Tagesblick – 17.10.2023 Dienstag

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HELLMEYER

  • Märkte entspannter
  • China unterstützt Wirtschaft
  • Deutschland: Kritische Umfragewerte

MÄRKTE

Märkte: Entspannter!

An den Finanzmärkten kam es zu leichten Entspannungen. Hoffnungswerte auf einen milderen

Verlauf des Nahost-Konflikts dominierten im Tagesverlauf im Kontext massiver Bemühungen auf

diplomatischer Ebene von allen Seiten der weltpolitischen Bühne.

Aus Europa überraschte die Handelsbilanz der Eurozone als auch die Entwicklung der deutschen Großhandelspreise positiv.

Dagegen enttäuschten Umfragedaten aus Deutschland, die mit mehrjährigen oder Allzeit-Negativrekorden aufwarteten (siehe unten).

Aktienmärkte konnten sich erholen. Der Late DAX nahm um 0,65% zu, der EURSTOXX um 0,91%.

US-Märkte waren freundlicher, der S&P 500 stieg um 1,30%, der NASDAQ um 1,36%. Fernost legte

heute früh (7:35 Uhr) eine freundliche Eröffnung hin (Nikkei +0,96%, der CSI 300 +0,20%, Hangseng

+ 0,52%, Sensex +0,47%).

Die Präferenz für Rententitel nahm ab. Es kam in der Folge zu Zinsanstiegen. Die 10-jährige

Bundesanleihe rentiert heute früh mit 2,79% (Vortag 2,74%), während die 10-jährigen US-

Staatstitel eine Rendite in Höhe von 4,76% (Vortag 4,65%) abwerfen.

Der USD ist gegenüber dem EUR (-0,0028) , Gold (+4,80) und Silber (+0,18) wenig verändert.

Berichte & Analysen – Auswahl

Berlin: Laut KfW/IFO-Umfrage monierten 31,7% der kleinen und mittleren

Unternehmen (KMU) im 3. Quartal, dass sie nur schwer Bankkredite erhalten

würden. Es war der schwächste Wert seit Beginn der Datenreihe in der aktuellen

Form im Jahr 2017.

• Berlin: Die Bundesregierung will ihre Investitionsgarantien (Absicherung gegen

Risiken wie Enteignung, Krieg oder Rechtsbrüche, Volumen per 06/2023 circa 30

Mrd. EUR) zu Gunsten besonders zuverlässiger Länder neu gestalten.

Berlin: Die Großhandelspreise sanken per September im Jahresvergleich um 4,1%

nach zuvor -2,7%. Es war der stärkste Rückgang seit Mai 2020.

Washington: US-Finanzministerin Yellen ist derzeit nicht bereit, über die

wirtschaftlichen Folgen des Nahost-Konflikts zu spekulieren. Die ökonomischen

Folgen würden von der Frage der Ausweitung abhängen.

Deutschland: Krise im Wohnungsbau nimmt zu

Die Stornierungswelle und der Mangel an Neuaufträgen setzen den Bauunternehmen

immer stärker zu. Im September seien laut IFO-Umfrage 21,4% der Firmen von

stornierten Projekten im Wohnungsbau betroffen (Vormonat 20,7%). Das ist ein neuer

Rekordwert in der seit 2012 bestehenden Datenreihe. Viele Projekte wären wegen

höherer Zinsen und gestiegener Baukosten nicht mehr wirtschaftlich umsetzbar, so der

Leiter der Ifo-Umfrage Wohlrabe. Die malade Lage bei Aufträgen setzte sich fort. Laut

Umfrage zeigten sich 46,6% der Unternehmen betroffen (Vormonat 44,2%). Hier ist es

der höchste Wert seit März 2009.

Chinesische Zentralbank pumpt Milliarden ins Bankensystem

Die chinesische Zentralbank versorgt das Bankensystem mit frischem Geld. Seitens der

Notenbank würden mittelfristige Kreditfazilitäten im Wert von 789 Mrd. Yuan (104 Mrd. EUR)

bereitgestellt.

Kommentar: Dieses Jahr ist geprägt von entlastenden Maßnahmen seitens der Regierung als

auch von der Zentralbank (Liquiditätsmaßnahmen, Senkung Mindestreservesätze,

Zinssenkungen), um die wirtschaftliche Aktivität zu forcieren. China kann sich diese Maßnahmen

leisten, weil es ein Disinflations- oder sogar Deflationsproblem gibt (CPI 0,0%, PPI -2,5%), anders als im Westen. Diesbezüglich mäandert der Fokus auf die Zinsentscheidung in dieser Woche (1-und 5-jährige Kredite). Nach zwei kleinen Zinssenkungen per 2023, sind weitere Zinsreduktionen nicht ausgeschlossen.

Deutschland: Krise im Wohnungsbau nimmt zu

Die Stornierungswelle und der Mangel an Neuaufträgen setzen den Bauunternehmen immer

stärker zu. Im September seien laut IFO-Umfrage 21,4% der Firmen von stornierten Projekten

im Wohnungsbau betroffen (Vormonat 20,7%). Das ist ein neuer Rekordwert in dieser seit 2012

bestehenden Datenreihe. Viele Projekte wären wegen höherer Zinsen und gestiegener

Baukosten nicht mehr wirtschaftlich umsetzbar, so der Leiter der Ifo-Umfrage Wohlrabe. Die

malade Lage bei Aufträgen setzte sich fort. Laut Umfrage zeigten sich 46,6% der Unternehmen

betroffen (Vormonat 44,2%). Hier ist es der höchste Wert seit März 2009.

Kommentar: Mehrjährige negative Rekordwerte in dieser Branche reihen sich ein in eine

Phalanx von konjunkturellen und mehr noch strukturellen Negativmeldungen. Sie sind nicht

Ausdruck einer Konjunkturflaute, wie vom Wirtschaftsminister jüngst formuliert. Nein, es ist ein

strukturelles Problem, das sich in konjunkturellen Daten niederschlägt.

Umfrage – Kredithürde für Mittelständler hoch wie seit Jahren nicht mehr

Laut KfW/IFO-Umfrage monierten 31,7% der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im 3.

Quartal, dass sie nur schwer Bankkredite erhalten würden. Es war der schwächste Wert seit

Beginn der Datenreihe in diesem Erfassungsformat im Jahr 2017.

Die Schwierigkeiten der Unternehmen in Kreditverhandlungen würden wachsen, sagte KfW-

Chefvolkswirtin Köhler-Geib. Im Durchschnitt waren für Unternehmenskredite zuletzt mehr als

5% fällig (4,7% im Vorquartal). Zum anderen sei eine Straffung der Kreditvergabestandards

aufgrund der schlechteren wirtschaftlichen Stimmung und einer damit einhergehenden

Neubewertung der Risiken durch die Banken laut Köhler-Geib verantwortlich.

Die wachsenden Schwierigkeiten beim Kreditzugang trafen mittelständische Firmen aus allen

Wirtschaftsbereichen, insbesondere aber die Sektoren der Dienstleistungsbranche (32,9%) und

des Verarbeitenden Gewerbes (32,4%). Großunternehmen berichten, dass die Banken strenger

geworden sind: Die Kredithürde stieg hier um 3,4 Punkte auf 21,3%.

Kommentar: Zinsmaßnahmen wirken sich erst nach circa 12 Monaten voll auf die Wirtschaft

aus. Demnach steht noch erhebliches Ungemach im Raum. Potenziert wird das Zinsproblem

durch die fehlende Standortqualität Deutschlands im globalen Kontext („Investitionsdürre“).

Die mehrjährigen Negativrekordwerte können vor diesem Hintergrund nicht erstaunen.

Bundesregierung: Investitionsförderung in 34 bevorzugten Staaten

Die Bundesregierung will ihre Investitionsgarantien (Absicherung gegen Risiken wie

Enteignung, Krieg oder Rechtsbrüche, Volumen per 06/2023 circa 30 Mrd. EUR) zu Gunsten

besonders zuverlässiger Länder neugestalten. Begünstigt würden Länder, die gute

Voraussetzungen für deutsche Unternehmen böten, aber bisher weniger im Fokus der

Wirtschaft standen. Ziel der Regierung sei es, übermäßige Abhängigkeiten zu verringern.

Investierten Unternehmen in einem der 34 bevorzugten Staaten, soll im Schadensfall der

Selbsterhalt für den Unternehmer auf 2,5% halbiert werden. Die jährlichen Gebühren für die

Garantie würden um 10% gekürzt, die Antragsgebühr entfiele. Zu den bevorzugten Partnern

gehören beispielsweise Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Peru, Indien, Indonesien,

Malaysia, Thailand, Vietnam, Georgien, Kasachstan, Usbekistan, Balkan-Staaten, Türkei,

Ägypten, Algerien, Äthiopien, Ghana, Kenia, Marokko, Südafrika und Tunesien.

Kommentar: Es ist für ein Land sinnvoll, das von Import- und Exportmärkten bezüglich des

Geschäftsmodells wie kein anderes Land abhängig ist, sich möglichst breit aufzustellen, um

existentielle Risiken für das Geschäftsmodell zu vermeiden. Es gehört jedoch auch eine

interessenorientierte Außenpolitik dazu, nicht nur eine Investitionsförderung.

Datenpotpourri

Eurozone: Starke Handelsbilanz – D: Sinkende Großhandelspreise

Die Handelsbilanz der Eurozone wies in der saisonal bereinigten Fassung per Berichtsmonat

August einen Überschuss in Höhe von 11,9 Mrd. EUR nach zuvor 3,5 Mrd. EUR (revidiert von

2,9 Mrd. EUR) aus.

Die Devisenreserven der Eurozone stellten sich per Berichtsmonat September auf 1.113,5 nach

zuvor 1.118,7 Mrd. EUR.

Deutschland: Die Großhandelspreise nahmen per September im Monatsvergleich um 0,2%

nach zuvor 0,2% zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 4,1% nach zuvor -2,7%.

Es war der stärkste Rückgang seit Mai 2020. Als Vorlaufindikator für die weitere Entwicklung

der Verbraucherpreise stellt diese Tendenz ein ermutigendes Signal dar

USA: Stimmung in New York getrübter

Der New York Fed Manufacturing Index lag per Berichtsmonat Oktober bei -4,6 nach zuvor +1,9 Punkten (Prognose -5,0).Hier den Hellmeyer Report herunterladen!

ÜBERSICHT

DAX Verlauf Deutsche Börse

Gleitende Durschnitte grün 200 Tage, rot 100 Tage, blau 20 Tage, dünn violett 9 Tage

Es könnte noch einige Tage aufwärts gehen innerhalb der Widerstandszone, die von März/April her stammt. Auch dürften die Händler/Kurzfristspekulanten-Depots „leer“ sein.

Handel in Asien am frühen Morgen: Die Anleger zeigten sich optimistisch, dass der Konflikt in Israel keine größeren Auswirkungen auf die Märkte haben wird. Der Nikkei-Index lag im Verlauf 0,9 Prozent höher bei 31.944 Punkten. Der massive Ausverkauf der Technologieaktien erholte sich. Der breiter gefasste Topix-Index stieg um 0,7 Prozent und lag bei 2289 Punkten.Die Börse in Shanghai lag derweil 0,2 Prozent im Plus. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzhen gewann 0,4 Prozent.

Termine

Arbeitsmarkt: In Großbritannien berichtet das Office for National Statistics am Morgen über die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und gibt einen Vorgeschmack auf die Inflationszahlen vom Mittwoch. 

ZEW-Index: Am Vormittag (11 Uhr) zeigt der ZEW-Index, wie Finanzmarktexpertinnen und -experten die aktuelle konjunkturelle Lage in Deutschland einschätzen. 

Banken-Bilanz: In den USA legen ab Mittag deutscher Zeit die Bank of New York Mellon (12.30 Uhr), Bank of America (12.45 Uhr), Goldman Sachs (13.30 Uhr) ihre Quartalszahlen vor. JP Morgan, Citibank und Wells Fargo hatten bereits ihre Bücher geöffnet und mit ihren Zahlen die Märkte überzeugt.

Konjunkturlage: In den USA kommen am Nachmittag frische Zahlen zum Einzelhandelsumsatz (14.30 Uhr) und zur Industrieproduktion (15.15 Uhr). Sie geben Einblick in die Lage der US-Konjunktur. Analysten erwarten in beiden Fällen einen Rückgang.

Marktumfeld

HB – Privatanleger erwarten steigende Kurse

Obwohl die geopolitischen Risiken im Nahen Osten gestiegen sind, bleiben Privatanleger optimistisch. Eine große Mehrheit erwartet steigende Dax-Kurse. Dieses Verhalten zeigt die Auswertung der Handelsblattumfrage Dax-Sentiment. Sentimentexperte Stephan Heibel, der die Erhebung analysiert, ist erstaunt, „wie bullish die Stimmung unter deutschen Privatanlegern ist“. 

COMMENT: SENTIX und Heibel konträr. Glaubt man Heibel, dann wird es heikel an der Frankfurter Börse. Hoher Optimismus zeitigt Risiko für Aktienkursrückgänge.

Um die optimistische Erwartung zu verstehen, hilft ein Blick zurück auf die Stimmungslagen in den Wochen zuvor. Das Dax-Sentiment hat drei Wochen lang eine kurzfristige Stimmung voller Angst und Panik angezeigt, entsprechend wurden die Portfolios ausreichend ausgedünnt. 

„Nun sitzt diese Anlegergruppe nur noch auf Aktienpositionen, die sie auch im Katastrophenfall nicht mehr verkaufen will“, erläutert Heibel. „Angst und Panik nutzen sich über die Zeit ab, und genau diesen Effekt sehen wir bei Privatanlegern.“ 

Doch warum haben Profis sich am Terminmarkt verstärkt gegen sinkende Kurse abgesichert? Erwarten sie deutlich fallende Kurse? „Profis müssen sich gegen mögliche Risiken absichern“, erläutert Heibel. Sollte die Situation in Israel eskalieren, wird man ihnen später zu Recht Vorwürfe machen, wenn sie sich nicht ausreichend gegen solche Eventualitäten einstellen. Daher ist die erhöhte Put-Nachfrage seitens der Profis in dieser Woche nicht wirklich überraschend

Zentralbanken

EZB-Chefökonom rechnet mit hohem Zinsniveau für längere Zeit

FRANKFURT (Dow Jones)–Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Einschätzung ihres Chefvolkswirts Philip Lane das Zinsniveau noch für eine längere Zeit auf einem hohen Stand halten. „Wir glauben, dass die Inflation bis 2025 auf 2 Prozent zurückkehren wird. Erst wenn wir hinreichend sicher sind, dass wir dieses Ziel erreichen, können wir die Politik normalisieren. Aber das ist noch ein ganzes Stück entfernt von dem, wo wir jetzt sind“, sagte Lane in einem Interview mit der niederländischen Zeitung Het Financieele Dagblad.

„Ich persönlich brauche mehr Informationen über die Lohnabschlüsse für 2024, und wir werden bis zum Frühjahr nächsten Jahres warten müssen, bevor viele Länder diese Informationen veröffentlichen“, sagte Lane. „Es wird also noch einige Zeit dauern, bis wir ein hohes Maß an Vertrauen haben können, dass die Inflation auf dem Weg zurück zu 2 Prozent ist.“

Lane schloss auch nicht aus, dass die EZB bei den Zinsen noch einmal nachlegen könnte. „Wir werden die Zinssätze so lange wie nötig hoch halten“, erklärte Lane. „Wenn wir Inflationsschocks haben, die ausreichend groß oder anhaltend sind, müssen wir bereit sein, mehr zu tun.“

Auf die Frage, ob es keine Senkung der Zinsen bis zum Frühling geben werde, sagte Lane: „Wir sind datenabhängig. Die Welt ist voller Unsicherheiten. Es gibt Risiken auf beiden Seiten, aber wir sehen immer noch relativ hohe Lohnzuwächse, und es gibt immer noch einige Bereiche der Wirtschaft, in denen Preissteigerungen stattfinden. Wir können also keine kurzfristige Entscheidung treffen. Wir werden für einen längeren Zeitraum auf der Hut sein.“

EZB/Enria: CDMI-Paket schnell und vollständig verabschieden

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)–Das Europaparlament und die Finanzminister des Euroraum sollten die von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge für das Krisenmanagement und die Einlagensicherung (crisis management and deposit insurance – CMDI) möglichst schnell und vollständig verabschieden. Der Chef der EZB-Bankenaufsicht, Andrea Enria, sagte bei einem Seminar zu diesem Gesetzespaket, das unter anderem eine Einbeziehung mittelgroßer Banken in das Abwicklungsregime vorsieht: „Das Ende der Legislaturperiode rückt schnell näher, und wir haben nur ein kleines Zeitfenster, um bei einem zentralen Aspekt der Bankenunion nennenswerte Fortschritte zu erzielen.“

Das CDMI-Paket sieht neben der Einbeziehung mittelgroßer Banken in den Abwicklungsrahmen einen leichteren Zugang zu Mitteln des Abwicklungsfonds (SRF) und die Abschaffung der privilegierten Behandlung von Einlagen vor, die durch Einlagensicherungssysteme abgedeckt (single-tier depositor preference) sind.

Zusammen würden diese drei Elemente den Behörden Enria zufolge glaubwürdige Optionen für die Abwicklung mittelgroßer Banken geben, indem sie den Zugang zu von der Industrie finanzierten Sicherheitsnetzen ermöglichen, um Best-Practice-Transferstrategien bei der Abwicklung zu unterstützen, wie zum Beispiel die bewährte Strategie des Ankaufs und der Übernahme, die von der US-Einlagensicherung FDIC angewandt wird.

„Wir müssen uns klarmachen, dass es möglich ist, das Krisenmanagement im derzeitigen institutionellen Rahmen zu verbessern – mit den derzeit verfügbaren Ressourcen und ohne Vorfestlegung auf weitere Schritte zur Integration der Einlagensicherung auf europäischer Ebene“, sagte Enria. Europa verfüge diesbezüglich über die gleichen Ressourcen wie die USA, nur sei der Zugang zu ihnen schwieriger. Nicht enthalten sind in dem Paket eine gemeinsame europäische Einlagensicherung (Edis) und eine Lösung für „Liquidität in Abwicklung“.

INTERNATIONAL

World Health Summit: Globaler Pandemievertrag dringend benötigt

Berlin – Auf der globalen Ebene braucht es mehr koordinierte und gemeinsame Bestrebungen, um künftige Pandemien und andere Infektionskrankheiten zu bewältigen und einzudämmen. Das mahnte unter anderem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei der Eröffnung des World Health Summits (WHS) ges­tern Abend an.

Dem Minister zufolge werden bis zum morgigen Dienstag rund 3.000 Menschen an der internationalen Kon­ferenz zur globalen Gesundheit in Berlin teilnehmen.

Lauterbach pochte insbesondere darauf, zügig einen globalen Pandemievertrag zu vereinbaren. Im März 2023 starteten die Länder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Verhandlungen, um die Weltbevölkerung mit einem solchen Vertrag künftig besser vor möglichen weiteren Pandemien zu schützen.

Aktuell werde weiter an der Vereinbarung gearbeitet, so Lauterbach. „Es ist aber unklar, ob wir die Vereinba­rung im kommenden Mai haben werden“, sagte er. Es wäre eine Katastrophe, wenn sich die Länder nicht eini­gen könnten, warnte er.

Denn wenn nach der Pandemie keine entsprechende Übereinkunft erarbeitet werden könne, werde es ver­mutlich keine geben. „Die Welt kann es sich nicht leisten, keinen Pandemievertrag bis Mitte nächsten Jahres auszuarbeiten“, so Lauterbach.

Er warnte heute bei einer Diskussionsrunde im Rahmen des World Health Summits davor, im Pandemievertrag Eigentumsrechte etwa hinsichtlich der Entwicklung und Produktion von Impfstoffen einschränken zu wollen. Dieses Vorhaben sei wenig erfolgsversprechend, so Lauterbach.

Wichtig sei hingegen, eine fairere Verteilung anzustreben sowie Impfstoffproduktionsanlagen etwa in afrika­nischen Staaten zu fördern, damit diese künftig nicht mehr rein von Importen abhängig seien. Zudem müssten die Exekutiven von Staaten weiter uneingeschränkt handeln können und dürften nicht durch einen Pande­mievertrag eingeschränkt werden, so Lauterbach.

Die Menschheit sei mit so vielen Gesundheitsproblemen wie Krisen, Hunger, Naturkatastrophen sowie regio­nale Epidemien oder weltweite Pandemien konfrontiert, sagte gestern Abend auch der Generaldirektor der WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus.

Zudem habe die Pandemie die Ärmsten der Welt am härtesten getroffen. Deswegen müsse es bald einen glo­balen Pandemievertrag geben, forderte auch Ghebreyesus. Die Verhandlungen laufen allerdings zäh, monierte er. „Wir sind zusammen stärker, deswegen ist Multilateralismus so wichtig“, so der WHO-Generaldirektor.

Klimakrise und Gesundheit zusammendenken

Lauterbach erinnerte zudem daran, dass globale Gesundheit und die Klimakrise eng miteinander verknüpft seien. In Afrika gebe es rund zwei regionale Ausbrüche von Infektionskrankheiten pro Woche, so Lauterbach.

Insbesondere aufgrund geringer Reiseaktivität würden diese allerdings meist nicht zu Epidemien oder Pande­mien anwachsen. „Mit dem Ausbau von Flüchtlingslagern und Fluchtbewegungen steigt diese Wahrschein­lichkeit allerdings an“, so Lauterbach. Deshalb müssten entsprechende politische Entscheidungen auch hin­sichtlich des Klimawandels und der Gesundheit betrachtet werden.

Lauterbach appellierte außerdem daran, die Ziele der nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development Goals) bis 2030 einzuhalten. „Wir müssen schneller werden, sonst werden wir das Gesundheitsziel um 50 Pro­zent nicht einhalten können“, sagte er.

Beispielsweise bei der Ausrottung von Tuberkulose seien dafür notwendige Medikamente und Behandlungen vorhanden, allerdings sei dieser Versuch trotzdem bislang nicht erfolgreich gewesen. „1,6 Millionen Menschen sterben weltweit jedes Jahr an Tuberkulose“, so Lauterbach. Bis 2030 sehen die SDGs unter anderem vor, Tuberkulose zu eliminieren.

