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Russland – Ukraine – 25.9.2022: Proteste gegen Teilmobilmachung in Russland – Selenskyj fordert Russen zum aufgeben auf – Die Nacht im Überblick
WOCHENEND-ÜBERBLICK – 25.9.2022
Scholz verspricht Bürgern und Firmen schnelle Entlastungen in Energiekrise
Scholz will Zusammenarbeit mit Emiraten und Katar im Energiebereich ausbauen
Lindner stellt Gasumlage infrage
Habeck: „Die Gaspreise müssen runter“
Gaspreisdeckel würde Staat 2,5 Milliarden Euro je Cent und Kilowattstunde kosten
DIW-Chef Fratzscher fordert viertes Entlastungspaket
Rechtes Lager hat bei Wahl in Italien historischen Sieg vor Augen
Iranischer Präsident verlangt „entschiedenes“ Vorgehen gegen Demonstrierende
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Zur freundlichen Erinnerung:
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Moskau / Kiew – Die von Kremlchef Wladimir Putin angeordnete Teilmobilmachung im Angriffskrieg gegen die Ukraine hat am Wochenende für weiteren Ärger und neue Proteste in Russland gesorgt. In der Teilrepublik Dagestan im Kaukasus gingen Polizisten nach Angaben von Bürgerrechtlern mit Warnschüssen gegen Demonstranten vor. Am Samstag wurden bei Anti-Kriegs-Protesten in über 30 russischen Städten mehr als 780 Menschen festgenommen, wie die unabhängige Organisation OVD-Info berichtete. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte Moskaus Kämpfer zum Aufgeben auf. Es sei besser, die Einberufung abzulehnen, als auf fremder Erde als Kriegsverbrecher zu sterben.
Putin will rund 300 000 Reservisten einziehen lassen, um nach den Niederlagen der russischen Armee in der Ukraine die dort noch besetzten Gebiete zu halten. Er hatte deshalb am Mittwoch eine Teilmobilmachung angeordnet, was bei vielen Russen Panik auslöste.
Russische Polizei setzt Elektroschocker gegen Demonstranten ein
Nach Angaben von OVD-Info wurden seit Mittwoch fast 2100 Menschen bei Protesten gegen die Teilmobilmachung festgenommen. Die russische Polizei ging am Samstag teils brutal gegen Teilnehmer der von den Behörden verbotenen Anti-Kriegs-Proteste vor. Aus St. Petersburg wurden in sozialen Netzwerken Videos veröffentlicht, die zeigten, wie Männer in Kampfuniform und mit Helm auf Demonstranten einknüppelten. OVD-Info berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, dass die Sicherheitskräfte Elektroschocker eingesetzt hätten.
Im Dorf Endirej in Dagestan blockierten Anwohner eine Strasse, um so die von Russland Präsident Wladimir Putin angeordnete Teilmobilisierung zu behindern, wie OVD-Info am Sonntag mitteilte. Auf Videos ist zu sehen, wie Polizisten Gewehre in die Luft richten, dann sind Schüsse zu hören. Laut dagestanischen Medien war der Protest eine Reaktion darauf, dass aus dem Dorf 110 Männer in den Krieg gegen die Ukraine gezwungen wurden.
Teilmobilmachung sorgt auch bei Offiziellen für Kritik
Von offiziellen Stellen mehrte sich Kritik am Vorgehen des Militärs bei der Teilmobilmachung. Der Chef des Menschenrechtsrats beim russischen Präsidenten, Waleri Fadejew, forderte, das «Knüppelsystem» vieler Einberufungsstellen im Land zu beenden. Es bekämen sogar Männer Einberufungsbefehle, die keine Kampferfahrung hätten. In den sozialen Netzwerken in Russland gibt es zahlreiche Fälle, in denen Väter kinderreicher Familien, Männer ohne Kampferfahrung oder auch ältere und chronisch kranke Reserveoffiziere berichten, dass sie eingezogen worden seien.
Ukrainischer Präsident appelliert auf Russisch an Moskaus Kämpfer
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bot an, dass sich russische Soldaten freiwillig in Kriegsgefangenschaft begeben könnten. Dort würden sie zivilisiert behandelt, sagte er in seiner am Samstagabend veröffentlichten Videobotschaft. Der Staatschef wandte sich damit schon zum zweiten Mal in dieser Woche auf Russisch an die Nachbarn – gegen die «verbrecherische Mobilisierung». Mit Blick auf hohe Strafen für Fahnenflüchtige in Russland, die Kremlchef Wladimir Putin am Samstag in Kraft setzte, sagte Selenskyj, dass niemand erfahren werde, unter welchen Umständen die Soldaten aufgeben.
Neue Sanktionen gegen Russland
Die EU treibt ihre Vorbereitungen für neue Sanktionen gegen Moskau voran. Am Wochenende führte die EU-Kommission dazu Gespräche mit Vertretern der 27 Mitgliedstaaten. Deutschland schlug unter anderem vor, dass EU-Bürger keine Spitzenposten in russischen Staatskonzernen mehr bekleiden dürfen. Hintergrund dürfte vor allem der Fall von Ex-Kanzler Gerhard Schröder sein, der jahrelang Aufsichtsratschef des russischen Ölkonzerns Rosneft war.
