duvan Tomas Perez war ein ganz normaler Jugendlicher in Hattiesburg im Süden des US-Bundesstaats Mississippi. Seine Lehrer beschrieben den Migrantensohn aus Guatemala als „freundlich und fleißig“. Doch nach Schulschluss am Nachmittag hatte der 16-Jährige noch einen weiteren Job: Er arbeitete in der örtlichen Geflügelfabrik.
Am 14. Juli kam der Neuntklässler, der auf Fotos tiefschwarze Haare, wache Augen und ein Piercing unter der Lippe hat, nicht nach Hause. Gegen 19.40 Uhr wurde in der Fabrik ein Alarm ausgelöst: Duvan Tomas Perez war in das Förderband einer Maschine geraten und eingeklemmt. Verzweifelt schrie der Jugendliche um Hilfe. Als die Rettungskräfte eintrafen, konnten sie nur noch seinen Tod feststellen.
Die Firma gab sich betroffen. Angeblich hatte sie keine Ahnung, dass ein Subunternehmen Minderjährige eingestellt hatte, deren Beschäftigung in gefährlichen Tätigkeiten nach US-Bundesrecht ausdrücklich verboten ist. „Unser Personal ist unser wichtigstes Kapital, und Sicherheit genießt bei uns höchste Priorität“, verkündete der Firmenmanager im zynischen PR-Sprech.
Kinder hinter der Holzfassade
Das Schicksal von Perez ist kein Einzelfall. Kaum zwei Wochen zuvor war in einem Sägewerk in Wisconsin ein ebenfalls 16-Jähriger ums Leben gekommen. Bei der Inspektion der Lagerhalle eines Onlineversenders in Kentucky stießen staatliche Ermittler im Oktober auf einen Elf- und einen 13-Jährigen, die Gabelstapler fuhren. Im Oktober statteten Gesundheitsbeamte einem Geflügelproduzenten in Ohio einen Besuch ab, der sich mit der abgelegenen Lage seiner Betriebsstätte rühmt: „Frische Luft, eine hügelige Landschaft und das entspannte Gefühl eines einfacheren Lebens – da kommen unsere Hendln her.“ Hinter der idyllischen Holzfassade des Firmengebäudes schufteten illegal zwei Dutzend Minderjährige.
Kinderarbeit erlebt in den USA gerade einen besorgniserregenden Boom. Von 2015 bis 2022 haben sich die von den Behörden festgestellten Gesetzesverstöße vervierfacht. In diesem Jahr wurden bei Kontrollen 5792 illegal beschäftigte Minderjährige gefunden – eine nochmalige Steigerung um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und das sind nur die offiziellen Zahlen. Die Dunkelziffer dürfte erheblich sein.
Dabei ist die Gesetzeslage ohnehin schon relativ liberal. Der Fair Labor Standards Act von 1938, der auf Bundesebene das Mindestalter für „belastende Tätigkeiten“ auf 16 Jahre für einfache Berufe sowie 18 Jahre für gefährliche Gewerke festlegt, sieht Ausnahmen vor allem für die Landwirtschaft vor. In einigen Bundesstaaten gelten zudem eigene, großzügigere Regelungen. Doch das reicht den Befürwortern einer radikalen Öffnung des Arbeitsmarkts für Jugendliche nicht: Während gerade die illegale Beschäftigung dramatisch zunimmt, machen gleichzeitig überall im Land Republikaner massiven Druck, die rechtlichen Beschränkungen noch weiter zu lockern. In 14 Staaten haben Konservative in den vergangenen zwei Jahren entsprechende Vorstöße unternommen. Acht Gesetze wurden von den Parlamenten beschlossen.
50 Stunden für 16-Jährige erlaubt
So dürfen in Wisconsin und New Hampshire seit Neuestem schon 14-Jährige in Gaststätten alkoholische Getränke servieren, obwohl deren Erwerb und Konsum in den USA sehr restriktiv erst ab dem 21. Geburtstag erlaubt ist. In New Jersey wurde die maximale Wochenarbeitszeit für 16-Jährige auf 50 Stunden erhöht. In Ohio hat der Senat ein Paragrafenwerk beschlossen, das es 14- und 15-Jährigen erlaubt, bis 21 Uhr (statt bisher 19 Uhr) zu jobben.
Am extremsten sind die Lockerungen im landwirtschaftlich geprägten Iowa. Dort unterzeichnete die republikanische Gouverneurin Kim Reynolds im Juni stolz ein Gesetz, das die Beschäftigung von 14-Jährigen in Kühlhäusern und Wäschereien, von 15-Jährigen an Fließbändern sowie von 16-Jährigen im Bau- und Dachdeckergewerbe erlaubt. Selbst während des Schuljahrs dürfen dort nun 14-Jährige sechs Stunden pro Tag bis 21 Uhr arbeiten. „In Iowa schätzen wir die Würde der Arbeit und sind stolz auf eine harte Arbeitsethik“, pries Reynolds ihren Tabubruch an.
Ein ganzes Bündel unguter Faktoren befeuert den Vormarsch der Kinderarbeit. Da ist zum einen ein weitgehend leergefegter Jobmarkt, der Arbeitgeber mit größtem Druck nach Arbeitskräften suchen lässt. Gleichzeitig kommen immer mehr unbegleitete Jugendliche aus Lateinamerika auf der Flucht vor Armut und Gewalt über die mexikanische Grenze ins Land. Schließlich liefern die Trump-Republikaner mit ihrem Hass auf den Staat und dessen Regulierung den ideologischen Überbau für die Schleifung von Schutzrechten.
Kinder, die nachts Bretter sägen
Einer ihrer Stichwortgeber ist Tarren Bragdon, der einst für die Republikaner im Landesparlament von Maine saß und nun von Florida aus die ultrarechte Lobbygruppe Foundation for Government Accountability leitet. Gerne verweist der 48-Jährige auf seine eigene Familie: Sein 17-jähriger Sohn verdiene sich durchs Kellnern etwas dazu, und die 16-jährige Tochter habe gerade eine eigene Lippenstift-Kollektion gestartet: „Ich bin stolz darauf, dass sich beide etwas abfordern und trotzdem gute Noten heimbringen.“
In einem Gastbeitrag für das konservative „Wall Street Journal“ empörte sich Bragdon neulich über den Widerstand linker Politiker und Medien gegen „Reformen des gesunden Menschenverstands“: Eltern ließen ihre Teenager selbstverständlich am Abend oder am Wochenende Sport treiben. „Warum können sie ihre Kinder nicht zu diesen Zeiten im Restaurant Tische abräumen oder Lebensmittel ausliefern lassen?“ Schließlich, so der Lobbyist, sei erwiesen, dass Minderjährige, die arbeiten, später bessere Jobs bekämen, weniger Verbrechen begingen und seltener Drogen nehmen würden.
Ein lockerer Freizeitjob als nützliche Vorbereitung auf das Leben – so stellen es die Kinderarbeit-Propagandisten gerne dar. Doch die Realität sieht anders aus. Das wurde vielen Amerikanern durch einen schockierenden Bericht der „New York Times“ im Februar dieses Jahres deutlich. Zwei Investigativjournalistinnen des renommierten Blatts waren wochenlang durch das Land gereist und hatten mit mehr als 100 jugendlichen Migranten sowie ähnlich vielen Rechtsanwälten, Sozialarbeitern und Behördenmitarbeitern gesprochen. Sie stießen auf zwölfjährige Dachdecker in Florida und Tennessee, minderjährige Arbeiter in Schlachthöfen von Delaware, Mississippi und North Carolina sowie Kinder, die nachts in South Dakota Holzbretter sägen mussten. Diese Jugendlichen, urteilte die Zeitung, seien „Teil einer neuen Ausbeutungswirtschaft“.