Für die Umsetzung des Ziels, für alle Menschen eine angemessene Gesundheitsversorgung zu etablieren (Uni­versal Health Coverage) gebe es zudem ausreichend Geld, so Lauterbach. „Nur sieben Prozent der aktuellen Subventionen von fossilen Energien würde es benötigen, um die globalen Gesundheitsgefahren zu eliminie­ren“, lautete seine Kritik. „Wir haben ein Politikversagen“, schlussfolgerte Lauterbach. Ein Umdenken sei drin­gend nötig, um auch die Wirtschaftssysteme vor weiteren gesundheitlichen Gefahren wie Pandemien zu schützen.

Lauterbach versprach zudem, die WHO weiter zu unterstützen. „Ohne die WHO hätten wir viele weitere Millio­nen Menschen in der Pandemie verloren“, so Lauterbach. Deshalb müsse die WHO weiter gestärkt und finan­ziell besser ausgestattet werden.

Lauterbach und Ghebreyesus verurteilten zudem den Angriff der Hamas auf Israel scharf. Ghebreyesus sorgte sich zudem um die Palästinenser und appellierte an Israel, die humanitäre Versorgung der Bevölkerung in Gaza sicherzustellen.

Europäische Union will Gesundheitssysteme stärken

Vonseiten der Europäischen Union (EU) versprach die EU-Kommissarin für Gesundheit, Stella Kyriakides, drei konkrete Aktionen, um künftige Herausforderungen besser angehen zu können. So solle die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen insgesamt verbessert werden, Gesundheitssysteme gestärkt und Gesund­heitsgefahren, wie Pandemien besser eingedämmt werden, so Kyriakides.

Zudem ergänzte ein Vertreter der EU, Francisco Perez Canado fünf Punkte, die künftig weiter verfolgt werden sollten. Bei der Stärkung der medizinischen Grundversorgung müssten vor allem Mädchen und Frauen be­rücksichtigt werden, da diese die vulnerabelste Bevölkerungsgruppe seien. Zudem müsse die Ansiedlung und Übertragung von Gesundheitstechnologien und Produktionsanlagen in Afrika für Afrika stärker gefördert werden.

Außerdem betonte der EU-Vertreter auch die Notwendigkeit eines internationalen Pandemievertrages. Es brauche zudem eine Übergangslösung, bis diese globale Vereinbarung in Kraft tritt. Darüber hinaus sei es wichtig, die digitale Toolbox von Instrumenten im Gesundheitsbereich weiterzuentwickeln.

Die Medizinerin und Jugendbeauftragte der Klimakonferenz COP27, die Ende 2022 in Ägypten stattgefunden hat, Omnia El Omrani und Christina Chilimba von der Initiative All for Youth betonten außerdem die Notwen­digkeit, die Perspektive der jungen Generationen in politische Entscheidungsprozesse stärker miteinzu­be­ziehen.

„Viele junge Menschen sind gezwungen ihre Heimat aufgrund von Klimawandel, Krisen oder beidem zu ver­lassen“, sagte El Omrani. Sie seien zudem oftmals von eingeschränkten Zugängen von Lebensmitteln, Wasser und Gesundheitsversorgung betroffen. Je eingeschränkter entsprechende Ressourcen seien, desto eher seien Frauen zudem Gewalt ausgesetzt, so El Omrani.

Auch Chilimba betonte, dass insbesondere junge Frauen weltweit bezüglich mangelnder Verhütungsmöglich­keiten unter Schwangerschaften im Teenageralter oder Kinderehen leiden würden. Es sei die Aufgabe von allen, diese Probleme zu bewältigen, forderte sie.

El Omrani appellierte deshalb daran, junge Menschen aus dem Gesundheitsbereich und junge Fachkräfte an Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen. Nur so sei gewährleistet, dass entsprechende Maßnahmen auch den tatsächlichen Erfahrungen der Menschen gerecht würden. Es müsse eine sichere, gesunde und faire Welt geschaffen werden, in der junge Menschen auch leben wollen, forderte El Omrani. © cmk/aerzteblatt.de

AMERIKA: USA, VENEZUELA

New Yorker Konjunkturindex fällt im Oktober

NEW YORK (Dow Jones)–Die Geschäftsaktivität des verarbeitenden Gewerbes im Großraum New York ist im Oktober wieder in den negativen Bereich gefallen. Der von der Federal Reserve Bank of New York ermittelte Index für die allgemeine Geschäftstätigkeit im verarbeitenden Gewerbe des Distrikts verringerte sich auf minus 4,6.

Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten einen Rückgang auf minus 6,0 prognostiziert. Im Vormonat war der Index auf plus 1,9 gestiegen und hatte damit den negativen Bereich verlassen.

Ein Wert über null signalisiert eine Expansion, ein Stand darunter eine Kontraktion. Der Index gewährt einen guten Einblick in die Lagebeurteilungen sowie die Erwartungen auf sechs Monate der Hersteller in New York.

Der New Yorker Konjunkturindex ist meist der erste regionale Indikator, der von den Fed-Filialen in einem Monat veröffentlicht wird. Ökonomen betrachten ihn ebenso wie den Indikator der Philadelphia Fed als vergleichsweise verlässlichen Vorläufer für den viel beachteten ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe der USA.

Website: http://www.newyorkfed.org/survey/empire/empiresurvey_overview.html  

ASIEN: CHINA, JAPAN u.a.

Chinas Zentralbank stellt mehr Liqudität bereit – Zinssatz unverändert

Chinas Zentralbank hat den Banken mehr Liquidität bereitgestellt. Die People’s Bank of China (PBoC) stellte dem Bankensystem 789 Milliarden Yuan – umgerechnet 103 Milliarden Euro – über ihre einjährige mittelfristige Kreditfazilität (MLF) bei einem gleichbleibenden Zinssatz von 2,5 Prozent zur Verfügung. Es war die größte MLF-Operation seit November 2022. Die Beibehaltung der Referenzzinssätze könnte bedeuten, dass Chinas Benchmark-Leitzins LPR am Freitag unverändert bleibt, da der LPR auf der Grundlage der MLF-Zinssätze berechnet wird.

HB – Chinesischer Immobilienkrise droht Kontrollverlust

Eigentlich ist Yang Guoqiang im Ruhestand. Doch in diesen Tagen muss der Firmenpatriarch noch mal ran. Der Gründer von Country Garden bangt um sein Lebenswerk. Der große chinesische Bauträger mit rund 70.000 Mitarbeitern und Projekten im In- und Ausland ist in Schieflage geraten. Zahlungsausfälle und rund 180 Milliarden Euro Schulden streuen Zweifel, ob das Unternehmen überleben wird. Es fehlt an Vertrauen und Geld.

Für mehr Vertrauen ließ sich der zuletzt öffentlichkeitsscheue Yang in der vergangenen Woche auf einer der zahlreichen Baustellen des Unternehmens blicken, im südchinesischen Foshan, wo auch die Zentrale liegt. Wegen der Löcher in der Kasse greift die Familie nun einem Bericht zufolge tief in die eigene Tasche, womöglich auf politischen Druck.  

Die Gründerfamilie von Country Garden gewährt demnach ein zinsloses Darlehen über 300 Millionen Dollar. Das berichtet die chinesische Zeitung „The Paper“. Eine Anfrage des Handelsblatts ließ das Unternehmen bisher unbeantwortet. 

Die Gefahr des totalen Kontrollverlusts schwebt noch immer über Country Garden und dem gesamten chinesischen Immobiliensektor. Experten sind jedoch optimistisch, dass der schmerzhafte Prozess einer Restrukturierung und womöglich Schrumpfung der Unternehmen letztlich zur notwendigen Abkühlung des überhitzten Markts führt. Doch dieser Optimismus steht auf unsicherem Fundament, erst recht seit der frühere Branchenprimus Country Garden ins Wanken gerät. 

Chinas neue Seidenstraße: Volle Zustimmung von Putin

China richtet an diesem Dienstag und Mittwoch eine hochrangige Wirtschaftsveranstaltung aus: Im Mittelpunkt steht die neue Seidenstraße. Auch der russische Präsident Wladimir Putin wird in Peking erwartet.

China richtet an diesem Dienstag und Mittwoch eine hochrangige Wirtschaftsveranstaltung aus: Im Mittelpunkt steht die neue Seidenstraße. Auch der russische Präsident Wladimir Putin wird in Peking erwartet.

Im Vorfeld seiner Reise äußerte sich Putin zu den ehrgeizigen Wirtschaftszielen Chinas, das in zahlreichen Ländern erhebliche Summen in den Ausbau von Verkehrswegen und Handelseinrichtungen steckt.

„Wir sehen nur den Wunsch nach Zusammenarbeit“

Putin sagte: „Wir erkennen, dass einige Leute es als einen Versuch der Volksrepublik China ansehen, jemanden unter seine Fuchtel zu bringen, aber wir sehen das anders. Wir sehen nur den Wunsch nach Zusammenarbeit. Unsere Vorstellungen über die Entwicklung der Eurasischen Wirtschaftsunion, den Aufbau eines Groß-Eurasiens, decken sich mit den chinesischen Vorstellungen, die im Rahmen der neuen Seidenstraße vorgeschlagen werden.“

Kritisch beäugt wird Chinas neue Seidenstraße nicht nur wegen der Gefahr einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, sondern auch weil die Bauvorhaben meist nicht von örtlichen, sondern chinesischen Unternehmen umgesetzt werden.

AUSTRALIEN

AFRIKA

NAH-/MITTELOST: ISRAEL u.a.

EUROPA

Großbritannien: Lohnanstieg schwächt sich ab – Sonstige Arbeitsmarktdaten später

LONDON (dpa-AFX) – Der kräftige Lohnauftrieb in Großbritannien hat sich etwas abgeschwächt. Ohne Bonuszahlungen seien die Löhne in den drei Monaten bis August um 7,8 Prozent gestiegen, teilte das nationale Statistikamt ONS am Dienstag in London mit. Inklusive Boni betrug der Zuwachs 8,1 Prozent. In dem vorhergehenden Dreimonatszeitraum waren die Löhne um 7,9 beziehungsweise 8,5 Prozent gestiegen.

In realer Rechnung, also unter Berücksichtigung der Inflation, stiegen die Löhne um 1,1 (ohne Boni) und 1,3 (mit Boni) Prozent. Unter dem Strich dürfte die Entwicklung der britischen Notenbank in die Karten spielen, die auf eine Abkühlung am Arbeitsmarkt hofft. Lohnsteigerungen stellen aus Notenbanksicht vor allem zusätzliche Inflationsrisiken dar, die mit einer Abkühlung des Jobmarkts sinken würden.

Sonstige Zahlen aus dem monatlichen Arbeitsmarktbericht, insbesondere zur Arbeitslosigkeit und Beschäftigung, werden eine Woche später als üblich veröffentlicht. Wegen rückläufiger Antworten in der Haushaltsbefragung, auf denen der Bericht teils fußt, werde die Veröffentlichung verschoben, heißt es auf der Internetseite des Statistikamts. Die entsprechenden Zahlen sollen am kommenden Dienstag (24. Oktober) erscheinen./bgf/stk

Keine Mehrheit in EU-Ausschuss für neue Zulassung von Glyphosat – 13.10.2023

Brüssel – Die Europäische Kommission hat zunächst keine ausreichende Zustimmung der EU-Länder für eine erneute Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat für weitere zehn Jahre bekommen.

Bei einer Abstimmung von Vertretern der EU-Staaten gab es heute keine qualifizierte Mehrheit dafür, dass das umstrittene Mittel bis Ende 2033 eingesetzt werden darf. Die Kommission hatte im September einen entspre­chenden Vorschlag veröffentlicht.

Für eine qualifizierte Mehrheit wird die Zustimmung von mindestens 55 Prozent der EU-Staaten gebraucht, die gleichzeitig mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren.

Kritiker und Befürworter streiten unter anderem darüber, ob Glyphosat krebserregend sein könnte. Zudem stehen Gefahren für die Umwelt im Raum. Eine aufwendige Untersuchung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte jüngst keine inakzeptablen Gefahren gesehen, aber auf Datenlücken in mehreren Bereichen hingewiesen.

Zu den Aspekten, die nicht abschließend geklärt wurden, gehören laut EFSA etwa ernährungsbedingte Risiken für Verbraucher und die Bewertung der Risiken für Wasserpflanzen. Auch mit Blick auf den Artenschutz ließen die verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu.

Glyphosat wird auch als Totalherbizid bezeichnet, es lässt Pflanzen absterben. Wo Glyphosat versprüht wird, wächst kein Gras, Strauch oder Moos mehr. Das Mittel wird vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt, um ein Feld frei von Unkraut zu halten, bevor Nutzpflanzen ausgesät werden.

Jetzt wird im November über die Erneuerung der Zulassung in einem Berufungsausschuss weiter diskutiert. Änderungen an dem Vorschlag der Kommission sind möglich. Wenn sich im Berufungsausschuss weder eine qualifizierte Mehrheit für noch gegen den Vorschlag findet, kann die EU-Kommission eigenständig entscheiden. © dpa/aerzteblatt.de

COMMENT: Demokratie à la EU. Der Rat mauschelt was zusammen, die Kommission führt aus. Österreichisches, französisches, deutsches usw. Parlament: wozu?

Zwei Schweden getötet Polizei schießt mutmaßlichen Brüssel-Attentäter nieder

Der mutmaßliche Attentäter von Brüssel ist bei einem Anti-Terror-Einsatz niedergeschossen worden. Die Ermittler sichern vor Ort zudem eine Waffe. Am Montagabend soll er zwei Schweden vor dem EM-Qualifikationsspiel in der belgischen Hauptstadt getötet haben.

Nach den tödlichen Schüssen auf zwei Schweden in Brüssel hat die belgische Polizei einen bewaffneten Verdächtigen niedergeschossen. Ob es sich dabei um den Täter handelt, ist einem Sprecher der Bundesstaatsanwaltschaft zufolge unklar. Auch ob der Mann noch lebe oder nicht, sei noch ungewiss, sagte der Sprecher. Die Polizei habe zudem eine Waffe bei dem Mann gefunden, die die Waffe des Mordanschlags am Montagabend sein könne. Der Einsatz soll sich in der Brüsseler Gemeinde Schaerbeek abgespielt haben.

Der mutmaßliche Täter hatte am Vorabend im Norden von Brüssel vor einem EM-Qualifikationsspiel zwischen Belgien und Schweden zwei Schweden erschossen. Für die belgische Hauptstadt war danach die höchste Terrorstufe ausgerufen worden. Wegen eines „potenziell terroristischen Motivs“ zog die Bundesstaatsanwaltschaft die Ermittlungen an sich. Einige Medien berichteten, dass die tödlichen Schüsse einen islamistischen Hintergrund haben könnten.

Der mutmaßliche Attentäter, der über Nacht auf der Flucht war, ist den Behörden bekannt: Man könne bereits jetzt sagen, dass es sich um einen 45-jährigen Tunesier handele, der im November 2019 in Belgien Asyl beantragt habe, sagte Justizminister Vincent van Quickenborne am frühen Morgen. Er sei der Polizei im Zusammenhang mit Menschenhandel, illegalem Aufenthalt und Gefährdung der Staatssicherheit aufgefallen.

In sozialen Netzwerken wurde nach Angaben der Bundesanwaltschaft ein Beitrag einer Person geteilt, die sich als der Angreifer ausgegeben habe und behauptet habe, von der Terrororganisation Islamischer Staat inspiriert zu sein. Zudem wird im Internet ein Video geteilt, das die Tat zeigen soll.

Die Nachrichtenagentur Belga zitierte einen Sprecher der Bundesstaatsanwaltschaft, wonach auch die schwedische Staatsangehörigkeit der Opfer eine Motivation für die Tat sein könnte. In diesem Jahr hatten Menschen in Schweden und später auch in Dänemark mehrmals Koran-Exemplare verbrannt und damit wütende Reaktionen unter Muslimen ausgelöst. Für die skandinavischen Länder hatte das diplomatischen Ärger zufolge. Quelle: ntv.de, ses/dpa

HB – Machtwechsel in Polen möglich: Ersten Hochrechnungen zufolge ist die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit 36,8 Prozent stärkste Kraft bei den Parlamentswahlen am Sonntag geworden. Ein endgültiges Wahlergebnis wird erst am Dienstag erwartet. Dennoch könnte die nationalkonservative PiS die Macht verlieren, da sie über keine Mehrheit verfügt. Die liberalkonservative Bürgerkoalition des ehemaligen Ministerpräsidenten Donald Tusk ist mit 31,6 Prozent zweitstärkste Kraft. Zusammen mit dem christlich-konservativen Dritten Weg und dem Linksbündnis Lewica hätte Tusk eine Mehrheit. Allerdings müssten die Parteien dafür Positionen zusammenbringen, die vom moderat konservativen Zentrum bis weit nach links reichen.

Westbalkan: Sechs Milliarden Euro für Reformprozess

Scholz ruft Westbalkanländer zur Zusammenarbeit und Reformen auf

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)–Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat an die Westbalkanländer appelliert, ihren Reformprozess voranzubringen, um so einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union näher zu kommen. Er sagte beim Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der Westbalkanländer in der albanischen Hauptstadt Tirana, dass Fortschritte im gemeinsamen regionalen Markt die Länder deutlich näher an EU-Standards bringen würden. Er appellierte auch an das Kosovo und Serbien zur Beilegung ihres Konfliktes.

„Die zahlreichen Krisen in der Region und auf dem westlichen Balkan unterstreichen die dringende Notwendigkeit, zusammenzuarbeiten und Gegensätze zu überwinden“, sagte Scholz in seinem in englischer Sprache gehaltenen Eingangsstatement in Tirana. „Es ist an der Zeit, Konflikte zu überwinden, die schon viel zu lange andauern und Ihre Länder nur zurückhalten.“

In dem Zusammenhang betonte er, dass die jüngsten Eskalationen im Norden Kosovos erneut deutlich gemacht hätten, wie wichtig eine Rückkehr zum EU-gestützten Dialog zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Kosovo und Serbien sei.

In den vergangenen Wochen hat sich der Konflikt im Norden Kosovos verschärft, nachdem ein Polizist auf Patrouille bei einem Angriff getötet und bewaffnete Serben von der Polizei erschossen worden waren. Serbien hatte seine Truppen an der Grenze zum Kosovo massiv verstärkt.

EU will Länder bei Reformen unterstützen

Vor der Konferenz im Rahmen des Berlin-Prozesses betonte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Tirana, dass dieses erste Treffen der Konferenz im Westbalkan ein starkes Zeichen dafür sei, dass die EU sich dem Erweiterungsprozess verpflichtet fühle. Ein Schwerpunkt der Gespräche werde die wirtschaftliche Situation und der von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Wachstumsplan für die Region sein.

„Wir wollen den Unternehmen des Westbalkans Zugang zum europäischen Binnenmarkt verschaffen. Aber dafür brauchen wir Reformen in den Westbalkanländern. Diejenigen, die bereit sind zu reformieren, die bereit sind, ihren gemeinsamen regionalen Markt zu vollenden, bekommen von der Europäischen Union Mittel für Investitionen“, sagte von der Leyen. Dies sei ein Anreiz für diejenigen, die die Reformen in der Wirtschaft voranbringen wollten.

Ostausschuss fordert konkrete Schritte zur Integration

Der Berliner Prozess mit den Ländern Bosnien und Herzegowina, Serbien, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Albanien wurde 2014 ins Leben gerufen. Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft betonte, dass es gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Spannungen in der Region wichtig sei, die regionale Zusammenarbeit der sechs Länder des Westlichen Balkans zu fördern, aber auch einzufordern.

„Wir brauchen jetzt dringend weitere Fortschritte in der EU-Integration. Jahrzehntelange Beitrittsprozesse führen zu Frustrationen auf beiden Seiten„, sagte die Ost-Ausschuss-Vorsitzende Cathrina Claas-Mühlhäuser. „Wir erwarten daher von dem Gipfel konkrete Schritte, die die Integration in und mit der Region weiter voranbringen.“

Dazu gehörten zügige Fortschritte bei der Umsetzung der vereinbarten Mobilitätsabkommen, der weitere Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse sowie die Anerkennung und Angleichung von Standards.

Im Anschluss an die Konferenz ist für 17:45 Uhr eine Pressekonferenz von Scholz, von der Leyen und Albaniens Ministerpräsident Edi Rama geplant.

Endergebnis: Polnische PiS verliert Parlamentsmehrheit

Bei der Parlamentswahl in Polen ist die regierende national-konservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) dem offiziellen Endergebnis von heute zufolge stärkste Kraft geworden, hat die Mandatsmehrheit aber verloren. Die Mehrheit der Sitze ging an das aus drei Parteien bestehende Oppositionsbündnis, teilte die Wahlkommission mit.

Nach Auszählung aller Wahlkreise kam die PiS auf 35,38 Prozent. Das liberal-konservative Wahlbündnis Bürgerkoalition (KO) von Oppositionsführer Donald Tusk erhielt 30,7 Prozent der Stimmen.

Der Dritte Weg, ein Bündnis der Mitte, kam auf 14,4 Prozent, die Neue Linke auf 8,61 Prozent und die rechtsextreme Konfederacja auf 7,16 Prozent.

Italien: Inflation nicht ganz so hoch wie gedacht

ROM (dpa-AFX) – In Italien sind die Verbraucherpreise im September nicht ganz so deutlich gestiegen wie bisher bekannt. Gegenüber dem Vorjahresmonat stieg das nach europäischem Standard gemessenen Preisniveau um 5,6 Prozent, wie das Statistikamt Istat am Montag in Rom mitteilte. Eine erste Schätzung wurde damit leicht um 0,1 Prozentpunkte reduziert. Gegenüber dem Vormonat erhöhten sich die Lebenshaltungskosten um 1,7 Prozent. Dies entsprach der Erstschätzung./bgf/jkr/ngu

Unternehmen

HB – Duopol im Flugzeugbau: Europa stärker

Der internationale Flugzeugmarkt gilt Volkswirten als Paradebeispiel für ein sogenanntes Duopol. Zwei Unternehmen teilen sich die Marktmacht auf: der europäische Flugzeugbauer Airbus und sein amerikanischer Konkurrent Boeing. Seit einigen Jahren schon sind die Europäer deutlich erfolgreicher als die Amerikaner. Bis August verbuchte Airbus mit 1257 mehr als doppelt so viele Großbestellungen wie Boeing mit 624.

