Tagesblick, 9.4.2022 Samstag

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CORONA – CHINA – Abgeriegelt: Frust über Schanghais Lockdown wächst – 9.4.2022
CORONA – CHINA – USA – USA warnen wegen Corona-Welle vor Reisen nach Shanghai – 9.4.2022
CORONA – DEUTSCHLAND – ROUNDUP: Osterurlaub – Regierungspolitiker raten zu Tests und Maske – 9.4.2022
CORONA – DEUTSCHLAND – Doppelt so hohe Inzidenzen wie offiziell berichtet: Labore rechnen mit hoher Dunkelziffer bei Corona-Infektionen – Weiter hohe Positivrate von 53 Prozent: Labore registrieren starken Rückgang von eingesandten PCR-Tests – 9.4.2022
CORONA – DEUTSCHLAND – Viele Hotel- und Gastro-Betriebe verlangen weiterhin Maske – Gemischte Reaktion der Gäste – 9.4.2022
CORONA – DEUTSCHLAND – Nach Hin und Her um Quarantänepflicht: Lauterbach verliert massiv an Rückhalt in der Bevölkerung – Zustimmung und Ablehnung der Impfpflicht ab 60 Jahren halten sich die Waage – 9.4.2022

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GESELLSCHAFT – Romnja kämpfen für Gleichberechtigung – Geschichte des Roma-Aktivismus aus Frauensicht – 9.4.2022
GESELLSCHAFT – „Ganz persönlich“: Hermine Jirak: Mit 102 Jahren unerschütterlich – 9.4.2022
VERMÖGENSANLAGEN – AK-Studie zu nachhaltigen Investmentfonds – 9.4.2022
GESCHICHTE – „Für die Vielen“: Der lange Kampf um die Arbeitsrechte – Geschichtsreportage von Constantin Wulff über die Wiener Arbeiterkammer – 9.4.2022
BIBLIOTHEKEN – Restaurierung der Stiftsbibliothek Melk startet – 9.4.2022

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ZENTRALBANKEN – UKRAINE – Ukraine-Krieg: Zentralbank hat Wechselkurs zum US-Dollar eingefroren – Nach Sieg Rückkehr zum freien Wechselkurs – Inflation im März bei 13,8 Prozent – Lebensmittel um 20 Prozent teurer – 9.4.2022
PAKISTAN – Pakistans Premierminister Imran Khan durch Misstrauensvotum abgesetzt – 9.4.2022
ISRAEL – NACHTRAG – Israel – Attentäter von Tel Aviv von Sicherheitskräften erschossen – In den vergangenen Wochen bereits mehrere Anschläge mit 13 getöteten Menschen – NACHTRAG: 8.4.22
ISRAEL – NACHTRAG – Mindestens 2 Tote bei Angriff in einer Bar in Tel Aviv, laut Polizei – NACHTRAG: 7.4.2022

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RUSSLAND – UKRAINE – Die Kriegsnacht im Überblick: Ukraine: 80 feindliche Soldaten getötet – Selenskyj lobt britische Hilfe * Meldungskranz am Ende des Beitrags – 10.4.2022, 7:04

RUSSLAND – UKRAINE – GESAMT-ROUNDUP/EU sieht weitere Kriegsverbrechen – diskutiert Waffenlieferungen – 9.4.2022, 18:59

RUSSLAND – UKRAINE – Der 45. Kriegstag im Überblick: Briten liefern 120 gepanzerte Fahrzeuge – Russische Truppen üben in Kaliningrad * Meldungskranz am Ende des Beitrags – 9.4.2022, 21:04

RUSSLAND – UKRAINE – DEUTSCHLAND – Zeitungsbericht: Verteidigungsministerium hielt laut schweres Kriegsgerät zurück – Keine geparkten Panzer der Ukraine angeboten – Liste lieferbarer Waffen der Ukraine erst am 30. März übergeben: Liste lieferbarer Waffen in Geheimtreffen mit Vertretern der Rüstungsindustrie am 28. Februar erbeten – 9.4.2022

RUSSLAND – UKRAINE – DEUTSCHLAND – ROUNDUP: Experten warnen vor Gas-Embargo gegen Russland – 9.4.2022

RUSSLAND – UKRAINE – ANALYSE – Krieg im Netz: Wo und wie Russlands Propaganda wirkt – Einsichtsreiche Analyseergebnisse – FAZIT: schwierig ist der differenzierte Diskurs in sozialen Netzwerken: Kritik an den USA und der NATO stärkt anscheinend automatisch die russische Position – NACHTRAG: 27.3.2022

RUSSLAND – UKRAINE – ANALYSE – Versagen die Sanktionen? Warum der Rubel so stark ist wie vor dem Krieg – Der Rubel hat sich von seinem Absturz erholt – 9.4.2022, 14:21

RUSSLAND – UKRAINE – HINTERGRUND – Osteuropa-Historiker Baberowski „Die russische Armee ist ein Gefängnis“ – In Russland genießt die Armee hohes Ansehen, doch der Einzelne zählt wenig – NACHTRAG: 7.4.2022, 9:54 Uhr

RUSSLAND – UKRAINE – MEINUNG – Klitschko: „Putin ist ein psychisch kranker Mann“ – 9.4.2022

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RUSSLAND – UKRAINE – USA – USA machen Weg frei für höhere Zölle auf russische Waren – 9.4.2022
RUSSLAND – UKRAINE – GORSSBRITANNIEN – Johnson sagt der Ukraine gepanzerte Fahrzeuge zu – 9.4.2022
RUSSLAND – UKRAINE – EUROPÄISCHE UNION – EU verurteilt Russlands Verbot von internationalen Organisationen – 9.4.2022
RUSSLAND – UKRAINE – ÖSTERREICH – Nehammer in Kiew: Selenskij glaubt an Sieg – Bundeskanzler Nehammer auf Besuch in Kiew: „Krieg völlig inakzeptabel“ – Österreich liefert 20 Rettungsautos und zehn Tanklöschwagen in Kriegsgebiet – Drei-Viertel-Stunden-Gespräch mit Präsident Selenskyj und weitere Treffen – Rückkehr am Sonntag – 9.4.2022, 13:47

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DEUTSCHLAND – ROUNDUP: Experten warnen vor Gas-Embargo gegen Russland – 9.4.2022
DEUTSCHLAND – IW-Chef Michael Hüther: Gasembargo bedeutet zweieinhalb Jahre Produktionsstillstand – „Ende der Grundstoffproduktion in Deutschland“: Gasimport-Stopp „nicht mit Subventionen und Kurzarbeitergeld abzufangen“ – Ökonom Jan Schnellenbach widerspricht mit Blick auf moralische Verantwortung: Gasembargo zeitige schwere Rezession, aber keine Katastrophe – 9.4.2022
DEUTSCHLAND – Sommerreifen werden deutlich teurer – Verteuerung teilweise zweistellig: Herstellungs- und Transportkosten sowie Materialengpässe treiben – 9.4.2022
DEUTSCHLAND – Busunternehmen gehen die Fahrer aus – In den kommenden 15 Jahren fehlen bis zu 36.000 Busfahrer – 9.4.2022
DEUTSCHLAND – Reform der staatlichen Pensionsversicherung: Bundesbank soll staatliche Aktienrente managen – 9.4.2022
DEUTSCHLAND – Steuerzahlerbund rechnet für 2022 mit Rekordverschuldung – 9.4.2022
DEUTSCHLAND – Stärkung des deutschen Katastrophenschutzes: Innenministerin stoppt Rückbau von Bunkeranlagen – 599 öffentliche Schutzräume – Bausubstanz verstärken – Vorräte für Krisensituationen anlegen – Fokus auf Sirenen und Warnmeldungen auf Handys – 9.4.2022
ÖSTERREICH – Haushaltsenergie im Februar um 27,4 Prozent teurer als im Vorjahr – Teuerung kommt nach und nach bei Haushalten an – Neukunden müssen „massive Mehrkosten“ tragen – NACHTRAG: 7.4.2022
ÖSTERREICH – AK: Haushaltszusatzkosten bei 1.400 Euro pro Jahr – 9.4.2022
ÖSTERREICH – Der Traum vom Haus wird immer unleistbarer – Fraglich, wie lange Bauboom noch anhält – Baustelle Einfamilienhaus – Selbst Ziegel Mangelware: Preissteigerungen quer durch alle Materialien – 9.4.2022
ÖSTERREICH – Niederösterreich: Nicht nur wegen Tierwohl wird Schweinemast immer teurer – Vollspaltböden in der Kritik – 9.4.2022
ÖSTERREICH – Öberösterreich – Buchungslage zu Ostern aussichtsreich – Stadthotelerie leidet – Wetter dirigiert Freizeit und Radtourismus – In Tagesfrist: Buchungen für Radurlaub besonders kurz – Auslandsgäste hauptsächlich aus Deutschland und Tschechien – 9.4.2022
ÖSTERREICH – Buslinie Bratislava-Hainburg vor Comeback – Privatbetreiber „Slovak Lines“ stellte Buslinie Wolfsthal-Bratislava im November 2021 ein – Wohl mehr Umstiege auf Öffis wegen Kurzparkzonen – 9.4.2022

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Zur freundlichen Erinnerung:

KURZWELLENEMPFANG – Weitere ORF-Radio-Journale werden via Kurzwelle ausgestrahlt – 1.3.2022
Ab sofort bietet der ORF zusätzlich zum “Ö1 Morgenjournal” (6155 kHz, 7.00 Uhr, Montag bis Samstag), täglich auch das “Ö1 Mittagsjournal” (13730 kHz, 12.00 Uhr, Montag bis Samstag) und das “Ö1 Abendjournal” (5940 kHz, 18.00 Uhr, Montag bis Freitag und Sonntag) via Kurzwelle an.
https://www.leadersnet.at/news/56617,weitere-orf-radio-journale-werden-via-kurzwelle-ausgestrahlt.html

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CORONA – CHINA – Abgeriegelt: Frust über Schanghais Lockdown wächst – 9.4.2022
Seit zwei Wochen befindet sich die chinesische Millionenmetropole Schanghai wegen steigender Coronavirus-Fallzahlen im Lockdown. Zuletzt mehrte sich – insbesondere in Onlineforen – die Kritik gegen die von Peking aus verordnete „Zero Covid“-Strategie. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Medizin ist stark beeinträchtigt.
„Ein ungeschickter Lockdown Schanghais ist ein Test für die ‚Zero Covid‘-Strategie“, titelte der „Economist“ am Samstag. Wochenlang hätten die Behörden der 25-Millionen-Einwohner-Stadt mit einem lockereren Ansatz experimentiert, um die infektiösere Omikron-Variante einzudämmen – Gerüchte über härtere Maßnahmen seien stets unterdrückt worden.
*** Schutzanzüge gehören mittlerweile zum Stadtbild Schanghais: Menschen in Schutzanzügen testen Einwohner in Schanghai, zuletzt mussten sich die Bewohner und Bewohnerinnen Schanghais zweimal täglich testen
Doch Ende März wurde wegen der steigenden Fallzahlen zuerst der Ostteil der Stadt in den Lockdown geschickt. Als das die Ausbreitung des Virus nicht minderte, wurde der Westteil geschlossen – und schließlich die ganze Stadt auf unbestimmte Zeit.
Die Kritik lautet: zu überstürzt, zu unvorbereitet. Die Bewohner und Bewohnerinnen hatten kaum Zeit, sich mit Grundnahrungsmitteln und benötigter Medizin einzudecken. Die Plattform Weibo wurde mit Bitten um Hilfe überschwemmt, schrieb der „Economist“. Ein Mann habe nach Epilepsiemedikamenten für seinen kleinen Sohn gesucht. Es kursieren Videos, die zeigen sollen, wie Menschen in Schutzanzügen mit den Bewohnern einer Wohnsiedlung in Schanghai um Proviant streiten, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.
*** Schanghai: Erwartungen nicht erfüllt
Am Samstag räumte die Stadtregierung ein, dass die Behörden die Erwartungen der Öffentlichkeit in Bezug auf den Umgang mit der Situation nicht erfüllt hätten. „Wir empfinden die Probleme, die von allen angesprochen wurden, genauso“, sagte der stellvertretende Bürgermeister der Stadt, Zong Ming. „Vieles von dem, was wir getan haben, war nicht ausreichend, und es gibt immer noch eine große Lücke zu den Erwartungen aller. Wir werden unser Bestes tun, um uns zu verbessern.“
Bis vor Kurzem schien Medienberichten zufolge diese „Zero Covid“-Strategie allgemein populär zu sein. Die meisten der 1,4 Milliarden Menschen in China hätten nach den rigorosen Lockdowns ein relativ normales Leben geführt. Doch die rasche Ausbreitung von Omikron bedeutet, dass die Zahl der Menschen, die von den staatlichen CoV-Kontrollen betroffen sind, zunimmt.
Einwohner und Einwohnerinnen Schanghais wurden auf ihren Balkonen gefilmt, wie sie in Sprechchören ihre „Freilassung“ forderten. In den Straßen versammeln sich kleine Gruppen, die gegen die Maßnahmen protestieren und Medizin fordern, berichtete auch der „Guardian“ zuletzt.
*** USA genehmigt Ausreise von Personal
Besonders umstritten war die Regelung Schanghais, wonach Kinder, die mit dem Coronavirus infiziert sind, von ihren Eltern getrennt werden sollten. Videos von Dutzenden Kindern, einige erst wenige Monate alt, die zu fünft in einem Bett liegen, sorgten in der Bevölkerung für Aufruhr. Nach der heftigen Kritik an dem Vorgehen gegen Familien wurde die Regelung gelockert.
Das dürfte auch ein Mitgrund dafür gewesen sein, warum die USA die „freiwillige Ausreise“ von nicht notwendigem Personal aus ihrem Konsulat in Schanghai genehmigt haben. Die Familien aller US-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen dürften ausreisen, teilte das Außenministerium mit. Die Behörde warnte US-Bürger und -Bürgerinnen außerdem vor Reisen nach Schanghai wegen der strengen Coronavirus-Beschränkungen, „einschließlich des Risikos, dass Eltern und Kinder getrennt werden“.
*** Impfquote bei Älteren niedrig
In Peking selbst sieht man den harten Lockdown trotz heftiger Proteste als Erfolgsrezept. Die staatliche „Volkszeitung“ schrieb am Freitag, die „Zero Covid“-Strategie sei weiterhin „die beste Wahl“ für China, und das Land solle „niemals abgestumpft, niemals müde im Kampf“ gegen die Coronavirus-Pandemie werden. Am Samstag meldete Schanghai knapp 24.000 Neuinfektionen.
*** Schanghai wurde in wenigen Tagen zur Geisterstadt
Zwar liegt die Impfquote in China bei etwa 90 Prozent, doch gelten die im Inland hergestellten Coronavirus-Impfstoffe als schwächer als die mRNA-Impfstoffe, wie sie etwa von Pfizer und Biontech sowie Moderna hergestellt werden. Die Impfquote ist bei älteren Menschen viel niedriger als in der Gesamtbevölkerung: Nur etwa die Hälfte der über 80-Jährigen ist vollständig geimpft.
Nach den jüngsten verfügbaren Daten sind nur 62 Prozent der über 60-Jährigen in Schanghai geimpft worden. Deshalb befürworten einige Fachleute den strengen Ansatz und sagen, dass China die Impfrate bei Älteren deutlich erhöhen muss, bevor es lockere Maßnahmen einsetzen kann. red, ORF.at/Agenturen
https://orf.at/stories/3258870/
Links:
„Economist“-Artikel
https://www.economist.com/china/2022/04/09/a-clumsy-lockdown-of-shanghai-is-testing-the-zero-covid-strategy
Reuters-Artikel
https://www.reuters.com/world/china/shanghai-official-says-handling-covid-outbreak-below-expectations-lockdown-2022-04-09/
„Guardian“-Artikel
https://www.theguardian.com/world/2022/apr/05/this-is-inhumane-the-cost-of-zero-covid-in-shanghai

CORONA – CHINA – USA – USA warnen wegen Corona-Welle vor Reisen nach Shanghai – 9.4.2022
WASHINGTON (dpa-AFX) – Angesichts des Corona-Ausbruchs in Shanghai warnt die US-Regierung vor Reisen in die chinesische Metropole und erlaubt ihren Mitarbeitern im dortigen Konsulat die Ausreise. Als Grund nannte das US-Außenministerium am Freitagabend (Ortszeit) die Ausgangssperren, weitere Corona-Beschränkungen und das Risiko, dass Eltern bei einer Infektion von ihren Kindern getrennt werden könnten. Alle nicht absolut notwendigen Mitarbeiter des Konsulats und deren Familien dürften ausreisen, hieß es weiter. Damit dürfte der reguläre Betrieb des Konsulats in Shanghai bis auf Weiteres stillgelegt sein.
Chinas aktuelle Corona-Welle ist die Schlimmste seit Beginn der Pandemie vor zwei Jahren. Betroffen sind unter anderem die Metropolen Shanghai, Changchun und Shenyang in Nordostchina, in denen insgesamt rund 38 Millionen Einwohner leben. Wegen Chinas strikter Null-Covid-Politik gelten weiträumige Ausgangssperren.
Große Empörung löste zuletzt die Praxis aus, dass kleine Kinder von ihren Eltern getrennt werden. Nach Protesten hatte die Stadtregierung von Shanghai am Mittwoch angekündigt, dass dort nicht infizierte Eltern beantragen könnten, Kinder, die besondere Unterstützung bräuchten, in die Isolation begleiten zu dürfen. Unklar blieb aber, ob sich die Regelung nur auf Kinder beschränkt, die spezielle Betreuung brauchen./jbz/DP/stk
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740168-usa-warnen-wegen-corona-welle-vor-reisen-nach-shanghai-016.htm

CORONA – DEUTSCHLAND – ROUNDUP: Osterurlaub – Regierungspolitiker raten zu Tests und Maske – 9.4.2022
BERLIN (dpa-AFX) – Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) haben zu Beginn der Osterferien in vielen Bundesländern mit Blick auf Reisen und Familienbesuche dazu aufgerufen, Corona-Tests und Masken zu nutzen. „Die Fallzahlen gehen stark zurück. Damit es so bleibt, sollte sich jeder vor einer Osterreise testen lassen oder selbst testen“, schrieb Lauterbach am Samstag bei Twitter. Er rate auch weiter zum freiwilligen Tragen der Maske in Innenräumen.
Spiegel sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, sie wünsche den Familien von Herzen, dass sie an Ostern zusammenkommen könnten. „Ich rate dazu, dass sich alle vorher mit einem Schnelltest testen. Und wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, sollte dort eine FFP2-Maske tragen.“
Eigene Erfahrungen mit Schnelltests machte unterdessen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Der CSU-Chef schrieb am Samstag bei Twitter: „Jetzt hat es mich nach zwei Jahren doch noch erwischt.“ Ein PCR-Test sei positiv gewesen, alle Schnelltests davor hätten immer ein negatives Ergebnis angezeigt. Söder sagte eine geplante Reise in die Golf-Region ab. „Der Wert des PCR-Tests ist übrigens so, dass eine Ansteckung bisher äußerst unwahrscheinlich war. Trotzdem heißt es jetzt in die Isolation“, schrieb er.
Die Corona-Zahlen in Deutschland sinken zwar weiter, aber aus den Kliniken kommt noch keine Entwarnung. In sechs von zehn Krankenhäusern in Deutschland müssen nach Angaben des Verbands leitender Krankenhausärzte (VLK) wegen coronabedingter Personalausfälle und vieler Covid-Patienten immer noch Operationen verschoben werden. „Die Pandemie ist noch nicht vorbei, und der zunehmende politische Streit gefährdet die Versorgungslage“, sagte VLK-Präsident Michael Weber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag). Aus Sicht der Kliniken seien an vielen Stellen die Hotspot-Kriterien erfüllt, so dass Eindämmungsmaßnahmen verhängt werden müssten.
Der VLK befragte der Zeitung zufolge deutschlandweit seine Mitglieder. In der Umfrage gaben demnach 20 Prozent der leitenden Krankenhausärzte an, dass die Notfallversorgung gefährdet sei. Gut zehn Prozent der Betten auf Allgemein- und Intensivstationen seien weiter von Patienten mit einer Corona-Infektion belegt.
Lauterbach schrieb dazu, wenn die medizinische Versorgung durch Covid gefährdet sei, wegen zu vieler Patienten oder zu wenig Personal, „sollte die Hotspot Regel des Infektionsschutzgesetzes genutzt werden. Genau dafür wurde sie gemacht.“ Die Landtage in den Bundesländern können nach dem geänderten Infektionsschutzgesetz Regionen zu sogenannten Hotspots erklären. Dort könnten dann auch wieder schärfere Corona-Regeln vorgeschrieben werden.
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz erreichte unterdessen den tiefsten Stand seit Ende Januar. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab den Wert der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche am Samstagmorgen mit 1141,8 an (Vortag 1181,2, Vorwoche 1531,5). Die Gesundheitsämter meldeten 150 675 Corona-Neuinfektionen innerhalb eines Tages. Vor einer Woche waren es 196 456 Ansteckungen. Deutschlandweit wurden den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 309 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 292./trö/esz/jr/ctt/DP/stk © 2022 dpa-AFX
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740725-roundup-osterurlaub-regierungspolitiker-raten-zu-tests-und-maske-016.htm

CORONA – DEUTSCHLAND – Doppelt so hohe Inzidenzen wie offiziell berichtet: Labore rechnen mit hoher Dunkelziffer bei Corona-Infektionen – Weiter hohe Positivrate von 53 Prozent: Labore registrieren starken Rückgang von eingesandten PCR-Tests – 9.4.2022
Berlin – Trotz offiziell sinkender Corona-Inzidenzzahlen geht der Verband Akkreditierter Labore in Deutschland weiterhin von einem hohen Infektionsgeschehen und einer relativ hohen Dunkelziffer Infizierter aus. „Die Dunkelziffer ist mit Sicherheit höher, als das beobachtete Infektionsgeschehen“, sagte Michael Müller, 1. Vorsitzender der bundesweiten Vereinigung Akkreditierter Labore in der Medizin, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.
Der Verband, der über 200 medizinische Labore mit 900 Fachärzten und 500 Naturwissenschaftlern vertritt, registriert derzeit einen starken Rückgang der zu prüfenden PCR-Tests. In der vergangenen Woche waren es 350.000 weniger als in der Woche zuvor. Aber die Zahl der positiven Tests sei mit 53 Prozent weiter hoch, was darauf hindeute, dass sich das Infektionsgeschehen weiter auf hohem Niveau bewege. Der Verband geht davon aus, dass eine bedeutende Zahl von Infizierten nicht getestet wird und deshalb auch nicht in die Corona-Statistik eingeht.
Sowohl Ärzte als auch Wissenschaftler gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom Robert-Koch-Institut (RKI) erfasster Fälle aus – wegen überlasteter Gesundheitsämter und weil nicht alle Infizierten einen PCR-Test machen lassen. Nur diese zählen aber in der Statistik. „Es wird eindeutig weniger getestet, der Bedarf ist offensichtlich geringer und das Verhalten der Bevölkerung ändert sich auch“, sagte Müller zur Begründung. Die Menschen würden jetzt stärker selbst entscheiden, ob sie zu einem Test gehen oder nicht, und auch in den Arztpraxen würde entschieden, ob ein PCR-Test für nötig befunden wird oder nicht.
Hinzukommt aus Sicht der Akkreditierten Labore eine „Entprofessionalisierung des Testgeschehens durch die Testverordnung“, was zu Qualitätsverlusten führe. „An jeder Straßenecke werden Testzentren zugelassen, denen es häufig an qualifiziertem Personal und auch an entsprechendem Know-how mangele“, sagte Müller. Zudem gebe es keine Kontrollen über fehlerhafte Abrechnungen und ob die Testzentren alle positiven Ergebnisse an die Gesundheitsämter weitermelden. Außerdem sei eine qualitative Quasi-Gleichstellung von vor Ort durchgeführten Point-of-Care-Schnelltests mit den im Labor gemachten PCR-Tests kein Garant für mehr Sicherheit, Qualität und Genauigkeit, so Müller.
In den Akkreditieren Laboren würden derzeit alle Proben untersucht, die eintreffen. Einen Stau wie zu Beginn des Jahres gebe es nicht mehr. Aktuelle Erhebungen zu einer Dunkelziffer Infizierter liegen dem RKI nicht vor, teilte eine Sprecherin dem RND mit. Eine im Juni 2021 veröffentlichte Studie kam aber bereits zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Infektionen etwa doppelt so hoch war wie die an die Behörden gemeldete.
Das entspräche einer Dunkelziffer von 100 Prozent. Und auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Ende März auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit RKI-Chef Lothar Wieler gesagt, er gehe davon aus, dass die offiziell gemeldeten Infektionszahlen von damals rund 300.000 pro Tag eigentlich doppelt so hoch sind.
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740549-labore-rechnen-mit-hoher-dunkelziffer-bei-corona-infektionen-003.htm