Mehr Kontrollen geplant
Die erschütternde Reportage verfehlte ihre Wirkung nicht. „Berichte über Kinder, die von der Schule abgehen, vor Erschöpfung zusammenbrechen und Körperteile bei der Arbeit mit Maschinen verlieren, erwartet man in den Romanen von Charles Dickens oder Upton Sinclair, aber nicht im täglichen Leben der Vereinigten Staaten von Amerika“, empörte sich Hillary Scholten, eine Abgeordnete der Demokraten, im Washingtoner Repräsentantenhaus. Karine Jean-Pierre, die Sprecherin von Präsident Biden, nannte die Zustände „herzzerreißend“ und „völlig inakzeptabel“.
Inzwischen hat Scholten einen Gesetzesentwurf ins Repräsentantenhaus eingebracht, der die geltenden lächerlich niedrigen Strafen bei Verstößen auf 130.000 Dollar fast verzehnfachen soll. Im Senat wird ein ähnlicher Vorstoß debattiert. Die Biden-Regierung hat derweil 100 Millionen Dollar zur Intensivierung der viel zu seltenen Kontrollen in Aussicht gestellt.
Doch ist fraglich, ob dadurch die Missstände wirklich behoben werden. Nicht nur fehlt Scholten für ihre Initiative bislang im Parlament die Mehrheit, und Bidens Finanzspritze ist Teil des 106 Milliarden Dollar schweren Sicherheitspakets, das von den Republikanern blockiert wird. Vor allem hängt die zunehmende Beschäftigung von Jugendlichen in schlecht bezahlten und gefährlichen Jobs mit einem anderen, noch viel größeren ungelösten Problem der USA zusammen: der massiven Migration aus Lateinamerika.
Von „Aufsichtspersonen“ zur Arbeit gezwungen
Seit einigen Jahren begeben sich immer mehr Jugendliche aus ihrer von Armut und Gewalt geprägten Heimat auf die gefährliche Reise nach Norden. Alleine im vergangenen Jahr wurden 130.000 unbegleitete Minderjährige an der Grenze zu Mexiko aufgegriffen. Bis zum Abschluss ihrer Asylverfahren können Jahre vergehen. So lange lässt die Biden-Regierung sie aus humanitären Gründen zu erwachsenen „Betreuern“ im Land weiterreisen. Das können Eltern, Verwandte, Bekannte oder auch fremde Pflegeeltern sein. Oft fühlen sich die Kinder verpflichtet, ihren Angehörigen in der Heimat Geld zu schicken. Bisweilen werden sie aber auch von den „Aufsichtspersonen“ zur Arbeit genötigt. Nach den Recherchen der „New York Times“ ist die behördliche Überprüfung der Betreuer unzureichend, und selbst nach der Meldung von Missständen passiert oft nichts.
Vor diesem Hintergrund könnte die Lockerung der Arbeitsschutzgesetze in vielen Bundesstaaten wie ein Turbo für die Ausbeutung der Minderjährigen wirken. Kinderschutzaktivisten wie Reid Maki von der Verbraucherorganisation NCL sind deshalb alarmiert. „Diese Kinder haben ihre Familien zurückgelassen. Sie brauchen verzweifelt Geld. Sie würden alles machen“, warnt der Ex-Journalist. Amerika dürfe seinen Arbeitskräftemangel nicht auf dem Rücken dieser Schwächsten bewältigen, insistiert Maki: „Das ist etwas, was wir als Gesellschaft einfach nicht zulassen dürfen.“ Der Appell klingt eindringlich, aber irgendwie auch hilflos. (Karl Doemens aus Washington, 26.11.2023)
Russlands Oberstes Gericht hat jüngst die „internationale LGBT-Bewegung“ als extremistisch eingestuft – das löste Ängste aus, die sich nun zu bewahrheiten scheinen
Viele Schwule und Lesben hatten es nach der jüngsten Gesetzesverschärfung befürchtet. Und es kam schlimmer als gedacht: Gegen 22 Uhr Freitagnacht begannen die Razzien in den Moskauer Schwulenclubs. „Mitten in der Party stoppten sie die Musik und die Polizei begann, in die Hallen einzudringen“, zitiert die Zeitung „Nowaja Gaseta“ einen Augenzeugen. Als die Uniformierten den Club stürmten, hätten dort rund 300 Personen gefeiert, so die Zeitung.Vorgeblich suchte die Polizei in den großen Moskauer Clubs nach Drogen, wie russische Medien und soziale Netzwerke berichten. Es habe auch Festnahmen gegeben. Angeblich mussten sich manche Besucher bis auf die Unterhose ausziehen. Von der Polizei, die laut Augenzeugen auch Pässe, darunter von Ausländern, fotografiert haben soll, gab es zunächst keine Stellungnahme.Die Razzien in den Schwulenclubs sind möglicherweise die ersten Auswirkungen einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Russlands vom vergangenen Donnerstag. Das Gericht hatte einem Antrag des Justizministeriums stattgegeben, „die internationale öffentliche LGBT-Bewegung als extremistische Organisation anzuerkennen und ihre Aktivitäten in Russland zu verbieten“. Sprich: Wer sich für die Rechte sexueller Minderheiten und Menschen unterschiedlicher Geschlechteridentität einsetzt, gilt nun als „extremistisch“.
Unklare Formulierungen
Dieses Vorgehen war von Menschenrechtlern bereits im Vorfeld heftig kritisiert worden. Die Richter hätten nicht einmal klargestellt, wer genau in ihren Augen der „LGBT-Bewegung“ angehört. „Welche Art von „LGBT-Bewegung“ ist vom Obersten Gerichtshof verboten worden?“, fragt etwa das unabhängige Online-Portal „Meduza“. Und beantwortet die Frage gleich selbst: „Wir wissen es nicht.“ Unter Berufung auf Anwälte schreibt „Meduza“, dass nun höchstwahrscheinlich alle Menschen in Russland gefährdet seien, die offen schwul oder lesbisch leben würden. Kritisiert wurde zudem, dass die Gerichtsverhandlung gerade einmal vier Stunden dauerte und hinter verschlossenen Türen abgehalten wurde.
In Russland sind Lesben, Schwule, Transpersonen und Bisexuelle seit Jahren einer zunehmenden politischen Verfolgung ausgesetzt. Schon seit rund einem Jahr ist per Gesetz jegliche „Propaganda“ für „nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen“ verboten. Zuvor war dies nur in Sachen Minderjähriger untersagt. Jetzt gilt es allgemein. Dadurch soll die „intellektuelle, moralische und mentale Sicherheit der Gesellschaft“ gewährleistet werden. Aktivistinnen und Aktivisten der LBGTIQ-Community waren entsetzt. Durch ein derartiges Verbot kann jeder ihrer Internet-Auftritte, jede Publikation unter Strafe gestellt werde. Auch Bücher, in denen es um homosexuelle Beziehungen geht, könnten verboten werden, so Befürchtungen aus der russischen Literaturszene.