Im Interview mit dem Handelsblatt äußert sich Airbus-Chef Guillaume Faury jetzt dazu, ob sein Unternehmen den Vorsprung wird halten können. Faury verweist dazu auf einige wichtige Fragen:

•           Wird es Europa gelingen, den Wandel hin zu nachhaltigen Kraftstoffen und zu dem Flugzeug der Zukunft zu gestalten? „Hier stellen die Amerikaner Finanzmittel und Subventionen bereit, die wir so nicht in Europa sehen“, kritisiert der Airbus-Chef. 

•           Kann Airbus den Bedarf nach eigenen Fachkräften decken und bleiben die Lieferketten stabil? „Wir wissen, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen“, dämpft Faury die Erwartungen. 

•           Wird Airbus im Rüstungssektor konkurrenzfähig bleiben? In diesem Zusammenhang kritisiert Faury die deutsche Exportblockade der Eurofighter-Jets nach Saudi-Arabien. Das arabische Land ist am Krieg im Jemen beteiligt. „Wir müssen exportieren können, um Innovation und Produktion zu gewährleisten“, gibt Faury zu bedenken.

DEUTSCHLAND

WAHLUMFRAGEN

WEITERE MELDUNGEN

Deutschland begann mit neuen Grenzkontrollen

Deutschland: Großhandelspreise fallen so deutlich wie seit gut drei Jahren nicht

WIESBADEN (dpa-AFX) – In Deutschland sind die Preise auf Großhandelsebene im September weiter gesunken. Gegenüber dem Vorjahresmonat gingen die Großhandelspreise um 4,1 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte. Es ist der sechste Rückgang in Folge und der deutlichste Rücksetzer seit Mai 2020. Im Monatsvergleich stieg das Preisniveau leicht um 0,2 Prozent.

Im vergangenen Jahr waren die Preise im deutschen Großhandel stark gestiegen. Zeitweise erhöhten sie sich um mehr als zwanzig Prozent. Ausschlaggebend war der Krieg Russlands gegen die Ukraine, der vor allem Energie und Rohstoffe stark verteuert hatte.

Der jetzige Preisrückgang geht vor allem auf einen statistischen Basiseffekt zurück: Wegen des hohen Preisniveaus im Vorjahresmonat sanken die Preise für Mineralölprodukte wie Benzin im September um 19,8 Prozent. Im Monatsvergleich erhöhten sie sich jedoch um 2,9 Prozent. Deutlich teurer als ein Jahr zuvor waren Obst, Gemüse und Kartoffeln (19,7 Prozent) sowie Zucker, Süß- und Backwaren (13,4 Prozent).

Der Großhandel ist eine von mehreren Wirtschaftsstufen, auf denen sich das allgemeine Preisniveau bildet. Neben dem Großhandel zählen dazu die Preise für nach Deutschland eingeführte Güter und die Preise, die Hersteller für ihre Produkte erhalten. Sie alle wirken auf die Verbraucherpreise ein, an denen die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik ausrichtet./bgf/ngu

Daten für deutschen Einzelhandelsumsatz im August bestätigt

DJ Daten für deutschen Einzelhandelsumsatz im August bestätigt

FRANKFURT (Dow Jones)–Die Umsätze des deutschen Einzelhandels sind im August deutlich gefallen. Wie die Bundesbank mitteilte, sanken die Umsätze gegenüber dem Vormonat preisbereinigt um 1,2 Prozent. Vorläufig war vom Statistischen Bundesamt (Destatis) ebenfalls ein Rückgang von 1,2 Prozent gemeldet worden. Auf Jahressicht lagen die Umsätze der Revision zufolge um 2,3 Prozent niedriger.

Krise im deutschen Wohnungsbau verfestigt – Im September waren 21,4 Prozent der Firmen von Stornos betroffen, nach 20,7 Prozent im August

München (pte018/16.10.2023/12:30) – Die Krise im deutschen Wohnungsbau verfestigt sich. Laut neuen Zahlen des ifo Instituts berichten immer mehr Unternehmen von stornierten Projekten. Im September zeigen sich 21,4 Prozent der Firmen betroffen, nach 20,7 Prozent im Vormonat.

„Wohnungen werden fehlen“

„Viele Projekte sind wegen der höheren Zinsen und gestiegenen Baukosten nicht mehr wirtschaftlich umsetzbar. Die Wohnungen, die heute nicht begonnen werden, werden uns in zwei Jahren auf dem Mietmarkt fehlen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen.

Das Geschäftsklima der Wirtschaftsforscher notiert im Wohnungsbau mittlerweile auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung 1991, bei minus 54,8 Punkten. Auch die Klagen über Auftragsmangel in der Branche werden immer lauter, heißt es in der aktuellen Erhebung. Derzeit zeigen sich 46,6 Prozent der Firmen betroffen, nach 44,2 Prozent im August.

„Entwicklung ist dramatisch“

„Das ist eine Verdreifachung innerhalb der letzten zwölf Monate. Die Entwicklung ist dramatisch“, so Wohlrabe. Die Umfrage wurde noch vor dem Wohnungsbaugipfel Ende September durchgeführt. „Es bleibt abzuwarten, ob die angekündigten Maßnahmen den Wohnungsbau beleben können.“ Die Rahmenbedingungen seien „mehr als schwierig“.

DIHK fordert Bürokratie-Trendwende in Europa

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)–Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat 50 Vorschläge für den Abbau bestehender und die Vermeidung von zukünftiger EU-Bürokratie vorgelegt. „Immer mehr Unternehmer kehren dem Standort Europa den Rücken. Europa muss dringend einfacher, schneller und günstiger werden“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. „Eine Bürokratie-Trendwende ist nötiger denn je. Diese besteht aus einem Dreiklang: erstens keine neuen Gesetze, die die Unternehmen zusätzlich belasten, zweitens bestehende Bürokratie konsequent noch vor den Europawahlen abbauen, und drittens in Zukunft eine praxisorientierte Rechtsetzung.“

Das EU-Lieferkettengesetz müsse „dringend ausgesetzt werden“, forderte Wansleben unter anderem. Bei der EU-Chemikalienverordnung Reach könnten die Zulassungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden, erklärte die DIHK weiter. Durch die Medizinprodukteverordnung drohten steigende Dokumentationsanforderungen zum Beispiel bei Einmal-Pipetten, obwohl diese bereits seit 20 Jahren millionenfach hergestellt würden. Neue Kennzeichnungspflichten machten bisherige Massenware wie Kompressionsstrümpfe zu industriellen Vorprodukten, die noch einmal per Hand nachgearbeitet werden müssten. All das führt zu weiterem Aufwand und Kosten. Deshalb seien Vereinfachungen dringend notwendig, und zwar für Produkte aller Risikoklassen, auch für Nischenprodukte.

„Am effizientesten ist es, dafür zu sorgen, dass erst gar keine neue Bürokratie entsteht“, betonte die Kammerorganisation. „Deutschland muss hierbei Tempo machen und auch selbst Vorbild sein“, forderte die DIHK.

ZDH: Brüssel muss versprochenen Abbau von Berichtspflichten einlösen

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)–Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat die EU-Kommission zu weitreichenden Maßnahmen in einem angekündigten Paket mit Vorschlägen zur Reduzierung der Berichtspflichten aufgefordert. „Wir erwarten, dass die EU-Kommission am Dienstag ambitionierte Vorschläge vorlegt, die die Handwerksbetriebe in der Praxis tatsächlich entlasten, und mit denen das Versprechen, die Berichtspflichten um 25 Prozent reduzieren zu wollen, eingelöst wird“, sagte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. Die angekündigte Anhebung der Schwellenwerte für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

„Das allein reicht aber nicht aus“, mahnte er. „Wir brauchen auch in vielen anderen Bereichen dringend Entlastungen.“ Das europäische Verbraucherrecht müsse beispielsweise praktikabler gestaltet werden, ohne das Niveau des Verbraucherschutzes zu verringern – etwa durch mehr Flexibilität und Spielraum bei der Gestaltung von Verbraucherinformationen. Außerdem müsse zusätzliche Bürokratie in laufenden Gesetzesinitiativen dringend vermieden werden. Ein überflüssiges neues europäisches Formular für Reparaturinformationen setze „genau das falsche Signal“.

IMK: Ärmere Haushalte leiden nicht mehr am meisten unter der Inflation

BERLIN (Dow Jones)–Erstmals seit Beginn der Teuerungswelle Anfang 2022 sind ärmere Haushalte nicht mehr von den höchsten haushaltsspezifischen Inflationsraten in Deutschland betroffen. Das ist das Ergebnis des neuen Inflationsmonitors des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Das Institut warnte die Europäische Zentralbank (EZB) angesichts des nachlassenden Preisdrucks vor dem Risiko einer „übermäßigen“ Straffung ihrer Geldpolitik.

Während die allgemeine Inflationsrate im September deutlich auf 4,5 Prozent von 6,1 Prozent im August gesunken ist, lag die Teuerungsrate für Familien mit niedrigen Einkommen darunter – laut IMK bei 4,1 Prozent und bei Alleinlebenden mit niedrigen Einkommen bei 4,3 Prozent. Erstmals seit Anfang 2022 verzeichneten damit Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen nicht mehr die niedrigste Belastung unter allen Haushaltstypen.

IMK-Inflationsexpertin Silke Tober und IMK-Direktor Sebastian Dullien rechnen damit, dass sich die Teuerungsrate in Deutschland im kommenden Jahr dem Inflationsziel der EZB von 2 Prozent „deutlich“ annähert. Vor diesem Hintergrund und angesichts der wirtschaftlichen Schwäche im Euroraum und insbesondere in Deutschland berge der aktuelle Kurs der EZB „das Risiko einer übermäßigen Straffung“, mit der Folge einer länger anhaltenden Wirtschaftsflaute, warnten die Forschenden.

Weiterer Rückgang der Inflationsrate erwartet

Tober und Dullien erwarten für die kommenden Monate einen weiteren Rückgang der Inflationsrate, weil die Dynamik der Verbraucherpreise in Deutschland bislang weniger stark zurückgegangen sei als die globalen Preise für Energie und Nahrungsmittel.

Außerdem rechnen die Ökonomen auch mit sinkender Kerninflation, weil einerseits die niedrigeren Energie- und Rohstoffpreise mit einigem Zeitverzug über die Produktionsketten hinweg auch bei den Endkunden ankommen. Andererseits begünstige die Auflösung von Lieferengpässen einen Abbau der aktuell noch zu beobachtenden Übergewinne von Unternehmen, so das IMK.

Insgesamt bremsten aktuell zwar die wieder gestiegenen Ölpreise den Sinkflug der Inflation. Ab Januar wirkten sich auch die Normalisierung des Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in Gaststätten sowie die Anhebung des CO2-Preises aus und ab April 2024 die Rückkehr zum Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Erdgas und Fernwärme.

Doch diese Faktoren dürften den Trend nicht drehen, betonten Tober und Dullien, zumal die hohen Preissteigerungen der Vergangenheit sukzessive aus der Inflationsberechnung fallen.

HB – Deutschlands Wirtschaft soll unabhängiger von China werden: Die Ampelkoalition hat beschlossen, die Konditionen von Investitionsgarantien für die deutsche Wirtschaft für ausgewählte Länder wie die Türkei, Indien oder Chile zu verbessern. Investieren Unternehmen in einem von 34 gelisteten Staaten, wird im Schadenfall der Selbstbehalt für die Unternehmen halbiert. Außerdem sinken die Gebühren für die Garantie. Das geht aus einem Papier des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, das dem Handelsblatt exklusiv vorliegt . Die neuen Konditionen sollen Unternehmen dazu bringen, in andere Märkte als den chinesischen zu investieren. Die Bundesregierung will so die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China verringern. 

WÄRMEPUMPEN – Die Preissteigerungen bei Wärmepumpen stehen nach Einschätzung von Akteuren und Branchenbeobachtern vor dem Ende. Kai Schiefelbein, Chef des Herstellers Stiebel Eltron, sagte dem Handelsblatt: „Im kommenden Jahr werden wir einen Preiskampf unter den Anbietern erleben. In Teilen des europäischen Marktes sehen wir das jetzt schon.“ Es gebe massive Überkapazitäten, sagte ein Branchenberater. (Handelsblatt)

DEUTSCHLAND/GROSSBRITANNIEN/EU – Bundesfinanzminister Christian Lindner hat dem Vereinigten Königreich eine engere Wirtschaftsbeziehung mit der EU angeboten. „Falls Sie Ihre Handelsbeziehungen mit der EU stärken wollen – rufen Sie uns an“, sagte Lindner am Rande der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Marrakesch der BBC. London habe eine „Dauereinladung“ für Gespräche mit der EU, wie Handelshürden abgebaut werden könnten. „Wir schätzen das Vereinigte Königreich und seine Werte, seine Menschen sehr“, sagte der FDP-Chef. Daher würde er intensivere Handelsbeziehungen begrüßen. (Welt)

ÖSTERREICH

STATISTIK AUSTRIA

„11 % der österreichischen Unternehmen nutzen künstliche Intelligenz“ von Statistik Austria finden Sie als PDF

WAHLUMFRAGEN

Mehrheit nicht gegen FPÖ-Regierungsbeteiligung – Vor allem ÖVP-Wähler:innen sind Freiheitlichen wohlgesonnen – Salzburg24, 13.10.2023

Einer aktuellen Umfrage zufolge hätte die Mehrheit der Menschen nichts gegen eine Regierungsbeteiligung der FPÖ nach der kommenden Nationalratswahl einzuwenden. Wie seht ihr das? Die Mehrheit hat nichts gegen eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen nach der kommenden Nationalratswahl einzuwenden. Laut aktuellem APA/ATV-„Österreich-Trend“ von Meinungsforscher Peter Hajek sprachen sich 54 Prozent der Befragten nicht prinzipiell gegen eine Regierungsbeteiligung der FPÖ aus, sofern sie einen Partner findet. Demgegenüber stehen 35 Prozent, die die Blauen unter keinen Umständen als Teil einer Bundesregierung sehen wollen.

COMMENT: Offenbar nicht passender Vergleich: welche Häufigkeiten wurden addiert?

Größte Abneigung gegen FPÖ unter Grün- und SPÖ-Wählern

Die größte Abneigung gegen eine freiheitliche Regierungsbeteiligung gibt es unter Grün- und SPÖ-Wählern. Während 65 Prozent der deklarierten Grün-Wähler dagegen sind, sind es unter SPÖ-Sympathisanten 62 Prozent. Merklich weniger ablehnend zeigen sich jene, die das Kreuzerl bei den NEOS machen. In dieser Gruppe sind 49 Prozent prinzipiell dagegen, demgegenüber können sich jedoch 44 Prozent die FPÖ in der Regierung vorstellen. Nichts gegen eine Beteiligung der Freiheitlichen haben mehrheitlich ÖVP-Wähler (57 Prozent) und naturgemäß FPÖ-Sympathisanten (96 Prozent).

Hajek sieht das als ein „weiteres Indiz für die Etablierung der FPÖ“. Die Blauen profitierten zudem von der anhaltend hohen Unzufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung, so Hajek. 70 Prozent der Befragten zeigten sich „wenig“ bis „gar nicht zufrieden“ mit der Arbeit der türkis-grünen Koalition. Dem stehen vier Prozent gegenüber, die damit „sehr zufrieden“ sind, und 23 Prozent, die „eher zufrieden“ sind.

Für den „Österreich Trend“ wurden von 9. bis 12. Oktober 800 Personen ab 16 Jahren online und telefonisch befragt. Die Schwankungsbreite liegt bei plus/minus 3,5 Prozent.

So auch gleichentags wortgleich der Artikel im Standard (Redaktion/APA)

Umfrage: FPÖ für jeden Dritten regierungsfähig – Kurier, 6.10.2023

Zwei Drittel der Österreicher sehen die Partei von Herbert Kickl nicht geeignet, Teil der Regierung zu sein.

„Wie geeignet ist die FPÖ Teil einer Regierung zu sein?“ Diese Frage stellte Meinungsforscher Peter Hajek 500 Österreicherinnen und Österreichern im Vorfeld der PULS24-Polit-Talk-Show Aktuell: Die Woche.

Nur 33 Prozent der Befragten, repräsentativ für die österreichische Bevölkerung, sehen die FPÖ eher bzw. sehr geeignet, Teil der Regierung zu sein.

Diesen steht mit 61 Prozent die Mehrheit der Befragten gegenüber, die die FPÖ als eher nicht bzw. gar nicht regierungsfähig sehen. 6 Prozent haben dazu keine Meinung.

Die Umfrageergebnisse aus dem November 2022 haben sich somit nicht verändert (2022: 61 Prozent eher bzw. gar nicht geeignet & 33 Prozent eher bzw. sehr geeignet).

„Kein Problem für Herbert Kickl“

Unter den Wählergruppen bilden sich zwei Gruppierungen heraus: Während unter den FPÖ-Wähler:innen 96 Prozent für die Regierungsfähigkeit und nur 4 Prozent dagegen stimmen, sehen die Wähler:innen der ÖVP (79 Prozent) und SPÖ (88 Prozent) in ihrer überwiegenden Mehrheit die Oppositionspartei nicht fähig, Teil einer Regierung zu sein.

Meinungsforscher Peter Hajek: „Ein Großteil der Österreicherinnen und Österreicher empfindet die FPÖ nach wie vor nicht als regierungsfähig. Diese Werte sind sehr stabil, vor einem Jahr im November 2022 sah es nicht anders aus. Aber das ist kein Problem für Herbert Kickl. Wird er nach der nächsten Wahl Erster, aber nicht Bundeskanzler, steigert das sein Anti-Establishment-Image. Die neue Regierung besteht aus heutiger Sicht zumindest aus drei Parteien, was das Regieren komplizierter und die Oppositionsarbeit einfacher macht. Kickl hat viel Zeit.“

Siehe dazu:

Umfrage: Mehrheit gegen Koalition von FPÖ und ÖVP im Bund – ORF, 7.5.2023

Eine FPÖ-ÖVP-Koalition findet derzeit keine mehrheitliche Zustimmung. Bei einer Umfrage von Peter Hajek für ATV (500 Befragte) haben sich 54 Prozent gegen eine solche Regierungskonstellation ausgesprochen, dafür wären 35 Prozent. Bei einer OGM-Umfrage für den „Kurier“ (knapp 2.300 Befragte in zwei Wellen, Schwankungsbreite zwei Prozent) nennen 19 Prozent eine Zusammenarbeit von FPÖ und ÖVP als liebste Koalitionsvariante. In der Sonntagsfrage liegt die FPÖ weiterhin vorne.

Zustimmung und Ablehnung in Sachen FPÖ-ÖVP-Koalition unterscheiden sich freilich stark nach der jeweiligen Parteipräferenz: So wünschen sich laut der Hajek-Studie 81 Prozent der FPÖ- und 61 Prozent der ÖVP-Wählerinnen und -Wähler Blau-Schwarz, die Ablehnung ist bei Anhängerinnen und Anhängern der Volkspartei allerdings deutlich höher (37 gegenüber 14 Prozent bei FPÖ-Anhängerinnen und -Anhängern). Unter Grünen- und SPÖ-Wählerinnen und -Wählern lehnen neun von zehn Blau-Schwarz im Bund ab.

„Auch wenn sich eine klare Mehrheit gegen eine blau-türkise Koalition ausspricht, kommt es für die ÖVP nur auf die eigene Wählerschaft an – und diese sieht das mit 61 Prozent Zustimmung alles andere als kritisch“, analysierte Hajek das Ergebnis heute in einer Aussendung. Dass FPÖ-Chef Herbert Kickl von der ÖVP zum Bundeskanzler gemacht werden könnte, sei aus aktueller Sicht dennoch „nicht sehr wahrscheinlich“.

Umfrage: Grün- und SPÖ-Wählerinnen können sich die NEOS in einer Regierung vorstellen – 3.10.2023

Besonders ÖVP- und FPÖ-Wähler:innen sprechen sich in der „Aktuell: Die Woche“-Umfrage hingegen gegen eine Regierungsbeteiligung der NEOS aus.

Am vergangenen Dienstag nahm NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger beim PULS 24 Bürgerforum Platz und musste sich dort nicht nur Infochefin Corinna Milborn, sondern vor allem den strengen Fragen der Bürger:innen am Stammtisch stellen.

Kritisch hinterfragt wurde dort vor allem eine Kernforderung der NEOS: die Senkung der Lohnnebenkosten für Unternehmen. Wie sie versichern könne, dass tatsächlich mehr Geld bei Mitarbeiter:innen ankomme, konnte Meinl-Reisinger nicht wirklich beantworten.

„Sollen die NEOS Teil der nächsten Bundesregierung sein?“

Spätestens in einem Jahr wählen die Österreicherinnen und Österreicher einen neuen Nationalrat. Passend dazu stellte Peter Hajek für die  „Aktuell: Die Woche“ (Freitag, 18:00 Uhr auf PULS 24, um 22:20 Uhr auf ATV und auf Joyn) 500 Österreicher:innen die Frage: „Sollen die NEOS Teil der nächsten Bundesregierung sein?“

Mit 50 Prozent ist der größte Teil der Befragten, repräsentativ für die österreichische Bevölkerung, eher bzw. gänzlich gegen eine Regierungsbeteiligung der NEOS nach der nächsten Nationalratswahl. Diesen stehen 40 Prozent gegenüber, die die NEOS auf jeden Fall bzw. eher als Teil der kommenden Bundesregierung begrüßen würden. 10 Prozent haben keine Meinung dazu.

Grüne Wähler:innen positiv, rote unentschlossen

Unter den Wählergruppen gibt es große Unterschiede: Während sich 90 Prozent der NEOS-Wähler:innen eine Regierungsbeteiligung wünschen und auch 66 Prozent der Grün-Wähler:innen dieser positiv gegenüberstehen, sind die SPÖ-Wähler:innen unentschlossen (48 Prozent pro Regierungsbeteiligung, 43 Prozent contra). Sowohl die Mehrheit der ÖVP-Wähler:innen (51 Prozent), als auch 84 Prozent der FPÖ-Wähler:innen möchten die NEOS nicht in der kommenden Bundesregierung sehen.

