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„Und wenn er gsturbn is, muaßt bei dem de Goschn extra daschlogn.“ Ja, der Wiener Charme und das Wiener goldene Herz bringen es auf dem Punkt: schon bin ich wieder da, dieses Mal mit dem „Zeitenblick“. Der wird aber nur gelegentlich zum Seitenblick: innenpolitische Querelen und höher geweihte Persönlichkeiten interessieren mich wenig. Es gibt andere, die sich gar hingebungsvoll dazu das Maul zerreißen. Wos for a Tagesgeschäft?!
Der „Zeitenblick“ ersetzt einstweilen den „Montagsblick“, ist insgesamt „schlampiger“ in der Ausführung und subjektiver in der Auswahl der Meldungen; denn: viele Meldungen systematisch ausgewählt erfüllen den Anspruch „objektiv“ und „neutral“ journalistisch vermittelter Information eher als der dürre Blumenstrauß von ein paar Meldungen, die mit der Brille eigener Einstellungen auf der Nase gemustert und ausgesucht wurden.
Auch die Meldungen selbst sind hier „schlampiger“ wiedergegeben, es erscheinen nur die Schlagzeilen, das Datum, und die p.t. Leserschaft darf aus dem Link dann gütigst selbst erschließen, an welchem Brunnquell der Schreiber dieser Zeilen sich informationsdurstig gelabt hat. Gespart wurde ferner daran: die Schlag- und Zwischenzeilen sind nicht mehr fett wiedergegeben. Kurzum: es wurde abgespeckt nach dem Motto: Schnelligkeit soll nicht Trump, aber doch Trumpf sein – sozusagen Zeittrumpf für den Schreiber dieses Blogs. Der ist nämlich in ganz anderen Obliegenheiten tagtäglich unterwegs, und das Blogschreiben ist wie eh und je ein Abfallprodukt, das sich aus seiner, des Schreibers staatsbürgerlichen Verpflichtung zu möglichst gediegener Information quasi zwangsläufig ergibt.
Ja, richtig gelesen! Es geht um die staatsbürgerliche Verpflichtung zur qualitativ möglichst hochstehenden Information. Ohne inhaltsstarke gute Information keine sinnvolle demokratische Teilhabe. Wer sich in Echokammern und sonstigen dunklen Ecken informiert, wird formiert, aber nicht in gesellschaftlich zuträglicher Weise. Das erleben wir zur Zeit tagtäglich auf erstaunliche Weise.
Aber warum nicht sich in Innenpolitischem ergehen und darin herumwühlen? In aller Regel ist die innenpolitische Informationslage dünn, zu dünn, um qualitativ gut zu sein. Gut genug allerdings, um all jenen, die sich gerne empören und echauffieren, genügend Stoff genau dafür zu geben. „Im Dunkeln ist gut munkeln, aber nicht gut Flöhe fangen.“ Wer also am mühsamen, zeitaufwendigen und daher redlichen Flöhefangen nicht so interessiert ist, der ist oft weit eher zwecks Aufpeppen seines emotionsarmen Alltagslebens an Skandal und Randale interessiert. „Üb immer Treu und Redlichkeit!“ ist eine sittliche Aufforderung, der zu keiner Zeit in Massen gerne gefrönt wurde: zu mühevoll ist’s doch, da folgen die lieben Mitmenschen schon eher dem Lob der Faulheit (hier im deutschen Text (74-Seiten-PDF) eines Erasmus von Rotterdam, erfreuen sich am Boulvard, in welchem gefalteten Aggregat er auch immer daher kommen möge.
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Was brachten die zurückliegenden zwei Wochen an Neuem? Nun ja, unterm Strich nicht viel:
- Der Wirtschaft geht es noch immer gut, wie in den „Montagsblicken“ vielfach beschworen. Und dies auch dann, wenn sich die schwarzen Flecken schlechteren Wirtschaftsganges in den letzten zwei Wochen mehrten.
- Die Politik hadert noch immer – wie seit Jahren und Jahrzehnten – tatsächlich etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Das würde nämlich bedeuten: runter mit dem Konsum, und das wiederum bringt die Arbeitslosen auf die Straße.
- Die Zentralbanken huldigen – ganz in diesem Sinn – einem Negativzinswahn, der kurzfristig segensreich ist, doch in seinen langfristig Effekten sehr kritisch zu sehen ist. Wie jedoch kommt man von dieser Arznei gegen die Krankheit Arbeitslosigkeit wieder los?
- Die Wortverrenkungen von Mrs. Lagarde zu diesem Dilemma verraten einiges. Nota bene: wir alle, und da ausnahmlos, leben ein gutes oder schlechtes wirtschaftliches Leben in Abhängigkeit vom Tun und Lassen der Notenbanken. Und dies, seit dem es seit wenigen Jahrhunderten Notenbanken gibt. In der notenbankenlosen Zeit davor wußten Politiker*innen kaum dem für sie undurchschaubaren Gang der Konjunktur vernünftig etwas entgegenzusetzen: ein bisschen Silber und Gold dem Münzgeld entziehen, und schon sank die Kaufkraft, beflügelte aber anfänglich mehr oder weniger die Wirtschaft. Munteres Pröbeln anstelle einer prudentiellen Geldpolitik von heute dank makro-prudentieller Steuerung des Wirtschaftslaufs. Prudentiell und Niedrigzinswahn? Vernünftig? Die Geschichte lehrt: was heute vernünftig erscheint, wird morgen schon als unklug gewertet. Und umgekehrt. Wir dürfen alle gespannt sein, was die Zukunft bringen wird.