Deutschland will Immobilien-Verkäufe an Russen verbieten
In ihrem Vorschlag für neue EU-Sanktionen, der der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt, schlägt die Bundesregierung auch vor, den Verkauf von Immobilien in der EU an Russen zu verbieten. Mit Blick auf die Führungsposten in russischen Staatskonzernen heisst es, die russische Regierung versuche schon lange, über die gut bezahlten Jobs für EU-Bürger unzulässigen politischen Einfluss auf die EU-Staaten zu gewinnen. Die EU-Länder hatten sich nach der russischen Teilmobilmachung verständigt, weitere Sanktionen zu verhängen. Nun arbeitet die EU-Kommission einen konkreten Vorschlag aus, über den die Botschafter der Mitgliedstaaten dann am Mittwoch beraten könnten. Sanktionen müssen in der EU einstimmig beschlossen werden. (awp/mc/pg)
WOCHENEND-ÜBERBLICK – 25.9.2022
Scholz verspricht Bürgern und Firmen schnelle Entlastungen in Energiekrise
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Bürgern und Unternehmen rasche Hilfe angesichts der hohen Energiepreise zugesichert. Zur Umsetzung der beschlossenen Entlastungspakete werde nun „ganz, ganz schnell die notwendige Unterstützung“ organisiert, sagte Scholz in seinem wöchentlichen Internet-Format „Kanzler kompakt“. Dies gelte für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch „für Unternehmen, die jetzt hohe Energierechnungen haben und nicht wissen, wie sie ihr Geschäft weiter aufrechterhalten sollen“.
Scholz will Zusammenarbeit mit Emiraten und Katar im Energiebereich ausbauen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am zweiten Tag seines Besuchs auf der Arabischen Halbinsel die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar im Energiebereich ausbauen. Scholz sagte laut der Bundesregierung am Sonntag in Abu Dhabi, Deutschland habe bereits „eine ganze Reihe“ von Diesel- und Gasprojekten mit den Emiraten vorangebracht. Solche Projekte seien mit Blick auf die Energiesicherheit „sehr wichtig“. Einzelheiten zu konkret geplanten neuen Projekten nannte er nicht.
Lindner stellt Gasumlage infrage
Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat am Wochenende die umstrittene Gasumlage infrage gestellt. Angesichts der Mehrkosten für Bürger und Unternehmen stelle sich „die wirtschaftliche Sinnfrage“, sagte er der Bild am Sonntag. Der FDP-Chef fordert statt dessen eine Gaspreisbremse. Diese würde laut Bundeswirtschaftsministerium Mehrkosten von vielen Milliarden für den Staat bedeuten.
Habeck: „Die Gaspreise müssen runter“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will auf eine Senkung der Gasrechnungen für Bürger und Unternehmen hinarbeiten. „Die Gaspreise müssen runter, die Kosten für Wirtschaft und Haushalte müssen begrenzt werden“, erklärte Habeck am Sonntag mit Blick auf die Debatte um die Zukunft der Gasumlage und einen möglichen Gaspreisdeckel. „Um die gute Substanz unserer Volkswirtschaft durch diese Krise zu führen und den sozialen Zusammenhalt zu wahren“, müsse „alle Finanzkraft des Staates“ aufgebracht werden.
Gaspreisdeckel würde Staat 2,5 Milliarden Euro je Cent und Kilowattstunde kosten
Die Bundesregierung hat erstmals Zahlen zu den Kosten einer möglichen Deckelung der Gas- und Strompreise genannt. Um den Endverbraucherpreis bei Gas um einen Cent je Kilowattstunde zu senken, wäre aus der Staatskasse ein Betrag von 2,5 Milliarden Euro nötig, heißt es in einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Linken-Anfrage, die den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland am Sonntag vorlag.
DIW-Chef Fratzscher fordert viertes Entlastungspaket
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält die bisher beschlossenen Entlastungen für nicht ausreichend. „Wir befinden uns nicht nur in einer wirtschaftlichen, sondern auch in einer sozialen Notlage“, sagte Fratzscher dem Handelsblatt. „Die Bundesregierung muss dringend mit einem vierten Entlastungspaket nachlegen.“
Rechtes Lager hat bei Wahl in Italien historischen Sieg vor Augen
Es könnte eine historische Parlamentswahl werden: Mehr als 50 Millionen Italiener entscheiden am Sonntag darüber, ob es in Rom erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs wieder eine rechtsnationale Regierung geben wird. Umfragen sagen einen Sieg des rechten Lagers voraus, an dessen Spitze Giorgia Meloni von der Rechtsaußen-Partei Fratelli d’Italia (FDI) steht. Diese bildet ein Bündnis mit der rechtsnationalen Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini und der Forza Italia (FI) des langjährigen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Die Wahlbeteiligung lag am Mittag nach Angaben des italienischen Innenministeriums bei 19 Prozent, was in etwa dem Wert bei der Wahl vor vier Jahren entspricht.
Iranischer Präsident verlangt „entschiedenes“ Vorgehen gegen Demonstrierende
Nach anhaltenden Protesten im Iran hat der Präsident des Landes die Sicherheitskräfte zu einem „entschiedenen Vorgehen“ gegen die Demonstrierenden aufgefordert. Staatschef Ebrahim Raisi bezeichnete die vom Tod einer jungen Frau infolge ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei ausgelösten Proteste als „Krawalle“. Bislang wurden bei den Protesten laut einem Bericht des Staatsfernsehens 41 Menschen getötet.