CORONA – DEUTSCHLAND – Viele Hotel- und Gastro-Betriebe verlangen weiterhin Maske – Gemischte Reaktion der Gäste – 9.4.2022
Berlin – Fast jeder zweite Hotel- und Gaststättenbetrieb hält auch nach dem Ende der staatlichen Vorgabe an der Maskenpflicht für seine Mitarbeiter fest. Das geht aus einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) hervor, über die das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben) berichtet.
Bei der Maskenpflicht für Gäste bleibt demnach jeder sechste Betrieb, jeder zehnte wendet die 3G-Regel weiterhin an. „Viele Gastronomen und Hoteliers begrüßen das Ende der Maskenpflicht und den Wegfall von Zugangsregelungen“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Dehoga-Bundesverbandes, Ingrid Hartges, dem RND. „Viele Mitarbeiter sind zudem sehr froh darüber, nicht mehr kontrollieren zu müssen.“ Dennoch gebe es auch Betriebe, die die Maskenpflicht und die 3G-Regel vorerst beibehalten, so Hartges: „Laut unserer aktuellen Dehoga-Umfrage halten 16,2 Prozent der Betriebe an der Maskenpflicht für Gäste fest. Die 3G-Regelung wenden noch 12,1 Prozent der Betriebe an.“
Die Reaktionen der Gäste seien gemischt, erklärte Hartges. „Viele Gäste sind erleichtert, keine Maske mehr tragen zu müssen.“ Wie in der Gesamtbevölkerung gebe es auch Gäste, die ihre Maske freiwillig weitertragen. „Wichtig ist hier gegenseitige Toleranz. Jeder hat seine Gründe, die es zu akzeptieren gilt.“ „Das Wegfallen der Maskenpflicht für Gäste bedeutet nicht automatisch auch das Wegfallen der Maskenpflicht für die Mitarbeiter“, sagt die Dehoga-Chefin dem RND. Ob auf das Tragen von Masken verzichtet werden kann, entscheide der Gastronom nach seinem betrieblichen Hygienekonzept und den jeweiligen Ansteckungsrisiken der Mitarbeiter.
Laut der Dehoga-Umfrage halte momentan fast jeder zweite Betrieb noch an der Maskenpflicht für Mitarbeitende fest.
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55739885-viele-hotel-und-gastro-betriebe-verlangen-weiterhin-maske-003.htm

CORONA – DEUTSCHLAND – Nach Hin und Her um Quarantänepflicht: Lauterbach verliert massiv an Rückhalt in der Bevölkerung – Zustimmung und Ablehnung der Impfpflicht ab 60 Jahren halten sich die Waage – 9.4.2022
Berlin – Nach dem Scheitern der Impfpflicht und dem Hin und Her um eine Quarantäne-Pflicht für Corona-Infizierte hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stark an Zuspruch in der Bevölkerung verloren. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA vom Freitag sind 55 Prozent der Menschen in Deutschland mit Lauterbachs Arbeit unzufrieden.
Nur 36 Prozent sind zufrieden. Beim Antritt der Ampel-Regierung im Dezember hatten noch 53 Prozent erwartet, dass Lauterbach ein guter Minister wird, 26 Prozent dachten, er würde seinen Minister-Job schlecht machen. Die Ablehnung der Impfpflicht ab 60 Jahren durch den Bundestag finden laut INSA 47 Prozent der Befragten richtig, 46 Prozent halten die Entscheidung für falsch. Für die „Bild am Sonntag“ hatte das Meinungsforschungsinstitut 1.003 Personen am 8. April 2022 befragt (TOM).
Fragen: „Alles in allem: Sind Sie mit der Arbeit von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (eher) zufrieden oder (eher) unzufrieden?“; „Der Bundestag hat gestern eine Corona-Impfpflicht ab 60 Jahren abgelehnt. Halten Sie das für richtig oder falsch?“
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55741195-lauterbach-verliert-massiv-an-rueckhalt-in-der-bevoelkerung-003.htm
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GESELLSCHAFT – Romnja kämpfen für Gleichberechtigung – Geschichte des Roma-Aktivismus aus Frauensicht – 9.4.2022
Die Geschichte des Roma-Aktivismus wurde lange Zeit aus einer männlichen Perspektive erzählt. Doch auch viele Frauen, also Romnja, setzten und setzen sich für ihre Volksgruppe ein.
In den 1980er-Jahren entwickelte sich in Oberwart der Roma-Aktivismus. Nach jahrelanger Diskriminierung und diversen Lokalverboten, schloss sich eine junge Gruppe von Roma und Romnja zusammen, um gemeinsam für ihre Rechte einzutreten.
*** Aktivistin der ersten Stunde
Eine dieser ersten Aktivistinnen war Susanne Baranyai. Sie sitzt seit einem Schlaganfall vor zehn Jahren im Rollstuhl, ihr Mann Hans kümmert sich um sie. „Wir sind dann wirklich vor der Entscheidung gestanden, irgendwo in der Großstadtanonymität unterzutauchen, oder einfach da unseren Mann zu stehen und das Problem anzugehen und die Susi war da sehr engagiert“, erinnerte sich Hans Baranyai. Sie habe sich gesagt, „so kann das nicht sein, wir sind genauso österreichische Staatsbürger wie alle anderen, mit allen Rechten und Pflichten und wir werden uns das nicht gefallen lasse.“
*** Papai: Engagement für Roma und bedrohte Völker
Engagement ist auch für Nadine Papai kein Fremdwort. Die Kultur- und Sozialanthropologin ist Obfrau des Vereins „Hango Roma“ und der Organisation „Lebenszeichen!“. Ihre Wurzeln liegen in Holzschlag. Sie setzt sich nicht nur für die Anliegen ihrer Volksgruppe ein, sondern auch für bedrohte Völker auf der ganzen Welt.
So baute Papai zum Beispiel in einem Flüchtlingscamp im Nordirak gemeinsam mit den Flüchtlingen eine kleine Joghurt-Produktion auf. Dabei sei es nicht einmal so sehr das Ziel gewesen, dass die Flüchtlinge Joghurt für sich selbst machen, sondern dass sie aus dem Camp herauskommen, sich mit Bauern vernetzen, die teilweise selbst Flüchtlinge seien. Es sei darum gegangenen, dass eine kleine Wirtschaft entsteht, die man angestoßen habe, erklärte Papai.
*** Sarah Gärtner-Horvath arbeitet „Antiziganismus“ auf
Die nächste Generation von starken und selbstbewussten Romnja beteiligt sich bereits aktiv an der Gestaltung der Zukunft der Volksgruppe. Die Oberwarter Studentin Sarah Gärtner-Horvath befasst sich mit „Antiziganismus“. Sie habe antiziganistische Vorfälle der letzten Jahre in den unterschiedlichsten Bereichen wie Medien, Politik und Alltagssituationen aufgezeigt. Da erkenne man, dass die Diskriminierung sehr wohl noch da sei, aber eben eher versteckt ausgeübt werde.
*** Roma-Jugend heute selbstbewusster
Die Aktivistinnen und Aktivisten haben schon vieles für die Volksgruppe erreicht, aber vieles muss auch noch erreicht werden. Die Jugend wachse selbstbewusster auf und beschäftige sich auch mit dem Thema „Roma“, sagte der Vorsitzende des Volksgruppenbeirates der Roma, Emmerich Gärtner-Horvath, im „Burgenland heute“-Studiogespräch. In der Vergangenheit habe es immer Rückschläge gegeben, wenn zum Beispiel jemand in der Schule diskriminiert habe, dann hätten sich die Jugendlichen nicht mehr so „geoutet“.
Einmal mehr forderte Gärtner-Horvath daher, dass vor allem im Bildungsbereich angesetzt werden müsse, auch bei der Mehrheitsbevölkerung – mehr dazu auch in Diskussion über Roma-Strategie 2030. Man müsse mehr über die Geschichte der Roma in den Lehrplänen einbringen und auch das Lehrpersonal müsse entsprechend geschult werden, nicht nur im Burgenland, sondern auch in den anderen Bundesländern. red, burgenland.ORF.at
https://burgenland.orf.at/stories/3151325/
Links dazu:
Hango Roma
https://hango-roma.at/
Lebenszeichen!
https://lebenszeichen-international.at/
Diskussion über Roma-Strategie 2030
https://burgenland.orf.at/stories/3151196/

GESELLSCHAFT – „Ganz persönlich“: Hermine Jirak: Mit 102 Jahren unerschütterlich – 9.4.2022
In Niederösterreich leben mehr als 200 Menschen, die mindestens 100 Jahre alt und damit älter als das Bundesland sind. Hermine Jirak (102) ist eine von ihnen. Ein Gespräch über das Geheimnis des Alters, eine Kindheit in Armut und den Krieg in der Ukraine.
Hermine Jirak kommt 1920 in Sumperk (Mährisch-Schönberg) im heutigen Tschechien auf die Welt. Sie macht die Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin und zieht nach Wiener Neustadt, wo sie ihren Mann kennenlernt. Jirak hat zwei Kinder, sechs Enkelkinder und sieben Urenkelkinder und lebt in ihrem Haus in Markt Piesting (Bezirk Wiener Neustadt).
Mit ihrem Mann Leopold Jirak, der 102 Jahre alt wurde, war sie 76 Jahre verheiratet. Kennengelernt hatten sich die beiden in der Arbeit im Wiener Neustädter Krankenhaus, in dem Leopold Jirak Arzt war und Hermine Jirak als medizinisch-technischen Assistentin arbeitete. Im Dezember 2015 feierten die beiden ein ganz besonderes Jubiläum: ihre Kronjuwelenhochzeit nach 75 Ehejahren. Zur Feier reiste das Ehepaar selbst an: Am Steuer saß die damals 95-jährige Jubilarin, am Beifahrersitz ihr 101-jähriger Gatte.
*** Im Interview mit Eva Steinkellner-Klein blickt Hermine Jirak (re.) auf mehr als 100 Jahre zurück, die Glück und Krisen brachten
noe.ORF.at: Frau Jirak, wie wird man 102 Jahre alt?
Hermine Jirak (lacht): Mit einer glücklichen Kindheit und mit einer glücklichen Ehe. Geboren bin ich in Nordmähren, nach der Matura bin ich nach Wiener Neustadt gekommen und habe dort begonnen, im Krankenhaus zu arbeiten. Da haben sie nur die besten genommen. Dort habe ich dann auch meinen Mann kennengelernt. Das war mein Glück im Leben.
noe.ORF.at: Ihre Kindheit war also eine besonders schöne Zeit?
Hermine Jirak : Naja, die 30-er Jahre waren schon arg, weil wir kein Geld hatten. Auch die Eltern konnte mir keines geben, weil wir damals kein Geschäft gemacht haben mit unserem kleinen Hotel und dem Gasthaus. Das Hotel ist besser gegangen als das Gasthaus, sodass wir davon leben konnten, aber die Zeit war nicht üppig.
noe.ORF.at: Wie haben Sie den Zweiten Weltkrieg erlebt?
Hermine Jirak : Traurig. Mein Mann ist nach sechs Wochen eingerückt und musste nach Russland – in die heutige Ukraine. Vor Stalingrad wurde er verletzt. Da wollten man ihm bei Minus 27 Grad Kälte das Bein eingipsen. Weil er das nicht hat machen lassen, aus Angst, dass ihm dadurch das Bein abfrieren würde, ist er dort herausgekommen. Ich musste arbeiten, aber nach zwei Jahren habe ich ein Kind bekommen und war danach zu Hause bei meiner Tochter. Heuer wird sie 80!
noe.ORF.at: Niederösterreich war unter russischer Besatzung. Sie sind daraufhin mit ihrer kleinen Tochter nach Innsbruck geflohen. Hatten Sie Angst?
Hermine Jirak : Ja! Mein Mann war damals in Melk und hat zu mir gesagt: „Du kannst nicht bleiben!“ Nachdem ich mit meiner Tochter nach Innsbruck aufgebrochen bin, habe ich ein halbes Jahr lang nichts von meinem Mann gehört. Im Zug wurden unsere Koffer gestohlen. Wir hatten also wirklich nichts dort. Wir waren so arm, wir hatten nicht einmal Kleidung zum Wechseln. Es war eine traurige Angelegenheit, aber wir haben es geschafft.
noe.ORF.at: Wenn Sie jetzt Bilder aus der Ukraine und vom Krieg dort sehen: Wie geht es Ihnen dabei?
Hermine Jirak : Es ist so traurig und es tut mir so leid. So arg war es bei uns in den Städten nicht. Sie haben zwar Melk bombardiert, aber da gab es einen Luftschutzkeller, in den ich immer gelaufen bin. Später sind die Tiefflieger gekommen, und als da die Leute auf der Straße einfach abgeknallt wurden, hatte ich schon sehr Angst.
noe.ORF.at: Was war Ihre schönste Zeit?
Hermine Jirak : Meine Ehe!
noe.ORF.at: Sie waren ja unglaubliche 76 Jahre mit Ihrem Mann verheiratet. Wie schafft man das?
Hermine Jirak : Manchmal habe ich mich das auch gefragt, und er wahrscheinlich auch (lacht). Mein Mann war sehr vernünftig. Ich hingegen war nicht so vernünftig wie er, ich war sechs Jahre jünger. Naja, wir haben es immer geregelt!
noe.ORF.at: Ihr Mann ist ja auch sehr alt geworden, 102 Jahre. Was ist Ihr Geheimnis?
Hermine Jirak : Wenig essen (lacht)! Jetzt ist es ja modern, nicht zu viel Süßigkeiten zu essen. Wir konnten das ja gar nicht, weil es im Krieg keine gab. Wichtig war auch viel Bewegung: Radfahren, Rodeln und auch Tennis.
noe.ORF.at: Gibt es etwas, das Sie der jüngeren Generation raten würden?
Hermine Jirak : Ähnliche Prinzipien, nach denen ich meine Kinder erzogen habe: Lernen! Das war unser Prinzip, ebenso wie Sport und Bewegung. Ich habe auch immer geschaut, dass sie gute Gesellschaft haben und damit hat es funktioniert.
noe.ORF.at: Ein großer Einschnitt in unsere Zeit ist die Pandemie. Was hat sie für Sie bedeutet?
Hermine Jirak : Es war schon sehr einsam, wenn man niemanden einladen konnte, aber ich habe mich immer an alles gehalten. Ich bin geimpft und habe auch immer die Maske getragen.
noe.ORF.at: Sie erleben durch das Coronavirus schon die zweite Pandemie – nach der Spanischen Grippe.
Hermine Jirak : Ich hatte Glück! Das hat auch meine Mutter immer betont und war froh, dass ich nicht früher geboren wurde. Sie sagte immer: „Bei der Spanischen Grippe ist man nicht leicht davongekommen.“ Man hatte damals ja nichts gegen die Krankheit und keine Medikamente. Da ist es jetzt schon viel besser, das kann man gar nicht vergleichen. Wir werden umsorgt vom Staat. Wenn das irgendjemand nicht so findet, kann ich das wirklich nicht verstehen.
noe.ORF.at: Sie kann nichts erschüttern, oder?
Hermine Jirak : Nein, nicht so leicht.
noe.ORF.at: Ist Ihr hohes Alter ein Segen?
Hermine Jirak : Mit dem Stock wird es jetzt langsam ein bisschen mühsam. Ich bin gestürzt und habe mich verletzt. Seither bin ich sehr ängstlich, aber ich bin zufrieden. Ich wünsche mir gar nichts mehr. Ich wünsche mir nur, gesund zu sterben.
Das Gespräch führte Eva Steinkellner-Klein, noe.ORF.at
https://noe.orf.at/stories/3151331/

VERMÖGENSANLAGEN – AK-Studie zu nachhaltigen Investmentfonds – 9.4.2022
Die Arbeiterkammer (AK) Wien hat während der vergangenen eineinhalb Jahre sämtliche nachhaltige Investmentfonds der größten Banken in Wien, Niederösterreich und Kärnten untersucht. Das Ergebnis war ernüchternd: Die meisten Banken sind in ihrer Performance weder authentisch noch transparent. Einigen betreiben sogar Greenwashing. Konsumenten können sich aber mit Gütesiegeln und Bewertungsplattformen im Internet weiterhelfen.
Im März 2019 verabschiedete die EU-Kommission ein umfassendes Verordnungspaket, das es unter anderem möglich machte, Investmentfonds hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu beurteilen. Das war Anlass für die AK Wien, eine Studie dem Thema „Grüne Finanzprodukte“ zu widmen.
*** Vorgabe: 10.000 Euro nachhaltig veranlagen
AK-Finanzexperte Christian Prantner und seine Kolleginnen befragten dazu die Nachhaltigkeitsexperten der größten Banken von Wien, Niederösterreich und Kärnten. Außerdem wurde jede einzelne Bank von Testkäufern besucht, um herauszufinden, ob die Aussagen der Banker mit der Realität übereinstimmen.
Die Veranlagungssumme war stets 10.000 Euro. Angegeben wurden außerdem eine mittlere Risikobereitschaft ohne ausgeprägte Kursschwankungen, sowie eine gewünschte Veranlagungsdauer von fünf bis zehn Jahren. Der Ertrag sollte höher sein als auf einem Sparbuch.
*** Beratungen auf normale Investmentfonds ausgerichtet
Schon beim ersten Telefonat, bei dem ein persönlicher Beratungstermin vereinbart wurde, kündigten die Testkäufer an, sich für einen nachhaltigen Investmentfond zu interessieren. „Bei jedem vierten Gespräch mussten die Testkäufer den Anlageberater darauf hinweisen, dass es um einen nachhaltigen und nicht um einen herkömmlichen Fond geht“, so Prantner. Die Studienautoren mussten feststellen, dass viele Beratungen darauf ausgerichtet sind, ganz normale Investmentfonds zu verkaufen.
*** Kritik an Aktienfonds mit hohem Risiko
Und noch etwas erstaunte Prantner und sein Team: Jedes zweite, angebotene Investmentprodukt war ein reiner Aktienfond und zwar mit hohem Risiko. Bei der Risikoeinstufung eines Fonds sei eine siebenstufige Skala üblich, von Stufe 1 „sehr sicher“ bis Stufe 7 „sehr hohes Risiko“.
Die meisten angebotenen Aktienfonds fielen in die Stufe 6. „Da sind wir weit entfernt von der gewünschten mittleren Risikobereitschaft, die die Testkäufer gefordert hatten“, so der Finanzexperte. In der Studie wurden derlei Gespräche deshalb als „fehlerhafte, schlechte Beratung“ abgewertet. Mit der Begründung, dass die Risikobereitschaft der Kunden nicht gewürdigt worden sei.
*** Fehlende Transparenz bei Nachhaltigkeit
Insgesamt war das Ergebnis der Studie ernüchternd: Die Mehrzahl der Banken handeln aus Sicht der AK weder authentisch noch transparent. So fanden die Tester etwa Phrasen wie „Wir leben Nachhaltigkeit auf allen Ebenen“, aber auch typische Greenwashing-Phrasen, die etwa so lauten: „Das Unternehmen ist nachhaltig und bietet nachhaltige Finanzprodukte an, weil es bereits seit mehr als 20 Jahren am Markt tätig ist.“
Oder die vielleicht absurdeste Argumentation: „Die Bank ist nachhaltig, denn Teile unserer Kundschaft kommen aus moralisch hochbewerteten Institutionen wie Kirche oder NGOs.“
*** Lob für die Erste Bank
Nur eine Bank habe ein positives Bild hinterlassen: die Erste Bank Kapitalanlagegesellschaft. Prantner lobt die „sehr gut aufgebaute Internetseite“, auf der man sich als Besucherin und Besucher gut orientieren könne. Abrufbar seien die verschiedenen Fondkategorien. Zudem könne man nach der gesetzlich vorgeschriebenen Offenlegungsverordnung zwischen Fonds nach Artikel 8 und solchen nach Artikel 9 unterscheiden.
*** Auf Gütezeichen und Bewertungsplattformen achten
Bei der Wahl der besten nachhaltigen Investmentfonds empfiehlt der AK-Finanzexperte auf zwei Gütezeichen zu achten: das Österreichische Umweltzeichen und das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Zusätzlich empfiehlt er Onlinebewertungsplattformen wie den deutschen Finanztest und die Website cleanvest.org.
*** Farbige Kategorien erleichtern die Auswahl
Seit vergangenem Jahr gibt es außerdem die gesetzliche Regelung, dass Anbieter nachhaltiger Investmentfonds ihre Produkte in farbige Kategorien einordnen müssen. Hellgrün steht dabei für soziale und ökologische Aspekte, dunkelgrün für angestrebte Nachhaltigkeit. Prantner rät dazu, sich an den dunkelgrünen Fonds zu orientieren, „weil die für sich beanspruchen, ein Nachhaltigkeitsziel zu erreichen.“
Eine gute Entscheidung sei, wenn man als Konsument sagen könne, man habe nicht nur die Bankberatung in Anspruch genommen, sondern auch andere Quellen bemüht, um zu einem Urteil zu kommen. Am Ende solle man zu dem Ergebnis kommen, dass „mehrere Quellen dafür sprechen“, so der Finanzexperte. Jonathan Scheucher, help.ORF.at
https://help.orf.at/stories/3212474/

GESCHICHTE – „Für die Vielen“: Der lange Kampf um die Arbeitsrechte – Geschichtsreportage von Constantin Wulff über die Wiener Arbeiterkammer – 9.4.2022
Vor über hundert Jahren wurde die Wiener Arbeiterkammer gegründet, als direktes Resultat des Kampfs um Arbeiterrechte. Aus Anlass des Jubiläums begann Dokumentarfilmer Constantin Wulff 2019 mit den Dreharbeiten zu einem großen Porträt der Institution und der Menschen, die sie ausmachen. Doch dann kam das Jahr 2020.
Einer Frau soll gekündigt werden, während sie in Elternteilzeit ist. Einem Mann ist seit Monaten kein Lohn ausgezahlt worden, Lohnzettel gibt es keine. Ein anderer, seit fast 25 Jahren in einem Betrieb, ahnt, dass ihm sein Arbeitgeber beim nächsten Mitarbeitergespräch eine einvernehmliche Kündigung nahelegen wird. Sie alle sind Hilfesuchende, die in den ersten Minuten von Wulffs Dokumentarfilm „Für die Vielen – Die Arbeiterkammer Wien“ bei der Arbeiterkammer Beratung bekommen. Selbstverständlich.
Besonders beeindruckend ist dabei die Vielsprachigkeit: Beraterinnen wechseln ansatzlos zwischen Deutsch und Serbisch, es gibt fließende Gebärdensprachen-Simultanübersetzung, bei juristischen Beratungen sitzen selbstverständlich Übersetzer dabei und assistieren den Hilfesuchenden. Es ist, immer wieder, diese Selbstverständlichkeit, die so beruhigend und zugleich ergreifend ist, gegenüber Paketboten, Verpackerinnen, Bauhacklern, Facharbeiterinnen, bei Arbeitsunfällen, Lohnbetrug, der Verweigerung von Sozialleistungen.
*** Die Vielsprachigkeit der Arbeiterkammer umfasst auch Gebärdensprache
Nichts daran ist auch nur einen Moment trocken, denn es geht um die Essenz des Menschlichen: Jemand, dem der gerechte Lohn verweigert wird, kommt nicht nur an ein existenzielles Limit, ihm wird auch die Anerkennung verweigert. Als eine Dame in Tränen ausbricht, die als Hausbesorgerin arbeitet und mit ihrer Stelle womöglich auch ihre Wohnung verlieren könnte, und ihr die Beraterin zusichert, dass es egal sei, wenn der Arbeitgeber zornig wird, „der muss sich an die Gesetze halten, wir vertreten Sie jetzt“, ist das ein großer Moment.
*** Selbstverständlich da
Wie außerordentlich es ist, dass es da jemanden gibt, der für die Rechte der Schwächeren kämpft, und wie gar nicht selbstverständlich das in Wahrheit für viele arbeitende Menschen ist, wird vor allem für jene schmerzlich offensichtlich, für die die Arbeiterkammer nicht zuständig ist. Das gilt etwa für Selbstständige, Einpersonenunternehmen, Scheinselbständige. Dass die Vertretung durch die Arbeiterkammer auch für Angestellte und Arbeiterinnen nicht immer da war, wird aus der Geschichte der Arbeiterkammer deutlich.
KASTENTEXT – Filmhinweis
„Für die Vielen“ feierte seine Österreich-Premiere bei der Diagonale.
Regulär startet der im Rahmen des ORF-Film/Fernseh-Abkommens geförderte Film am 23. September 2022 in den österreichischen Kinos.