- Das vielfach politisch überstrapaziert eingesetzte „Deficit spending“ des klugen und durchaus mit Erfolg agierenden Vermögensverwalters, Vermögensberaters und Aktienspekulanten John Maynard Keynes (1883-1946) – ein beliebtes sozialdemokratisches politisches Instrument zwecks Zuckerlvergabe an das Wahlvolk – hat, verstärkt nach dem Nixon-Schock 1971, weiter munter zum Klimawandel beigetragen. Immer mehr, immer schneller: geht’s der Wirtschaft gut, geht’s dem Klima schlecht – und damit à la longue uns allen.
- Ressourcenschonung dank sparsamer Haushaltsgebarung – ein Gottseibeiuns für alle sozialdemokratische Wirtschafts- und Sozialpolitik mit verehrendem Blick auf Roosevelts „New Deal“ und in Europa vor allem ab den 1960ern modern – wird nun vielleicht wieder modern, es sei denn, es gibt andere „Arzneien“ aus dem Schatzkästlein der New Monetary Theory. Neoklassisch-monetaristische Auffassungen in der Art einer Austerität sind derzeit ein No-go – zu Recht. Aber eine makro-prudentielle Steuerung des Wirtschaftsganges unter dem Primat der Ressourcenschonung und Konsumeindämmung? Ist das nicht ein Gebot der Stunde? Ach was: nicht schon ein Gebot seit Jahren?
- Ein Ringen um Lösungen, ein Gerangel der Gesinnungen lässt sich ausmachen. Wer wird den Sieg davon tragen? Ressourcen gibt es nicht unbeschränkt, und auch Geld ist eine Ressource, von der allzuviel eben nicht nur segensreiche Wirkungen entfaltet: moral hazard als Investitionsmodell? Nun ja …
- Doch auch andere Zores plagen uns – und dies seit längerem: wie schaut es mit cyberkriminellen Umtrieben aus, wie ist es um Cybersicherheit bestellt? Was erzählt uns quasi im Bad Kreuznacher Schrittmuster die Wissenschaft von der Pandemie? Wie verhält es sich mit dem Verhältnis der Europäischen Union zu der von ihr einstmals vielbeschworenen Subsidiarität? Wie steht es um die Lieferkettenprobleme? Führen sie zu einer vorübergehenden oder bleibenden Inflation? Und überhaupt: werden sie eine Stagflation bedingen?
- Bezahlen wird all die Kosten einer fragmentierten, unrund und damit ineffizient laufenden Wirtschaft wer? Wie immer: der kleine Mann und die kleine Frau. Darauf kann man ein Stamperl Gift nehmen. Die Masse macht’s. Und die muss tunlichst zwecks besserer Regierbarkeit via Beeinflussbarkeit – die Zuckerln und Subventionen! – arm gehalten werden. Reiche und umverteilen? Ein schöner Plan von Menschlichkeit, sozialer Gerechtigkeit und Solidarität. Nett. Aber nicht mehr. Staaten und ihre Volkswirtschaften sind angewiesen auf akkumlierten Reichtum in den Händen weniger – reiche Einzelpersonen, Familien, Fonds, Pensionsfonds. Pensionsfonds! Daher wird es Scheinlösungen zur „Umverteilung“ geben, um die ungleichheitsgeplagt aufgeregten Gemüter zu beruhigen. Denkbar sind auch Zwangs-Vermögensabschöpfungen. Die sind spätestens seid der Finanzkrise angedacht, gut durchsetzbar dank digitalem Geld als alleinigem Zahlungsmittel. Aber das alles ist Zukunftsmusik – noch. Motto bei alle diesem Entreicherungstreiben: nur nicht zu viel davon. Nach dem Entreichern kommen dann schon wieder die Streicheleinheiten für Kapitalhalter. Die braucht nämlich ein funktionierendes Staatswesen.
- Staaten und ihre Volkswirtschaften sind angewiesen auf akkumlierten Reichtum in den Händen weniger? In den Händen vieler zerrinnt Vermögen in Klein- und Kleinstvermögen und bleibt dort jeweils ohne Investitionskraft für „große“ Unternehmungen. Das ist m.E. die Quintessenz der Wirtschaftsgeschichte bis heute. Eine andere künftig zu schreiben ist sicher möglich: aber wie? Bislang sind Gemeinschaftsunternehmen via genossenschaftlicher Organisation – Gemeinwohl-Ökonomie und ähnliches – nicht gerade von überwältigendem Erfolg gekrönt. Vom zentralplanwirtschaftlichem Modell ganz zu schweigen: geplante Mangelökonomie als Ziel?
Der jüngeren oder einer künftigen Generation bleibt wohl vorbehalten, andere und neue, sozial gerechtere Wege zu gehen. Doch was heißt soziale Gerechtigkeit? Damit setze ich für heute meinen hoffnungsvoll-nachdenklichen Schlusspunkt.
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