Tabu in Russland
Nun geht es weiter: Ein Gericht in Sankt Petersburg verurteilte am Freitag einen Musik-Fernsehsender zur Zahlung einer Strafe von über 5.000 Euro, weil er ein Video des bekannten russischen Popstars Sergej Lasarew mit einer Szene voller Zärtlichkeit zwischen zwei Frauen gezeigt hatte. Das Video zu dem Song „Tak krassiwo“, auf Deutsch: „So schön“, verstieß nach Auffassung des Gerichts gegen das Gesetz, das öffentliche Darstellungen gleichgeschlechtlicher Liebe unter Strafe stellt.
Homosexualität ist in Russland zwar nicht verboten, wird aber weitgehend tabuisiert. Und: Die russische Gesellschaft ist mehrheitlich homophob. Homosexualität galt in Russland bis 1993 als Verbrechen. 74 Prozent aller Russen glaubten noch 2011, Homosexualität sei eine Perversion oder eine Geisteskrankheit. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Laut einer Umfrage des unabhängigen Lewada-Instituts vom Oktober2021 sind 69 Prozent der Bevölkerung gegen gleichgeschlechtliche Beziehungen.
Die Diskriminierung von Menschen anderer Sexualität als der traditionellen hat durchaus auch einen politischen Hintergrund. Russlands Präsident Wladimir Putin versteht sich als Vorkämpfer gegen den westlichen Liberalismus. Manche Kommentatoren hingegen sprechen von einer „Iranisierung“ Russlands. Menschenrechtler beklagen, dass Gewalt gegen Homosexuelle oder auch Mordaufrufe für die Täter immer wieder folgenlos bleiben. „Dies ist das repressivste und grausamste Gesetz der letzten Jahre“, schreibt die Journalistin Ksenja Sobtschak laut dem Online-Medium Osnmedia.ru auf ihrem Telegram-Kanal. Nicht nur sie befürchtet, dass noch mehr Menschen Russland für immer verlassen werden. Aus Angst vor Repressionen, aus Angst um ihr Leben. (Jo Angerer aus Moskau, 3.12.2023)
RUSSLAND – UKRAINE
Newsticker
DIE NACHT IM ÜBERBLICK – Ukraine
ROUNDUP: Russische Angriffe auf Cherson – Die Nacht im Überblick
KIEW (dpa-AFX) – Bei einer Serie von russischen Artillerieüberfällen auf die südukrainische Stadt Cherson sind mindestens zwei Menschen ums Leben gekommen. Weitere sieben Bewohner wurden nach offiziellen Angaben vom Sonntag schwer verletzt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte die russischen Angriffe auf Cherson als „reine Terroranschläge“. „Insgesamt gab es allein an diesem Tag mehr als 20 russische Angriffe in der Region Cherson“, sagte Selenskyj am Sonntag in seiner abendlichen Videoansprache. „Brutale Schläge, in der ganzen Stadt – Häuser, Straßen, Krankenhäuser.“
Nach Angaben von Militärverwalter Roman Mrotschko habe der Angriff auf die Stadtmitte am Sonntag zwei Krankenhäusern gegolten, an denen lediglich leichte Schäden registriert worden seien. Stattdessen sei ein mehrstöckiges Wohnhaus getroffen und schwer beschädigt worden. Cherson sei in den vergangenen Tagen wiederholt Ziel russischer Angriffe aus Rohrartillerie, Granatwerfern und Raketenwerfern gewesen, verlautete aus der Militärverwaltung. Allein seit Samstag sei die Stadt am Dnipro mit knapp 400 Granaten beschossen worden. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Die ukrainischen Streitkräfte berichteten von wiederholten russischen Angriffen gegen die am linken Ufer des Dnipro bei Cherson erkämpften Brückenköpfe, um diese möglichst einzudrücken. Kampfhandlungen wurden am Sonntag auch von anderen Frontabschnitten gemeldet. „An Dutzenden von Orten entlang der gesamten Frontlinie wird weiterhin heftig gekämpft“, sagte Selenskyj. „Am schwierigsten sind die Gebiete Marijinka, Awdijiwka und Bachmut.“ Details nannte er nicht.
Am Sonntagabend wurde sowohl im Osten als auch im Süden der Ukraine Luftalarm ausgelöst. Ukrainische Medien berichteten über den Anflug russischer Kamikaze-Drohnen aus iranischer Produktion über das Schwarze Meer. Die Flugabwehr in Mykolajiw sei gegen die Drohnen aktiv geworden.
Estlands Regierungschefin Kallas fordert Tribunal für Angriffskriege
Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas forderte ein internationales Tribunal zur Bestrafung der Verantwortlichen für den russischen Angriffskrieg. „Für Kriegsverbrechen gibt es den Internationalen Strafgerichtshof, der diese Taten verfolgt. Aber für das Verbrechen des Angriffskrieges muss es auch ein Tribunal geben“, sagte Kallas am Sonntag in Hamburg bei der Entgegennahme des Marion-Dönhoff-Preises für internationale Verständigung und Versöhnung. Der Angriffskrieg sei „die Mutter aller Verbrechen“. Die verantwortlichen Spitzenpolitiker müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Diese Forderung nach juristischer Verantwortung der politischen und militärischen Führung Russlands stellt auch die ukrainische Führung in ihrem Friedensplan.
Selenskyj deutet Stärkung der Rüstungsindustrie an
Die ukrainische Rüstungsindustrie soll in Kürze ihre Kapazitäten ausweiten. Das kündigte Präsident Selenskyj am Sonntagabend ohne Nennung weiterer Details an. „Nächste Woche – wir bereiten uns bereits darauf vor – werden wir die Fähigkeiten unseres Staates definitiv erhöhen, vor allem unsere Rüstungsindustrie“, sagte er. Zuletzt war die Errichtung eines Werks zur Panzer-Produktion durch einen deutschen Konzern im Gespräch.
Der Rheinmetall-Vorstandsvorsitzende Armin Papperger hatte zum Wochenende im Gespräch mit der „Wirtschaftswoche“ erklärt, er erwarte spätestens Anfang des nächsten Jahres den Abschluss eines entsprechenden Vertrags mit der Ukraine zum Bau des radgetriebenen Transportpanzers Fuchs und des Schützenpanzers Lynx. Der Konzern wolle dazu bestehende Anlagen „quasi anmieten, umrüsten und dann betreiben“. Die Anlagen seien gegen mögliche Angriffe gut geschützt.
Studie: Ukraine-Krieg stößt mehr CO2 aus als Belgien in einem Jahr
Russland hat mit seinem Angriffskrieg auf die Ukraine einer aktuellen Studie zufolge in den ersten anderthalb Jahren mehr klimaschädliche Treibhausgase verursacht als ein Land wie Belgien in einem Jahr. Für die Zeitspanne errechnete ein internationales Forscherteam rund um den Niederländer Lennard de Klerk 150 Millionen Tonnen an CO2-Äquivalenten. Die Studie, die der Deutschen Presse-Agentur vorab vorliegt, sollte an diesem Montag auf der Weltklimakonferenz in Dubai vorgestellt werden. Von CO2-Äquivalenten ist die Rede, wenn die Emissionen anderer klimaschädlicher Treibhausgase – wie etwa Methan – in CO2-Emissionen umgerechnet werden, um besser vergleichen zu können.