Archivmaterial oder Expertinneninterviews haben in dem Genre von Dokumentarfilm, das Wulff verfolgt, nichts verloren. In der Tradition des Direct Cinema etwa eines Frederick Wiseman ist er ein genauer Zuhörer und Institutionen-Porträtist, der keine „Talking Heads“ vor seine Kamera holt, sondern sich als unsichtbarer Zeuge bei Gesprächen, Beratungen und Veranstaltungen dazugesellt und registriert, was er sieht.
*** „Hundert Jahre Gerechtigkeit“
Die Geschichte der Institution kann Wulff dennoch in den Film holen, weil die Arbeiterkammer sich 2019, als er mit den Dreharbeiten beginnt, auf ein Jubiläum vorbereitet: Am 26. Februar 1920 beschloss der Nationalrat das von Sozialminister Ferdinand Hanusch initiierte Gesetz, nach welchem in jedem Bundesland eine Kammer für Arbeiter und Angestellte werden konnte.
Eine Kampagne unter dem Titel „Hundert Jahre Gerechtigkeit“ soll unter anderem daran erinnern, dass die historische Basis der Arbeiterbewegung ein gesellschaftliches Bündnis zwischen jüdischen Intellektuellen und Industriearbeiterinnen und Industriearbeitern war, wie bei einem der mitgefilmten Konzeptgespräche ein AK-Mitarbeiter feststellt. „Heute wird das als Gegensatz konstruiert, dass die Leute entweder mit den städtischen Bobos oder mit den Hacklern reden können. Dabei ist das Gemeinsame in der Wiege der Arbeiterbewegung angelegt.“
*** Die Ankunft der Gummihandschuhe
Der Film befasst sich mit dem, was ist, mit den alltäglichen Problemen, der Geschichte, und zeigt auch das Bemühen um eine zukunftsgerechte Politik, etwa bei der fairen Verteilung der Lasten der Klimakrise. Der französische Star-Ökonom Thomas Piketty wird aus Anlass seines Buches „Kapital und Ideologie“ nach Wien geladen, die Vorfreude ist groß. Doch dann kommt der Tag der Buchvorstellung, und die Veranstaltung ist großteils ein Livestream: Die Pandemie hat die Arbeiterkammer eingeholt.
Gummihandschuhe, Plexiglaswände, erste selbstgenähte Masken tauchen auf. Die Gänge und Säle der Arbeiterkammer leeren sich, es ergeht der Rat, die Arbeitslaptops nach Hause zu nehmen, sicherheitshalber. Beratungen und Besprechungen finden zuerst nicht, dann über Zoom statt. Und auf einmal ist keine Zeit mehr zum Feiern. Im Lockdown und danach tun sich völlig neue Probleme auf: Wie sollen Eltern im Homeoffice vollzeitarbeiten, wenn die Kinderbetreuungen geschlossen sind?
*** Egal in welcher Sprache: Hier wird zugehört
Was ist mit den sogenannten systemerhaltenden Berufen, die zwar abends von den Fenstern aus beklatscht werden, aber nach wie vor die geringsten Verdiener sind, Verkäuferinnen, Pflegerinnen, fast immer Frauen, Migrantinnen? Woher wissen Angestellte, die zur Kurzarbeit angemeldet sind, ob ihre Arbeitgeber nicht hintenherum betrügen? Wie kommen etwa Bauarbeiter zu ihrem Lohn, die ihre Jobs via Facebook oder Whatsapp vermittelt bekommen haben und keinerlei Unterlagen besitzen?
*** Gesellschaftspolitische Hygiene für Austria
„Für die Vielen“ ist das dritte große Institutionenporträt von Wulff, nach „In die Welt“ (2008) über die Arbeit der Semmelweis-Geburtsklinik in Wien und dem Dokumentarfilm „Wie die anderen“ (2015), der sich mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie Tulln auseinandersetzte. Wo das österreichische dokumentarische Filmschaffen vielfach geprägt ist von Stilisierung und von Balanceakten zwischen Fiktion und Dokument, geht Wulff in die konträre Richtung. Sein Film ist immer radikal den Menschen innerhalb der Institution zugewandt, ihrem Wollen und Müssen, aber verlässt dabei nie den Arbeiterkammer-Kontext.
Und dann am Ende sind da einige Arbeiterinnen, die von untragbaren Zuständen berichten: Trinkverbot während der Arbeit, keine ordentlichen Lohnabrechnungen, viel zu hohe Anforderungen an das Arbeitstempo. Beim Arbeitgeber handelt es sich um eine Firma, die berühmt wurde dafür, dass sie chinesische FFP2-Masken als „Made in Austria“ verpacken ließ. Der Fall ist die unprätentiös gesetzte Schlusspointe eines vielfältigen, ungemein kurzweiligen Porträts, die die fortwährende Notwendigkeit der Existenz der Arbeiterkammer noch einmal deutlich macht. Magdalena Miedl, für ORF.at
https://orf.at/diagonale22/stories/3258603/
Links dazu:
„Für die Vielen“ beim Verleih Stadtkino
https://stadtkinowien.at/film/1341/
Arbeiterkammer Wien
https://wien.arbeiterkammer.at/index.html
„Für die Vielen“ bei der Diagonale
https://www.diagonale.at/filme-a-z/?ftopic=finfo&fid=11200

BIBLIOTHEKEN – Restaurierung der Stiftsbibliothek Melk startet – 9.4.2022
Die Bibliothek des Benediktinerstiftes Melk wird bis 2032 saniert, zwölf Millionen Euro werden investiert. In der Bibliothek, die Teil des UNESCO-Welterbes ist, stehen 100.000 Bände.
Elf Jahre und insgesamt zwölf Millionen Euro sind für die Restaurierung der Bibliothek im Stift Melk anberaumt. Diese Woche ist der Startschuss für die erste von vier Etappen des Projekts gefallen. 2032 sollen die Arbeiten fertig sein.
Die Stiftsbibliothek als Teil des UNESCO-Welterbes umfasst 100.000 Bände, davon 1.800 Handschriften und 750 Inkunabeln aus der Frühzeit des Buchdrucks. Sie zieht jährlich zahlreiche Besucherinnen und Besucher an. Doch die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen, eine Restaurierung der Bibliothek ist notwendig.
„Um dem Auftrag der Erhaltung dieser Bibliothek, dieses Kulturgutes gerecht zu werden, müssen wirklich alle Kräfte gebündelt werden. Das Gesamtkonzept wurde im Vorfeld mit allen Beteiligten abgestimmt, ein positiver Bescheid des Bundesdenkmalamtes zum Start der Arbeiten liegt vor“, sagte Abt Georg Wilfinger zum Startschuss der Restaurierung.
*** Verein „Durch Bücher unsterblich“ auf Sponsorensuche
Das Projekt wird von einem Kuratorium begleitet, das unter anderen aus Vertretern des Stifts, Bundes und Landes besteht. Vorsitzende ist Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). „Heute ist wahrlich ein Tag, wo wir einen Meilenstein setzen für eine lange und spannende Reise. Eine Reise des Miteinanders, des Stiftes, des Landes und des Fördervereins, wo wir die Bibliothek restaurieren, weil sie einer der wichtigsten Kulturschätze Niederösterreichs ist“, so Mikl-Leitner.
Heuer werden 500.000 Euro in die Restaurierung investiert. Vom ersten Investitionsschritt übernimmt das Land ein Viertel der Kosten und somit 125.000 Euro. 47 Prozent entfallen auf das Stift, 15 Prozent auf den Bund und drei Prozent auf die Stadt Melk.
Aber auch Förderer werden gesucht. Erwin Hameseder, Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien, ist der Präsident des Fördervereins mit dem Namen „Ex litteris immortalitas“ (dt.: „Durch Bücher unsterblich“), benannt nach der Inschrift am westlichen Eingang zur Stiftsbibliothek. Aufgabe sei es, „viele aus der Bevölkerung anzusprechen, aber natürlich auch aus der Wirtschaft“, und diese für das Projekt zu begeistern, wie er betonte.
*** Betrieb soll während der Sanierung aufrecht bleiben
Um das Großprojekt in vollem Umfang fassen zu können, seien unter anderem Befunde zu Holz, Metall, Stein, Wand und Decke inklusive der Malereien, Mikroorganismen und Klima erstellt worden, heißt es in einer Aussendung des Stiftes. Außerdem habe man Probearbeiten durchgeführt, für alle baulichen Maßnahmen werde außerdem ein Raumbuch geführt, das Auskunft über den Bestand, den Zustand und die vorgeschlagenen bzw. umgesetzten Maßnahmen geben und der Dokumentation dienen soll.
In der Neuen Handschriftenkammer wurde bereits eine Bauteilaktivierung installiert. Noch heuer sollen dort auch die Raumschale instand gesetzt, eine Fußbodenkonstruktion hergestellt, klimatische wie brandschutztechnische Vorkehrungen getroffen und eine Drehregalanlage eingebaut werden.
Unter Leitung einer Papierrestauratorin sollen jährlich etwa 10.000 Bände gesichtet, gereinigt und schadenskartiert werden. Geprüft werden Papierqualität, Bindung und ob die Werke von Ungeziefer befallen sind.
Insgesamt soll nicht nur innen restauriert werden, sondern auch außen. So sollen etwa die Fassade des Bibliothekstraktes saniert, das Dach ausgebessert und die Fußbodenkonstruktion der Altane, die die Verbindung zwischen Marmorsaal und Bibliothek darstellt, erneuert werden. Der Bibliotheksbetrieb soll während der Restaurierung so weit wie möglich aufrechterhalten werden, wurde betont. red, noe.ORF.at/Agenturen
https://noe.orf.at/stories/3151266/

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ZENTRALBANKEN – UKRAINE – Ukraine-Krieg: Zentralbank hat Wechselkurs zum US-Dollar eingefroren – Nach Sieg Rückkehr zum freien Wechselkurs – Inflation im März bei 13,8 Prozent – Lebensmittel um 20 Prozent teurer – 9.4.2022
KIEW (dpa-AFX) – Die ukrainische Zentralbank hat nach dem russischen Überfall vor über sechs Wochen den Wechselkurs der Landeswährung Hrywnja zum US-Dollar eingefroren. „Nach unserem Sieg werden wir schrittweise zum gewohnten Regime des freien Wechselkurses zurückkehren und schrittweise die Einschränkungen aufheben“, sagte der Vizechef der Zentralbank, Serhij Nikolajtschuk, am Samstag im Fernsehen.
Am ersten Kriegstag am 24. Februar lag der offizielle Wechselkurs bei 29,25 Hrywnja für einen US-Dollar und ist seitdem auf diesem Stand geblieben. Bei anderen ukrainischen Banken weicht der Kurs nicht mehr als zehn Prozent davon ab. Im März lag die Inflation in der Ukraine um 13,7 Prozent über dem Vorjahresmonat. Insbesondere Lebensmittel verteuerten sich beinahe um 20 Prozent./ast/DP/stk
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740965-ukraine-krieg-zentralbank-hat-wechselkurs-zum-us-dollar-eingefroren-016.htm

PAKISTAN – Pakistans Premierminister Imran Khan durch Misstrauensvotum abgesetzt – 9.4.2022
Von Asif Shahzad, Syed Raza Hassan
ISLAMABAD, 10. April (Reuters) – Der pakistanische Premierminister Imran Khan ist am Sonntag bei einer Vertrauensabstimmung im Parlament gestürzt worden, nachdem er von seinen Koalitionspartnern im Stich gelassen worden war, die ihm die Schuld an der bröckelnden Wirtschaft und der Nichteinhaltung seiner Wahlversprechen geben.
Das Ergebnis der Abstimmung, die den Höhepunkt einer 13-stündigen Sitzung mit wiederholten Verzögerungen darstellte, wurde kurz vor 1 Uhr (20:00 GMT am Samstag) vom Vorsitzenden des Unterhauses, Ayaz Sadiq, bekannt gegeben.
Der 69-jährige Khan wurde nach dreieinhalb Jahren an der Spitze des 220 Millionen Einwohner zählenden, atomar bewaffneten Landes, in dem das Militär seit fast der Hälfte seiner fast 75-jährigen Geschichte regiert, abgesetzt.
Die Abstimmung am späten Abend folgte auf mehrere Vertagungen im Plenarsaal, die aufgrund langer Reden von Mitgliedern von Khans Partei einberufen wurden, die von einer US-Verschwörung zur Absetzung des Kricket-Stars und heutigen Politikers sprachen.
Die Oppositionsparteien konnten in der 342 Mitglieder zählenden Kammer 174 Stimmen für den Misstrauensantrag sammeln, so Sadiq, der damit eine Mehrheit erhielt.
„Damit ist der Antrag gegen Premierminister Imran Khan angenommen“, sagte er unter dem Klopfen der Tische.
Bei der Abstimmung waren nur wenige Abgeordnete von Khans Regierungspartei anwesend.
Das Parlament stimmte ab, nachdem der mächtige Armeechef des Landes, General Qamar Javed Bajwa, mit Khan zusammengetroffen war, sagten zwei Quellen, die anonym bleiben wollten, da die Kritik an der Verzögerung des parlamentarischen Prozesses zunahm.
Das Parlament wird am Montag zusammentreten, um einen neuen Premierminister zu wählen.
Oppositionsführer Shehbaz Sharif, der Spitzenkandidat für die Führung Pakistans, sagte, die Absetzung Khans sei die Chance für einen Neuanfang.
„Ein neuer Anfang hat begonnen… Diese Allianz wird Pakistan wieder aufbauen“, sagte Sharif, 70, im Parlament.
Sharif, der jüngere Bruder des dreimaligen Premierministers Nawaz Sharif, hat den Ruf eines effektiven Verwalters. mehr lesen
Die Wahlen sind nicht vor August 2023 fällig. Die Opposition hat jedoch erklärt, dass sie vorgezogene Wahlen anstrebt, allerdings erst, nachdem sie Khan eine politische Niederlage zugefügt und ein Gesetz verabschiedet hat, das ihrer Meinung nach erforderlich ist, um sicherzustellen, dass die nächsten Wahlen frei und fair sind.
Khan gelangte 2018 mit Unterstützung des Militärs an die Macht, verlor aber kürzlich seine parlamentarische Mehrheit, als Verbündete seine Koalitionsregierung verließen. Es gab auch Anzeichen dafür, dass er die Unterstützung des Militärs verloren hatte, sagten Analysten.
Die Oppositionsparteien sagen, er habe es nicht geschafft, die durch COVID-19 angeschlagene Wirtschaft wiederzubeleben oder die Versprechen zu erfüllen, Pakistan zu einer korruptionsfreien, wohlhabenden und auf der Weltbühne respektierten Nation zu machen.
Mit seiner Absetzung setzt sich Pakistans wenig beneidenswerte Bilanz der politischen Instabilität fort: Seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1947 hat noch kein Premierminister seine Amtszeit vollständig beendet, obwohl Khan der erste ist, der durch ein Misstrauensvotum abgesetzt wurde.
Khans Verbündete blockierten letzte Woche den Misstrauensantrag und lösten das Unterhaus des Parlaments auf, woraufhin der Oberste Gerichtshof des Landes intervenierte und die Abstimmung zuließ.
Zuvor hatte Khan die Vereinigten Staaten beschuldigt, seine Absetzung zu unterstützen, weil er Moskau zu Gesprächen mit Präsident Wladimir Putin besucht hatte, kurz nachdem Russland am 24. Februar in der Ukraine einmarschiert war. Washington wies diesen Vorwurf zurück.
Muhammad Ali Khan, ein Abgeordneter von Khans Partei, sagte, der Premierminister habe bis zum Schluss gekämpft und werde in Zukunft an die Spitze des Parlaments zurückkehren.
Berichte von Asif Shahzad, Syed Raza Hassan und Gibran Naiyyar Peshimam in Islamabad; Redaktion: Sanjeev Miglani; Bearbeitung: William Mallard, Jan Harvey und Jonathan Oatis
https://www.newsbreak.com/news/2567494009773/pakistan-s-prime-minister-imran-khan-ousted-in-no-confidence-vote
=> Misstrauensvotum: Pakistans Premier Khan abgesetzt – 9.4.2022
Der pakistanische Premierminister Imran Khan ist durch ein Misstrauensvotum im Parlament gestürzt worden. 174 Abgeordnete stimmten am Samstag für den Antrag der Opposition, wie der amtierende Parlamentspräsident Sardar Ayaz Sadiq mitteilte. Anhängerinnen und Anhänger der Regierungsparteien hatten den Saal zuvor verlassen. …
https://orf.at/stories/3258897/

ISRAEL – NACHTRAG – Israel – Attentäter von Tel Aviv von Sicherheitskräften erschossen – In den vergangenen Wochen bereits mehrere Anschläge mit 13 getöteten Menschen – NACHTRAG: 8.4.22
Jerusalem (Reuters) – Nach dem Anschlag in einer Bar in Tel Aviv mit zwei Todesopfern ist der mutmaßliche palästinensische Angreifer israelischen Angaben zufolge von den Sicherheitskräften nach stundenlanger Großfahndung erschossen worden.
Israel – Attentäter von Tel Aviv von Sicherheitskräften erschossen
Der Mann habe sich in der Nähe einer Moschee in Jaffa, südlich von Tel Aviv, versteckt und sei dort entdeckt worden, teilte der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Bet am Freitag mit. Bei einem anschließenden Schusswechsel sei er getötet worden. Es handele sich um einen Palästinenser aus dem besetzten Westjordanland. Er war den Angaben zufolge am Donnerstagabend in eine Bar im Zentrum von Tel Aviv eingedrungen und hatte um sich geschossen. Zwei Menschen seien getötet, drei weitere schwer verletzt worden. Der Angreifer flüchtete. Hunderte Sicherheitskräfte waren an der Fahndung beteiligt.
In den vergangenen Wochen war es bereits zu mehreren Anschlägen in Israel gekommen. Dabei wurden 13 Menschen getötet.
https://www.onvista.de/news/israel-attentaeter-von-tel-aviv-von-sicherheitskraeften-erschossen-532948675
https://www.newsbreak.com/news/2566458540653/israeli-forces-kill-palestinian-gunman-after-tel-aviv-bar-attack
=> Attentäter getötet: Zwei Tote nach Schüssen im Zentrum Tel Avivs – 7./8.4.2022
Bei einem Anschlag im Zentrum der israelischen Stadt Tel Aviv sind nach offiziellen Angaben zwei Menschen getötet und 16 weitere verletzt worden. Der Täter konnte erst fliehen, nach stundenlanger Fahndung wurde er Freitagfrüh von Sicherheitskräften getötet.
https://orf.at/stories/3258535/