Untersuchungsdesign: Auftraggeber: ATV – Methode: Online Befragung – Zielgruppe: Wahlberechtigte Österreicher:innen – Stichprobe: 500 Befragte – Maximale Schwankungsbreite: +/- 4,4 Prozent – Feldarbeit: 25. bis 28. September 2023

Hinweis: Der pointierte Polit-Talk „Aktuell: Die Woche“ mit Moderator Meinrad Knapp, Politikberater Thomas Hofer und Meinungsforscher Peter Hajek lässt immer freitags um 18:00 Uhr auf PULS 24, um 22:20 Uhr auf ATV und auf Österreichs SuperStreamer Joyn die politische Woche Revue passieren.

WEITERE MELDUNGEN

KV-Verhandlungen: Metaller stellen Arbeitgebern Rute ins Fenster

Nach den bisher ergebnislosen Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 120.000 Beschäftigten der Metallindustrie erhöhen diese den Druck. Gestern wurden laut einer Aussendung bundesweite Betriebsversammlungen beschlossen, sollte am Freitag „kein Abschluss zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern erzielt“ werden, hieß es. Lesen Sie mehr …

Studie: Österreicher nutzen gerne digitale Amtswege

Tödlicher Panzerunfall in Allentsteig *** Suche nach Ursache

„Forum gegen Antisemitismus“: Debatte über Sicherheit

Angesichts der Gewalt im Nahen Osten will Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) die sichtbare Präsenz von Sicherheitskräften um jüdische Einrichtungen erhöhen. Bei einem Auftritt vor Journalistinnen und Journalisten im Rahmen des Nationalen Forums gegen Antisemitismus in Wien bekräftigten Karner und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), auf der Seite Israels und der Jüdinnen und Juden zu stehen. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, sprach von einem Genozid.

Deutsch bedankte sich für den „starken Support“ durch Zivilgesellschaft und Polizei – „aber es ist nicht genug“. Die Menschen seien ängstlich und nervös. Man werde alles Mögliche tun, um den Mitgliedern der jüdischen Gemeinde die Angst zu nehmen, sagte Karner. Unmittelbar nach dem Großangriff der Hamas auf Israel vor mehr als einer Woche seien zahlreiche Maßnahmen getroffen worden – so etwa die Überwachung von Gebetshäusern und Synagogen im gesamten Bundesgebiet. Nun wolle man die sichtbare Präsenz deutlich erhöhen. Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst beurteile die Lage außerdem laufend.

Das im vergangenen Jahr initiierte Forum tagt in Wien zum zweiten Mal. An dem Treffen nehmen Vertreterinnen und Vertreter aus Bund, Ländern, Sozialpartnern, Wissenschaft, Religionsgemeinschaften, jüdischen Museen und der Zivilgesellschaft teil, um über Möglichkeiten für den Schutz und die Absicherung des jüdischen Lebens in Österreich zu sprechen.

Trotz hoher Preise: Für Wintertourismus herrscht Zuversicht

Skifahren wird in der kommenden Saison deutlich teurer: Die Preise für Liftkarten werden im Schnitt um sieben bis zehn Prozent angehoben, in Einzelfällen sogar um zwölf Prozent. Im Tourismus übt man sich dennoch in Optimismus. „Die Urlaubsstimmung ist positiver als im Vorjahr, die Reiselust im Winter ist bei einem höheren Anteil der Bevölkerung größer“, sagte Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) am Montag. …

DDSG Blue Danube auf Rekordkurs: Stadtrat Hanke begrüßte bereits 300.000ste Passagierin

Österreichs größtes und traditionsreichstes Binnenschifffahrtsunternehmen steuert einem neuen Passagierrekord entgegen.

COMMENT: Das Klima „freut“ sich.

Wien (OTS) – Volle Kraft voraus bei der DDSG Blue Danube! Die sieben Schiffe umfassende Flotte verzeichnet heuer eine Rekordauslastung. In einem durchschnittlichen Jahr werden rund 300.000 Passagiere an Bord der Schiffe in Wien und der Wachau sowohl im regulären Linienverkehr als auch bei außergewöhnlichen Themenfahrten sowie im Charterbetrieb begrüßt. Heuer fährt die Flotte mit starkem Rückenwind und schwimmt auf der Erfolgswelle. Bereits am Mittwoch konnten Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke und die DDSG-Blue-Danube-Geschäftsführer Wolfgang Fischer und Wolfgang Hanreich mit Ines Paller aus Wien die 300.000ste Passagierin an Bord der MS Blue Danube willkommen heißen. Sie legte mit dem knapp 30 Meter langen Schiff zur beliebten City Cruise ab, um an Bord des Schiffs eine kleine Auszeit vom Alltagsstress und das laue Herbstwetter an Deck zu genießen. Hanke, Fischer und Hanreich überreichten der Jubiläumspassagierin eine Jahreskarte, mit der sie an 364 Tagen im Jahr in Wien und der Wachau den Anker lichten oder auch zu einem Städtetrip in das benachbarte Bratislava (Slowakei) ablegen kann.

DDSG Blue Danube übertrifft Vor-Pandemie-Niveau

Durch das anhaltend schöne Wetter, die hohen Nächtigungszahlen im Wiener Tourismus, zahlreiche Sonder- und Themenfahrten sowie die gute Auslastung im Chartergeschäft mit Firmen- und Weihnachtsfeiern erwartet die DDSG Blue Danube bis Jahresende noch mehr Passagiere als in den Jahren vor Ausbruch der Pandemie. Der bisherige Höchstwert an beförderten Fahrgästen wurde im Jahr 2019 mit etwas mehr als 306.000 Passagieren im Linien- und Ausflugsverkehr erreicht.

„Die DDSG Blue Danube ist eine wertvolle Säule im touristischen Angebot Wiens und ein besonderes Freizeitangebot, das sich bei den Wienerinnen und Wienern steigender Beliebtheit erfreut. Immer mehr Einheimische entdecken die schönsten Seiten Wiens vom Fluss aus und genießen einen Kurzurlaub in der Region. Mit der Verbindung von Kultur, Kulinarik und Freizeit schafft die DDSG Blue Danube Erlebnisse, welche die Wienerinnen und Wiener vermehrt ablegen lassen“, begrüßt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke die erfreuliche Entwicklung.

„Die Investitionen in das vielfältige Programm der Themenfahrten und attraktive Sonderfahrten machen sich bezahlt. Die DDSG Blue Danube darf sich über eine zunehmende Zahl an Stammgästen freuen, die mehrmals jährlich Glücksmomente an Bord genießen und die Donau neu entdecken. Eine besonders attraktive Möglichkeit in See zu stechen, bietet die Jahreskarte der DDSG Blue Danube“, freut sich DDSG-Blue-Danube-Geschäftsführer Wolfgang Fischer.

„Die gesamte Crew der DDSG Blue Danube ist stolz darauf, gemeinsam einen Erfolgskurs einzuschlagen und jedes Jahr mehr Passagiere zu begrüßen. Der tägliche Kontakt mit unseren Fahrgästen ist für die gesamte Crew – in der Nautik und Gastronomie sowie an Land – motivierend. Das kontinuierliche Wachstum der Passagierzahlen lässt uns mit Freude auch in Zukunft an 364 Tagen im Jahr volle Kraft voraus geben“, meint DDSG-Blue-Danube-Geschäftsführer Wolfgang Hanreich.

Die DDSG Blue Danube steht zu je 50 Prozent im Eigentum der Wien Holding und des VERKEHRSBUEROS und ist ein staatlich ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb und Wiener Top-Lehrbetrieb. Für die Geschäftsführung zeichnen Wolfgang Hanreich und Wolfgang Fischer verantwortlich. Weitere Informationen auf ddsg-blue-danube.at

HINTERGRUND

Mit Videointerviews: „Stimmung am St. Veiter Wiesenmarkt wie in Brasilien“ – 8.10.2023 (inkl. Video!)

Heuer wurde der St. Veiter Wiesenmarkt zum 660 mal veranstaltet und das mit Rekordzahlen. MeinBezirk war am Samstag vor Ort und hat sich in die Menschenmenge geworfen, um einige Stimmen einzufangen.

ST.VEIT. Ein so großer Ansturm auf den St. Veiter Wiesenmarkt, wie in diesem Jahr, gab es noch nie. Die ganze Woche waren tausende Besucher vor Ort und genossen die Kulinarik, die Fahrgeschäfte und natürlich am Abend die Partyzelte. MeinBezirk erfuhr, dass sogar Leute aus anderen Bundesländern extra für den Wiesenmarkt nach St. Veit gekommen sind.  

Super Stimmung

Das Highlight war für viele das Essen, die tolle Stimmung und sie nahmen den St. Veiter Wiesenmarkt zum Anlass Freunde zu treffen, die man schon lange nicht mehr gesehen hat. Auch die abwechslungsreichen Fahrgeschäfte sorgten bei Groß und Klein für Freude. Eines zeigte sich bei allen Interviews vor Ort: Jeder hatte Spaß.

MEDIZIN – PSYCHOLOGIE – FORSCHUNG

31 Prozent der Deutschen planen Coronaimpfung im Winter

Hamburg – 31 Prozent der Deutschen planen im kommenden Winter eine Impfung gegen das Coronavirus. Dies ergab eine Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Ipsos veröffentlichte. Demnach halten viele Bundesbürger ihren Impfschutz für ausreichend. Rund 14 Prozent lehnen die Impfung grundsätzlich ab.

Laut den Ergebnissen planen sechs von zehn Befragten oder 59 Prozent in diesem Winter keine Coronaim­pfung. Darunter sei der größte Anteil von 45 Prozent der Meinung, dass der bisherige Impfschutz ausreiche und eine Auffrischungsimpfung nicht notwendig sei.

Dem stehen 29 Prozent der Befragten gegenüber, die nach eigenen Angaben bereits geimpft sind und ihre Coronaimpfung auffrischen möchten. Nur eine kleine Minderheit von zwei Prozent will sich diesen Winter erstmals gegen das Coronavirus impfen lassen. Elf Prozent sagten, sie wüssten nicht, ob sie sich impfen ließen oder machten keine Angaben.

Wie die Umfrage weiter ergab, steigt die Impfbereitschaft mit dem Alter an.

Rund 46 Prozent der über 60-Jährigen planten, die Coronaimpfung im Winter aufzufrischen. Unter den Jüngeren im Alter zwischen 18 und 39 Jahren sagten dies nur 17 Prozent. Zudem sind Männer eher zu einer Coronaimpfung bereit: Rund 32 Prozent der männlichen Befragten planen eine Auffrischungsimpfung, unter den Frauen sagten dies nur 25 Prozent. © afp/aerzteblatt.de

Antimikrobielle Resistenzen nehmen weiter zu

Berlin – Der Anteil der gegenüber antimikrobiellen Substanzen resistenten Infektionen ist in Deutschland zwischen 2000 und 2019 um 5,9 % gestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der vorgestern auf einer Veranstaltung der OECD mit Fokus auf Deutschland, Österreich und die Schweiz vorgestellt wurde.

Demnach betrug der Anteil der gegenüber Antibiotika resistenten Infektionen 2019 hierzulande etwa 15 %, in der Europäischen Union (EU)/im Europäischen Wirtschaftsraum (EEA) und im OECD-Raum circa 20 %.

Zwar läge der Anteil der durch antibiotikaresistente Erreger verursachten Infektionen insgesamt unter dem EU/EEA-Wert, was auch für die Schweiz und Österreich gilt, wie Ece Özçelik, Gesundheitsdatenanalystin der OECD, ausführte. Dennoch gebe es besorgniserregende Entwicklungen in den 3 Ländern. Als Beispiel nannte sie Infektionen mit Acinetobacter baumannii, bei denen Fluorchinolone nicht mehr wirken.

Darüber hinaus lässt sich beobachten, dass „sowohl die OECD- als auch die europäischen Staaten ihr Antibio­tikaarsenal erschöpfen“, sagte Özçelik. So könnten sich die Resistenzen gegenüber Reserveantibiotika, den so­genannten Last-Resort-Antibiotika, im OECD-Raum bis 2035 mehr als verdoppeln, in den europäischen Län­dern sogar verdreifachen – mit der Folge, dass sich vor allem aggressive Infektionen, immer schwerer behan­deln ließen.

Daneben könnten antimikrobielle Resistenzen auch hohe Kosten sowohl für das Gesundheitssystem als auch für die Volkswirtschaften verursachen, warnte die Datenexpertin. Für die 3 im Fokus stehenden Länder be­deutete dies der OECD-Analyse zufolge jährliche Kosten von ungefähr 1,9 Milliarden Euro Kaufkraftparitäten (KKP) beziehungsweise von 1,4 Milliarden KKP.

Keine Zeit mehr zu verlieren

„Die Zeit zum Handeln ist jetzt gekommen“, betonte Özçelik, denn die weitere Entwicklung antimikrobieller Resistenzen lasse sich nicht mit Sicherheit vorhersagen. Umso wichtiger erscheinen Maßnahmen, um anti­mikrobielle Resistenzen einzudämmen.

In der OECD-Analyse konnten 11 Maßnahmen identifiziert werden, die sich als viel versprechend erwiesen haben, so Özçelik. Demnach könnten Strategien wie verstärkte Umwelthygiene, verbesserte Handhygiene, verbessertes Antibiotic Stewardship oder verzögerte Verschreibung von antimikrobiellen Substanzen viele Todesfälle verhindern.

In der Analyse wurden 3 Maßnahmenpakete untersucht, unter anderem ein gemischtes Paket, das Maßnah­men wie verbessertes Antibiotic Stewardship, verbesserte Handhygiene, Verstärkung von Kampagnen in Massenmedien, verbesserte Lebensmittelsicherheit und verzögerte Verschreibung von antimikrobiellen Substanzen umfasst.

Wird in ein solches Paket, das die Bereiche Gesundheit und Lebensmittel umfasst, 3 Euro pro Person und Jahr investiert, könnten in Deutschland fast 115.000 Infektion und mehr als 1.600 Todesfälle verhindert werden. Dadurch ließen sich ungefähr 460 Millionen Euro im Gesundheitswesen einsparen und ein wirtschaftlicher Vorteil von etwa 470 Millionen Euro gewinnen. Pro investiertem Euro ergebe sich insgesamt eine Rendite von 3,29 Euro.

Krankenhaushygiene weiter verbessern

Nationale Aktionspläne existierten bereits in vielen Ländern, berichtete Alexandra Clarici vom Bundesminis­terium für Gesundheit. Allerdings sei die Umsetzung an vielen Stellen noch nicht optimal. Das liege auch da­ran, dass die finanziellen Ressourcen begrenzt sind. „Berichte wie der von der OECD sind sehr hilfreich, weil sie uns bei der Priorisierung von Maßnahmen unterstützen.“

Im April dieses Jahres wurde in Deutschland die 3. Antibiotikaresistenzstrategie entwickelt, erklärte Clarici. Das sei ein strategisches Papier, das die bis 2030 angestrebten Ziele beschreibt. Dieses werde um einen Aktionsplan mit konkreten Maßnahmen für die nächsten 2 Jahre ergänzt. Dieser befände sich aktuell in Erarbeitung und werde hoffentlich zeitnah veröffentlicht, so Clarici.

Wichtige Maßnahmen beziehen sich etwa auf die Infektionsprävention, wie Clarici ausführte. Das gelte so­wohl für die Human- als auch die Veterinärmedizin. In der Humanmedizin läge ein Fokus auf der Vermeidung von nosokomialen Infektionen.

Die Bedeutung der Händehygiene im Krankenhaus unterstrich auch Petra Gastmeyer, Nationales Referenz­zentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ) bei der Charité Berlin, was auch der OECD-Bericht gezeigt hätte.

So gebe es seit 15 Jahren in Deutschland die Aktion „Saubere Hände“, die zu einer Verdopplung des Ver­brauchs von Händedesinfektionsmitteln in deutschen Krankenhäusern geführt habe. Zudem betrüge die Compliance bezüglich der Händehygiene mittlerweile 78 %, was aber noch verbessert werden müsse.

„Wo wir in jedem Fall mehr tun müssen, ist der sachgerechte Antibiotikaeinsatz sowohl im Human- als auch im Veterinärbereich“, hob Clarici hervor. Hier sei Antibiotic Stewardship ein ganz wichtiger Punkt, Personal müsse entsprechend ausgebildet werden.

Bei der korrekten Anwendung von Antibiotika sah auch Gastmeyer Optimierungsbedarf. Nationale Prävalenz­studien hätten gezeigt, dass sich die Anwendung der Antibiotika im stationären Bereich zwischen 2011 und 2022 eigentlich nicht verändert hat: Nach wie vor erhalte jeder 4. Patient ein Antibiotikum. Dies sei insofern überraschend, da viele Krankenhäuser Spezialisten beschäftigen würden, die sich mit dem Antibiotic Stewardship befassen. „Da gibt es durchaus noch viel zu tun.“

Im ambulanten Bereich, in dem etwa 80 % der Antibiotika verordnet würden, habe sich dagegen eine deutliche Verbesserung gezeigt, betonte Gastmeyer. Der Verbrauch sei deutlich zurückgegangen. Aber auch hier gebe es noch Optimierungspotenzial. © aks/aerzteblatt.de

Studie – Bösartige Krebszellen sollen wieder „gutartig“ werden

Je weniger Krebszellen vollständig entwickelten gesunden Zellen ähneln, desto aggressiver sind sie. Britische Wissenschafter wollen jetzt erstmals solche nicht „ausdifferenzierte“ Zellen wieder „gutartiger“ machen. Zumindest im Labor und in Tierversuchen dürfte ihnen das laut einer neuen Studie beim Neuroblastom gelungen sein.

Anna Philpott vom Wellcome-Stammzell-Forschungszentrum in Cambridge und ihre Co-Autoren haben ihre Forschungsergebnisse in „Development Cell“ (https://doi.org/10.1016/j.devcel.2023.08.028 ) veröffentlicht. „Neuroblastome sind die dritthäufigste Tumorerkrankung von Kindern. Sie entstehen aus in ihrer Entwicklung gestoppten Zellen der sogenannten Neuralleiste“, schrieben die Wissenschafter.

Es handelt sich somit um entartete und noch unreife (nicht ausdifferenzierte) Zellen des Nervensystems (sympathisches Nervensystem). Oft treten die Tumoren im Bereich der Nebennieren oder entlang der Wirbelsäule, im Hals, Brustkorb oder im Bauchraum auf. Bei etwa der Hälfte der Erkrankten kann auch eine intensive Therapie (Chemo-, Strahlentherapie, Arzneimittel der gezielten Krebstherapie, chirurgische Eingriffe) ein aggressives Wachstum nicht verhindern. Neuroblastome verursachen rund 15 Prozent der Krebstodesfälle bei Kindern.

„Reprogrammieren“ als Hoffnung

Doch bestimmte Neuroblastom-Formen, die vor allem im Säuglings- und im frühen Kindesalter auftreten, können auch plötzlich wieder verschwinden. Darauf bauen die Forschungen der britischen Wissenschafter auf. In solchen Fällen dürfte es nämlich wieder zu einer Entwicklung der Nervenzellvorläufer in Richtung einer normalen Ausreifung kommen. Kirsty Ferguson von dem Forschungsinstitut in Cambridge erklärte dazu: „Aus Zell-Entwicklungsstudie wissen wir, dass wir mit einer Verlangsamung ihrer Teilung auch ein ‚Reprogrammieren‘ von Zellen erreichen können. Sie beginnen sich selbst zu ‚korrigieren‘ und kommen wieder auf den Weg zu einer normalen Entwicklung mit Ausdifferenzierung.“

Die Wissenschafter „behandelten“ deshalb im Labor Neuroblastomzellen mit dem vor allem aus der Brustkrebstherapie bekannten Wirkstoff Palbociclib. Es handelt sich dabei um eine Substanz, welche den Zellzyklus von bösartigen Zellen blockiert. Das erfolgt über eine Hemmung sogenannter Cyclin-abhängiger Enzyme (CDK4 und CDK6) und wird vor allem bei fortgeschrittenen hormonabhängige Mammakarzinom-Erkrankungen erfolgreich eingesetzt.

„Neuroblastomzellen schauen auch gar nicht wie Nervenzellen aus. Sie haben eine runde Gestalt und teilen sich sehr schnell. Wenn wir aber Palbociclib hinzufügten, wurde die Zellteilung gebremst. Gleichzeitig entwickelten sie Fortsätze, Axone und Dendriten. Das war für uns ein Zeichen, dass die Neuroblastomzellen wieder zur normalen Nervenzellen ausreiften“, schilderte Ferguson in einer Aussendung des Forschungsinstituts.

Keine völlige Unterdrückung des Tumorwachstums

Auch im Tierversuch mit Mäusen, denen man humanes Neuroblastomgewebe transplantiert hatte, wurde dieser Effekt beobachtet. Doch eine völlige Unterdrückung des Tumorwachstums wurde nicht erzielt. Deshalb verfielen die britischen Wissenschafter auf eine Kombination von Palbociclib und Retinsäure (Vitamin A-Säure). Sie wird in der Behandlung von bestimmten Leukämieformen und auch zur Behandlung von Akne seit langem verwendet. Damit konnte zumindest im Labor das Wachstum von Neuroblastomzellen blockiert werden. Jetzt sollen erneut Tierversuche mit Mäusen und der möglichen Kombinationstherapie erfolgen.

„Weil sich die beiden Medikamente als sicher erwiesen haben und eines davon (Retinsäure; Anm.) auch bereits bei Kindern eingesetzt wird, könnten die klinischen Studien schnell erfolgen“, erklärte Anna Philpott. Trotzdem würde es wahrscheinlich noch Jahre dauern, bis daraus eine routinemäßig anwendbare Therapie würde.