Was am Montag wichtig wird
An den Fronten in der Ukraine sind am Montag bei eisigen Temperaturen erneut Kämpfe zu erwarten, vor allem im Osten des Landes./cha/DP/zb
Finanznachrichten – Ukraine
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Weitere Meldungen – Ukraine
„Brutale Schläge“ – Großstadt Cherson mit massiven Angriffen überzogen – Euronews, 4.12.2023, 9:00
Allein seit Samstag sei die Stadt am Dnipro mit knapp 400 Granaten beschossen worden. Getroffen wurde auch ein mehrstöckiges Wohnhaus. Sonntagabend herrschte sowohl im Osten als auch im Süden der Ukraine Luftalarm.
Bei einer Serie von russischen Artillerieangriffen auf die südukrainische Stadt Cherson sind mindestens zwei Menschen ums Leben gekommen. Weitere sieben Zivilistinnen und Zivilisten wurden nach offiziellen Angaben vom Sonntag schwer verletzt.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte die russischen Angriffe auf Cherson als „reine Terroranschläge“. Selenskyj sagte ferner in seiner Videoansprache: „Brutale Schläge, in der ganzen Stadt – Häuser, Straßen, Krankenhäuser.“
Parallel zu den Attacken seien zehn russische Drohnenangriffe erfolgreich abgewehrt worden.
Im Westen der Ukraine sind nach dem Wintereinbruch fast tausend Ortschaften und Dörfer von der Stromversorgung abgeschnitten.
Angehörige fordern Erleichterungen für Soldaten
Während die Verteidigungsschlacht gegen Russland in den zweiten Winter geht, haben sich Familien der ukrainischen Soldaten zu Wort gemeldet. Einige forderten die Rückkehr der gefangenen Soldaten, während andere sich fragten, wie lange die erschöpften Soldaten den täglichen Kampf noch aushalten könnten. Viele Angehörige fordern eine feste Dienstzeit an der Front und die Abschaffung des unbefristeten Wehrdienstes.
Vorwürfe gegen russische Truppen
Unterdessen hat das russische Verteidigungsministerium weiteres Bildmaterial von Militäreinsätzen an der Front veröffentlicht.
Die Regierung in Kiew geht dem Vorwurf nach, russische Truppen hätten auf sich ergebende ukrainische Soldaten geschossen.
Von einem entsprechenden Vorfall ist ein Video im Umlauf. Die Tötung von Kriegsgefangenen ist ein Verstoß gegen die Genfer Konventionen und wird als schweres internationales Verbrechen eingestuft.
INTERVIEW
Militärexperte zum Ukraine-Krieg „Erst stand Putin unter Schock, dann der Westen“ – n-tv, 25.11.2023
Russlands Krieg gegen die Ukraine sei an einem Punkt, „an dem die industrielle Kapazität über Sieg oder Niederlage entscheidet“, sagt der dänische Militärexperte Anders Puck Nielsen im Interview mit ntv.de. „Wenn der Westen sich dazu entschließt, die Ukraine zu unterstützen, dann scheint mir ziemlich klar zu sein, dass Russland diesen Zermürbungs- und Produktionswettbewerb auf lange Sicht verlieren wird.“ Das Problem sei, dass aktuell der politische Wille fehle – sogar in den USA. Auch Deutschland halte sich „bei der Lieferung von Offensivfähigkeiten, die es der Ukraine ermöglichen würden, den Krieg zu beenden, noch immer zurück“. Dennoch sieht Nielsen Grund für vorsichtigen Optimismus.
ntv.de: Sie haben kürzlich darauf hingewiesen, dass der Krieg zwischen der Hamas und Israel derzeit deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommt als der russische Krieg gegen die Ukraine. Gilt das noch?
Anders Puck Nielsen: Ja, ich denke, das ist definitiv der Fall. Die Situation in Gaza bekommt immer noch viel mehr Aufmerksamkeit als die Ukraine. Ich merke es auch ganz persönlich: Seit Anfang Oktober bekomme ich kaum noch Anfragen wegen der Ukraine. Journalisten sind hauptsächlich an Kommentaren zu den Ereignissen in Gaza interessiert. Das gilt auch weiterhin.
Anders Puck Nielsen ist Marineoffizier und Militäranalyst an der Königlichen Dänischen Verteidigungsakademie. Auf Youtube und im dänischen Fernsehen erklärt er den Krieg in der Ukraine.
Ist es nicht nachvollziehbar, dass Medien und Öffentlichkeit sich stärker für einen Krieg interessieren, der neu ist?
Ja, das liegt in der Natur der Berichterstattung: Medien berichten darüber, was gerade passiert. Und im Moment sind die Ereignisse in Israel viel schneller als in der Ukraine. Trotzdem ist es wichtig, dass wir die Ukraine nicht vergessen und dass sich die mangelnde Aufmerksamkeit nicht darauf auswirkt, dass politische Ressourcen von der Ukraine nach Israel gelenkt werden.
Ist es für die Ukraine denn ein Problem, dass der Hamas-Israel-Krieg den russischen Angriffskrieg gewissermaßen in den Schatten stellt?
Das Problem entsteht dadurch, dass dies zu einer Zeit geschieht, in der wir im Westen eine Diskussion über Kriegsmüdigkeit und Perspektiven führen – also darüber, welche Strategie der Westen verfolgt, um der Ukraine langfristig zu helfen. Länder wie Ungarn, jetzt auch die Slowakei, stehen einer Unterstützung der Ukraine sehr skeptisch gegenüber. Die USA sind derzeit offenkundig nicht in der Lage, die Finanzierung der Ukraine-Hilfen für das nächste Jahr sicherzustellen. Und diese Diskussion findet nach einer ukrainischen Sommeroffensive statt, die aus Sicht vieler Beobachter eine Enttäuschung war. Nun stellt sich die Frage, wie realistisch es ist, dass die Ukraine den Krieg gewinnen kann, was wiederum die Frage aufwirft, ob es sich lohnt, in dieses Projekt zu investieren.
Als wir im März sprachen, sagten Sie, es sehe danach aus, dass Russland dabei sei, den Krieg zu verlieren. Die allgemeine Stimmung scheint mittlerweile deutlich pessimistischer zu sein.
Ich bin immer noch vorsichtig optimistisch. Wenn der Westen sich dazu entschließt, die Ukraine zu unterstützen, dann scheint mir ziemlich klar zu sein, dass Russland diesen Zermürbungs- und Produktionswettbewerb auf lange Sicht verlieren wird. Das kombinierte Bruttoinlandsprodukt von Westeuropa und Nordamerika übersteigt das russische BIP bei Weitem. Wir müssten also nicht einmal einen großen Teil unseres BIP in die Unterstützung der Ukraine investieren und würden Russland trotzdem klar übertreffen.
Im Grunde ist das der Punkt, an dem wir jetzt sind: Wir befinden uns in einer Phase des Kriegs, an dem die industrielle Kapazität über Sieg oder Niederlage entscheidet. Aber dafür ist politischer Wille erforderlich. Insbesondere mit Blick auf die Vereinigten Staaten kann man sich Sorgen machen, ob dieser Wille in ausreichendem Maße vorhanden ist. Ich sehe also Raum für Pessimismus, wenn ein großes Land wie die USA plötzlich nicht mehr in der Lage ist, seine Zusagen einzuhalten.