ISRAEL – NACHTRAG – Mindestens 2 Tote bei Angriff in einer Bar in Tel Aviv, laut Polizei – NACHTRAG: 7.4.2022
TEL AVIV, 7. April (Reuters) – Ein mutmaßlicher arabischer Bewaffneter hat am Donnerstag bei einem Angriff auf eine Bar an einem Hauptboulevard von Tel Aviv mindestens zwei Menschen getötet, wie die Polizei und ein Krankenhaus mitteilten.
Bürgermeister Ron Huldai sagte, die Schießerei zu Beginn des Wochenendes in Israel sei vermutlich von einem arabischen Angreifer mit „nationalistischen“ Motiven verübt worden, der eine Kneipe betrat und das Feuer eröffnete. Drei weitere Menschen wurden schwer verletzt.
Hunderte von Rettungskräften trafen am Tatort ein, und die Polizei, die nach dem Schützen suchte, forderte die Anwohner auf, in den Häusern zu bleiben.
Fernsehbilder zeigten, wie bewaffnete Beamte die Dizengoff-Straße, eine belebte Straße mit Geschäften, Bars und Restaurants, sowie Seitengassen entlangliefen, um den Angreifer aufzuspüren. Ein Polizeihubschrauber leuchtete mit einem Scheinwerfer von oben.
„Ein Terrorist eröffnete das Feuer aus kurzer Distanz und flüchtete dann zu Fuß. Mehrere Menschen sind verwundet“, sagte Polizeisprecher Eli Levy im Fernsehsender Channel 13. „Verlassen Sie nicht Ihre Häuser. Stecken Sie Ihren Kopf nicht aus dem Fenster. Bleiben Sie von Ihren Balkonen weg.“
*** Die palästinensische Islamistengruppe Hamas lobte den Anschlag.
Im nahe gelegenen Ichilov-Krankenhaus wurde Mark Malfiev, 27, wegen einer Schusswunde behandelt. Er sagte, er sei gerade an der Bar vorbeigegangen, als die Schießerei begann.
„Ich sah das Fenster zerspringen, die Leute fingen plötzlich an zu rennen, und ich spürte, wie ich in den Rücken getroffen wurde“, sagte er Reportern vom Krankenhausbett aus. „Ich fühlte eine Menge Blut. Ich habe Blut gesehen.“
Vor der Schießerei am Donnerstag waren in Israel im letzten Monat 11 Menschen von arabischen Angreifern getötet worden, der höchste Anstieg seit Jahren.
„Entsetzt über einen weiteren feigen Terroranschlag auf unschuldige Zivilisten, dieses Mal in Tel Aviv. Ich bete für den Frieden und spreche den Opfern und ihren Familien mein Beileid aus. Das muss aufhören!“ sagte der US-Botschafter Tom Nides auf Twitter. – Berichte von Ammar Awad, Dedi Hayoun, Ari Rabinovitch; Bearbeitung durch Howard Goller
https://www.newsbreak.com/news/2565958083083/at-least-2-dead-in-attack-at-tel-aviv-bar-police-say
=> 4th Terror Attack in Two Weeks | Two Killed, Ten Wounded in Tel Aviv Shooting Attack, Assailant Shot Dead – 7.4.2022
https://www.haaretz.com/israel-news/at-least-five-wounded-in-tel-aviv-shooting-manhunt-underway-1.10728376

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RUSSLAND – UKRAINE – Die Kriegsnacht im Überblick: Ukraine: 80 feindliche Soldaten getötet – Selenskyj lobt britische Hilfe * Meldungskranz am Ende des Beitrags – 10.4.2022, 7:04
Während Kiew keine Bewegung bei den Verhandlungen mit Moskau sieht, melden ukrainischen Streitkräfte die Tötung Dutzender Soldaten bei Angriffen auf russische Verbände. Nach dem Blitz-Besuch von Premier Johnson lobt Präsident Selenskyj die britische Unterstützung für die Ukraine.
*** Kiew: Keine Fortschritte bei Verhandlungen
Die Ukraine rechnet nicht mit einem baldigen Treffen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin zu Friedensverhandlungen. „Zu sagen, dass sie sich in einer Woche, in zwei Wochen treffen werden – nein, das wird so nicht passieren“, sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak im ukrainischen Fernsehen. Die Ukraine bestehe weiter auf starke Sicherheitsgarantien und zahle dafür einen sehr hohen Preis, meinte Podoljak. „Ja, es ist hart, wir verlieren jeden Tag Menschen und Infrastruktur. Aber Russland muss sich von seinen imperialen Illusionen befreien.“
Der ukrainische Chefunterhändler David Arachamija sagte, es gebe keine greifbaren Fortschritte. Für Kiew bleibe die territoriale Einheit eine rote Linie. „Wir werden keine Gebiete aufgeben, und wir werden nichts anerkennen“, sagte er mit Blick auf die 2014 von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim und die ostukrainischen „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk.
*** Selenskyj würdigt Besuch von Johnson
Unterdessen dankte Selenskyj dem britischen Premierminister Boris Johnson für seinen Besuch am Samstag in Kiew. Das Treffen mit Johnson zeige, dass es „keine Hindernisse für die Freiheit“ gebe, sagte der Präsident. „Die Führungsrolle Großbritanniens bei unserer Unterstützung, insbesondere im Bereich der Verteidigung, und auch die Führungsrolle in der Sanktionspolitik – sie werden für immer in die Geschichte eingehen.“ Mit Johnson habe er auch über weitere finanzielle und verteidigungspolitische Hilfen für Kiew gesprochen.
*** London: Russische Armee nutzt Zivilisten als Schutzschilde
Nach Erkenntnissen des britischen Geheimdienstes gibt es nach dem russischen Abzug aus dem Norden der Ukraine Beweise, dass nicht am Kampfgeschehen beteiligte Menschen auf unverhältnismäßige Weise zur Zielscheibe geworden sind. Es gebe Massengräber, Geiseln seien als menschliche Schutzschilde gebraucht und zivile Infrastruktur vermint worden, teilte das britische Verteidigungsministerium auf Twitter mit.
*** Stoltenberg spricht von „neuer Realität“
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht das Verteidigungsbündnis in einem „grundlegenden Wandel“. „Egal wann oder wie der Krieg in der Ukraine aufhört, der Krieg hat bereits langfristige Konsequenzen für unsere Sicherheit“, sagte Stoltenberg der britischen Zeitung „Sunday Telegraph“. „Was wir jetzt sehen, ist eine neue Realität, eine neue Normalität für die europäische Sicherheit.“ An diese „neue Realität“ müsse sich die NATO nun längerfristig anpassen. Dafür sei ein „Reset“ notwendig. Er erwarte Entscheidungen dazu beim NATO-Gipfel in Madrid Ende Juni, so Stoltenberg.
*** Ukraine: 80 russische Soldaten bei Gefechten getötet
In der Region Donezk geht der russische Beschuss weiter. Nach ukrainischen Angaben wurden dabei mindestens fünf Zivilisten getötet und fünf weitere verletzt. Auch im nordöstlichen Gebiet Charkiw habe die russische Artillerie am Samstag Siedlungen beschossen, teilten ukrainische Behörden mit. Dabei seien mindestens zwei Menschen getötet und ein Mensch verletzt worden.
Ukrainische Kräfte hätten bei Angriffen auf russische Truppen unter anderem 80 Soldaten getötet sowie drei Panzer und je ein Flugzeug und einen Hubschrauber zerstört. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
*** Moskau: Hunderttausende Zivilisten nach Russland geflüchtet
Nach Militärangaben in Moskau sollen seit dem 24. Februar mehr als 700.000 Menschen aus den Separatistengebieten Donezk und Luhansk sowie anderen Teilen der Ukraine nach Russland evakuiert worden sein. Allein am Samstag hätten knapp 27.000 Menschen die umkämpften Regionen Richtung Russland verlassen, sagte Generaloberst Michail Misinzew vom russischen Verteidigungsministerium. Aus der seit Anfang März umkämpften südukrainischen Hafenstadt Mariupol seien 134.000 Menschen gerettet worden. Die Zahlen sind nicht unabhängig zu prüfen.
*** Ukraine verhängt Handelsembargo gegen Russland
Wegen der russischen Invasion stellte die Ukraine nun die Handelsbeziehungen mit Moskau komplett ein. „Das ist die juristische Verankerung der faktischen Einstellung der Handelsbeziehungen mit der Russischen Föderation vom 24. Februar“, sagte Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko gemäß dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Regierung schätzt die Verluste Moskaus aus dem Boykott auf umgerechnet rund 5,5 Milliarden Euro. Ein Teilimportstopp für russische Waren gilt bereits seit 2015. Kiew transportiert aber weiter täglich mehr als 100 Millionen Kubikmeter russischen Erdgases nach Westen.
Das wird heute wichtig
* In mehreren deutschen Städten sind pro-russische Demonstrationen und pro-ukrainische Gegenveranstaltungen geplant. So soll in Frankfurt eine Kundgebung unter strengen Auflagen stattfinden. Laut der Stadt werden bis zu 2000 Teilnehmer erwartet. Mehrere Gruppierungen rufen zu Gegendemonstrationen auf.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa
https://www.n-tv.de/politik/Ukraine-80-feindliche-Soldaten-getoetet-Selenskyj-lobt-britische-Hilfe-article23258964.html
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RUSSLAND – UKRAINE – GESAMT-ROUNDUP/EU sieht weitere Kriegsverbrechen – diskutiert Waffenlieferungen – 9.4.2022, 18:59
KIEW (dpa-AFX) – Nach dem Raketentreffer auf einen Bahnhof in der Ukraine mit vielen getöteten Zivilisten hat der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, mehr Waffenlieferungen an das Land gefordert. Diese seien derzeit entscheidender als ein Gas-Embargo, führte er am Samstag aus. Die EU hatte zuvor ebenso wie die USA Russland für den Angriff auf den Bahnhof im ostukrainischen Kramatorsk mit mehr als 50 Toten verantwortlich gemacht. Der außenpolitische Sprecher der EU sprach von einem Kriegsverbrechen.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich erneut erschüttert über das Vorgehen der russischen Armee im Kiewer Vorort Butscha, den sie am Vortag besucht hatte. „Mein Instinkt sagt: Wenn das kein Kriegsverbrechen ist, was ist dann ein Kriegsverbrechen? Aber ich bin eine gelernte Ärztin und das müssen nun Juristen sorgfältig ermitteln“, sagte sie am Samstagmorgen auf der Rückreise von Kiew nach Polen. Am Nachmittag reiste mit dem britischen Premierminister Boris Johnson ein weiterer westlicher Spitzenpolitiker nach Kiew und traf sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Bei einer internationale Geberkonferenz für die Ukraine-Flüchtlingshilfe kamen in Warschau Spenden- und Kreditzusagen von mehreren Milliarden Euro zusammen.
*** EU macht Russland für Raketenangriff verantwortlich
Nachdem zuvor auch schon das US-Verteidigungsministerium Russland die Verantwortung für den Raketenangriff in der ostukrainischen Stadt gegeben hat, sagte der außenpolitische Sprecher der EU in einer Mitteilung am Samstag, die EU sei zutiefst schockiert von Russlands Angriff. „Das war ein brutaler, wahlloser Bombenangriff auf unschuldige Zivilisten, darunter viele Kinder, die auf der Flucht waren aus Angst vor einem weiteren russischen Angriff auf ihre Heimat und ihr Land“, sagte der Sprecher. Die Verantwortlichen für dieses Kriegsverbrechen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.
„Die von den russischen Streitkräften begangenen Gräueltaten in Butscha, Borodjanka und anderen Städten und Dörfern, die jüngst durch die ukrainische Armee von der russischen Besatzung befreit wurden, sowie der brutale Angriff auf den Bahnhof von Kramatorsk sind Teil der verwerflichen Zerstörungstaktiken des Kremls“, hieß es weiter. „Die eklatanten Versuche, die Verantwortung Russlands für diese und andere Verbrechen durch Desinformation und Medienmanipulationen zu verschleiern, sind inakzeptabel“, sagte der Sprecher.
Pentagon-Sprecher John Kirby hatte zuvor erklärt, Russlands offizielle Dementis nach dem Angriff auf den Bahnhof seien nicht überzeugend. „Unsere Einschätzung ist es, dass das ein russischer Angriff war und dass sie eine ballistische Kurzstreckenrakete genutzt haben, um ihn auszuführen“, sagte er. Ukrainischen Angaben nach starben bei dem Angriff am Freitag mehr als 50 Menschen, über 100 weitere wurden verletzt.
*** EU-Außenbeauftragter wirbt für Waffenlieferungen
Angesichts der erwarteten russischen Offensive in der Ostukraine drängte der EU-Außenbeauftragte Borrell am Samstag die Mitgliedstaaten dazu, ihre Waffenlieferungen zu verstärken. „Legt den Schwerpunkt auf Waffenlieferungen“, forderte er nach seinem Besuch in Kiew auf seiner Rückreise nach Polen. „Sanktionen sind wichtig, aber Sanktionen werden das Problem der Schlacht im Donbass nicht lösen.“ Es sei klar: „Der Krieg wird in der Schlacht um den Donbass entschieden.“
Der Begriff Donbass wird teils synonym für die beiden ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk verwendet, die von prorussischen Separatisten beansprucht werden. An diesem Montag beraten die EU-Außenminister über die Unterstützung für die Ukraine. Dabei wird es auch um eine weitere Einschränkung der Energie-Importe aus Russland gehen.
*** Geberkonferenz sammelt Milliardenhilfen
Borell war gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen nach einem Besuch im ukrainischen Kriegsgebiet sicher nach Polen zurückgekehrt. Am Nachmittag nahm von der Leyen in Warschau an der Geberkonferenz für die Ukraine teil, die mehr als 9 Milliarden Euro einbrachte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte per Videobotschaft, Deutschland stelle zusätzliche 425 Millionen Euro an humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe für die Ukraine und ihre Nachbarstaaten zur Verfügung. Hinzu kämen 70 Millionen Euro an medizinischer Unterstützung.
Von der Leyen hatte am Freitag in Kiew den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen und sich ein Bild von der Lage in Butscha gemacht, wo derzeit Untersuchungen zu Kriegsverbrechen der russischen Armee laufen. Am vergangenen Wochenende waren dort zahlreiche Leichen ermordeter Zivilisten gefunden worden, teils gefesselt am Straßenrand.
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal, der sie nach Butscha begleitet hat, habe ihr Fotos von den Gräueln gezeigt, sagte von der Leyen. „Menschen wurden im Vorbeigehen getötet“, sagte sie dazu. „Wir konnten auch mit unseren eigenen Augen sehen, dass die Zerstörung in der Stadt in das zivile Leben zielte. Wohnhäuser sind keine militärischen Ziele.“ Von der Leyen sagte, dass die EU sich nun an den Ermittlungen der Ukrainer in einem gemeinsamen Team beteilige.
*** Britischer Premier Johnson und Österreichs Kanzler Nehammer in Kiew
Selenskyj traf am Samstag den britischen Premier Boris Johnson, der unangekündigt nach Kiew gereist war. Ein britischer Regierungssprecher sprach von einem „Zeichen der Solidarität mit dem ukrainischen Volk“. Die beiden wollten die langfristige Unterstützung Großbritanniens für die Ukraine besprechen. Johnson wolle ein neues Paket finanzieller und militärischer Hilfe darlegen. Zuvor hatte Selenskyj bereits Österreichs Kanzler Karl Nehammer getroffen. „Das ist ein wunderbares Signal, dass die Führer europäischer Staaten damit anfangen, hierher zu kommen und uns nicht nur mit Worten unterstützen“, dankte Selenskyj ihm.
*** Weitere Kämpfe im Osten der Ukraine, Russlands Armee bestätigt Angriffe auf Dnipro und Poltawa
Die Angriffe russischer Einheiten im Donbass im Osten der Ukraine gehen ukrainischen Angaben zufolge weiter. Die russischen Truppen konzentrierten sich darauf, die Orte Rubischne, Nischne, Popasna und Nowobachmutiwka zu übernehmen und die volle Kontrolle über die Stadt Mariupol zu erlangen, berichtete die Agentur Unian unter Berufung auf den Bericht zur militärischen Lage des ukrainischen Generalstabs am Samstagmorgen.
Russlands Armee bestätigte neue Angriffe in den ukrainischen Gebieten Dnipro und Poltawa. Unweit der südostukrainischen Stadt Dnipro sei in der Nacht zum Samstag ein Waffenlager mit Raketen beschossen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministerium, Igor Konaschenkow. In Myrhorod im zentralukrainischen Poltawa richtete sich ein Angriff demnach gegen einen Flugplatz. Von ukrainischer Seite hieß es, dabei seien zwei Menschen verletzt worden.
*** Präsident Selenskyj verlangt erneut Öl- und Gasembargo
Der ukrainische Präsident Selenskyj kündigte an, weiter auf Friedensverhandlungen mit Moskau zu setzen. „Leider sehen wir parallel die Vorbereitungen für einen wichtigen – einige sagen: den entscheidenden – Kampf im Osten unseres Staates“, sagte Selenskyj am Samstag. Das werde eine schwere Schlacht. Trotzdem sei Kiew „vorerst“ zu Verhandlungen mit Russland bereit. Zuvor hatte er nach dem Angriff in Kramatorsk erneut eine entschiedene Antwort der internationalen Gemeinschaft gefordert. Selenskyj verlangte ein vollständiges Embargo auf russisches Öl und Erdgas.
*** Innenpolitiker fordern striktes Vorgehen bei pro-russischen Demos
In Deutschland forderten Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Innenpolitiker unterdessen mit Blick auf geplante pro-russische Demonstrationen am Wochenende ein striktes Durchgreifen der Polizei bei Verstößen gegen Auflagen oder Gesetze. „Das Zeigen des „Z“ verherrlicht Kriegsverbrechen und kann deshalb unserer Ansicht nach strafrechtlich verfolgt werden. Hier brauchen wir ein konsequentes Einschreiten der Polizei“, sagte Faeser der „Welt am Sonntag“./uvo/DP/stk
© 2022 dpa-AFX
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740968-gesamt-roundup-eu-sieht-weitere-kriegsverbrechen-diskutiert-waffenlieferungen-016.htm
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740785-gesamt-roundup-eu-bezeichnet-angriff-auf-bahnhof-als-kriegsverbrechen-russlands-016.htm

RUSSLAND – UKRAINE – Der 45. Kriegstag im Überblick: Briten liefern 120 gepanzerte Fahrzeuge – Russische Truppen üben in Kaliningrad * Meldungskranz am Ende des Beitrags – 9.4.2022, 21:04
Im Gegensatz zum Besuch des österreichischen Kanzlers Nehammer kam der von Johnson für die Öffentlichkeit überraschend. Johnson sagt die Lieferung weiterer Waffensysteme zu. Der ukrainische Präsident Selenskyj erwartet unterdessen „harte Schlachten im Osten“ – und die Russen halten ein Manöver in ihrer an der Ostsee gelegenen Exklave Kaliningrad ab. Der 45. Kriegstag im Überblick.
*** Johnson und Nehammer bei Selenskyj
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den britischen Premier Boris Johnson getroffen, der unangekündigt nach Kiew gereist war. Ein britischer Regierungssprecher sprach von einem „Zeichen der Solidarität mit dem ukrainischen Volk“. Johnson twitterte, dass Großbritannien „ein neues Paket an finanzieller und militärischer Hilfe schnürt, das unser Engagement für den Kampf seines Landes gegen den barbarischen Feldzug Russlands beweist“. Zusätzlich zu der am Freitag angekündigten Militärausrüstung im Wert von 100 Millionen Pfund werde Großbritannien der Ukraine 120 gepanzerte Fahrzeuge und neue Schiffsabwehrraketen liefern, teilt Johnsons Büro mit.
Zuvor hatte Selenskyj bereits Österreichs Kanzler Karl Nehammer getroffen. „Das ist ein wunderbares Signal, dass die Führer europäischer Staaten damit anfangen, hierher zu kommen und uns nicht nur mit Worten unterstützen“, dankte Selenskyj ihm. Zudem bekräftigte Selenskyj, dass sich russische Truppen im Osten der Ukraine versammelten. „Das wird eine harte Schlacht“, sagte er auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Nehammer.
*** Interfax meldet russisches Militärmanöver in Kaliningrad
Russland hat derweil ein Militärmanöver in seiner westlichen an der Ostsee gelegenen Exklave Kaliningrad abgehalten. Das meldete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Baltische Flottenkommando der russischen Marine. Beteiligt gewesen seien bis zu 1000 Militärangehörige. Außerdem hätten Kampfjets vom Typ Su-27 und Bomber vom Typ Su-24 über Nacht Angriffe auf Boden- und Luftziele geübt. Ein Grund für die Manöver wurde nicht genannt. Kaliningrad liegt an der Ostsee zwischen den NATO-Ländern Polen und Litauen. Am Mittwoch hatte der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko die europäischen Staaten davor gewarnt, sollten sie gegen die Exklave vorgehen, wäre dies ein Spiel mit dem Feuer.
*** Kämpfe in Ost-Ukraine gehen weiter – Salpetersäure-Wolke über Stadt?
Die Angriffe russischer Einheiten im Donbass im Osten der Ukraine gingen ukrainischen Angaben zufolge auch heute weiter. Die russischen Truppen konzentrierten sich darauf, die Orte Rubischne, Nischne, Popasna und Nowobachmutiwka zu übernehmen und die volle Kontrolle über die Stadt Mariupol zu erlangen, berichtete die Agentur Unian unter Berufung auf den Bericht zur militärischen Lage des ukrainischen Generalstabs am Samstagmorgen.
Unweit von Rubischne wurde im Kampfverlauf offenbar ein Lager mit Salpetersäure durch Beschuss beschädigt. „Wenn Sie in einem Gebäude sind, schließen Sie Türen und Fenster!“, warnte der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, heute. Menschen in Bombenschutzkellern sollten diese nicht verlassen. Gleichzeitig veröffentlichte er auf Telegram ein Video mit einer dicken rötlichen Wolke, die von Salpetersäure stammen soll. Hajdaj sprach von russischem Beschuss. Die prorussischen Separatisten von Luhansk machten dagegen ukrainische Kräfte für den Chemieunfall verantwortlich. Die Berichte waren nicht unabhängig überprüfbar.
*** Borrell: Waffenlieferungen wichtiger als Gas-Embargo
Nach dem gestrigen Raketentreffer auf einen Bahnhof in der Ukraine mit vielen getöteten Zivilisten forderte der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, unterdessen mehr Waffenlieferungen an das Land. Diese seien derzeit entscheidender als ein Gas-Embargo, führte er aus. Die EU hatte zuvor ebenso wie die USA Russland für den Angriff auf den Bahnhof im ostukrainischen Kramatorsk mit mehr als 50 Toten verantwortlich gemacht. Der außenpolitische Sprecher der EU sprach von einem Kriegsverbrechen.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich erneut erschüttert über das Vorgehen der russischen Armee im Kiewer Vorort Butscha, den sie am Vortag besucht hatte. „Mein Instinkt sagt: Wenn das kein Kriegsverbrechen ist, was ist dann ein Kriegsverbrechen? Aber ich bin eine gelernte Ärztin und das müssen nun Juristen sorgfältig ermitteln“, sagte sie heute Morgen auf der Rückreise von Kiew nach Polen.
*** Geberkonferenz mit 10,1 Milliarden vorwiegend für Flüchtlinge
In Warschau angekommen, durfte von der Leyen inmitten der Kriegsgräuel eine aufbauende Nachricht verkünden. Bei einer weltweiten Spendenaktion für Geflüchtete aus der Ukraine waren mittlerweile Zusagen in Höhe von insgesamt 10,1 Milliarden Euro zusammengekommen. Bei der „Stand Up For Ukraine“-Kampagne seien 9,1 Milliarden Euro zugesagt worden, eine weitere Milliarde stelle die EU-Kommission gemeinsam mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung bereit, verkündete die EU-Kommissionspräsidentin. Mit den Spenden sollen innerhalb der Ukraine Vertriebene sowie in Nachbarländer Geflüchtete unterstützt werden.
*** Russlands Truppen soll nun Syrien-erfahrener General leiten
Seit Tagen wird spekuliert, wie sich Russland neben der angekündigten Konzentration auf den Osten in seinem Angriffskrieg weiter verhalten wird. Nun soll das Land seine oberste Kriegsführung in der Ukraine umorganisiert haben. Einem westlichen Regierungsvertreter zufolge wird der Angriff nun von dem General Alexander Dwornikow geleitet, der umfassende Kriegserfahrung aus Syrien hat.
Dwornikow trat nach offiziellen Angaben 1978 in die Rote Armee ein und war in den 90er-Jahren auch in der DDR stationiert. Er ist zuletzt Befehlshaber im südlichen Wehrbezirk Russlands gewesen. Für seinen Einsatz im Syrien-Krieg wurde er 2016 von Präsident Wladimir Putin mit dem Heldenstatus ausgezeichnet. Offiziell wurde der Kommandowechsel von russischer Seite zunächst nicht bestätigt. Quelle: ntv.de, mpe/dpa/rts
https://www.n-tv.de/politik/Briten-liefern-120-gepanzerte-Fahrzeuge-Russische-Truppen-ueben-in-Kaliningrad-article23258737.html
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Massaker von Butscha – „Der Mensch empfindet Lust am Töten“
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„Steigerung der Enthemmung“ – So funktioniert die russische Propaganda
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Lage in Mali immer gefährlicher – Putins Söldner stehen schon bereit (Gastbeitrag)
https://www.n-tv.de/politik/Putins-Soeldner-stehen-schon-bereit-article23255891.html
Ukrainischer Pop-Star in Berlin – Jerry Heil dichtet „Putin, du Arschloch“ um
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RUSSLAND – UKRAINE – DEUTSCHLAND – Zeitungsbericht: Verteidigungsministerium hielt laut schweres Kriegsgerät zurück – Keine geparkten Panzer der Ukraine angeboten – Liste lieferbarer Waffen der Ukraine erst am 30. März übergeben: Liste lieferbarer Waffen in Geheimtreffen mit Vertretern der Rüstungsindustrie am 28. Februar erbeten – 9.4.2022
Berlin – Das Bundesverteidigungsministerium weiß laut eines Medienberichts seit Kriegsbeginn von der Existenz Hunderter an die Ukraine lieferbarer Panzer – und hat sie womöglich bewusst zurückgehalten. Wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf „Branchenkreise“ schreibt, sei im Haus von Christine Lambrecht (SPD) ebenfalls bekannt, welche Panzer verfügbar sind und welche Kosten die Industrie für die Fahrzeuge veranschlagt.
Es handelt sich demnach dabei um Panzer älterer Baureihen: So gebe es Zugriff auf mindestens rund 200 bei der Bundeswehr oder in anderen Armeen nicht mehr eingesetzte Kampfpanzer Leopard 1A5. Zudem stünden bei der Bundeswehr aussortierte Marder-Schützenpanzer und Gepard-Flugabwehrpanzer zur Verfügung. Sie befänden sich entweder in Depots im Inland oder seien im Ausland geparkt. Das Bundesverteidigungsministerium hatte bereits am 28. Februar in einem Geheimtreffen mit der Rüstungsindustrie um Waffen für die Ukraine gebeten. Die Ukraine erhielt allerdings wochenlang kein offizielles Angebot für Waffen aus der deutschen Industrie.
Stattdessen wurde aus Beständen der Bundeswehr geliefert. Auf dieser Liste sind de facto keine schweren Waffen verzeichnet. Die Bundesregierung hatte zwar aus den von der deutschen Industrie aufgelisteten lieferbaren Waffen eine Angebotsliste erstellt, diese wurde aber unter Verschluss gehalten und der Ukraine erst am 30. März übergeben, also mehr als einen Monat nach Kriegsbeginn.
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55741032-bericht-verteidigungsministerium-hielt-schweres-kriegsgeraet-zurueck-003.htm