Trotzdem äußerten die an den Arbeiten beteiligten Wissenschafter große Hoffnungen. Sara Gillen aus dem Labor in Cambridge: „Kinder (mit einem Neuroblastom; Anm.) werden weiterhin eine Chemotherapie brauchen, um den Haupttumor zu ‚killen‘. Aber danach sollte eine Behandlung mit Palbociclib und Rentinsäure ausreichen, um übrig gebliebene Neuroblastomzellen zu beeinflussen. Da diese Medikamente die Zellen nicht direkt zum Absterben bringen, könnten sie diese sozusagen wieder ‚auf den richtigen Weg‘ bringen. Das wäre eine viel schonendere Behandlung mit weniger Nebenwirkungen.“

Forscher stellen neuen Zellatlas des menschlichen Gehirns vor

Bethesda/Maryland – Die etwa 86 Milliarden Neuronen des menschlichen Gehirns und eine ähnliche Anzahl nicht neuronaler Zellen verteilen sich auf etwa 3.300 verschiedene Zelltypen. Dies zeigt ein „Zellzensus“, den die BRAIN Initiative der US-National Institutes of Health seit 2014 an verschiedenen Zentren in Nordamerika und Europa durchführen ließ. Ergebnisse wurden in einer Artikelserie in Science, Science Translational Medicine und Science Advances vorgestellt.

Vor etwa 100 Jahren hatte der spanische Neurologe Santiago Ramón y Cajal gezeigt, dass das menschliche Gehirn aus einem feinen Geflecht von untereinander verbundenen Zellen besteht. Die Neuronen tauschen über Synapsen Informationen aus und bilden in ihrer Gesamtheit eine Art Supercomputer, der sich anders als die technischen Geräte verändern und auf neue Herausforderungen einstellen kann, was als Plastizität bezeichnet wird.

Die Hirnforscher fanden bald heraus, dass einzelne Hirnregionen für bestimmte Aufgaben zuständig sind. Welche Rolle dort die verschiedenen Zellen haben und wie die Software des Gehirns funktioniert, ist jedoch nach wie vor völlig unbekannt.

Die Entwicklung der Einzelzell-RNA-Sequenzierung könnte hier zu neuen Einblicken führen. Die Kenntnis der RNA zeigt, welche Gene transkribiert, sprich benutzt werden. Dies lässt Rückschlüsse darauf zu, welche Auf­gaben eine Zelle erledigt, und es ermöglicht eine Katalogisierung der Zellen unabhängig von ihrer äußeren Gestalt.

Einen ersten Überblick ergibt eine Transkriptomanalyse, die Kimberly Siletti vom Karolinska Institut in Stock­holm und Mitarbeiter an den Gehirnen von 3 Verstorbenen durchgeführt haben. An etwa 100 Stellen im Vor­derhirn (Großhirnrinde, Hippocampus, Großhirnkerne, Hypothalamus und Thalamus), Mittelhirn und Hinterhirn (Pons, Medulla und Kleinhirn) wurden 3 Millionen Zellen untersucht.

Die Forscher fanden über 3.300 verschiedene Zelltypen, von denen etwa 80 % Neuronen waren, der Rest entfiel auf die verschiedenen Arten von Gliazellen, die im Gehirn unterstützende Funktionen haben und Teil des Immunsystems sind.

Die Zellarten sind unterschiedlich über das Gehirn verteilt, wobei der Hirnstamm, in dem die lebenswichtigen Kontrollzentren für Atmung, Herzfrequenz, Temperatur etc. lokalisiert sind, deutlich „diverser“ war als bei­spielsweise der Cortex, wo sich die „höheren“ Hirnfunktionen befinden (Science, 2023; DOI: 10.1126/science.add7046 ).

Forscher am Salk Institute in La Jolla/Kalifornien und an der Universität von Kalifornien in San Diego haben ebenfalls die Gehirne von jeweils 3 Verstorbenen untersucht. Sie haben sich dabei auf das Epigenom konzen­triert. Die Methylierung der DNA und die Chromatin-Zugänglichkeit beeinflussen, welche Gene die Zellen aktivieren können. Wei Tian vom Salk Institut und Mitarbeiter unterscheiden 188 Zelltypen (Science, 2023; DOI: 10.1126/science.adf5357 ), bei Yang Eric Li, San Diego, und Mitarbeitern sind es 107 Typen (Science, 2023; DOI: 10.1126/science.adf7044 ).

Nikolas Jorstad vom Allen Institut in Seattle und Mitarbeiter haben 8 verschiedene Cortex-Regionen näher untersucht. Im Cortex lassen sich histologisch 6 verschiedene Schichten unterscheiden. Der Aufbau scheint überall ähnlich zu sein.

Dies zeigt sich auch im Transkriptom: In den meisten Regionen sind die 24 verschiedenen exzitatorischen und inhibitorischen Neurone gleich verteilt. Eine Ausnahme bildet der primäre visuelle Cortex, in dem die inhibi­to­rischen Neurone überwiegen. Insgesamt scheint der Cortex die unterschiedlichen Aufgaben mit relativ wenigen Zelltypen zu erledigen (Science, 2023; DOI: 10.1126/science.adf6812 ).

Wenig überraschend ist, dass der Cortex von 75 verschiedenen Erwachsenen, bei denen während einer Epilepsieoperation Teile des Cortex entfernt wurden, dieselben Zelltypen aufwiesen. Bei der Genexpression gab es jedoch deutliche Unterschiede, was am Alter, Geschlecht, der Herkunft und vermutlich auch an den Krankheiten gelegen haben mag, die die Operation erforderlich machten, vermuten Nelson Johansen vom Allen Institute und Mitarbeiter (Science, 2023; DOI: 10.1126/science.adf2359 ).

Dmitry Velmeshev von der Universität in San Diego und Mitarbeiter konnten Gewebeproben aus dem Cortex von 106 Personen aus dem gesamten Entwicklungszeitraum vom 2. Trimenon der Schwangerschaft bis zum Erwachsenenalter untersuchen.

Die Ergebnisse könnten einen Einblick in die Pathogenese von autistischen Störungen liefern, die bei Jungen häufiger sind als bei Mädchen. Geschlechtsspezifische Genexpressionsprogramme könnten hier eine Rolle spielen, schreiben die Forscher (Science, 2023; DOI: 10.1126/science.adf0834 ).

Emelie Braun vom Karolinska Institut in Stockholm und Mitarbeiter haben 26 Gewebeproben von Embryonen zwischen der 5. bis 14. Gestationswoche untersucht. Die Ergebnisse versprechen neue Erkenntnisse zur Ent­wicklung des Gehirns (Science, 2023; DOI: 10.1126/science.adf1226 ). Auch ein Blick in die Gehirne anderer Primaten kann hilfreich sein, um die Besonderheiten des Menschen zu verstehen.

Nikolas Jorstad vom Allen Institute und Mitarbeiter fanden im mittlerem temporalen Cortex von Gorillas, Makaken und Marmosetten im Prinzip dieselben Zelltypen wie beim Menschen. Nur wenige hundert Gene zeigten andere Expressionsmuster und erklärten damit, warum der Mensch zu höheren kognitiven Leistungen fähig ist, die in diesen Hirnregionen unter anderem die Sprache betreffen (Science, 2023; DOI: 10.1126/science.ade9516 ). © rme/aerzteblatt.de

UMWELT

Budget: Finanzressort bündelt Klima-Agenden

EU-Staaten: Gemeinsame COP28-Position steht

Große Teile der antarktischem Schelfeis-Gebiete schrumpften

Knapp 44 Prozent der antarktischen Schelfeis-Gebiete haben sich in den vergangenen 25 Jahren verkleinert. Wie ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung anhand der Auswertung hochauflösender Satellitendaten im Fachjournal „Science Advances“ zeigt, gelangten durch diese Eisschmelze rund 7,5 Billionen Tonnen Süßwasser in die Ozeane. Die vom Menschen verursachte globale Erwärmung gilt als wahrscheinliche Ursache für das Abschmelzen der Schelfeistafeln.

Beim Schelfeis handelt es sich um großflächige, bis zu 1.000 Meter dicke Eisplatten, die auf dem Meer schwimmen, aber noch mit dem Land verbunden sind. Gespeist werden sie von schnell fließenden Teilen des Eisschildes, der den antarktischen Kontinent bedeckt.

Schelfeis wichtig für Kontrolle der Geschwindigkeit des Eisabflusses

Das Schelfeis übt dabei „eine entscheidende Kontrolle über die Geschwindigkeit des Eisabflusses in den Ozean aus“, schreiben die Wissenschafter um Benjamin Davison von der University of Leeds (Großbritannien) in ihrer Arbeit. Die ins Meer ragenden Eisplatten gelten als Achillesferse des antarktischen Eisschildes: Schmilzt das Schelfeis, verringert sich seine Stützkraft. Die mächtige Eiskappe über dem Kontinent könnte dadurch rascher an Masse verlieren und verstärkt zum globalen Meeresspiegelanstieg beitragen.

Um den „Gesundheitszustand“ aller antarktischer Schelfeisflächen in den Jahren 1997 bis 2021 nachzuvollziehen, haben die Wissenschafter mehr als 100.000 Satellitenaufnahmen analysiert. Sie nutzten dazu vor allem Daten der Satelliten CryoSat-2 und Sentinel-1 der Europäischen Weltraumagentur ESA und vom EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus, die die Antarktis auch bei bewölktem Himmel und in den langen Polarnächten überwachen können. Jan Wuite und Thomas Nagler von der Innsbrucker Firma ENVEO berechneten eine kontinuierliche Zeitreihe von monatlichen Eisgeschwindigkeitskarten der Antarktis aus Sentinel-1-Daten, die die Grundlage zur Berechnung des Eismassenflusses und dessen zeitlicher Änderung sind.

Der Analyse zufolge haben 71 der 162 antarktischen Schelfeisgebiete zwischen 1997 und 2021 an Volumen verloren, 29 dieser Flächen legten an Masse zu, und 62 veränderten sich nicht wesentlich. Von den schmelzenden Schelfeisgebieten haben 48 in nur 25 Jahren mehr als 30 Prozent ihrer ursprünglichen Masse verloren.

Dabei zeigten sich starke regionale Unterschiede: Fast alle Schelfeisgebiete auf der Westseite der Antarktis verzeichneten Rückgänge. „Auf der Ostseite hingegen ist die Variabilität größer: einige Schelfeisgebiete haben an Masse verloren, während andere gleich geblieben sind oder sogar an Masse zugenommen haben“, erklärte Nagler gegenüber der APA.

Warme Meeresströmungen greifen Schelfeis von unten an

Den Wissenschaftern zufolge hängt das mit der Meerestemperatur und den Meeresströmungen um die Antarktis zusammen: In der westlichen Hälfte der Antarktis greifen warme Meeresströmungen das Schelfeis schnell von unten her an, „während ein großer Teil der Ostantarktis derzeit durch ein Band aus kaltem Wasser an der Küste vor dem warmen Wasser in der Nähe geschützt ist“.

Einige der größten Eisverluste wurden auf dem Getz-Schelfeis beobachtet, wo im Untersuchungszeitraum 1,9 Billionen Tonnen Eis verloren gingen. Nur fünf Prozent davon waren auf das Kalben, also das Abbrechen größerer Eisstücke, zurückzuführen. Das Gros schmolz an der im Meereswasser liegenden Basis. Ähnlich das Bild beim Pine-Island-Schelfeis, das im Untersuchungszeitraum 1,3 Billionen Tonnen Eis verlor – zwei Drittel davon durch das Abschmelzen an der Unterseite. Im Gegensatz dazu hat das von viel kälterem Meereswasser umspülte Amery-Schelfeis auf der Ostseite der Antarktis um 1,2 Billionen Tonnen Eis zugelegt.

Erhebliche Auswirkungen auf das Eissystem der Antarktis befürchtet

Im Lauf von 25 Jahren gelangten fast 67 Billionen Tonnen Eis in den Ozean. Dem steht ein Eiszuwachs von 59 Billionen Tonnen, welcher aus den Eisschild kommt, gegenüber, wodurch sich ein Nettoverlust von rund 7,5 Billionen Tonnen Eis ergibt. Das könnte erhebliche Auswirkungen nicht nur auf das Eissystem der Antarktis, sondern auch auf die globale Zirkulation der Meeresströmungen haben.

Denn das abschmelzende Süßwasser verdünnt das salzige Meereswasser, das daher länger braucht, um abzusinken. Dieses Absinken wirkt aber wie ein Motor, der das globale Zirkulationssystem der Ozeane antreibt, das Nährstoffe, Wärme und Kohlenstoff transportiert.

Service: Internet: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adi0186

Bevölkerung stimmt für Windpark – Drei Viertel der Niederösterreicher:innen wollen Windparks auch in eigener Gemeinde – IG Windkraft via Pressetext

St. Pölten (pts019/16.10.2023/13:15) – Die Volksbefragung in Sulz im Weinviertel vom vergangenen Sonntag zeigt, wie stark die Unterstützung der niederösterreichischen Bevölkerung für den weiteren Windkraftausbau im Bundesland ist. Das Ergebnis ist in großer Übereinstimmung mit Umfrageergebnissen, die zeigen, dass mehr als drei Viertel der Niederösterreicher:innen den Ausbau der Windkraft in ihrer Gemeinde gutheißen. „Die Bevölkerung steht mit großer Mehrheit hinter dem Windkraftausbau in Niederösterreich“, freut sich Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft: Daher braucht es eine rasche Umsetzung der Neu-Zonierung für neue Windparks, damit der Windkraftausbau in Niederösterreich rasch fortgesetzt werden kann.

Gestern hat die Bevölkerung in der Weinviertler Gemeinde Sulz bei einer Volksbefragung mit deutlicher Mehrheit von mehr als 61 Prozent für die Errichtung eines Windparks mit sechs Windrädern gestimmt. „Das Ergebnis zeigt deutlich, wie stark die Bevölkerung hinter dem Windkraftausbau in Niederösterreich steht“, betont Moidl: „Das Abstimmungsergebnis passt auch sehr gut zur allgemeinen Zustimmung zur Windkraft in Niederösterreich.“

In den letzten 20 Jahren sind rund zwei Drittel der Abstimmungen zu Windparks positiv für die Errichtung der Projekte ausgegangen. Nimmt man auch jene Windprojekte in Niederösterreich hinzu, die durch eine Zustimmung des Gemeinderates umgesetzt wurden, dann konnten 94 Prozent aller Projekte, die an die Gemeinde herangetragen wurden, auch umgesetzt werden. Nur sechs Prozent der Windparkideen scheiterten in Niederösterreich an einem negativen Votum der Bevölkerung.

Drei Viertel der Niederösterreicher:innen befürworten Windpark in eigener Gemeinde

Nach einer aktuellen Umfrage zum Thema Windkraftnutzung in Niederösterreich sprechen sich sogar drei Viertel der Niederösterreicher:innen für den Ausbau der Windkraft in ihrer eigenen Gemeinde aus. „Die Zustimmung zur Errichtung von Windparks, auch in der eigenen Gemeinde, ist ungebrochen hoch“, freut sich Moidl: „Die Windkraft ist die Lebensversicherung für die heimische Wirtschaft und ein Garant für leistbare Energiepreise für die Bevölkerung. Der Bevölkerung in Niederösterreich ist dies bewusst und sie unterstützt den Windkraftausbau mit großer Mehrheit. Jetzt brauchen wir rasch neue Flächen in der Windkraftzonierung in Niederösterreich.“ (Ende)

Aussender:IG Windkraft
Ansprechpartner:Mag. Martin Jaksch-Fliegenschnee
Tel.:+43 660 20 50 755
E-Mail:m.fliegenschnee@igwindkraft.at
Website:www.igwindkraft.at

BILDUNG

Unis sehen Mittel für 2025 bis 2027 als „solide Lösung

Die Universitätenkonferenz (uniko) ist mit der aus dem Budgetentwurf vorab veröffentlichten Summe von 16 Milliarden Euro für die Unis in den Jahren 2025 bis 2027 vorerst zufrieden.

„Die Zeichen mehren sich, dass wir über den Berg sind und sich eine solide Lösung findet“, so der geschäftsführende uniko-Präsident Oliver Vitouch gestern vor Journalisten. Wermutstropfen ist allerdings 2024, für das es voraussichtlich wohl nicht annähernd die erhoffte Inflationsabgeltung geben dürfte.

Die Universitäten erhalten ihr Budget über dreijährige „Leistungsvereinbarungen“ mit dem Bund. Für die Periode 2025 bis 2027 muss diese Summe laut Gesetz bis Ende Oktober feststehen, also im nächsten Finanzrahmen abgebildet sein.

Laut vorab veröffentlichten Berichten erhalten die Unis 16 Milliarden Euro, 2022 bis 2024 waren es 12,3 Milliarden Euro. Aufgrund der starken Inflation sahen die Unis die 16 Milliarden als jene Marke, ab der sie ihre Leistungen nicht zurückfahren müssen.

„Hängt von Inflation ab“

„Mehr wünschen kann man sich immer“, so Vitouch. „Wir haben aber gewusst, dass aufgrund der budgetären Bedingungen die Bäume nicht in den Himmel wachsen werden – auch wenn sie das vielleicht sollten.“ Insgesamt seien die Unis auf einem guten Pfad.

„Wie gut er tatsächlich ist, wird von der Inflation 2024 bis 2026 abhängen.“ Diese werde letztlich darüber entscheiden, ob wesentliche Teile nur für die Valorisierung draufgehen oder ob wirklich noch etwas für die Weiterentwicklung überbleibe. „Ein großes Ausbauprogramm ist es nicht, wir sind aber gegen die hohe Inflation gewappnet.“

MEDIEN – IT

RECHT

Grenzkontrollen: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat nun doch stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz bei der EU-Kommission notifiziert. Die Notifizierung ist die Voraussetzung dafür, dass an den EU-Binnengrenzen in bestimmten Fällen Zurückweisungen durchgeführt werden können, zB. wenn nach einer Einreise kein Asylantrag gestellt wird. Faeser hatte im September zunächst nur verstärkte punktuelle Kontrollen an den östlichen Grenzen angekündigt, ohne diese zu notifizieren. Es berichten die SZ (Markus Balser), LTO und die FAZ (Helene Bubrowski).

Israel – Angriff der Hamas: Im Interview mit der SZ (Ronen Steinke) appelliert Michael Sfard, bekannter israelischer Menschenrechtsanwalt, an Israels Militär, keine Kollektivbestrafung an den Palästinenser:innen für die terroristischen Taten der Hamas zu üben. Dies sei weder mit dem humanitären Völkerrecht vereinbar noch mit einem modernen Moralsystem. Er befürchtet, dass „wir ein offenes Desinteresse an den Regeln der Kriegsführung erleben“, die aber gerade das Ziel haben, die Zahl ziviler Opfer gering zu halten. Als Anwalt vertritt Sfard seit Jahren sowohl Palästinenser:innen als auch Israelis und wird für seine Positionen immer wieder stark angefeindet.

Zudem befasst sich nun auch die FAZ (Alexander Haneke) mit dem geltenden völkerrechtlichen Rahmen für militärische Aktionen Israels gegen die Hamas im Gazastreifen. Zwar gelte wegen der Anschläge der Hamas das Selbstverteidigungsrecht Israels, allerdings besteht ein Exzessverbot. Dessen Grenze wäre erreicht, wenn für Israel nicht mehr die Schwächung des militärischen Potentials der Hamas im Mittelpunkt stünde, sondern Bestrafung und Vergeltung.

Billigung des Hamas-Terrors: Anlässlich der teils öffentlichen Sympathiebekundungen zu den terroristischen Taten der Hamas in Israel, erörtert der ehemalige BGH-Richter Thomas Fischer auf LTO, wann die Grenze zur Strafbarkeit überschritten ist. Unter anderem sei der Tatbestand des Billigens einer Straftat nach § 140 Strafgesetzbuch (StGB) erst dann erfüllt, wenn konkrete Tötungsdelikten der Hamas in Israel bejubelt werden. Allgemeine Solidaritätsbekundungen mit den politischen, humanitären oder rechtlichen Anliegen von Palästinenser:innen seien hingegen nicht strafbar, sondern unterfielen der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Zusatzkosten bei Schiffshochzeit: Augen auf beim Buchen einer Hochzeit zur See. Denn für Fotos können ggf. zusätzlich zum gebuchten Hochzeitspaket enorme Kosten anfallen, befand das Amtsgericht München. Die Fotos aus dem schiffseigenen Fotostudio seien im Gegensatz zu den mitgebuchten „Fotos der Zeremonie“ spezielle, aufwendige und hochwertige Fotoprodukte gewesen, die offensichtlich nicht im „Classic“-Hochzeitspaket des Kreuzfahrtanbieters enthalten waren. Es berichtet LTO.

GESELLSCHAFT – RELIGION – LITERATUR

Für eine Mehrheit der Österreicher ist Gendern ein „Störfaktor“

Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, Leser:innen, Leser*innen und LeserInnen, das stört, gehören sie laut einer aktuellen Umfrage zur Mehrheit der Österreicher.

„Gendern wird beim Lesen als störend empfunden, als grundsätzlich übertrieben erachtet und trägt aus Sicht der Befragten wenig zur Gleichberechtigung von Frauen und der LGBTQ+-Community bei“, fasst Peter Hajek die Ergebnisse der von Unique Research durchgeführten Umfrage mit 800 Teilnehmern zusammen, die vom Magazin „Pragmaticus“ in Auftrag gegeben wurde. Demnach empfinden 80 Prozent, dass beim Gendern übertrieben wird. Eine satte Mehrheit von 62 Prozent stemmt sich gegen verpflichtendes Gendern.

Unabhängig von der Mehrheitsmeinung geben es laut dem in Liechtenstein herausgegebenen „Pragmaticus“ gute Gründe, die gegen das Gendern sprechen. „Der Zusammenhang von Sprache und Denken wird massiv überschätzt“, sagt die Linguistin Ewa Trutkowski. Der Historiker und Geschlechterforscher Vojin Saša Vukadinović kritisiert vor allem den frauenverachtenden Charakter einer transaktivistischen Sprache, die Menschen auf ihren Leib reduziert. „Diese feinfühlig daherkommende Degradierung von Menschen auf ihren Leib ist bestens bekannt. Sie heißt Misogynie“, schreibt er in dem Magazin, das vom verstorbenen Red-Bull-Milliardär Dietrich Mateschitz mitbegründet wurde, über moderne Formulierungen wie „menstruierende, schwangere, gebärende Körper“. Die sprachlichen Verrenkungen würden mehr verbergen, als sie sichtbar machen – nämlich die tatsächlichen Defizite in der Gleichberechtigung der Geschlechter.