Oleksij Melnyk, ein ukrainischer Militärexperte, sagt, der Westen habe immer noch Angst vor einem Sieg der Ukraine beziehungsweise vor einer russischen Niederlage. Ist das eine zutreffende Beschreibung?
Ja, das glaube ich auch. Vor allem zu Beginn des Kriegs gab es viele politische Signale, dass wir Schulter an Schulter mit der Ukraine stehen und dergleichen mehr. Aber mit der Zeit wird immer klarer, dass der Westen, zumindest einige Länder im Westen, nicht unbedingt die gleichen Prioritäten haben wie die Ukraine. Die westlichen Länder setzen sich für den Fortbestand einer freien und unabhängigen Ukraine ein, aber es ist nicht unbedingt ihre Priorität, dass die ukrainischen Grenzen von 1991 wiederhergestellt werden. In vielen westlichen Hauptstädten scheint immer noch nach einem Ausweg für Putin gesucht zu werden, damit ein Sieg über Russland auf dem Schlachtfeld vermieden werden kann. Dabei geht es vor allem um Eskalationsbefürchtungen, aber es zeigt auch, dass es im Westen und in Kiew ein unterschiedliches Verständnis der Situation gibt.
Inwiefern?
In der Ukraine liegt der Fokus viel stärker auf einem tatsächlichen Sieg. Ich habe Ukrainer mehrfach sagen gehört: Ich möchte, dass dieser Kampf beendet wird, damit meine Kinder nicht denselben Krieg führen müssen. Das soll heißen, wenn dieser Krieg nicht endgültig entschieden wird und Russland nicht in ausreichendem Maße verliert, dann wird es in einigen Jahren einen neuen Krieg geben. Die Ukrainer wollen, dass dies jetzt ein für alle Mal beendet wird.
An wen denken Sie konkret, wenn Sie Politiker in westlichen Hauptstädten als zu zögerlich bezeichnen?
Es gibt einige Staaten, die engagierter sind als andere, etwa die baltischen Länder, auch Großbritannien oder mein Land, Dänemark. Länder wie Deutschland sind zögerlicher. Die Bundesrepublik liefert vor allem Luftverteidigungswaffen und an die Ukraine – Dinge, die dafür sorgen, dass die Ukraine weiter besteht. Aber Deutschland hält sich bei der Lieferung von Offensivfähigkeiten, die es der Ukraine ermöglichen würden, den Krieg zu beenden, noch immer zurück. Ich weiß immer noch nicht, warum Deutschland keine Taurus-Raketen bereitstellt. Aber man kann auch auf die USA verweisen. Es wird immer deutlicher, dass die Biden-Regierung auch nicht unbedingt darauf bedacht ist, der Ukraine die Dinge zur Verfügung zu stellen, die ihr große Offensiverfolge ermöglichen würden. In der Regel kommt zu wenig zu spät.
Man könnte argumentieren, dass der Westen vielleicht ein Interesse daran hat, die Ukraine zu unterstützen, aber dass unsere Interessen nicht identisch mit denen der Ukraine sind.
Dagegen würde ich zwei Punkte einwenden. Erstens ist es ein humanitäres Problem, wenn man der Ukraine gerade genug gibt, dass sie den Krieg fortführen kann, aber nicht genug, um ihn zu beenden. Denn dadurch steigt auch die Zahl der zivilen Opfer. Und zweitens müssen wir verstehen, dass Russland eine langfristige Bedrohung nicht nur für die Ukraine darstellt, sondern für das gesamte westliche Bündnis. Aus russischer Sicht geht es nicht nur um ein kleines Stück Land in der Ostukraine, sondern um sehr viel mehr.
Das wird im Westen nicht verstanden?
Ich glaube, nicht in ausreichendem Maße. Es gibt eine Tendenz, misszuverstehen, wofür die Russen in diesem Krieg kämpfen. Solange es dieses Missverständnis gibt, werden wir Annahmen über die Ziele Russlands treffen, die einfach nicht stimmen. Wenn wir nicht erkennen, dass Russland für den Westen auf lange Sicht ein Problem darstellen wird, dann sind wir nicht darauf vorbereitet, was möglicherweise als Nächstes kommt. Russland geht es darum, den Zusammenhalt der NATO auf die Probe zu stellen, das westliche Bündnis so weit zu schwächen, dass wir nicht mehr wissen, ob die USA uns helfen würden, wenn es notwendig wäre. Wenn wir in eine solche Situation geraten, dann ist Russland der dominierende Akteur in Europa. Der beste Weg, mit dieser Herausforderung umzugehen, wäre, dafür zu sorgen, dass die Russen in der Ukraine nicht erfolgreich sind. Sonst könnten sie Appetit auf mehr entwickeln.
Noch eine Frage zum Kriegsverlauf: Wie schätzen Sie die Situation am Dnipro bei Cherson ein, wo die Ukraine erste Brückenköpfe auf der südlichen Seite des Ufers errichten konnte?
Das muss man in einen größeren Rahmen einordnen. Zu Beginn der Invasion gab es auf russischer Seite die Vorstellung eines Blitzkriegs mit raschem Sieg nach wenigen Tagen. Als das nicht eintrat, stand die politische Führung in Russland offensichtlich unter einer Art Schock. Es gab diese Bilder von Putin, auf denen er zitterte, und Spekulationen, dass er krank sei. Tatsächlich war es wohl eher eine Art Nervenzusammenbruch, weil er mit der Situation klarkommen musste, dass der schnelle Krieg nicht funktionierte. Den Russen wurde klar, dass dieser Krieg eine Weile dauern würde und dass sie sich darauf vorbereiten müssen, ihn über viele Jahre hinweg zu führen. Die russische Wirtschaft hat seither viele Veränderungen vollzogen, die für einen langen Krieg notwendig sind. Ein großer Teil des russischen BIP fließt heute in den Verteidigungssektor, die Produktion von militärischen Gütern wurde deutlich gesteigert.
Ironischerweise gab es eine ähnliche Verschiebung auch im Westen, aber auch in der Ukraine selbst. Von der Sommeroffensive wurde ein großer Durchbruch erwartet, geradezu eine Entscheidung, ein Ende des Kriegs. Was wir jetzt im Westen erleben, scheint mir ein bisschen der Zeit zu ähneln, als Putin unter Schock stand und nicht wusste, was er tun sollte. Und auch wir müssen uns jetzt darüber klar werden, dass dies ein langer Weg ist. Es ist ein langer, harter Krieg.
Und Cherson?
Was wir in der Region Cherson sehen, ist sehr interessant, denn es zeichnet gewissermaßen die Konturen dessen, was die Ukraine tun kann, um die Dynamik des Kriegs langfristig zu verändern. Die Brückenköpfe auf der anderen Seite des Dnipro können eine neue Front aufmachen. Das Merkwürdige am aktuellen Frontverlauf ist, dass er zwar sehr lang, aber gleichzeitig auch ziemlich kompakt ist. Eigentlich geht die Front über rund 1000 Kilometer. Aber auf knapp der Hälfte bildet der Dnipro die Front, dort finden keine größeren Kämpfe statt. Wenn die Ukraine es schafft, sich in der Region Cherson auf der südlichen Seite des Flusses festzusetzen, dann würde sie die Frontlinie praktisch mehr oder weniger verdoppeln. Das kann dazu führen, dass 2024 ganz anders wird als 2023 – oder es ist etwas, das sich auf 2025 auswirkt. Andere Initiativen der Ukraine, die die Dynamik des Kriegs verändern können, sind ihre Angriffe in der Tiefe, die auf die Logistik der Russen zielen. Deshalb ist es auch so frustrierend, dass ein Land wie Deutschland nicht die Raketen liefert, die die Ukraine dafür braucht.