RUSSLAND – UKRAINE – DEUTSCHLAND – ROUNDUP: Experten warnen vor Gas-Embargo gegen Russland – 9.4.2022
BRÜSSEL/FRANKFURT (dpa-AFX) – Energie-Experten haben vor schweren wirtschaftlichen Folgen eines Lieferstopps für russisches Gas in Reaktion auf den Krieg in der Ukraine gewarnt. „Ein volles Embargo würde eine sofortige Rezession in Europa auslösen, die Inflation würde weiter steigen und die Innenpolitik noch schwieriger werden“, sagte der Ökonom Simone Tagliapietra von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel der Deutschen Presse-Agentur. Er schlägt stattdessen vor, Zölle auf russische Energie einzuführen, um weiter Druck auf Russland auszuüben.
Raphael Hanoteaux von der Organisation E3G sagte mit Blick auf ein Gasembargo: „Die deutsche Industrie zum Beispiel würde ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren.“ Grund dafür seien Schließungen in der Industrie und noch höhere Preise. Aus der Pharmaindustrie wurde die Sorge geäußert, ein schneller Stopp von Gaslieferungen aus Russland könne die Produktion lebenswichtiger Medikamente gefährden.
Die Vorstandschefin des Herstellers Merck, Belén Garijo, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag), man benötige eine erhebliche Menge an Erdgas, vor allem zur Erzeugung von Strom und Prozessdampf. „Im Falle einer kurzfristigen Energie- und/oder Gasknappheit riskieren wir daher die Produktion und Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten und kritischen Produkten für die Entwicklung und Herstellung von Biologika und Covid-Impfstoffen.“
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie geht davon aus, dass Pharma als kritische Infrastruktur gesehen werde. „Wir erwarten, dass mögliche Restriktionen in unserer Branche zuletzt oder gar nicht kommen“, forderte Verbandschef Hans-Georg Feldmeier.
Ab Anfang August gilt ein Embargo gegen russische Kohle, auf das sich die EU-Länder diese Woche geeinigt haben. Schätzungen von Tagliapietra zufolge gibt die EU derzeit täglich 15 Millionen Euro für Kohle aus Russland aus, aber noch viel mehr für russisches Gas – etwa 400 Millionen Euro pro Tag – sowie 450 Millionen Euro für Öl aus dem Land. Daher fordern etwa Polen und die baltischen Länder weitreichendere Maßnahmen.
Ein Öl-Lieferstopp hätte nach Ansicht der Experten Konsequenzen für den Weltmarkt. „Das hätte einen Effekt auf den weltweiten Preis, da ein großer Teil des Volumens einfach nicht mehr verfügbar wäre, die Nachfrage aber nicht sinkt“, sagte Hanoteaux. Etwa die Hälfte des Öls, das von Russland nach Europa geliefert wird, kommt ihm zufolge durch Pipelines oder über Schiffe über die Nordsee, die schwierig umzuleiten wären. Ein höherer Ölpreis durch das niedrigere Angebot würde sich nicht nur auf Europa auswirken, sondern auch auf Entwicklungsländer, die schon jetzt Schwierigkeiten hätten, sagte Tagliapietra von Bruegel.
„Statt dieser Embargos wäre das Beste, sofort einen Zoll auf diese ganzen Importe von Öl und Gas zu legen“, schlägt Tagliapietra vor. Das würde seiner Ansicht nach die Einkünfte Russlands verringern und gleichzeitig die Effekte für die europäische Wirtschaft eindämmen. Da Russland sein Öl und Gas teils nur nach Europa verkaufen kann, wären Firmen wie Gazprom dazu gezwungen, einen solchen Zoll zu zahlen.
Das Geld könne genutzt werden, um die hohen Energiepreise für Verbraucher abzufedern oder den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren, so Tagliapietra. „Ein Vorteile der Zölle ist, dass wir Druck auf die Russen ausüben können: Wenn sie so weitermachen wie bisher, kann man die Zölle mit der Zeit erhöhen“, sagte Tagliapietra. Seinen Angaben zufolge untersuchen die EU-Kommission und die EU-Länder, wie man solche Zölle gestalten könnte./dub/DP/stk © 2022 dpa-AFX
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740726-roundup-experten-warnen-vor-gas-embargo-gegen-russland-016.htm

RUSSLAND – UKRAINE – ANALYSE – Krieg im Netz: Wo und wie Russlands Propaganda wirkt – Einsichtsreiche Analyseergebnisse – FAZIT: schwierig ist der differenzierte Diskurs in sozialen Netzwerken: Kritik an den USA und der NATO stärkt anscheinend automatisch die russische Position – NACHTRAG: 27.3.2022
Während der militärisch geführte Krieg in der Ukraine mit unverminderter Härte weitergeht, hat bisher gegolten, dass die Ukraine den Informationskrieg schon gewonnen hat: Die Welt stehe auf der Seite der Ukraine, die Deutungshoheit habe das angegriffene Land. Doch möglicherweise stimmt das nicht so ganz: Denn die berüchtigte Onlinepropaganda Russlands wurde ganz woanders erfolgreich gestartet – und beginnt jetzt auch im Westen sichtbarer zu werden.
Für viele war zu Beginn des Krieges überraschend, dass die russischen Trollarmeen, die unter anderem bei US-Wahlen und in der Brexit-Debatte in den sozialen Netzwerken für viel Wirbel und Desinformation gesorgt hatten, kaum zu sehen waren. Analysen zeigen jetzt, dass es sie sehr wohl gab – allerdings nicht dort, wo westliche Beobachter sie auch sofort gesehen haben.
Carl Miller und Jeremy Reffin von CASM Technology, einem Unternehmen, das sich auf Analyse von Desinformation in sozialen Netzwerken spezialisiert hat, zeichnen genau nach, wie sich schon vor der Invasion am 24. Februar auf Twitter langsam die Hashtags #IstandwithPutin und #IstandwithRussia etablierten. In den ersten Tagen des Angriffskriegs wurden auch die entsprechenden Postings mehr – sehr oft auch in Kombination mit Spam, wie der Propagandaforscher Marc Owen Jones von der Hamad Bin Khalifa University in Katar herausgefunden hat.
*** Konzertierte Aktion zu März-Beginn
Von 2. bis 4. März waren es dann Zehntausende Tweets mit diesen Hashtags. Eine konzertierte Aktion, meinen die Forscher in ihrer Analyse auf der Website des Thinktanks Institute for Strategic Dialogue (ISD). Denn einige Tage danach sind nur noch rund ein Viertel der 80.000 Tweets abrufbar. Etliche der Accounts, die die prorussischen Botschaften verbreiteten, wurden wieder gelöscht oder gesperrt.
Im Westen fiel diese Aktion allerdings kaum auf, weil sie vor allem in anderen Twitter-Sphären passierte, wie Miller auf Twitter ausarbeitet. Mit den datenforensischen Methoden wurde untersucht, welche Accounts für die Verbreitung sorgten, diese wurden für eine Analyse nach verschiedenen Kategorien geclustert. Insgesamt acht unterschiedliche Gruppen macht Miller fest. Und die meisten davon würden sich an ein Publikum in Asien und Afrika richten.
*** Mutmaßlich viele Bots und gekaufte Poster
Viele der Twitter-Konten waren demnach neu angelegt und hatten wenige Follower. Darunter mischten sich allerdings auch schon länger bestehende Accounts. Das und die hohe Dichte an Retweets, also bloßen Weiterleitungen ohne eigene Anmerkungen, legen die Vermutung nahe, dass es sich hier um eine Mischung aus Bots, also rein maschinell agierenden Accounts, und „gekauften“ Twitter-Konten handelt. Dass für soziale Netzwerke reale User in Hunderter- oder gar Tausender-Paketen gekauft werden können, vor allem in Asien, ist lange bekannt.
Zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommt eine Analyse des Digital Forensic Research Lab (DFRLab) des Thinktanks Atlantic Council. Auch in dieser Studie wurde eine konzertierte, wenige Tage andauernde Aktion identifiziert, die quasi die Initialzündung für prorussische Propaganda auf Twitter darstellte.
*** Indien und Afrika im Fokus
Nach geografischer Verortung ist laut einer weiterführenden Studie, die von Miller und Kollegen mittlerweile veröffentlicht wurde, Indien einer der Hauptschauplätze dieser Gruppen, dazu kommen aber auch User, die sich mit den Sprachen Urdu und Farsi an pakistanische und andere Communitys richten.
GRAPHIK: mittels Diskursanalyse acht Cluster erarbeitet
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COPYRIGHT CASM technology – https://www.casmtechnology.com/case-studies/discourse-driven-community-detection
In Afrika waren laut Miller in Nigeria, Kenia und Südafrika die meisten Postings zu verorten, teilweise in Kombination mit einem anderen rein kommerziellen Netzphänomen: Spam. So führte einer der meistgeteilten Links mit einem #IstandwithRussia-Hashtag auf die Website eines Gebrauchtwagenhändlers. Das südafrikanische Cluster war laut Miller das „organischste“,also jenes mit den meisten realen Usern. Ein Grund dafür ist wohl, dass eine Tochter von Ex-Präsident Jacob Zuma mit großer Follower-Zahl die Postings teilte.
*** Westen als – dankbares – Feindbild
Auf fruchtbaren Boden fällt die russische Propaganda deswegen, weil sie an Erfahrungen in diesen Ländern anknüpft. Als unter dieser Prämisse oft nicht von der Hand zu weisendes Feindbild wird der westliche Imperialismus gezeichnet, sehr oft am Beispiel der NATO, auch ganz ungeachtet dessen, dass der Krieg auch als russischer Imperialismus gedeutet wird. Befeuert wird aber auch der Gegensatz zwischen Westen und Globalem Süden, zwischen westlichen Industriestaaten und den BRICS-Ländern.
*** In Memes und Karikaturen wird dem Westen Doppelmoral vorgeworfen
In Indien knüpfen prorussische Postings laut den Analysen häufig an den nationalistischen Positionen der regierenden BJP von Premier Narendra Modi an. Im arabischen Raum wird auf die unrühmliche Rolle der USA und der NATO etwa im Irak verwiesen. Und in Afrika verweist man darauf, dass die Flüchtlingsproblematik auf dem Kontinent vom Westen ignoriert wird, während sie in der Ukraine jetzt ein Topthema ist.
*** Rassismus als Motiv
Aber auch die russische Erzählung der „Entnazifizierung“ der Ukraine fällt dort teilweise auf fruchtbaren Boden. Per Twitter werden unter anderen Berichte geteilt, wonach Afrikanerinnen und Afrikaner an der Flucht aus der Ukraine gehindert werden – und zwar in der Ukraine selbst. Dass es viele Vorfälle von polnischer Seite an der ukrainischen Grenze gab, geht in dieser Thematik eher unter. Auch Videos, die zeigen, wie Schwarze in der Ukraine verprügelt werden, werden weitergereicht. Wo und wann diese aufgenommen wurden, ist unklar – sie malen aber jedenfalls das Bild eines rassistischen Landes.
*** Spiel mit Emotionen
Was wahr und unwahr sei, spiele vielleicht gar keine Rolle bei der Wirkung, schreibt Miller auf Twitter: „Es geht nicht in erster Linie um ‚Desinformation‘, sondern darum, den Menschen Dinge zu erzählen, die sie bereits für wahr halten, und sie in eine bestimmte Richtung zu lenken.“ Diese „Kriegsführung mit Informationen“ habe wohl mehr mit Emotionen als mit Vernunft zu tun: „Manchmal scheint es, dass Zugehörigkeit und Identität wirklich im Mittelpunkt stehen, wie sich die Menschen wirklich fühlen und nicht, was sie für wahr halten.“
Auch Propagandaforscher Jones verweist in einem „Spiegel“-Interview darauf, dass Desinformation auch effektiv ist, wenn man nicht an sie glaubt. Wenn eine einzelne Person eine Verschwörungstheorie verbreiten würde, „wäre es irrelevant. Aber sobald Sie tausend oder zweitausend Menschen haben und sogar eine Regierung, die es tut – dann müssen Sie darüber reden.“
*** Andere Netzwerke als Black Box
Miller wiederum verweist darauf, dass man Twitter vergleichsweise gut datenforensisch untersuchen kann, was sich auf anderen Plattformen abspielt, sei aber nur zu erahnen. Messenger-Dienste wie Telegram funktionieren aufgrund ihrer Geschlossenheit ganz anders – und TikTok sei als vergleichsweise neues Phänomen eine Black Box. Eine erste ISD-Studie zeigt aber, dass russische Staatsmedien und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuletzt auf TikTok ihre Bemühungen stark ausgebaut haben.
*** Das Mediennetzwerk des Kreml
*** Das Mediennetzwerk des Kreml
GRAPHIK: Mediennetzwerk des Kreml
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COPYRIGHT: Miburo – https://miburo.substack.com/p/russias-propaganda-and-disinformation?s=r
Doch es sind nicht nur die klassischen Staatsmedien Russlands, die für die Inhalte sorgen, die dann weitervereitet werden. Die auf Analyse von Desinformation spezialisierte Plattform Miburo versuchte das „Ökosystem“ der russischen Propaganda zu kartografieren. Dazu gehören demnach auch Plattformen und Websites, die den Geheimdiensten nahe stehen, ebenso wie solche in der Einflusssphäre von Oligarchen.
Als Akteure und Verstärker wirken aber auch russische Einrichtungen wie Botschaften in andern Ländern, zudem in Einzelfällen aber auch chinesische Diplomaten und andere offizielle Stellen.
*** Plötzlich Bilder aus der Ukraine präsent
In den vergangenen Tagen wurde hier aber auch die Kommunikationsstrategie wohl geändert. Russische Medien zeigen nun expliziter Bilder aus der Ukraine. So war im russischen Staatsfernsehen ein Drohnenflug über die komplett zerstörte Stadt Mariupol zu sehen, allerdings mit dem Hinweis, „ukrainische Nationalisten“ hätten die Stadt zerstört.
Und mittlerweile ist – offenbar nach dem erfolgreichen Vorbild des Kriegsgegners – auch die russische Armee dazu übergegangen, Bilder des Krieges in den sozialen Netzwerken zu zeigen. Spekuliert wird damit, dass Moskau demnächst auch seine verpflichtende Sprachregelung der „militärischen Spezialoperation“ ändern könnte – weil diese mit den verbreiteten Bildern einfach nicht mehr zusammenpasst.
*** Auch Ukraine nicht zimperlich
Für viel Aufmerksamkeit sorgte ein Video des russischen Militärs, das offenbar den Beschuss eines Einkaufszentrums in Kiew mit acht Toten rechtfertigen soll. Dabei ist in der Nähe des Einkaufszentrums offenbar ein Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesystem zu sehen. Die Botschaft lautet, dass es sich keineswegs um ein rein ziviles Ziel handelt, das zerbombt wurde – die Ukraine hätte in dem Gebäude zudem Raketen versteckt.
Das Arbeiten mit Bildern ist wohl dem Erfolg des ukrainischen Informationskriegs geschuldet, der ebenfalls wenig zimperlich geführt wird. Hier sind Übertreibungen zu finden, teilweise werden ältere Bilder als neue verkauft – und auch der Umgang mit getöteten oder gefangen genommenen Russen ist teilweise jenseitig. „Im Informationsnebel“ des Krieges lässt sich auch hier vieles, was behauptet wird, nicht belegen. Ganz große Propagandalügen wurden allerdings noch nicht entlarvt.
*** Deep Fakes und platte Lügen
Bei Russland teilweise schon: So wurde behauptet, Bilder von der bombardierten Geburtsklinik in Mariupol seien gestellt, weil eine Frau – eine bekannte Influencerin – in unterschiedlichen Posen zu sehen gewesen sei. Es handelte es sich hingegen um zwei unterschiedliche Frauen – von denen eine nach dem Angriff gemeinsam mit ihrem Neugeborenen den erlittenen Verletzungen erlag.
In Umlauf gebracht wurden zudem Deep-Fake-Videos, in denen etwa dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski eine Kapitulationserklärung in den Mund gelegt wurde. Platte Lügen und haarsträubende Verschwörungsmythen – wie sie etwa in einigen der deutschsprachigen Telegram-Kanäle der Querdenker und CoV-Impfgegner verbreitet werden – können recht einfach entlarvt werden. Doch erfolgreicher im Sinne der russischen Propaganda sind solche Inhalte, bei denen es zumindest Indizien gibt, die auf einen wahren Kern hindeuten könnten. Denn dann werden sie auch öfter weltweit von dadurch beeinflussten, realen Personen weiter verbreitet.
*** „Erfolgreiche“ Biolabor-These
So unterstellte Russland der Ukraine zunächst eher erfolglos, Nukleartechnologie für Atomwaffen zur Verfügung zu haben. In einem zweiten Schritt wurde dann die These in die Welt gesetzt, das Land würde mit Hilfe der USA in geheimen Laboren Biowaffen herstellen. Ähnliche Vorwürfe hatte Russland früher schon mehrmals gegen andere Länder, etwa Georgien und Kasachstan, erhoben. Dennoch funktionierte dieser Plan besser, da es tatsächlich – wie in jedem Land – Labore gibt, die in Kontakt mit den USA stehen. Die haben allerdings laut allen vorhandenen Informationen nichts mit Biowaffen zu tun.
Doch eine aus dem Zusammenhang gerissene Aussage der US-Staatssekretärin Victoria Nuland ließ die Spekulationen wachsen, in Kombination mit einer Falschmeldung über angeblich schnell gelöschte Unterlagen auf diversen Websites. Quasi als Kronzeugen werden dann noch einschlägige US-Stimmen zitiert, etwa ein Fox-News-Fernsehmoderator, der vor laufenden Kameras die Frage stellte, wieso die USA eigentlich die Ukraine unterstützen und nicht Russland. Auch die aus Hawaii stammende US-Demokratin Tulsi Gabbard, die seit Jahren für russlandfreundliche Töne bekannt ist, wird als Befürworterin der russischen Position verwendet.
*** Inszenierung von „befreiten“ Menschen aus Mariupol
Zuletzt setzte Russland auch auf Interviews mit angeblichen Bewohnern Mariupols, die dabei behaupteten, sich über die „Befreiung“ durch russische Truppen zu freuen – nachdem sie zuvor von ukrainischen Kampfverbänden quasi als Geiseln gehalten worden seien. Ähnliche Inszenierungen waren in der ebenfalls eroberten Stadt Cherson noch medial gescheitert – mittlerweile konnte die russische Propaganda aber im Netz viel an Boden gewinnen – und mit Schwarz-Weiß-Denken und Übertreibungen einige überzeugen: Neben spanischsprachigen Postings in sozialen Netzwerken ist auch der Anteil der prorussischen in deutschsprachigen Bereich deutlich gestiegen.
Auffällig ist dabei, wie fast immer bei Diskursen in sozialen Netzwerken, dass die Graustufen verloren gehen: Man kann also offenbar nicht durchaus kritisch sein, was die Politik der USA und der NATO in den vergangenen Jahrzehnten betrifft, ohne gleich den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu unterstützen. – Christian Körber, ORF.at
https://orf.at/stories/3254737/
Links:
Analyse von Miller und Reffin
https://www.isdglobal.org/digital_dispatches/istandwithrussia-anatomy-of-a-pro-kremlin-influence-operation/
Studie von Miller u. a. (PDF-Dokument)
https://files.casmtechnology.com/message-based-community-detection-on-twitter.pdf
Carl Miller auf Twitter
https://twitter.com/carljackmiller
Analyse des DFRLab
https://medium.com/dfrlab/istandwithputin-hashtag-trends-amid-dubious-amplification-efforts-2b8090ac9630
„Spiegel“-Interview mit Marc Owen Jones (Zahlpflicht)
https://www.spiegel.de/ausland/experte-marc-owen-jones-man-muss-der-desinformation-nicht-glauben-damit-sie-effektiv-ist-a-7f2eeef9-1fd9-4bd6-881e-d667d1fcca24
ISD-Analyse zu TikTok
https://www.isdglobal.org/digital_dispatches/propaganda-russia-state-controlled-media-flood-tiktok-with-ukraine-disinformation/
Miburo-Analyse
https://miburo.substack.com/p/russias-propaganda-and-disinformation?r=xa11l&s=r