Für den Literaten Michael Köhlmeier bringt geschlechtergerechte Sprache Schriftsteller in Nöte: „Gendern machte das Schreiben und auch das Lesen umständlich, zäh und oftmals unverständlich. Manche sagten: hässlich.“

„Echtzeitalter“: Deutscher Buchpreis für Tonio Schachinger

Für seinen zweiten Roman „Echtzeitalter“ hat der 1992 geborene Tonio Schachinger am Montag den mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis gewonnen. Damit ist er nach Arno Geiger (2005) und Robert Menasse (2017) der erst dritte österreichische Preisträger und hat nach der Shortlist-Nominierung seines Debütromans „Nicht wie ihr“ 2019 seine zweite Chance in Frankfurt verwandelt. …

RUSSLAND – UKRAINE

Newsticker

DIE NACHT IM ÜBERBLICK – Ukraine

ROUNDUP/Russland: Unsere Drohnen kommen aus China – Die Nacht im Überblick

MOSKAU/PEKING (dpa-AFX) – Der russische Finanzminister Anton Siluanow hat die Abhängigkeit Russlands von Drohnen aus China eingeräumt. „Im Grunde kommen alle unsere Drohnen aus der Volksrepublik China“, sagte der Minister bei einer Sitzung des Haushaltsausschusses des russischen Parlaments. Derweil kam Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstagmorgen zum Seidenstraßen-Gipfel in Peking an, wo er auch Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping treffen will. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock versprach der Ukraine und deren kleiner Nachbarrepublik Moldau trotz der Krise im Nahen Osten anhaltende Unterstützung im Abwehrkampf gegen Russland.

Nach Angaben Siluanows soll die russische Produktion von zivilen Drohnen ausgeweitet werden. Dafür sehe der Staatshaushalt mehr als 60 Milliarden Rubel (rund 585 Millionen Euro) vor.

Als Antwort auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verhängte der Westen Sanktionen gegen Moskau, die unter anderem den Import und Bau ziviler und militärischer Drohnen erschweren sollten. China hatte bereits im Frühjahr angegeben, den Export sogenannter Dual-Use-Güter nach Russland, die zivil und militärisch verwendet werden können, kontrollieren zu wollen. Ab September erließ das chinesische Handelsministerium zudem Beschränkungen für den Export von zivilen Langstreckendrohnen, die für „nicht friedliche Zwecke“ genutzt werden könnten, nach Russland.

Kommerzielle Drohnenmodelle werden nach Berichten russischer und ukrainischer Medien häufig von beiden Seiten für den Kriegseinsatz modifiziert. Ihre Bedeutung für das Kampfgeschehen gilt als hoch.

Russlands Präsident Putin landet zu Seidenstraßen-Gipfel in Peking

Putin landete am Dienstagmorgen zum Seidenstraßen-Gipfel in Peking. Das berichtete das chinesische Staatsfernsehen. Putin wird im Rahmen des internationalen Gipfels zum chinesischen Investitions- und Infrastrukturprojekt „Neue Seidenstraße“ auch Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping treffen. China ist ein wichtiger Partner Russlands und hat dem Land in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine bislang Rückendeckung gegeben, indem sich die Volksrepublik nach außen hin neutral positionierte.

Baerbock: Ukraine und Moldau können sich auf Unterstützung verlassen

Baerbock versprach der Ukraine und Moldau anhaltende Unterstützung: „So sehr uns die Krisendiplomatie dieser Tage fordert, wir weichen keinen Zentimeter in unserer Unterstützung für die Ukraine und unsere Partner im Europas Osten wie Moldau“, erklärte die Grünen-Politikerin am Montag angesichts des Hamas-Angriffs auf Israel vor ihrem Flug zur vierten Moldau-Unterstützerkonferenz. Das Treffen findet an diesem Dienstag in Chisinau statt, der Hauptstadt Moldaus.

Die Moldau-Plattform war im April 2022 von Baerbock zusammen mit Frankreich und Rumänien als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine ins Leben gerufen worden. Bei den drei Geber-Konferenzen 2022 waren mehr als eine Milliarde Euro für Moldau zusammengekommen.

Selenskyj: Langfristig angelegte Unterstützungsprogramme wichtig

In seiner abendlichen Videoansprache sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag mit Blick auf sein vorangegangenes Treffen mit der US-Sonderbeauftragten für den Wiederaufbau der Ukraine, Penny Pritzker: „Ein solcher Besuch an einem solchen Tag ist ein wichtiges Signal.“ Er hob zugleich die Zusammenarbeit aller Strukturen des Landes hervor. Egal ob Militär, Wirtschaft oder private Initiativen, sie alle zusammen ermöglichten den Menschen und Städten der Ukraine „ein normales Leben“. Vor allem die langfristig angelegten Unterstützungsprogramme für die Ukraine seien von großer Bedeutung. Selenskyj verglich diese mit einem Marathonlauf.

Kämpfe um Awdijiwka – Raketen auf Poltawa – Bomben auf Cherson

Russische Truppen griffen am Montag erneut die Stadt Awdijiwka in der Region Donezk im Osten der Ukraine an. Die Attacken seien unter erneuten schweren Verlusten der russischen Militärs zurückgeschlagen worden, teilte der ukrainische Generalstab in Kiew am Abend mit. Bei einem russischen Raketenangriff auf Mirgorod nahe der zentralukrainischen Stadt Poltawa wurden nach offiziellen Angaben drei Menschen verletzt, darunter ein zehnjähriges Kind. Zudem griffen russische Kampfflugzeuge am Montagabend den Bezirk Cherson in der Südukraine an. Dabei warfen sie mehrere Bomben auf die Vororte ab, wie ukrainische Medien meldeten. Über Opfer lagen zunächst keine Angaben vor.

Moskau spricht von hohen ukrainischen Verlusten

Die ukrainischen Streitkräfte haben bei ihrer Großoffensive nach russischer Darstellung hohe Verluste an Menschen und Material erlitten. Die ukrainischen Truppen hätten rund 1500 gepanzerte Fahrzeuge eingebüßt, erklärte Verteidigungsminister Sergej Schoigu nach Angaben der Staatsagentur Tass vom Montag. Die Zahlen ließen sich nicht unabhängig prüfen. Schoigu machte zudem keine näheren Angaben zu russischen Verlusten bei den Gefechten.

Das wird am Dienstag wichtig

Baerbock (Grüne) nimmt am Dienstag in Moldau an der vierten Unterstützerkonferenz für die kleine frühere Sowjetrepublik an der Grenze zur Ukraine teil. Die Regierung in Chisinau befürchtet, dass Moskau das Land destabilisieren möchte./cha/DP/zb

Weitere Meldungen

ORF

Ukraine: Angriffe auf russische Stützpunkte im Osten

Die Ukraine hat nach eigenen Angaben erfolgreich russische Stützpunkte bei den besetzten Städten Luhansk und Berdjansk im Osten angegriffen. Die Streitkräfte hätten dort feindliche Flugplätze und Hubschrauber attackiert, teilte das Militär via Telegram mit.

Bei der Hafenstadt Berdjansk am Asowschen Meer habe man ukrainische Raketenangriffe abgewehrt, so der von Russland eingesetzte Statthalter in den besetzten Teilen der südöstlichen Region Saporischschja, Wladimir Rogow.

„Der Feind bereitet sich vor“

Ukrainischen Angaben zufolge versucht Russland, die ukrainischen Verteidigungsanlagen in der nordöstlichen Region Kupjansk/Lyman zu durchbrechen. „Der Feind bereitet sich vor, er bereitet sich ernsthaft auf offensive Aktionen vor und zieht Truppen zusammen“, sagte der Kommandant der Bodentruppen, General Olexandr Syrskyj, in einem Video auf Telegram. „Hauptziel ist es, die Verteidigung unserer Truppen zu durchbrechen und unser Territorium zurückzuerobern.“

Das russische Verteidigungsministerium bestätigt intensive militärische Aktivitäten in der Region. Russische Truppen hätten zehn ukrainische Angriffe im Gebiet Kupjansk und zwei weitere im benachbarten Lyman zurückgeschlagen. Die Rückeroberung der Städte Kupjansk und Lyman in der Nähe der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw im vergangenen Jahr war ein wichtiger Vorstoß des ukrainischen Militärs, die russischen Truppen aus dem Donbas zu vertreiben.

Russland gibt Abhängigkeit von Drohnen aus China zu     

BAHA NEWS

Letzte Meldung gestern:

n-tv-Newsfluss

+++10:09 Ukraine greift bei der Krim an – Russland meldet Abschüsse +++
Russland hat nach eigenen Angaben in der Nacht acht ukrainische Drohnen nahe der annektierten Halbinsel Krim abgewehrt. Die Drohnen seien abgeschossen oder „mit Mitteln der elektronischen Kriegsführung“ außer Gefecht gesetzt worden, schreibt der Gouverneur der Krim, Sergej Aksjonow, bei Telegram. Drei weitere Drohnen werden nach Angaben der örtlichen Behörden am Vorabend in der an die Ukraine grenzenden Region Belgorod abgeschossen. Vor dem Hintergrund der ukrainischen Gegenoffensive haben die Drohnenangriffe auf das russische Territorium und die annektierte Krim-Halbinsel in den vergangenen Wochen zugenommen.

+++ 09:41 Sabotageaktionen des Untergrunds gegen Russland: „Jeden Tag riskieren Ukrainer ihr Leben“ +++
Viele Einwohner der Ukraine in den von Russland besetzten Gebieten versuchen, ihrem Heimatland bei der Bekämpfung der Invasoren zu helfen, nicht nur mit Giftanschlägen oder Sabotageaktionen auf Bahnstrecken (Eintrag von 08:48 Uhr). „Jeden Tag riskieren Ukrainer in den vorübergehend besetzten Gebieten ihr Leben, um zur Vernichtung des Feindes beizutragen“, heißt es in einem Beitrag vom Nationalen Widerstandszentrum. „Beispielsweise führen die Ukrainer unsere Luftaufklärer zu Orten, an denen feindliche Ausrüstung konzentriert ist, und zu anderen strategischen Zielen.“ Als Beispiel für eine „erfolgreiche Koordination“ werden Fotos von Bahnanlagen gezeigt. Gemeldet werden können „Feinde“ über eine Telegram-Seite mit dem Namen „Stoppt den russischen Krieg“. Auch Russland wirbt immer wieder Menschen in der Ukraine zu Spionagezwecken an, damit diese Ziele melden. Ukrainische Geheimdienste berichten regelmäßig von Festnahmen solcher Personen. Kürzlich wurde eine Frau wegen Spionage von einem Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt.

+++ 08:48 Nächster Schlag des Widerstands? Angebliche Massenvergiftung russischer Militärangehöriger +++
Dem ukrainischen Widerstand im von Russland besetzten Melitopol ist womöglich der nächste Schlag gelungen. Sowohl Petro Andrjuschtschenko, ein Berater des ukrainischen Bürgermeisters der Stadt, als auch die Widerstandsgruppe „Mariupol.Widerstand“ berichten in sozialen Netzwerken von der Vergiftung von 26 Militärangehörigen, die infolgedessen angeblich gestorben sind. „Sie sollten weniger essen und trinken. Obwohl, wahrscheinlich ist es umgekehrt. Wir sind bereit, die neuen russischen Soldaten und Offiziere, die zur Ausbildung und Auffrischung gekommen sind, weiter zu verpflegen“, schreibt „Mariupol.Widerstand“ auf Telegram. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Die russischen Besatzer hätten sich laut Andrjuschtschenko zuletzt über Tote und Verwundete beklagt. Erst vor ein paar Tagen wurden laut „Kyiv Post“ in Melitopol durch eine Sabotageaktion von Widerstandskräften eine Bahnstrecke und ein Zug beschädigt, der Munition und Treibstoff für die russische Armee liefern sollte.

+++ 07:35 ISW: Russland setzt Offensive auf Awdijiwka fort – Erfolge überschaubar +++
Die russischen Streitkräfte haben ihre Offensive in Richtung Awdijiwka laut Institut für Kriegsstudien (ISW) gestern fortgesetzt. „Wenn auch in einem relativ langsameren Tempo als bei den ersten Angriffen.“ Geolokalisiertes Bildmaterial zeige, dass die Kreml-Truppen geringfügig über die Straße E50, etwa drei Kilometer südlich von Awdijiwka, vorgerückt seien. Der ukrainische Generalstab habe vermeldet, dass Kiews Truppen insgesamt 22 Angriffe in Richtung Awdijiwka zurückgeschlagen hätten und damit deutlich weniger als die 30 gemeldeten Angriffe am Sonntag. Russischen Quellen zufolge erhöhen die russischen Streitkräfte die Intensität der Luft- und Artillerieangriffe auf die Siedlung, um die langsamen Bodenmanöver zu kompensieren, die laut ISW durch die starken ukrainischen Befestigungen rund um Awdijiwka erschwert werden. Während eines Treffens zur operativen Lage in der Ukraine hat der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu behauptet, die Streitkräfte hätten ihre taktischen Positionen in nicht näher bezeichneten Gebieten verbessert.

+++ 07:07 Eingefrorene russische Milliarden für die Ukraine? Heikles Thema geht in die nächste Debatte +++
Die Finanzminister der Europäischen Union beraten heute in Luxemburg über die geplante Reform der gemeinsamen Defizitregeln (Ratsbeginn 10.00 Uhr). Sie befassen sich unter anderem auch mit den in Europa eingefrorenen russischen Vermögenswerten. Da eine Weitergabe an die Ukraine auf juristische Hürden stößt, ist ein Abschöpfen der Zinsgewinne im Gespräch. Die G7-Länder halten darüber hinaus eingefrorene russische Vermögenswerte zurück, bis Moskau Reparationszahlungen an die Ukraine leistet. „Wir werden unsere Bemühungen fortsetzen, um sicherzustellen, dass Russland den langfristigen Wiederaufbau der Ukraine finanziert“, heißt es in der Erklärung der G7-Finanzminister und Vertreter der Zentralbank nach einem Treffen in Marokko am vergangenen Mittwoch. Die Zahl beläuft sich demnach Schätzungen zufolge momentan auf rund 280 Milliarden US-Dollar. Auch hier ist unterdessen weiterhin unklar, wie ein Rechtsrahmen aussehen könnte, um der Ukraine das Geld zu überlassen.

Bis Russland Reparationen zahlt G7 hält eingefrorenes Milliardenvermögen zurück

+++ 05:39 Russen versuchen in Kupiansk-Lyman durchzubrechen +++
Russland versucht ukrainischen Angaben zufolge, die ukrainischen Verteidigungsanlagen in der nordöstlichen Region Kupiansk-Lyman zu durchbrechen. „Der Feind bereitet sich vor, er bereitet sich ernsthaft auf offensive Aktionen vor und zieht Truppen zusammen“, sagt der Kommandeur der ukrainischen Bodentruppen, General Oleksandr Syrskyj, in einem Video auf Telegram. „Das Hauptziel ist es, die Verteidigung unserer Truppen zu durchbrechen und unser Territorium zurückzuerobern.“ Das russische Verteidigungsministerium bestätigt intensive militärische Aktivitäten in der Region. Russische Truppen hätten zehn ukrainische Angriffe im Gebiet Kupiansk und zwei weitere im benachbarten Lyman zurückgeschlagen. Die Rückeroberung der Städte Kupiansk und Lyman in der Nähe der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw im vergangenen Jahr war ein wichtiger Vorstoß des ukrainischen Militärs, die russischen Truppen aus dem Donbass zu vertreiben.

16.10.2023

+++ 19:56 Oberst Reisner: Russen erleiden bei Awdijiwka „sehr schwere Verluste“ +++
Seit Tagen greifen die russischen Truppen die ukrainische Stadt Awdijiwka an. Beobachter sehen darin bereits ein zweites Bachmut – jene Stadt, die monatelang heftig umkämpft war und nur unter großen Verlusten von Russland eingenommen werden konnte. Um Awdijiwka werde sehr intensiv gekämpft, sagt auch der österreichische Militärexperte Oberst Markus Reisner im Interview mit ntv.de. „Hier versuchen die Russen in einer Zangenbewegung, die Stadt einzukesseln.“ Awdijiwka werde auch „Das Tor nach Donezk“ genannt, weil die Stadt seit 2014 zu einer Art Festung ausgebaut wurde, mit Minenfeldern und Panzersperren. „Diese Stadt versuchen die Russen in Besitz zu nehmen, erleiden dabei allerdings sehr schwere Verluste.“ An den Verlusten lasse sich ablesen, wie groß die Verbände sein müssen, zumindest mehrere Regimenter, so Reisner weiter. „Diese Verbände sind jetzt in der Offensive und versuchen, Meter für Meter vorzurücken.“

Reisners Blick auf die Front „Russland bestimmt, wo Ukraine Kräfte einsetzen muss“

+++ 19:35 Russlands Außenminister in Peking eingetroffen +++
Der russische Außenminister Sergej Lawrow ist in Peking eingetroffen. Er wurde vom chinesischen Außenminister Wang Yi begrüßt. Am Mittwoch wird auch Russlands Präsident Wladimir Putin nach China reisen und Staatschef Xi Jinping treffen. Putin werde mit Xi am Rande des internationalen Forums zum Infrastrukturprojekt Neue Seidenstraße Gespräche führen, teilt der Kreml mit. Es ist Putins erster China-Besuch seit dem Beginn der russischen Ukraine-Offensive im Februar 2022. Vor dem Hintergrund massiver westlicher Sanktionen bemüht sich Moskau derzeit um eine Stärkung der wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen zu Peking. Bei einem Besuch von Chinas Präsident Xi in Moskau im März hatten die beiden Staatschefs Einigkeit demonstriert.

+++ 18:01 Minister: Meiste Drohnen Russlands stammen aus China +++
Nach Angaben des russischen Finanzministers Anton Siluanow stammen die meisten Drohnen des Landes aus China. „Heute kommen die meisten (unserer) Drohnen aus der Volksrepublik China“, sagt Siluanow auf der Sitzung des Haushalts- und Steuerausschusses der Staatsduma. „Wir sind unseren Partnern dankbar, aber wir müssen unsere eigenen Ressourcen entwickeln und die notwendigen Mittel dafür bereitstellen.“ Russland werde 60 Milliarden Rubel (etwa 584 Millionen Euro) investieren, um die heimische Produktion von Drohnen zu unterstützen. 2025 sollen demnach 41 Prozent aller Drohnen „Made in Russia“ sein. Drohnen spielen eine große Rolle bei russischen Luftangriffen auf Ziele in der Ukraine. Dabei werden auch immer wieder sogenannte Kamikaze-Drohnen aus dem Iran eingesetzt. Bisher war unklar, ob und in welchem Umfang China Militärgüter oder zivile Güter, die auch militärisch genutzt werden können, an Russland liefert.

+++ 17:35 Moskau spricht von hohen ukrainischen Verlusten bei Gegenoffensive +++
Die ukrainischen Streitkräfte haben im Verlauf ihrer Großoffensive nach russischer Darstellung hohe Opferzahlen und hohe Materialverluste erlitten. Insgesamt hätten die ukrainischen Truppen rund 1500 gepanzerte Fahrzeuge eingebüßt, erklärt Verteidigungsminister Sergej Schoigu nach Angaben der Staatsagentur Tass bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig prüfen. Schoigu macht zudem keine näheren Angaben zu russischen Verlusten bei den Gefechten.

Kremlchef im Staatsfernsehen Putin sieht eigene Truppen in Phase „aktiver Verteidigung“

+++ 16:45 Bericht: Israel lehnt Solidaritätsbesuch Selenskyjs derzeit ab +++
So wie Kanzler Scholz am Dienstag will auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Israel einen Solidaritätsbesuch abstatten. Er hat selbst jüdische Wurzeln und wollte sich offenbar nach den Massakern der Hamas der Israel-Reise von US-Außenminister Antony Blinken anschließen. Laut dem israelischen Portal ynet lehnt Israel das jedoch ab. Israel habe Selenskyj informiert, dass es „nicht die richtige Zeit“ dafür sei, zitiert das Nachrichtenportal mit der Sache vertraute Personen. Er könne das Land aber später besuchen.

+++ 16:28 US-Ministerin Yellen sagt weitere Finanzhilfen für Ukraine zu +++
Trotz einiger kritischer Stimmen im US-Kongress sagt die US-amerikanische Finanzministerin Janet Yellen weitere Finanzhilfen für die Ukraine zu. „Wir können nicht zulassen, dass die Ukraine aus wirtschaftlichen Gründen den Krieg verliert“, sagt die Demokratin laut Redemanuskript bei einem Treffen mit europäischen Finanzministern in Luxemburg. Die Ukraine habe auf dem Schlachtfeld unter Beweis gestellt, dass sie dem Angriff Russlands standhalten könne. Die Unterstützung der Ukraine bleibe daher eine „Top-Priorität“ der Vereinigten Staaten zusammen mit Europa. Die US-Regierung werde helfen, solange dies nötig sei und für überparteiliche Mehrheiten im Kongress werben.

+++ 14:16 Schwedens NATO-Beitritt: Erdogan wartet auf Signal aus den USA +++
Die Türkei spielt Insidern zufolge bei der Zustimmung über den NATO-Beitritt Schwedens auf Zeit. „Angesichts des mangelnden Vertrauens in der Frage um F-16-Kampfflugzeuge und die Ambitionen Schwedens hat es die Türkei nicht eilig, den Antrag des skandinavischen Landes zu ratifizieren“, heißt es in Kreisen der regierenden AK-Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Das Land warte auf ein Zeichen, dass die USA grünes Licht für die Lieferung der Militärjets geben. Ein Vorschlag, beide Anliegen zeitgleich abzuwickeln, sei verschoben worden, sagt eine mit den amerikanisch-türkischen Gesprächen vertraute Person. Erdogan hatte den Widerstand gegen einen NATO-Beitritt Schwedens im Juli aufgegeben und zugestimmt, das schwedische Gesuch an das türkische Parlament zur Ratifizierung weiterzuleiten.

+++ 13:48 London: Russland setzt auf Privatarmeen statt Rekrutierungswellen +++
Auch dank der Anwerbung von Söldnern konnte Russland nach Einschätzung britischer Militärexperten zuletzt unpopuläre Rekrutierungswellen für den Krieg in der Ukraine vermeiden. Das geht aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London zum Krieg in der Ukraine hervor. Allein die Privatarmee Redut, die unter dem Deckmantel der Anwerbung von Freiwilligen unter anderem frühere Wagner-Söldner in ihren Dienst nehme, habe eine Personalstärke von 7000 Mann, heißt es in der Mitteilung. Redut sei seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 in Kämpfe in den Gebieten Donezk, Charkiw, Kiew und Luhansk verwickelt gewesen. Es sei aber nur eine von mehreren Privatarmeen und Freiwilligeneinheiten, die das russische Verteidigungsministerium einsetze, um reguläre Einheiten zu verstärken.