Mit Anders Puck Nielsen sprach Hubertus Volmer
ORF – Ukraine
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ISRAEL – HAMAS
Newsticker
DIE NACHT IM ÜBERBLICK – Israel
ROUNDUP: Sorge vor Eskalation im Nahost-Konflikt – Die Nacht im Überblick
TEL AVIV/GAZA/DOHA (dpa-AFX) – Während Israels Bodentruppen ihre Kämpfe gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen ausweiten, befeuern die von Israels Erzfeind Iran unterstützten Huthi-Rebellen den Nahost-Konflikt durch erneute Attacken auf Handelsschiffe. Ein Zerstörer der US-Marine kam den Schiffen im Roten Meer zu Hilfe und schoss mehrere Drohnen ab. Es sei noch unklar, ob der US-Zerstörer „USS Carney“ selbst Ziel gewesen sei, teilte das US-Militär mit.
Die Huthis drohten mit weiteren Attacken auf israelische Frachter. Israel betonte dagegen, nichts mit den Schiffen zu tun zu haben. Derweil laufen diplomatische Bemühungen um eine Deeskalation im Nahen Osten.
Diplomatische Bemühungen um Deeskalation
US-Vizepräsidentin Kamala Harris sprach auf ihrem Rückflug von der Klimakonferenz in Dubai mit Israels Staatspräsidenten Isaac Herzog sowie mit dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, über die Lage in Gaza, wie das Weiße Haus mitteilte. Außenminister Antony Blinken habe zudem mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, über „die laufenden Bemühungen, die sichere Rückkehr aller verbleibenden Geiseln zu ermöglichen und die Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu erhöhen“, gesprochen.
Israels Armee rückt im Süden Gazas vor
Die Armee habe im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens stark und gründlich gekämpft, nun tue sie dies auch im Süden, erklärte zuvor Generalstabschef Herzi Halevi. In dem schmalen Gebiet drängen sich Hunderttausende Palästinenser, die auf Israels Anweisung dorthin geflohen waren. Der Sprecher des UN-Kinderhilfswerks Unicef, James Elder, kritisierte die israelischen Angriffe während eines Besuchs im Süden des Gazastreifens scharf. Dort finde ein „Blutbad“ statt.
Immer mehr Todesopfer
Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde zufolge wurden im Gazastreifen bisher bereits mehr als 15 500 Menschen getötet und mehr als 41 000 weitere verletzt. Die Angaben lassen sich gegenwärtig nicht unabhängig überprüfen. Die Vereinten Nationen und andere Beobachter weisen aber darauf hin, dass sich die Zahlen der Behörde in der Vergangenheit als glaubwürdig herausgestellt hätten.
Erneut Angriff der Huthi-Rebellen
Als Reaktion auf den Krieg Israels gegen die Hamas intensivieren die Huthi-Rebellen ihre Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer. Es seien alle Schiffe ein Ziel, die unter der Flagge Israels führen, die im Besitz israelischer Unternehmen seien oder die von israelischen Firmen betrieben würden, drohte Huthi-Militärsprecher Jahja Sari am Sonntag erneut. Israels Armeesprecher Daniel Hagari betonte, die attackierten Schiffe hätten keine Verbindung zum Staat Israel. Eines der Schiffe sei erheblich beschädigt worden. Es drohe zu sinken.
Seit dem Beginn des Gaza-Krieges haben Angriffe Iran-naher Gruppen auf US-Kräfte im Nahen Osten zugenommen, was Sorgen vor einer noch größeren Eskalation in der Region nährt. „Diese Angriffe stellen eine direkte Bedrohung für den internationalen Handel und die Sicherheit im Seeverkehr dar“, so das US-Militär. „Wir haben auch allen Grund zur Annahme, dass diese Angriffe zwar von den Huthis im Jemen verübt, aber in vollem Umfang von Iran unterstützt werden.“ Die USA würden in Abstimmung mit internationalen Partnern nun Maßnahmen diskutieren.
Harris: Palästinenser brauchen Perspektive
US-Vizepräsidentin Harris bekräftigte im Gespräch mit Israels Präsidenten Herzog die Unterstützung der USA für Israels Recht auf Selbstverteidigung. Zugleich äußerte sie aber auch ihre Besorgnis über Schritte, die zu einer Eskalation der Spannungen führen könnten, wie der Gewalt extremistischer israelischer Siedler im Westjordanland. Im Gespräch mit Abbas habe sie die Unterstützung der USA „für das palästinensische Volk und dessen Recht auf Sicherheit, Würde und Selbstbestimmung“ zugesichert. Das palästinensische Volk brauche eine „klare politische Perspektive“, hieß es weiter. Die USA wollen sich in dem Konflikt für eine Zweistaaten-Lösung einsetzen.
Was am Montag wichtig wird
Die Bemühungen um eine Deeskalation des Gaza-Kriegs gehen weiter. Große Sorgen bereiten derweil die erneuten Attacken der Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe im Roten Meer./ln/DP/zb
Finanznachrichten – Israel
ROUNDUP 2: Wieder Beschuss an Grenze zum Libanon – israelische Soldaten verletzt – 15:12
TEL AVIV/BEIRUT (dpa-AFX) – An der Grenze zwischen dem Libanon und Israel hat es wieder Beschuss gegeben. Israels Militär registrierte am Montag mehrere Abschüsse aus dem Libanon auf Ziele in Israel. Bei den Angriffen seien drei israelische Soldaten leicht verletzt worden. Die Armee attackierte demnach die Orte, von denen die Angriffe ausgingen.
Die Hisbollah im Libanon übernahm die Verantwortung für eine Attacke auf israelische Soldaten in der Nacht zu Montag sowie den Beschuss weiterer Ziele. Israel reagierte mit Gegenbeschuss. Die Armee teilte mit, es seien „eine Kommandozentrale, Terror-Infrastruktur und Militärgebäude der Terrororganisation Hisbollah auf libanesischem Boden“ von der Luftwaffe angegriffen worden.
Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, israelische Kampfflugzeuge hätten mehrere Ziele im libanesischen Grenzgebiet angegriffen. Sie berichteten auch von rund 20 Raketen, die von der Hisbollah auf israelische Stellungen abgefeuert worden seien.
Seit Beginn des Gaza-Krieges nach dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober kommt es immer wieder zu Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und militanten Gruppierungen wie der Hisbollah in der israelisch-libanesischen Grenzregion. Auf beiden Seiten gab es bereits Todesopfer. Es ist die schwerste Eskalation seit dem zweiten Libanon-Krieg im Jahre 2006. Die Hisbollah hat Verbindungen zur islamistischen Hamas im Gazastreifen, gilt aber als einflussreicher und schlagkräftiger./cir/DP/jha
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Israelische Armee: Niemand soll aus dem Gazastreifen vertrieben werden
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben nicht die Absicht, die palästinensische Zivilbevölkerung aus dem Gazastreifen zu vertreiben. „Wir versuchen nicht, irgendjemanden zu vertreiben, wir versuchen nicht, jemanden dauerhaft umzusiedeln“, sagte Armeesprecher Jonathan Conricus am Montag vor Journalisten. Vielmehr habe das Militär alle Zivilisten aufgefordert, sich aus den Kampfgebieten zurückzuziehen – und dafür eigens eine „humanitäre Zone innerhalb des Gazastreifens“ eingerichtet. Conricus räumte ein, dass die Bedingungen für die Menschen in dem Palästinensergebiet „hart“ seien.