RUSSLAND – UKRAINE – ANALYSE – Versagen die Sanktionen? Warum der Rubel so stark ist wie vor dem Krieg – Der Rubel hat sich von seinem Absturz erholt – 9.4.2022, 14:21
Von Jan Gänger
Nach dem Angriff auf die Ukraine stürzt der Rubel ab. Doch mittlerweile hat sich die russische Währung erholt und ist so viel wert wie vor dem Beginn der Invasion. Was ist da los?
Der Westen hat Russland mit Sanktionen überzogen, die Zentralbank kommt nicht an einen Großteil ihres Devisenschatzes – und trotzdem hat der Rubel zu alter Stärke zurückgefunden. In Zahlen ausgedrückt: Nach dem Beginn der Invasion verlor die russische Währung zum Dollar fast 50 Prozent, für einen Dollar gab es zeitweise rund 140 Rubel. Nun hat sich der Wechselkurs auf etwa 80 Rubel erholt und erreicht damit das Niveau, auf dem er vor dem Angriff der Russen im Februar gelegen hatte. Das klingt merkwürdig, ist es aber nicht.
Dass der Rubel wieder zu Kräften gekommen ist, liegt an mehreren Gründen. Der wohl wichtigste davon ist, dass Russland weiterhin viel Öl- und Gas verkauft. Dafür zahlt der Westen täglich hunderte Millionen Euro und Dollar, die von den Konzernen über nicht sanktionierte russische Banken in Rubel umgetauscht werden. Alle russischen Exporteure (nicht nur die aus der Energie-Branche) wurden nach dem Angriff auf die Ukraine verpflichtet, 80 Prozent ihrer Deviseneinnahmen in Rubel zu tauschen. Diese Rubel-Käufe stützen den Kurs.
In diese Richtung zielt auch die Entscheidung des Kremls, dass westliche Energie-Importeure russisches Gas künftig in Rubel zahlen müssen. Käufer aus dem westlichen Ausland begleichen ihre Rechnungen zwar weiterhin in Devisen, das Geld geht an die Gazprombank, die Geschäfte des staatlichen Energie-Giganten Gazprom abwickelt. Die Bank kauft dann im Namen des Kunden für die Devisen Rubel und überweist die an Gazprom. Der wesentliche Unterschied zur bisherigen Praxis: Der Konzern tauscht die gesamten Deviseneinnahmen in Rubel um, nicht nur einen Teil.
*** Russland kauft weniger ein
Ein weiterer Faktor ist: Russland exportiert zwar weiter, importiert aber viel weniger als vor dem Angriff. Die westlichen Sanktionen zielen im Wesentlichen nicht auf die Einfuhren aus Russland, sondern auf Lieferungen nach Russland. Das führt zu einem scheinbar paradoxen Ergebnis: Obwohl Russland von einem Teil des Welthandels abgeschnitten wurde, verbessert sich seine Handelsbilanz – und das führt zu steigenden Devisenüberschüssen. Denn für Importe müssen russische Importeure etwa in Dollar, Euro oder Yen bezahlen.
Hinzu kommt, dass Russland Maßnahmen ergriffen hat, um eine Kapitalflucht zu verhindern. So wurden beispielsweise Devisenausfuhren von Unternehmen und Privatleuten beschränkt. Außerdem wurde es Ausländern erschwert, Vermögenswerte in Russland zu verkaufen. Ein Beispiel sind Aktien, die an der Börse in Moskau notiert sind. Auch das trägt dazu bei, dass es weniger Rubel-Verkäufe gibt.
Das heißt nicht, dass die westlichen Sanktionen nicht wirken. Sie haben das Ziel, russische Lieferketten zu stören und die Versorgung mit wichtigen Gütern stark einzuschränken. Erfolg oder Misserfolg der Maßnahmen lassen sich nicht am offiziellen Kurs des Rubels ablesen – zumal er seit dem Beginn des Krieges keine frei handelbare Währung mehr ist. Das heißt aber auch: Solange der Westen weiter russisches Öl und Gas im bisherigen Umfang kauft, ist ein Rubel-Absturz unwahrscheinlich. Quelle: ntv.de
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Warum-der-Rubel-so-stark-ist-wie-vor-dem-Krieg-article23258329.html

RUSSLAND – UKRAINE – HINTERGRUND – Osteuropa-Historiker Baberowski „Die russische Armee ist ein Gefängnis“ – In Russland genießt die Armee hohes Ansehen, doch der Einzelne zählt wenig – NACHTRAG: 7.4.2022, 9:54 Uhr
Das Massaker von Butscha schockiert, doch Experten wie der Osteuropa-Historiker Jörg Baberowski sind weniger überrascht. Im Interview erklärt er, welche Probleme der russischen Armee zu solchen Gräueltaten beitragen. Der Professor der Berliner Humboldt-Uni gehört zu den besten Kennern der Materie. Er ist einer der führenden Experten für Stalinismus. Seine Studie „Verbrannte Erde“ wurde mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Die Bundeszentrale für politische Bildung verlegt seine Schrift „Der Rote Terror“.
ntv.de: Was wir in Butscha gesehen haben, erinnert an Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg. Wie kann so etwas in Europa im 21. Jahrhundert möglich sein?
Jörg Baberowski: Wir vergessen, dass es im 21. Jahrhundert Kriege in Syrien, in Libyen und anderen Teilen der Welt gegeben hat, und Millionen Menschen Opfer entsetzlicher Gräueltaten wurden. Warum soll das etwas anderes sein? Wir haben verdrängt, dass es in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen Krieg in Jugoslawien gab, „ethnische Säuberungen“, Vergewaltigungen und Massaker. Nicht umsonst ist der Fall Srebrenica nun im Zusammenhang mit den Morden in Butscha ins Spiel gebracht worden. Zu Recht. Es sind offenkundig wiederkehrende Muster von Kriegführung, die sich immer dann zeigen, wenn Armeen nicht siegen können, wenn ihre Soldaten frustriert sind. Das ist eigentlich nichts Neues. Eine deprimierende Erkenntnis, zweifellos, aber es ist ein stets wiederkehrendes Muster, das sich in allen Kriegen findet. Wir, die wir im Frieden leben, glauben an den Zivilisationsprozess, halten die Wiederkehr der Gräuel für unmöglich. Und dennoch kommen sie immer wieder, in Afrika ebenso wie in Europa. Der Krieg gehört zur Conditio humana. Und wo es Krieg gibt, muss mit der Möglichkeit des Massakers stets gerechnet werden.
Auch westliche Armeen begehen folgenschwere Fehler, wie etwa Bombardements von Zivilisten, aber sie begehen nicht solche Massaker, jedenfalls nicht in der jüngeren Vergangenheit.
Es scheint belegt zu sein, dass russische Soldaten für dieses Massaker die Verantwortung tragen, wenngleich die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind. Aber wir wissen nicht, ob es einen zentralen Befehl gab, diese Menschen zu töten, oder ob das Massaker von den Soldaten aus eigenem Antrieb verübt wurde. Es ist wahr, dass in den Armeen der demokratischen Staaten solche Massaker jetzt nicht denkbar wären. Aber wer weiß eigentlich noch vom Terrorregime der Franzosen in Algerien, von den Massakern der US-Armee in Vietnam oder vom Foltergefängnis in Abu-Graib? In Abu Graib hat es der amerikanische Staat privaten Unternehmern überlassen, ein Gefängnis zu überwachen und weggeschaut, als sich dort schlimme Exzesse zutrugen. Wo man den Raum öffnet für die Gewalt, und wo Soldaten das Gefühl haben, es sei erlaubt, was sie tun, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es zu Gräueltaten kommt. Davor sind auch Armeen demokratischer Staaten nicht geschützt.
ntv.de: Welche Rolle könnte es gespielt haben, dass für die russischen Soldaten in dem Ort keine Regeln galten?
Jörg Baberowski: Die Soldaten wurden nur unzureichend verpflegt, hatten keine Unterkunft und mussten sich dem Beschuss der ukrainischen Armee aussetzen. Die Soldaten ernährten sich nicht nur aus dem Dorf, sondern beraubten und vergewaltigten auch seine Bewohner. Die militärische Disziplin ließ sich unter diesen Umständen offenbar nicht mehr erzwingen. Nach allem, was wir wissen, sind auch tschetschenische Söldner in diesem Ort gewesen, die für ihre Brutalität gefürchtet werden. Aber wir wissen nicht, ob es einen Befehl gegeben hat, zu plündern und Bewohner des Dorfes zu töten.
ntv.de: Warum werden die Tschetschenen so gefürchtet?
Jörg Baberowski: Weil die tschetschenischen Regimenter paramilitärische Einheiten sind, die nicht zur russischen Armee gehören, ihre Kämpfer Söldner, die für Geld töten. Die tschetschenischen Kämpfer haben einen klaren Auftrag: Sie sollen Orte erobern und in ihnen Furcht und Schrecken verbreiten. Die russischen Soldaten hingegen waren auf den Krieg überhaupt nicht vorbereitet, man hat ihnen nicht einmal gesagt, dass sie in die Ukraine ziehen würden. Ihre Gewalt folgt deshalb einer Logik, die sich aus dem unmittelbaren Kampfgeschehen ergibt. Es wäre interessant zu erfahren, welche Rolle diese unterschiedlichen Einheiten bei der Entfaltung des Massakers gespielt haben.
ntv.de: Für Sie als Stalin-Experten – erinnert Sie das Massaker in Butscha an dessen Terror-Regime?
Jörg Baberowski: Es erinnert mich weniger an den Stalinismus als an die Kultur der Gewalt, die in den russischen Streitkräften weit verbreitet ist. An die Rücksichtslosigkeit, mit der Menschen und Material geopfert werden, an die völlige Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der eigenen Soldaten. Erschütternd ist der Glaube daran, dass sich diese Unmenschlichkeit am Ende auszahlen wird.
ntv.de: Hat sich da in den vergangenen 80 Jahren nichts geändert?
Jörg Baberowski: Eigentlich nicht. Die Kriege in Tschetschenien verliefen nach dem gleichen Muster. Am Ende hat die russische Armee die Hauptstadt Grosny dem Erdboden gleichgemacht, es kam zu Vergewaltigungen, Massakern und Misshandlungen. Die Gewalt speist sich aus der eigenen Erniedrigung. Soldaten, die gedemütigt werden, geraten in Versuchung, ihre eigenen Erfahrungen so zu verarbeiten, dass sie andere Menschen demütigen. Das ist leider ein Kontinuum in der russischen Gewaltgeschichte. Die russische Armee ist ein Gefängnis. Mich wundert es nicht, dass es zu solcher Verrohung kommt.
Jörg Baberowski:
ntv.de: Inwiefern ist Putin in den Fußstapfen Stalins unterwegs?
Jörg Baberowski: Gar nicht. Stalins Herrschaft war eine Diktatur totalitären Ausmaßes, der Millionen Menschen zum Opfer fielen. Allein in den Jahren 1937 und 1938 wurden 680.000 Menschen erschossen, Hunderttausende befanden sich in Straflagern, wurden deportiert oder verhungerten. Das hat eine ganz andere Dimension als die autoritäre Herrschaft Putins, die Widerspruch unterdrückt, aber nicht auf Terror zurückgreift.
ntv.de: Wie kann es sein, dass Stalin heute in Russland immer noch hohes Ansehen genießt?
Jörg Baberowski: Es gibt in Russland keine Aufklärung über die Stalin-Ära. In der Sowjetunion wurden Stalins Verbrechen totgeschwiegen. Auch später war das kein Thema. Heute preisen die meisten Russen Stalin nicht wegen seiner Grausamkeit, sondern wegen des Sieges im Zweiten Weltkrieg und weil er der Schöpfer und Bewahrer eines großen Imperiums war. Wenn man das verstanden hat, dann versteht man vielleicht auch, warum ein Tyrann wie Stalin im heutigen Russland in solch hohem Ansehen steht.
ntv.de: Was halten Sie als Historiker von Putins Betätigung als Historiker?
Jörg Baberowski: Ach, warum nimmt man das überhaupt ernst? Putin hat sich nicht als Historiker betätigt, sondern als Politiker, der seine imperialen Ansprüche historisch legitimiert. Man mag vieles von dem, was er sagt, für absurd halten, so zum Beispiel seine Behauptung, die Ukraine sei keine Nation. Aber als Historiker muss ich dennoch fragen: Warum macht er das? Er beruft sich auf die Geschichte, wie er sie versteht, weil das in großen Teilen der russischen Bevölkerung populär ist. Putin ist kein Historiker, der Quellen studiert, sondern ein Politiker, der weiß, wie man von der Geschichte einen machtstrategischen Gebrauch macht. Als 2014 die Krim okkupiert wurde, hat er es genauso gehalten, und die meisten Russen waren begeistert. Heute jubeln sie nicht mehr, weil auch sie diesen Krieg offenbar mit gemischten Gefühlen betrachten. Ich höre von meinen russischen Freunden, dass es in Moskau und Petersburg still ist. Es ist alles anders als 2014.
ntv.de: Kann Putin über diesen Krieg stürzen?
Jörg Baberowski: Wenn er den Krieg verliert, dann wird ihm auch in den eigenen Reihen die Rechnung präsentiert werden. Bislang ist es so, dass die Gefolgsleute sich um ihn scharen, weil auch sie stürzen würden, wenn Putin stürzt. Weil sie sich an Verbrechen beteiligt, weil sie Geld genommen haben, weil sie korrupt sind. Die Krise arbeitet also für den Machthaber. Wenn er diesen Krieg wirklich verliert, werden selbst die Freunde versuchen, das sinkende Schiff zu verlassen. Aber noch ist der Krieg für ihn nicht verloren. Wenn er am Ende den Donbass und die Krim behält, dann kann er das zu Hause als Sieg verkaufen.
ntv.de: Gibt es eine Perspektive, dass auch Russland sich noch demokratisiert und liberalisiert und auf einem gemeinsamen Wertefundament mit Europa steht?
Jörg Baberowski: Stehen die Länder der EU wirklich auf einem gemeinsamen Wertefundament? Was ist denn mit den Kaczynskis und den Orbáns dieser Welt? Demokratie heißt, dass gilt, was mehrheitlich entschieden worden ist, aber deshalb sind Demokratien noch keine liberalen Ordnungen. Wähler können einer illiberalen Ordnung an der Wahlurne den Vorzug geben. Die Ukraine wird nach diesem Krieg ein anderes Land sein, möglicherweise demokratisch, aber auch liberal? Ich habe Zweifel. Auch in Russland könnte es nach freien Wahlen schlimmer kommen als es jetzt schon ist. Ich wünsche mir, dass Russland anders wird. Im liberalen, aufgeklärten Milieu in Moskau und Petersburg sieht man, was Russland auch sein könnte. Aber gilt das auch für den Rest des Landes? Daran glaube ich nicht.
Mit Jörg Baberowski sprach Volker Petersen
https://www.n-tv.de/politik/Die-russische-Armee-ist-ein-Gefaengnis-article23249617.html

RUSSLAND – UKRAINE – MEINUNG – Klitschko: „Putin ist ein psychisch kranker Mann“ – 9.4.2022
„Putin ist ein psychisch kranker Mann, der ein russisches Imperium aufbauen will.“ Diese Einschätzung äußerte der Bürgermeister von Kiew, Witali Klitschko, gestern nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in der ukrainischen Hauptstadt. „Wir sind aber keine Faschisten“, konterte der ehemalige Boxweltmeister russische Propaganda, „wir kämpfen für die Ukraine als demokratisches und europäisches Land und für jeden in Europa.“
Die Ukraine sei ein friedliches Land, das vor einigen Jahren freiwillig seine Nuklearwaffen abgegeben habe, so der Bürgermeister. Der Dank dafür sei nun „Krieg und Völkermord“. „Unser Traum ist es, Teil der europäischen Familie zu sein, und dafür bezahlen wir jetzt.“
*** Klitschko verweist auf Stabilität Europas
Instabilität in der Ukraine bedeute aber „Instabilität in Europa“. Daher müsse auch gemeinsam – etwa durch Wirtschaftssanktionen westlicher Staaten gegen Russland – für ein Ende des Kriegs gekämpft werden. Sanktionen seien wichtig. „Weil an jedem Geld, das nach Russland geht, klebt ukrainisches Blut.“
In Russland gebe es keine Pressefreiheit und nur „Manipulation“, kritisierte Klitschko. So sei zu erklären, das laut Umfragen 70 Prozent der Bevölkerung den Krieg und den russischen Präsidenten Wladimir Putin weiter unterstützen würden. Es handle sich aber um den größten Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg und betreffe nicht nur die Ukraine, so der Bürgermeister.
„Es kann jeden in Europa treffen.“ Dass Bundeskanzler Nehammer heute die Ukraine besucht habe, sei daher eine mutige Entscheidung, lobte Klitschko. „In Kiew kann aktuell immer eine Rakete explodieren.“
*** „Wenn wir fallen, werdet ihr auch fallen“
In die gleiche Kerbe schlug Witalis Bruder Wladimir, ebenfalls ein ehemaliger Boxweltmeister. „Man muss es beim Namen nennen“, sagte er, „die Menschen hier sind nicht einfach gestorben. Sie wurden ermordet, gequält, vergewaltigt. Das ist die bittere Wahrheit, dass 2022 in der Ukraine Menschen mit gefesselten Händen durch Kopfschuss getötet werden.“
Ein Gasembargo möge für die Österreicher schmerzhaft sein, sagte Wladimir Klitschko hinsichtlich des österreichischen Vetos gegen einen EU-Gasimportstopp aus Russland. „Aber wir bezahlen hier mit Blut. Und wenn wir fallen, werdet auch ihr fallen.“ red, ORF.at/Agenturen
https://orf.at/stories/3258884/

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RUSSLAND – UKRAINE – USA – USA machen Weg frei für höhere Zölle auf russische Waren – 9.4.2022
WASHINGTON (dpa-AFX) – Die US-Regierung kann künftig höhere Zölle auf importierte Waren aus Russland und Belarus erheben. US-Präsident Joe Biden setzte am Freitag mit seiner Unterschrift ein vom Kongress beschlossenes Gesetz in Kraft, mit dem die normalen Handelsbeziehungen zu den beiden Ländern ausgesetzt werden. Zudem unterzeichnete Biden auch ein Gesetz, das den Import von russischem Öl verbietet. Wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hatte Biden diesen Schritt zuvor bereits über eine Verfügung angeordnet. Im Repräsentantenhaus und im Senat waren beide Gesetze vor wenigen Tagen mit überparteilicher Mehrheit beschlossen worden.
Bei dem Gesetz zu den Handelsbeziehungen geht es um Vergünstigungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO), die aufgehoben werden. Russland und Belarus wird der Status als „meistbegünstigte Nation“ entzogen. Dieser Grundsatz schreibt die Gleichbehandlung der Länder in der WTO bei Zöllen und anderen Regulierungsmaßnahmen vor. Moskau und Minsk könnten diese Maßnahme vor dem Streitschlichtungsausschuss der WTO anfechten. Russland stand im Ranking der größten US-Handelspartner 2019 lediglich auf Platz 26.
Russlands Nachbarland Belarus steht Moskau im Krieg gegen die Ukraine zur Seite, ohne sich direkt militärisch zu beteiligen. Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko ist ein enger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das russische Militär hat Belarus als Aufmarschgebiet gegen die Ukraine genutzt./jac/DP/stk
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740165-usa-machen-weg-frei-fuer-hoehere-zoelle-auf-russische-waren-016.htm

RUSSLAND – UKRAINE – GORSSBRITANNIEN – Johnson sagt der Ukraine gepanzerte Fahrzeuge zu – 9.4.2022
Der britische Premierminister Boris Johnson hat der Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffs 120 gepanzerte Fahrzeuge und Antischiffsraketensysteme zugesagt. „Wir steigern unsere militärische und wirtschaftliche Unterstützung und bringen eine weltweite Allianz zusammen, um diese Tragödie zu beenden“, sagte Johnson nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew gestern.
Es müsse sichergestellt werden, dass „die Ukraine als freie und souveräne Nation überlebt und gedeiht“. Johnson war überraschend in die ukrainische Hauptstadt gereist. Die neuen Waffenlieferungen gingen über die Zusage vom Vortag hinaus, Rüstungsgüter im Wert von 100 Millionen Pfund (120 Millionen Euro) zu schicken, teilte die britische Regierung mit.
Zu diesem Paket zählen moderne Luftabwehrraketen vom Typ Starstreak, 800 Panzerabwehrwaffen sowie lenkbare Präzisionsmunition. Großbritannien ist bereits einer der wichtigsten Unterstützer der Ukraine und hat Waffen geliefert. red, ORF.at/Agenturen
https://orf.at/stories/3258885/

RUSSLAND – UKRAINE – EUROPÄISCHE UNION – EU verurteilt Russlands Verbot von internationalen Organisationen – 9.4.2022
BRÜSSEL (dpa-AFX) – Die EU hat Russlands Verbot mehrerer parteinaher deutscher Stiftungen und internationaler Menschenrechtsorganisationen verurteilt. Die Europäische Union bedauere zutiefst die Entscheidung des russischen Justizministeriums, die Registrierung von 15 weit anerkannten Organisationen zu widerrufen, teilte der außenpolitische Sprecher der EU am Samstag mit. Nichts in den Aktivitäten der Organisationen, die sich auf den Schutz der Rechte und Freiheiten der Bürger konzentrierten, rechtfertige einen solchen Schritt. Mit dem Verbot verweigere die politische Führung Russlands der Bevölkerung weiterhin das Recht auf freie Meinungsäußerung und Gedankenfreiheit.
Unter anderem die Heinrich-Böll-Stiftung, die Friedrich-Ebert-Stiftung, die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Friedrich-Naumann-Stiftung sind betroffen. Auch den Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch sowie neun weitere Nichtregierungsorganisationen wurden vom Justizministeriu wegen angeblicher „Verstöße gegen die geltende Gesetzgebung der Russischen Föderation“ ihre Registrierungen entzogen.
„Wer sich in Russland für Bürger- und Menschenrechte einsetzt, wird bestraft, bedroht und schikaniert“, teilte der Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung, Karl-Heinz Paqué, nach der Ankündigung vom Freitag mit. Putins Aggressionen gegen freiheitliche und demokratische Werte gingen weit über die Ukraine hinaus. „Die neue Ausweisungswelle von zivilgesellschaftlichen Organisationen ist ein weiterer Schritt vom Autoritarismus zum Totalitarismus.“
Auch russische Menschenrechtler, Aktivisten und Journalisten beklagen seit längerem zunehmende Repressionen im flächenmäßig größten Land der Erde. So wurden etwa zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen als „ausländische Agenten“ eingestuft. Im Zuge von Russlands Krieg gegen die Ukraine wurden in den vergangenen Wochen mehrere unabhängige Medien blockiert oder gaben unter dem Druck der Behörden auf./dub/DP/stk
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740742-eu-verurteilt-russlands-verbot-von-internationalen-organisationen-016.htm