+++ 13:26 NATO probt Verteidigung mit Atomwaffen +++
Das jährliche NATO-Manöver zur Verteidigung des europäischen Bündnisgebiets mit Atomwaffen läuft, wie ein Sprecher bestätigt. An der Übung „Steadfast Noon“ werden den Angaben der NATO zufolge bis zum Donnerstag nächster Woche bis zu 60 Flugzeuge beteiligt sein. Darunter sind moderne Kampfjets, aber auch Überwachungs- und Tankflugzeuge sowie Langstreckenbomber vom Typ B-52. Schauplatz der Manöver ist in diesem Jahr insbesondere der Luftraum über Italien, Kroatien und dem Mittelmeer. Teilnehmerstaaten sind insgesamt 13 Bündnismitglieder, darunter Deutschland. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte vergangene Woche zu der Übung gesagt, Russlands Krieg gegen die Ukraine sei eine Erinnerung an die wichtige Rolle der Atomwaffen für die Abschreckung.

+++ 11:55 Putin lobt Pekings Friedensvorschläge +++
Russlands Präsident Putin sieht Chinas Vorschläge für Friedensverhandlungen für die Ukraine weiter als einen möglichen Weg zur Beendigung des Krieges. Pekings Empfehlungen könnten eine realistische Grundlage für Friedensvereinbarungen werden, sagt Putin in einem vom Kreml veröffentlichten Interview mit dem chinesischen Fernsehen. Der Kremlchef reist heute nach Peking, um dort Partei- und Staatschef Xi Jinping zu treffen und am Seidenstraßen-Gipfel teilzunehmen.

+++ 11:25 Video: „Es läuft nicht so, wie Putin es sich vorgestellt hat“ +++
Dass sich die Weltöffentlichkeit jetzt auf Israel konzentriert, spielt Wladimir Putin laut ntv-Reporterin Nadja Kriewald in die Karten. Die russische Offensive auf Awdijiwka laufe indes nicht besonders erfolgreich.

Kriewald blickt auf Awdijiwka „Es läuft nicht so, wie Putin es sich vorgestellt hat“

+++ 11:04 Lettland macht Grenzübergänge nach Russland dicht +++
Lettland schließt in Reaktion auf Russlands Entscheidung, die Einreisemöglichkeiten ukrainischer Staatsbürger einzuschränken, vorübergehend zwei Grenzübergänge. Auf Beschluss der Regierung des baltischen EU- und NATO-Landes sind die beiden Kontrollpunkte Pededze and Vientuli bis auf Weiteres dicht. „Die Grenzübergänge wurden erfolgreich geschlossen“, sagt Innenminister Rihards Kozlovskis im lettischen Rundfunk. Demnach wurden an beiden Kontrollpunkten Betonblöcke und Stacheldrahtrollen errichtet. Russland hatte vergangene Woche angekündigt, dass ukrainische Staatsbürger ab diesem Montag nur noch an zwei Grenzübergängen nach Russland einreisen dürfen: über den Flughafen Scheremetjewo in Moskau und den Kontrollpunkt Vientuli.

+++ 10:36 Lawrow reist diese Woche nach Nordkorea +++
Der russische Außenminister Sergej Lawrow besucht an diesem Mittwoch und Donnerstag Nordkorea auf Einladung der dortigen Führung. Das teilt das russische Außenministerium mit. Lawrow, der derzeit in Peking ist, dürfte dann nach seiner Teilnahme an einem Gipfel zur chinesischen Infrastruktur-Initiative „Neue Seidenstraße“ in der chinesischen Hauptstadt direkt nach Nordkorea weiterreisen. Es wird erwartet, dass der russische Chefdiplomat dort auch eine Reise des russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Pjöngjang vorbereitet. Der Kreml hatte bestätigt, dass es für Putin eine Einladung zu einem Staatsbesuch in Nordkorea gebe.

+++ 06:29 ISW: Putin spricht verhaltener über Operation in Awdijiwka +++
Der russische Präsident Wladimir Putin versucht möglicherweise, die Erwartungen zur russischen Operation in der Nähe der ukrainischen Stadt Awdijiwka zu dämpfen, schreibt das Institut for the Study of War (ISW) in seinem aktuellen Bericht. In einem Interview mit dem russischen Staatsfernsehen habe Putin die Operation als „aktive Verteidigung“ bezeichnet. Den Analysten zufolge ist das ein veränderter Ton im Vergleich zum Freitag, als der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Wassili Nebenzya, den Einsatz in Awdijiwka „aktive Kampfhandlungen“ genannt habe. Nach ukrainischen Angaben verzeichnen die russischen Streitkräfte derzeit erhebliche Verluste auf dem Schlachtfeld in der Region Donezk.+++ 05:02 Lawrow reist nach Peking, Putin vielleicht auch +++
Der russische Außenminister Lawrow ist in Peking eingetroffen. Der Minister halte sich als Teil einer russischen Delegation in der chinesischen Hauptstadt auf, teilt das russische Außenministerium mit. Zum zehnten Jahrestag seines Infrastrukturprojekts Neue Seidenstraße erwartet China ab Dienstag hochrangige Vertreter von 130 Ländern – darunter womöglich auch Putin. Es wäre der erste Besuch des Kreml-Chefs in China seit Russlands Angriff auf die Ukraine. Unter den Gästen in Peking sind mehrere Staatschefs, nach Angaben der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua soll auch Ungarns Ministerpräsident Orban in Peking sein.

+++ 03:05 Ukraine: Russland verstärkt Flotte im Schwarzen Meer +++
Russland soll die Schwarzmeerflotte um zwei Raketenträger erweitert haben. Das berichtet der „Kyiv Independent“ unter Berufung auf Militärbehörden in der Südukraine. Zwei neue Fregatten der russischen Marine seien bereits im Schwarzen Meer im Einsatz, ebenso wie ein U-Boot. Die Bedrohung durch Raketenangriffe werde derzeit als „sehr hoch“ eingeschätzt.

15.10.2023

+++ 22:25 Putin: Krieg der USA gegen Russland und China ist „Unsinn“ +++
Russlands Präsident Wladimir Putin sagt, er halte das Risiko eines gleichzeitigen Krieges der USA gegen Russland und China für „Unsinn“. Ein Krieg zwischen Atommächten sei etwas, woran „niemand, der bei klarem Verstand ist“, denken würde. Putin bezieht sich auf die Empfehlung eines parteiübergreifenden Ausschusses im US-Kongress. Dieser empfahl vor wenigen Tagen, die Vereinigten Staaten müssten sich auf mögliche gleichzeitige Kriege mit Russland und China vorbereiten, indem sie ihre konventionellen Streitkräfte ausbauen, Atomwaffen modernisieren und Allianzen stärken. Ein hochrangiges Ausschussmitglied sagte, es bestehe die Angst, dass eine Zusammenarbeit von Moskau und Peking zu zwei simultanen Kriegen führe. Die derzeitige nationale US-Sicherheitsstrategie zielt darauf ab, einen Konflikt zu gewinnen und gleichzeitig einen anderen abzuwenden.

+++ 21:43 Selenskyj warnt Behörden und Unternehmen vor russischer Angriffswelle +++
In der ukrainischen Großstadt Cherson treffen russische Lenkbomben kritische Infrastruktur und verursachen damit Ausfälle bei der Strom- und Wasserversorgung. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt wenige Stunden später: „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es mit dem Herannahen des Winters weitere solcher russischen Angriffe geben wird. Darauf muss man vorbereitet sein.“ Die Luftverteidigung sei so weit es geht verstärkt worden, weitere würde folgen. Selenskyj ruft zudem die lokalen Behörden, insbesondere in Städten, Energieunternehmen und Telekommunikationsbetreiber zu eigenen Vorbereitungen und Schutzmaßnahmen auf. „Damit der russische Terror die Ukraine in diesem Winter nicht aufhält“, mahnt der Staatschef.

+++ 20:53 Generalstab in Kiew: „Lage in Ost- und Südukraine angespannt“ +++
Im Laufe des Sonntags gibt es 57 Zusammenstöße ukrainischer Verteidigungskräfte mit russischen Streitkräften, gibt der ukrainische Generalstab an. „Die Lage in der Ost- und Südukraine bleibt angespannt.“ Das ukrainische Militär registrierte sieben Raketenangriffe und 54 Luftangriffe der Russen, sowie 22 Einsätze von Mehrfachraketenwerfersysteme gegen sich, die Stellungen ukrainischer Truppen und zivile Siedlungen angriffen. Zahlreiche Zivilisten seien getötet worden. Weitere wurden demnach verletzt. Wohngebäude und zivile Infrastruktureinrichtungen seien beschädigt worden.

+++ 20:11 Ukraine: Russen verlieren Tausende Soldaten sowie Panzer in Awdijiwka +++
Bei intensiven Kämpfen um Awdijiwka reiben sich die russischen Kräfte offenbar teilweise auf. Am Dienstag begann die Offensive auf die ukrainische Stadt nördlich der ostukrainischen Metropole Donezk, eine der größten Angriffsbewegungen seit Beginn der Invasion im Februar 2022. Mindestens drei russische Bataillone, 6000 bis 9000 Soldaten plus Panzer und Fahrzeuge sollen beteiligt sein. Dazu kommen Luftangriffe und Dauerfeuer russischer Artillerie. Inzwischen haben die ukrainischen Verteidiger laut eigenen Angaben mehr als 100 russische Panzer sowie mehr als 180 gepanzerte Fahrzeuge zerstört. Fast 3000 russische Soldaten seien gefallen. Laut einem ukrainischen Kommandeur zogen die Russen als langer Konvoi in die Schlacht; eine Taktik, die schon beim Marsch auf Kiew im vergangenen Jahr gescheitert war. Die Angaben sind nicht unabhängig überprüfbar.

Letzte Meldung gestern:

ISRAEL – HAMAS

DIE NACHT IM ÜBERBLICK – Israel

ROUNDUP 2: Israel bombardiert weiter Gazastreifen – Die Nacht im Überblick

TEL AVIV/GAZA (dpa-AFX) – Während die israelische Luftwaffe ihre massiven Bombardements gegen die islamistischen Hamas-Angreifer im Gazastreifen fortsetzt, verschärft sich die akute Versorgungsnot der Hunderttausenden in den Süden geflüchteten Palästinenser. Der ägyptische Grenzübergang Rafah als einziger Weg, dringend benötigte Hilfe in den von Israel abgeriegelten Küstenstreifen zu bringen, war am frühen Dienstag weiter geschlossen. Derweil laufen die diplomatischen Bemühungen, einen Flächenbrand in Nahost zu verhindern, auf Hochtouren: Nach Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag reist am Tag darauf auch US-Präsident Joe Biden nach Israel.

Israel setzt Gegenangriffe fort

Das israelische Militär attackiere weiter die Infrastruktur der Hamas und suche aktiv nach den Verstecken ihrer Führungsleute, erklärte Armeesprecher Jonathan Conricus am frühen Dienstagmorgen. So wurde bei einem Luftangriff der Chef des Schura-Rats der Hamas, Osama Mazini, getötet, wie die Armee zuvor bekanntgab. Dieser sei für die Gefangenen der Hamas verantwortlich gewesen und habe terroristische Aktivitäten gegen Israel geleitet. Der Schura-Rat wählt das Politbüro der Hamas, das die oberste Entscheidungsinstanz der im Gazastreifen herrschenden Organisation ist. Derweil bereitet sich das israelische Militär weiter auf eine mögliche Bodenoffensive in Gaza vor.

Israel will nach eigenen Angaben die im Gazastreifen herrschende Hamas zerstören, die bei dem Terrorangriff auf Israel mehr als 1400 Menschen getötet hat. Zudem wurden laut Armeeangaben nach neuesten Angaben mindestens 199 Personen in den Gazastreifen verschleppt. Ein Sprecher des militärischen Arms der Hamas teilte dagegen mit, dass zwischen 200 und 250 Menschen entführt worden sein sollen. 200 davon seien unter der Kontrolle der Hamas, die restlichen Geiseln unter der Kontrolle von weiteren militanten Fraktionen. Die Zahl der getöteten Palästinenser stieg nach Angaben aus dem Gazastreifen auf mehr als 2800.

Hoffnung auf Öffnung ägyptischen Grenzübergangs

Angesichts der Not Hunderttausender Flüchtlinge im Süden des Küstenstreifens hoffen Helfer auf eine Öffnung des ägyptischen Grenzübergangs Rafah für humanitäre Lieferungen. Es wäre der einzige Weg, um Hilfe in den von Israel abgeriegelten Küstenstreifen zu bringen. Rund 2000 Tonnen Güter standen dafür nach Angaben des Ägyptischen Roten Halbmonds am Montag bereit. Etwa 150 Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern seien von Al Arish auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel in Richtung des Grenzübergangs Rafah unterwegs, sagten Augenzeugen am frühen Dienstagmorgen der Deutschen Presse-Agentur.

Hilfen für Flüchtlinge in Gaza stehen bereit

Die Vereinten Nationen sind bereit, Hilfe über den Grenzübergang Rafah zu bringen. Auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel sei ein Flugzeug mit Hilfsgütern der Weltgesundheitsorganisation WHO angekommen, teilte das UN-Nothilfebüro Ocha am Montag mit. Das Welternährungsprogramm WFP plane derweil, 225 000 Menschen in 19 Unterkünften der Vereinten Nationen im Gazastreifen zu versorgen. Die EU plant eine Luftbrücke für Hilfsorganisationen im Gazastreifen. Die Flüge sollen noch diese Woche starten und beispielsweise Medikamente nach Ägypten bringen, teilte die EU-Kommission mit. Von dort könnten die Hilfsgüter weiter in den Gaza-Streifen transportiert werden.

Krisendiplomatie geht weiter

Bundeskanzler Scholz wird an diesem Dienstag in Tel Aviv den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu treffen und mit Angehörigen von Geiseln der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas zusammenkommen. Scholz will sich über die Lage im Kriegsgebiet informieren, aber auch darüber sprechen, wie ein Flächenbrand in der Region verhindert werden kann. Am Abend reist er weiter nach Ägypten. Am Tag darauf trifft auch US-Präsident Biden in Israel mit Netanjahu zusammen. Noch am gleichen Tag reise er nach Jordanien weiter, um mit den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi und Jordaniens König Abdullah II. zu treffen, so die US-Regierung.

US-Medien: Amerikanische Truppen zur Unterstützung Israels bereit

US-Medien zufolge haben die USA Truppen des US-Militärs in Einsatzbereitschaft versetzt. Etwa 2000 Soldatinnen und Soldaten bereiteten sich derzeit auf einen möglichen Einsatz zur Unterstützung Israels vor, berichten unter anderem das „Wall Street Journal“. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht. Den Berichten zufolge könnten die Soldatinnen und Soldaten etwa Aufgaben im logistischen oder medizinischen Bereich übernehmen. Sie seien nicht für Kampfeinsätze vorgesehen, berichtete das „Wall Street Journal“.

Die Hamas hat unterdessen erstmals ein Video mit einer mutmaßlichen Geisel veröffentlicht. In einem am Montag verbreiteten Video sieht man, wie einer jungen Frau eine Wunde am Arm verbunden wird, anschließend spricht sie direkt in die Kamera. „Ich bin 21 Jahre alt und komme aus Schoham“, sagt die Frau. Sie sei aktuell in Gaza und dort in einem Krankenhaus behandelt worden. Medienberichten zufolge soll es sich um eine Israelin handeln, die auch die französische Staatsangehörigkeit hat. Das israelische Militär teilte in der Nacht zum Dienstag mit, sie sei entführt worden. Die Armee sei in Kontakt mit der Familie. Man tue alles dafür, die Geiseln zurückzuholen.

Weiter Gefechte auch an Grenze zu Libanon

Derweil erwidert das israelische Militär auch im Norden wiederholte Angriffe der pro-iranischen Hisbollah im Libanon. Die Armee attackiere gegenwärtig Posten der Schiiten-Miliz, teilte das israelische Militär am frühen Dienstagmorgen mit. Man reagiere auf die Hisbollah-Angriffe, ohne die Situation jedoch zu eskalieren, betonte Armeesprecher Conricus. Angesichts der wiederholten Angriffe der Hisbollah evakuiert Israel 28 Orte in bis zu zwei Kilometer Entfernung zum Grenzgebiet und verstärkte dort seine Truppen.

Der Iran bekräftigte angesichts des Kriegs zwischen Israel und der Hamas seine Drohungen gegen Israel. „Wenn die zionistischen Verbrechen nicht sofort aufhören, werden neue Fronten für sie eröffnet werden“, sagte Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian am Montagabend im Staatsfernsehen. „Stoppen Sie die Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, bevor es zu spät ist“, sagte Amirabdollahian. Der Außenminister wies erneut eine direkte Verstrickung Irans zurück.

UN-Sicherheitsrat vertagt Beratungen zu Resolution

Der UN-Sicherheitsrat hat unterdessen eine brasilianische Resolution zur Deeskalation in Nahost auf Dienstag verschoben. Das mächtigste UN-Gremium soll um 18 Uhr New Yorker Zeit (Mitternacht MESZ) erneut zusammenkommen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen erfuhr. Zuvor hatten die Vereinigten Arabischen Emirate und andere Staaten auf weitere Verhandlungen über den Text gepocht. Ein russischer Resolutionsentwurf für eine „humanitäre Feuerpause“ und die Freilassung der israelischen Geiseln im Gazastreifen erhielt derweil vom Weltsicherheitsrat nicht die erforderliche Mehrheit.

Das wird am Dienstag wichtig

Bundeskanzler Scholz wird in Tel Aviv den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu treffen und mit Angehörigen von Geiseln zusammenkommen. Der UN-Sicherheitrat will seine Beratungen zu Nahost weiter fortsetzen. Derweil besteht Hoffnung auf eine Öffnung des einzigen Grenzübergangs aus dem Gazastreifen zu Ägypten zur Versorgung der Hunderttausenden Flüchtlingen in Gaza./ln/DP/zb

ORF-Liveticker

Ferner:

Armeesprecher: Fast 500.000 Israelis vertrieben

UNO warnt vor Ausbreitung von Krankheiten in Gaza

Hamas veröffentlicht erstes Geiselvideo

IAEA: Dürfen bei Iran nicht wie bei Nordkorea versagen

USA: Biden reist nach Israel und Jordanien

US-Präsident Joe Biden will angesichts der Gewalteskalation im Nahen Osten am Mittwoch Israel und Jordanien besuchen. Das kündigte das Weiße Haus am Montagabend (Ortszeit) an. Die US-Regierungszentrale in Washington teilte weiter mit, dass Biden in Israel unter anderen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu zu einem Gespräch treffen werde. Noch am selben Tag wolle der US-Präsident nach Jordanien weiterreisen. …

n-tv-Israel-Krieg im Liveticker

FAZIT: Eskalation mit unabsehbaren Folgen.

+++ 09:47 Abdullah: „Keine Flüchtlinge in Jordanien, keine in Ägypten“ +++
Der jordanische König Abdullah hat es als „rote Linie“ bezeichnet, dass Palästinenser aus dem Gazastreifen aus dem Land gedrängt werden. „Keine Flüchtlinge in Jordanien, keine in Ägypten“, sagt er bei einem Treffen mit Bundeskanzler Scholz in Berlin. Das Problem müsse innerhalb des Gazastreifens gelöst werden und könne nicht auf andere Länder verlagert werden. Jordaniens Bevölkerung bestehe bereits zu einem Drittel aus Palästinensern.

+++ 09:21 Hunderttausende Palästinenser noch im Norden Gazas +++
Mehrere Hunderttausend Palästinenserinnen und Palästinenser im Gazastreifen sind nach Angaben des israelischen Militärs noch nicht den Evakuierungsaufrufen gefolgt. Bis zum Anbruch der Nacht zum Dienstag hätten sich schätzungsweise etwas mehr als 600.000 Menschen in den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens begeben, sagt Armeesprecher Jonathan Conricus. „Es gibt immer noch ein paar Hunderttausend, die gehen sollten“, fügt er hinzu. In Vorbereitung einer möglichen Bodenoffensive gegen die islamistischen Hamas-Angreifer hat Israel die Bevölkerung im nördlichen Gazastreifen wiederholt aufgefordert, das Gebiet Richtung Süden zu verlassen.

+++ 09:00 Iran droht mit „Präventiv-Aktion“ gegen Israel +++
Angesichts der israelischen Vorbereitungen für eine Bodenoffensive im Gazastreifen droht der Iran mit einer „Präventiv-Aktion“. „In den kommenden Stunden“ sei mit der „Möglichkeit einer Präventiv-Aktion der Achse des Widerstands zu rechnen“, sagt Außenminister Hossein Amir-Abdollahian im Staatsfernsehen. Die Bezeichnung „Achse des Widerstands“ steht für palästinensische, libanesische, syrische und weitere Bewegungen, die dem Iran nahe stehen und Israel feindlich gesinnt sind. Der Iran hatte den Großangriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel vom 7. Oktober gelobt, gleichzeitig aber den Verdacht einer Beteiligung oder Mitverantwortung zurückgewiesen.

+++ 07:49 Südkorea: Hamas-Waffen könnten aus Nordkorea stammen +++
Nordkorea hat möglicherweise Waffen für den Hamas-Anschlag geliefert, das vermutet zumindest das südkoreanische Militär. „Wir sehen weiterhin Beweise dafür, dass Nordkorea eine Vielzahl von Waffen in Länder des Nahen Ostens und an militante Gruppen exportiert hat“, sagt ein Militärbeamter. „Dazu gehört auch der jüngste Fund von 122-mm-Radialgeschossen aus nordkoreanischer Produktion in der Nähe der Grenze zu Israel, von denen man annimmt, dass sie von Kämpfern verwendet werden, die aktiv die Hamas unterstützen oder der Hamas nahestehen.“ Dem Beamten zufolge könnte zudem die Taktik der Hamas, mit motorisierten Gleitschirmen einzudringen, ihren Ursprung in Nordkorea haben.