ROUNDUP/Israels Armee: Bodeneinsätze auf gesamten Gazastreifen ausgeweitet – 3.12.2023, 22:35
TEL AVIV/GAZA (dpa-AFX) – Gut fünf Wochen nach dem Beginn der israelischen Bodenoffensive im Norden des Gazastreifens weitet das Militär seine Einsätze am Boden auf das gesamte Palästinensergebiet aus. Die Soldaten gingen gegen Ziele der islamistischen Hamas vor, sagte Armeesprecher Daniel Hagari am Sonntagabend. Hunderttausende Palästinenser sind nach Anweisungen des israelischen Militärs aus dem umkämpften Norden des abgeriegelten Küstengebiets in den Süden geflohen – wo es nun auch verstärkt Kämpfe am Boden geben dürfte. Führende US-Politiker mahnten Israel unterdessen, Zivilisten bei den Kampfhandlungen besser zu schützen.
Die Armee habe im nördlichen Gazastreifen stark und gründlich gekämpft und tue dies nun auch im südlichen Gazastreifen, hatte Israels Generalstabschef Herzi Halevi kurz zuvor gesagt – ohne dabei explizit von einer Bodenoffensive zu sprechen. Israelische Bodentruppen sind bereits seit Ende Oktober im Norden im Einsatz.
Augenzeugen hatten der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag berichtet, israelische Bodentruppen seien in ein Gebiet östlich der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens vorgerückt. Das Militär führte eigenen Angaben zufolge seit dem Ende der mehrtägigen Feuerpause am Freitag im Süden massive Luftangriffe durch. Seit Beginn des Gaza-Kriegs habe es rund 10 000 Luftangriffe auf Ziele in dem abgeriegelten Palästinensergebiet gegeben, erklärte das Militär.
Angaben der Hamas-Gesundheitsbehörde zufolge wurden im Gazastreifen bisher bereits mehr als 15 500 Menschen getötet und mehr als 41 000 weitere verletzt. Die Angaben lassen sich gegenwärtig nicht unabhängig überprüfen, die Vereinten Nationen und andere Beobachter weisen aber darauf hin, dass sich die Zahlen der Behörde in der Vergangenheit als glaubwürdig herausgestellt hätten. Rund 80 Prozent der rund 2,2 Millionen Einwohner des dicht besiedelten Küstengebiets sind nach UN-Angaben inzwischen Binnenflüchtlinge.
Israels Armee setzt Bombardement im Gazastreifen fort
In der Nacht zu Sonntag griffen israelische Kampfflugzeuge und Hubschrauber „Terrorziele“, darunter Tunnelschächte, Kommandozentralen und Waffenlager an, wie das Militär mitteilte. Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben seit Beginn des Gaza-Kriegs mehr als 800 Tunnelschächte gefunden. Rund 500 davon seien unter anderem durch Sprengung zerstört worden. Einige der Tunnelschächte hätten strategische Einrichtungen der Hamas unterirdisch miteinander verbunden, hieß es. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Hamas-Behörde spricht von vielen Verschütteten
Der Sprecher berichtete von zahlreichen Leichen unter Trümmern. Es gebe auch große Schwierigkeiten bei der Bergung von Verletzten und deren Transport in Krankenhäuser. Kein Ort im Gazastreifen sei gegenwärtig sicher. Ein israelischer Armeesprecher hatte in arabischer Sprache die Einwohner bestimmter Wohngebiete im Süden des Gazastreifens dazu aufgerufen, diese zu verlassen und in ausgewiesene andere Gebiete zu fliehen.
Unicef: Angriffe in Gaza „unmoralisch“ und „sicher illegal“
Der Sprecher des UN-Kinderhilfswerks Unicef, James Elder, kritisierte die israelischen Angriffe während eines Besuchs im Süden des Gazastreifens scharf. Dort finde ein „Blutbad“ statt, das „unmoralisch“ sei und das mit „mit Sicherheit als illegal verstanden werden wird“, sagte Elder dem Nachrichtensender Al-Dschasira. Wer das hinnehme, mache sich selbst schuldig. „Schweigen ist Mittäterschaft“, sagte der sichtlich erschütterte Elder.
Während seines Besuchs habe er überall Kinder mit schweren Verbrennungen, mit Verletzungen durch Granatsplitter, Gehirnverletzungen und mit Knochenbrüchen gesehen. Die jüngsten Angaben über sogenannten „sicheren Zonen“ für die Bevölkerung in Gaza bezeichnete Elder als „Falschdarstellung“. Die Menschen würden dabei zu „winzigen Flecken Land bewegt“, dort gebe es nur Sand, kein Wasser, keine Sanitäranlagen und keinen Schutz vor dem Wetter.
USA drängen auf Schutz von Zivilisten
US-Vizepräsidentin Kamala Harris sprach am Samstag eine deutliche Mahnung in Richtung Israel aus. „Zu viele unschuldige Palästinenser sind getötet worden. Offen gesagt, das Ausmaß des zivilen Leids und die Bilder und Videos aus dem Gazastreifen sind verheerend“, sagte sie in Dubai. In einem Gespräch mit Ägyptens Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi bekräftigte Harris zudem, dass die USA „unter keinen Umständen die Zwangsumsiedlung von Palästinensern aus dem Gazastreifen oder dem Westjordanland, die Belagerung des Gazastreifens oder die Neuziehung der Grenzen“ zulassen werden.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin appellierte an Israels „moralische Verantwortung“, Zivilisten zu schützen. „Wenn man sie in die Arme des Feindes treibt, ersetzt man einen taktischen Sieg durch eine strategische Niederlage. Deshalb habe ich der israelischen Führung wiederholt deutlich gemacht, dass der Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen sowohl eine moralische Verantwortung als auch ein strategisches Gebot ist.“ Harris wie Austin machten deutlich, dass es eine politische Perspektive eines eigenen Staates neben Israel für die Palästinenser geben müsse.
Der israelische Regierungsberater Mark Regev wies Vorwürfe zurück, sein Land würde zu wenig unternehmen, um die Zivilbevölkerung in Gaza zu schützen. „Wir unternehmen maximale Anstrengungen, vielleicht sogar nie da gewesene in ähnlichen Umständen“, sagte Regev der BBC am Sonntag. Die Schuld für zivile Todesopfer liege zudem bei der Hamas, weil sie militärische Infrastruktur in Wohnvierteln verstecke.
Auslöser des Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der islamistischen Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt haben. Auf israelischer Seite sind mehr als 1200 Menschen getötet und rund 240 Geiseln nach Gaza verschleppt worden. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen, einer Blockade des Küstengebiets und begann Ende Oktober mit einer Bodenoffensive.