RUSSLAND – UKRAINE – ÖSTERREICH – Nehammer in Kiew: Selenskij glaubt an Sieg – Bundeskanzler Nehammer auf Besuch in Kiew: „Krieg völlig inakzeptabel“ – Österreich liefert 20 Rettungsautos und zehn Tanklöschwagen in Kriegsgebiet – Drei-Viertel-Stunden-Gespräch mit Präsident Selenskyj und weitere Treffen – Rückkehr am Sonntag – 9.4.2022, 13:47
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist Samstagmittag zu einem „Solidaritätsbesuch“ in der von Russland militärisch attackierten Ukraine eingetroffen. Er traf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij am Nachmittag in Kiew. Angesichts der erwarteten Offensive russischer Truppen im Osten des Landes sagte Selenskij in einer gemeinsamen Pressekonferenz: „Das wird ein schwerer Kampf, aber wir glauben an unseren Sieg.“ Er dankte Nehammer explizit für den Besuch.
„Das ist sehr wichtig und zeugt von Unterstützung“, so der Präsident im Präsidentenpalais, dessen Zufahrten mit Panzersperren und die Eingänge mit aufgetürmten Sandsäcken geschützt werden, zum ÖVP-Bundeskanzler.
20 Rettungsfahrzeuge und 10 Tanklöschwagen
Auch wenn Österreich im Gegensatz zu anderen Staaten der Ukraine keine Waffen liefern könne, seien auch die „technischen Mittel“ aus Österreich eine große Hilfe. Der Präsident bezog sich dabei unter anderem auf 20 Rettungsfahrzeuge und zehn Tanklöschwagen, deren Lieferung Nehammer im Rahmen des Gesprächs angekündigt hatte. „Es ist ein schönes Signal, wenn führende Persönlichkeiten uns besuchen. Das zeigt, sie unterstützen uns nicht nur mit Worten.“
*** Weitere Sanktionspakte
Nehammer unterstrich, dass der von Russland ausgelöste Krieg für Österreich „völlig inakzeptabel“ sei. „Wir sind militärisch neutral, aber nicht, wenn es darum geht, Verbrechen zu benennen und wenn es darum geht, dort hinzugehen, wo tatsächlich Unrecht passiert.“ Österreich trage die EU-Sanktionen mit, betonte der Bundeskanzler und es werde noch weitere Sanktionspakte geben, „mit dem Ziel, dass der Krieg endet“. Künftig sollten die Sanktionsmechanismen „noch feingliedriger und zielsicherer“ werden, versprach Nehammer. So könnte etwa die Lieferung „technischer Kleinteile“, die für militärische Fluggeräte notwendig sind, nach Russland verboten werden.
Von ukrainischer Seite auf Österreichs Weigerung, einem Gasimportstopp aus Russland zuzustimmen, angesprochen, unterstrich der Kanzler die Position, dass Sanktionen jene treffen sollten, gegen die sie gerichtet seien. Ein Ende der Gaslieferungen könnte aber in Österreich schwerwiegende wirtschaftliche und dann auch soziale Folgen haben.
*** Auch EU-Beitritt war Thema
Eine Gefahr, dass die Sanktionen von Firmen wie der in Russland engagierten Raiffeisen Bank International (RBI) umgangen werden könnten, stellte der Kanzler auf Anfrage in Abrede. Das würde in Österreich auf keinerlei Akzeptanz stoßen. Zudem sei die RBI aber auch ein großer Arbeitgeber in der Ukraine. Selenskij forderte seinerseits weitere Sanktionen gegen Russland. „Jede Kopeke, jeder Dollar, jeder Euro, der dorthin geht, wird für den Krieg verwendet.“
Selenskij betonte, er habe in dem rund eine dreiviertel Stunde dauernden Gespräch mit Nehammer auch einen EU-Beitritt der Ukraine angesprochen. Der Bundeskanzler hatte sich diesbezüglich aber bereits zuvor zurückhaltend gezeigt. Im „Vorhof“ der Europäischen Union würden bereits einige Länder warten, Schnellschüsse würden da nur zu Verwerfungen führen.
*** Ukraine „humanitär und politisch unterstützen“
Der Bundeskanzler war am Freitagabend zuerst nach Polen geflogen, von wo die Delegation samt Medienvertretern ab Przemyśl mit einem Nachtzug in die rund 700 Kilometer entfernte ukrainische Hauptstadt weiterfuhr. Przemyśl liegt 13 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Der Luftraum über der Ukraine ist wegen des Krieges gesperrt.
Ziel des Besuchs sei es, „die Ukraine weiterhin bestmöglich humanitär und politisch zu unterstützen“, hieß es aus dem Bundeskanzleramt. „Österreich hat bereits mehr als 17,5 Mio. Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds bereitgestellt sowie 10.000 Helme und über 9.100 Schutzwesten für den zivilen Einsatz geliefert. Weitere konkrete Maßnahmen sind bereits in Abstimmung und werden zeitnah bekanntgegeben.“
*** Weitere Treffen
Außer dem Gespräch mit Selenskij waren noch Treffen mit Premier Denys Schmyhal und Bürgermeister Vitali Klitschko geplant. Zudem steht ein Lokalaugenschein in der Stadt Butscha am Programm, wo bei mutmaßlichen russischen Kriegsgräuel mehr als 300 Zivilisten zu Tode kamen. Die Rückkehr nach Wien erfolgt am Sonntag.
Die „bekannt gewordenen Kriegsverbrechen“ müssten „lückenlos aufgeklärt“ werden, forderte der Bundeskanzler in Vorfeld, „und zwar von unabhängigen und internationalen Expert/innen.“ Die für diese Verbrechen Verantwortlichen „müssen und werden“ zur Rechenschaft gezogen werden, so Nehammer.
*** Von der Leyen bereits am Freitag in Kiew
Am Freitag waren über dieselbe Route EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Außenbeauftragte Josep Borrell sowie der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger und einige EU-Parlamentarier nach Kiew gereist.“Meine heutige Botschaft lautet, dass die Ukraine zur europäischen Familie gehört“, hatte von der Leyen betont. Dass die Ukraine derzeit vermehrt Besucher aus dem Westen empfange, solle auch zeigen, dass zumindest in Kiew die Lage einigermaßen ruhig sei, wird in Diplomatenkreisen vermutet. Damit soll auch der Exodus von Teilen der Bevölkerung eingedämmt werden. Seit Kriegsbeginn haben fast 4,5 Millionen von rund 44 Millionen Ukrainern ihr Heimatland verlassen. Etwa 51.000 Geflüchtete sind bisher in Österreich registriert, vor allem Frauen mit Kindern. https://kurier.at/politik/inland/nehammer-bei-selenskij-ein-schwerer-kampf-aber-wir-glauben-an-sieg/401968448

RUSSLAND – UKRAINE – ÖSTERREICH – Österreichs Kanzler zu Solidaritätsbesuch in Ukraine eingetroffen – 9.4.2022, 15:35
KIEW/WIEN (dpa-AFX) – Österreichs Kanzler Karl Nehammer ist am Samstag zu einem Solidaritätsbesuch in Kiew eingetroffen. In der ukrainischen Hauptstadt wird er mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und Bürgermeister Vitali Klitschko zusammenkommen. Außerdem will er die Stadt Butscha besuchen, wo mehrere Hundert Zivilisten bei einem Massaker getötet wurden. Erst am Vortag hatte eine Delegation um EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell Kiew und Butscha besucht.
Die bekannt gewordenen Kriegsverbrechen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine müssten von unabhängigen und internationalen Experten lückenlos aufgeklärt werden, forderte Nehammer bei der Anreise vor Journalisten. Ziel des Besuchs sei es, die Ukraine bestmöglich humanitär und politisch zu unterstützen.
Österreich, das nicht der Nato angehört, hat bisher unter anderem 10 000 Helme und 9000 Schutzwesten für den zivilen Einsatz geliefert. Zugleich gehört es ähnlich wie Deutschland zu den EU-Staaten, die einen Lieferstopp für russisches Gas aktuell ablehnen. Österreich bezieht 80 Prozent seines Gases aus Russland. Nach einigem Zögern hatte Wien jüngst vier russische Diplomaten des Landes verwiesen.
Seit Kriegsbeginn haben fast 4,5 Millionen von rund 44 Millionen Ukrainern ihr Heimatland verlassen. Etwa 51 000 Geflüchtete sind bisher in Österreich registriert, vor allem Frauen mit Kindern./mrd/DP/stk
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740722-oesterreichs-kanzler-zu-solidaritaetsbesuch-in-ukraine-eingetroffen-016.htm

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DEUTSCHLAND – ROUNDUP: Experten warnen vor Gas-Embargo gegen Russland – 9.4.2022
BRÜSSEL/FRANKFURT (dpa-AFX) – Energie-Experten haben vor schweren wirtschaftlichen Folgen eines Lieferstopps für russisches Gas in Reaktion auf den Krieg in der Ukraine gewarnt. „Ein volles Embargo würde eine sofortige Rezession in Europa auslösen, die Inflation würde weiter steigen und die Innenpolitik noch schwieriger werden“, sagte der Ökonom Simone Tagliapietra von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel der Deutschen Presse-Agentur. Er schlägt stattdessen vor, Zölle auf russische Energie einzuführen, um weiter Druck auf Russland auszuüben.
Raphael Hanoteaux von der Organisation E3G sagte mit Blick auf ein Gasembargo: „Die deutsche Industrie zum Beispiel würde ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren.“ Grund dafür seien Schließungen in der Industrie und noch höhere Preise. Aus der Pharmaindustrie wurde die Sorge geäußert, ein schneller Stopp von Gaslieferungen aus Russland könne die Produktion lebenswichtiger Medikamente gefährden.
Die Vorstandschefin des Herstellers Merck, Belén Garijo, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag), man benötige eine erhebliche Menge an Erdgas, vor allem zur Erzeugung von Strom und Prozessdampf. „Im Falle einer kurzfristigen Energie- und/oder Gasknappheit riskieren wir daher die Produktion und Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten und kritischen Produkten für die Entwicklung und Herstellung von Biologika und Covid-Impfstoffen.“
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie geht davon aus, dass Pharma als kritische Infrastruktur gesehen werde. „Wir erwarten, dass mögliche Restriktionen in unserer Branche zuletzt oder gar nicht kommen“, forderte Verbandschef Hans-Georg Feldmeier.
Ab Anfang August gilt ein Embargo gegen russische Kohle, auf das sich die EU-Länder diese Woche geeinigt haben. Schätzungen von Tagliapietra zufolge gibt die EU derzeit täglich 15 Millionen Euro für Kohle aus Russland aus, aber noch viel mehr für russisches Gas – etwa 400 Millionen Euro pro Tag – sowie 450 Millionen Euro für Öl aus dem Land. Daher fordern etwa Polen und die baltischen Länder weitreichendere Maßnahmen.
Ein Öl-Lieferstopp hätte nach Ansicht der Experten Konsequenzen für den Weltmarkt. „Das hätte einen Effekt auf den weltweiten Preis, da ein großer Teil des Volumens einfach nicht mehr verfügbar wäre, die Nachfrage aber nicht sinkt“, sagte Hanoteaux. Etwa die Hälfte des Öls, das von Russland nach Europa geliefert wird, kommt ihm zufolge durch Pipelines oder über Schiffe über die Nordsee, die schwierig umzuleiten wären. Ein höherer Ölpreis durch das niedrigere Angebot würde sich nicht nur auf Europa auswirken, sondern auch auf Entwicklungsländer, die schon jetzt Schwierigkeiten hätten, sagte Tagliapietra von Bruegel.
„Statt dieser Embargos wäre das Beste, sofort einen Zoll auf diese ganzen Importe von Öl und Gas zu legen“, schlägt Tagliapietra vor. Das würde seiner Ansicht nach die Einkünfte Russlands verringern und gleichzeitig die Effekte für die europäische Wirtschaft eindämmen. Da Russland sein Öl und Gas teils nur nach Europa verkaufen kann, wären Firmen wie Gazprom dazu gezwungen, einen solchen Zoll zu zahlen.
Das Geld könne genutzt werden, um die hohen Energiepreise für Verbraucher abzufedern oder den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren, so Tagliapietra. „Ein Vorteile der Zölle ist, dass wir Druck auf die Russen ausüben können: Wenn sie so weitermachen wie bisher, kann man die Zölle mit der Zeit erhöhen“, sagte Tagliapietra. Seinen Angaben zufolge untersuchen die EU-Kommission und die EU-Länder, wie man solche Zölle gestalten könnte./dub/DP/stk © 2022 dpa-AFX
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740726-roundup-experten-warnen-vor-gas-embargo-gegen-russland-016.htm

DEUTSCHLAND – IW-Chef Michael Hüther: Gasembargo bedeutet zweieinhalb Jahre Produktionsstillstand – „Ende der Grundstoffproduktion in Deutschland“: Gasimport-Stopp „nicht mit Subventionen und Kurzarbeitergeld abzufangen“ – Ökonom Jan Schnellenbach widerspricht mit Blick auf moralische Verantwortung: Gasembargo zeitige schwere Rezession, aber keine Katastrophe – 9.4.2022
FRANKFURT (Dow Jones)–Der Chef des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) warnt vor gravierenden Folgen eines Gas-Embargos für die deutsche Volkswirtschaft. „Das würde in zentralen Bereichen zweieinhalb Jahre Produktionsstillstand bedeuten samt entsprechender Durchwirkung auf weite Teile der Industrie“, sagte Michael Hüther der Welt am Sonntag. „Wenn die Produktion ein Jahr oder länger stillsteht, dann ist das eine Situation, die man nicht mehr mit Kurzarbeitergeld und Subventionen lösen kann. Es wäre das Ende der Grundstoffproduktion in Deutschland.“ Das hätte auch massive Auswirkungen auf die Beschäftigung: „Da sind wir schnell bei zweieinhalb oder drei Millionen zusätzlichen Arbeitslosen.“
Ein solcher Einbruch sei auch nicht mit der Corona-Krise zu vergleichen. „Wenn ich in der Industrie einen Stillstand habe, den ich nicht in überschaubarer Zeit korrigieren kann und der in Teilen – bei der Chemie zum Beispiel – irreversibel sein könnte, dann ist das etwas anderes als in der Pandemie“, so Hüther. Man dürfe nicht ignorieren, dass ein solches Embargo ein „erheblicher Eingriff ins deutsche Geschäftsmodell“ wäre. „Ich sehe auch kein anderes Land in der Welt, das vergleichbare Risiken eingehen würde, weil kein Land dieses Geschäftsmodell hat“, sagte Hüther.
Ökonom Jan Schnellenbach von der Brandenburgischen Technischen Universität widerspricht Hüther: „Ein Gasembargo hätte einen großen, aber keinen katastrophalen Effekt“, so seine Einschätzung. „Das wäre eine schwere Rezession, aber weniger schlimm als bei Corona.“ Es gebe eine historische und moralische Verantwortung, ein solches Gasembargo möglichst schnell zu verhängen.
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55739594-iw-chef-gasembargo-bedeutet-zweieinhalb-jahre-produktionsstillstand-015.htm
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55739572-iw-gas-embargo-bedeutet-zweieinhalb-jahre-produktionsstillstand-003.htm

DEUTSCHLAND – Sommerreifen werden deutlich teurer – Verteuerung teilweise zweistellig: Herstellungs- und Transportkosten sowie Materialengpässe treiben – 9.4.2022
BONN/HANNOVER/KAISERSLAUTERN (dpa-AFX) – Wer diesen Frühling auf neue Sommerreifen wechseln will, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen. Hohe Kosten für Herstellung und Transport sowie Materialengpässe treiben die von den Herstellern aufgerufenen Preise, wie der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) erklärt. Teilweise seien angesichts des Ukraine-Krieges auch weitere Erhöhungen angekündigt, die „teilweise im zweistelligen Bereich liegen“.
Die Reifenhersteller hätten ihre Preise bereits in den vergangenen Monaten wegen der stark gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Energie und Transport sukzessive erhöht, sagt der BRV-Geschäftsführer Technik, Michael Schwämmlein. „Durch Versorgungsengpässe bei einigen Rohstoffen, wie Ruß oder synthetische Kautschuke, hat sich die Beschaffungssituation noch verschlechtert.“ Das werden auch die Kunden zu spüren bekommen: Allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen müssten auch die Händler ihre Preise anpassen.
Eine Auswertung der Plattform Alzura Tyre24 ergab für die Einkaufspreise der Reifenhändler und Kfz-Werkstätten im Schnitt des Februar und März eine Steigerung von gut 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dabei hatten die Preise schon vergangenes Jahr im Schnitt um rund 6,5 Prozent zugelegt.
Beim größten deutschen Reifenhersteller Continental heißt es, man könne keine pauschalen Aussagen zur Entwicklung von Reifenpreisen treffen. Allerdings könne man sich Veränderungen in den Produktionskosten – zum Beispiel durch steigende Rohmaterialpreise – nicht entziehen. „Je nach regionalen Gegebenheiten entscheiden wir individuell über notwendige Preisanpassungen“.
Derzeit verschlechtere sich die Versorgungslage für die Reifenproduktion in Europa „angesichts der verhängten Sanktionen und der sich weiter verschärfenden Logistikengpässe“, sagte ein Continental-Sprecher. „Deshalb haben wir entsprechende Notfallpläne aktiviert, die Sicherheitsvorräte und alternative Lieferanten umfassen.“ Aktuell könne in den europäischen Reifenwerken weiter produziert werden.
Die steigenden Preise treffen derzeit allerdings auf eine eher gesunkene Nachfrage. Es sei zwar noch sehr früh in der Reifenwechselsaison, doch erste Zahlen deuteten auf eine gewisse Kaufzurückhaltung hin, sagt Schwämmlein. Das könne sich aber auch noch ändern. Gerade angesichts der jüngsten Schneefälle habe sich vielleicht so mancher Kunden überlegt, erst nach Ostern die Reifen zu wechseln./ruc/DP/stk
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55740147-sommerreifen-werden-deutlich-teurer-016.htm

DEUTSCHLAND – Busunternehmen gehen die Fahrer aus – In den kommenden 15 Jahren fehlen bis zu 36.000 Busfahrer – 9.4.2022
Berlin – Die deutliche Mehrheit der Busunternehmen in Deutschland leidet nach eigenen Angaben unter einem massiven Fahrermangel. Das geht aus der 17. Konjunkturumfrage des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmen (BDO) hervor, über die die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ in ihren Samstagausgaben berichten.
Sie wurde vom 30. November 2021 bis 16. Januar 2022 unter 722 Busunternehmern durchgeführt – darunter Verbandsmitglieder und Unternehmen, die dem BDO nicht angehören. So klagten zwei Drittel aller Unternehmen über Fahrermangel, heißt es. Am stärksten ist der Linienverkehr beziehungsweise Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) mit fast 73 Prozent der Unternehmen von einem akutem Fahrermangel betroffen. Im Jahr 2020 verzeichneten noch 42 Prozent einen Fahrermangel.
Nach Schätzungen des Verbandes fehlen in den nächsten zehn bis 15 Jahren bis zu 36.000 Busfahrer, auch weil die aktuell Beschäftigten bereits in einem hohen Alter sind. Die zusätzlichen Aufgaben, die sich aus der Verkehrswende ergeben, seien dabei noch nicht eingerechnet. Nach dem ÖPNV folgen Bustouristik und Gelegenheitsverkehr mit rund 60 Prozent sowie der Fernlinienverkehr mit 50 Prozent, die über einen Fahrermangel klagen. In der Folge muss der Betrieb eingeschränkt werden: Fahrten könnten nicht mehr angeboten werden und Fahrpläne würden ausgedünnt, heißt es weiter.
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55739886-busunternehmen-gehen-die-fahrer-aus-003.htm

DEUTSCHLAND – Reform der staatlichen Pensionsversicherung: Bundesbank soll staatliche Aktienrente managen – 9.4.2022
Berlin – Die Deutsche Bundesbank soll nach Plänen des Bundesfinanzministeriums den Fonds für die staatliche Aktienrente verwalten. „Die Bundesbank ist sehr gut geeignet, das Management des Fonds zu übernehmen“, sagte Finanzstaatssekretär Florian Toncar der „Welt am Sonntag“.
Die Aufgabe der Bundesbank sei es, zu entscheiden, wie und wo das Geld renditeorientiert angelegt werde. Die kapitalgedeckte Rente solle so schnell wie möglich kommen. „Unser Wunsch ist es, dass die ersten Milliarden Euro noch in diesem Jahr in dem Fonds landen“, sagte Toncar. Die entsprechenden Gespräche innerhalb der Bundesregierung hätten begonnen.
„Wir versprechen uns davon einen bedeutenden Beitrag zur langfristigen Stabilität der Alterssicherung“, sagte Toncar. Der notwendige Kapitalstock soll nach und nach aufgebaut werden. „In einem ersten Schritt soll der Fonds ausschließlich durch Mittel des Bundes und die erwarteten Gewinne an den Kapitalmärkten gespeist werden, später sind auch Beiträge der Versicherten denkbar“, sagte Toncar. Der Vorschlag des Bundesfinanzministeriums sehe vor, dass Jahr für Jahr zehn Milliarden Euro in den Fonds fließen.
Als Vorbild nannte Toncar den norwegischen Staatsfonds, der im langfristigen Mittel eine Rendite von gut sechs Prozent erwirtschaftet. „Das wäre auch für Deutschland erreichbar“, sagte er. Vorgesehen sei, dass der Fonds die Erträge, die nach Abzug von Zins- und Verwaltungskosten übrigbleiben, früher oder später an die Deutsche Rentenversicherung ausschüttet. Auf eine als „Aktienrente“ bekannte kapitalgedeckte Rente in Ergänzung zum Umlagesystem hatten sich die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag verständigt.
Für Irritationen sorgte dann im März allerdings, dass die zehn Milliarden Euro, die laut Koalitionsvertrag bereits 2022 in einem ersten Schritt zur Verfügung gestellt werden sollten, im Haushaltsentwurf der Bundesregierung fehlten.
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55739568-bundesbank-soll-staatliche-aktienrente-managen-003.htm

DEUTSCHLAND – Steuerzahlerbund rechnet für 2022 mit Rekordverschuldung – 9.4.2022
Berlin – Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, rechnet vor dem Hintergrund weiterer Entlastungspakete wegen des Ukraine-Kriegs in diesem Jahr mit einer Rekordverschuldung des Bundeshaushalts. „Schon jetzt ist klar, dass Finanzminister Lindner mit den jetzt veranschlagten rund 100 Milliarden neuen Schulden nicht auskommen wird“, sagte Holznagel der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).
„Was der Ukraine-Krieg finanziell kosten wird, steht noch gar nicht fest. Ich gehe davon aus, dass wir eine erneute Rekordverschuldung in diesem Jahr erleben werden, wenn die Kosten dieses Krieges klarer werden und noch die 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr hinzukommen.“ Alle staatlichen Entlastungen bei den Energiepreisen und auch die Waffenlieferungen müsse der Steuerzahler hierzulande stemmen, sagte Holznagel. Der Steuerzahler-Vertreter verlangte, dass die Schuldenbremse ab dem nächsten Jahr dennoch wieder gilt: „Die Schuldenbremse-Regel gerät von allen Seiten unter Druck. Wir sehen das sehr kritisch. Das bedeutet doch im Umkehrschluss, dass wir als Gesellschaft nicht bereit sind, trotz der Krisen auf irgendetwas verzichten zu wollen.“
Holznagel beklagt insbesondere, dass es neben dem Bundeshaushalt künftig mehr als zwei Dutzend sogenannte Sondervermögen gibt, wenn die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr als Sondervermögen beschlossen werden. „Wenn das Sondervermögen Bundeswehr Wirklichkeit wird, haben wir dann insgesamt 28 Sondervermögen, viele mit einer hohen Milliardenverschuldung außerhalb des Bundeshaushalts.“
Deutschland wickele über Sondervermögen sogar noch immer die Finanzkrise von 2009/2010 ab, kritisierte Holznagel. Auf diese Weise würden zunehmend Probleme ausgelagert, „ohne dass wir den gesamten Haushalt und damit unsere Möglichkeiten und Risiken im Blick haben“.
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55739569-steuerzahlerbund-rechnet-fuer-2022-mit-rekordverschuldung-003.htm