+++ 04:31 USA versetzen Teile der Truppen in Alarmbereitschaft +++
Die USA versetzen angesichts der Gewalteskalation im Nahen Osten übereinstimmenden Medienberichten zufolge Truppen des US-Militärs in Einsatzbereitschaft. Etwa 2000 Soldatinnen und Soldaten bereiteten sich derzeit auf einen möglichen Einsatz zur Unterstützung Israels vor, berichten unter anderem das „Wall Street Journal“, die Sender CNN und NBC News unter Berufung auf nicht namentliche genannte Quellen aus dem US-Verteidigungsministerium.

+++ 02:09 Israel greift Hisbollah im Libanon an +++
Das israelische Militär greift nach eigenen Angaben „terroristische“ Ziele der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon an. „Die israelische Armee greift militärische Ziele der Terrororganisation Hisbollah auf libanesischem Territorium an“, teilen die israelischen Streitkräfte in der Nacht mit. Auf libanesischer Seite wurde bei den Zusammenstößen bisher etwa ein Dutzend Menschen getötet – vor allem Kämpfer, aber auch zwei Zivilisten und ein Journalist. Auf israelischer Seite kamen mindestens zwei Menschen ums Leben.

+++ 23:34 Chef von Israels Inlandsgeheimdienst übernimmt Verantwortung +++
Der Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes übernimmt die Verantwortung dafür, dass der Angriff der Hamas nicht verhindert wurde. „Es war uns trotz einer Reihe von Maßnahmen am Samstag leider nicht möglich, eine ausreichende Warnung herauszubringen, die eine Vereitelung des Angriffs ermöglicht hätte“, erklärt Schin-Bet-Direktor Ronen Bar zu dem Überraschungsangriff der Islamisten. „Als Leiter der Organisation liegt die Verantwortung bei mir.“ Dazu werde es Untersuchungen geben. „Jetzt kämpfen wir.“

+++ 21:23 Verteidigungsminister Gallant: Israel wird „langen“ Krieg gegen Hamas gewinnen +++
Israels Verteidigungsminister Joav Gallant rechnet nach eigenen Worten mit einem langen, aber erfolgreichen Krieg gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas. Gallant sagt bei einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken in Tel Aviv: „Das wird ein langer Krieg, der Preis wird hoch sein, aber wir werden gewinnen – für Israel, für das jüdische Volk und für die Werte, an die unsere beiden Länder glauben“.

+++ 21:06 Thiele: Gaza ist ein „gordischer Knoten“ +++
Der von der radikalislamischen Hamas brutal eskalierte Konflikt im Nahen Osten geht nach Auffassung von Oberst a.D. Ralph Thiele weit über die Region hinaus. Die Terrororganisation spiele dabei mit allen Tricks. Vor allem ihre Verflechtung in Gaza könne einen jahrelangen Kampf bedeuten.

Thiele: Gaza „gordischer Knoten“ Wie sich die Hamas fast unbesiegbar macht

+++ 19:59 Iran: Zeit für politische Lösung läuft ab +++
Die Zeit für eine politische Lösung des Konflikts zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen wird nach Ansicht Teherans knapp. Die „wahrscheinliche Ausbreitung des Krieges auf andere Fronten“ nähere sich einem „unvermeidlichen Stadium“, schreibt der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian auf X. Auch der iranische Präsident Ebrahim Raisi warnt in einem Telefonat mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin vor der „Möglichkeit einer Ausweitung des Kriegs und des Konflikts auf andere Fronten“. Wenn dies geschehe, „wird es schwieriger sein, die Situation zu kontrollieren“, sagt Raisi laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna.

+++ 19:00 Netanjahu richtet Warnung an Hisbollah und Iran +++
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjah warnt die libanesische Hisbollah-Miliz und den Iran vor Angriffen auf Israel. „Stellt uns im Norden nicht auf die Probe“, sagt Netanjahu im Parlament zu Beginn der Wintersitzungsperiode. „Wiederholt nicht euren früheren Fehler, weil der Preis diesmal viel schlimmer sein wird.“ US-Präsident Joe Biden habe auf Englisch gesagt: „Don’t do it“ (Tut es nicht). „Ich sage Euch auf Hebräisch: ‚Seid vorsichtig‘.“

„Fanatismus des Mittelalters“ Netanjahu droht Hisbollah mit Vergeltung

+++ 18:33 Verfassungsschutz: Iranische Dienste spähen jüdische Einrichtungen in Deutschland aus +++
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, berichtet, dass „iranische Dienste“ nicht nur die Aktionen und Aktivitäten von Hamas, der Hisbollah und „möglicherweise“ auch Samidoun unterstützen. Diese Dienste würden auch „den kompletten Werkzeugkasten, der ihnen zur Verfügung steht“, nutzen. „Das heißt, wir haben in der Vergangenheit immer wieder erkennen können, dass Anhänger der sogenannten Quds-Forces oder der Revolutionsgarden hier in Deutschland israelische, jüdische Ziele oder jüdische Einzelpersonen ausgespäht haben“, sagt Haldenwang in der Sendung RTL Nachtjournal Spezial und fügt hinzu: „Das geschieht aller Wahrscheinlichkeit nach vor dem Hintergrund, dass man plant, in bestimmten Situationen dann auch gegen diese Einrichtungen oder Personen vorzugehen.“

Haldenwang zu islamistischer Gefahr „ISPK muss uns in kommenden Monaten Sorge bereiten“

+++ 17:39 WHO warnt vor „echter Katastrophe“ binnen 24 Stunden +++
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor einer „echten Katastrophe“ im Gazastreifen binnen 24 Stunden. In dem Palästinensergebiet seien nur noch für 24 Stunden Wasser, Strom und Treibstoff vorhanden, sagt der WHO-Regionaldirektor für das östliche Mittelmeer Ahmed al-Mandhari. Hilfskonvois, die bisher am Grenzübergang Rafah in Ägypten festhängen, müssten dringend durchgelassen werden. Wenn im Gazastreifen keine Hilfe eintreffe, müssten Ärzte bald „Sterbeurkunden für ihre Patienten erstellen“, sagt al-Mandhari.

+++ 17:18 Netanjahu-Rivale fordert „Preis, den Araber verstehen“ +++
Im Israel-Krieg verschärfen sich die Töne. Der Minister der Notstandregierung Gideon Sa’ar plädiert für eine teilweise Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen. Nur das sei „ein Preis, den sie verstehen“, so der Politiker, der als Rivale Netanjahus gilt.

„Sie müssen Gebiet verlieren“ Netanjahu-Rivale fordert „Preis, den Araber verstehen“

+++ 16:44 Palästinensischer Botschafter kritisiert Demoverbote in Deutschland +++
Der Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde in Deutschland, Laith Arafeh, kritisiert die Einschränkungen für palästinensische Solidaritätsveranstaltungen. „Ich bin zutiefst besorgt über die übertriebene Reaktion auf eine friedliche Antikriegsdemonstration gestern in Berlin“, heißt es in einer Stellungnahme des Botschafters. „Free Palestine“ sei ein Aufruf zur Beendigung der israelischen Besatzung und zur Wahrung der Menschenrechte, fügt er an. „Es ist traurig, dass diese Aufrufe in einer Weise eingeschränkt werden, die den Werten freier Gesellschaften zuwiderläuft“, sagt Arafeh.

+++ 16:04 Weber: „Stehen am Rande gewaltiger Ausweitung des Krieges“ +++
Israel steht im Nahen Osten vor nahezu unlösbaren Problemen, die fast zwangsläufig eine Eskalation befeuern dürften, glaubt Sicherheitsexperte Joachim Weber. Doch auch die gesamte globale Lage sei brandgefährlich. Sollte etwa China Taiwan angreifen, bedeute das einen Weltkrieg.

Weber: brisante Lage um Gaza „Stehen am Rande gewaltiger Ausweitung des Krieges“

+++ 14:22 UN: Bereits eine Million Menschen aus Nord-Gaza geflohen +++
Etwa eine Million Menschen ist nach Angaben von UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths vor der erwarteten israelischen Bodenoffensive vom nördlichen Gazastreifen in den Süden geflohen. Sein wichtigstes Anliegen sei es deshalb, Hilfsgüter in den palästinensischen Küstenstreifen zu bringen, sagt Griffiths. Es gelte, den Menschen zu helfen, die noch auf der Flucht seien, und die schon im Süden angekommen seien. „Sie kommen nämlich nicht aus Gaza raus“, sagt der UN-Diplomat. Griffiths will am Dienstag nach Kairo reisen, um mit Vertretern Ägyptens über die Öffnung der südlichen Grenze zu Gaza für Hilfslieferungen zu verhandeln.

+++ 14:06 Jäger: Was vom Iran noch droht +++
Die bevorstehende Bodenoffensive der Israelis im Gazastreifen könnte einen Flächenbrand in der Region in Gang setzen. Welche tatsächlichen roten Linien sich jedoch hinter der Drohkulisse von Iran und Hisbollah befinden, ist derzeit schwer zu erahnen. Politikwissenschaftler Thomas Jäger schätzt die Lage ein.

Jäger zu Folgen des Israel-Kriegs Was droht vom Iran und wie ernst meinen es die USA?

+++ 13:52 Tiktok löscht halbe Million Videos zum Krieg +++
Der Onlinedienst Tiktok löscht nach eigenen Angaben seit Beginn des Krieges mehr als 500.000 Videos und stoppt 8000 Live-Übertragungen. Die Schritte seien wegen Verstoßes gegen die Nutzungsrichtlinien erfolgt, erklärt das Unternehmen. Die Teams zur Suche nach verbotenen Inhalten seien zudem verstärkt worden. EU-Digitalkomissar Thierry Breton hatte Tiktok in der vergangenen Woche wegen der Verbreitung von Falschinformationen im Zusammenhang mit dem Krieg verwarnt. Die Plattform werde missbraucht, „um illegale Inhalte und Falschinformationen in der EU zu verbreiten“, kritisierte er.

+++ 12:32 Botschafterin: Israel nicht für Gazas Wasserversorgung zuständig +++
Israels Botschafterin in Großbritannien hat sich in einem Interview der BBC gegen Vorwürfe gewehrt, ihr Land verstoße mit dem Abstellen der Wasserversorgung für Gaza gegen das Völkerrecht. „Israel hat den Gazastreifen 2005 verlassen. Gemäß internationalem Recht muss man die aktive Kontrolle über ein Gebiet haben, um für diese Versorgungsleistungen verantwortlich zu sein“, sagt Tzipi Hotovely der BBC. Die aktive Kontrolle in Gaza habe die Hamas. Daher sei diese auch für die Wasserversorgung zuständig. Hotovely verteidigt auch die israelischen Bombardements auf Gaza. Die von der Hamas ermordeten 1400 Menschen in Israel hätten keine Warnung bekommen, wie sie Israel ausgegeben habe, sagt sie. Sie verglich die Gräueltaten der Hamas zudem mit denen der Terrormiliz IS. Großbritannien habe im Zweiten Weltkrieg den Tod Hunderttausender Zivilisten in Deutschland in Kauf genommen, „weil sie wussten, dass es der einzige Weg ist, um die Nazis zu besiegen“.

+++ 10:32 Israel: Insgesamt 199 Geiseln von Hamas verschleppt +++
Israel geht inzwischen von deutlich mehr Geiseln aus, die sich in der Hand der Terrororganisation Hamas befinden. „Wir haben die Familien von 199 Geiseln informiert“, sagt der israelische Militärsprecher Daniel Hagari. Am Sonntag hatte Israel die Zahl der verschleppten Geiseln noch mit 155 angegeben. Unter den Geiseln befinden sich auch deutsche Staatsangehörige.

+++ 06:17 Gaza-Kliniken geht bald Treibstoff für Notstromaggregate aus +++
Die Treibstoffreserven aller Krankenhäuser im Gazastreifen dürften nur noch für etwa 24 Stunden reichen, teilt das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) bereits in der Nacht mit. „Ein Ausfall der Notstromaggregate würde das Leben Tausender Patienten gefährden“, heißt es auf der offiziellen Website.

Finanznachrichten

08:39ROUNDUP 2: Israel bombardiert weiter Gazastreifen – Die Nacht im Überblick144dpa-AFX
07:39ROUNDUP/Solidarität mit Israel: Scholz reist ins Kriegsgebiet157dpa-AFX
MoROUNDUP 3/Ohne zu zögern: Scholz reist zu Solidaritätsbesuch nach Israel285dpa-AFX
MoROUNDUP: Israels Militär setzt Bombardement im Gazastreifen fort347dpa-AFX

Weitere Meldungen

HB – Heikle Situation in Israel: droht ein neuer „Vietnamkrieg“?

Es ist nicht so, als wisse Israel nicht, was bevorstünde. „Die Bilder aus dem Gazastreifen werden schwer zu verdauen sein“, warnte der Armeesprecher und meinte damit nicht die jüngsten Zerstörungen der Luftwaffe, sondern die Folgen der bevorstehenden Bodenoffensive.

Trotz aller Warnungen vor einer Ausweitung des Konflikts hält die Regierung von Benjamin Netanjahu bisher an ihren Plänen fest: 350.000 Reservisten sollen bei einer großangelegten Offensive die Hamas vernichten. Doch begonnen hat die Invasion noch nicht – und ob sie erfolgreich sein wird, steht auf einem ganz anderen Blatt. Denn in Gaza ist die Hamas zu Hause, das Gebiet ist dicht bebaut und gleicht einem oberirdischen und unterirdischen Labyrinth. Jetzt Artikel lesen…

Israel droht ein Vietnam-Moment. Ähnlich wie einst die überlegenen USA im Krieg um das ostasiatische Land, könnte die israelische High-Tech-Armee in einen Nahkampf in Häuserschluchten und Tunnelsystemen hineingezogen werden – der nicht einfach zu gewinnen ist. Es droht noch viel weiteres Leid auf beiden Seiten. 

Dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz steht deshalb heute ein heikler Besuch in Israel bevor. Einerseits muss es ihm gelingen, als klarer Unterstützer aufzutreten – schon wegen der historischen deutschen Verantwortung der Shoah. Andererseits muss er auch beschwichtigende Worte finden angesichts der prekären humanitären Lage im Gazastreifen. Jetzt Artikel lesen…

Eskalation mit Hisbollah im Grenzgebiet: Droht ein Mehrfrontenkrieg?

Die vom Iran finanzierte Miliz gilt als wesentlich schlagkräftiger als die Hamas. Israelischen Schätzungen zufolge verfügt sie über rund 100 000 Raketen.

Nach Feuergefechten zwischen der israelischen Armee und der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah wächst die Sorge vor einem Mehrfrontenkrieg.

Das israelische Militär hat die Räumung von 28 Ortschaften an Israels Nordgrenze angeordnet. Bereits am Sonntag hatte die Armee einen vier Kilometer breiten Streifen im Grenzgebiet zur Sperrzone erklärt.

Wie eine Maus versteckt

Einwohner der israelischen Küstenstadt Nahariya zeigten sich besorgt über eine Eskalation. „Die Hamas und der Islamische Dschihad stehlen das Geld und leben im Ausland, während die Menschen im Gazastreifen hungern und nichts zu essen haben“, anlayiert ein Mann. 

Eine Frau fügt hinzu: „Hassan Nasrallah (Generalsekretär der Hisbollah) wird sich wie eine Maus verstecken, wo immer er ist, er wird dort bleiben. Wenn nicht, sollte er besser aufpassen, was mit ihm passieren wird, er und der Libanon werden ausgelöscht.“

Seit den Terrorattacken der islamistischen Hamas auf Israel und den israelichen Gegenschlägen der israelischen Armee auf den Gazastreifen kommt es verstärkt zu Zwischenfällen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon.

„Warnung“ und „Vergeltung für israelische Aktionen“

 Die Hisbollah sagte am Montag, sie habe damit begonnen, Überwachungskameras an mehreren israelischen Armeeposten entlang der Grenze zu zerstören.

Israels Armee hatte eigenen Angaben zufolge am Sonntagabend erneut Ziele der Hisbollah im Libanon attackiert. Stunden zuvor hatte die pro-iranische Hisbollah-Miliz Ziele im Nachbarland angegriffen. 

Israelischen Medienberichten zufolge wurden acht Menschen in Israel zum Teil schwer verletzt. Die israelische Armee erwiderte das Feuer eigenen Angaben zufolge und griff die Abschussorte im Libanon an. 

Die Raketenabschüsse auf Israel seien „eine Warnung“ und „eine Vergeltung für israelische Aktionen“, hieß es aus Kreisen, die der Schiitenorganisation nahe stehen. Es bedeute aber nicht, dass die Hisbollah in den Konflikt eingestiegen sei.

Die vom Iran finanzierte Miliz gilt als wesentlich schlagkräftiger als die Hamas. Israelischen Schätzungen zufolge verfügt sie über rund 100 000 Raketen.

US-Präsident Biden warnt Israel vor „großem Fehler“ – 16.10.2023, 8:01

Die USA sind treue Verbündete Israels. Nun mahnt Präsident Biden zu Umsicht und rät von einer Besetzung des Gazastreifens ab. Die Hamas müsse aber vollständig ausgeschaltet werden. Laut US-Medienberichten erwägt Biden in den nächsten Tagen eine Nahost-Reise.

US-Präsident Joe Biden hat eventuelle Pläne Israels zu einer möglichen Besetzung des Gazastreifens einen „großen Fehler“ genannt. In einem Interview mit der CBS-Nachrichtensendung „60 Minutes“ antwortete Biden auf die Frage, ob er eine Besetzung des Gazastreifens durch den Verbündeten unterstützen würde, mit den Worten: „Ich denke, das wäre ein großer Fehler.“

Biden sagte zudem, die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas repräsentiere „nicht das gesamte palästinensische Volk“. Eine Invasion des Küstenstreifens und die „Ausschaltung der Extremisten“ seien aber eine „notwendige Voraussetzung“, fügte er hinzu. Auf die Frage, ob die Hamas vollständig beseitigt werden müsse, antwortete Biden: „Ja, das glaube ich.“ Es müsse aber eine „palästinensische Behörde“ geben, sagte Biden in dem CBS-Interview. „Es muss einen Weg zu einem palästinensischen Staat geben. …

+++ 16.10.2023, 16:45 Bericht: Israel lehnt Solidaritätsbesuch Selenskyjs derzeit ab +++
So wie Kanzler Scholz am Dienstag will auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Israel einen Solidaritätsbesuch abstatten. Er hat selbst jüdische Wurzeln und wollte sich offenbar nach den Massakern der Hamas der Israel-Reise von US-Außenminister Antony Blinken anschließen. Laut dem israelischen Portal ynet lehnt Israel das jedoch ab. Israel habe Selenskyj informiert, dass es „nicht die richtige Zeit“ dafür sei, zitiert das Nachrichtenportal mit der Sache vertraute Personen. Er könne das Land aber später besuchen.

Israel – Angriff der Hamas: Im Interview mit der SZ (Ronen Steinke) appelliert Michael Sfard, bekannter israelischer Menschenrechtsanwalt, an Israels Militär, keine Kollektivbestrafung an den Palästinenser:innen für die terroristischen Taten der Hamas zu üben. Dies sei weder mit dem humanitären Völkerrecht vereinbar noch mit einem modernen Moralsystem. Er befürchtet, dass „wir ein offenes Desinteresse an den Regeln der Kriegsführung erleben“, die aber gerade das Ziel haben, die Zahl ziviler Opfer gering zu halten. Als Anwalt vertritt Sfard seit Jahren sowohl Palästinenser:innen als auch Israelis und wird für seine Positionen immer wieder stark angefeindet.

Zudem befasst sich nun auch die FAZ (Alexander Haneke) mit dem geltenden völkerrechtlichen Rahmen für militärische Aktionen Israels gegen die Hamas im Gazastreifen. Zwar gelte wegen der Anschläge der Hamas das Selbstverteidigungsrecht Israels, allerdings besteht ein Exzessverbot. Dessen Grenze wäre erreicht, wenn für Israel nicht mehr die Schwächung des militärischen Potentials der Hamas im Mittelpunkt stünde, sondern Bestrafung und Vergeltung.

Billigung des Hamas-Terrors: Anlässlich der teils öffentlichen Sympathiebekundungen zu den terroristischen Taten der Hamas in Israel, erörtert der ehemalige BGH-Richter Thomas Fischer auf LTO, wann die Grenze zur Strafbarkeit überschritten ist. Unter anderem sei der Tatbestand des Billigens einer Straftat nach § 140 Strafgesetzbuch (StGB) erst dann erfüllt, wenn konkrete Tötungsdelikten der Hamas in Israel bejubelt werden. Allgemeine Solidaritätsbekundungen mit den politischen, humanitären oder rechtlichen Anliegen von Palästinenser:innen seien hingegen nicht strafbar, sondern unterfielen der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Der Iran warnt Israel, die USA vermitteln und warnen den Iran – 15.10.2023

Der Iran hat Israel vor einer Bodenoffensive im Gazastreifen gewarnt. Die USA bemühen sich um eine diplomatische Lösung im Nahen Osten.

Der Iran hat Israel vor einer Bodenoffensive im Gazastreifen gewarnt. Man wolle zwar keine weitere Eskalation, werde aber im Falle einer vollwertigen Bodenoffensive eingreifen.

Unterdessen traf sich in Katar der Hamas-Spitzenfunktionär, Ismail Haniyeh, mit dem iranischen Außenminister. Einzelheiten der Gespräche wurden nicht bekannt.

Die mögliche iranische Beteiligung an dem Konflikt beunruhigt Experten. Der Krieg könnte sich auf den gesamten Nahen Osten ausweiten.

USA suchen diplomatische Lösungen

Die USA bemühen sich unterdessen um eine diplomatische Lösung. Außenminister Blinken setzte seine Reise durch die Länder des Nahen Ostens fort und besuchte die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien. Zu seinen Themen gehören humanitäre Hilfe und mögliche Wege, eine Ausweitung des Krieges zu verhindern.

US-Präsident Biden führte Telefongespräche sowohl mit Palästinenserführer Abbas als auch mit dem israelischen Premierminister Netanjahu, “um eine Ausweitung des Konflikts zu verhindern”.

Gleichzeitig haben die USA als Abschreckung und Warnung für den Iran und die Hisbollah die Entsendung eines zweiten Flugzeugträgers ins östliche Mittelmeer angekündigt.