Hamas: Freilassung von Geiseln erst nach dauerhaftem Waffenstillstand
Die Hamas will nach den Worten eines ihrer Anführer, Saleh al-Aruri, erst wieder Geiseln freilassen, wenn Israel seine „Aggression“ beende und ein dauerhafter Waffenstillstand herrsche. Unter den verbliebenen Geiseln seien nur Männer, die in der Armee gedient hätten und Soldaten. Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant sagte dagegen, es seien noch 15 Frauen und zwei Kinder unter den Geiseln in der Gewalt der Hamas. Vorige Woche hatten Israel und die Hamas 105 Geiseln frei, unter ihnen 14 Deutsche, und 240 palästinensische Häftlinge ausgetauscht.
Weitere Ausländer und Doppelstaatler verlassen Gaza
Die Ausreisen von Ausländern und Palästinensern mit zweitem Pass aus dem Gazastreifen gehen weiter. Mehr als 600 von ihnen – darunter Deutsche – sollten den Grenzübergang Rafah am Sonntag überqueren und nach Ägypten einreisen, wie aus einer Liste der Grenzbehörde auf palästinensischer Seite hervorging. Seit Ablauf der Feuerpause am Freitag sei der Grenzübergang für fast 900 Ausländer und Doppelstaatler geöffnet worden, teilte das UN-Nothilfebüro OCHA mit. Zudem hätten 13 Verletzte den Gazastreifen verlassen./jam/DP/zb
ROUNDUP: Beschuss aus Syrien auf Golanhöhen – Israelische Gegenangriffe 3.12.2023, 22:35
TEL AVIV (dpa-AFX) – Aus Syrien ist am Sonntag nach israelischen Militärangaben eine Rakete auf die Golanhöhen abgefeuert worden. Ein weiteres Geschoss aus dem Nachbarland sei auf offenem Gelände eingeschlagen, teilte Israels Armee mit. Israel habe in beiden Fällen die Orte angegriffen, von denen aus die Geschosse abgefeuert worden seien. Berichte über Verletzte gab es zunächst nicht.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London feuerten Milizen, die mit der Hisbollah im Libanon zusammenarbeiten, ein Geschoss von Syrien aus in Richtung des von Israel besetzten Teils der Golanhöhen ab.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober kommt an den nördlichen Grenzen Israels immer wieder zu Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und Milizen wie der Hisbollah. Die proiranische Gruppierung hat Verbindungen zur islamistischen Hamas, gilt aber als einflussreicher und schlagkräftiger.
Die Hisbollah und der Iran sind auch Verbündete der syrischen Regierung. Um zu verhindern, dass Israels Erzfeind Iran und mit ihm verbündete Milizen ihren militärischen Einfluss im Zuge des Bürgerkriegs in Syrien ausweiten, bombardiert Israels Luftwaffe häufig Ziele im Nachbarland./raf/le/cir/DP/zb
Weitere Meldungen – Israel
Motiv des Pariser Attentäters: „Sterben von Muslimen nicht ertragen“ – Euronews, 4.12.2023, 7:18
Der Angreifer hatte Samstagabend auf einer Brücke nahe des Eiffelturms ein deutsches Touristenpaar angegriffen und dann zwei weitere Menschen niedergestochen. Ein Deutscher wurde getötet. Vor der Tat bekannte sich der Messerstecher zur IS-Miliz.
Am Ort des tödlichen Messer- und Hammerangriffs, der sich am Samstagabend in der Nähe des Pariser Eiffelturms ereignet hat, sind Blumen niedergelegt worden. Die französischen Behörden behandeln den Vorfall als „Terroranschlag“.
Der Verdächtige, der, wie sich jetzt herausstellte, bereits wegen der Planung eines Anschlags zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, hatte sich in einem vor der Tat aufgenommenen Video zur Miliz Islamischer Staat bekannt.
Der nationale Staatsanwalt für Terrorismusbekämpfung, Jean-Francois Ricard, sagte auf einer Pressekonferenz am Sonntag: „Eine frühere gerichtliche Untersuchung hat ergeben, dass er aus einer Familie ohne religiöses Engagement stammte und 2015 im Alter von 18 Jahren zum Islam konvertierte und sich schnell der islamischen extremistischen Ideologie anschloss.“
Dem französischen Innenminister Gerald Darmanin zufolge sagte der mutmaßliche Täter nach seiner Festnahme, er könne das Sterben von Muslimen sowohl in Afghanistan als auch in Palästina nicht mehr ertragen.
Höchste Alarmstufe bleibt
Französische Ministerinnen und Minister hielten am Sonntag ein außerordentliches Sicherheitstreffen mit Regierungschefin Elizabeth Borne ab. Bei der Terrorattacke wurde ein Deutscher getötet. Medienberichten zufolge soll es sich um einen 23-Jährigen handeln, der auch die philippinische Staasangehörigkeit besaß. Ein Brite und ein Franzose wurden verletzt. Sie seien wieder bei guter Gesundheit, berichteten französische Medien.
Der französische Präsident Emmanuel Macron, der sich auf dem COP28-Gipfel in Dubai aufhält, versicherte auf X, ehemals Twitter, den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl und sein Beileid. In Gedanken sei er bei allen, die von dem „Terroranschlag“ betroffen sind.
Auch der deutsche Kanzler Olaf Scholz und die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock äußerten sich über den Kurznachrichtendienst X.
In Frankreich gilt seit Wochen die höchste Terroralarmstufe, nachdem ein junger Islamist Anfang Oktober einen Lehrer in der Stadt Arras getötet hatte.
Paris: Deutscher Tourist bei Messerangriff getötet – Euronews, 3.12.2023
In Paris hat ein Mann Passanten angegriffen und einen deutschen Touristen mit einem Messer getötet. Zwei weitere Menschen seien verletzt worden, eine davon mit einem Hammer.
Die Polizei konnte den mutmaßlichen Täter festnehmen. Er soll bei der Polizei wegen radikalen Islamismus und „erheblicher psychischer Störungen“ bekannt sein.
Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach den Angehörigen des deutschen Staatsangehörigen, der ums Leben kam, sein Beileid aus.
Der Angreifer habe am Abend auf einer Brücke ein „deutsches Touristenpaar“ angegriffen, die Frau sei nicht körperlich verletzt worden, habe aber einen Schock erlitten, sagte der französische Innenminister Gérald Darmanin.
Nach der Tat sei der Angreifer geflüchtet und habe dann zwei weitere Personen angegriffen, bevor er festgenommen worden sei. Die Polizei habe eine Elektroschockpistole eingesetzt, um den Angreifer zu stellen.
Darmanin sagte, bei den beiden Verletzten handele es sich um einen Franzosen im Alter von etwa 60 Jahren und einen ausländischen Touristen, der mit einem Hammer verletzt worden sei.
Medienberichten zufolge soll es sich um einen Engländer handeln.
Bei dem Angreifer soll es sich um einen 1997 geborenen Franzose handeln mit iranischer Abstammung. Der mutmaßliche Täter habe nach seiner Festnahme gesagt, dass er es nicht mehr ertragen könne, dass Muslime sowohl in Afghanistan als auch in Palästina sterben.
Der Mann sei der Ansicht, dass Frankreich am Krieg Israels im Gaza-Streifen mitschuldig sei, und habe als Märtyrer sterben wollen. Der Festgenommene war den Angaben zufolge bereits 2016 nach einem gescheiterten Anschlagsplan zu vier Jahren Haft verurteilt worden.
ORF – Israel
ORF-Liveticker – Israel
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BAHA NEWS – Israel
n-tv-Israel-Krieg im Liveticker
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