DEUTSCHLAND – Stärkung des deutschen Katastrophenschutzes: Innenministerin stoppt Rückbau von Bunkeranlagen – 599 öffentliche Schutzräume – Bausubstanz verstärken – Vorräte für Krisensituationen anlegen – Fokus auf Sirenen und Warnmeldungen auf Handys – 9.4.2022
Berlin – Angesichts der gefühlten Steigerung der Bedrohungslage durch Russlands Krieg in der Ukraine hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser einen konsequenten Ausbau des deutschen Katastrophenschutzes angekündigt. Der „Welt am Sonntag“ sagte die SPD-Politikerin: „Es existieren aktuell noch 599 öffentliche Schutzräume in Deutschland. Wir werden prüfen, ob es noch mehr solcher Anlagen gibt, die wir ertüchtigen könnten. Der Rückbau ist jedenfalls gestoppt.“
Vor allem müsse die Bausubstanz von Gebäuden verstärkt werden. „Da geht es um Tiefgaragen, U-Bahnhöfe und Keller. Dazu arbeiten wir an neuen Konzepten.“
Faeser versprach weitere Finanzmittel für den Katastrophenschutz. „Die Zeitenwende, die wir durch den Krieg erleben, erfordert, dass wir den Schutz auch vor militärischen Bedrohungen erheblich stärken müssen. Wir arbeiten intensiv daran, dass der Bund hier stärker koordinieren und steuern kann.“
Das werde mit dem gemeinsamen Kompetenzzentrum von Bund und Ländern, das im Juni die Arbeit aufnimmt, besser möglich sein. Auch müssten Vorräte für Krisensituationen angelegt werden. „Es geht vor allem um medizinische Ausrüstung, Schutzkleidung, Masken oder Medikamente.“ Einen besonderen Fokus legt Faeser auf Warnsysteme wie neue Sirenen und Warnhinweisen auf dem Handy.
„Wir haben gerade 88 Millionen Euro bereitgestellt, mit denen die Länder neue Sirenen installieren. Aber wir sind damit, was die bundesweite Abdeckung angeht, nicht ansatzweise durch“, sagteFaeser der „Welt am Sonntag“.
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-04/55739812-innenministerin-stoppt-rueckbau-von-bunkeranlagen-003.htm

ÖSTERREICH – Haushaltsenergie im Februar um 27,4 Prozent teurer als im Vorjahr – Teuerung kommt nach und nach bei Haushalten an – Neukunden müssen „massive Mehrkosten“ tragen – NACHTRAG: 7.4.2022
Die Preise für Haushaltsenergie waren im Februar um 27,4 Prozent höher als im Jahr davor. Das geht aus dem Energiepreisindex der Österreichischen Energieagentur (AEA) hervor. Preistreiber waren vor allem Gas, Sprit und Heizöl. Teurer waren auch alle anderen Energieträger. Bei Strom sind Haushalte, die Neuverträge abschließen mussten, besonders stark betroffen.
Im Vergleich zum Vormonat Jänner stiegen die Haushaltsenergiepreise um 6,6 Prozent, geht aus dem von der Energieagentur berechneten Energiepreisindex (EPI) hervor. Die Inflationsrate lag im Februar im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 5,9 Prozent, im Monatsabstand bei 1,3 Prozent. „Die Energiepreise blieben damit weiterhin der zentrale Preistreiber“, so Energieagentur-Geschäftsführer Franz Angerer laut Pressemitteilung.
*** Teuerung kommt nach und nach bei Haushalten an
Energie sei ein wesentlicher Inputfaktor bei Produktion und Dienstleistungen. „Wird Energie teurer, steigen in Folge auch die Preise für wichtige Güter – dieser Effekt kommt nun nach und nach in den österreichischen Haushalten an. Personen, die auf ein Auto mit Verbrennungsmotor angewiesen sind oder in schlecht isolierten Häusern und Wohnungen mit ineffizienten Heizungen lebten, seien von den hohen Preisen besonders betroffen, so die Energieagentur.
Den stärksten Preisanstieg gab es im Februar bei Gas mit einer Verteuerung von 65,3 Prozent gegenüber Februar vergangenen Jahres. Im Vergleich zum Vormonat Jänner 2022 kostete Erdgas um 20,9 Prozent mehr. Die Preise für Heizöl stiegen im Jahresabstand um 48,9 Prozent. Eine typische Tankfüllung von 3.000 Litern kostete damit um fast 1.000 Euro mehr als im Februar des Vorjahres. Im Vergleich zu Jänner 2022 zogen die Heizölpreise um 9,7 Prozent an.
*** Neukunden müssen „massive Mehrkosten“ tragen
Fernwärme war um 12,2 Prozent teurer als im Jahr davor. Die Preise für Holzpellets stiegen um 15,5 Prozent, Brennholz um 10,6 Prozent. Im Vergleich zum Vormonat Jänner war der Preis für Fernwärme unverändert, bei Pellets und Brennholz gab es einen Anstieg um je 0,9 Prozent.
Strom war um 14,9 Prozent teurer als im Februar 2021 und kostete um 8,6 Prozent mehr als im Jänner 2022. Bei Strom gibt es Entlastungsmaßnahmen durch den Wegfall der Ökostrom-Förderung und die Senkung der Energieabgabe. Das Bild sei differenziert, sagt Energieagentur-Konsumentensprecherin Karina Knaus. Kundinnen und Kunden, die einen neuen Vertrag abschließen müssen oder deren Preisgarantie abgelaufen ist, seien teilweise von massiven Mehrkosten betroffen, und auch bei an die Großhandelspreise gekoppelten Floater-Verträgen seien die Preissteigerungen sehr stark spürbar. red, help.ORF.at/Agenturen
https://help.orf.at/stories/3212438/

ÖSTERREICH – AK: Haushaltszusatzkosten bei 1.400 Euro pro Jahr – 9.4.2022
Die Arbeiterkammer (AK) hat die Zusatzkosten für einen Durchschnittshaushalt durch die hohe Inflation nachgerechnet – ausgehend von einer „Normalinflation“ von zwei Prozent, wie sie jahrelang in etwa vorherrschte, während die aktuelle Teuerungsrate bei 6,8 Prozent liegt: Laut Berechnung würden die Mehrkosten heuer bis Jahresende bei gut 1.400 Euro liegen. Diese Mehrbelastung würde durch die Maßnahmen der Bundesregierung bei Weitem nicht abgedeckt, so die Kritik der AK.
Durch Einmalzahlung, Klimabonus, Ökostrompauschale und Energieabgaben würden die Bürgen nämlich nur eine Entlastung von rund 650 Euro erhalten. AK-Steuerexperte Dominik Bernhofer nennt ein praktisches Beispiel: So hat ein alleinstehender Mieter mit mittlerem Einkommen (Gasheizung für 75 Quadratmeter, kein Auto) mit Mehrkosten von rund 1.000 Euro zu kämpfen. Die Entlastung der Regierung betrage aber nur rund 450 Euro.
Noch mehr treffe es eine vierköpfige Mittelschichtfamilie am Land, wo täglich 39 Kilometer ohne zumutbares „Öffi“ gependelt werden müsse. „Die höheren Energiepreise bedeuten für sie Mehrkosten von gut 2.300 Euro. Zwar profitiert die Familie auch von der geplanten Erhöhung von Pendlerpauschale und Pendlereuro – aber in Summe viel zu wenig.“ Sie müsse heuer trotzdem netto rund 800 Euro mehr bezahlen als in den Jahren zuvor, gibt Bernhofer zu bedenken. red, ORF.at/Agenturen
https://orf.at/stories/3258788/

ÖSTERREICH – Der Traum vom Haus wird immer unleistbarer – Fraglich, wie lange Bauboom noch anhält – Baustelle Einfamilienhaus – Selbst Ziegel Mangelware: Preissteigerungen quer durch alle Materialien – 9.4.2022
Der Traum vom eigenen Haus rückt für viele derzeit in immer weitere Ferne. Nicht nur Energiekosten und Mieten steigen. Der Baukosten-Index zog alleine im vergangenen Jahr um 15 Prozent an und auch die Rohstoffe werden immer schwerer zu bekommen.
Die Baupreise steigen und steigen. Das alles macht es derzeit nahezu unmöglich, den Hausbau genau zu kalkulieren. So stellen sich derzeit viele die Frage, ob sich die Situation wieder entspannen wird, sodass es sich lohnen würde mit dem Baubeginn zu warten oder ob die Preise sogar noch weiter steigen.
Zuletzt hatte bereits die Pandemie zu höheren Preisen und Lieferschwierigkeiten in der Baubrache geführt. Der Krieg in der Ukraine verschärft die Situation durch steigende Energiepreise. Laut Robert Jägersberger, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerke in der Wirtschaftskammer, komme es derzeit zu immer mehr Engpässen und explodierenden Kosten bei Baustoffen. „Egal ob bei Ziegel oder Asphaltmischungen: Alle arbeiten mit Gas und dementsprechend sind die Kosten enorm gestiegen“, so der Experte gegenüber noe.ORF.at.
An eine Entspannung der Situation glaubt Jägersberger nicht, vielmehr müsse man sich seiner Meinung nach an die höheren Preise gewöhnen. Die Kosten schon vor dem Bau zu berechnen, sei außerdem kaum möglich, hört man derzeit als Auskunft von vielen Baumeistern – so auch beispielsweise von Gerhard Zartl. „Wir sehen uns momentan außerstande, Fixpreis-Pauschalen zu machen, die eigentlich traditionell im Einfamilienhaus-Sektor dem Kunden Sicherheit vermittelt haben. Diese fallen jetzt leider weg.“ Zeiten solcher Sicherheiten sind dem Baumeister zufolge vorbei.
*** Fraglich, wie lange Bauboom noch anhält
Familie Hengl wagt den Bau trotz aller derzeit herrschenden Unsicherheiten in der Branche. Auf einem Grundstück in Eggendorf am Wagram (Bezirk Korneuburg) nimmt „der große Lebenstraum“ der jungen Familie langsam Form an. Vor vier Wochen war Baustart für das Einfamilienhaus, erzählt Karl Hengl. Die ersten Wände stehen bereits. „Wir wohnen im Moment in Wien in einer Wohnung. Nachdem wir beide in einem Haus aufgewachsen sind, war für uns einfach klar, dass wir wieder hinaus aufs Land wollen.“
*** Baustelle Einfamilienhaus
Auch bei den Hengls zeigt sich bereits kurz nach Baustart, dass die Kalkulation so manche Hürde bereithält. Schon in den ersten Tagen der Bauarbeiten traten aufgrund der Lieferengpässe erste Schwierigkeiten auf. „Wir hatten gerade erst den Keller aufgestellt und die Info bekommen, dass für die Innenwände keine 20-er-Ziegel zu bekommen sind. Also haben wir auf 25-er-Ziegel ausweichen müssen.“
Möglicherweise kommen noch weitere ähnliche Situationen auf die Familie zu. „Flexibilität ist derzeit sehr gefragt“, glaubt Hengl. „Es hat ein bisschen etwas von einer Fahrt ins Blaue. Natürlich will man bei einem Haus ziemlich genau durchkalkulieren und muss natürlich im Vorfeld wissen, welche Kosten für die diversen Posten anfallen.“
*** Preissteigerungen quer durch alle Materialien
Betroffen von der Preissteigerung sind fast alle Baustoffe. Viele Grund-Baustoffe werden aus anderen europäischen Ländern importiert, aktuell ist die Nachfrage aber weltweit enorm. Gleichzeitig entstanden nicht zuletzt sowohl durch die Pandemie als auch den Ukraine-Krieg zusätzliche Engpässe. Die Folge daraus: Die Preise steigen weiter.
*** Kaum ein Baustoff, der nicht betroffen ist: Auch Ziegel sind derzeit schwerer zu bekommen und daher teurer
Baumeister Gerhard Zartl rechnet vor: „Wenn vor einem Jahr etwas in der Kalkulation 400.000 Euro gekostet hat, dann sind das jetzt zwischen 50.000 und 60.000 Euro mehr. Das muss man sich einmal verbildlichen: Wie soll das eine Jungfamilie dauerhaft stemmen? Wenn sich hier nichts ändert, sehe ich keine gute Zukunft“, so seine wenig rosige Einschätzung. Ähnlich fällt die Beurteilung von Spartenobmann Jägersberger aus: „Mit einer Entspannung ist leider nicht zu rechnen. Wir werden uns mit höheren Preisen anfreunden müssen.“
Wer gerade überlegt oder schon plant zu bauen, solle nicht zu lange mit dem Baubeginn warten, empfiehlt Jägersberger. Nach Möglichkeit sollten künftige Häuslbauer und Häuslbauerinnen versuchen, Fixpreise zu vereinbaren – auch, wenn diese immer schwerer zu bekommen sind und von Baufirmen nur noch eingeschränkt angeboten werden. red, noe.ORF.at
https://noe.orf.at/stories/3151363/
Links dazu:
Baukosten-Index (Statistik Austria)
https://www.statistik.at/web_de/statistiken/wirtschaft/preise/baukostenindex/index.html
Wirtschaftskammer Österreich (Geschäftsstelle Bau)
https://www.wko.at/branchen/gewerbe-handwerk/bau/start.html

ÖSTERREICH – Niederösterreich: Nicht nur wegen Tierwohl wird Schweinemast immer teurer – Vollspaltböden in der Kritik – 9.4.2022
Schweinemastbetriebe mit Vollspaltböden stehen in der Kritik. Die Agrarmarkt Austria (AMA) möchte sich laut eigenen Angaben nun für weniger Vollspaltböden engagieren. Wegen steigender Betriebskosten ist es aber schwer, Betriebe dafür zu gewinnen.
In Niederösterreich werden 770.000 Schweine werden gehalten. Der Hof von Familie Halbartschlager in Weistrach (Bezirk Amstetten) ist einer von niederösterreichweit 44 AMA-„Mehr Tierwohl“-Schweinemastbetrieben. Das bedeutet: Die Schweine haben deutlich mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben, die Tiere haben Zugang ins Freie, um sich auch draußen zu bewegen und sie können sich auf einer eingestreuten Liegefläche aus Stroh hinlegen.
Besonders in der Kritik standen zuletzt Betriebe, die Schweine auf Vollspaltböden halten. Bei diesen besteht die gesamte Auftrittsfläche der Tiere aus Balken samt schmalen Spalten für den Durchlass von Kot und Urin. Anders als bei Betrieben mit höheren Tierschutzstandards haben die Schweine dort keine Fress- oder Liegebereiche, die mit Stroh eingestreut sind. Laut der Tierschutzorganisation Verein gegen Tierfabriken (VGT) würden in Österreich 60 Prozent der Schweine auf Vollspaltböden gehalten und hätten dadurch Schmerzen beim Liegen, mehr Entzündungen und eine deutlich höhere Todesrate.
Landwirt Martin Halbartschlager hat sich bei seinen Schweinen gegen Vollspaltböden entschieden, betont aber, „dass das natürlich auch mit mehr Aufwand verbunden ist, beispielsweise durch das Einstreuen. Und das bedeutet natürlich mehr Kosten.“
*** Betriebskosten steigen stark
Ganz generell stehen Schweinebäuerinnen und -bauern zur Zeit vor großen Herausforderungen. Durch die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine würden derzeit die Preise durch die Decke gehen, etwa für Strom, Futter, Dünger und Diesel, betont Georg Strasser (ÖVP), Präsident des Bauernbundes. „Wir kämpfen wirklich händeringend, dass wir mit den Marktpreisen diese Kosten auch abdecken können, damit wir die Eigenversorgung mit Schweinefleisch in Österreich sicherstellen können.“
Einer, der zu dieser österreichischen Eigenversorgung beiträgt, ist Manfred Bauer. Auch sein Hof in Hofkirchen (Bezirk Amstetten) ist AMA-zertifiziert. Allerdings werden seine Schweine auf den kritisierten Vollspaltböden gehalten.
Die „Tierwohl“-Produktion könne aber auch künftig die konventionelle Schweinemast nicht gänzlich ersetzen, meint der Landwirt, „weil sehr viele Konsumenten nicht bereit sind, die Mehrkosten mitzutragen und der Landwirt unterm Strich Geld verdienen muss“, so der Schweinebauer, der den Hof vor einigen Jahren von seinem Vater übernahm.
*** Nur 250.000 Schweine leben in besseren Bedingungen
Martin Greßl, Qualitätsmanager bei AMA, ist davon überzeugt, dass der Markt in den nächsten Jahres weiter wachsen kann. Die AMA bezeichnet das Schweinefleisch von Tieren, die auf einer Liegefläche aus Stroh wohnen, als „Premiumfleisch“. „Der Tisch ist gedeckt mit Fleisch aus ‚Tierwohl‘- und Bioproduktion, aber diese Produkte müssen noch bekannter werden. Die Konsumentinnen und Konsumenten müssen vermehrt darauf hingewiesen werden.“
Die Agrarmarkt Austria hat jedenfalls ein Ziel: Bis 2030 sollen eine Million Schweine in Österreich aus „Tierwohl“- oder Biohaltung stammen. Zurzeit sind es mit gerade einmal 250.000 nur ein Viertel des gesetzten Ziels. red, noe.ORF.at
https://noe.orf.at/stories/3151275/
Links dazu:
AMA
https://amainfo.at/artikel/ama-guetesiegel-herkunft-milch
VGT
https://vgt.at/
Ist ein Vollspaltenboden Tierquälerei? – 25.5.2019
https://vgt.at/presse/news/2019/news20190523fg.php
Petition gegen Vollspaltenböden und für Stroh-Einstreu bei Schweinen
60 Prozent der Schweine müssen in Österreich bis zur Schlachtung auf einem harten Betonspaltenboden über ihren eigenen Exkrementen dahin vegetieren. Die Enge, die Trostlosigkeit und der ätzende Gestank machen sie krank.
https://vgt.at/actionalert/spaltenboden2019/index.php

ÖSTERREICH – Öberösterreich – Buchungslage zu Ostern aussichtsreich – Stadthotelerie leidet – Wetter dirigiert Freizeit und Radtourismus – In Tagesfrist: Buchungen für Radurlaub besonders kurz – Auslandsgäste hauptsächlich aus Deutschland und Tschechien – 9.4.2022
Optimismus herrscht in der heimischen Tourismusbranche, der April gilt neben dem Februar mit den Semesterferien als wichtigster Monat im Winterhalbjahr. Erstmals seit 2019 gibt es keine Lockdowns. Das, so hofft man, wirkt sich bei den Gästeankünften aus.
Am meisten leidet bis jetzt die Stadthotellerie, wo die Auslastung immer noch 30% unter der Zeit vor der CoV-Pandemie liegt. Sehr gut geht es dem Wellnessbereich. Beim Freizeit- und Radtourismus spielt das Wetter eine Hauptrolle, was sich auch in den Gästeankünften in der Karwoche niederschlagen wird.
*** Buchungen für Radurlaub besonders kurz
Aber ganz generell habe sich das Buchungsverhalten seit Pandemiebeginn deutlich verändert, so Gerold Royda, Sprecher der Hotellerie in der Wirtschaftskammer Oberösterreich (WKOÖ) im ORF-OÖ-Interview am Freitagabend. „Also langfristige Buchungen sind kaum mehr vorhanden“, so Royda. Beim Radtourismus ist das Wetter maßgeblich und „ganz, ganz kurzfristig – wirklich von einem Tag auf den anderen, was natürlich unsere Betriebe durchaus vor Probleme stellt“.
Die Urlauber und Urlauberinnen kämen, wenn man das Ausland betrachtet, hauptsächlich aus Deutschland und Tschechien – die Überseemärkte seien angepeilt, „aber das ist natürlich noch ein langer Weg“. red, ooe.ORF.at
https://ooe.orf.at/stories/3151272/

ÖSTERREICH – Buslinie Bratislava-Hainburg vor Comeback – Privatbetreiber „Slovak Lines“ stellte Buslinie Wolfsthal-Bratislava im November 2021 ein – Wohl mehr Umstiege auf Öffis wegen Kurzparkzonen – 9.4.2022
Im November 2021 fuhr der letzte Bus der Linie Bratislava-Wolfsthal-Hainburg. Wegen Verlusten wurde die Verbindung eingestellt. Nun nehmen der Selbstverwaltungskreis Bratislava, die Stadt Bratislava und das Land Niederösterreich den Betrieb wieder auf.
Ab September 2022 werden die Busse voraussichtlich wieder fahren – stündlich an Arbeitstagen. Möglich wird das durch ein von der Europäischen Union gefördertes Projekt mit dem Namen „baum_cityregion“. Damit sei es nämlich möglich geworden, dass die zuvor private Bahnlinie in den Verkehrsverbund Bratislava aufgenommen wird, heißt es von Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP).
Das Land Niederösterreich, die Stadt Bratislava und der Selbstverwaltungskreis teilen sich die Kosten. „Erstmals gibt es eine Kooperation zwischen Österreich und der Slowakei zur gemeinsamen Finanzierung einer grenzüberschreitenden Buslinie“, so Landesrat Schleritzko, der diese Einigung auch als Modell für weitere gemeinsame Buslinien sieht.
*** Wohl mehr Umstiege auf Öffis wegen Kurzparkzonen
Die Finanzierung übernehme man im Hinblick auf den Ausbau von Kurzparkzonen in Bratislava. Für Pendlerinnen und Pendler zwischen Niederösterreich und der slowakischen Stadt brauche es deswegen ein öffentliches Verkehrsangebot. Für die Strecke von Bratislava nach Hainburg legt der Bus circa 16 Kilometer zurück.
Nach Angaben aus dem Büro des Verkehrslandesrates sind ein Drittel der Einwohnerinnen und Einwohner Hainburgs sowie die Hälfte der Bevölkerung in Wolfsthal (beide Bezirk Bruck an der Leitha) slowakische Staatsbürger. Die Zahl der Menschen, die in der Region grenzüberschreitend wohnt und arbeitet, steige an. Die Buslinie wurde früher im Durchschnitt von 130.000 Passagieren pro Jahr genutzt. Die erste Fahrt fand 2008 statt, die Busse fuhren bis zum Beginn der CoV-Pandemie zehn Jahre lang ununterbrochen. Der Privatbetreiber „Slovak Lines“ stellte die Linie dann im November 2021 ein. red, noe.ORF.at/Agenturen
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